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Neuö Zürcör Zäitung STUDIUM UND KARRIERE Dienstag, 3.April 2007  Nr.

78 SB 7

Meine erste Stelle


«Gelegenheiten und Chancen
begreifen und ergreifen»
Frau Kaufmann-Kohler, wel-
ches war Ihre erste Stelle?
Gabrielle Kaufmann-
Kohler: Die Tätigkeit eines
Foreign Associate – einer
ausländischen Mitarbeiterin –
im Anwaltsbüro Baker & Mc-
Kenzie in New York. Nach
einigen Monaten wechselte
ich in die Anwaltskanzlei Baker & McKenzie
nach Genf.

Wie sind Sie dazu gekommen?


Ich studierte damals in New York und wollte in
einem Anwaltsbüro arbeiten.

Haben Sie Ihren ersten Job bewusst gesucht?


Eine Mischung. Ich suchte bewusst einen Job,
der meinen Interessen entsprach. Um ihn zu fin-
den, brauchte es aber auch Zufall und Glück.

Bildete Ihre erste Anstellung den Ausgangspunkt


für Ihre weitere Berufslaufbahn?
Ja, denn ich hatte durch diese erste Stelle erst-
mals mit Schiedsverfahren zu tun. Ich war schon
immer sehr interessiert an internationalem Recht,
wusste jedoch, dass ich mich damit nicht isoliert,
sondern nur in einem breiteren Zusammenhang
beschäftigen konnte. Die Schiedsgerichtsbarkeit
ist dafür ein ideales Feld.
Interaktive Videoinstallation von Anna Kanai. FRANCO BOTTINI
Was machen Sie heute?
Einerseits bin ich Professorin für internationa-
les Privatrecht und internationale Schiedsge-
richtsbarkeit an der Universität Genf. Ich lehre, Hinter den Kulissen
leite Forschungsprojekte und publiziere in diesem
Bereich. Zudem engagiere ich mich für diverse Die Schweizer Parteien bieten wenige, aber interessante Stellen an
akademische Projekte. Zurzeit arbeite ich am
Aufbau eines «Master of Advanced Studies in Noch immer setzen die Schweizer Par- FDP zunächst aus. Die Begeisterung für das arbeit verrichtet habe und darum die Abläufe in
International Dispute Settlement». Andererseits teien grösstenteils auf Freiwilligenarbeit. Bankwesen blieb jedoch aus, und als ihm der Pos- der Partei kenne.
bin ich Partnerin der Anwaltskanzlei Schellen- Die wenigen angebotenen Stellen sind ten des FDP-Pressesprechers angeboten wurde, Dass aktive Parteimitglieder auch bei Prakti-
berg Wittmer. konnte Schommer nicht widerstehen. Später wur- kumsstellen bevorzugt werden, hat nicht nur mit
zwar oft von Akademikern besetzt. Doch de er zunächst stellvertretender Generalsekretär deren politischer Ausrichtung zu tun. Die meisten
Hatten Sie beim Antritt Ihrer ersten Stelle ein unge- entscheidender als der jeweilige Studien- und schliesslich Generalsekretär. Jobs bei den Schweizer Parteien sind Allrounder-
fähres Bild Ihrer künftigen Laufbahn im Kopf? abschluss ist, ob die betreffenden Perso- Schommers Karriereweg ist nicht untypisch: Posten. «Wir brauchen keine Theoretiker, die
Ich hatte klare Vorstellungen zu gewissen Fra- nen schon politisch aktiv sind. Auch seine Kollegen von den anderen Schweizer Analysen schreiben, sondern Leute, die praktisch
gen, aber nicht zum Ablauf meiner Karriere. Ich Parteien haben in der Regel parteiintern die Kar- arbeiten und auch einmal das Telefon in die Hand
wusste, dass ich idealerweise Theorie und Praxis Politiker werden zu wollen, gilt zwar auch in der riereleiter erklommen. SP-Generalsekretär Tho- nehmen oder Fotokopien machen können», sagt
vereinen wollte. Klar war für mich auch, dass ich Schweiz durchaus als ehrbares Ziel. Eine eigent- mas Christen begann als Mitarbeiter der «Campa Christian Weber, Pressesprecher der FDP. Auch
in einem internationalen Umfeld tätig sein wollte. liche Berufskarriere als Politiker einzuschlagen, 03», der Wahlkampagne der SP, wurde danach als Schommer als Praktikant den Wahlparteitag
Zudem habe ich Glück gehabt, in der Praxis und gestaltet sich aber schwierig: Im Schweizer Miliz- Kampagnenleiter und dann stellvertretender Ge- organisierte, musste er nicht nur das Konzept
in meiner akademischen Laufbahn. system ist ein politisches Amt in den meisten Fäl- neralsekretär. Sein Jusstudium betrachtet Chris- schreiben, sondern hinterher auch beim Aufräu-
len nicht mehr als eine Teilzeitstelle. Unbe- ten als ideale Grundlage für seine gegenwärtige men helfen. Ein Praktikum sei immer ein Geben
Lässt sich eine berufliche Karriere gezielt planen? rechenbare Faktoren wie die Wählerschaft verun- Tätigkeit: «Politik ist eigentlich nichts anderes als und Nehmen, man wolle einen tiefen Einblick ge-
Vieles liegt an Gegebenheiten und Chancen. möglichen zudem eine Karriereplanung. Trotz- Rechtssetzung.» Und auch Guido Schommer von währen, sagt Thomas Christen von der SP. Und
