Wissenschaft und Bildung sind die wichtigsten Ressourcen der Schweiz im interna-
tionalen Wettbewerb. Die notwendigen Investitionen ins Wissenschaftssystem hän-
gen vom Vertrauen der Bevölkerung in die wissenschaftlichen Errungenschaften
und deren Nutzen für die Gesellschaft ab. Wissenschaftliche Erkenntnisse sollen und
müssen zum Wohle aller eingesetzt werden – dies jedoch immer in der kritischen
Auseinandersetzung und im Einverständnis mit Gesellschaft und Politik. Die Akade-
mien setzen sich gezielt für einen gleichberechtigten Dialog zwischen Wissenschaft
und Gesellschaft ein. Sie beraten Politik und Gesellschaft in wissenschaftsbasierten,
gesellschaftsrelevanten Fragen.
Kapitel II
Szenario 2030 12
Kapitel III
Gegenwärtige Lage 20
Kapitel IV
Massnahmen 28
Road Map 36
Glossar 37
Literaturverzeichnis 38
Impressum 40
Auch wenn die Schweiz ein historisch einzigartig geprägtes und erfolgreiches Schul-
system hat, ist sie doch keine Insel. Die geschützten Räume kantonaler Schulpolitik
sind für sich nicht in der Lage, angemessene Zukunftslösungen zu finden und zu rea-
lisieren. Eine Analyse internationaler Trends und nationaler Stärken wie Schwächen
bildet die Grundlage für die erforderlichen Entwicklungen.
In einem Szenario 2030 entwirft das Weissbuch die strategischen Grundzüge eines
zukunftsfähigen Bildungsverständnisses aus der Perspektive einer Wissensgesell-
schaft. Im Zentrum stehen eine umfassende Entfaltung der menschlichen Kompe-
tenzen und die Befähigung zu aktiver und selbstbestimmter Teilhabe am öffentlichen
Leben. Das Szenario setzt auf eine frühe Förderung von besonderen Begabungen. Ein
elementares Wissenschafts- und Technikverständnis ist integraler Teil der Allgemein-
bildung. Mehr Menschen erwerben höhere Bildungsabschlüsse. Die Ausbildungs-
zeiten sind flexibler gestaltet, das nicht schulische informelle Lernen erhält ein stär-
keres Gewicht. Eine umfassende informationstechnologische Alphabetisierung gehört
zum Kernauftrag der Schule. Die Ausbildung entsprechend geschulter Lehrkräfte auf
allen Ebenen wird als strategisches Element der Bildungspolitik verstanden.
Die Mobilität unserer Gesellschaft wird weiter zunehmen. Noch mehr Berufstätige wer-
den die Ausrichtung ihrer professionellen Aktivitäten im Verlaufe ihres Lebens und ihrer
Karriere verändern, was den Erwerb neuer Kompetenzen erforderlich macht. Ein zukunfts-
fähiges Bildungskonzept muss dem lebenslangen Lernen Rechnung tragen und zu einer
fortschreitenden Erweiterung von Kenntnissen und Kompetenzen ermutigen.
Auch morgen muss die Schule allen eine gute und breite Bildung ermöglichen. Sie soll
zudem eine hinreichende Orientierung über Erfolg versprechende Berufsfelder vermitteln.
Das schliesst eine regelmässige Information auf jeder Stufe sowie Anreize ein, um Kennt-
nisse und Kompetenzen in Mangelberufen zu entwickeln. Heute muss unser Land jährlich
etwa 30 000 Kader mit Hochschulabschluss importieren, besonders in den Gesundheits-
berufen sowie in Informatik, Ingenieurwesen, Wissenschaft allgemein und den Lehrberu-
fen. Zwar hat die Zahl der Studierenden in Human- und Geisteswissenschaften um die
Jahrhundertwende überproportional zugenommen, jetzt zeichnet sich jedoch ein deut-
licher Mangel in den anderen Fachrichtungen ab. Die sich hieraus ergebenden Defizite
dürften bis 2030 noch nicht behoben sein.
