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Ziel des Projektes war die Untersuchung der politischen, wirtschaftlichen und recht-
lichen Rahmenbedingungen für eine zukünftige wissenschaftliche Zusammenarbeit
zwischen Hochschul- und Forschungseinrichtungen der beiden Länder mit deutschen
Partnerinstitutionen.
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Hintergrund des Projektes war das große Informationsdefizit über die hochschul-
politische Entwicklung der mittelasiatischen ehemaligen Sowjetrepubliken nach
Verkündung ihrer politischen Unabhängigkeit in der Bundesrepublik Deutsch-
land bei gleichzeitig wachsendem Interesse an einer wissenschaftlichen Koopera-
tion mit Hochschul- und Forschungseinrichtungen aus dieser Region. Die unter-
schiedlichen Ausgangsbedingungen in diesen Ländern sowie die aus der Ferne
ansatzweise erkennbaren unterschiedlichen Herangehensweisen der jeweiligen
Regierungen an die Erneuerung des Bildungswesens ließen eine eingehende Un-
tersuchung sinnvoll erscheinen, um die Spezifika in der Hochschulpolitik der ein-
zelnen Staaten zu erfassen und in einer zukünftigen Zusammenarbeit berücksich-
tigen zu können.
Uzbekistan
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1994 umfaßte der Anteil von Kindern und Jugendlichen bis 18 Jahren etwa 40%
der uzbekischen Gesamtbevölkerung. Das natürliche Bevölkerungswachstum war
1993 mit 22 Geburten je 1000 Einwohnern eines der höchsten innerhalb der GUS.
Diese demographische Entwicklung Uzbekistans und der für die kommenden Jah-
re prognostizierte Bedarf an zusätzlichen Schul- und Studienplätzen unterstrei-
chen den Reformbedarf im Bildungs- und Hochschulwesen.
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Die Umgestaltung des Bildungs- und Hochschulwesens ist für Uzbekistan nicht
nur in ökonomischer Hinsicht eine sehr große Herausforderung. Eine umfassende
Bildungsreform kann nicht allein bei finanziellen und materiellen Aufwendun-
gen zur Erarbeitung und Einführung neuer Wissenschafts- und Lehrprogramme,
zur Pflege internationaler Wissenschaftsbeziehungen oder dringend notwendiger
Investitionen in die materielle Basis und Infrastruktur von Hochschul- und For-
schungseinrichtungen ansetzen. Die oben erwähnten unübersichtliche Kompe-
tenzverteilungen und die mangelnde Beweglichkeit des Behördenapparates - nicht
zuletzt hinsichtlich der internationalen Zusammenarbeit - weisen darauf hin, wel-
che Dimensionen eine Reform des Bildungssektors in Uzbekistan haben muß.
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Gegenwärtig ist es vor allem die oft schleppende und mangelhaft koordinierte
Tätigkeit der einzelnen Verwaltungsebenen in Behörden und Hochschulen, die
sich nachteilig auf die internationale Kooperationsfähigkeit der Hochschul- und
Forschungseinrichtungen auswirkt. Es bleibt oft unklar, von welchen Prämissen
die Arbeit in den Verwaltungsgremien tatsächlich geleitet wird und welche Per-
sonen als geeignete AnsprechpartnerInnen in Frage kommen, da vor allem in den
unteren und mittleren Ebenen die Bereitschaft zur Übernahme von Verantwor-
tung nicht sehr ausgeprägt ist. Hierbei spielt das oben angesprochene, ausgeprägte
Hierarchiebewußtsein eine ebenso wichtige Rolle wie die sehr geringen Gehälter
des Hochschulpersonals, die sich negativ auf die Motivation des Hochschulperso-
nals auswirken. Kreativität und Initiativgeist von FunktionsträgerInnen sind
demzufolge oft sehr gering und werden zudem nicht selten durch Eingriffe wis-
senschaftsfremder Verwaltungsorgane in die Hochschuladministration konterka-
riert. Verantwortung wird häufig von (zumeist älteren) Kadern ausgeübt, die ihre
Position nicht selten weniger ihrer professionellen Integrität als vielmehr ihren
persönlichen Beziehungen und opportunistischen Loyalitäten zu verdanken
scheinen. Sie verfügen offensichtlich über Möglichkeiten, selbst Einfluß zu neh-
men und entsprechend Entscheidungen fördern oder verhindern zu können, nicht
zuletzt indem sie Wissen bzw. Informationen gewissermaßen in ihren Händen
monopolisieren und ihren eigenen Interessen entsprechend einsetzen. Dieser Um-
stand hemmt einen geordneten, reibungslosen Informationsfluß in den Behörden
und steht einem Führungswandel entgegen, obwohl sich inzwischen eine Genera-
tion von Nachwuchskadern entwickelt hat, die aufgrund ihrer Qualifikation eher
befähigt scheinen, bestimmte Funktionen auszuüben, gegenwärtig jedoch nur
punktuell zum Zuge kommen. Die Reform des Bildungs- und Hochschulwesens
käme nicht umhin, hier einen Schnitt zu vollziehen. Eine Verschlankung der Ver-
waltungsapparate, die Verflachung der Entscheidungshierarchien sowie die Ver-
besserung der Koordinierung der in die Planung und Leitung des Bildungswesens
involvierten Behörden sind für den dauerhaften Erfolg der Hochschulerneuerung
unverzichtbar. Sie würden darüber hinaus die internationale Kooperationsfähig-
keit der uzbekischen Hochschul- und Forschungseinrichtungen beträchtlich erhö-
hen.