Diese muss man jedoch begreifen und ergreifen. dem bietet auch die Schweizer Politlandschaft ge- der FDP kann die organisatorischen und buchhal- stellt gleich klar: «Kaffee kochen und Kübel lee-
Eine allgemeine Richtung lässt sich planen. rade für Absolventen einer Hochschule interes- terischen Fähigkeiten, die er an der Universität ren müssen die Praktikanten bei uns aber nicht.»
Auch kann man Weichen stellen. Aber sante Berufsmöglichkeiten – wenn auch meistens St. Gallen erworben hat, gut verwenden. Etwas
Ereignisse, die von äusseren Umständen nicht im Rampenlicht eines Amtes, sondern in skeptischer ist SVP-Generalsekretär Gregor Vielseitiges Pflichtenheft
abhängen – zum Beispiel Ernennungen –, kann der Regel hinter den Kulissen einer Partei. Rutz. Zwar findet auch er, dass seine juristische Auch das Pflichtenheft von Chantal Heiniger, die
man nicht kontrollieren. Es braucht auch Zufälle Ausbildung für seinen Beruf nützlich sei. «Aber gegenwärtig ihr Praktikum bei der FDP absol-
und Glück. Karriere innerhalb der Partei die Mehrheit meiner Professoren hat nichts ge- viert, ist ausgesprochen breit. Soeben hat sie ein
Allerdings gebe es in der Schweiz verglichen mit taugt, das meiste habe ich mir selber bei- Kandidatenhandbuch erstellt, aber daneben gebe
Welche Pläne haben Sie noch? anderen Ländern immer noch nur sehr wenige gebracht», sagt Rutz. es auch eine ganze Reihe von administrativen
Was mich motiviert, ist mein Interesse an dem, solche Jobs, sagt Thomas Christen, Generalsekre- Arbeiten zu erledigen. Heiniger, die an der Hoch-
was ich mache. Ich arbeite gern an innovativen tär der SP Schweiz mit einem Abschluss in Juris- «Idealismus mitbringen» schule für Wirtschaft in der Vertiefungsrichtung
Themen und interessiere mich für kommende prudenz. Ein Trend zur Professionalisierung ist Entscheidender als der akademische Hintergrund Wirtschaftskommunikation abgeschlossen hat, ist
Entwicklungen. Heutzutage ist zum Beispiel in allerdings zu erkennen: Alle grossen Schweizer ist für eine Tätigkeit bei einer Partei sowieso die vor allem über die Schreibkompetenz froh, die sie
der Investitions-Schiedsgerichtsbarkeit vieles im Parteien haben Praktikumsstellen geschaffen, die politische Aktivität. Zwar betonen unisono alle aus ihrem Studium mitgebracht hat. Das politi-
Tun, ein faszinierendes Gebiet mit vielen offenen in der Regel mit Studenten oder Hochschul- Parteien, zumindest für eine Praktikumsstelle sei sche Know-how hingegen stammt aus ihrem En-
Fragen von grosser makroökonomischer und geo- Absolventen besetzt werden. Der erste Prakti- die Parteizugehörigkeit keine Voraussetzung. gagement bei den Jungfreisinnigen. «Mein Stu-
politischer Bedeutung. Und zudem bin ich sicher, kant, den die FDP 1994 in ihrem Generalsekreta- Aber während des Praktikums, so Guido Schom- dium alleine hätte mich hier nicht gut genug vor-
dass sich noch viele spannende Gelegenheiten er- riat beschäftigte, hiess Guido Schommer, damals mer, «machen die meisten den Knopf auf». Und bereitet», meint Heiniger. Dass ein Studium keine
geben werden, von denen ich noch nichts weiss. Betriebswirtschaftsstudent an der Universität auch Gregor Rutz von der SVP meint lapidar: zwingende Voraussetzung für die Tätigkeit bei
Interview: cos. St. Gallen. Heute ist Schommer Generalsekretär «Bis jetzt ist noch jeder beigetreten.» Eine Partei einer Partei ist, kann auch SP-Wahlkampfleiter
Gabrielle Kaufmann-Kohler ist ordentliche Professorin für inter- der FDP. An eine politische Karriere hatte sei halt etwas anderes als ein Unternehmen, sagt Nicolas Galladé bestätigen, der sein Geschichts-
nationales Privatrecht an der Universität Genf und Partnerin der Schommer, der seit 1993 in der Partei aktiv war, Nicolas Galladé, SP-Gemeinderat in Winterthur studium nach sechs Semestern abgebrochen hat:
Anwaltskanzlei Schellenberg Wittmer. Sie präsidierte u. a. das während des Studiums aber gar nicht gedacht. und Leiter der «Campa 07». «Die Leute müssen «Jetzt lerne ich eben ‹on the job›, was ich sonst im
Schiedsgericht des Tribunal Arbitral du Sport an den Olympi-
schen Spielen von 1996 bis 2000. Seit 2006 ist sie im Verwaltungs- Nach dem Abschluss trat er deshalb auch eine schon einen gewissen Idealismus mitbringen.» Studium gelernt hätte.»
rat der UBS. Die 54-Jährige lebt in Genf und hat drei Kinder. Stelle bei der UBS an und schlug ein Angebot der Von Vorteil sei es auch, wenn man schon Basis- Nico Luchsinger

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