Diese deutlichen Veränderungen sowie die «Globalisierung» von Bildung und Berufsak-
tivitäten stellen uns für die nächsten 20 Jahre vor neue Herausforderungen, bringen aber
auch Chancen. Die Schweiz tut gut daran, sich nicht auf den heute zum Teil ausgeprägten
«brain drain» aus weniger entwickelten Ländern einzustellen, sondern bessere Bedin-
gungen für alle zu schaffen, auch durch «brain circulation», den vermehrten Austausch.
Um hier eine Führungsrolle zu übernehmen, hat das Bildungsland Schweiz beste Voraus-
setzungen – nutzen wir sie!
Prof. Dr. med. Peter Suter, Präsident Akademien der Wissenschaften Schweiz
Prof. Dr. Dr. h.c. Walther Ch. Zimmerli, Leiter Arbeitsgruppe «Zukunft Bildung Schweiz»
Randbedingungen
Die Schweiz ist immer stärker international eingebunden und von ausländischen Märk-
ten abhängig. Dies gilt auch für die Bildung. Der Wert der «Bildungsmarke Schweiz» ist
hoch. Es lohnt sich, diesen zu erhalten oder gar zu steigern, denn gute Bildung bedeutet
Innovationsfähigkeit. Und Innovationsfähigkeit führt zu Wohlstand.
Szenario 2030
Das Szenario 2030 entwirft die strategischen Grundzüge eines zukunftsfähigen
Bildungsverständnisses. Im Zentrum steht, dass die Menschen ihre Kompetenzen umfas-
send entfalten können und zu aktiver, selbstbestimmter Teilhabe am öffentlichen Leben
befähigt werden. Das Szenario 2030 setzt auf eine frühe Förderung von besonderen
Begabungen und eine grössere Zahl von Menschen, die einen höheren Bildungsabschluss
erwerben. Integraler Bestandteil der Allgemeinbildung ist auch ein elementares Wissen-
schafts- und Technikverständnis. Die Ausbildungszeiten werden flexibler gestaltet und
das nicht schulische, informelle Lernen höher gewichtet. Das Szenario beschreibt zu
erreichende Sollwerte, macht aber noch keine konkreten Realisierungsvorschläge.
Wir schreiben das Jahr 2030. Die Schweiz hat die Förderung des Humanvermögens
Grundlagen ihres herkömmlichen politischen Sys- Als Grundlage des neuen, ganzheitlichen und integ-
tems weitgehend bewahrt (direkte Demokratie, kon- rierten Bildungsverständnisses dient das Konzept
sensuelle Regierung, Föderalismus). Das «Schweizer des Humanvermögens. Dessen drei wesentlichen
Modell» hat jedoch eine positive Dynamik entwickelt, Komponenten werden im Rahmen der Bildung auf
die es ihm gestattet hat, wichtige Reformen anzuge- allen Stufen gleichwertig gefördert. Es sind dies die
hen und abzuschliessen. Der Föderalismus, das Daseinskompetenz oder das Vitalvermögen, d.h.
Grundprinzip unseres Landes, wurde im Geist eines die Befähigung, mit den alltäglichen Herausforde-
systemischen Ansatzes überdacht und hat die oft- rungen, Widrigkeiten und Frustrationen konstruktiv
mals allzu mechanistischen Beziehungen der Ver- umzugehen; die Fachkompetenz oder das Arbeits-
gangenheit überwunden. Seit die Schweiz über ein vermögen im weitesten Sinne (Humankapital), d.h.
umfassendes, integriertes und ganzheitliches Bil- die Befähigung zur Lösung
dungsverständnis verfügt und dieses durch eine natio- qualifizierter Aufgaben in Bildung ist die wichtigste
nale Bildungspolitik auf allen Stufen umsetzen kann, einer arbeitsteiligen Gesell- strategische Investition für
erzielt das Schweizer Bildungssystem auch im inter- schaft, sowie schliesslich die eine nachhaltige Entwicklung
nationalen Vergleich hervorragende Resultate. Soziabilität (Sozialkapital), der Gesellschaft.
