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Helaba Volkswirtschaft/Research

Märkte und Trends September 2009

Autoren: Märkte und Trends 2010: Exitstrategien entscheidend


Dr. Gertrud R. Traud
Christian Apelt
Die Weltwirtschaft wird sehr schwungvoll in das kommende Jahr starten, so dass sich der
Ulrike Bischoff
langsam entwickelnde Optimismus an den Kapitalmärkten noch steigern dürfte. Schließlich
Marion Dezenter
sind die meisten Marktakteure immer noch sehr skeptisch, was die Nachhaltigkeit des Wirt-
Patrick Franke
schaftswachstums anbelangt. Im weiteren Jahresverlauf 2010 aber sollte die Euphorie einer
Ulf Krauss
gewissen Ernüchterung weichen. Zum einen wachsen die Konjunkturbäume nicht mehr in den
Ulrich Rathfelder
Himmel, da sie durch die strukturellen Belastungen gehemmt werden. Zum anderen müssen
Claudia Windt
Geld- und Fiskalpolitik den Krisenmodus verlassen. Die aus der Finanzkrise resultierenden
geringeren Trendwachstumsraten und die Umsetzung geeigneter fiskalischer Exitstrategien
Tel.: 0 69/91 32-2024
werden das Wachstum ab 2011 sichtbar bremsen. Die Kapitalmarktentwicklung wird im kom-
research@helaba.de
menden Jahr zunächst überwiegend von den Exitstrategien der Geldpolitik beeinflusst.

Redaktion:

Dr. Stefan Mitropoulos 1 Zwischen zyklischen Chancen und strukturellen Risiken 2


1.1 Erfolgreiches Krisenmanagement ohne Beispiel 2
1.2 Vertrauensbildung + Lagerzyklus + Gegenbewegung = Aufschwung 2
Herausgeber: 1.3 Euphorie und Ernüchterung prägen die Kapitalmärkte 2010 3

Dr. Gertrud R. Traud 2 USA: Rezession vorbei, aber kein Boom 4


Chefvolkswirt/Leitung Research
3 Japan: Erholungspfad mit Stolpersteinen 5

Landesbank Hessen-Thüringen 4 Euroraum: EZB verlässt Extremkurs 6


MAIN TOWER
5 Großbritannien: Kurswechsel der Bank of England 7
Neue Mainzer Straße 52-58
60311 Frankfurt am Main 6 Schweiz: Franken mit wenig Potenzial 8
Telefon: 0 69/91 32-20 24
7 Osteuropa und Türkei: Heterogen 9
Telefax: 0 69/91 32-22 44
7.1 Polen: Großer Binnenmarkt stützt 9
7.2 Tschechien: Markt verlangt nur moderate Riskoaufschläge 9
7.3 Ungarn: Magere Jahre 9
Die Publikation ist mit größter Sorgfalt bearbeitet
worden. Sie enthält jedoch lediglich unverbindliche
7.4 Türkei: Konjunkturverlauf folgt der EU 10
Analysen und Prognosen zu den gegenwärtigen
8 BRIC: Wiederstandsfähig 10
und zukünftigen Marktverhältnissen. Die Angaben

beruhen auf Quellen, die wir für zuverlässig halten, 8.1 Brasilien: Nur wenig tangiert 10
für deren Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität
wir aber keine Gewähr übernehmen können.
8.2 Russland: Reserven schwinden 11
Sämtliche in dieser Publikation getroffenen 8.3 Indien: Solides Wachstum 11
Angaben dienen der Information. Sie dürfen nicht
als Angebot oder Empfehlung für Anlageentschei- 8.4 China: Hoffnungsträger der Weltwirtschaft 12
dungen verstanden werden.
Märkte und Trends 2010: Exitstrategien entscheidend

1 Zwischen zyklischen Chancen und strukturellen Risiken


1.1 Erfolgreiches Krisenmanagement ohne Beispiel

Die Insolvenz der US-Investmentbank Lehman Brothers im September 2008 versetzte die Welt-
wirtschaft in eine Schockstarre: Aufträge wurden storniert, Investitionsvorhaben gestoppt, die
Bänder standen still. Die Finanzkrise erfasste wie ein Lauffeuer die Realwirtschaft. Binnen weni-
ger Wochen befand sich die Produktion im freien Fall. Angst bestimmte in den Wintermonaten
2008/2009 das Handeln der Wirtschaftsakteure. Das Schreckgespenst einer Depression wurde
greifbar, denn nahezu weltweit und synchron kam es zum heftigsten Wirtschaftseinbruch seit den
30er Jahren.

Konjunktur- und Bankenrettungs- Ein massiver Einsatz der Geld- und Fiskalpolitik war nötig, um zunächst einmal der Vertrauens-
programme erfolgreich krise entgegen zu wirken. Während sich die Great Depression aufgrund einer verfehlten Geld- und
Fiskalpolitik in den 30er Jahren verfestigte, hat nun die Politik offenbar das Meiste richtig ge-
macht. Die notwendige Medizin war schnell gefunden. Die Konjunktursteuerung à la Keynes er-
lebte eine Renaissance: Weltweit überboten sich die Staaten mit Konjunktur- und Bankenrettungs-
programmen. Beispielsweise belief sich in den USA und in Deutschland deren Volumen auf
22,3 % bzw. 28,1 % gemessen am BIP. In vielen Volkswirtschaften werden diese Konjunkturpake-
te das gesamtwirtschaftliche Wachstum bis weit in das Jahr 2010 hinein stimulieren. Daneben
taten die Notenbanken alles, um eine drohende Kreditklemme abzuwenden und den überlebenden
Banken günstig mit Liquidität auszuhelfen: Die Leitzinsen wurden massiv bis fast an die Nulllinie
gesenkt. Darüber hinaus gelang es mit Hilfe quantitativer Maßnahmen, den Expansionsgrad der
Geldpolitik zu steigern. Das Ergebnis lässt sich in den letzten Monaten – sehr langsam, aber konti-
nuierlich – an den rückläufigen Risikoprämien am Kapitalmarkt ablesen. Der Bankensektor insge-
samt bleibt angesichts rezessionsbedingter Kreditausfälle zwar verwundbar, aber das Vertrauen der
Akteure untereinander nimmt wieder zu. Der Realwirtschaft hingegen halfen insbesondere die
kurzfristigen Nachfrageprogramme aus dem Konjunkturtal, so dass bereits die Weltwirtschaft
Mitte 2009 ihren Tiefpunkt durchschritt.

