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6-2009
Piraten mit Rückenwind
Nach der Verabschiedung des "Zugangserschwerungsgesetzes" steigen
Medienaufmerksamkeit und Mitgliederzahlen
Nimmt man nur die neueren elektronischen Medien zum Maßstab, dann müsste
eine Mehrheit für Merkel in Deutschland eigentlich genauso
unwahrscheinlich sein wie eine für Ahmadinedschad in Iran. Allerdings
ist der medienkompetente Teil der Bevölkerung möglicherweise in beiden
Ländern deutlich in der Minderheit, worauf etwa Peter Scholl-Latour
hinwies (1), der nüchtern konstatierte, dass er ebenso wenig Zweifel an
einer Wahlmanipulation wie an einer tatsächlichen Mehrheit für den
persischen Präsidenten habe.
Sah man sich die deutsche Blogosphäre in der letzten Woche an, so
lautete das bemerkenswert einhellige Urteil von Johnny Haeusler (2) bis
Felix von Leitner (3), vom Immateriablog (4) bis Carta (5), dass sich
die SPD endgültig in die Unwählbarkeit verabschiedet hat, während die
Piratenpartei fast überall als neue Hoffnung gefeiert wurde. Hauptgrund
dafür war das von Sozial- und Christdemokraten am Donnerstag
verabschiedete "Zugangserschwerungsgesetz" (6), gegen das über 130.000
Bürger eine Petition unterzeichneten.
Anders als bei der Europawahl müssen für die Bundestagswahl in fast
jedem Bundesland (20) zweitausend Unterschriften (21) vorgelegt werden,
welche die Partei im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten auch online
(22) sammelt. In Bayern (23), Baden-Württemberg (24),
Nordrhein-Westfalen (25), Hamburg (26) und Schleswig-Holstein (27) gibt
es dafür theoretisch sogar schon einen kleinen Puffer - jedoch werden
erfahrungsgemäß etwa 10 Prozent der Unterschriften aufgrund von
Minderjährigkeit der Unterzeichnenden oder aus anderen Gründen nicht
akzeptiert, weshalb man hofft, dass auch in diesen Bundesländern noch
Unterschriften dazukommen. Den Brandenburger Piraten (28) fehlen dagegen
noch drei Viertel der notwendigen Unterstützersignaturen, für deren
Sammlung bis zum 23. Juli Zeit bleibt.
Ditfurth-Fischer-Zeitfenster
Als auch ein unmittelbar vor der Abstimmung versendeter offener Brief
von Bundestagskandidaten (36) und eine Ankündigung (37) des
Online-Beirats, seine Arbeit einzustellen, weil sich die SPD "für die
digitale Generation unwählbar" mache, keine Wirkung zeigte, kam es zu
öffentlich zelebrierten Austritten aus der "Verräterpartei" mit
anschließendem Eintritt bei den Piraten. Die von Florian Bischof
angeführte Piratenpartei Berlin traf sich für eine Demonstration (38)
gegen den Aufbau der neuen Zensurinfrastruktur gleich vor dem
Willy-Brandt-Haus in der Wilhelmstraße - der SPD-Parteizentrale. "Wir
geben", so der Berliner Spitzenkandidat der Piratenpartei vorab (39),
"jedem enttäuschten SPD-Mitglied [...] die Chance, ein neues politisches
Zuhause zu finden [und] tauschen SPD-Parteibücher gegen
Mitgliedsausweise der Piratenpartei um. [...] Für die, die länger keinen
Blick mehr hinein geworfen haben, verteilen wir auch wieder
Grundgesetze."
Zudem wird von einigen Piraten befürchtet, dass sich durch eine
Massenaufnahme "ortsvereinsgestählter" SPD-Mitglieder, die ihre eigene
politische Kultur mitbringen und Ämter durch "Totschwätzen" an sich
reißen, das Ditfurth-Fischer-Zeitfenster erheblich verkürzen könnte, das
von der Neugründung einer Partei bis zur weitgehenden
Ununterscheidbarkeit ihrer Positionen von denen etablierter politischer
Gruppierungen reicht.
Links
(1)
http://www.zdf.de/ZDFmediathek/content/776010?
inPopup=true&setTime=85&bw=dsl1000
(2) http://www.spreeblick.com/
(3) http://blog.fefe.de/
(4) http://immateriblog.de/
(5) http://carta.info/
(6) http://www.zugerschwg.com/
(7)
http://www.cducsu.de/Titel__pressemitteilung_klare_kante_gegen_kinderpornog
raphie/TabID__6/SubTabID__7/InhaltTypID__1/InhaltID__13368/Inhalte.aspx
(8) http://www.heise.de/tp/blogs/8/140775
(9) http://www.heise.de/tp/r4/artikel/30/30221/1.html
(10) http://dokumente.linksfraktion.net/pdfdownloads/7707070650.pdf
(11)
http://www.abgeordnetenwatch.de/internet_sperren-636-180----
p_11_abst_ent.html#abst_verhalten
(12)
http://www.welt.de/welt_print/article1091919/Die_68er_sind_die_Zensoren_der
_geistigen_Freiheit.html
(13) http://jungle-world.com/artikel/2009/25/35304.html
(14) http://www.heise.de/tp/r4/artikel/29/29464/1.html
(15) http://www.heise.de/tp/r4/artikel/24/24844/1.html
(16) http://www.heise.de/tp/r4/artikel/26/26703/1.html
(17) http://www.getdigital.de/index/piraten
(18)
http://www.bild.de/BILD/politik/2009/06/06/fakten-zur-europawahl/darum-
haben-wir-so-einen-langen-stimmzettel.html
(19)
http://www.bild.de/kddb/cms/websearch.do?
query=lady+gaga&searchButton.x=0&searchButton.y=0
(20) http://wiki.piratenpartei.de/Datei:SupportWahlzulassung.jpg
(21) http://wiki.piratenpartei.de/Bundestagswahl_2009#Landeslisten
(22) http://ich.waehlepiraten.de/
(23) http://www.piratenpartei-bayern.de/
(24) http://www.piratenpartei-bw.de/
(25) http://wiki.piratenpartei.de/Landesverband_Nordrhein-Westfalen
(26) http://www.piratenpartei-hamburg.de/
(27) http://www.piratenpartei-sh.de/
(28) http://piratenbrandenburg.de/wordpress/
(29) http://wiki.piratenpartei.de/Benutzer:Jan_Klemkow
(30) http://piraten-mv.de/
(31) http://www.piratenpartei-saarland.de/
(32) http://piratenpartei-bremen.de
(33) http://forum.piratenpartei.de/viewforum.php?f=25
(34)
http://blog.sven24.net/2009/06/15/liebe-strausberger-neuenhagener-
altlandsberger/
(35) http://blog.fefe.de/?ts=b4c81ebe
(36)
http://ptrace.fefe.de/Offener%20Brief%20der%20Kandidatinnen%20und
%20Kandidaten-1.pdf
(37)
http://www.stadtgeplauder.de/2009/06/17/stellungnahme-spd-online-beirats-
geplanten-gesetz-internetsperren-6324182/
(38) http://loeschenstattsperren.de/
(39) http://wiki.piratenpartei.de/Pressemitteilungen_Piraten_Berlin
(40) http://www.heise.de/tp/r4/artikel/26/26640/1.html
(41)
http://www.heise.de/newsticker/Joerg-Tauss-tritt-wegen-Gesetz-zu-
Kinderporno-Sperren-aus-SPD-aus-Update--/meldung/140819
(42) http://forum.piratenpartei.de/viewtopic.php?f=1&t=5754
Über die Rolle der BND-Agenten wurde viel spekuliert. Was wurde nun
genau an die US-Amerikaner übermittelt?