Nachfolgend werden die verschiedenen Facetten d.h. die Befähigung, ver-
dieses Bildungssystems von 2030 vorgestellt und lässliche soziale Beziehungen einzugehen. Auf
analysiert. individueller Ebene umschreibt das Humanvermö-
gen das Handlungspotenzial, welches Individuen
dazu befähigt, sich in einer komplex gewordenen
Welt zu bewegen, den Alltag erfolgreich zu bewälti-
gen und ihre eigenen Lebensvorstellungen zu reali-
sieren. Auf gesellschaftlicher Ebene bezeichnet das
Gegenwärtige Lage
Dem Sollwert der Vision 2030 wird im Folgenden eine Analyse des Ist-Zustandes gegen-
über gestellt: Das schweizerische Bildungssystem steht vor neuen Herausforderungen
und befindet sich im Umbruch. Was bisher als Qualitätsmerkmal angesehen wurde, wie
zum Beispiel die kleinräumigen und differenzierten Schweizer Verhältnisse, zeigt immer
stärker seine negativen Seiten. Der Föderalismus stösst im Bereiche der Bildung an die
Grenzen seiner Leistungsfähigkeit. Die einzelnen Bildungsinstitutionen haben einen
starken Eigensinn entwickelt, der den Wissens- und Technologietransfer behindert, und
die Sonderstellung der Pädagogischen Hochschulen führt zu Schnittstellenproblemen.
Struktur und Verfassung des schweizerischen Bil- Auf der obersten bildungspolitischen Ebene formu-
dungswesens sind gut dokumentiert, seine Stärken lieren drei Setzungen Auftrag und Rahmen dieser
und Schwächen in nationalen und internationalen Reformen: (1) das Bundesgesetz über die Fachhoch-
Studien und Berichten beschrieben. Es genügt hier, schulen (1995) als eigene Bildungsinstitutionen, (2)
einige Eckwerte hervorzuheben, welche für die die Unterzeichnung der Bologna-Deklaration (1999)
Darstellung der Herausforderungen und die Per zur Schaffung eines gemeinsamen europäischen
spektiven seiner weiteren Entwicklung besonders Hochschulraumes und (3) der Bildungsverfassungs-
bedeutsam sind. artikel (2006) zur Neuregelung der Kompetenzen
und Verantwortlichkeiten im Bildungswesen. Das
Ein Bildungssystem im Umbruch EDK-Konkordat HarmoS konkretisiert die Reform-
Zur aktuellen Verfassung gehört, dass sich das Bil- ziele für den Bereich der obligatorischen Schulbil-
dungssystem seit rund 10–15 Jahren in einem aku- dung. Postuliert sind hier a) eine einheitliche Glie-
ten Umbau befindet. Er betrifft alle Stufen und derung und Dauer der Schulstufen, b) sprachregional
Typen des Bildungswesens, Kindergarten und Pri- einheitliche Lehrpläne, c) verbindlich zu erreichende
mar- sowie Sekundarschule genauso wie Gymna- Basisstandards in den Bereichen Mathematik,
sium und Berufsbildung, ebenso Hochschulen und Schulsprache, erste Fremdsprache und Naturwis-
die Institutionen der Weiterbildung. Auch die etab- senschaften und schliesslich d) ein systematisches
lierten Institutionen und Verfahren zur Steuerung Bildungsmonitoring.
des Bildungssystems sind davon betroffen. Dieser
Umbau vollzieht sich in einem für schweizerische
politische Verhältnisse bislang kaum für möglich
gehaltenen Tempo. Innere wie äussere Gründe,
Erwartungen, Interessen und Anstösse, die sich aus
den Randbedingungen ergeben, haben diese Verän-
derungsschübe ausgelöst und treiben sie weiter an.