1.2 Vertrauensbildung + Lagerzyklus + Gegenbewegung = Aufschwung

Zyklische Auftriebskräfte Allmählich setzen die typischen zyklischen Auftriebskräfte ein. Die Lager sind geräumt und die
beginnen zu wirken Unternehmen müssen wieder ordern. Üblicherweise stehen Veränderungen des Lagerbestands am
Beginn eines Ab- bzw. Aufschwungs und wirken in beide Richtungen zyklisch verstärkend. Wird
die Wirtschaft von einem negativen Nachfrageschock getroffen, steigen zunächst die Lagerbestän-
de an. Als Reaktion darauf wird die Produktion kräftig zurückgefahren. In der Regel reduzieren
die Unternehmer ihren Lagerbestand sogar unter das ursprüngliche Niveau. Bei wieder anziehen-
den Aufträgen erfährt die Produktion einen kräftigen Schub, da die Vorräte wieder aufgefüllt wer-
den. Ein solcher „lehrbuchhafter“ Lagerzyklus lässt sich derzeit sowohl in den USA als auch im
Euroraum beobachten. Er wird in den kommenden Quartalen zu stark positiven Wachstumsbeiträ-
gen führen und einen kräftigen temporären Schub erzeugen.

Gute Gründe für nach- Was spricht darüber hinaus für einen nachhaltigen Aufschwung? Die globale Rezession 2008/2009
haltigen Aufschwung war in erster Linie keine umfassende Krise des Unternehmenssektors (außerhalb der Immobilien-
branche). Bis auf wenige Ausnahmen von Fehlentwicklungen und Spekulationen waren die Unter-
nehmen per saldo gut aufgestellt: Es konnten keine Überschuldungen oder Überinvestitionen auf
gesamtwirtschaftlicher Ebene ausgemacht werden wie in der New Economy Blase. Im Gegenteil,
gemessen an fundamentalen Größen wie Gewinnen oder Auftragslage dürften die US-Unterneh-
men sogar leicht unterinvestiert von der Krise erwischt worden sein. Demzufolge besteht mit Blick
auf 2010 dort ein gewisser Nachholbedarf, mit entsprechend zu erwartenden positiven Impulsen
für den Arbeitsmarkt und den Konsum. Der US-Arbeitsmarkt wird unter diesen Voraussetzungen

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Märkte und Trends 2010: Exitstrategien entscheidend

zum Ende dieses Jahres seinen Tiefpunkt ausloten. Auch für den deutschen Arbeitsmarkt besteht
aufgrund der zyklischen Kräfte sowie der demographischen Entwicklung die Chance, dass er sich
im Verlauf des nächsten Jahres stabilisiert.

Korrektur der Überreaktion Zusätzliches zyklisches Momentum ergibt sich gleichsam als Reflex auf die Vertrauenskrise des
nach Lehmann-Pleite vergangenen Jahres. So geht ein nicht unwesentlicher Teil des gesamtwirtschaftlichen Einbruchs
in den Wintermonaten 2008/2009 auf das Konto „Panikreaktion nach der Lehman-Pleite“. Dieses
Überschießen auf den Weg nach unten wird nun korrigiert. Daher kann für die kommenden Quar-
tale auch mit der höchsten Wachstumsdynamik in diesem Zyklus gerechnet werden.

Niedrigeres Trendwachstum Allerdings wird sich das Trendwachstum der meisten Volkswirtschaften in den nächsten Jahren als
wahrscheinlich Reaktion auf diese Finanzkrise auf einem niedrigeren Wachstumspfad bewegen: Von Seiten der
Notenbanken dürfte die Liquidität verknappt werden, was im Ergebnis auf höhere Zinsen hinaus-
läuft. Neben den Nachwehen der Bankenkrise wird die notwendige Rückführung der hohen
Staatsverschuldung Bremsspuren hinterlassen. Zur Sanierung der Staatshaushalte sind höhere
Steuern, Ausgabenkürzungen und/oder eine reale Entwertung der Schulden über Inflation denkbar.

Fed und EZB vollziehen 2010 die Wende Konjunkturprognosen USA und Deutschland 2009/2010
% BIP in % gg. Vorquartal, Jahresrate, ab Q3/2009 Prognose

Quellen: EcoWin, Helaba Volkswirtschaft/Research Quelle: EcoWin, Helaba Volkswirtschaft/Research

1.3 Euphorie und Ernüchterung prägen die Kapitalmärkte 2010

Schwung zu Jahresbeginn Die Weltwirtschaft wird sehr schwungvoll in das kommende Jahr starten, so dass sich der langsam
nicht durchzuhalten entwickelnde Optimismus an den Kapitalmärkten noch steigern dürfte. Schließlich sind die meis-
ten Marktakteure immer noch sehr skeptisch, was die Nachhaltigkeit des Wirtschaftswachstums
anbelangt. Im weiteren Jahresverlauf 2010 aber sollte die Euphorie einer gewissen Ernüchterung
weichen. Zum einen wachsen die Konjunkturbäume nicht mehr in den Himmel, da sie durch die
strukturellen Belastungen gehemmt werden. Zum anderen müssen Geld- und Fiskalpolitik den
Krisenmodus verlassen. Die aus der Finanzkrise resultierenden geringeren Trendwachstumsraten
und die Umsetzung geeigneter fiskalischer Exitstrategien werden das Wachstum ab 2011 sichtbar
bremsen.

Exitstrategien werden Die Kapitalmarktentwicklung wird 2010 entscheidend von den Exitstrategien determiniert.
Kapitalmarkt 2010 prägen Aktien-, Renten-, und Devisenmärkte dürften sich vergleichsweise eng an der Entwicklung der
Frühindikatoren orientieren: Während in der ersten Jahreshälfte 2010 Aktien voraussichtlich noch
die Nase vorn haben werden, dürften in der zweiten Jahreshälfte Renten von dann wieder zuneh-
menden konjunkturellen Unsicherheiten profitieren. Da die Fed als erste unter den großen Noten-
banken im ersten Halbjahr 2010 einen Richtungswechsel vornehmen wird, gewinnt spätestens zur
Jahreswende der Greenback. Auf Jahressicht dürfte der Euro seine Verluste wieder etwas wettma-
chen.

