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1.2 Wasser –8
1.2.1 Wasser als Lösungsmittel – 8
1.2.2 Wasser als Reaktionspartner – 10
1.2.3 Kolligative Eigenschaften von Lösungen – 10
1.2.4 Dissoziation von Wasser, pH-Wert – 12
1.2.5 Säuren und Basen – 14
1.2.6 Puffersysteme – 15
1.2.7 Die Säure-Basenkatalyse – 18
Literatur – 20
4 Kapitel 1 · Grundlagen der Lebensvorgänge
1.1 Biomoleküle, Zellen größten Anteil an der Masse lebender Zellen hat der
und Organismen Kohlenstoff mit etwa 60%, gefolgt von Stickstoff und Sauer-
stoff mit jeweils etwa 10%. Wasserstoff, Calcium, Phos-
1.1.1 Elemente in lebenden Systemen phor machen je 3–6% aus, während Kalium, Schwefel,
Chlor, Natrium und Magnesium Anteile von etwa 1% und
Analysiert man die verschiedenen auf der Erde vorkom- weniger haben.
menden Lebensformen, so finden sich in ihnen etwa 25 Chemisch können die in biologischen Systemen vor-
chemische Elemente (. Tabelle 1.1). Von diesen kommen kommenden Elemente in Metalle und Nichtmetalle einge-
allerdings 14 nur als Spurenelemente (7 Kap. 22) vor. Den teilt werden.
Metalle sind in Form ihrer Kationen
. Tabelle 1.1. 25 Elemente des Periodensystems bauen die ver-
4 Träger von Ladungen
schiedenen Lebensformen auf. S Spurenelemente 4 Stabilisatoren von Strukturen sowie
Element Symbol Häufigkeit [%]
4 Katalysatoren von verschiedener Reaktionen
Kohlenstoff C 62
Eine Einteilung der Metall-Ionen nach ihrer biologischen
Stickstoff N 11
Funktion findet sich in . Tabelle 1.2.
Sauerstoff O 9
Wasserstoff H 5,7
! Die Nichtmetalle Wasserstoff, Kohlenstoff, Sauerstoff
und Stickstoff bilden bevorzugt untereinander chemi-
Calcium Ca 5
sche Bindungen.
Phosphor P 3
Kalium K 1,3 Diese vier Elemente haben ihre besondere Bedeutung
Natrium Na 1
deshalb erlangt, weil sie covalente chemische Bindungen
ausbilden können. Diese Fähigkeit beruht darauf, dass
Schwefel S 1
sie Elektronen mit anderen Atomen teilen können, was
Chlor Cl 1
die Möglichkeit zur Ausbildung stabiler großer Moleküle
Magnesium Mg 0,3 bietet.
Bor B S
Fluor F S
Silicium Si S 1.1.2 Präbiotische Entstehung
Vanadium V S
von Biomolekülen mit funktionellen
Gruppen
Chrom Cr S
Mangan Mn S
Man nimmt an, dass in der präbiotischen Phase der Erde
Eisen Fe S
vor etwa vier Milliarden Jahren aus den damaligen Bestand-
Kobalt Co S teilen der Atmosphäre unter dem Einfluss von ultraviolet-
Kupfer Cu S tem Licht und elektrischen Entladungen ein Satz einfacher
Zink Zn S organischer Verbindungen wie Ameisensäure, Milchsäu-
Selen Se S re, Propionsäure, Essigsäure, Harnstoff und Aminosäu-
Molybdän Mo S ren entstanden sind. Diese Verbindungen weisen bereits
funktionelle reaktive Gruppen auf.
Zinn Sn S
Jod I S
1.1 · Biomoleküle, Zellen und Organismen
5 1
! Funktionelle Gruppen zeichnen sich chemisch durch 4 Hydroxylgruppe. Die Hydroxylgruppe enthält eine
polare Bindungen von Kohlenstoff- oder Wasserstoff- polare OH-Bindung, die wesentlich reaktionsfreudiger
atomen mit Sauerstoff, Schwefel oder Stickstoff aus. ist als eine C-H-Bindung, da sie wie Wasser Protonen
aufnehmen oder abgeben kann
Sowohl die in der präbiotischen Phase entstandenen, wie
auch viele der heute in biologischen Systemen vorkom- Infobox
menden Verbindungen, enthalten funktionelle Gruppen Chemische Evolution im Labor
(. Abb. 1.1), die dadurch zustande kommen, dass elektro- Der Student Stanley Miller füllte im Jahre 1953 im
negative Atome wie Sauerstoff, Schwefel oder Stickstoff Labor von Harold Urey ein Gasgemisch aus Ammoniak
mit Kohlenstoff oder Wasserstoffatomen polare und damit (NH3), Methan (CH4), Wasserdampf, Wasserstoff (H2),
reaktionsfähige Bindungen eingehen. Kohlendioxyd (CO2) und Blausäure (HCN) in einen
Von besonderer Bedeutung sind folgende funktionelle Glaskolben und setzte dieses Gemisch bei 80°C mehr
Gruppen: als eine Woche lang ständigen elektrischen Entla-
4 Carboxylgruppe. Die Elektronegativität der Sauerstoff- dungen aus. Mit dieser Versuchsanordnung wollte
atome bewirkt eine Polarisierung der OH-Gruppe, die er die Uratmosphäre unseres Planeten vor mehr als
deshalb ihr Proton leicht abgeben kann, wobei die ne- 4 Milliarden Jahren imitieren und ging dabei von
gativ geladene Carboxylatgruppe entsteht der Annahme aus, dass zu dieser Zeit relativ hohe
4 Carbonyl- oder Ketogruppe. Durch die starke Elek- Temperaturen und permanente elektrische Entladun-
tronegativität werden die Elektronen zum Sauerstoff- gen in der Atmosphäre herrschten. Unter dieser Be-
atom gezogen und die Bindung stark polarisiert. Da- handlung entstanden Hunderte von organischen
mit können auch benachbarte Gruppen polarisiert Verbindungen, z.B. 10 der natürlich vorkommenden
und reaktionsfähiger werden. So sind die im Stoff- Aminosäuren, Mono-, Di- und Tricarbonsäuren, Form-
wechsel vorkommenden D-Ketocarbonsäuren Pyru- aldehyd, Adenin, Zucker und sogar Nucleotidpoly-
vat, α-Ketoglutarat und Oxalacetat besonders reak- mere.
tionsfähig. Carbonsäuren, bei denen die Ketogruppe In jüngerer Zeit hat Günter Wächtershäuser die
in E-Stellung steht, neigen zur spontanen Decarboxy- Annahme vertreten, dass Biomoleküle möglicherweise
lierung bei noch höheren Temperaturen an Eisensulfid-Ober-
flächen entstanden sind, die als Katalysatoren gewirkt
haben. In Modellversuchen konnte jüngst die Synthese
von Pyruvat aus Formiat in derartigen Systemen nach-
gewiesen werden.
Insgesamt zeigen diese Experimente, dass die
einfachen Bausteine lebender Systeme ohne weiteres
abiotisch gebildet werden können.
. Abb. 1.3. Von rRNA-Analysen abgeleiteter Stammbaum der ten Lebensformen, was Rückschlüsse auf die frühen Lebensbedingun-
Lebensformen der Erde. Von einem wenig definierten gemeinsamen gen ermöglicht. (Freundlicherweise zur Verfügung gestellt von K.O.
Vorfahren zweigen zunächst die Bakterien, danach Archaeen und Stetter und LH. Huber, Regensburg)
Eukaryoten ab. Thermophile Organismen (rot) gehören zu den frühes-
Bakterien und Archaeen gehören zu den sog. prokaryo- tisches Retikulum und Golgi-Apparat sowie bei photosyn-
ten Organismen. Diese sind Einzeller mit einer relativ thetischen Zellen die Chloroplasten (7 Kap. 4.1.1). Zu den
einfachen Struktur, deren DNA nicht in einem Zellkern Eukaryoten gehören zahlreiche Einzeller, Flagellaten und
kondensiert ist, sondern als ringförmiges Chromosom im Ciliaten, Hefen, Schleimpilze aber auch die höheren Pflan-
Cytosol vorliegt. Auch andere subzelluläre Organellen zen und Tiere.
sind nicht oder nur ansatzweise bei Prokaryoten nachzu-
weisen.
Eukaryote Zellen sind im Gegensatz zu den prokaryo-
ten Zellen wesentlich größer und enthalten intrazelluläre
Organellen wie den Zellkern, Mitochondrien, endoplasma-
8 Kapitel 1 · Grundlagen der Lebensvorgänge
In Kürze
1
25 chemische Elemente sind für den Aufbau lebender Die Lebensformen lassen sich aufgrund von Verwandt-
Strukturen notwendig. Neben den v. a. als Ladungsträger schaftsuntersuchungen in die drei Reiche Bakterien, Ar-
dienenden Metallen Natrium, Kalium, Calcium und Mag- chaeen und Eukaryote einteilen. Nur bei den Eukaryoten
nesium sind zum Aufbau lebender Strukturen Wasserstoff, ist die DNA als informationstragendes Molekül im Zell-
Kohlenstoff, Sauerstoff, Stickstoff, Phosphor und Schwefel kern lokalisiert, außerdem verfügen eukaryote Zellen über
notwendig. Diese bilden einfache organische Moleküle, eine größere Zahl zellulärer Organellen, die ihnen die Kom-
aus denen durch Kondensationsreaktionen Makromole- partimentierung von Lebensvorgängen ermöglichen.
küle wie Nucleinsäuren, Proteine, Polysaccharide und Eukaryote haben schließlich als Einzige die Fähigkeit, viel-
Lipide hervorgehen. Diese aggregieren zu übergeordne- zellige Organismen mit unterschiedlich differenzierten
ten Strukturen, welche die Bauteile von Zellen als den Zellen zu bilden.
allen Lebensformen zugrunde liegenden Grundeinheiten
bilden.
Im Vergleich zu anderen Dihydriden wie H2S oder H2Se Verdunstungswärme. Durch eine zweite thermische Ei-
weist Wasser eine höhere Schmelz- und Siedetemperatur genschaft, die hohe Verdunstungswärme, kann durch
auf, was ihm eine Reihe besonderer physikalisch-chemi- Verdunstung von Wasser Wärme abgeben werden, was z.B.
scher Eigenschaften verleiht: besonders bei Muskelarbeit von Bedeutung ist.
! Wegen der Polarität von Wasser sind Ionen in Lösungen
Polarität. Wasser ist ein polares Molekül (. Abb. 1.4). Der
von einer Hydrathülle umgeben und können sich unab-
O-H-Abstand beträgt 0,958 Å, der Winkel zwischen den
hängig voneinander bewegen.
beiden OH-Bindungen beträgt 104,5°. Im Wassermolekül
trägt das Sauerstoffatom eine negative, die beiden Wasser- Hydrathüllen. Ionenkristallgitter lösen sich wegen ihrer Po-
stoffatome je eine positive Partialladung. Das Wassermole- larität gut in Wasser. Dabei orientieren sich die geladenen
kül ist also ein Dipol, was für biologische Systeme von be- Dipole der umgebenden Wassermoleküle entsprechend
sonderer Bedeutung ist. der Ladung der jeweiligen Ionen und bilden auf diese
Aufgrund ihrer Polarität orientieren sich benachbarte Weise Hydrathüllen. Dadurch können sich die geladenen
Wassermoleküle so, dass die H-Atome mit der positiven Teilchen unabhängig voneinander bewegen, was eine der
Partialladung sich zu den benachbarten O-Atomen mit der Voraussetzungen für die durch Natrium- und Kaliumionen
negativen Partialladung orientieren. Daraus ergeben sich vermittelte Erregungsleitung entlang biologischer Memb-
geordnete Strukturen, die z.B. bei der Kristallstruktur von ranen ist.
Eis besonders augenfällig sind. Diese Bindungen heißen
Wasserstoffbrückenbindungen. Hydratationsradius. Für biologische Eigenschaften eines
Ions wie Diffusionsgeschwindigkeit oder Permeations-
vermögen ist der Hydratationsradius entscheidend. Wäh-
rend der Atomradius von Kalium (0,133 nm) größer ist als
der von Natrium (0,098 nm), sind Größenverhältnisse der
Hydratationsradien der beiden Ionen (0,17 nm für Kalium
und 0,24 nm für Natrium) genau umgekehrt. Deshalb kön-
. Abb. 1.4. Atomare Struktur des Wassermoleküls. G–, nen Kaliumionen die meisten biologischen Membranen
G+ = negative bzw. positive Partialladung besser permeieren als Natriumionen.
1.2 · Wasser
9 1
struktur von Proteinen hydrophobe Wechselwirkungen Biopolymere, die sich aus monomeren Bauteilen zusam-
1 von großer Bedeutung (7 Kap. 3.3.3) mensetzen. Das Gleiche gilt für die große Zahl von Makro-
4 Selbstorganisation von Makromolekülen. Auch bei molekülen, welche die Bestandteile von Zellen ausmachen.
der Selbstorganisation von Makromolekülen zu überge- Am Anfang jeden Abbaus dieser Verbindungen steht im-
ordneten Komplexen wie der Quartärstruktur von Pro- mer die hydrolytische Spaltung der Bindungen, mit denen
teinen, der Assoziation von Multienzymkomplexen, die einzelnen Untereinheiten verknüpft sind (. Abb. 1.7).
Virusmantelproteinen, Ribosomen und biologischen Solche Bindungen sind i. Allg. Ester- oder glycosidische
Membranen spielen hydrophobe Wechselwirkungen Bindungen oder Säureamidbindungen. Es ist verständ-
eine große Rolle (7 Kap. 3.3.4) lich, dass es eine außerordentlich große Zahl mehr oder
weniger spezifischer Enzyme gibt, die derartige Bindungen
Da Zellmembranen einen hohen Lipidanteil besitzen, der in Makromolekülen zu spalten imstande sind.
eine durchgehende nichtwässrige Phase darstellt, können Formal beruht die Biosynthese der genannten Makro-
sie von lipophilen Stoffen leicht passiert werden. Deshalb moleküle auf dem umgekehrten Vorgang, nämlich einer
gelangen diese Stoffe i. Allg. schnell durch die Zellen des Kondensation monomerer Bauteile unter Wasserabspal-
Magen-Darm-Trakts ins Blut und werden von dort rasch in tung. Da ganz überwiegend das Gleichgewicht dieser Reak-
das Innere der Gewebezellen aufgenommen. Daher werden tionen auf der Seite der Hydrolyse liegt, benützen lebende
auch manche Arzneimittel bei der Herstellung mit einer Systeme für Kondensationsreaktionen aktivierte Verbin-
zusätzlichen Methyl (CH3)- oder Ethyl(CH3-CH2)-Gruppe dungen.
zur Verbesserung ihrer Lipidlöslichkeit und damit Erhö-
hung der Resorptionsgeschwindigkeit versehen. Hydratisierung von Doppelbindungen. Diese Reaktion
Im Zellstoffwechsel kommt eine Vielzahl von Reaktio- spielt im Zellstoffwechsel eine bedeutende Rolle. Grundlage
nen vor, durch die Moleküle wasser- oder fettlöslich(er) ist, dass sich Doppelbindungen zwischen zwei Kohlenstoff-
gemacht werden können. Verbindungen, die aus dem Or- atomen leicht polarisieren lassen und andere Atome sich
ganismus ausgeschieden werden sollen, werden v.a. in der deshalb anlagern können. In der in . Abb. 1.8 dargestellten
Leber durch Einführung polarer Hydroxyl- oder Sulfat- Reaktionsfolge wird zunächst eine C-C-Einfachbindung zu
gruppen wasserlöslicher gemacht, wodurch die renale bzw. einer Doppelbindung dehydriert. An diese wird anschlie-
biliäre Ausscheidungsrate erhöht wird. ßend Wasser angelagert und im nächsten Teilschritt die ent-
standene Hydroxyverbindung ein zweites mal dehydriert,
sodass jetzt eine Ketogruppe entstanden ist. Derartige Reak-
1.2.2 Wasser als Reaktionspartner tionen spielen eine Rolle bei der E-Oxidation der Fettsäuren
(7 Kap. 12.2.1) sowie im Citratzyklus (7 Kap. 14).
Wasser ist ein wichtiger Partner vieler biochemischer Reak-
tionen, weil es wegen seiner Dipolnatur eine hohe Polarität
aufweist und in einer Konzentration von 55,5 mol/l vorliegt 1.2.3 Kolligative Eigenschaften
(Molekülmasse von H2O = 18 Da, Konzentration 1000 g/l, von Lösungen
molare Konzentration 1000/18 = 55,5 mol/l).
Aufgrund seiner physikalischen und chemischen Ei- Als kolligative Eigenschaften einer verdünnten Lösung
genschaften nimmt Wasser an einer großen Zahl biochemi- werden alle Eigenschaften bezeichnet, die nur von der An-
scher Reaktionen teil. Von besonderer Bedeutung sind: zahl, nicht aber von der Art der gelösten Teilchen bestimmt
4 Hydrolyse- und Kondensationsreaktionen sowie werden. Dazu gehören im Einzelnen:
4 Hydratisierungsreaktionen 4 der osmotische Druck einer Lösung
4 die Erniedrigung ihres Gefrierpunkts und ihres Dampf-
Hydrolyse und Kondensation. Die meisten Nahrungsstoffe, drucks sowie
die von tierischen Organismen aufgenommen werden, sind 4 die Erhöhung des Siedepunkts
. Abb. 1.8. Reversible Anlagerung von Wasser an eine Kohlen- bindung dehydriert. An diese kann Wasser angelagert werden, was
stoffdoppelbindung. Eine C–C-Bindung wird zunächst zur Doppel- eine nochmalige Dehydrierung erlaubt
H2O + H + H3O+
oder
Pankreassaft dagegen 10–8 mol/l betragen und damit um 4 Säuren sind Protonendonatoren, d.h. sie spalten Pro-
1 sechs Größenordnungen niedriger liegen. tonen in Anwesenheit eines Protonenakzeptors ab
4 Basen sind Protonenakzeptoren, d.h. sie lagern Pro-
! Der pH-Wert des Intra- und Extrazellulärraumes wird
tonen in Anwesenheit eines Protonendonators an
genau reguliert.
Bei 37 °C beträgt der pH-Wert der Extrazellulärflüssigkeit In wässrigen Lösungen ist der allgemeine Protonenakzep-
7,4. Damit ist die Protonenkonzentration im Vergleich zu tor das Wasser, sodass eine typische Säure-Basenreaktion
anderen Kationen des Blutplasmas, deren Konzentration folgendermaßen geschrieben werden kann:
im millimolaren Bereich liegt, äußerst gering. Zu diagnos-
tischen Zwecken wird der pH-Wert – zusammen mit den AH + H2O A − + H3O+
Blutgasen (O2, CO2) – im arteriellen Blut bestimmt.
Der pH-Wert im Intrazellulärraum ist im Gegensatz Sehr häufig (und auch in diesem Buch) werden Gleichun-
zu dem im Extrazellulärraum nicht leicht messbar, obwohl gen dieser Art unter Weglassen des Wassers geschrieben:
ihm wahrscheinlich die größere Bedeutung zukommt, da er
das wichtigere Kompartiment darstellt und in ihm die we- AH A − + H +
sentlichen Stoffwechselreaktionen ablaufen. Mit Hilfe der
Magnetresonanzspektroskopie (NMR) konnte jedoch in- Die bei der Protonenabgabe oder Dissoziation einer Säure
zwischen nachgewiesen werden, dass im Zellinneren im (Protolyse) entstehende Verbindung wird als (die zur Säu-
Vergleich zur extrazellulären Flüssigkeit ein niedriger pH, re) konjugierte Base bezeichnet.
d.h. eine höhere Wasserstoffionenkonzentration vorliegt.
So herrscht z.B. in der Muskulatur ein pH-Wert von 6,6. Säure Konjugierte Base
Eine Ausnahme macht die Tubuluszelle der Niere mit ei- HCl + H2O o Cl– + H3O+
nem pH von 7,32 – wahrscheinlich deshalb, weil diese Zel- NH4 + H2O o NH3 + H3O+
len Protonen sezernieren. H2CO3 + H2O o –
HCO3 + H3O+
Die Wasserstoffionenkonzentrationen im Extrazellu- HCO3– + H2O o CO32- + H3O+
lärraum und im Intrazellulärraum unterliegen einer ge- H3PO4 + H2O o H2PO4– + H3O+
nauen Regulation, da Änderungen der Protonenkonzentra- H2PO4– + H2O o HPO42- + H3O+
tion all diejenigen Vorgänge beeinflussen, die auf elektro-
statischen Wechselwirkungen basieren (7 Kap. 3.3.3). Durch Säuren, die wie Kohlensäure und Phosphorsäure mehrere
Änderung der Protonenkonzentration kann die Protonen- Protonen abgeben können, spalten diese stufenweise ab.
anlagerung bzw. Protonenabspaltung und damit der La- Ihre konjugierten Basen (die Anionen HCO3– und H2PO4–)
dungscharakter eines Moleküls wesentlich beeinflusst wer- können nochmals Protonen abgeben, wirken also einer
den. Von großer Bedeutung ist dies bei den Enzymen, deren Base gegenüber als Säure. Von einer Säure können sie
Wechselwirkung mit ihrem Substrat von elektrostatischen jedoch auch Protonen übernehmen und wirken diesen
Kräften bestimmt wird (7 Kap. 4.3). Darüber hinaus wirken gegenüber somit als Basen. Derartige Verbindungen, zu
Säuren und Basen als Katalysatoren (7 Kap. 1.2.7), sodass denen auch Wasser zählt, werden als Ampholyte be-
eine Erhöhung ihrer Konzentration bei der Zelle uner- zeichnet.
wünschte Reaktionen verursachen kann.
! Die Stärke einer Säure wird durch die Dissoziations-
konstante bestimmt.
1.2.5 Säuren und Basen Ob das Gleichgewicht einer Protonenübertragung mehr auf
der Seite der Ausgangssubstanzen oder mehr auf der Seite
Protonen und Hydroxylionen als die Dissoziationsproduk- der Reaktionsprodukte liegt, wird dadurch bestimmt, wie
te des Wassers sind für die Biochemie von größter Be- leicht die protonenspendende Säure H+-Ionen abgibt bzw.
deutung, u.a. da die meisten Biomoleküle über chemische die protonenaufnehmende Base H+-Ionen aufnimmt, mit
Gruppen verfügen, die Protonen oder Hydroxylionen anla- anderen Worten von der Stärke der Säure bzw. Base. Eine
gern oder abgeben können. Dadurch wird nicht nur der starke Säure ist definiert als eine, die vollständig oder nahe-
pH-Wert verändert, sondern auch viele Eigenschaften der zu vollständig dissoziiert ist. Eine Säure die nur teilweise
betreffenden Biomoleküle selbst. dissoziiert, wird als schwach (Essigsäure, Kohlensäure) be-
zeichnet. Diese Angaben beziehen sich auf Wasser als bio-
! Säuren spalten Protonen ab, Basen lagern Protonen an.
logisches Lösungsmittel. Dies ist entscheidend, da z.B. Salz-
Für die Definition von Säuren und Basen existiert eine säure in Benzol praktisch nicht, in Wasser dagegen vollstän-
Reihe von Konzepten, von denen das des dänischen Phy- dig dissoziiert und damit als starke Säure gilt.
sikochemikers Johann N. Broensted (1879–1947) für viele Eine quantitative Bestimmung der Säure- bzw. Basen-
Zwecke geeignet ist: stärken kann durch die Bestimmung der Gleichgewichts-
1.2 · Wasser
15 1
konstante oder Dissoziationskonstante erfolgen. Für die Säurekonstanten zwischen 10–1 und 10–5, während KS bei
obige Reaktion schwachen Säuren kleiner als 10–5 ist.
In . Tabelle 1.4 sind die Dissoziationskonstanten eini-
AH + H2O A − + H3O+ ger in der Biochemie wichtiger Säuren aufgeführt. Es han-
delt sich dabei um die KS -Werte in wässriger Lösung.
gilt nach dem Massenwirkungsgesetz: Da die Angabe der Dissoziationskonstante in Zehner-
potenzen umständlich ist, verwendet man für Berechnun-
⎡H3O+ ⎤⎦ × ⎡⎣ A − ⎤⎦ gen häufig den negativen (dekadischen) Logarithmus der
K∗ = ⎣ Dissoziationskonstante, der als pKS bezeichnet wird.
[AH ]× [H2O]
pK S = − log K
Wenn also unter Gleichgewichtsbedingungen die Konzen-
trationen der Reaktionsteilnehmer bekannt sind, kann dar- Damit ergeben sich Säuren, deren pK-Wert geringer als 1
aus die Gleichgewichtskonstante errechnet werden. ist, als starke Säuren, Säuren deren pK-Wert 5 überschreitet,
Da die Konzentration der Wassermoleküle im Vergleich als schwache. Die meisten Säuren, die im Stoffwechsel der
zu der der übrigen Reaktanden mit 55,5 mol/l unverändert Zelle von Bedeutung sind, gehören zu den schwachen bis
bleibt, kann man [H2O] in die Konstante einbeziehen und mittelstarken Säuren.
erhält:
⎡H + ⎤ × ⎡ A − ⎤ 1.2.6 Puffersysteme
K= ⎣ ⎦ ⎣ ⎦
[AH ]
! Schwache Säuren und ihre konjugierten Basen bilden
Puffersysteme und halten den pH-Wert in den Körper-
Diese Größe, die als Dissoziationskonstante einer Säure
flüssigkeiten konstant.
oder als Säurekonstante KS bezeichnet wird, ist tempera-
turabhängig (7 Kap. 1.2.4). Je stärker eine Säure dissoziiert Die Aufrechterhaltung einer relativ konstanten Wasserstoff-
ist, desto höher sind die Konzentrationen im Zähler ionenkonzentration im Zellinneren und im Extrazellulär-
und desto kleiner ist die Konzentration der verbleibenden raum wird durch Puffer erreicht. Darunter versteht man im
undissoziierten Säure im Nenner der Gleichung. Säuren, einfachsten Fall Lösungen aus einer schwachen Säure und
deren Dissoziationskonstante größer als 10–1 ist, bezeich- ihrer konjugierten Base. Diese zeichnen sich durch einen
net man als starke Säuren. Mittelstarke Säuren besitzen stabilen pH-Wert aus, der sich auch beim Zusatz erheb-
. Tabelle 1.4. Dissoziationskonstanten und pKS-Werte einiger Säuren mit biochemischer Bedeutung (bei 25° C)
Säure/Base-Paar Dissoziationskonstante K pKSb = – IogK
Brenztraubensäure/Pyruvat 3,16 u 10–3 2,5
–3
Milchsäure/Lactat 4 u 10 2,9
Kohlensäure/HCO3– 1,32 u 10–4 3,88
a –7
CO2/Hydrogencarbonat 4,45 u 10 6,35
Hydrogencarbonat/Carbonat 4,79 u 10–11 10,32
Dihydrogenphosphat/Hydrogenphosphat 6,34 u 10–8 7,20
Hydrogenphosphat/Phosphat 4,37 u 10–13 12,36
Acetessigsäure/Acetacetat 2,60 u 10–4 3,58
–5
β-Hydroxybuttersäure/β-Hydroxybutyrat 4,07 u 10 4,39
Ammonium/Ammoniak 4,39 u 10–10 9,21
a
Die Kohlensäure dissoziiert als zweiprotonige Säuren in 2 Stufen. Für die erste Stufe (Kohlensäure/Hydrogencarbonat) sind aus folgendem
Grund 2 pK-Werte angegeben: in einer wässrigen Lösung von Kohlendioxid treten folgende Gleichgewichte auf:
(1) CO2 + H2O H2CO3
(2) H2CO3 + H2O HCO3– + H3O+
und
. Abb. 1.11. Titrationskurve der Essigsäure. pH-Wert bei Titration
von 10 ml 0,1 mol/l Essigsäure mit 0,1 mol/l Natronlauge. Wenn die
Hälfte der Essigsäure nach Zugabe von 5ml 0,1 mol/l NaOH neutrali-
–log [H+] = pH (7 Kap. 1.2.5)
siert ist, ist die Konzentration von Essigsäure gleich der Konzentration
von Acetat und damit pH = pK = 4,7. ⎡A − ⎤
pH = pK + log ⎣ ⎦ ,
[AH ]
licher Mengen von Säuren oder Basen, die im Stoffwechsel
⎡ konjugierte Base ⎤⎦
pH = pK + log ⎣
der Zelle entstehen, nicht wesentlich ändert.
Die puffernde Wirkung schwacher Säuren ist in [Säure]
. Abb. 1.11 am Beispiel der Titrationskurve der Essigsäure
dargestellt. Versetzt man diese schwache Säure (Dissoziati- Bei diesem Ausdruck, der die mathematische Grundlage
onskonstante 1,7 u 10–5; pK = 4,76) mehrfach mit kleinen zur Rechnung mit Puffersystemen bildet, handelt es sich
Mengen einer starken Base (z.B. NaOH) fängt diese bei je- um die Gleichung nach Lawrence J. Henderson und Karl
der Zugabe die freien Protonen der Säure mit ihren Hydro- Albert Hasselbalch. Aus dieser Gleichung, in der der pH-
xylionen ab. Durch den Protonenentzug wird das System und der pK-Wert sowie das Konzentrationsverhältnis von
Essigsäure/H+ + Acetat– aus dem Gleichgewicht gebracht. konjugierter Base zu Säure miteinander verknüpft sind,
Zur Wiederherstellung des Gleichgewichtes dissoziiert die lassen sich folgende Gesetzmäßigkeiten ableiten:
Essigsäure im verstärkten Maße und setzt dabei Protonen 4 Der pH-Wert eines Puffersystems wird von dem Kon-
frei, die sich ebenfalls mit den Hydroxylionen der Natron- zentrationsverhältnis von konjugierter Base und Säure
lauge zu Wasser verbinden. Dabei werden Hydroxylionen bestimmt
und Essigsäure verbraucht, bis die Essigsäure vollständig in 4 Bei bekanntem pK und bekanntem Konzentrationsver-
Natriumacetat umgewandelt ist. Beachtenswert an der Kur- hältnis von konjugierter Base zur Säure kann der pH-
ve ist, dass über einen relativ weiten Bereich NaOH der Es- Wert ausgerechnet werden
sigsäurelösung zugesetzt werden kann, ohne dass sich der 4 Bei bekanntem pH und pK kann der Quotient der Kon-
pH-Wert stark ändert. Dieser Vorgang wird auch als Puffe- zentration von konjugierter Base und Säure errechnet
rung bezeichnet. werden
Die Pufferung in biologischen Flüssigkeiten (z.B. Extra-
zellulärraum) erfolgt nicht durch einen, sondern durch Setzt man in die Gleichung die pK-Werte für Brenztrauben-
mehrere, gleichzeitig wirkende Puffer. säure bzw. Milchsäure (. Tabelle 1.4) ein, so lässt sich be-
rechnen, ob die betreffenden Carbonsäuren vorwiegend als
! Die Henderson-Hasselbalch-Gleichung verknüpft
Säuren oder Säureanionen in der Zelle vorliegen. In der
pH-Wert, pK-Wert und das Konzentrationsverhältnis
Muskelzelle mit einem pH-Wert von 7,1 beträgt das Ver-
von konjugierter Säure und Base miteinander.
hältnis von Brenztraubensäure zu Pyruvat etwa 1 : 40000
Die Konzentration der H+-Ionen in einem Puffersystem und das von Milchsäure zu Lactat etwa 1 : 16000. Dies gilt
(schwache Säure HA und konjugierte Base A–) wird durch für eine große Zahl von im Stoffwechsel vorkommenden
Auflösung der auf S. 15 abgeleiteten Gleichung Säuren, weswegen in diesem Buch generell die dissoziierten
Formen von Verbindungen benutzt werden.
⎡H + ⎤ × ⎡ A − ⎤ Die Kenntnis des Quotienten [A–]/[AH]ist besonders
K= ⎣ ⎦ ⎣ ⎦
[AH ] wichtig, wenn man wissen will, wie stark eine Säure beim
1.2 · Wasser
17 1
Die Plasmakonzentrationen von Hydrogencarbonat 4 Sinkt dagegen die Protonenkonzentration ab, nimmt
1 (HCO3–) und Kohlendioxid (CO2) betragen 24 mmol/l bzw. also der pH-Wert zu, so resultiert dies in einer gestei-
1,2 mmol/l. Dabei steht Kohlendioxid für die Summe von gerten Bildung von Hydrogencarbonat aus Kohlen-
CO2 und H2CO3, da bei 37 °C nur 1/400 des gesamten Koh- säure. Diese kann durch Hydratisierung von CO2 aus
lendioxids in hydratisierter Form als H2CO3 vorliegt. Des- der Atemluft gewonnen werden
halb gilt:
Störungen des Blutpuffersystems führen zur Azidose oder
[CO2 + H2CO3 ] ≅ [CO2 ]. Alkalose und werden in Kapitel 29 ausführlich besprochen.
Diese Reaktion kann auch in umgekehrter Richtung des Alkoholmoleküls. Die gebildete Zwischenverbindung
verlaufen, d.h. durch den Angriff des nucleophilen Wasser- spaltet Wasser und das Proton wieder ab.
moleküls (zwei freie Elektronenpaare) auf das elektrophile Die katalytische Wirkung der Säure liegt darin, dass
Kohlenstoffatom wird der Ester gespalten. sie durch Addition des Protons die Anlagerung eines
nucleophilen Alkoholmoleküls (bzw. nucleophilen Wasser-
! Säuren und Basen wirken als Katalysatoren bei bioche-
moleküls bei Umkehrung der Reaktion) an das C-Atom
mischen Reaktionen.
der Carbonylgruppe der Carbonsäure (bzw. des Esters) er-
Bestimmte Verbindungen können die Einstellung des leichtert.
Gleichgewichts einer Reaktion beschleunigen. Sie werden
als Katalysatoren bezeichnet und die durch sie ausgelöste Basenkatalyse. Als Beispiel einer basenkatalysierten
Erhöhung der Reaktionsgeschwindigkeit als Katalyse. Ent- organisch-chemischen Reaktion sei die Aldoladdition
scheidend ist, dass der Katalysator unverändert aus der ka- (. Abb. 1.15), eine im Stoffwechsel der Zelle häufig vor-
talysierten Reaktion hervorgeht. kommende Reaktion, angeführt: die Base entzieht der Me-
Wichtige Katalysatoren organisch-chemischer Reak- thylgruppe des Aldehyds ein Proton, wodurch ein Anion
tionen sind Säuren oder Basen. Wird eine Reaktion durch entsteht. Dieses wirkt wegen seines negativ geladenen C-
eine Säure oder Base katalysiert, so bedeutet dies nach Atoms nucleophil und addiert sich an das positiv polarisier-
der Definition eines Katalysators, dass bei der Reaktion te C-Atom der Carbonylgruppe eines anderen Aldehydmo-
keine Säure bzw. Base verbraucht wird. Wenn also die leküls an. Das durch die Addition entstandene Anion wird
Säure auf einen Reaktionspartner übertragen wird, so durch Aufnahme eines Protons stabilisiert und die Base
muss sie später wieder entfernt werden, und zwar durch dadurch regeneriert.
eine Base. Bei beiden Reaktionen führt also der Angriff eines Pro-
tons bzw. einer Hydroxylgruppe zu einem Zwischenpro-
Säurekatalyse. Das oben angeführte Beispiel, die Vereste- dukt, in welchem es zu einer Neuverteilung der Bindungs-
rung einer Carbonsäure mit einem Alkohol lässt sich durch elektronen kommt, die den nucleophilen bzw. elektrophi-
Säuren katalysieren: Dabei wird – wie . Abb. 1.14 zeigt – len Angriff erleichtert.
zunächst ein Proton an die zum elektronegativen Sauer- Diese beiden Beispiele zeigen das grundsätzliche Prin-
stoffatom gezogenen Elektronen der Carbonylgruppe ad- zip aller katalysierten Reaktionen, die zur Bildung oder
diert. Das bewirkt eine Verstärkung der positiven Polarisie- Spaltung einer covalenten Bindung führen: Ziel der Kataly-
rung des C-Atoms und erleichtert den nucleophilen Angriff se ist die Neuverteilung der Bindungselektronen zur Pola-
risierung der Bindungen, d.h. zur Erhöhung der Elektro-
nendichte an einem Atom und zur Erniedrigung am an-
. Abb. 1.14. Durch Säure katalysierte Veresterung einer Carbon- . Abb. 1.15. Durch eine Base katalysierte Aldolreaktion. (Oben
säure mit einem Alkohol. (Oben links): Die Carbonsäure übernimmt links): Der Aldehyd wird durch Abgabe eines Protons polarisiert und
ein Proton vom Katalysator und wird dadurch polarisiert. Das polari- reagiert deshalb leichter mit einem weiteren Aldehydmolekül (in rot).
sierte Zwischenprodukt reagiert mit dem Alkohol (in rot), wobei nach Das Zwischenprodukt nimmt das Proton wieder auf und wird dadurch
Abgabe des Protons an den Katalysator der Ester und Wasser entste- zum Alkohol
hen. Alle Reaktionen sind reversibel
20 Kapitel 1 · Grundlagen der Lebensvorgänge
deren Atom. Das wird dadurch erreicht, dass entweder energie der Reaktion niederschlägt. Gerade diese Ernied-
1 nucleophile (Basekatalyse) oder elektrophile Verbindun- rigung der Aktivierungsenergie der Reaktion ist vom
gen (Säurekatalyse) oder beide Arten gleichzeitig als Säure- energetischen Standpunkt ein wesentliches Merkmal der
Basen-Katalyse die Atome der zu polarisierenden Bindung Katalyse. Das gilt ebenso für die – in Kapitel 4 (7 Kap. 4.2)
angreifen. besprochenen – Enzyme, die als Biokatalysatoren die Reak-
Die Polarisierung versetzt das Molekül in einen thermo- tionen im Stoffwechselgeschehen der Zelle beschleunigen
dynamisch instabilen Zustand oder macht es reaktions- und deren Wirkung sehr häufig auf einer Säure-Basenkata-
fähig(er), was sich in einer Erniedrigung der Aktivierungs- lyse beruht.
In Kürze
Ohne Wasser sind Organismen nicht lebensfähig. Wasser stabilisiert. Viele Reaktionen finden unter Beteiligung von
bestimmt praktisch alle biochemischen Prozesse. Durch Wasser statt. Durch Wasserbewegung zwischen Intra- und
seine Polarität ermöglicht es die Ausbildung von Wasser- Extrazellulärraum entstehen osmotische Kräfte, die für den
stoffbrückenbindungen, die für die Strukturbildung biolo- Wasserhaushalt von großer Bedeutung sind. Vom Wasser
gischer Makromoleküle wie Proteine oder Nucleinsäuren hängt der pH-Wert des Intra- und Extrazellulärraums ab,
von größter Bedeutung sind. Andere Strukturen werden darüber hinaus ist Wasser an den unterschiedlichen Puffer-
durch wasserabhängige hydrophobe Wechselwirkungen systemen des Intra- und Extrazellulärraums beteiligt.
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