In den letzten Jahren hat sich dieses Verständnis Sprachregional werden dazu neue Lehrpläne und
zugunsten einer stärkeren Orientierung an den tat- Lehrmittel entwickelt. Für die französischsprachige
sächlichen Ergebnissen, welche solche Institutionen Schweiz wurde ein solcher Lehrplan mit PER
erbringen bzw. erbringen sollen, verschoben. Natio- bereits entwickelt und eingeführt. Im sprachregio-
nale und internationale vergleichende Leistungs- nalen Lehrplan der deutschen Schweiz sollen neben
messungen oder die Präzisierung detaillierter Leis- den Fachbereichen, welche das HarmoS-Konkordat
tungsaufträge in Verbindung mit globaleren Budgets auflistet, Sprache, Mathematik und Naturwissen-
sind Ausdruck dieser Verschiebungen, die den Ins- schaften, Sozial- und Geisteswissenschaften, Musik,
titutionen mehr eigenen Spielraum beim Einsatz der Kunst und Gestaltung, Bewegung und Gesundheit,
verfügbaren Mittel geben, sie aber umgekehrt einer auch überfachliche Themen und Kompetenzen
an den Vorgaben orientierten Erfolgskontrolle un- explizit als Elemente einer künftigen schulischen
terwerfen. Eine wachsende und sich partiell ver- Grundbildung ausgewiesen werden. Überfachlich
selbständigende Evaluations- und Qualitätssiche- werden personale, soziale und methodische Kom-
rungsbürokratie macht die scheinbar gewonnenen petenzen gefordert, und das Konzept «Grundlagen
neuen Spielräume in den Bildungsinstitutionen wie- für den Lehrplan 21» weist die folgenden überfach-
der zunichte, ohne dass damit ein Zugewinn an lichen Themen aus: ICT/Medien, Berufliche Orien-
Qualität, Leistung und Transparenz verbunden tierung, Nachhaltige Entwicklung, Politische Bil-
wäre. Auch der gestiegene Verwaltungsaufwand dung und Gesundheit. Bislang nicht aufgenommen
bemisst sich primär an Kriterien prozessinterner ist Technik als eigener Themenbereich. Diese
Verwaltungsrationalität, deren Steigerung vielfach erscheint integral als Element der Naturwissen-
auf Kosten der kaum kalkulier- und regulierbaren schaften. Im Verbund mit dem UNESCO-Pro-
schöpferischen, situativen und spontanen Elemente gramm «Bildung für Nachhaltige Entwicklung»
in Forschungs- und Bildungsprozessen geht. (BNE) hat die EDK einen eigenen Massnahmenka-
talog für die Periode 2007–2014 erarbeitet, der sich
als Beitrag zur UNO-Dekade BNE versteht.
Massnahmen
Damit das entworfene Szenario 2030 Realität werden kann, sind politisch-institutio-
nelle, metadidaktische und inhaltliche Massnahmen zu ergreifen. Die Akademien
schlagen vor, die Strukturen im gesamten schweizerischen Bildungssystem zu ver-
einfachen und zu vereinheitlichen. Sie empfehlen, das Bildungssystem auf Bundes-
ebene weiter zu entwickeln. Dazu benötigt es eine Strategie, die stärker als bisher
international ausgerichtet ist, und eine Bundesinstitution, die diese Strategie
umsetzt. Ferner empfehlen die Akademien, den Bildungsauftrag konsequent auf die
Schlüssel- und Mindestkompetenzen auszurichten. Alle notwendigen Umsetzungs-
schritte sind in einer Road Map dargestellt.