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Märkte und Trends 2010: Exitstrategien entscheidend

2 USA: Rezession vorbei, aber kein Boom


Erholung beim BIP: Amerikanische Regierung und Notenbank haben mit ihren Hilfspaketen die Rezession erfolgreich
2009: -2,5 % bekämpft. In der zweiten Jahreshälfte 2009 schwenkt die US-Wirtschaft wieder auf einen Expan-
2010: 2,3 % sionspfad ein. Dieser dürfte sich als nachhaltig erweisen, zumal die Finanz- und Geldpolitik noch
bis weit ins kommende Jahr hinein positive Impulse liefern. Dabei werden die normalen zykli-
schen Auftriebkräfte allerdings von den strukturellen Problemen gedämpft, die diesen Zyklus von
den meisten anderen in der Vergangenheit unterscheiden. Vor allem der Entschuldungsprozess bei
den privaten Haushalten und die Nachwehen der Wohnungsbaublase werden verhindern, dass die
konjunkturellen Bäume in den Himmel wachsen. Die Konsolidierung des Staatshaushalts dürfte
2010 hingegen noch keine Rolle spielen. Sie steht aber wohl in den Jahren ab 2011 an. Jenseits der
temporären Gegenbewegung nach der tiefen Rezession werden die Wachstumsraten in den USA
nicht an die Jahre 2004 bis 2006 (Durchschnitt 3,2 %) anknüpfen können.

Im Verlauf rückläufige Inflation: Angesichts der auf absehbare Zeit unterausgelasteten Kapazitäten wird der Preisdruck 2010 über-
2009: 0,1 % schaubar sein. Zwar wird der im Trend steigende Ölpreis die Gesamtteuerung 2010 wieder stützen,
2010: 1,8 % doch dürften wegen Basiseffekten die höchsten Vorjahresraten schon um den Jahreswechsel
2009/2010 verzeichnet werden. Im Verlauf von 2010 sollte die Teuerungsrate eher nachgeben.
Dies gilt ebenso für die Kernteuerung (ohne Nahrungsmittel und Energie). Sie befindet sich seit
Q4 2008 im Abwärtstrend, der auch im kommenden Jahr andauern dürfte. Da die Kernrate unter
1 % fallen sollte, wird Deflation wohl auch im kommenden Jahr ein Thema sein, trotz der im Jah-
resdurchschnitt wieder höheren Gesamtteuerung.

Das Preisklima liefert der US-Notenbank also keinen Anlass für eine geldpolitische Wende. Nor-
malerweise wäre auch die erwartete konjunkturelle Dynamik kein zwingender Grund für Zinser-
höhungen. Die Fed befindet sich jedoch in einer Extremsituation. Sie hat in der Krise den Leitzins
praktisch auf Null gesenkt und das Bankensystem mit Liquidität geflutet. Die Notwendigkeit für
diese Rettungsmaßnahmen entfällt nun zunehmend: Die Krise flaut ab, die Konjunktur erholt sich
und das Bankensystem befindet sich auf dem Weg der Genesung. Die Herausforderung für die Fed
wird sein, die Geldpolitik im kommenden Jahr zu normalisieren, aber gleichzeitig zu signalisieren,
dass dies nicht den Einstieg in einen gewöhnlichen Straffungszyklus darstellt, der – angesichts des
aktuell sehr niedrigen Niveaus der Leitzinsen – erst nach etwa 500 Basispunkten beendet wäre.
Wir gehen davon aus, dass es das konjunkturelle Umfeld der Fed erlauben wird, im Q2 2010 erste
Schritte zum Einsammeln der Überschussliquidität zu tun und den Leitzins wieder anzuheben. Bis
Ende 2010 dürfte die Federal Funds Rate auf 1,75 % steigen. Damit wäre das Zinsniveau noch
immer sehr expansiv.

Prognose 10j. US-Treasuries: Die Aussicht auf eine Zinswende bedeutet erfahrungsgemäß ein schwieriges Umfeld für alle Lauf-
Ende 2009: 3,9 % zeitenklassen. Lang laufende US-Treasuries dürften den überwiegenden Teil des zyklischen Ren-
Ende 2010: 4,0 % diteanstiegs jedoch bereits 2009 durchgestanden haben. Gleichwohl ist in der ersten Jahreshälfte
noch mit weiteren Belastungen seitens des fundamentalen Umfelds zu rechnen. Im zweiten Halb-
jahr sollte sich jedoch die Lage tendenziell wieder entspannen. Die Steilheit der US-Zinsstruktur-
kurve nimmt im Jahresverlauf kontinuierlich ab.

Prognose EUR-USD: Der US-Dollar profitiert vom Beginn eines Zinserhöhungszyklus der Fed. Dabei wertet der Green-
Ende 2009: 1,30 back in der Regel im Vorfeld einer geldpolitischen Straffung auf. Daher dürfte der Euro-Dollar-
Ende 2010: 1,30 Kurs noch in diesem Jahr unter Druck geraten. Der Zinsvorteil dreht dann am Kapitalmarkt zu
Gunsten der US-Währung. Im Tief könnte der Wechselkurs im Verlauf von 2010 bis auf 1,20
zurückgehen. Im Anschluss aber wird der Greenback teilweise seine Gewinne wieder abgeben, da
dann die Europäische Zentralbank ihre Geldzügel strafft. Der Euro-Dollar-Kurs dürfte dann wieder
auf gut 1,30 ansteigen. Der seit der Krise im Herbst 2008 zu beobachtende negative Zusammen-
hang von US-Dollar und Risikoaversion wird wohl in den nächsten Monaten auslaufen.

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Märkte und Trends 2010: Exitstrategien entscheidend

3 Japan: Erholungspfad mit Stolpersteinen


Verhaltene BIP-Erholung: Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt kann dank ihrer Industrie- und Exportausrichtung spür-
2009: -5,6 % bar von der globalen Konjunkturerholung profitieren. Unterstützt von umfangreichen Konjunk-
2010: 1,4 % turmaßnahmen, welche die öffentliche Verschuldung auf den Rekordwert von rund 200 % des BIP
getrieben haben, ist mit einer moderaten Verbesserung der gesamtwirtschaftlichen Lage zu rech-
nen. Nach einem BIP-Rückgang über 5 % in diesem Jahr ist 2010 eine Expansion um 1,4 % zu
erwarten. Doch der Erholungspfad ist mit Stolpersteinen gepflastert. Mit dem Auslaufen der fis-
kalpolitischen Anreize wird die gesamtwirtschaftliche Dynamik nachlassen und der private Kon-
sum zur Schwäche neigen: Die Verbraucher sehen sich mit einer weiter steigenden Arbeitslosig-
keit und Unsicherheiten über die Preisentwicklung konfrontiert.

Nachhaltige Deflation: Nach energiepreisbedingten Basiseffekten 2009 dürften auch im kommenden Jahr die Preise auf-
2009: -1,3 % grund gesamtwirtschaftlicher Überkapazitäten sinken. Die schwache Binnennachfrage dürfte einen
2010: -0,5 % mäßigen Investitionszyklus zur Folge haben. Für die weitere Konjunkturentwicklung Japans wird
daher entscheidend sein, inwieweit die externen Impulse die Binnenwirtschaft nachhaltig anzure-
gen vermögen. Die neue japanische Regierung unter Führung der Demokratischen Partei wird
wohl keinen gravierenden wirtschaftspolitischen Kurswechsel einschlagen.