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Eigeninitiative trifft man daher häufig leider nur auf eine (mitunter überzogene)
Erwartungshaltung. Zusammenarbeit mit uzbekischen Partnereinrichtungen sollte
daher von Beginn an das Gemeinsame betonen. Verantwortlichkeiten und Kom-
petenzen aller beteiligten Seiten sollten für jeden einzelnen Schritt im voraus ge-
nau geklärt sein. Die Kooperationsziele und -inhalte müssen von allen involvier-
ten PartnerInnen getragen werden. Der Informationsaustausch zwischen den Be-
teiligten muß transparent sein. Eine "Zusammenarbeit", die aus u.U. falsch ver-
standenem Gefühl von Hilfsbereitschaft einseitig den Wünschen und Forderun-
gen der uzbekischen Seite folgt, wird m.E. auf Dauer kaum erfolgreich sein kön-
nen und geht an den eigentlich in Uzbekistan bestehendem Bedürfnissen vorbei.
Dabei bleibt es zunächst auch abzuwarten, inwieweit die im Oktober 1997 veröf-
fentlichte Verfügung des Präsidenten ISLOM KARIMOV sowie das neue Gesetz
"Über die Bildung", das am 29. August 1997 verabschiedet wurde, eine positive
Entwicklung des uzbekischen Bildungssystems voranzutreiben vermögen.
Tadshikistan
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt müssen viele der oben für Uzbekistan getroffenen
Aussagen hinsichtlich der Struktur des Bildungs- und Hochschulwesens auch für
Tadshikistan getroffen werden. Allerdings unterscheiden sich die Ausgangsbe-
dingungen zwischen dem vom Bürgerkrieg erschütterten Tadshikistan und dem
trotz wirtschaftlicher Schwierigkeiten in einer relativen innenpolitischen Stabili-
tät lebenden Uzbekistan doch sehr erheblich.
Die innere Struktur des tadshikischen Hochschulwesens, die Curricula und Lehr-
methoden entsprechen noch weitgehend denen der sowjetischen Hochschultradi-
tion, allerdings wurden auch in Tadshikistan Schritte zum Übergang zu einem
mehrstufigen Hochschulbildungssystem vollzogen. Die schwierige innenpoliti-
sche, wirtschaftliche und soziale Entwicklung seit der Verkündung der staatlichen
Unabhängigkeit ließ Fragen der Entwicklung des Bildungswesens bisher jedoch
eher als zweitrangigen Tagesordnungspunkt erscheinen. So muß es als außeror-
dentliche hohe Leistung angesehen werden, daß ungeachtet aller Schwierigkeiten
Forschung und Lehre zumindest in Teilen aufrechterhalten werden konnten. Dar-
über hinaus wurde mit dem Aufbau neuer Typen von Bildungseinrichtungen wie
Colleges und neuer Hochschulen wie der Slawischen Universität Duschanbe be-
gonnen. Die materielle Grundlage dieser Neugründungen ist allerdings sehr
schmal und noch nicht dauerhaft gesichert.
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Akademie der Wissenschaften, an der die Forschung konzentriert ist, agiert als
mehr oder minder selbständige Körperschaft, während die wissenschaftliche Leh-
re den Hochschulen, die nur über lose Verbindungen zur Akademie der Wissen-
schaften verfügen, obliegt. Organisation und Verwaltung der Hochschul- und For-
schungseinrichtungen sind stark zentralisiert. Grundsätzlich werden aber den
Hochschulen vom Bildungsgesetz Möglichkeiten zur Selbstverwaltung einge-
räumt. Die bisher eher sporadische Nutzung dieser Möglichkeiten deutet auf eine
tendenzielle Passivität einiger WissenschaftsadministratorInnen hin. Auch in
Tadshikistan ist die Kommunikation und Koordinierung zwischen den beteiligten
Behörden teilweise sehr problematisch. Allzu starre Hierarchien sowie eine teil-
weise starke Fluktuation in einigen Verwaltungsbereichen stehen einer effizien-
ten Arbeit des Apparates entgegen. Dies betrifft nach meinen persönlichen Erfah-
rungen vor allem die Leitungstätigkeit durch das Bildungsministerium. Arbeits-
beziehungen zu den darunter liegenden Verwaltungsebenen an den einzelnen
Hochschulen selbst scheinen insgesamt unkomplizierter zu funktionieren.
Aufgrund der sehr angespannten wirtschaftlichen Lage wird Tadshikistan auf ab-
sehbare Zeit nicht in der Lage sein, mit eigenen zusätzlichen Mitteln einen Um-
und Ausbau des Bildungs- und Hochschulwesens in größerem Umfang voranzu-
treiben. Die politische Instabilität schränkte darüber hinaus die Möglichkeiten für
eine Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen bei der Reformierung
des Bildungswesens in Tadshikistan stark ein. Die Vertretungen der UNO sowie
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Summary
In March 1997 the Uzbek Cabinet of ministers issued an order about the creation
of a "National Programme for the Education of Cadres". The aim of this pro-
gramme is the consequent reorganisation of the whole Uzbek educational system
by using international experiences in this field. In Tajikistan the system of higher
and basic education has been kept in work during the civil war but of course only
on a very limited level. It seems that the negotiations and compromises on relevant
questions between the Tajik conflict parties - such as the "Memorandum of Bish-
kek" (May 1997) have lately created the conditions for reorganisation and mod-
ernisation of the educational structures in this country. But, Tajikistan will depend
on extensive help and assistance from abroad to build up a modern system of hig-
her education in the near future.