Um das Szenario vor dem Hintergrund der skizzier- Dazu sind – unter Einbezug der Gremien des Bun-
ten gegenwärtigen Lage bis 2030 realisieren zu des, der Kantone und der Bildungsinstitutionen –
können, sind eine ganze Reihe von Massnahmen in ein Steuerungsausschuss unter der Führung eines
mehreren Bereichen zu ergreifen. Dabei muss zwi- Mitglieds der Landesregierung sowie ein Advisory
schen politisch-institutionellen Massnahmen («Nati- Board zu bilden, eine Programm- bzw. Projektorga-
onales Bildungsprogramm»), metadidaktischen nisation zu schaffen und die erforderlichen Res-
Massnahmen («Schlüssel- und Mindestkompeten- sourcen bereitzustellen (siehe «Road Map», Seite 36).
zen») und inhaltlichen Forderungen («Ziele und
weitere Massnahmen») unterschieden werden. Dementsprechend müssen, soweit nicht bereits vor-
handen, unter einer langfristigen bildungspoliti-
schen Perspektive für unsere Volkswirtschaft und
Nationales Bildungsprogramm Gesellschaft eine Bildungs-
strategie und eine Bildungs- Die Schweiz muss eine
Um das heutige schweizerische Bildungssystem auf Gesamtkonzeption, eine ent- international ausgerichtete
die Ziele einer künftigen Bildungspolitik (Schlüs- sprechende Rahmenverein- Strategie für die Entwicklung
sel- und Mindestkompetenzen) auszurichten und es barung Bund-Kantone sowie des Schweizer Bildungs-
für die Umsetzung einer entsprechenden Bildungs- ein Massnahmenkatalog, systems formulieren.
strategie zu befähigen, fordern die Akademien der ein Aktionsplan und eine
Wissenschaften Schweiz als Massnahme mit höchs- Road Map formuliert werden. Die Schweiz muss
ter Priorität die Erarbeitung und Umsetzung eines eine international ausgerichtete Strategie für die
nationalen Bildungsprogramms. Entwicklung ihres Bildungssystems formulieren
und zu diesem Zwecke über ein nationales Bildungs-
konzept als Grundlage ihrer Politik und Investitionen
verfügen.
Wirtschaft
Elektronische Verwaltung
Grundversorgung
Zusammenarbeit
Bildung
Befähigung aller
Internationales
Zugang für alle
Föderalismus
Kultur
Vertrauen
Gesundheit und Gesundheitswesen
Abbildung 1: Bildung als Schlüsselthema («Dossier») und Befähigung aller als Grundsatz der
bundesrätlichen Strategie für eine Informationsgesellschaft in der Schweiz (Januar 2006)
Insbesondere dem Postulat nach umfangreichen die Schaffung eines neuen Bildungsbelange auf
Massnahmen im Bereich der Bildung kann die For- Departements für Bildung, Bundesebene bestmöglich
derung nach Zukunftsfähigkeit («Future Readi- Forschung und Innovation. wahrnehmen!
ness») entnommen werden. Doch wie können bezie- Gleichzeitig wird sie den
hungsweise sollen diese Postulate der Landes- Druck auf die Bildungsinstitutionen im Sinne von Qua-
regierung in der Praxis unseres föderalistischen litätssteigerung und -sicherung, Fokussierung, Kon-
Bildungssystems umgesetzt werden, wenn sich ein- zentration und Kooperation ohne Zweifel erhöhen.
zelne Kantone und politische Parteien bereits mit
der Zustimmung zum HarmoS-Konkordat schwer Um die Wirkung und Nachhaltigkeit der Entwick-
tun? lung des schweizerischen Bildungssystems unter
dem Aspekt Zukunftsfähigkeit zu verfolgen, wird
Für die Akademien der Wissenschaften Schweiz ist zudem die Einrichtung eines unabhängigen, dem
das Dossier Bildung in einer modernen Informations- Parlament rechenschaftspflichtigen Gremiums emp-
und Wissensgesellschaft von fohlen, das sich mit den Bildungsberichten der EDK
Das Dossier Bildung ist in höchster strategischer Bedeu- und spezifisch mit den Indikatoren zur Bildungs-
einer Informationsgesellschaft tung und folglich mindes- «Future Readiness» auseinandersetzt.