2010: BIP wieder in positivem Terrain, Deflation bleibt Passt sich der Dollar-Yen den Zinsdifferenzen wieder an?
% gg. Vj. Yen je USD %-Punkte

3 3
reales BIP

0 0

Konsumentenpreise

-3 -3

-6 -6
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009* 2010*

Quellen: EcoWin, Helaba Volkswirtschaft/Research Quellen: EcoWin, Helaba Volkswirtschaft/Research

Prognose 10j. Staatsanleihen: Die japanische Notenbank wird angesichts der Inflationsperspektiven ihre Nullzinspolitik auch
Ende 2009: 1,4 % 2010 fortsetzen. Eher stehen weitere unkonventionelle Maßnahmen auf der Agenda als ein Anhe-
Ende 2010: 1,5 % ben des Leitzinses von aktuell 0,1 %. Entsprechend wird der Renditeanstieg bei zehnjährigen
Staatsanleihen in Japan begrenzt bleiben. Die Richtung am japanischen Rentenmarkt geben aber
US-Bonds vor: Die erwartete Kursschwäche in den USA wird steigende Renditen in Japan zur
Folge haben, die 10jährigen Staatsanleihen dürften in der Spitze im ersten Halbjahr 2010 bei gut
1,6 % rentieren.

Prognose EUR-JPY:
Die Zinsdifferenzen weiten sich damit zu Lasten des Yen gegenüber US-Dollar und dem Euro aus.
Ende 2009: 135
Aufgrund der anhaltend niedrigen Zinsen kann der Yen wieder als primäre Verschuldungswährung
Ende 2010: 138
in Carry Trades dienen, da im US-Dollar-Raum wesentlich früher mit einer Zinswende zu rechnen
ist. Die im Vergleich zur Historie niedrigen Zinsen in den anderen führenden Währungen mindern
allerdings das Abwertungspotenzial für den Yen. Die Differenzen der Kapitalmarktzinsen legen
einen deutlichen Anstieg im Dollar-Yen-Kurs nahe. Demnach müsste auf Basis des Spreads zehn-
jähriger Papiere der Wechselkurs eher über 105 statt wie derzeit unter 95 notieren. Bei weiter
steigenden Zinsen könnte sich ein US-Dollar auf über 110 Yen im Verlauf von 2010 verteuern.
Gegenüber dem Euro ist der Yen relativ fair bewertet. Der Euro-Yen-Kurs wird seinen zyklischen
Anstieg bis ins erste Halbjahr 2010 noch auf gut 140 fortsetzen. Eine nachlassende Risikoaversion
an den Finanzmärkten wird den Yen bis Mitte 2010 belasten.

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Märkte und Trends 2010: Exitstrategien entscheidend

4 Euroraum: EZB verlässt Extremkurs

Konjunktur: Dynamischer Stimmungsindikatoren im Euroraum wie der ifo-Geschäftsklimaindex haben sich in den letzten
Aufholprozess Monaten deutlich verbessert. Auch die Auftragslage und Produktion im Verarbeitenden Gewerbe
erholten sich bislang unerwartet schnell von dem gewaltigen Einbruch. Dies dürfte dazu beitragen,
dass der deutsche Arbeitsmarkt nicht ganz so stark getroffen wird wie noch zu Jahresbeginn be-
fürchtet wurde. Das Wirtschaftswachstum im Euroraum wird nach einem geschätzten Rückgang
von 3,7 % im kommenden Jahr vermutlich um 1,6 % zulegen und damit zumindest einen Teil des
wirtschaftlichen Einbruchs wieder korrigieren. Für Deutschland erwarten wir 2010 eine Rate von
1,8 %.

Teuerung: In Aufwärtstrend Der Teuerungsrückgang dürfte inzwischen den Tiefpunkt erreicht haben. Im August ist die Vorjah-
eingeschwenkt resrate im Euroraum von -0,7 % auf -0,2 % angestiegen. Die bislang positiven Basiseffekte seitens
der Energiepreise laufen allmählich aus. Das zyklische Ölpreistief wurde bereits Ende letzten
Jahres bei rund 35 USD pro Fass erreicht. Seither haben sich die Notierungen fast verdoppelt. Bis
Mitte nächsten Jahres wird sich die Euro-Teuerung mit hoher Wahrscheinlichkeit unter der 2 %-
Marke bewegen, zumal sich die Güter- und Dienstleistungspreise infolge der Wirtschaftskrise nur
sehr langsam erholen werden. Die Sorgen vor einer deflationären Spirale dürften durch anhaltend
positive Konjunkturdaten gleichwohl in den Hintergrund gedrängt werden. Vermutlich wird die
Teuerung im Euroraum von durchschnittlich 0,3 % in diesem Jahr auf 1,8 % ansteigen. Damit
zeigen sich auch bei der Verbraucherpreisentwicklung deutliche Normalisierungstendenzen.

Wachstumsoptimismus setzt EZB unter Druck Wachstums- und Inflationsprognosen


Index % % gg. Vj.

120 5.0
EZB-Leitzins Bruttoinlandsprodukt Verbraucherpreise
(rechte Skala) 4.5
110
4.0 2007 2008s 2009p 2010p 2007 2008s 2009p 2010p

100 3.5
Deutschland 2,6 1,0 -4,9 1,8 2,3 2,6 0,3 1,8
3.0
90
2.5 Frankreich 2,3 0,3 -1,9 1,7 1,6 3,2 0,3 1,7

80 2.0
Italien 1,5 -1,0 -4,7 1,4 2,0 3,5 0,8 1,7
1.5
70 Euro-Konjunktursentiment
(EU-Kommission) 1.0 Spanien 3,7 1,2 -3,2 1,1 2,8 4,1 -0,2 2,0

60 0.5
95 96 97 98 99 00 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 Euroland 2,7 0,6 -3,7 1,6 2,1 3,3 0,3 1,8

Quellen: Datastream, Helaba Volkswirtschaft/Research Deutschland: arbeitstäglich bereinigt


Quelle: Helaba Volkswirtschaft/Research

Kurswechsel der EZB Die EZB hat durch die massive Liquiditätsausweitung und einer Quasi-Nullzinspolitik – der Ta-
gesgeldsatz liegt bei nur 0,3 % – günstige Bedingungen zur Gesundung des Finanzsystems ge-
schaffen. Sie hat damit auch maßgeblich zur Verhinderung einer Liquiditätsklemme beigetragen.
Die Wertpapiermärkte profitieren ebenfalls von der hohen Überschussliquidität. Noch stützt die
EZB diesen Prozess, wohl auch in der Tradition, der US-Notenbank den Vortritt bei Zinswenden
zu überlassen. In der zweiten Jahreshälfte 2010 dürfte es jedoch ernst werden. Die Stabilisierung
der Konjunktur und steigende Inflationserwartungen erfordern dann einen weniger expansiven
geldpolitischen Kurs. Bis Jahresende könnte der EZB-Refinanzierungssatz wieder auf 2 % steigen,
was ein positives Signal im Sinne einer Rückkehr zur Normalität darstellen würde.

Flachere Zinsstruktur Die Zinsstrukturkurve sollte in diesem Zuge an Steilheit einbüßen. Allerdings wird die Diskussion
Prognose 10j. Bunds: um eine Exitstrategie der EZB zusammen mit dem konjunkturellen Momentum vermutlich schon
Ende 2009: 3,7 % zu Jahresbeginn zu einem Belastungsfaktor für Euro-Renten werden. Das zyklische Renditehoch –
Ende 2010: 3,8 % 10-jährige Bunds bei über 4 % – dürfte im ersten Quartal erreicht werden. Im zweiten Halbjahr,
wenn die Konjunkturauftriebsdynamik wieder etwas abflacht, dürfte sich die Situation am Ren-
tenmarkt wieder entspannter darstellen.

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Märkte und Trends 2010: Exitstrategien entscheidend

5 Großbritannien: Kurswechsel der Bank of England


BIP-Prognose: Die Krise hat Großbritannien einen harten Schlag versetzt. Als Folge des schwachen ersten Halb-
2009: -4,4 % jahres schrumpft das Bruttoinlandsprodukt 2009 um 4,4 %. Nach der tiefen Rezession mehren sich
2010: 1,5 % die positiven Konjunktursignale, im zweiten Halbjahr dürften die Quartalsraten wieder anziehen:
Neben deutlichen Wachstumsimpulsen aus der Lagerhaltung werden die vorher eingebrochenen
Anlageinvestitionen wohl allmählich wieder zulegen können. Aufgrund einer derzeit zu niedrigen
Investitionsquote besteht mittelfristig Nachholbedarf. Darüber hinaus ist der Unternehmenssektor
finanziell gut ausgestattet und an den Kapitalmärkten sind die Zinsen wieder deutlich gesunken,
auch wenn eine vorsichtige Kreditvergabe der Banken die Erholung bei den Investitionen dämpfen
wird. Die privaten Haushalte werden aufgrund der mäßigen Einkommenssituation weiterhin vor-
sichtig agieren. Die Erholung des Häusermarkes sowie eine geringere Zinsbelastung stützen den
privaten Konsum. 2010 wird das britische Bruttoinlandsprodukt vermutlich um 1,5 % wachsen.

Inflationsprognose: Die freundlicheren Wachstumsperspektiven werden letztendlich auch die Bank of England (BoE)
2009: 2,0 % überzeugen, einen Kurswechsel einzuleiten. Vorerst belässt die britische Notenbank ihren Leitzins
2010: 2,3 % bei 0,5 % und führt ihr Kaufprogramm weiter. Die Inflation dürfte aber 2010 höher als die BoE
derzeit projiziert ausfallen und deshalb eine geldpolitische Straffung zur Folge haben. Nach einem
temporären Rücksetzer wird die derzeit im internationalen Vergleich relativ hohe Teuerung An-
fang 2010 wieder über die Marke von 2 % klettern. Basiseffekte aufgrund der Energiepreise sowie
des Auslaufens der Mehrwertsteuersenkung führen zu dem Anstieg. Danach dürfte die Teuerung
über 2,0 % verharren, da die Konjunkturerholung die gesamtwirtschaftlichen Überkapazitäten
verringert und damit der deflatorische Druck ausläuft. Im dem zweiten Quartal 2010 könnte die
BoE mit behutsamen Leitzinserhöhungen beginnen (Jahresende 2010: 2,0 %).

Positive BIP-Wachstumsraten in Sicht Zinsvorteil dreht zu Gunsten des Pfunds


Index % gg. Vj. GBP %-Punkte, invertiert

Quellen: EcoWin, Helaba Volkswirtschaft/Research Quellen: EcoWin, Helaba Volkswirtschaft/Research

Prognose 10j. Gilts: Das Kaufprogramm der BoE sowie eine derzeit mangelnde Perspektive für Zinserhöhungen stüt-
Ende 2009: 4,2 % zen zwar den Rentenmarkt. Aufgrund der Konjunkturwende und der damit aufkommenden Zinser-
Ende 2010: 4,1 % höhungserwartungen sowie des Auslaufens der BoE-Käufe werden die Kurse aber noch 2009 unter
Druck geraten. Zehnjährige Gilts dürften dann wieder über 4,0 % rentieren und 2010 in der Spitze
in Richtung 4,5 % steigen. Im zweiten Halbjahr 2010 wird sich der Aufwärtstrend bei den zehnjäh-
rigen Gilts vermutlich nicht fortsetzen.

Prognose EUR-GBP: Die aggressiven BoE-Maßnahmen belasten derzeit das Pfund Sterling. Die sich mittelfristig ab-
Ende 2009: 0,83 zeichnende Wende in der Geldpolitik wird der britischen Währung neuen Schwung verleihen. Der
Ende 2010: 0,83 Euro-Pfund-Kurs könnte dann unter 0,80 fallen. Im Jahresverlauf 2010, wenn dann auch zeitver-
zögert die EZB ihre Geldpolitik strafft, wird das Pfund gegenüber dem Euro wieder etwas verlie-
ren. Gegenüber dem US-Dollar wird die britische Währung sich eher seitwärts entwickeln.

7 Helaba Volkswirtschaft/Research · September 2009 · © Helaba


Märkte und Trends 2010: Exitstrategien entscheidend

6 Schweiz: Franken mit wenig Potenzial

BIP-Prognose: Nicht einmal die Schweiz ist eine Insel der Glückseligen. Die Rezession war im historischen Ver-
2009: -1,5 % gleich tief, das Bruttoinlandsprodukt dürfte um gut 1,5 % in diesem Jahr zurückgehen. In Relation
2010: 1,4 % zur Eurozone bzw. Deutschland fiel der Abschwung signifikant milder aus. Allerdings dürfte des-
halb die sich anbahnende Erholung etwas später beginnen und weniger dynamisch verlaufen. Wäh-
rend sich der private Konsum in der Krise als stabil erweist, waren die Unternehmen sehr vorsich-
tig und schränkten ihre Investitionen spürbar ein. Ausschlaggebend für die kleine offene Volks-
wirtschaft Schweiz bleibt aber die wirtschaftliche Entwicklung in den Exportmärkten. Der Auf-
schwung in der Eurozone wird die Schweizer Konjunktur beleben, die Frühindikatoren deuten dies
bereits an. 2010 könnte das Bruttoinlandsprodukt um 1,4 % zulegen.

Inflationsprognose: Die Schweizer Notenbank (SNB) wird trotz besserer Konjunkturaussichten vorerst wenig Grund
2009: -0,5 % für einen Kurswechsel sehen. Die Preise in der Schweiz dürften 2009 um 0,5 % fallen. Zudem
2010: 1,0 % dämpft die vorherige Aufwertung des Schweizer Frankens die Teuerung. Dieser Effekt wird aber
auslaufen: Die Inflation wird 2010 mit rund 1 % wieder positives Terrain erreichen, was aber im-
mer noch unter dem Inflationsziel der SNB von 2 % liegt. Erst gegen Ende 2010 wird die Noten-
bank im Sog anderer Währungshüter eine geldpolitische Straffung beginnen (Mitte des Zinsziel-
bandes bei 0,75 % Ende 2010). Neben dem Leitzinsinstrument spielen derzeit auch Devisenmarkt-
interventionen in der Geldpolitik eine Rolle. Sie erhöhen die Liquidität und mindern eine impor-
tierte Deflation. Die SNB verteidigt einen Euro-Franken-Kurs von mutmaßlich 1,50. Angesichts
zumindest theoretisch unbegrenzter Mittel zur Franken-Abwertung wird der Wechselkurs wohl
nicht unter diese Marke fallen. Die Bereitschaft für Interventionen dürfte bis auf weiteres anhalten.

Konjunkturperspektiven hellen sich auf Rentenmarkt spricht für höheren Euro-Franken-Kurs


Index % gg. Vj. CHF je EUR %-Punkte

Quellen: EcoWin, Helaba Volkswirtschaft/Research Quellen: EcoWin, Helaba Volkswirtschaft/Research

Prognose 10j. Staatsanleihen: Bis zum Beginn der Interventionen im März 2009 bestand ein sehr deutlicher Zusammenhang des
Ende 2009: 2,5 % Euro-Franken-Kurses mit dem Risikoappetit der Investoren. Schließlich gilt der Franken als siche-
Ende 2010: 2,7 % rer Hafen in der Krise. Wegen der Interventionen hat diese Korrelation nachgelassen, wenngleich
eine nun risikofreudigere Anlegerstimmung die Schweizer Währung belastet. Der Franken ist de
facto eine Nullzinswährung, aber das Thema Carry Trades fällt aufgrund global niedriger Zinsen
nicht so stark ins Gewicht.

Prognose EUR-CHF:
Die Kapitalmarktzinsen werden vermutlich auch in der Schweiz ansteigen. Allerdings weiten sich
Ende 2009: 1,56
im Zuge steigender Renditen die Spreads zu Lasten des Franken gegenüber dem Euro und US-
Ende 2010: 1,55
Dollar aus, zumal die SNB erst später als die EZB und vor allem die Federal Reserve die Zins-
wende vollzieht. Dies wird die Schweizer Währung belasten, das Chance-Risiko-Profil ist damit
negativ. Der Euro-Franken dürfte in den kommenden Quartalen auf 1,56 ansteigen und in der
Folge um dieses Niveau pendeln. Gegenüber dem Greenback sollte der Franken deutlicher verlie-
ren. Ein US-Dollar verteuert sich bis Mitte 2010 dann auf 1,25.

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Märkte und Trends 2010: Exitstrategien entscheidend

7 Osteuropa und Türkei: Heterogen


7.1 Polen: Großer Binnenmarkt stützt

BIP-Prognose: Polen kommt im regionalen Vergleich bislang ohne negatives Wachstum durch die Krise. Das BIP
2009: 1,0 % wird 2009 voraussichtlich um etwa 1 % wachsen, 2010 um rund 1,5 %. Ein Vorteil ist der relativ
2010: 1,5 % große Binnenmarkt, der die Konjunktur stabilisiert. Außerdem sind bereits die Vorbereitungen zur
Fußball-EM 2012 konjunkturell spürbar. Der Zloty profitiert von den günstigeren Fundamentalda-
Prognose EUR-PLN: ten und hat seit Februar wieder aufgewertet. Ende des Jahres sollte er sich in Richtung von 4,1
Ende 2009: 4,1 EUR-PLN bewegen und 2010 noch etwas zulegen. Allerdings entwickelt sich die polnische Wäh-
Ende 2010: 3,9 rung traditionell volatil und wird weiter sensibel auf das Wirtschaftsgeschehen in der Region rea-
gieren. Die Kapitalmarktzinsen verharren bei gut 6 % und dürften 2010 noch etwas nachgeben.
Der für 2012 angestrebte Euro-Beitritt wurde verschoben. Problematisch ist nicht nur das Haus-
haltsdefizit, sondern auch die Festlegung eines angemessenen Wechselkurses.

7.2 Tschechien: Markt verlangt nur moderate Riskoaufschläge

BIP-Prognose: Tschechien leidet unter der Wirtschaftskrise, schneidet mit einem BIP-Rückgang von voraussicht-
2009: -4,3 % lich gut 4 % 2009 aber besser ab als einige Nachbarländer. 2010 dürfte das BIP nur leicht zulegen
2010: 1,0 % (rund 1 %). Die Krone musste gegenüber dem Euro die geringsten Einbußen in Osteuropa hinneh-
men und nähert sich einem Seitwärtspfad bei gut 25 EUR-CZK. Der relativ niedrige Anteil an
Prognose EUR-CZK: Auslandskrediten reduziert das Währungsrisiko. Bei den Zinsen fallen in Tschechien innerhalb der
Ende 2009: 25,0 Region (abgesehen von der Slowakei) die niedrigsten Risikoaufschläge an. Derzeit ist die 10-
Ende 2010: 24,5 jährige Benchmarkanleihe mit rund 5 % verzinst – eine Marke, die zunächst nicht unterschritten
werden dürfte. Für einen – bislang nicht terminierten – Euro-Beitritt stellt das Haushaltsdefizit die
wohl größte Hürde dar. Nach dem Zusammenbruch der Koalition im Frühjahr wird es voraussicht-
lich noch bis April 2010 dauern, bis die Übergangsregierung der Technokraten im Zuge der
nächsten Parlamentswahlen von einer gewählten und hoffentlich handlungsfähigen Regierung
abgelöst wird.

