Testament
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HEBRÄISCHE POESIE
Wenn wir uns nun den poetischen Büchern zuwenden, werden wir uns
teilweise in einer ganz anderen und neuen Welt finden, als derjenigen des
Pentateuchs. Die poetischen Bücher beinhalten in sich eine Vielzahl von
Untergattungen. So hat es darin ein Drama (Hiob), lyrische Gebete, kurze
Sprüche, Lieder (inkl. Liebeslied) etc.
Bevor wir uns mit den eher technischen Fragen nach den Formen
hebräischer Poesie beschäftigen, taucht die Grundsatzfrage auf:
Diese Frage können wir nur beantworten, wenn wir uns zuerst bewusst
machen, dass grosse Teile des ATs, besonders auch der Propheten, in
Poesie geschrieben wurden. Zudem beschränkt sich die literarische Form
der Psalmen nicht auf das Psalmbuch, sondern findet sich im Pentateuch
wieder, oder in den Propheten, wie in Habakuk 3. Weshalb nun bedienten
sich diese Autoren der Poesie?
1
Vieles ist hier noch Anregung von Phil Morris, z.T. auch aus LaSor, oder Bullock, Intro to Poetic
Books.
2
• Poesie entspricht auch einfach einem Bedürfnis der Menschen nach
Ästhetik und Unterhaltung.
• Poesie enthält auch eine therapeutische Dimension.
Die Kraft der Poesie wird im Exodus deutlich. In Exodus 14 lesen wir den
Bericht über die Errettung Israels und in Kapitel 15 ist uns das Siegeslied
gegeben. Das Lied nimmt uns in einer ganz anderen Art und Weise
gefangen und zwingt uns, am vorher beschriebenen Ereignis selber Teil zu
haben.
Heute sieht man jedoch noch andere Kategorien, denn diese drei reichen
nicht aus:
2
Hier sind meine Quellen vor allem Rick’s Vorlesungen und Bullock’s Intro. Teilweise auch LaSor
3
5. Das Pivot-Muster: Hier steht eine Aussage eben pivotal zwischen zwei
anderen und kann sich sowohl auf die vorherige wie auf die
nachfolgende beziehen, z. B. in Ps. 23.4:
Muss ich auch wandern im finsteren Tal,
⇑
ich fürchte kein Unheil.
Ich fürchte kein Unheil,
⇓
denn du bist bei mir.
Ebenso steht „vor den Augen der Völker“ in Ps. 98.2 ursprünglich pivotal
zwischen „Kundgetan hat Jahwe sein Heil“ und „seine Gerechtigkeit
enthüllt“ (vgl. Amos 5.2). Das Pivot-Muster kann jedoch in der
Übersetzung teilweise verloren gehen.
Nationen ⇒ Gesalbte
Gesalbte ⇒ Nationen
Der Chiasmus findet sich auch in der Geschichte von Naeman. Sie
bewegt sich von
Aussatz ⇒ Gesundheit
Gesundheit ⇒ Aussatz
Die Wirkung des Chiasmus meistens die der Ironie. So beginnt der
Psalm 2 mit den tobenden Nationen, die sich gegen den Gesalbten
erheben, und er endet mit den Nationen, die sich vor dem Gesalbten
niederwerfen (oder vernichtet werden). Die Ironie der Naeman
Geschichte ist ja offensichtlich. Der Heide bewegt sich von Aussatz zu
Gesundheit, also von unrein zu rein, und der reine Israelit von
Gesundheit zu Aussatz, von rein zu unrein.
4
2.2. Das Akrostichon:
In einem Akrostichon beginnt jeder Vers oder jeder Parallelismus oder auch
jede Strophe mit dem folgenden Buchstaben des hebräischen Alphabets, z.
B. Psalm 119: jeder Abschnitt beginnt mit dem nächst folgenden
Buchstaben des hebräischen Alphabets.
5
Die Weisheitstradition im hebräischen Kanon3
Ein grosser Teil der poetischen Bücher des AT fallen in die Kategorie der
Weisheitsliteratur (Hiob, Sprüche, Prediger und Teile der Psalmen; in der
LXX kommen noch Sirach und Weisheit hinzu). Weisheitsliteratur hat
weniger mit der Form, als mit dem Inhalt dieser Bücher zu tun.
Die Frage nach dem Ursprung der Weisheitstradition ist somit eine
umfassendere als diejenige nach dem Ursprung einiger biblischer Bücher.
Es geht hier um den Ursprung einer Denkart, die zwar nicht nur typisch
hebräisch, aber in Israel durch den Jahwe-Glaube neu interpretiert wurde.
In Bezug auf den Ursprung gibt es zwei hauptsächliche Theorien:
• Der Ursprung liegt in der Familienweisheit, d. h. die Familie als Ort des
Ursprungs und der Überlieferung von Weisheit. Für Westermann ist also
das Volkssprichwort Ursprung der Weisheitstradition.4
• Die Schulweisheit: d. h. Ursprung war vor allem die Schule der reichen
Schicht, in der die neue Generation auf die Führungsaufgabe
vorbereitet wurde. Dies ist teilweise sehr offensichtlich in den Sprüchen
der Fall. Eissfeldt als Vertreter dieser Ansicht spricht dann eher vom
Kunstsprichwort als dem Ursprung der Weisheitstradition.5
In Israel dürfte es wohl ein Gemisch der beiden sein, obwohl die Weisheit
stark mit Salomo und dem Hof in Verbindung gebracht wird.
6
die Weisheit, wie auch unsere heutigen Sprichwörter, ihren Ursprung in der
Beobachtung des Menschen, seines Verhaltens und seiner Umwelt.
Die Weisheit hat eine unterweisende Funktion, sie will belehren, das
Verhalten beeinflussen und prägen. Sie tut das, indem sie zur Reflexion
und zum Mitdenken einlädt. Die Weisheit lädt die Leserschaft ein, selber
Schlüsse zu ziehen. Im Gegensatz zum Gesetz oder den Propheten, fordert
sie nicht Gehorsam auf Grund einer Offenbarung, sondern reflektierendes
Überlegen und Überprüfung. Vielleicht wird sie deshalb in eher
evangelikalen Kreisen etwas unterbetont.
Oft wird eine paradoxe Situation festgehalten und die Lesenden somit zum
Nachdenken gezwungen. Weisheit bezieht sich in der Regel auf Bekanntes
und vergleicht dies darauf mit irgendeiner Beobachtung zum
menschlichen Leben (z. B. Spr. 25.23; 26.20; 27.17).
Die Weisheit in Israel unterscheidet sich von derjenigen der Nachbarn, weil
die zu erforschende Ordnung eine Gott gegebene Ordnung ist. Weisheit
heisst letztlich nichts anderes, als die Gott gegebene Ordnung zu
beachten. Dem gegenüber steht die Torheit. Sie ist ein Missachten der Gott
gegebenen Ordnung (Spr. 10.14; 18.2; 29.20). Somit sind Weisheit und
Torheit keine Fragen des Intellekts, sondern Verhaltensarten.
Wenn die Weisheit Gottes Ordnung erkennen will, markiert sie damit
gleichzeitig ihre Grenze: Gott selber. Gottes Geheimnis ist für sie Gabe und
Grenze in einem. Selbst die traditionelle Weisheit der Sprüche war sich
dessen bewusst: Spr. 16.9; 19.21; 20.24; 21.2; 21.30. Sie war sich ihrer
7
Grenze bewusst, doch fühlte man das Bedürfnis, diese Grenzen noch
deutlicher herauszustellen. Die Bücher Hiob und Kohelet haben gerade
diese Grenze als ihr eigentliches Hauptanliegen (Pred. 8.17).
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Zusammenfassend kann man die Funktion der Weisheit in vier Punkten
beschreiben:7
HIOB
1. Struktur / Inhalt
Kap. 1 + 2: Prosa
Kap. 3-42,6: Poesie
Kap. 42,7-17: Prosa
Der Herr wird hier als Grosskönig dargestellt, der absolut regiert. Dass der
Satan hier erscheint, will nicht sagen, dass er kommen darf, sondern dass
7
Brueggemann
9
er kommen muss. Er ist nicht autonom, er ist nicht frei, er kann nicht tun
und lassen, was er will. Er muss vor Gottes Hofstab erscheinen und
berichten. Dieses Bild will somit ausdrücken, dass zwischen dem Herrn und
dem Satan ein qualitativer Unterschied besteht. Der eine ist der Herr und
Regent, der andere steht unter seiner Herrschaft und unter seiner Aufsicht.
Während der Satan also nicht frei ist zu tun, was er will, wird Gott als der
vorgestellt, der ganz frei ist: Gott ist frei, sogar mit dem Teufel auf dem
Rücken Hiobs um seine Ehre zu wetten, denn darum geht es. Fast ist man
versucht zu sagen, Gott prahle mit Hiobs untadeligem Leben, so nach dem
Motto: hast du gesehen, wie der an mir festhält? Diese Frage Gottes löst
dann die 42 Kapitel voller Ringen und Leiden aus, weil Gott frei ist, auf den
Vorschlag des Satans einzugehen und seine Ehre aufs Spiel zu setzen.
Aber mehr noch: Gott ist sogar frei, Hiob kein Wort über diese Wette zu
sagen. Denn durch die ganze Geschichte hindurch erfährt Hiob nie etwas
von dem, was sich im Himmel zwischen Gott und Satan abgespielt hat.
Hiob sieht und weiss nur, was er im Hier erlebt. Auch am Ende erzählt es
ihm Gott nicht. Wir, die Zuschauenden, wir wissen es, aber Hiob nicht.