Wie bewerten Sie den Fall Murat Kurnaz aus heutiger Sicht?
Es gab das Angebot der USA, Kurnaz aus Guantánamo nach Deutschland
freizulassen. Im Kanzleramt hat man sich dagegen entschieden und danach
über drei Jahre Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um die Einreise
von Kurnaz zu verhindern, obwohl von ihm keine Gefahr ausging. Herr
Steinmeier trägt die Verantwortung. Ich erwarte Konsequenzen.
Das kommt darauf an, wie er mit dem Ergebnis des Ausschusses umgeht. Im
Fall Kurnaz hat er eine Chance vertan, einem Bremer Bürger mehr als drei
Jahre unmenschliche Haft in Guantánamo zu ersparen. Er muss sagen, ob er
heute zu dieser Entscheidung steht. Politische Konsequenzen können dann
gezogen werden, wenn wir wissen, wie Herr Steinmeier reagiert.
Hans-Christian Ströbele
Artikel-URL:
http://www.taz.de/1/archiv/print-archiv/printressorts/digi-artikel/?
ressort=sw&dig=2009%2F06%2F19%2Fa0095&cHash=0d39af927e
Der Protestsong des Sommers: Zensursula
http://www.youtube.com/watch?v=9DeHKOz5HxI
oder direkt bei Autor; www.kels.de
der heutige Tag war zwar ziemlich frustrierend: Das Gesetz, gegen das
wir – die vielbeschworene Community – so intensiv gekämpft
haben, ist erst mal beschlossen!
Wenn ich so die letzten Wochen zurückblicke bin ich Ihnen eigentlich
sehr dankbar. Während Sie in dieser Zeit anscheinend nichts dazugelernt
haben, haben diese Wochen meine Sicht auf viele Dinge dramatisch
geändert:
Ich bin jetzt 42 Jahre alt, verheiratet und habe 2 Söhne (9 und 11
Jahre). Beruflich bin ich selbstständig und habe vor 5 Jahren eine Firma
gegründet, die mittlerweile 5 Festangestellte hat. Politisch war ich bis
jetzt nicht sonderlich aktiv, bin aber immer zur Wahl gegangen und habe
die CDU gewählt. Dies “zuzugeben” ist mir jetzt schon fast
irgendwie peinlich – das hab ich auch erst in den letzten Wochen
“gelernt”.
Auch manch anderes habe ich gelernt, wofür ich dankbar bin. So habe ich
seit über einem Jahr einen Twitter Account und habe mich ständig
gefragt, welchen Sinn diese neue Kommunikationsplattform hat. Jetzt aber
weiß ich, dass Twitter sich perfekt für die schnelle Kommunikation zu
aktuellen Themen eignet. Auch dafür meinen Dank.
Mein nächster Lernerfolg betraf die Rolle der Presse, sie wurde mir bei
dem Kampf gegen die Sperren deutlich vor die Augen geführt. Der
Gegensatz von schlecht, oder gar nicht recherchierten Artikeln mit
hervorragenden Journalismus ist erst Dank dem (bisher unzensierten)
Internet deutlich erkennbar geworden. Getoppt wurde das Ganze durch die
unverblümte Beeinflussung der Bevölkerung im Auftrag der Politik durch
die Bild Zeitung (Stichwort Gewinner / Verlierer). Alles zusammen hat
mir die Augen geöffnet und ich gehe nun viel kritischer mit
Presseberichten um – auch dafür vielen Dank!
Auch die bis jetzt für mich immer nur abstrakt vorhandene Lobbyarbeit
(Stichwort Deutsche Kinderhilfe oder auch Meinungsumfragen) wurde mir
während der letzten Wochen so deutlich vorgeführt, dass mir übel wurde!
Immer noch etwas grün im Gesicht auch vielen Dank für diese neue
Erfahrung.
Dank des heutigen Tages verstehe ich nun auch endlich, warum eine große
Koalition so gefährlich für die Demokratie ist. Wir haben sicherlich den
einen oder anderen Abgeordneten der CDU/CSU/SPD überzeugen können,
aber
bei den Mehrheitsverhältnissen mit einer großen Koalition bestand nie
die Chance ernsthaft etwas zu erreichen – eine echte Opposition
kann so nicht stattfinden. Und schon wieder was gelernt – Danke
auch dafür!
Aber mein persönlich wichtigster Lernerfolg zum Schluss: Sie als unsere
gewählte Regierung haben es geschafft, dass ich – wie viele andere
auch (mindestens 134.014 Petenten), sich wieder – oder vielleicht
auch zum ersten mal – aktiv mit der Politik beschäftigen. Und
damit werden wir nicht so schnell wieder aufhören! Ob das für die
Parteien der aktuellen Regierung allerdings so positiv ist, mag die
Bundestagswahl zeigen. Ich wage es zu bezweifeln Wir werden von nun an
– wie in den letzten Wochen – SACHLICH und
DEMOKRATISCH
weiterkämpfen. Ich glaube fest an die Demokratie – allerdings ist
mir auch klar geworden, dass Demokratie Schwerstarbeit ist.
Christoph Thurner
Artikel-URL:
http://wsdv.wordpress.com/2009/06/18/vielen-dank-ursula-v-d-leyen-ernst-
gemeint/
Wir haben viele neue Leute kennengelernt, wir haben Solidarität gespürt.
Wir haben einer Ministerin einen Namen verpasst, den sie nie mehr
loswerden wird. Wir haben uns gefreut, dass wir so viele sind. Wir haben
Freiheit erklärt und unseren Eltern das Internet. Wir haben Flyer
designt und Plakate geklebt. Wir haben mit Nerds diskutiert, Reden
gehalten und böse Kommentare geschrieben. Wir haben uns konstruktiv
eingebracht, Ideen entwickelt und uns mit Unbekannten zusammengetan. Wir
haben uns verbündet und die Grundrechte geschützt. Wir haben den warmen
Sommerwind der Freiheit gespürt. Wir haben der Regierung das Fürchten
gelehrt und gezeigt, welche Kräfte das Netz entwickeln kann. Wir haben
gekämpft wie die Löwen.