7.3 Ungarn: Magere Jahre

BIP-Prognose: Ungarn muss gemäß Standby-Abkommen vom Herbst 2008 Auflagen des IMF nachkommen und
2009: -7,0 % eine Austeritätspolitik umsetzen. Diese reduziert nicht nur das Haushaltsdefizit, sondern auch die
2010: -1,0 % Konjunkturdynamik. Zusätzlich dürfte der Konsum beeinträchtigt werden von der Mehrwertsteu-
ererhöhung zur Jahresmitte, so dass das Land 2009 einen heftigen Wachstumseinbruch von rund
Prognose: EUR-HUF: 7 % verkraften muss. 2010 wird voraussichtlich nur noch ein geringes Minus von 1 % zu ver-
Ende 2009: 270 zeichnen sein. Die Parlamentswahlen 2010 eröffnen die Chance für klare Mehrheitsverhältnisse
Ende 2010: 260 nach der aktuellen Minderheitsregierung der Sozialisten. Hinsichtlich der Maastricht-Kriterien hat
Ungarn noch vielfachen Handlungsbedarf, so dass eine Euro-Einführung derzeit nicht in Sicht ist.
Insbesondere stellen die hohen Auslandsschulden weiterhin ein Währungsrisiko dar. Diese Unsi-
cherheitsfaktoren werden sich auch weiterhin in einem ausgeprägten Risikoaufschlag auf ungari-
sche Staatsanleihen niederschlagen. Daher dürfte die Verzinsung der ungarischen Benchmark-
anleihen bei über 8 % bleiben. Der Forint konnte in der zweiten Jahreshälfte seinen Aufwertungs-
trend nicht weiter fortsetzen. Er dürfte volatil bleiben und zum Jahresende bei rund 270 EUR-HUF
liegen. Für 2010 ist nur geringes Aufwertungspotenzial vorhanden.

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Märkte und Trends 2010: Exitstrategien entscheidend

7.4 Türkei: Konjunkturverlauf folgt der EU

BIP-Prognose: Der weltweite Wirtschaftsabschwung hat die türkische Wirtschaft Anfang 2009 schwer getroffen:
2009: -5,6 % Das BIP und insbesondere die Investitionen gingen im 1. Quartal um 14 bzw. 30 % im Vorjahres-
2010: 2,2 % vergleich zurück. Die Abwärtsdynamik wird voraussichtlich im Laufe des Jahres nachlassen. Ge-
gen Ende 2009 sind bereits wieder leichte konjunkturelle Zuwächse wahrscheinlich, so dass der
BIP-Rückgang 2009 auf unter 6 % begrenzt sein sollte. 2010 ist bei sich stabilisierenden internati-
onalen Finanzmärkten und besserer Konjunktur beim wichtigen Handelspartner EU wieder ein
leichtes Wachstum in Sicht. Die wirtschaftliche Dynamik der Jahre 2002 bis 2007 wird sich jedoch
vorerst nicht wieder einstellen.

Prognose EUR-TRY: Die unabhängige Zentralbank konnte wegen der zurückgehenden Inflation den Leitzins seit Okto-
Ende 2009: 2,10 ber 2008 auf 7,75 % mehr als halbieren. Um den hohen ausländischen Refinanzierungsbedarf
Ende 2010: 2,25 sicherzustellen und die Inflationsrate von 6 % im Jahr 2009 möglichst auch 2010 zu erzielen, wer-
den die Zinsen allerdings weiterhin einen deutlichen Spread zum Ausland haben müssen. Nach der
deutlichen Abwertung bis zum Frühjahr 2009 sind die Aussichten für die türkische Lira wieder
besser. Im Unterschied zu den Vorjahren wird die Leistungsbilanz 2009 und 2010 nur ein geringes
Defizit ausweisen. Der Lirakurs wird aber besonders schwankungsanfällig bleiben.

8 BRIC: Wiederstandsfähig
8.1 Brasilien: Nur wenig tangiert

BIP-Prognose: Die brasilianische Wirtschaft schlägt sich in der Krise gut. Die Exporte sind diversifiziert von
2009: -1,0 % Industriegütern über Rohstoffe bis hin zu Agrargütern und werden weltweit nachgefragt. Inzwi-
2010: 2,0 % schen gehen fast 10 % der Ausfuhren nach China, das weiter kräftig brasilianische Erzeugnisse
bestellt. Exporte und Importe dürften 2009 dennoch preisbereinigt um jeweils 10 % zurückgehen.
Generell hat die Außenwirtschaft in Brasilien (noch) einen geringeren Stellenwert als in anderen
Schwellenländern. Deshalb fällt es der Regierung leichter, die Konjunktur zu stimulieren. Vorü-
bergehende Steuererleichterungen beim Kauf von Autos, Baumaterialien und Haushaltsgeräten
bewirken, dass der private Verbrauch 2009 wahrscheinlich sogar leicht zulegt. Gemäß Einzelhan-
dels- und Produktionszahlen hat der Aufschwung Mitte 2009 eingesetzt. 2010 dürfte die Inlands-
nachfrage über den Konsum hinaus auch wieder von den Investitionen getragen werden. Nach
einem Rückgang von rund 1 % 2009 wird die Wirtschaft 2010 voraussichtlich nur um bescheidene
2 % wachsen.

Prognose EUR-BRL: Das überschaubare Staatsdefizit sowie die auf 5 % gefallene Inflationsrate ermöglichten der Zent-
Ende 2009: 2,8 ralbank, den Leitzins seit Anfang 2009 von 12,75 % bis Ende Juli auf 8,75 % zu senken. Dennoch
Ende 2010: 3,0 hat der Real infolge der abnehmenden Risikoaversion auf den internationalen Kapitalmärkten
wieder an Wert gewonnen und die vorausgegangenen Abwertungen wieder wettgemacht. Wegen
der sich bessernden Konjunktur und der traditionell restriktiven Geldpolitik sind weitere geldpoli-
tische Lockerungen nicht zu erwarten. Die Zentralbank dürfte auch künftig den Realkurs nur be-
grenzt beeinflussen. Das Polster an Devisenreserven baute sich deshalb in der Schwächeperiode
Ende 2008 kaum ab. Der Realkurs sollte weiter deutlich schwanken, ist aber wegen der soliden
Fundamentaldaten Brasiliens nach unten abgesichert.