Was ist das für ein Gott, der mit dem Satan eine Wette abschliesst und auf
dem Rücken Hiobs seine Ehre aufs Spiel setzt? Was ist das für ein Gott, der
mehr Interesse an Hiobs Vertrauen als an Hiobs Wohlergehen hat? Wir
werden das noch sehen.
Die zweite Szene findet im Lande Uz statt. Schlag auf Schlag trifft es Hiob:
Zuerst verliert er Hab und Gut, dann seine Kinder und in der zweiten
Runde noch seine Gesundheit und die Unterstützung seiner Frau. Das
Schicksal schlägt erbarmungslos zu und Hiob definiert Gott als den, der
auch nimmt: der nehmende Gott. So erscheint der Satan dann auch nie
mehr im Buch. Hiob hat ausschliesslich eine Gottesbeziehung und was
immer sich in seinem Leben ereignet, hängt für ihn mit Gott zusammen.
Nun erscheinen die drei Freunde Hiobs. Betroffen über sein Leid setzen sie
sich zu ihm in die Asche. Nach sieben Tagen bricht Hiob das Schweigen. Er
bricht in eine Klage aus und verflucht den Tag seiner Geburt. Mit dieser
Aussage steht nicht weniger als die Schöpfungsordnung auf dem Spiel:
Hiob möchte einen Stein aus der „Wand der Zeit“ herausnehmen, um so
die ganze Wand zum Einstürzen zu bringen. Hiob klagt bei Gott: anstatt ein
Tag der Freude, ein Tag des Glücks ist der Tag der Geburt ein Tag des
Schreckens und des Chaos. Hiob klagt Gottes Schöpfungsordnung an (3,5
+ 9), denn die Schöpfung ist durcheinander und Gott, der verantwortlich
für diese Schöpfung ist, hüllt sich in Schweigen und unternimmt nichts
gegen diese Chaosmächte, die über den Menschen hereinbrechen: Die
Welt läuft aus dem Ruder und wo ist der Steuermann?
Nach der Klage Hiobs beginnt der erste Freund und es kommt zu einem
dreifachen Zyklus, in dessen Verlauf Hiob jedes Mal auf die Reden seiner
Freunde antwortet (Kap. 4-27). Im letzten Zyklus kommt dann Zophar
allerdings nicht mehr zu Wort.
Die ganzen Gespräche verlaufen so, dass die Freunde darauf pochen, Hiob
verschulde sein Leid selber, dieser aber seine Unschuld beteuert und
deshalb Gott als Ursache seines Leides sieht; Gott „ist schuld“.
Der erste Freund: Hiob 4,6-9: Die Frage ist ja so berechtigt: Ging je ein
Mensch zugrunde, der ohne Schuld war? Wir singen es doch auch in einem
Pfingstjubel-Lied: „Sollt ich sein der erste, der zuschanden war? Nein das
ist unmöglich, du getreuer Gott. Eher fällt der Himmel, als mich täuscht
dein Wort.“ Gott lässt doch die Seinen nicht zugrunde gehen? Das steht
doch auch im Psalm: Wenn auch Tausende neben dir fallen, dich wird es
nicht treffen… Gott kann uns nicht enttäuschen! Aber Hiob geht zugrunde,
deshalb muss er „auf dem Feld der Bosheit gepflügt“ haben. Im Klartext
sagt er: Halte Gott aus dem Problem raus, das in Wirklichkeit nur deines
ist.
Der dritte Freund: 11,5-6: Auch er geht von Hiobs Schuld aus und meint,
wenn Gott jetzt spräche, würde sich alles klären und Hiob käme zur
Einsicht. Doch wir wissen, als Gott sprach, klärte sich im Grunde
genommen gar nichts. Hiob hat bloss Gott gesehen (und seine grossartige,
riesige Schöpfung, bis hin zu den Dinosauriern…), und das reichte. Aber
Gottes Reden hat keine seiner Fragen beantwortet, sondern höchstens
neue aufgeworfen. Wenn Gott redet, klärt sich nicht immer alles.
Für alle drei steht fest: die Ursache deines Leids liegt in deinem eigenen
Verhalten. Du hast Schuld, du bist selber dafür verantwortlich, wie es dir
geht.
Hiobs Gegenargument:
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In einer der Baracken von Auschwitz beschlossen seinerzeit die übrig
gebliebenen Mitglieder eines Rabbinatsgerichts, als Zeugen des
Schreckens, der hier den Juden widerfuhr, nun deswegen Gott selbst den
Prozess zu machen. Im Morgengrauen wurde das Urteil verkündet: Wegen
der ungeheuerlichen Unterlassungen, die er sich an seinen Kindern hat zu
Schulden kommen lassen, wird der Heilige, gelobt sei er, mit sofortiger
Wirkung aus ihrer Gemeinschaft ausgestossen! — Es war, als hielte der
Kosmos den Atem an. „Kommt“, seufzte dann schliesslich der Rabbi, „und
jetzt gehen wir beten.“
Ähnlich argumentiert Hiob: Gott ist die Ursache meines Leids; er ist dafür
verantwortlich (Hiob 7,11-19); Gott ist es, der ihn quält. Gott ist es, der
genommen hat. „Mir wäre es lieber, du würdest mich in Ruhe lassen, wenn
auch nur so lange, dass ich einmal ohne dich und daher in Frieden
schlucken könnte“. Für Hiob ist die Ursache seines Leides klar: Gott, und
kein anderer. In beinahe Schwindel erregenden Aussagen zerrt Hiob Gott
förmlich vor Gericht: Gott kümmert das Recht seines Bedrängten nicht
(7,12; 9,2 + 12) und in 9,24 geht er so weit, dass er sagt: „Die Erde ist
gegeben in die Hand eines Frevlers.“ Was für eine gewagte Aussage!
Keiner Macht neben oder unter Gott traut Hiob zu, diese unerträglichen
Zustände in seinem eigenen Leben und in der ganzen Schöpfung bewirkt
zu haben – und kein anderer könnte sie verändern.
Auch diese Überlegungen müssen wir mit dem Text eines Juden aus dem
Holocaust beginnen, der Gott ebenfalls „den Prozess gemacht hat“: Ich
sage dir das alles, weil ich an dich glaube, weil ich an dich mehr glaube
denn je, weil ich jetzt weiss, dass du mein Gott bist, weil du nicht der
Gott derjenigen sein kannst, deren Taten das schreckliche Ergebnis ihrer
kämpferischen Gottlosigkeit sind. Falls du nicht mein Gott bist – wessen
Gott bist du? Der Gott der Mörder? (Dunkle Seiten, 2, S. 126).
Für uns ein Paradox: Hiob kann nur auf den hoffen, der sein Leben
zerstört! Für ihn gibt es keine andere Möglichkeit. Gott muss ihn vor Gott
selber retten (16.21), und so weiss Hiob, dass sein Erretter lebt. Es ist
der gleiche Gott, der sein Leben zerstört.
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So mit Gott streiten kann nur, wer verzweifelt ist. Hier sind Menschen,
denen alle Möglichkeiten genommen, die aller Rechte beraubt wurden,
die aus schierer Verzweiflung gegen einen übermächtigen Gott angehen.
Hier ist nicht einer, der sich kühl distanziert mit einem „denkerischen“
Problem auseinandersetzt, sondern hier kämpft ein Betroffener. Da
macht nicht einer gedankliche Übungen zu einem theoretischen
Problem, da wägt nicht einer Möglichkeiten ab, sondern da kämpft einer
ums Überleben, denn er weiss, aus diesem Konflikt wird er unmöglich
mit heiler Haut davonkommen (9,4). Er weiss es und doch wagt er es,
denn seine Haut kann er sowieso nicht retten. Dann lieber sich mit dem
Gott anlegen, den er kennt!
Wer noch Optionen offen hat, wer noch Sicherheiten hat, wer nicht
verzweifelt ist, wird nie so mit Gott ringen. Wer nicht existenziell von der
zum Himmel schreienden Ungerechtigkeit in dieser Welt betroffen ist, wo
die Reichen sich alles leisten können und immer recht haben und die
Armen dauernd die Verlierer sind, wo auch „Macht vor Recht“ gilt, der
wird nie so mit Gott ringen. Wer nicht darüber verzweifelt, wirklich
verzweifelt, dass unsere Gesellschaft so materialistisch und bequem
geworden ist und nicht nach Gott fragt, wer nicht darüber verzweifelt,
dass Gott nicht eingreift, Not wendet und einen geistlichen Aufbruch
schenkt: der wird nie Gott Vorwürfe über den Zustand unseres
Gesellschaft machen. Der wird unsere Gesellschaft dafür verantwortlich
machen und sich mit ihrer Gottlosigkeit beruhigen und mit dem Unrecht
und dem Zustand abfinden. Wer nicht darüber verzweifelt, dass alle 6
Sekunden ein Kind auf dieser Welt verhungert, der wird nie schreien:
„Maranatha, komme bald!“, der wird nie Gott entgegenschleudern, dass
er Schuld am Tod all dieser Kinder sei, weil er es nicht verhindere, indem
er zurückkomme und sein Reich aufrichte.
Wer nicht hartnäckig daran festhält, dass der Herr unser Gott der einzige
Herr dieser Welt ist, der für alle Bereiche dieser Welt und meines Lebens
zuständig ist, der wird nie so mit Gott ringen.