von höchster strategischer tens ebenso prioritär zu
Bedeutung. positionieren und zu behan-
deln wie die in der bundes- Schlüssel- und
rätlichen Strategie gesetzten Schwerpunkte (Elektro- Mindestkompetenzen
nische Verwaltung, Gesundheit und Gesundheits-
wesen). In zahlreichen Studien (unter anderem EDK Exper-
tenmandat BNE, IBM, OECD DeSeCo, OECD
Institutionelle Konsequenzen Future of the Internet Economy, PISA 2006,
Die Umsetzung der Bildungsstrategie verlangt nach der Transfer-21, UNESCO) wurden die für moderne
bestmöglichen Wahrnehmung der Bildungsbelange auf Volkswirtschaften – im Sinne global vernetzter
Bundesebene, z.B. durch Zusammenführung des Informations- und Wissensgesellschaften unter
Staatssekretariats für Bildung und Forschung SBF und Berücksichtigung einer nachhaltigen Entwicklung
des Bundesamts für Berufsbildung und Technologie – erforderlichen Schlüsselkompetenzen untersucht
BBT in einem Departement, wenn nicht sogar durch und ausführlich beschrieben.
Professionals • Standortvorteil
• Exellence • Attraktivität
• Innovation • Produktivität
• Professionalität • Rating, Ranking
Bil
du
ng
Lehrpersonen
sw
Bildung
St
ufe
n
Digital Divide,
e-exclusion:
Schwelle senken
Abbildung 2: Kompetenzen und Auswirkungen für eine Informationsgesellschaft am Beispiel ICT und Medien
Neben den politisch-institutionellen und den meta- Selektion und Priorisierung der
didaktischen regen die Akademien der Wissen- Bildungsinhalte in der formellen Bildung
schaften Schweiz eine ganze Reihe zusätzlicher Allerdings machen das breite Spektrum des Wis-
Massnahmen an. Diese ergeben sich daraus, dass sens, die enorme Fülle an Themen und die weiter-
Zukunftsfähigkeit in einer informationstechnolo- hin rasante Entwicklung insbesondere in technolo-
gisch geprägten Wissensgesellschaft immer unter gischen Bereichen für die Bildung auf allen Stufen
den Prämissen einer ICT-Strategie zu stehen hat, eine gleichermassen aktuelle wie vorausschauende
wobei diese sich allerdings an den vorgegebenen Auswahl der Gebiete und Inhalte sowie deren Prio-
Zielen (Kapitel Szenario 2030) auszurichten hat. risierung innerhalb der Bildungskonzepte und
Lehrpläne erforderlich.
Qualitative Ziele
Oberstes Ziel des Schweizer Bildungssystems 2030 Im Rahmen der Umsetzung der künftigen Bildungs-
ist es, die Bedingungen für die Entwicklung strategie (Abschnitt «Nationales Bildungspro-
zukunftsfähiger Persönlichkeiten bereitzustellen, gramm») sind deshalb die Bildungsziele unter Be-
die in einer Wissensgesellschaft über genügend Lai- rücksichtigung der erforderlichen Schlüssel- und
enkompetenz verfügen, ihre Staatsbürgerschaft Mindestkompetenzen periodisch erneut zu überprüfen.
basisdemokratisch aktiv wahrzunehmen. Dazu sind
entsprechende Lern- und Bildungseinrichtungen im Mit Blick auf die Bildungsziele müssen die Lehr- und
primären, sekundären, tertiären und quartären Lernmittel, Materialien, Anleitungen, Experimente
(«Lifelong Learning») Sektor vorzuhalten. sowie das Coaching ebenfalls periodisch angepasst
werden. Dazu zählen auch die schulischen Lehr- und
Die Tatsache, dass in einer informationstechnolo- Lernplattformen mit ihren Inhalten (e-content, open
gisch orientierten Wissensgesellschaft die «Com- educational resources) und Funktionen sowie die ver-
puter- und Net-Literacy» zur vierten Kulturtechnik netzten Umgebungen, in denen sich die Akteure infor-
geworden ist, darf nicht zum Fehlschluss verführen, mieren, mit einander kommunizieren, interagieren,
diese mache andere Kompetenzen überflüssig. