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Klaus Marwitz
Kreative Kommunikation
Erscheinungsjahr 2001
Dies ist ein ganz natürliches Repertoire, das je nach Temperament und Nationalität stark
variiert. Es gibt weitere Varianten, die als »Körpersprache« durch die unterhaltende
Managementliteratur geistern. Es handelt sich um eine »vereinbarte Sprache«, das
bedeutet, daß nur derjenige die Körperbewegungen und -stellungen »richtig« deuten kann,
der genau diese Erklärungen kennt, ein unerschöpfliches Thema für die aufklärende
Illustriertenlandschaft. Eigentlich handelt es sich um eine Bühnensprache, die auch
weiterwegsitzenden Zuschauern den Sinn des Gesagten nonverbal mimisch-gestisch das
vor Augen führen sollte, was vielleicht das Ohr nicht erreichen kann. Diese Sprache ist von
Pantomimen, wie Samy Molcho zur Kunstform erhoben worden. Sie hat aber im Alltag
keine Bedeutung, auch wenn das immer wieder behauptet wird; wenn Nichtkünstler sie
verwenden, wirkt es aufgesetzt und führt meistens dazu, daß die Kommunikationspartner
sich veralbert fühlen.
Die nonverbale Kommunikation hat nicht nur dann ihren Sinn, wenn die Partner
»anwesend« sind. Sie wirkt auch, wenn die Partner nicht gleichzeitig anwesend sind. Man
spricht dann von der sogenannten emotionalen Kopplung.
Dies ist die Form der Kommunikation auf der dritten Ebene. Jeder weiß, daß es diese
Kopplung gibt – man denke nur an das Charisma einer »guten« Lehrerin oder eines
»guten« Lehrers; das Zugehörigkeitsgefühl hielt auch in den Ferien an. Von einer solchen
Person nahm man Strafen oder Strenge anders an als von den andern; die Worte
Gerechtigkeit, Engagement, Vertrauen spielen dabei eine Rolle — dennoch konnte erst in
jüngster Zeit nachgewiesen werden, wie wichtig sie ist. Für die menschlichste Form der
Kommunikation, die kreative Kommunikation ist sie die wichtigste.
Die dritte Ebene ist nicht bewußt zu erreichen. Da sie auch interdependent oder generativ
genannt wird, kann man schon vermuten, daß mehr im Spiel ist. Zunächst setzt sie voraus,
daß Sie in der Ebene eins eine hohe Kompetenz ausweisen. Menschen, die verschlossen
sind, die sich nicht in die Karten gucken lassen wollen, die als Führungskräfte ganz
untransparent autoritär Weisungen erteilen, sind nicht die ersten Kandidaten, auch wenn
sie rhetorisch in der zweiten Ebene Kabinettstückchen abliefern. Zum anderen müssen sie
in der zweiten Ebene ihre Persönlichkeit von innen heraus (deswegen Ebene eins)
»leuchten« lassen können. Sie müssen also mit sich im Reinen sein, und sie müssen
andere Menschen wertschätzen können. Sie müssen sich in deren Rolle hineinversetzen
können, und sie müssen die Wirkungen ihrer Handlungen in der anderen Person
vorausempfinden können.
Gewiß gibt es Menschen, die sagen, daß dies wohl sehr idealistische Vorstellungen seien.
Das ist allerdings dann ein sicheres Indiz dafür, daß die dritte Ebene für sie noch weit
entfernt ist, und daß sich diese Menschen zum Beispiel aus Führungsaufgaben
heraushalten sollten. Tun sie es dennoch, werden sie wohl oder übel autoritär vorgehen
müssen, um »den Laden zusammenzuhalten«. Und das enthält wiederum den Grundstoff
für destabilisierende Kommunikation. In solchen Organisationen muß man ohne
nachzulassen die Motivation für die alltäglichsten Handlungen von außen zuführen, was
auf die Dauer sehr teuer zu stehen kommt.
Besser ist es, eine hohe persönliche emotionale Kompetenz aufzubauen UND die
Kommunikation mit anderen Menschen zu suchen, wobei es darauf ankommt, die
Quantität der Kommunikation zu verkleinern, die Qualität hingegen zu vergrößern (also
nicht so viele Informationen auszutauschen, sondern Beziehungen zu kultivieren).
Wenn nun emotionale Kopplungen über Vertrauen, Engagement, gemeinsame Ziele,
»gleiche Wellenlänge«, »Chemie stimmt« dazu führen, daß Menschen in der Einflußzone
dieses vielleicht »guten Lehrers« beginnen, das Selbstmanagement zu verbessern, an sich
arbeiten, sich in der Ebene zwei weiterentwickeln und dies auch mit anderen teilen, dann
gehen auch von diesen Menschen neue emotionale Kopplungen aus, wodurch sich wieder
andere angesprochen fühlen ……… und so weiter. Es entsteht die generative Motivation,
auch intrinsische Motivation genannt, die sich, von innen aus der Neugier auf sich selbst
genährt, fortsetzt in der Gemeinschaft. Wenn es ein Unternehmen ist, dann auch dort.
Die Kommunikation, die dazu führt, daß andere beginnen, sich für sich selbst UND für
andere zu interessieren und sich dafür einsetzen, wird kreativ genannt, weil sie Dinge
hervorruft, die nicht bis ins einzelne planbar sind.
Die kreative Kommunikation ist diejenige Kommunikation, die Menschen aus dem Ghetto
des Informationsaustauschs herausholt, die Isolationen aufbricht und aufeinander zuführt.
Sie ist diejenige Form des Umgangs miteinander, die die eigenen Ressourcen bewußt
macht und auf eine Weise anderen zur Verfügung hält, daß diese sich ebenfalls ihrer
Ressourcen bewußt werden. Und nur bewußte Ressourcen lassen sich zum Nutzen jedes
einzelnen zum Wohle des Ganzen verbinden.
Im Übergang von der Informations- zur Kommunikationsgesellschaft spielen die
Gemeinschaft UND der einzelne die Hauptrollen. Vorbei sind die Zeiten, wo alles
gleichgemacht wurde und vorbei auch die Zeit des hemmungslosen Individualismus. Wir
leben im Zeitalter des Zusammenspiels.