Und dennoch müssen wir zusehen, wie uns die Freiheitsrechte unter dem
Arsch weggesprengt werden. Ob Vorratsdatenspeicherung oder Zensursula -
der Hunger der Feinde der Freiheit ist riesengroß. Sie werden immer
weitermachen. Wir fühlen uns machtlos und fragen uns, wo die eigentlich
hinwollen. Manche werden nun resignieren. Andere werden das Vertrauen in
den Parlamentarismus verlieren. Andere nur das Vertrauen in manche
Parteien. Es ist schon bedrückend, wenn man Teil einer so starken
Bewegung ist und trotzdem nur so wenig ausrichten kann. Das ist
deprimierend, traurig und tut weh. Wir sind ratlos. Sollen wir aufhören?
Nein, niemals.
Wir können aufbauen auf unseren Infrastrukturen. Wir können noch mehr
Leute vom Wert der Freiheit überzeugen. Wir sind vermutlich die stärkste
politische Bewegung in diesem Land. Wir sind wirklich verdammt stark.
Wir sind gut vernetzt, wir sind sympathisch. Wir speisen unsere Kraft
aus den unterschiedlichsten politischen Spektren. Aus allen Berufen. Wir
sind dezentral organisiert und haben die größten Technikfreaks in
unseren Reihen. Wir können schneller agieren und reagieren als jede
andere politische Gruppe, Initiative, Partei. Wir haben Sprachrohre, die
in die klassischen Medien hineinwirken. Wir können fette Kampagnen
fahren ohne einen Pfennig dafür auszugeben. Wir können noch mehr Leute
werden. Wir werden mehr Leute. Wir werden jeden Tag stärker. Und wir
können auch noch ganz anders, wenn wir wollen.
Irgendwann werden wir uns die Freiheit zurückholen, die uns weggenommen
wurde.
18.06.2009 20:34
Bundestag verabschiedet Gesetz für
Web-Sperren
Der Bundestag hat am heutigen Donnerstag mit den Stimmen der großen
Koalition den Gesetzentwurf[1] zu Web-Sperren im Kampf gegen die
Verbreitung von Kinderpornographie über das Internet abgesegnet (389
Ja-, 128 Nein-Stimmen, 18 Enthaltungen[2]). Die Opposition votierte
geschlossen gegen das Vorhaben. "Wir haben die Pflicht, alle
rechtsstaatlichen Mittel zur Bekämpfung von Kinderpornographie
einzusetzen", begründete Martina Krogmann, parlamentarische
Geschäftsführerin der CDU/CSU-Fraktion die Initiative. Es könne sich
hier niemand auf die Informationsfreiheit berufen.
Krogmann sagte, mit dem Gesetz solle der Zugang zu Kinderpornos vor
allem für Zufallsnutzer erschwert werden. Sie räumte ein, dass erstmals
eine Sperrinfrastruktur fürs Internet errichtet werde und darum ein
"Kulturkampf" um die Freiheit im Netz ausgebrochen sei. Der "Damm"
für
die Blockade weiterer unliebsamer Inhalte sei aber dank des
Spezialgesetzes nicht gebrochen. Es sei zudem wichtig, ein
Kontrollgremium beim Bundesbeauftragten für Datenschutz und
Informationsfreiheit einzurichten. Dies sei die richtige Stelle für die
Prüfung der Schwarzen Liste. Die Ablehnung[3] des
Datenschutzbeauftragten Peter Schaar sei "abenteuerlich".
Martin Dörmann von der SPD-Fraktion betonte, dass gegen eine
Ausdehnung
der Sperren mehrere Hürden aufgebaut worden seien. Freiheitsrechte
würden verteidigt, nicht gebrochen. Zudem würden bereits auf
vertraglicher Basis Sperrstrukturen aufgebaut. Sein Parteikollege Jörg
Tauss sprach in einer Kurzintervention davon, dass die Vereinbarungen
mit fünf großen Providern durch Nötigung zustande gekommen sei. Es sei
rechtsstaatlich unmöglich, diese nachträglich zu legalisieren.
Max Stadler von der FDP erklärte, dass die Kinderpornographie mit dem
Gesetz "um kein Jota zurückgedrängt wird". Die Form der
Verabschiedung
sei ferner nicht gegen Zweifel erhaben. Die Beratung erfolge über ein
gänzlich anderes Gesetz als ursprünglich vorgesehen. Dass hier
Verfassungsbeschwerden eingereicht würden, liege auf der Hand. Die
Diskussion um die Ausweitung der Blockaden sei absehbar "wie das Amen
in
der Kirche".
Der "Placebo"-Entwurf sei nicht verhältnismäßig und öffne das Tor zur
Internetzensur, monierte Jörn Wunderlich von den Linken. Eine
rechtsstaatliche Kontrolle der Sperrlisten finde nicht statt.
Polizeibehörden dürften nicht darüber entscheiden, was publiziert werden
dürfe. Wolfgang Wieland beklagte für die Grünen, dass "im
Schweinsgalopp" allein ein "Vorhang für Verbrechen" aufgezogen werde.
Es
sei "schierer Missbrauch", das Vorhaben unter der Flagge des
Wirtschaftsrechts durchzusetzen. Prinzipiell müsste zumindest ein
verwaltungsrechtliches Widerrufsverfahren gegen die Aufnahme auf die
Schwarze Liste eingeführt werden. Ein Richter habe die Anordnung zu
genehmigen, kein Kontrollgremium beim Bundesbeauftragten für
Informationsfreiheit.
Das Gesetz, das nach umfangreichen Änderungen[4] den Titel "Gesetz zur
Erschwerung des Zugangs zu kinderpornographischen Inhalten in
Kommunikationsnetzen" trägt, soll auf drei Jahre befristetet werden. Das
Bundeskriminalamt (BKA) soll täglich eine Sperrliste erstellen. Alle
Zugangsanbieter mit mindestens 10.000 Teilnehmern müssen sie
"unverzüglich" und zumindest auf Ebene des Domain Name Systems
(DNS)
implementieren. Ausgenommen sind Provider, die keine öffentlichen
Internetzugänge vermitteln und selbst "vergleichbar wirksame
Sperrmaßnahmen" einsetzen.
Das BKA darf außereuropäische Kinderporno-Angebote "sofort" in das
Filterverzeichnis aufnehmen, wenn ihm eine Löschbarkeit der
Serverinhalte in "angemessener Zeit" nicht plausibel erscheint.
Informationen an die betroffenen Host-Provider über die inkriminierten
Inhalte muss die Polizeibehörde nicht verschicken.
(Stefan Krempl) /
(anw[22]/c't)
Robert Hackbarth ist Uhrenhändler und mit seinem Wagen auf dem Rückweg
von einer Uhrenmesse, als er nachts von der Polizei angehalten wird. Die
Beamten sind sich sicher, es mit einem Hehler zu tun zu haben -und
beschlagnahmen kurzerhand wertvolle Uhren. Noch in derselben Nacht
leitet die Staatsanwaltschaft Frankfurt ein Ermittlungsverfahren gegen
Hackbarth ein - zumindest das wird aber schnell wieder eingestellt.
Und damit noch nicht genug: Dummerweise hatte der Polizeibeamte, der die
Uhren verschickt hat, gleich auch die Zertifikate der Uhren mit in die
Päckchen gesteckt. Und: Die Identifikationsnummern hatte er sich vorher
nicht notiert. Es existiert also keinerlei Nachweis darüber, welche
Uhren sich in den Paketen befanden.
„Für jene, die sich nicht mit dem Thema beschäftigt haben, ist es
schwer zu glauben: Morgen wird der Bundestag mit den Stimmen von CDU und
SPD ein Gesetz verabschieden, das die Gewaltenteilung zwischen
Judikative, Exekutive und Legislative aufhebt. Jene Gewaltenteilung, die
in Art. 20 des Grundgesetzes festgeschrieben ist.
Ich bin zum ersten Mal in meinem Leben als politischer Mensch in
Deutschland fassungslos. Dass Politiker manchmal Gesetze beschließen,
die ich nicht gutheiße – wie Hartz IV – oder Dinge tun und
lassen, die ich nicht nachvollziehen kann – wie vor gefühlten 100
Jahren die Stationierung amerikanischer Mittelstreckenraketen auf
bundesrepublikanischem Boden, gegen die ich damals auf die Straße
gegangen bin – geschenkt. Jeder von uns lebt in seiner eigenen
Blase, hat eigene Ansprüche oder Moralvorstellungen, kein Politiker und
keine Partei kann es mir immer und zu allen Anlässen recht machen. Aber
bis jetzt hatte ich bei allem immer das Gefühl, dass es in Deutschland
eine funktionierende Oppostion gibt, eine oder mehrere Parteien, die
aufstehen, wenn etwas schiefläuft, die laut werden, wenn die Regierung
es sich zu bequem machen will. Und ich wusste immer, es gibt eine
Gewaltenteilung. Selbst wenn die Regierung Gesetze beschließt, gibt es
Institutionen, die sie wieder zu Fall bringen können, wenn sie
rechtswidrig sind.
Seit Dienstag, seit sich die Große Koalition, die ich mit meiner Stimme
für die SPD auch noch ermöglicht habe, gemeinsam auf einen
Gesetzesentwurf geeinigt hat, der die Gewaltenteilung faktisch aushebelt
und meiner Meinung nach eindeutig gegen das Grundgesetz verstößt
(Artikel 5.1: „Eine Zensur findet nicht statt.“), seit
diesem Tag bin ich fassungslos. Ich fühle mich zum ersten Mal in meinem
Heimatland nicht mehr so frei wie noch am Tag zuvor. Ich habe das
bedrückende Gefühl, dass die Regierung meines Landes, meine Regierung,
die ich gewählt habe, ihren Bürgern nicht mehr vertrauen will, mir nicht
mehr vertrauen will und glaubt, mir vorschreiben zu müssen, welche
Webseiten ich besuchen darf und welche nicht. Denn mehr ist dieses
Gesetz nicht: Es ist eine Einschränkung meiner freien Wahl, wohin ich
mich im Netz bewege. Das digitale Äquivalent dazu, mir zu verbieten,
bestimmte Bücher zu kaufen, Lieder zu singen, Gedanken zu teilen. Das
ist Zensur, das ist ein Eingriff in meine Grundrechte. Zum ersten Mal
sehe ich meinen Staat, den ich bei all seinen Macken bisher immer als
zutiefst demokratisch empfunden habe, mit sehr misstrauischen Augen an.
Ich kann es nicht fassen, dass eine Partei, die sich ein soziales
Gewissen auf die Fahnen schreibt, sich von einer anderen Partei, die
angeblich christliche Werte vertritt, so dermaßen um den Finger wickeln
lässt, dass sie ihre eigenen Prinzipien verrät. Prinzipien wie
„eine freie (…) Gesellschaft“ und die
„Selbstbestimmung aller Menschen“. Ich kann es nicht fassen,
dass anscheinend alle Bundesminister ihren Amtseid vergessen haben, in
dem es unter anderem heißt: „Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem
Wohle des deutschen Volkes widmen (…), das Grundgesetz und die
Gesetze des Bundes wahren und verteidigen (…) werde.“ Ich
kann es nicht fassen, dass es anscheinend genügend Abgeordnete gibt, die
das Internet als rechtsfreien Raum wahrnehmen, ohne auch nur fünf
Minuten damit zuzubringen, diese Sichtweise zu überprüfen. Ich kann es
nicht fassen, dass 130.000 Stimmen einfach ignoriert werden. Und ich
kann es nicht fassen, dass meine demokratische Regierung aller
Voraussicht nach ein Gesetz beschließen wird, das der erste mögliche
Schritt in eine Diktatur sein kann – und dass jeder, der diesen
Gedanken ausspricht, als hysterischer Angsthase oder wahlweise als
krimineller Pädophiler hingestellt wird.
Heute wird der letzte Tag sein, an dem ich an die freiheitliche
Grundordnung, mit der ich aufgewachsen bin, glauben kann. Und es gibt
weniges, was mich so sehr erschreckt wie dieser Gedanke.
Artikel-URL: http://www.ankegroener.de/?p=4678
Es ist noch kein Jahr her, dass sich die Welt über China empörte, weil
der Gastgeber der Olympischen Spiele die Computer im internationalen
Pressezentrum zensierte. Westliche Regierungen intervenierten –
China musste den Journalisten schließlich einen freien Internet-Zugang
gewähren.
Heute sieht sich China auf der Sieger-Seite. So erklärte ein Vertreter
der chinesischen Delegation beim Vorbereitungstreffen des Internet
Governance Forums in Genf den Streit um Internet-Sperren kurzerhand für
beendet: "Um die Staatssicherheit zu gewährleisten und die Bevölkerung
vor Terrorismus und anderen Verbrechen zu schützen, haben alle Staaten
das Recht, bestimmte Inhalte von Internet-Seiten zu blockieren. Und wir
glauben, dass alle Länder dies jetzt anstreben."