Nur wer sich diesem Gott restlos ausliefert und unterwirft, wer ihn zum
einzigen Ansprechpartner für alle Belange des Lebens macht, ringt so
mit ihm und weiss: mein Leid hat einen Namen – Gott! Und das ist bei
Weitem besser als namenloses Leid erleben zu müssen. Der weiss
wenigstens, wo er klagen kann, der kennt die zuständige Instanz. Und
leidet nicht gerade unsere Gesellschaft unter diesem namenlosen Leid,
all diesem Elend, für das niemand zuständig ist und unter dem alle
zugrunde gehen? Ist unsere Gesellschaft nicht gerade deshalb so
hoffnungslos und apathisch geworden, weil niemand mehr zuständig ist
für all die Debakel und Katastrophen? Sind nicht all die Prozesse um all
die Millionen von Franken nicht gerade Ausdruck dafür, dass wir eine
Instanz suchen, an die wir uns wenden können? – und wir haben sie
gefunden: das Geld!
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Und so streitet Hiob mit seinen Freunden und Gott weiter. Den Freunden
wirft er vor, sich rettend vor Gott zu stellen, statt mit ihm Partei gegen
Gott zu ergreifen (13,7-8; vgl. Abraham und Mose, die sich auf die Seite
der Gottlosen gegen Gott gestellt haben!). Und Gott, dem wirft er Macht
vor Recht vor (10,15; 23,13-17) und bekennt: Gott ist mir fern und
schweigt (23,3).
Einmal mehr fühlt Hiob sich wie einer, der gegen einen übermächtigen
Gegner anrennt: Gott hat dauernd einen Vorsprung; er weiss alles über
Hiob, Hiob aber je länger desto weniger über Gott; Hiob findet Gott nicht,
Gott kennt jeden Schritt Hiobs; Gott hätte das Wort der Weisheit zu sagen
zu all dem, was Hiob erlebte und mit seinen Freunden redete, aber Gott
schweigt; ja Hiob klagt: wenn ich nur wüsste, wo Gott zu finden ist, dann
würde ich schon zu ihm gehen, und wüsste auch ganz genau, was ich
ihm sagen würde. Aber offensichtlich weiss Gott nicht mehr was sagen,
denn Hiob weiss weder, wo Gott zu finden ist, noch was er zu sagen hat.
Selbst der Gedanke, dass Gott Pläne für Hiobs Leben hat, quält ihn nur,
denn diese Pläne fallen Hiob zur Last. Gott greift dauernd aus dem
Verborgenen in Hiobs Leben ein, ohne sich zu zeigen und zu den
Ereignissen zu äussern. Wenn Gott schon schweigt und sich verborgen
hält, dann möchte Hiob lieber, dass er ihn auch in Ruhe lässt. Aber das
macht Gott auch nicht. Er funkt dauernd in Hiobs Leben hinein.
Offensichtlich kann Gott es sich leisten, den Weg zur Weisheit zu kennen
und niemandem davon zu erzählen. Offensichtlich steht er nicht unter
dem Druck, sich dauernd zu allem äussern zu müssen, sich immer zu
erklären oder gar zu rechtfertigen. Gott kann es sich leisten, uns durchs
Dunkle tappen zu lassen und einfach zuzuschauen.
Das kann tatsächlich nur, wer nicht mit dem Gefühl lebt, sich erklären zu
müssen. Gott ist frei vom Zwang, zu allem etwas sagen zu müssen. Gott
ist auch frei von der Angst, Hiob könnte ohne Gottes Erklärungen und
Anweisungen Erfahrungen machen und so Gott untreu werden. Er ist frei
davon, Hiob durch Erklärungen an sich zu binden und von sich abhängig
zu machen. Er ist frei vom Druck, sich erklären zu müssen, damit der
andere ihm treu bleibt.
14
Und so kommt der Dialog zwischen Hiob und seinen Freunden nicht weiter.
Und noch immer schweigt Gott. Er schweigt zu den unglaublichen
Vorwürfen, die Hiob ihm macht, er schweigt zu den Aussagen der Freunde,
er verhüllt sein Angesicht.
Nach diesem Zyklus folgt als eine Art Zwischenspiel ein Gedicht der
Weisheit (Kap. 28). Viele Theologen denken, dass dieses Gedicht irgendwie
nicht hinein passt und fragen sich, ob Hiob an dieser Stelle bereits solche
Aussagen gemacht hätte. Aber dieses Gedicht passt genau an diese Stelle
und erfüllt eine wesentliche Absicht in der Entwicklung des Buches. Der
zentrale Vers ist Vers 12: „Die Weisheit aber – von wo kommt sie?“
Bis jetzt wurden die üblichen Antworten gegeben (die Freunde) und Hiob
versuchte darzulegen, dass sein Leiden so nicht erklärt werden kann; Gott
ist der Verursacher seiner Not. Dann aber bleibt die Frage: Wenn das
Herkömmliche nicht reicht, wo dann ist die Weisheit zu finden? Und wenn
die Vorwürfe Hiobs an Gott stimmen, wo ist dann noch Weisheit und
Hoffnung zu finden? Gibt es dann noch eine Ordnung in dieser Welt? Was,
wenn meine Erfahrung mit den allgemeinen Beobachtungen nicht mehr
übereinstimmt? Was, wenn Gott der Verursacher meiner Not ist? Wenn
Kap. 28 zurückblickend eine Bankrotterklärung der anerkannten Normen
ist, zeigt es auch vorausblickend, dass das ganze Anrennen gegen Gott
nutzlos ist. Hiob stritt mit Gott, doch der hüllte sich in Schweigen. Gott hält
mehr verborgen, als dass er offenbart, er wendet sein Angesicht ab. Aber
weil alle Weisheit letztlich in Gott und nicht in unserer Erfahrung noch in
unserer Bewertung (Pred. 8,17) ist und dieser Gott unfassbar ist, ist es ein
gegen die Wand rennen.
Diesem Weisheitsgedicht folgt ein weiterer Protest Hiobs. Hiob legt seinen
Fall noch einmal vor: „ Ich habe nichts getan, was dieses Leiden erklären
könnte und im Gegensatz zu Gott war ich barmherzig mit den
Notleidenden.“ Nun liegt es an Gott zu reagieren.
Doch zuerst meldet sich Elihu, der sowohl die Freunde wie auch Hiob
zurechtweist. Elihus differenzierte Reden sind wie ein Aufschiebung des
göttlichen Eingreifens und seine Reden zeigen: Die Weisheit der Jugend ist
genauso wirkungslos wie die der Alten. Er baut lediglich die These des
Eliphas aus. Leiden diene zur Vervollkommnung des Menschen. Seine
Reden nehmen den letzten Funken Hoffnung: selbst „progressive“ Weisheit
weiss nichts vom Gespräch Gottes mit Satan. Der Mensch, ob konservativ
oder progressiv, kann nichts von den himmlischen Mysterien wissen, auch
er rennt gegen Gott an.
15
Hermeneutische Überlegungen zu Elihu
Elihu stellt sich selber vor: Er verkörpert die Jugend, diejenigen, die
progressiv sind und längst weiter sehen als die Alten. Ab Kapitel 32,6
stellt er „sein Programm“ vor. Zusammengefasst lautet es: Ich habe
euch nun lange genug zugehört. Keiner konnte Hiob widersprechen, ihr
habt aufgegeben, aber nun komme ich. Ich habe noch etwas zu sagen:
„jetzt ist es an mir, die Antwort zu erteilen und offen darzulegen, was
ich weiss. Mein Herz ist randvoll angefüllt mit Worten, der Gottesgeist
drängt mich zu reden.“ (32,17). Auf einen Nenner gebracht ist Elihu sehr
beherrscht, denn er konnte bis jetzt schweigen, aber genauso
überheblich.
Er geht davon aus, dass er, im Gegensatz zu den Freunden und Hiob, die
Zusammenhänge genau kennt. Er weiss die Antwort, er hat die Einsicht
und so schmettert er die Freunde als unfähig und Hiob als uneinsichtig
ab. Was für ein Glück muss es doch für die vier sein, solch einen Mann
bei sich zu haben, der die Zusammenhänge genau sieht! Was für ein
Vorrecht, dass er jetzt doch noch redet und sie aus ihrem Dilemma
befreit.
Elihu, ein überheblicher Mensch, der seine Sicht der Dinge mit Gott
selber verwechselt, der meint, nur weil er argumentieren könne,
verstehe er mehr als die anderen. Er meint, er könne für Gott reden
(36,2-3), wenn dieser schweigt. Besser wäre dann, das Schweigen
Gottes auszuhalten. Dann zu reden ist fatal, denn das Urteil des Buches
über solch einem Mensch ist so krass, dass er weder im Vorwort noch im
Nachwort als erwähnenswert gilt. Oder mit anderen Worten: woher er
kommt ist nicht wichtig zu wissen und was aus ihm wurde auch nicht,
denn bildhaft gesprochen hat er keine Zukunft.
Nun erschallt die Stimme, die alles Argumentieren zu einem Ende bringt.
Nun spricht der, der Hiobs eigentliches Problem darstellt: Gott. Und in
unvorstellbarer Art und Weise erscheint Gott „vor Gericht“. Allerdings hält
er sich nicht an die Prozessregeln. Er hält zwei grosse Reden, und es sind
16
weder Anklage- noch Verteidigungsreden. Gott redet über seine
Schöpfung. In einer Anhäufung rhetorischer Fragen wird Hiob keine Chance
gelassen. Jahwe beruft sich auf die Schöpfungswunder, die Jahreszeiten
und vieles mehr, um Hiob völlig in die Enge zu treiben. Voller stolz
präsentiert Jahwe die Vielzahl der Naturerscheinungen und Tierarten in
ihrer Wildheit und kaum gebändigten Lebenslust. Und sie alle rühmen
durch ihr blosses Dasein den Schöpfer. Und Hiob soll begreifen: Zum
Vorhandensein und Weiterleben all dessen hat der Mensch nichts
beigetragen, von all dem versteht er eigentlich nichts. Gott ist der
Schöpfer, und er behält all diese Dinge und Wesen in seinem Blick. Er
sorgt für ihren Erhalt (38,41), einfach weil er seine gesamte Schöpfung
liebt.
In seiner zweiten Rede (40,1 – 41-26) geht Gott noch weiter: Gott mag
sogar sehr bedenkliche Wesen: die Flusspferde und das Krokodil,
gefährliche Tiere, die sinnbildlich für die unbeherrschbaren Elemente der
Chaosmächte stehen. Aber selbst diese Wesen dürfen leben! Hiob 40,15:
Gott hat sie gemacht, neben dem Menschen. Es kümmert ihn offenbar
nicht, dass dadurch seine Allgewalt in Frage gestellt wird. Gott nimmt
seiner Schöpfung, einschliesslich der Chaosmächte, nicht ihre Freiheit und
ihr Leben. Wohl verhindert er, dass sie überhand nehmen und diese
Schöpfung zerstören, nicht aber, dass sie existieren. Unerklärliche
Schicksalsschläge haben in der Schöpfung Gottes ihren Platz.
Am Ende steht Hiob da und was er in 9: 3+19 sagte, erlebt er: „Selbst
wenn es dem Menschen gefällt mit Gott zu streiten, auf keins von tausend
gibt er ihm Bescheid.“
Am Ende demütigt sich Hiob und tut Busse; genau das, gegen was er sich
gewehrt hat. Allerdings tut er nicht im Sinne der Freunde Busse für
irgendeine Sünde, die sein Leiden verursacht hätte, sondern dafür, weil er
der Heiligkeit Gottes neu begegnet ist. Das ist der Kern: Gottes Antwort
liegt nicht in neuer Information, sondern in einer neuen Begegnung mit
ihm. Und wenn Gott dem Menschen entgegentritt, dann kann dieser nur
„die Hand auf den Mund legen“ (40,4).
Das Buch endet mit der Wiederherstellung Hiobs, der für seine drei
Freunde vor Gott eintreten muss, denn diese haben nicht die Wahrheit
über Gott gesagt, wie Hiob dies getan hatte(42,7). Die Tragweite dieser
Aussage lässt uns noch einmal erschaudern: in all seinen Klagen und
Vorwürfen an Gott hat Hiob die Wahrheit gesagt!
Hiob hat den Test bestanden, Gottes Ehre ist bewiesen (23,10) und Gottes
Allmacht angebetet.
In einem Epilog wird uns dann erzählt, wie Gott Hiob neues Glück schenkt.
17
Die Geschichte findet im Lande Uz statt. Wo Uz genau liegt, kann nicht
bestimmt werden. Eine Theorie sieht darin das Land Baschan (nordöstlich
vom See Genezareth). Andere denken es sei in Edom, südwestlich.
Wann das Buch geschrieben wurde, kann auch nicht genau festgelegt
werden. Es scheint allerdings auf einer sehr alten Tradition auf zu bauen,
einer Zeit, in der es noch keine Priesterschaft oder Schreine gab, da Hiob
seine Opfer selber darbrachte. Auch geht es nicht wie bei Jeremia um die
Leiden einer Nation, sondern um die eines Einzelnen. Zudem bildet das
Nomadenleben wie bei einem Abraham das Umfeld der Geschichte.
Das Buch Hiob ist ein anonymes Buch, von einer Person mit grossen
literarischen Fähigkeiten und einem umfassenden theologischen
Verständnis geschrieben. Es war sicher eine Person, die selber irgendwie
mit der Frage des Leidens konfrontiert wurde und zwar in einer Art und
Weise, dass er in Konflikt mit den geläufigen Antworten kam. Er war aber
auch tief verwurzelt in Israels Glauben, denn nie wird Gottes Souveränität
angetastet.
3. Theologische Bedeutung
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Als Helfer Stans erfüllt das Leid seine Aufgabe nicht; der „Gegner“ ist
stärker.
DIE PSALMEN
Das Buch der Psalmen ist das meist zitierte AT-Buch im NT. Seine
Bedeutung und sein Wert sieht man schon in der Tatsache, dass die
Psalmen oftmals den Ausgaben des NTs beigefügt werden. Allerdings
finden wir Psalmen nicht nur im Buch der Psalmen, sondern auch an
anderen Stellen im AT, z.B. 2. Mose 15 (das Lied nach der Befreiung),
Richter 5 (das Lied der Deborah), 1. Sam 2 (das Lied der Hanna).
Sigmund Mowinckel (1884 – 1960) nahm die Idee Gunkels auf und führte
sie weiter. Wo Gunkel den Ursprung der Psalmen im liturgischen Leben des
alten Israels (vor David) sah, ging Mowinckel davon aus, dass die Psalmen
rund um Israels Tempeldienst entstanden. Er verband beinahe jeden Psalm
mit einem religiösen Fest, z. T. auch mit hypothetischen Festen, vor allem
dem Neujahrsfest. Zusätzlich verglich er diese Psalmen mit dem
Neujahrsfest der Babylonier, das als Zentrum die Thronbesteigung des
Königs hatte (landwirtschaftlicher Aspekt von Sterben und neuem Leben
der Natur). Mowinckel stellte die Hypothese auf, dass Israels Theologie des
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Königs und des Kultes sich an den Modellen seiner Nachbarn orientierte.
Allerdings ist ein solches Thronbesteigungsfest im AT nirgends
festgehalten und trotzdem versuchte Mowinckel, dieses Fest zu
rekonstruieren. Er verband vor allem die Psalmen 91-96 damit sowie
insgesamt ca. 1/3 aller Psalmen.
Nach Mowinckel kam Westermann, der die Wichtigkeit der Klage betonte.
Für ihn ist die Klage der Bezugspunkt des Lobes. Seine These wird später
noch genauer behandelt.
21
vorherige Desorientierung ist eine wirkliche Neuorientierung nicht möglich.
Die Psalmen reflektieren immer eine dieser Bewegungen / Zustände.
Von der Tradition her ist jeder dieser fünf Abschnitte mit einem der fünf
Bücher Mose verbunden. Eventuell geschah dies zur Schriftlesung in der
Synagoge, so dass es zu jedem Abschnitt aus der Thora eine
Psalmenlesung gab.
3. Poetische Besonderheiten
Die Psalmen fallen in die allgemeine Kategorie hebräischer Poesie. Daher
herrscht der Parallelismus auch in ihnen vor.
Bei den Psalmen kommen noch zwei Besonderheiten hinzu:
- Wechselgesang (Ps. 136). Eventuell hat hier der Priester vorgelesen
und die Gemeinde auf jede Zeile reagiert.
- Akrostichon: Hier ist ein Psalm so aufgebaut, dass jede Zeile (oder
Abschnitt) mit dem folgenden Buchstaben des hebräischen Alphabets
beginnt (z.B. Ps. 119)
4. Psalmengattungen
Die Psalmen stellen Israels Lieder- und Gebetsbuch dar. Wenn wir heute
ein Liederbuch zur Hand nehmen erkennen wir ohne weiteres, dass es
teilweise ganz konkrete Anlässe zum Schreiben dieser Lieder gab.
Einerseits sind es kirchliche Feste (Weihnachten, Ostern etc.), anderseits
sind es unterschiedliche Lebenserfahrungen, die im Liedgut ihren
Ausdruck finden.
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Dies sind Psalmen voller enthusiastischen Lobpreises. Meist beinhalten sie
drei Elemente:
- Aufruf, Gott anzubeten (z.B. 105,1)
- Eine Beschreibung der Taten Gottes und/oder seines Wesens. Dies ist
der eigentliche Hauptteil der Hymne.
- Abschluss; meist eine nochmalige Aufforderung zum Lobpreis oder zum
Gehorsam (z.B. 105,45c)
Psalmen, die in diese Kategorie fallen, sind die Psalmen 8, 19, 29, 33, 104,
105, 111, 113, 114, 117, 135, 136, 145-150
Diese Psalmen entspringen einer Vielfalt von Umständen. Z.B. Sieg in der
Schlacht, Erntedank, Befreiung etc. Innerhalb dieser Hymnen gibt es auch
noch Untergruppen, die um ganz spezifische Themen kreisen:
- Siegeslieder
- Wallfahrtslieder
- Zionslieder (Ps. 46, 48, 76)
- Krönungspsalmen (47, 93, 96-99). Diese Kategorie wird von vielen als
eine eigene Gattung angesehen.
Dies sind Gebete des Volkes in Zeiten der Not (z.B. Ps. 12, 44, 58, 79, 83),
der Bedrängnis oder anderer negativer Umstände. Die meisten dieser
Psalmen beinhalten folgende Elemente:
- Ein Schrei um die Hilfe Gottes (Ps. 74,1)
- Eine Klage, welche die Not des Gottesvolkes beschreibt. Meist kommt
hier der Feind, Gott und der Beter zur Sprache (Ps. 74,4.9.11)
- Ein vertrauensvolles Bekenntnis (74,12)
- Die Bitte um Befreiung, oft als Befehl und verbunden mit der
Verwünschung der Feinde (74,19+23)
- Ein Appell an Gott, sich an seinen Bund zu erinnern (74,20)
- Ein Lobpreisgelübde wenn Gott eingreift.
23
Sie bilden das Gegenüber der Klagepsalmen Einzelner und entspringen der
Dankbarkeit für erlebte Errettung. In ihnen finden wir meist folgende
Elemente:
- Proklamation der Liebe Gottes (116,1)
- Einleitende Zusammenfassung (116,2)
- Eine poetische Darstellung der Notsituation (116,3)
- Ein Bericht über Gebet und Erlösung (116,4-5)
- Erneuerung des Lobpreisgelübdes
- Nochmaliger Dank
4.5. Königspsalmen
Diese sind die Psalmen 2, 18, 20, 21, 45, 72, 101, 110, 132, 144.
In diesen Psalmen spielt der König eine wesentliche Rolle. Da der König
Israels aber nicht gleichzeitig auch Israels religiöser Führer war, stellen
diese Psalmen meist eine Mischform dar.
Die meisten dieser Psalmen werden messianisch ausgelegt, andere sind
rund um die Hochzeit des Königs oder als Fürbitte für den König vor einer
Schlacht entstanden.
4.6. Weisheitspsalmen
Eine Gruppe von Psalmen dient der Unterweisung und hat vorrangig einen
didaktischen Zweck. Für Menschen, welche die Psalmen als reine Lieder
und Gebete ansehen, erscheint es komisch, Weisheitspsalmen zu finden
und sie als Teil des Gotteslobes und des Liederbuches zu verstehen ⇒
erweitertes Verständnis von Anbetung (mit Verstand).
4.7. Busspsalmen
Sie werden nicht von allen als eine eigene Gattung angesehen und
teilweise der Klage Einzelner zugeordnet. Bonhoeffer macht eine
interessante Feststellung zu den Busspsalmen: „Seltener als wir erwarten
begegnet uns im Psalter das Gebet um Vergebung der Sünde. Die meisten
Psalmen setzen die volle Gewissheit der Vergebung voraus.“
5. Überschriften
Die Überschriften der Psalmen stellen einen Unsicherheitsfaktor dar, da
nicht immer mit genauer Sicherheit festgestellt werden kann, wozu sie
dienten. Zum Teil sind es musikalisch-technische Anmerkungen.
5.1. Verfasserangabe
Was wir mit „von David“ angeben, wird im Hebräischen mit der Präposition
לgemacht.
24
12 dem Asaph (1. Chr. 6,39; 15,17: 2. Chr. 5,12; Esra 2,41)
2 Salomon
1 Heman dem Esrachiter (1. König 5,11; 1. Chr. 16,41)
1 Etan dem Esrachiter (1. Chr. 15,17+19)
1 Mose
3 werden in Verbindung mit Jedutun gebracht, gemäss 1. Chr.
16,41 war
er einer von Davids Musikern
5.2. Liedarten
- Der bekannteste dieser Begriffe ist „Sela“, das entweder eine Pause,
ein musikalisches Zwischenspiel oder einen Zwischenruf darstellt.
- Der Begriff „mit Saitenspiel“ kommt am Häufigsten vor und wird wie
andere die Art der Begleitung angeben
- Andere Begriffe wie „nach der Hindin der Morgenröte“ werden wohl die
Melodie angegeben. (Ps. 22)
Einige der Bemerkungen geben uns einen Einblick, wann und wie der
entsprechende Psalm im Gottesdienst verwendet wurde: z. B. „zum
Dankopfer“ (Ps. 38,70) oder „ein Lied für den Sabbat“ (Ps. 92)
25
6.1. Das Gebet der Psalmen im Vergleich zur altorientalischen Dichtung8
Immer wieder wurden die Parallelen zwischen den Psalmen des ATs und
der altorientalischen Dichtung hervorgehoben. Man erkannte, dass die
Psalmen Teil jener Dichtung waren und man hat immer wieder versucht,
literarische Abhängigkeit oder Einflüsse festzuhalten.
1. Die biblischen Psalmen sind meist jüngeren Datums und oft mehrere
hundert Jahre von den sumerischen, akkadischen oder ägyptischen
Texten getrennt. Somit ist ein synchroner Vergleich kaum möglich.
2. Zwischen den biblischen Psalmen und der altorientalischen Dichtung
bestehen grosse sprachliche Unterschiede und vor allem Unterschiede
im Schriftsystem. Es ist eher fraglich, ob der „normale“ Psalmendichter
von Psalm 104 den Sonnenhymnus des Echnaton im Grab von Eje in
Amarna gesehen oder gar gelesen hat. Sollte er ihn je gesehen haben,
ist es unwahrscheinlich, dass er ihn lesen konnte.
3. Somit wird es ganz selten zu direkten Berührungen mit dieser Literatur
gekommen sein, was eine literarische Abhängigkeit sehr
unwahrscheinlich macht.
4. Die Beziehung zwischen den biblischen Psalmen und der
altorientalischen Dichtung wird eher auf der vorliterarischen Stufe
stattgefunden haben. Sie wird sich auf Motive, Vorstellungen,
Denkformen, Sprachformen oder Redestrukturen beschränken. (Evtl. als
Gruppengespräch: Parallelen in unserer Zeit. Das ist ja auch heute so in
unseren Gebeten und Liedern: Themen wie Macht, Sehnsucht nach
Gefühlen und anderes spielen sowohl in säkularen wie auch in frommen
Gebeten eine Rolle. Kritische Liedermacher/innen sind in unserer
säkularen wie auch in der christlichen Gesellschaft eine Rarität
geworden. Kuschel-Rock – Romantic-Rock, viel krasser kann die
Abhängigkeit ja kaum mehr demonstriert werden.)
5. Die Funktionsbeschreibung der altorientalischen Hymnen und Gebete
lässt sich genauer vornehmen als die der Psalmen.
So sollte man nicht der Versuchung nachgeben und überall Linien und
Querverbindungen zwischen biblischen Psalmen und orientalischen
Gebeten aufzuzeigen, ohne den räumlich-zeitlichen und kulturellen
Abstand genügend zu beachten.
(Kopie aus Seybold abgeben und evtl. als Gruppengespräch mit Psalmtext
vergleichen lassen.)
In seinem Buch Lob und Klage in den Psalmen verweist Claus Westermann
auf die verblüffende Tatsache, dass es im Hebräischen kein Wort für
unseren Begriff „danken“ gibt. Wo bei uns die Wechselbeziehung zwischen
8
Siehe Seybold, S, 154-73, hat auch viele Beispiele (habe Fotokopie des Abschnitts)
26
Bitte und Dank als Norm angenommen wird, fehlt diese in den Psalmen.
Dort finden wir die Wechselbeziehung zwischen Flehen/Klagen und Loben.
Zusammenfassend kann man sagen, dass die Dankbarkeit als Haltung eine
Sache ist, die bei uns liegt, das Lob jedoch immer eine Beziehung
voraussetzt.
Dem gegenüber steht die Klage; eigentlich gibt es ohne Klage gar kein Lob
(eigener Artikel W+G). Westermann stellt fest, dass es das reine
Bittegebet, wie wir es heute kennen, in den Psalmen eigentlich nicht gibt.
Die Bitte hat immer den Charakter der Klage. Gleichzeitig gibt es auch
keine Klagepsalmen, die nicht über Bitten und Blagen hinausgehen. Die
Psalmenbeter verstanden ihren Schrei nie als einlinig, spannungslos. Für
sie war es klar: Wenn Gott hört, dann erhört er auch. Deshalb oft diese
positive Haltung lange bevor die eigentliche Wende eintrat.
In ihrem Ursprung ist die Klage immer eine Anklage gegen Gott. Diese
Anklage ist eine Anrede und nicht ein blosses objektives Festhalten eines
Missstandes. Das sollte uns eigentlich wenig überraschen. Für Israel gab es
keinen Zweifel: Jahwe ist Gott, Jahwe ist Herr der Geschichte und deshalb
27
müssen Missstände ihm geklagt werden (Hiob). „So wie die Klage nicht
mehr wirklich an Gott gerichtetes Reden ist, gebiert sie aus sich den
Zweifel.“ (West. S. 162) Oder wie Brueggemann es formuliert: „Was immer
über die menschliche Situation gesagt werden muss, muss Jahwe gesagt
werden.“ (Message)
Westermann versucht darauf zu zeigen, wie die Anklage sich zu einem sich
Beklagen bei Gott und letztendlich zu einer Verklagung der Feinde führt
(ob sich solch eine Entwicklung genau festlegen lässt, ist fraglich, aber die
Elemente sind da). Wie dem auch sei, die Klage gehört ins Gebet des
Gläubigen. Denn wenn sie aus dem Gebet gelöst wird, wird die
Veränderung nicht mehr von Gott sondern vom Klagenden erwartet (hat
mit dem „Königskonzept“ zu tun).
Mit Brueggmann können wir sagen, dass das Erstaunliche an Israel war,
dass es die Dunkelheit in seinem religiösen Leben weder verdrängte noch
verneinte, sondern es umschlang als den Weg, aus dem neues Leben
entsteht. Mehr noch, Israel scheint zu wissen, dass neues Leben von
nirgends woher sonst kommen wird (Message, S. 53). Wer nicht klagen
kann, kann nicht getröstet werden.
Dieser Glaube der Klagepsalmen ist mit dem „Du“ ausgedrückt: Wer
jemanden mit „Du“ anspricht, setzt eine tiefe Beziehung voraus. Ich
rechne mit dem Gegenüber, weiss dass er mich hört, auf mich eingeht.
Sonst würde ich ja in den leeren Himmel sprechen (Creative Word, s. 93).
28
gerungen und die Beter machen sich sehr viel aus den Dingen und
Menschen um sie herum.
Ohne Trauer, Tränen und Klage können auch die tiefsten Tiefen der Liebe
nicht vorhanden sein. Mitweinen, Trauern, Klagen sind der Ausdruck
tiefster Liebe. Wer Trauer, Klage und Schmerz vermeiden will, ist zu einem
leidenschaftslosen, gleichgültigen Leben verurteilt, das zwar die
Dunkelheit nicht kennt, dem aber auch die Höhen der Liebe verschlossen
bleiben. Beide gehören jedoch zum Erfahrungsbereich der Christen.
Deswegen sind wir aufgerufen, alle 150 Psalmen zu beten. Wir wollen uns
Bonhoeffers Mahnung zu Herzen nehmen: Wer die Psalmen nur selektiv
betet, tut Gott Unehre, weil er damit ausdrückt, dass er besser weiss, was
beten ist als Gott selber. Israel hat in aller Klage immer an der Liebe
Gottes festgehalten. Klagl. 3,1-33
(NT hat das auch: Mt. 26,37; 1 Kor. 5,2; Joh. 4,9; Joh. 16,20)
Zwischen dem Gebet der Psalmen und der Geschichte besteht ein direkter
Zusammenhang. Dies muss ja so sein, denn die Psalmen sprechen vom
„Du“: Einem spezifischen Du. Der Angeredete ist kein Unbekannter. Er ist
das Gegenüber, mit dem der Beter eine lange Geschichte der Beziehung
hat und der nicht einfach verallgemeinert werden kann (Great. W.).
Westermann untersuchte die Klagepsalmen und kam zum Entschluss, dass
das Versprechen, das in diesen Psalmen der Bitte beigefügt wird, der
Anfang einer gemeinsamen Geschichte zwischen mir und Gott ist (s. 174).
Aber eigentlich ist es mehr als nur der Anfang einer Geschichte; es ist der
Fortbestand dieser Geschichte. Die Geschichte nahm ihren Anfang mit
Gottes Erlösung, Gottes Eingreifen im menschlichen Leben. Der Beter
schaut nun auf dieses Eingreifen zurück. In der Klage erkennt er, dass er
Gottes frühere Taten und sein jetziges Handeln nicht in Übereinstimmung
bringen kann. Mit dem Versprechen richtet er den Blick auf die Zukunft, die
Fortsetzung der Geschichte.
Du Verspreche
n
Bete
Vergangenheit Zukunft
r
Der Beter der Klagepsalmen bewegt sich immer in diesen beiden Polen der
Erinnerung und Hoffnung, die in den ersten beiden Psalmen eingeführt
wurden.
Das Geschichtsmotiv der Psalmen hat aber noch einen ganz anderen
Charakter. Genauso wie Israels Befreiung aus Ägypten besungen wird, wird
die Gesetzgebung besungen. Damit wird der Gehorsam eingeführt.
Geschichte erhält einen mahnenden Charakter. Sie zu erzählen, sie zu
besingen wird zum Ruf zur Busse in der Gegenwart: Psalm 78; 81; 95; 106.
So bildet die Erinnerung nicht nur die Grundlage zum Trost und zur
Hoffnung, sondern auch zum Gehorsam und zur Busse. Und gerade in der
Busse eröffnet sich dem Beter die wohl grösste Hoffnung überhaupt.
9
Als Quelle folge ich primär Seybold, S. 143-153. Hermeneutische Bemerkungen stammen alle von
mir.
30
Die Psalmisten sprechen dann analog vom Tempel als dem Nabel der Welt,
sie sprechen von den Enden der Erde und den Völkern, die dort wohnen
(sich selber zählte man nicht zu den Völkern des Endes der Erde, man war
ja Nabel).10 Auch das AT spricht von den zwei Kreisen, von der Uferlinie, die
das Land vom Meer trennt (Ps. 104.9). Ozeane umgeben die Erde, aus
denen sie wie eine bergige Insel herausragt. Diese Erde ist dem Sohn
Davids, dem König von Jerusalem zur Verwaltung übergeben (Ps. 2.8). In
Psalm 72 heisst es dann analog dieses Weltbildes: Er soll herrschen von
Meer zu Meer, vom Strom bis an die Enden der Erde (bei uns ist die
Aussage so, dass Gott über den Zufall herrscht, analog unserem Weltbild,
das von einer Zufallsentstehung und der daher drohenden Sinnlosigkeit
her rührt). Die Inseln, auch Berge genannt, bilden die äussere Grenze der
Welt (Jes. 41.5). Sie stehen wie Säulen im Meer und tragen das
Himmelsgewölbe (Ps. 18.8).
Über die Erde gewölbt ist der Himmel. Allerdings finden wir in den Psalmen
wenig Anhaltspunkte über eine Himmelsvorstellung. Er bildet den oberen
Bereich der Welt (das Obergemach; Ps. 104.3; Ps. 148.3). Er ist der
göttliche Weltteil. Zu ihm gehören Sonne, Mond und Sterne, aber auch der
Urweltozean, das Wasser über der Feste (Ps. 148.1-4; 33.7).
Meer, Himmel und Erde bilden also die drei Weltteile. Die Vorstellungen
fliessen jedoch ineinander (z.B. Ps. 8.8-10; 33.6-8; 36.6-7; 69.35; 95.4;
96.11; 104.2; 135.6; 146.6). Unser Weltbild wird eher von einer
Zweiteilung dominiert: sichtbar – unsichtbar oder „Geist und Materie“.
Zum Weltgebäude gehört aber noch die Unterwelt. Die genaue Zuordnung
ist schwer zu erkennen. Oft ist sie ein mythischer Ort, ein riesenhaft
ausgedehntes Grab, der Ort des Dunkeln, der Stille und des Todes. Doch
selbst dieser Bereich bleibt im Bewusstsein des Beters und im Schatten
des Heils: Ps. 139.7-10; vgl. Amos 9.1-3). Somit ist das Weltgebäude in
drei Etagen aufgeteilt: diese Erde in der Mitte, darüber der Himmel mit der
Wasserfeste und darunter die Unterwelt. (Vgl. Psalm 75.4)
GOTT
Urozean (Himmelsgewölbe)
Meer (Bitterstrom)
Inseln
Berge Erde
Tempel
Jerusalem
10
Anders Psalm 48, der vom Tempelberg als vom Berg im Norden spricht. Dies, um ihn zum höchsten
der Götterberge zu machen (Seybold, S. 145).
31
Säulen
Unterwelt
Der Beitrag, den die Psalmen zur Theologie leisten, kann nie überschätzt
werden. In ihnen hat schon manch eine/r Trost und Hoffnung gefunden:
Zudem legen sie in wunderbarster Art und Weise Zeugnis ab vom
Gespräch Israels mit seinem Gott. All die Proteste, Danksagungen,
Lobeslieder, Sündenbekenntnisse und Klagen bezeugen die Tiefe und
einmalige Beziehung des Gottesvolkes mit seinem Gott. Einerseits standen
sie mit Ehrfurcht und Respekt vor Gott, andererseits konnten sie voller
Inbrunst mit ihm ringen. Sie konnten Gottes Gnade rühmen und
gleichzeitig seinen Zorn über die Feinde herab beten.
Die Psalmen sind konträr zur dominierenden Gesellschaft, in der Dunkel
und Schmerz verneint wird. Die Psalmen gehen direkt auf das Dunkle zu,
im vollen Bewusstsein, dass der Eine auch in der Dunkelheit da ist. Nicht,
dass er einfaches Licht gibt, nein, er ist solidarisch mit dabei in der
Dunkelheit und spricht mitten in ihr: „fürchte dich nicht.“
Die Psalmen erlauben es uns nicht, dass wir die Dunkelheit ignorieren, sie
sind ein Schutz vor jedem utopisch-optimistischem Glauben. Ihr Glaube
gründet auf Gott, der im Schmerz bei uns ist.
32
DIE SPRÜCHE
Das Buch der Sprüche ist eine Zusammenstellung mehrere
Spruchsammlungen. Die besprochenen Themen sind vielfältig und es ist
nicht möglich, dem Buch eine systematische Struktur zuzuschreiben.
Das Buch der Sprüche besteht aus mindestens acht Sammlungen, die sich
entweder im Stil oder durch Überschriften abgrenzen.
Spr. 1,1-6 dienen als allgemeine Einleitung zum ganzen Buch und geben
gleichzeitig die Absicht bekannt.
Hier finden wir die Weisheitstradition auf Israels Höhepunkt. Durch diese
ganze Sammlung herrscht ein väterlicher Ton und der Schüler wird
aufgefordert, durch Wiederholen und Erinnern zu lernen. Obwohl die
einzelnen Sprüche nicht ganz so kurz sind wie in späteren Kapiteln,
eigenen sie sich zum Auswendiglernen. Der Parallelismus, die Vielzahl von
Bildern und plastischen Darstellungen fördern ein Auswendiglernen der
Aussagen.
Diese Kapitel bauen oft auf dem Gegensatz zwischen dem Weisen und
dem Toren auf. Torheit ist hier aber nicht ein mangelnder Intellekt, sondern
ein Verachten von Moral, Frömmigkeit und sozialen Verantwortung. Die
Warnungen sind dementsprechend breit gefächert: Faulheit, Gewalt,
Unaufrichtigkeit, sexuelle Versuchungen oder auch unbedachte Eide.
Besonders wichtig ist Kapitel 8. Hier wird die Weisheit personifiziert und als
Frau dargestellt, welche die Menschen in ihre Nachfolge ruft. Dieser
Abschnitt hat starke Ähnlichkeiten mit der Logos- Aussage des Johannes
(z.B. 8,27-30).
Diese Sammlung besteht aus etwa 375 Sprüchen und wird meist als die
älteste Sammlung betrachtet. In den Kapiteln 10 - 15 herrscht der
antithetische Parallelismus vor (z.B. 10,5). Er eignet sich besonders gut für
die Weisheitsliteratur, da Gegensätze aufgezeigt werden und die
menschliche Phantasie in Bewegung gesetzt wird.
33
wie Bund, Sünde, Gott etc. fehlen fast vollständig. Die Betonung liegt viel
mehr auf der menschlichen Erfahrung und auf dem Segen eines
gottesfürchtigen Lebens. Spr. 22,6: Hilf einem Kind seinen Weg zu
finden, und es wird ihn gehen. „Anweisung ans Leben“ heisst, den
Menschen zu helfen, ihren Weg zu finden, ihren Weg mit Gott und wenn sie
den finden, werden sie ihn auch gehen. Daher ist die Weisheit der Sprüche
sehr auf den Einzelnen hin ausgerichtet ohne individualistisch zu sein.
Wer diese Weisen sind kann nicht mehr festgestellt werden. Eventuell
waren es Schreiber wie die Männer Hiskias (25,1). Diese Sprüche sind in
der Regel länger, stehen in etwas engerem Bezug zueinander und
benutzen den antithetischen Parallelismus selten.
Die Themen sind vielfältig:
- Sorge um den Armen
- Respekt vor dem König
- Kindererziehung, Gehorsam gegenüber den Eltern
- Beherrschung
Der Form nach sind diese Sprüche Mahnworte (z.B. 23,22). Unterschwellig
spielt der Gedanke der göttlichen Ordnung mit, die über Gehorsam und
Ungehorsam wacht.
Diese Sprüche weisen eine erstaunliche Ähnlichkeit mit den Sprüchen des
Ägypters Amenemope auf. Er schrieb diese ca. 1000 v. Chr. Mehrheitlich
wird angenommen, dass die Sprüche Amenemopes als Grundlage dieser
Sammlung hebräischer Sprüche diente. Nur wenige Theologen sehen es
umgekehrt und einige gehen davon aus, dass beide, Amenemope und der
biblische Text eine gemeinsame dritte Quelle haben.
Sowohl im Stil wie auch inhaltlich ist diese Sammlung der Sammlung in
10,1-22,16 ähnlich, nur, dass die Sprüche etwas länger sind. Die
Sammlung wird Hiskia zugeordnet, von dem wir wissen, dass er den reinen
Gottesdienst wieder herstellten wollte. Von daher ist es einfach zu
verstehen, dass er auch auf Lied- und Spruchsammlungen stiess und diese
zusammentrug.
Sowohl Agur wie auch sein Vater Jake können nicht identifiziert werden.
Anscheinend stammen sie aus dem Stamm der Massa, Nachkommen
Ischmaels, die sich im nördlichen Arabien niederliessen. Agur beginnt
seine Sprüche mit einem Monolog, „der etwas ausspricht, was dem Hiob
34
nach seiner Anrede durch Gott klar geworden ist“ (Eisfeldt): Gott ist dem
Menschen unbegreiflich und von daher ist es recht, wenn der Mensch
schweigt. Auch die Verse 5 + 6 drücken das aus, wozu Hiob sich zuerst
mühsam hindurch ringen musste.
Der zweite Teil der Worte Agurs besteht aus Zahlensprüchen. Diese
Zahlensprüche folgen einem weit verbreiteten Schema: x, x+1
Wie Agur stammt auch Lemuel aus dem Stamm der Massa und ist
unbekannt. Diese kurze Sammlung stellt die weisen Ratschläge seiner
Mutter dar, um ihn für sein Amt vorzubereiten.
Prediger / Kohelet
Kohelet unterscheidet sich von der traditionellen Weisheit mit ihrem „Tun-
Ergehen-Zusammenhang“: Er greift die Widersprüche der traditionellen
Weisheit auf.
35
In den Sprüchen gilt: Weisheit = personifiziert und es besteht eine enge
Beziehung zwischen Jahwe und Weisheit, teilweise geradezu eine
Identifikation (Geist der Weisheit). In der traditionellen Weisheit umwirbt
diese den Menschen und die Gefahr besteht, dass der Unterschied
zwischen Schöpfungsweisheit und Schöpferweisheit aufgehoben wird; die
Transzendenz Gottes wird aufgehoben.11
Zuweilen wurde Kohelet als Pessimist bezeichnet, was aber nicht ganz
stimmt. Auch ist er kein Skeptiker. Der Skeptiker leugnet letztlich jede
Möglichkeit, gültige Aussagen zu machen. Aber Kohelet ist nicht so. Es ist
nicht das Werk eines Skeptikers oder resignierten Pessimisten, wie wir ihn
von der babylonischen Dichtung her kennen, der zuletzt egoistisch
handelt. Kohelet ist das Werk einer gottesfürchtigen Person, die sich zwar
kritisch mit der traditionellen Weisheit auseinandersetzt, aber nie den
Boden der Gottesfurcht verlässt. Gottesfurcht = nahe beim resignierten
„nicht-erkennen-Können Gottes“. Zudem finden wir bei Kohelet keine
Anklage, aber auch kein Gotteslob wie in den Psalmen.
Kohelet ist weder oberflächlich noch passiv noch ein Mensch der Gefühle,
sondern eine Person der Tat, mit einem scharfen Durchblick und ein
Mensch, der die Welt, in der er lebt, kennt. Seine kritische Weisheit führte
beinahe dazu, dass er nicht in den Kanon aufgenommen wurde. Was vielen
zu Kauen gab, war aber nicht sein kritischer Ton, sondern auch der Aufruf
zur Lebensfreude. Selbst Kapazitäten wie Keil und Deliztsch empfinden,
dass ein Christ Kohelet nicht schreiben könnte, ohne gegen die
geoffenbarte Wahrheit in Christus zu sündigen.12
Von den Themen her macht Kohelet vor nichts halt: Der Tod als einzig
sicheres im Leben. Geld, Wissen, Frömmigkeit, alles kommt zur Sprache,
alles wird hinterfragt und endet mit einem Aufruf zur Gottesfurcht. Kohelet
konfrontiert uns mit Gott und den eigenen Erfahrungen, wie sie eben
wirklich sind. Wenn wir etwas wegen uns tun, ist es sinn- und
bedeutungslos. Bedeutung ist nur in Gott.
Der Name Kohelet bedeutet soviel wie Prediger, einer, der eine
Volksmenge zusammenruft und zu ihr spricht. Einen Verfasser gibt das
11
Backhaus, S. 351-61.
12
So auch Preuss und Michel: Gott ≠ Gott Abrahams sondern Urhebergott.
36
Buch nicht an, doch bringt sich der Autor in Verbindung mit Salomo, dem
Vater israelitischer Weisheitstradition.
Es ist wohl einfacher zu sagen, wer Kohelet nicht geschrieben hat, als wer
es geschrieben hat. Mit Sicherheit war es nicht Salomo. Gegen Salomo
sprechen folgende Punkte:
• Die Formulierung in Kap. 1,1 „... des Königs in Jerusalem“ Dies ist eine
einmalige Beschreibung, denn sonst werden die davidischen Könige als
Könige von oder über Jerusalem beschrieben (2 Kön. 23,13 etc.). Einige
Kommentatoren sehen im Gebrauch von „in Jerusalem“ eine Andeutung
auf einen Adligen, Regierenden zu einer Zeit, in der Juda nicht mehr
selbstständig war. Dass er sich so direkt mit Salomo in Verbindung
bringt ist an sich kein Problem, da in den Psalmen ähnliches geschieht:
David = für David, von David, in der Tradition von David.
• Hinzu kommt, dass immer wieder die These vertreten wurde, Kohelet
wurde von einer 2. Person geschrieben oder zumindest stark
redaktionell überarbeitet. Pred. 1,1+2; 7,27; 12,8 = „spricht Kohelet“.
• Weiter haben sprachliche Untersuchungen ergeben, dass Kohelet aus
einer nach- Exils-Zeit stammt. Solche Untersuchungen haben zum Teil
Probleme, da z. B. aramäische Einflüsse schwer datierbar sind.
Eindeutiger wird es bei persischen oder gar griechischen Einflüssen.
• Aber nicht nur Sprachgebrauch, sondern auch Stil deuten eher auf eine
spätere Zeit. Zudem gibt der Schock des Exils mehr Raum, die
traditionelle Weisheit in Frage zu stellen, als dies zur Zeit Salomos,
einer Blütezeit, der Fall war.
2.2. Struktur
Ob eine Struktur vorhanden ist, ist fraglich. Und trotzdem bildet das Buch
eine Einheit. Alles kreist um die Grundthese „alles ist eitel“. Bereich für
Bereich wird ausgelotet, man kehrt zur These zurück, stösst in einen
neuen Bereich vor, bis alles abgedeckt wurde und Kohelet seine
Schlussthese formatieren kann. Trotz einer mangelnden „Gliederung“
(Versuche gibt es Dutzende), bildet das Buch eine Einheit, in dem alles um
die Ausgangsthese kreist.
Reflektion wird in Kohelet oft mit „Ich sah“ oder „Ich beobachtete“
eingeleitet. Zimmerli nennt sie daher eine Beobachtung. Der Begriff der
Reflektion ist vielleicht etwas umfassender, weil er Aussagen wie „da
sagte ich zu mir selber“, „ich richtete meine Sinne darauf“ (1,12-13)
ebenfalls mit einschliesst. Meist folgt auf die Reflektion, eine Art
37
Selbstbekenntnis, eine Schlussfolgerung. Innerhalb der Reflektion kann es
zu weiteren Gattungen, wie z.B. dem Spruch etc.. kommen.
3.2. Spruch
Wie alle Weisheit macht Kohelet regen Gebrauch von Sprüchen. Kohelet
verwendet Sprüche vor allem innerhalb der Reflektion oder in
Sammlungen, die einen unterweisenden Charakter haben.
Bei Kohelet finden wir alle Formen von Sprüchen:
• Indikativ Sprüche: Das sind Sprüche, die einfach eine Beobachtung
ohne Wertung festhalten oder die in Form einer Schlussfolgerung auf
Grund einer Beobachtung geschrieben sind. Sehr oft haben diese
Indikativ-Sprüche einen unterweisenden Charakter.
• Komparativ-Sprüche: „Besser ist A als B“. Hier werden Vergleiche
angestellt und Wertungen zweier Beobachtungen vorgenommen. Aus
der Wertung heraus entsteht die Mahnung, das Richtige zu wählen.
Kohelet unterscheidet sich von anderen Sprüchen dadurch, dass er die
Komparativ-Sprüche oft in der ersten Person Singular schreibt (Klein
nennt sie tob-Sprüche). Durch diese Sprüche will Kohelet überzeugen,
dass in gewissen Situationen ein Sachverhalt konträr zur allgemeinen
Meinung bewertet werden muss (Kohl. 7,3).
Ein Stilmittel, das bei Kohelet so beliebt wie bei Paulus ist, ist die
rhetorische Frage (32 mal). Mit ihr wird die Zuhörerschaft in die
Argumentation mit hineingezogen und das Gespräch wird in die
gewünschten Bahnen gelenkt (z.B. 2,22; 3,9). Das Thema der Eitelkeit
eignet sich besonders für rhetorische Fragen, weil so die Sinnlosigkeit
menschlicher Bemühungen offensichtlich wird (so auch Klein und
Creushaw).
Pred. 12,2-7 zeichnet z. B. ein sehr drastisches Bild einer alten Person.
Das Buch Kohelet ist eine Reaktion auf die allzu vereinfachende und
verallgemeinernde Weisheitsliteratur. In Kap. 1,2 wird gleich das Thema
des gesamten Buches eingeleitet: „alles ist eitel“. Das Buch ist weder
optimistisch noch pessimistisch, sondern bestechend realistisch. Kohelet
geht es nicht um allgemeine Lebensweisheiten, sondern um den
unerklärlichen Unterschied zwischen Gott und Mensch. Die Weisen haben
versucht in ihrer Weisheit alle Regelmässigkeiten des menschlichen
Lebens festzuhalten. Kohelet sagt dagegen: Wie etwas ausgeht, liegt
einzig und allein in Gottes Freiheit (6,12).
Die vielen rhetorischen Fragen streichen die unüberbrückbare Kluft
zwischen Gott und dem, was der Mensch weiss, heraus.
38
Alles was der Prediger nun sagt dient dazu, die Bedeutungslosigkeit
(Eitelkeit) des menschlichen Bestrebens aufzuzeigen. Eigentlich beginnt
das Buch mit der These (1,2) und die restlichen 12 Kapitel zeigen, wie der
Schreiber zu dieser These kam.
In einem gewissen Grad ist das Buch Prediger dem Buch Hiob ähnlich.
Beide fordern die traditionellen Anschauungen heraus. Wenn es bei Hiob
um Gerechtigkeit ging, so geht es bei Kohelet um Freude. Kohelet hat zwar
nichts verloren, aber ihm geht es darum, etwas zu gewinnen.
Nachdem der Prediger 12 Kapitel lang seinen Punkt klar gemacht hat, dass
alles eitel ist, kommt er zum zweiten Teil seiner These: „Schluss der Rede.
Alles ist gehört. Fürchte Gott und halte seine Gebote! Denn das ist die
Pflicht jedes Menschen. Gott bringt ja alles Tun vor das Gericht, alles
Verborgene, ob es gut oder böse war (12,13+14).“
Fazit: Die einzige Freude und Bedeutung des Lebens liegt in Gott (den wir
nicht kontrollieren aber der uns kontrolliert). In allem Menschlichen liegt
weder Freude noch Bedeutung.
5. Theologische Bedeutung
Die Ähnlichkeit zu Hiob lässt auch hier die Freiheit Gottes zur Sprache
kommen. Gott ist nicht an die Beobachtung des Menschen gebunden, noch
ist er verpflichtet, dementsprechend zu handeln. Der Mensch kann den
Geschichtsverlauf weder festlegen noch genau vorherwissen (1,5 + 7,13).
So ist der Mensch begrenzt im Erkennen dieses Lebens einerseits und im
Erkennen der Wege Gottes andererseits (3,11 + 5,1). Gott ist unabhängig.
Hier taucht die Frage auf, wo der Unterschied zwischen Gleichgültigkeit
und Gelassenheit liegt. Evtl.: gleichgültig = jemand anders leidet unter der
Passivität, während die gelassene Person aktiv bleibt, ohne verkrampft zu
sein.
5.2. Der Prediger setzt sich mit den Realitäten des Lebens auseinander
Einerseits ist Gottes Gnade eine feste Realität. Jede Gabe von Gott
gegeben ist Gnade. Jede Freude, die der Mensch erlebt, ist ein Geschenk
Gottes. Andererseits ist der Tod ebenso eine Realität. Keiner weiss zwar,
wann er kommt, aber er kommt. Der Tod, mehr als sonst etwas,
konfrontiert uns mit unseren Grenzen und erinnert uns daran: Die Zukunft
liegt nicht in unserem Kontrollbereich.
Die letzte dieser Realitäten ist die Lebensfreude. Lebensfreude wird nicht
in menschlichen Bemühungen, sondern in den ganz alltäglichen Gaben
Gottes gefunden.
39
Kohelet vertritt eine Theologie der Mässigkeit (7,15-18). Selbst Positives,
wie Gottes Gesetz etc., muss mässig gesehen werden und soll nicht in
Extreme führen. Eine Welt voller Koheleten wäre zwar ein tragischer Ort,
solange Sünde und Ungerechtigkeit in ihr ist. Eine Welt ohne Kohelets wäre
ebenso katastrophal und würde diesen Planeten in einen Aschenhaufen
verwandeln, voller radikaler Auswüchse und grenzenloser Handlungen. Der
Prediger führt uns zur Ruhe, leitet uns zur Reflektion an und von da aus
können wir dann weiter gehen.
HOHELIED
1. Inhalt
Das Hohelied (Lied der Lieder) hat schon manch einen erstaunt. Man zählt
es zur Weisheitsliteratur, obwohl es keinen didaktischen Ton, wie z. B. der
Prediger, hat. Die dominierende Gattung ist die des Liebesgedichtes.
Allerdings wird es wohl durch seine Verbindung mit Salomo der
Weisheitsliteratur angerechnet.
Der grösste Teil ist in Form eines Dialoges zwischen dem Liebhaber und
seiner Geliebten geschrieben. Dabei muten uns gewisse Teile sehr
befremdend an, besonders die Bilder, die verwendet werden (z.B.
4,1+2+4). In grosser Freizügigkeit werden auch die gegenseitigen
Geschlechtsteile beschrieben.
Die ganzen Lieder bewegen sich zwischen Ausdruck der Sehnsucht (Nähe
und Distanz), Beschreibung des Anderen und Bewunderung des Anderen.
Der ganze Ausdruck der Liebe ist so vielfältig und kreativ, dass unsere
Liebeslieder fad, plump und phantasielos daneben wirken. Ganz offen wird
über das Verlangen nach dem Anderen gesprochen und es wird eine
Wärme und Schönheit vermittelt, die wir in unserer sexuell freizügigen
Gesellschaft nicht mehr kennen. (Wie fad ist „Du hast wunderschöne
Zähne“ im Vergleich zu 4,2-6 weisse Zähne, alle gleich, alle da).
2. Auslegung
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verstehen sein, dass das Buch während dem Passahfest gelesen wurde.
Das Buch hat rein geistliche Werte.
Die Kirchenväter übernahmen diese Auslegung: Christus und seine Braut.
Das Problem dabei ist die Methode der Allegorie in sich selbst und die
Abwesenheit jeglicher Andeutung, dass das Buch so zu verstehen sei.
Hier versucht man die Subjektivität der Allegorie zu vermeiden und nimmt
es als Liebeslied an. Aber die Charaktere sind nur Typen auf das Wahre:
Jesus und seine Gemeinde. Man betont nicht so sehr jedes Detail wie in
der Allegorie, sondern mehr die gegenseitige Liebe und Zuwendung.
Hier wird das Hohelied als das genommen was es ist: ein Liebeslied. Es ist
der Ausdruck und die Freude zweier Liebender, die sich aneinander
verschenken und sich der körperlichen Liebe erfreuen.
2.4. Drama
Eine Zeit lang versuchte man, das Hohelied als ein Drama auszulegen.
Dazu kam die Theorie der drei Charaktere:
- der Hirte
- der König
- die Sulamitin
Im Verlauf der sieben Tage werden die einzelnen Teile gesungen. Hier ist
das Problem, dass sich das Hohelied nur schwer aufteilen und in ein
solches Schema pressen lässt.
3. Bedeutung / Absicht
Das Buch ist eine wunderbare Beschreibung der Sexualität als Geschenk
Gottes. Obwohl offenherzig in seiner Sprache zeigt es eine biblische
Balance zwischen sexueller Zügellosigkeit und frommer Askese auf. Als
Christen haben wir keinen Grund, die körperliche Liebe zwischen zwei
Ehepartnern als unrein oder irgendwie verdächtig zu betrachten.
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