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Märkte und Trends 2010: Exitstrategien entscheidend

8.2 Russland: Reserven schwinden

BIP-Prognose: Die russische Wirtschaft spürte im ersten Halbjahr 2009 die Auswirkungen der Weltrezession und
2009: -6,5 % des Ölpreisrückgangs stärker als erwartet. Das BIP dürfte daher im gesamten Jahr 2009 um etwa
2010: 1,5 % 6 ½ % fallen, unter der Voraussetzung, dass sich die Wirtschaft bis zum Jahresende stabilisiert.
Dafür sprechen vor allem die Mitte 2009 wieder festeren Ölpreise und die umfangreiche fiskali-
sche Stimulierung. 2010 sollte die Wirtschaft dann wieder langsam mit 1,5 % zulegen. Zum einen
werden die steigenden notleidenden Kredite der Banken und die deshalb vorsichtige Kreditvergabe
die Unternehmensinvestitionen belasten, zum anderen wird die auf fast 10 % gestiegene Arbeitslo-
senrate den privaten Verbrauch hemmen.

Prognose EUR-RUB:
Der Inflationsdruck lässt nach, bleibt aber vergleichsweise stark. Erst 2010 dürfte die Inflationsrate
Ende 2009: 44
auf unter 10 % zurückgehen. Die steigenden Staatsausgaben bei ölpreisbedingt fallenden Staats-
Ende 2010: 45
einnahmen bedingen 2009 und 2010 hohe Haushaltsdefizite. Der in Boomjahren gebildete Reser-
vefonds, der Anfang 2009 noch 137 Mrd. $ betrug, finanziert überwiegend das Staatsdefizit und
wird daher voraussichtlich bereits 2010 aufgebraucht sein. Expansive geldpolitische Impulse kön-
nen wegen Inflation und Haushaltsdefizit nur eingeschränkt gesetzt werden. Dies sollte den Rubel-
kurs stützen. Die Zentralbank interveniert zudem zur Kurspflege sowohl in Schwäche- als auch
Stärkephasen. Der Ölpreisverlauf war jedoch bisher die entscheidende Determinante des Rubel-
kurses. Die wahrscheinlich leicht steigenden Ölpreise dürften den Rubelkurs 2010 festigen.

8.3 Indien: Solides Wachstum

BIP-Prognose: Mit seiner begrenzten Exportabhängigkeit und regen Binnennachfrage ist Indien eine der am we-
2009: 5,7 % nigsten von der Krise betroffenen Volkswirtschaften Asiens. Im Ende März auslaufenden Fiskal-
2010: 6,9 % jahr ist ein solides BIP-Wachstum von 5,7 % zu erwarten, das sich 2010 auf 6,9 % beschleunigen
sollte.

OECD-Frühindikator: Asien vorne weg … … mit weltweit höchstem BIP-Wachstum


Index (Amplitude angepasst) % gg. Vj., real

12 12
Russland China
8 8

4 Indien 4
Brasilien
0 0
2009*

2010*
1999

2000

2001

2002

2003

2004

2005

2006

2007

2008

-4 -4

-8 -8

Quellen: Ecowin, Helaba Volkswirtschaft/Research Quellen: EIU, Helaba Volkswirtschaft/Research; * Prognose

Dass die Binnenkräfte dem globalen Abschwung standgehalten haben, ist auch auf die expansive
Geldpolitik und die trotz angespannter Haushaltslage wiederholt aufgelegten Konjunkturpakete
zurückzuführen (Defizit des Zentralstaates 2009: rund 8 % des BIP). Weit mehr als die Hälfte der
indischen Bevölkerung lebt von der Landwirtschaft und auf einem niedrigen Einkommensniveau,
so dass ein Großteil der Konsumnachfrage weniger von der Weltkonjunktur als vielmehr vom
Monsun abhängig ist. Allerdings gehen hiervon auch signifikante Risiken aus, da die Regenfälle
diesmal spürbar unter dem langfristigen Durchschnitt geblieben sind. Daher könnten die Nah-
rungsmittel- und damit die Konsumentenpreise weiter anziehen, so dass im laufenden Fiskaljahr
mit einer Inflationsrate von etwa 7 % gerechnet werden muss. Die mittelfristigen Inflationsrisiken

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Märkte und Trends 2010: Exitstrategien entscheidend

werden in einigen Monaten Anlass zur geldpolitischen Straffung geben, wenn das zentrale Teue-
rungsmaß der Großhandelspreise wieder in den positiven Bereich zurückgekehrt ist. Die im inter-
nationalen Vergleich hohen Wachstumsraten Indiens verschaffen der Rupie zum Dollar Aufwer-
tungspotenzial, wenngleich eine recht hohe Volatilität in Abhängigkeit von der an den Finanz-
märkten vorherrschenden Risikoeinstellung zu erwarten ist.

8.4 China: Hoffnungsträger der Weltwirtschaft

BIP-Prognose: Dass China in der globalen Konjunkturerholung eine besondere Bedeutung zukommt, liegt nicht
2009: 8,1 % allein an seinem hohen Gewicht als drittgrößte Volkswirtschaft der Welt. Mit seinem großvolumi-
2010: 9,2 % gen Konjunkturpaket ist es dem Reich der Mitte zeitnah und wirkungsvoll gelungen, die Binnen-
kräfte zu stärken und das BIP-Wachstum zurück in Richtung der offiziellen Zielmarke von 8 % zu
bringen. Die Belastung ist für den Staatshaushalt vergleichsweise begrenzt, das Defizit dürfte 2009
rund 4 % des BIP betragen. Die staatlich initiierte Kreditschwemme birgt jedoch das Risiko stei-
gender Kreditausfälle, einer erneuten Blasenbildung am Aktien- und Immobilienmarkt sowie mit-
telfristiger Inflationsrisiken (2010 knapp 2 %). Die durch die wiederkehrende Wirtschaftsdynamik
ausgelösten deutlichen Kapitalzuflüsse haben dazu beigetragen, dass die Währungsreserven Chi-
nas auf den Rekordwert von über 2,1 Bill. Yuan zur Jahresmitte 2009 gestiegen sind. Dieses Re-
servepolster verschafft der Zentralbank weiterhin ausreichend Spielraum, um ihre Interventionspo-
litik zur Stabilisierung des Yuan-Dollar-Kurses fortzusetzen. So ist zunächst weiter von einer
Seitwärtstendenz des Yuan auszugehen, der seit Jahresbeginn um 6,83 gegenüber dem Dollar
pendelt. Allerdings dürfte die chinesische Währung aufgrund der positiven Wachstumsdifferenz
zur Weltwirtschaft und der weiter hohen Leistungsbilanzüberschüsse unter vermehrten Aufwer-
tungsdruck geraten, so dass die Zentralbank 2010 wohl eine graduelle Festigung zulassen wird. ■

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