Die Chinesen haben die Fakten auf ihrer Seite. Waren Internet-Sperren
früher das Markenzeichen autoritärer Regierungen wie China und Iran,
greifen heute immer mehr westliche Staaten in den Internet-Verkehr ein
und errichten Grenzen im World Wide Web. In Deutschland arbeitet der
Bundestag gerade an einem Gesetz zur Blockade von
Kinderpornografie-Seiten, aber auch viele andere Staaten greifen zum
diesem Mittel – von Neuseeland bis zu Finnland.
Zum Beispiel die Türkei: Hier wurde im Wahlkampf 2007 ein neues
Internet-Gesetz verabschiedet. Es gibt den türkischen Staatsanwälten und
Richtern das Recht, ausländische Internet-Seiten zu sperren, wenn sie
gegen bestimmte Gesetze verstoßen.
Internet-Casinos stehen bei vielen Staaten ganz oben auf der Sperrliste
– noch vor Terror-Videos und Bombenbauanleitungen. Dabei geht es
wohl weniger um Kundenschutz oder die Unmengen von Spam-E-Mails, die auf
die Seiten locken – vielmehr gefährden die Online-Casinos das
staatliche Glücksspiel-Monopol und damit Einnahmen in Milliardenhöhe.
Vor einigen Monaten war die Landesregierung bei einem internen Treffen
bei den Providern noch abgeblitzt: Zu teuer und zu kompliziert seien die
Sperren, die ohnehin keinen Erfolg versprechen. "Wir fühlen uns von den
Providern getäuscht", erklärte Heinrich Sievers, Leiter des Referats
Glücksspiel im Hessischen Innenministerium im April auf dem Kölner Forum
Medienrecht – schließlich hätten dieselben Provider ja nun der
Sperre von Kinderporno-Seiten zugestimmt.
Artikel-URL: http://www.zeit.de/online/2009/21/sperren-kinderpornografie
Es war von Anfang an klar, dass Opel gerettet würde - zumindest bis zum
27. September. Die SPD hatte diese Position früh und felsenfest
aufgebaut, so dass die CDU/CSU nach der Logik von Wahlkämpfen gar nicht
anders konnte, als mitzuziehen. Und dabei spielen die Regeln der
Marktwirtschaft nur noch eine untergeordnete Rolle. Nach wie vor ist
völlig unklar, ob Opel am Markt wirklich eine Überlebenschance hat.
Wollen die Deutschen (und die anderen Europäer) so viele Opel-Autos
kaufen, dass das Unternehmen überlebensfähig ist? Kaufen diejenigen, die
heute jubeln, künftig aus Solidarität einen Insignia oder Astra oder
doch wieder einen Golf oder Polo, Nissan oder Audi? Die Deutschen haben
auch tiefes Mitgefühl mit den Milchbauern und kaufen ihre Billig-Milch
dennoch bei Aldi oder Lidl.
Und ein weitere entscheidende Frage ist: Wie oft und wie brutal
versuchen die Amerikaner, den neuen Opel-Eigentümer Magna und den
deutschen Staat bei den weiteren Verhandlungen zu erpressen und über den
Tisch zu ziehen? Die deutsche Seite hat jetzt keinerlei Drohpotential
mehr. Arbeitsplätze in Deutschland sind GM und der US-Regierung völlig
egal.
Artikel-URL: http://www.sprengsatz.de/?p=1294
Schon beim Verfassen der Encyclopédie von d'Alembert und Diderot war der
Index in Gefahr, durch die französische Zensur massiv beschränkt zu
werden. Die moralischen (Kirche) und weltlichen Gewalten (Staat) sahen
die Encyclopédie als Bedrohung, denn sie behebt drei Mängel, die dem
Menschen zu eigen sind. Hans Jörg Sandkühler identifiziert diese
Charakteristika der Enzyklopädie als[1]: Aufzeigen des gleichzeitigen
Bestehens von einander widersprechenden Antworten, die eine Kultur auf
eine bestimmte Frage gibt (Unvermögen im Raum)
Urteilsfähigkeit durch Überblick über die unterschiedlichen Erkenntnis-
und Wissensweisen, die das Individuum ohne Hilfe nicht verinnerlichen
könnte (Endlichkeit des menschlichen Lebens)
Hilfsmittel des Erinnerns als Langzeitspeicher für Wissen (Unvermögen
in der Zeit)
Alle drei Punkte sind für Autoritäten ein Problem, da sie ihnen das
Informationsmonopol streitig machen. Dazu kam die Berufung auf die
Vernunft als alleinige absolute Größe, die die Position der Kirche
untergrub. So wurde die Encyclopédie auch auf Betreiben der Kirche
verboten, dann wieder erlaubt, um schließlich 1757 endgültig versagt zu
werden. Ein Vorgang, der sich bei Innovationen bis heute wiederholt
– ohne jegliches Lernen aus der Geschichte.
Sowohl die Enzyklopädie als auch das Internet bieten der Allgemeinheit
Zugang zu Information. Der Index (lat. Anzeiger, Übersicht,
Inhaltsverzeichnis) bzw. der Link fungiert dabei als Bindeglied. Index
ist ein wunderbarer Begriff[3], denn er umfasst das klassische
Inhaltsverzeichnis, die Indexstruktur als System der Ordnung, technische
Aspekte (z. B. im Sinne von Datenbankindizes und im Sinne der
Mathematik) sowie sogar Semiotik (Lesezeichen). Weiters taucht er auch
im Umfeld der Zugangsbeschränkungen (Index Librorum Prohibitorum,
verbotene Bücher/Websites) auf. So zeigt die Begriffsklärung gleich
einen Teil der Problematik auf.
Wenn man gleich beim Index ansetzt, muss nicht mühsam jedes einzelne
Informationsteilchen verändert werden. Dabei muss der Begriff gerade im
virtuellen Raum weiter gefasst werden, da Suchmaschinen genauso einen
Index bieten wie Linklisten, Torrent-Sammlungen, Foreneinträge oder
Blogs. Mit einem Eingriff kann man auf ganz neue Informationen verweisen
und "eine andere Geschichte" erzählen.
Rewrite Your History
Auch in Österreich äußerte sich der OGH grundsätzlich positiv zur Frage
der Linkhaftung (OGH 19. 12. 2000, 4 Ob 225/00t & 4 Ob 274/00y). Dies
ermöglicht einen generellen Eingriff in den Index.
Das Verfahren gegen The Pirate Bay, die nur einen Index in Form von
BitTorrent-Trackern und keine Inhalte (z.B. Filme) anbieten, zeigt, wie
der Index reflexartig attackiert wird, obwohl man ihn heute auf Grund
der dezentralen Organisation und der zahlreichen Alternativen (GIYF) nur
sehr schwer zentral kontrollieren kann.
Als drittes Beispiel sei hier Wikileaks genannt, das durch starke
Verschlüsselung und das Spiegeln auf Servern rund um den Globus eine
Plattform für das Veröffentlichen von Dokumenten bietet, auch wenn dies
Organisationen, Staaten oder Einzelpersonen verhindern wollen. Hier
fehlt der Index fast völlig und man verlässt sich auf Tags und
Volltextsuche. Nicht nur in Enzyklopädien kann durch geschickte
Manipulation des Inhalts oder des Index Information "gelöscht" werden.
Auch hier wurde von Seiten der deutschen Exekutive reflexartig der
Versuch unternommen, mit Methoden aus dem 19. Jahrhundert
("Beschlagnahme") gegen den virtuellen Raum vorzugehen.
Im Moment sieht es noch so aus, als könnte sich die dezentrale Struktur
des Internet nationalen Bemühungen der Kontrolle erfolgreich entziehen.
Gute Dienste leisten bei der Kontrolle von Manipulationen des Index
Instrumente der zentralen und persönlichen Web-Archivierung wie WebCite,
Google Cache, Zotero, Citavi oder das Internet Archive.
Im virtuellen Abbild unserer Realität wird der mündige Bürger mehr und
mehr durch einen Konsumenten ersetzt. Dabei hat der Bürger mit seinem
Steuergeld gemeinsam mit den Bildungseinrichtungen einen
anarchistisch-basisdemokratischen Raum geschaffen.
Zu diesem Thema wurde beim Chaos Computer Congress 2008 (25C3) in Berlin
zum Thema "nothing to hide"[10] auch ein Forschungsprojekt von der
Soziologin Rose White[11] (CUNY) vorgestellt, welches sich mit der
Organisation von pornographischen Sammlungen beschäftigt:
[...] Right now, storing pornography causes problems even for people who
have nothing especially perverted to hide: A collection of pornography
gets to the heart of what it means to be a private individual. As we
move from mass media to individually produced media, from edited
collections of porn (magazines, commercially produced films) to
individual snapshots and YouTube clips and stored BitTorrents, the
particularity of a collection of porn will be testimony to its owner's
private set of tastes. [...]
We'll have everything stored – but what will the social
consequences be? If it is trivially easy to amass a porn stash so large
that it cannot be "consumed" in one person's lifetime, should a person
with a large collection of pornography be considered a pervert? (Hint: I
don't think so.) If everyone has so much porn, perhaps we have nothing
to hide!
Rose White: The Infinite Library. Storage and Access of Pornographic
Information (2)
Die Ergebnisse des Forschungsprojektes sind noch ausständig und man darf
gespannt sein. Das Problem ist keineswegs neu und gerade auch Wien hält
mit der "Secreta" der Wienbibliothek ein schönes Beispiel für die
künstlerische, gesellschaftliche und wissenschaftliche Wichtigkeit
solcher Sammlungen bereit, welches bei Veranstaltungen auch immer wieder
der Öffentlichkeit in Erinnerung gebracht wird.[12]
Die Sammlung, die zu großen Teilen auf den Nachlässen des Wiener
Kaffeesieders Eduard Nikola (1823-1905) und jenem von Felix Batsy (1877
bis 1952) beruht, hätte auf Grund der rechtlichen Situation nicht
angenommen werden dürfen und wäre so wahrscheinlich nicht erhalten
geblieben.[13]
Eine erste Phase strenger Zensur erlebte Österreich unter Kaiserin Maria
Theresia. Während Joseph II. eher eine liberale Einstellung vertrat,
verschärften spätere Herrscher die Zensurbestimmungen immer mehr. Die
General-Zensur-Verordnung vom 22. Februar 1795 enthält eine erschöpfende
Aufstellung aller Zensurregelungen der damaligen Zeit und war die
Grundlage späterer Zensurpraxis.[15]
Die Kriegszensur war streng und umfasste alle Bereiche des pivaten
Lebens (Post, Presse, Kunst und Kultur).[19]
Kein anderes Thema ist öfter für Zensurmaßnahmen herangezogen worden als
die liebe Sittlichkeit und die Moral. Besonders gerne schützen wir
unsere Jugend vor sich selbst und anderen und überhaupt. Ein mündiger
Bürger im Sinne des zoon politikon ist, so folgert der Schelm, wer es
trotz dieser Maßnahmen schafft, sich die nötige Tapferkeit,
Gerechtigkeit, Verständigkeit und Klugheit im Sinne der Kardinaltugenden
zu erhalten, um seinen demokratischen Verpflichtungen nachkommen zu
können.
Gerade der Film ist ein gutes Beispiel, wie auch kleine Eingriffe in den
Originalschnitt, neue Synchronisation oder längst überholte
Zugangsbeschränkungen langfristige Nachwirkungen haben und unsere
Wahrnehmung des im Film Erlebten verzerren und manipulieren. Dabei
besteht die besondere Gefahr darin, dass wir den Eingriff meist gar
nicht bemerken und daher kein Problembewusstsein entwickeln können.
Abschließend sei jedem Leser die Schilderung (3) des Versuchs von Hans
Schmid auf Telepolis (Heise Verlag), in Deutschland an einen indizierten
Film zu gelangen, ans Herz gelegt.
Die oben aufgeführten Beispiele legen nahe, dass in Bezug auf die
Informationshoheit im virtuellen Raum noch kein Gleichgewicht zwischen
den Interessen des Individuums, Juristischen Personen und dem Staat
besteht. Dies wäre in einer Demokratie aber wünschenswert.
Wer sich als Herrscher über die Sprache aufspielt, hat nicht begriffen,
daß es sich um das einzige Medium handelt, in dem die Demokratie schon
immer geherrscht hat.
Hans Magnus Enzensberger zur Rechtschreibreform[24]
Daraus entwickelt sich ein interessantes Phänomen, dass zeigt, wie ein
spontaner Zusammenschluss von einzelnen Usern auch gegen den Widerstand
weitaus "stärkerer" Kontrahenten Informationen weiterverbreiten kann und
so der Manipulation des Index als Strategie zur Informationshoheit
entgegenwirkt.
Durch das Kopieren von Information wird diese Information erhalten und
es wird unwahrscheinlicher, dass sie völlig verloren geht. Dies war
schon zu Zeiten einer Bibliothek von Alexandria bekannt, wo Reisende
durchsucht wurden und warten mussten, bis Kopien eventuell gefundener
Bücher gemacht wurden, bevor sie weiterreisen durften. Im Lichte der
heutigen Diskussion war dies mit Sicherheit eine kriminelle
Vorgehensweise.
Daher muss man auch die problematischen Aspekte des Internet auf ihre
Verwendbarkeit zur Verhinderung einer Manipulation des Index hin
untersuchen.
Spam: Nutze, was auch immer funktioniert
Satiren, die der Zensor versteht, werden mit Recht verboten.
Karl Kraus[26]
We also concluded that any single-machine locks and keys, or special
time-out and self-destruct programs, would be onerous to our best
customers and not effective against clever thieves. Because we could not
devise practical physical security measures, we had to rely on the
inherent honesty of our customers.
Watt S. Humprey [27]
Als Fazit dieser Tour de Force lässt sich feststellen, dass wir uns im
Moment in einer Zeit befinden, wo von allen Beteiligten versucht wird,
den Index und die damit verbundenen Informationen zu kontrollieren.
Durch die immer weitergehende Digitalisierung der Informationen spielt
sich dieser Vorgang auch im Internet ab. Durch den Umfang der
angebotenen Information ist der Index für das Auffinden einer bestimmten
Information noch wichtiger.
Dabei zeigt sich, dass die in der realen Welt gut funktionierenden
Strategien der Kontrolle nur sehr schwer auf das Internet anwendbar
sind. Innovation findet genauso oft von "unten" wie von "oben" statt.
Dies macht auch eine Kontrolle von "oben" sehr schwer.
Es zeigt sich, dass die einzelnen User aktiv agieren, wenn sie einen
bestimmten Bedarf befriedigen möchten. So entstand beispielsweise aus
dem Wunsch einer demokratischen Publikationssphäre die Blogoshpäre,
wobei die dazu nötige Software von einzelnen Usern als Open Source
bereitgestellt wurde, eigene Kommunikationskanäle, Suchmaschinen,
Informationsaustausch- und Rating-Systeme entwickelt. Der Index zu den
Informationen dieser Subkultur ist von außen daher auch schwerer zu
verändern.
Dabei sind das elektronische Gedächtnis und seine Indizes keineswegs nur
großmütig und edel. Fehler und private Details bleiben genauso geduldig
verfügbar wie Druckfehler in gedruckten Ausgaben.
Literaturangaben
[8] Hilty, R. M., Kur, A., Klass, N., Geiger, C., Peukert, A., Drexl,
J., et al. (2008). Stellungnahme (10) des Max-Planck-Instituts zum
Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie zur Änderung der Richtlinie
2006/116 EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die
Schutzdauer des Urheberrechts und bestimmter verwandter Schutzrechte.
München: Max-Planck Institut für Geistiges Eigentum, Wettbewerbs- und
Steuerrecht. Abgerufen: 7. 5. 2009
[9] Alex Carey. Taking the Risk out of Democracy: Propaganda in the US
and Australia, 1995
[13] Pfoser, A. (2008). Bücher, die man nur mit einer Hand liest. Die
Secreta-Sammlung der Wienbibliothek im Rathaus. Biblos, 2(57),
143–144.
[25] Lawrence Lessig. May the source be with you (22), In: Wired, 2001
(1) http://weightofperfection.de/DubistTerrorist_de_medium.mov
(2) http://events.ccc.de/congress/2008/Fahrplan/events/2980.en.html
(3) http://www.heise.de/tp/r4/artikel/30/30145/1.html
(4)
http://www.elib.at/index.php?title=Manipulation_des_Index_-
_Wissen.schafft.Freiheit_-_Gernot_Hausar_-_2009
(5) http://www.imageuro.net/archivio/encyc/sandku.htm
(6)
http://web.archive.org/web/20050514193743/http://www.house-
salon.net/verlag/reportagen/schreibnetz/set/2.htm
(7) http://de.wikipedia.org/wiki/Index
(8) http://www.heise.de/heisevsmi/
(9) welt.de
(10)
http://www.ip.mpg.de/shared/data/pdf/stellungnahme-bmj-2008-09-10-def.pdf
(11) http://events.ccc.de/congress/2008/
(12) http://events.ccc.de/congress/2008/Fahrplan/speakers/1777.en.html
(13)
http://www.renner-institut.at/veranst_archiv/2008/pdfs/2008-11-07-
09_Einladung_KRIBIBI_Tagung.pdf
(14) http://www.wienbibliothek.at/
(15) http://zensur.literature.at/febr1795.html
(16) http://zensur.literature.at/project.html
(17) http://austria-forum.org/wbtmaster/courses/aeiou_forum1.htm#Zensur
(18) http://www.verlagsgeschichte.murrayhall.com/
(19)
http://www.verlagsgeschichte.murrayhall.com/index.php?
option=com_content&view=article&id=49&Itemid=56
(20) http://www.hrw.org/reports/2006/china0806/index.htm
(21) http://www.heise.de/heisevsmi/
(22) http://www.wired.com/wired/archive/9.12/lessig.html
...ja genau, wenn wir erstmal die Zensur-Infrastruktur haben können wir
alles ausblenden was uns nicht gefällt...Extrem Praktisch!
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Ja, Frau von der Leyen, die neue digitale Mauer um Deutschland wird
ausschließlich den dokumentierten Missbrauch von Kindern blockieren.
Klar. Dass das BKA momentan nur die Hufe still hält und nicht mehr so
offen fordert, auch islamistische Webseiten zu sperren, pfeifen die
Spatzen in Berlin zwar schon von den Dächern, aber mit Herrn Ziercke
verstehen Sie sich ja gut, das werden sie dem schon noch erklären, dass
das nichts wird.
Aber Moment: Was sagt da ihr Fraktionskollege Thomas Strobl gestern auf
Abgeordnetenwatch?
Zum Beschluss der Innenminister zum Verbot von "Killerspielen" hat Jörg
Tauss übrigens einen lesenswerten Brief an dieselben geschrieben.
Offenbar gibt es doch noch einen Restfunken Verstand in der SPD. Mal
sehen, ob der sich in der Zensurfrage noch durchsetzen kann.
Artikel:URL:
http://netzpolitik.org/2009/cdu-diskutiert-ausweitung-der-zensur-auf-
killerspiele/
Gesetz zu Web-Sperren in
trockenen Tüchern
Wirtschaftspolitiker der großen Koalition haben sich am heutigen
Montagabend auf eine gemeinsame Linie beim Gesetzentwurf[1] "zur
Bekämpfung der Kinderpornografie in Kommunikationsnetzen" geeinigt. "Ich
bin sehr zufrieden mit dem Ergebnis", erklärte Martina Krogmann,
parlamentarische Geschäftsführerin der CDU/CSU-Fraktion, gegenüber heise
online. Nun müssten am Dienstag nur noch die Arbeitsgruppen für Kultur
und Medien der beiden Regierungsfraktionen zustimmen. Dann könne das
Vorhaben – wie geplant[2] – bereits am Donnerstag im Plenum
des Bundestags verabschiedet werden.
Eingegangen ist die Union nun auf den Wunsch der SPD, durch ein
Spezialgesetz für eine bessere Einschränkung der Web-Blockaden auf
Kinderpornographie zu sorgen. Durch einen Passus solle deutlich gemacht
werden, dass die geplante Sperrinfrastruktur nicht für andere Zwecke
verwendet werden darf, betonte Krogmann. Die Initiative werde zudem nach
zwei Jahren überprüft und zunächst auf drei Jahre befristet. Die
Forderung[6] ihres baden-württembergischen CDU-Kollegen Thomas Strobl,
die Sperren "mit Blick auf Killerspiele" neu zu diskutieren, bezeichnete
Krogmann als "Einzelmeinung".
zurück
Von Christian Stöcker
Folgerichtig tat die Opposition erst gar nichts und gab dann kaum mehr
als ein leises Wimmern von sich - um sich dann in das Schicksal zu
ergeben, dass die Familienministerin als Bezwingerin der Kinderschänder
würde Wahlkampf machen können.
Dann passierte das Unerhörte: Eine rasant wachsende Zahl von Menschen
sprach sich offen und nicht anonym gegen die Filterpläne der Ministerin
aus - bis heute über 100.000. Obwohl es doch gegen Kinderpornografie
ging! In Berlin war man konsterniert. Wirtschaftsminister Karl-Theodor
zu Guttenberg (CSU) war so überrascht, dass ihm sogar der Fauxpas
unterlief, die zu diesem Zeitpunkt bereits Zehntausenden Unterzeichner
der Petition gegen das Gesetzesvorhaben, immerhin ja Wähler, vor
laufender Kamera in die Nähe von Kinderschändern zu rücken.
Wie konnten die es wagen, einen Vorschlag für unsinnig zu erklären, den
ernstlich zu kritisieren zunächst kein Politiker bereit war? Nichts
fürchtet man in Berlin mehr, als selbst für einen
Kinderschänder-Apologeten gehalten zu werden.
Aber darum geht es im Kern auch gar nicht. Wefing hat durchaus Recht,
wenn er an anderer Stelle in seiner Polemik von einem "Kulturkampf"
spricht, wenn er Vokabeln wie "Generationskonflikt" bemüht. Was der
Streit ums Thema Netzfilter sichtbar macht, ist eine Spaltung, eine
Kluft, die Deutschland schon länger teilt: Die Einheimischen des Netzes,
die Jüngeren, die habituellen Nutzer digitaler Technologie, sind es
langsam leid. Sie möchten sich einmischen, möchten nicht einfach wortlos
hinnehmen, dass immer wieder ungeniert in ihre Lebenswirklichkeit
eingegriffen werden soll. Und zwar ausgerechnet von Leuten, die gerade
unter den Jüngeren vielfach als auf diesem Gebiet ahnungslos
wahrgenommen werden.
Die einen, die digitalen Immigranten, machen Politik für die anderen,
die in einer vom Digitalen durchdrungenen Welt leben. Das kann auf die
Dauer nicht gutgehen.
Nun also wächst der Widerstand. Die Unterzeichner der Netzpetition sind
nicht für Kinderpornografie im Netz. Sie halten von der Leyens Filter
nur für keine sinnvolle Lösung, weil er die Quellen der schlimmen Bilder
unberührt lässt, weil er sich leicht umgehen ließe - und sie wehren sich
dagegen, dass künftig eine Polizeibehörde als oberster Zensor über
falsch und richtig im Netz entscheiden soll.
Man erinnere sich an den Aufschrei, an die nationale Debatte, die der
große Lauschangriff einst hervorrief. Und man stelle sich vor, eine
Regierung versuchte heute, kurz vor einer Bundestagswahl, noch schnell
ein Gesetz durchzupeitschen, das Folgendes vorsieht: Jedes Druckwerk,
das in Deutschland erscheint, jede Zeitung, jedes Buch und jedes
Flugblatt, muss künftig dem BKA zur Beurteilung vorgelegt werden. Das
erstellt dann Listen mit Druckwerken, die zu übel sind, um publiziert zu
werden. Geheime Listen.
Verfassungsprinzipien im Netz?
Und es ist für Deutschlands politische Klasse ein Vorgeschmack auf das,
was noch kommt: Die digitalen Einheimischen haben begonnen sich
einzumischen.
Artikel-URL: http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,628017,00.html
Vor 11 Stunden
Bei der Union stießen die Äußerungen von Wiefelspütz auf Widerstand.
"Ich halte es für richtig, sich erstmal nur mit dem Thema
Kinderpornografie zu befassen, damit die öffentliche Debatte nicht in
eine Schieflage gerät", sagte Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU)
der "Berliner Zeitung". Sein Fraktionskollege Laurenz Meyer (CDU)
betonte: "Es geht uns ausschließlich um Kinderpornografie."
Artukel-URL:
http://www.google.com/hostednews/afp/article/ALeqM5hlb7bK1tiwOGULL
KYckD92tqO-Zg
Pressemitteilung des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung vom
04.06.2009:
Fußnoten:
1. http://verfassungsbeschwerde.vorratsdatenspeicherung.de
2. http://www.vorratsdatenspeicherung.de/content/view/267/79/lang,de/
Über uns:
Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung (AK Vorrat) ist ein
bundesweiter Zusammenschluss von Bürgerrechtlern, Datenschützern und
Internet-Nutzern in über 50 Ortsgruppen, die sich für den Schutz unserer
Freiheitsrechte in Zeiten ausufernder Überwachung einsetzen. Der
Arbeitskreis hat die mit über 34.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern
größte Verfassungsbeschwerde der Bundesrepublik initiiert.
http://www.vorratsdatenspeicherung.de
Artikels-URL:
http://www.heise.de/newsticker/meldung/139774
Update 4.7.2009:
5 Years After: Portugal's Drug
Decriminalization Policy
Shows Positive
Results
Street drug–related deaths from overdoses drop and the rate of HIV
cases crashes
By Brian Vastag
Five years later, the number of deaths from street drug overdoses
dropped from around 400 to 290 annually, and the number of new
HIV cases
caused by using dirty needles to inject heroin, cocaine and other
illegal substances plummeted from nearly 1,400 in 2000 to about 400
in
2006, according to a report released recently by the Cato Institute, a
Washington, D.C, libertarian think tank.
"Now instead of being put into prison, addicts are going to treatment
centers and they're learning how to control their drug usage or getting
off drugs entirely," report author Glenn Greenwald, a former New
York
State constitutional litigator, said during a press briefing at Cato
last week.
Under the Portuguese plan, penalties for people caught dealing and
trafficking drugs are unchanged; dealers are still jailed and subjected
to fines depending on the crime. But people caught using or
possessing
small amounts—defined as the amount needed for 10 days of
personal
use—are brought before what's known as a "Dissuasion
Commission,"
an administrative body created by the 2001 law.
Artikel-URL:
http://www.scientificamerican.com/article.cfm?id=portugal-drug-
decriminalization&print=true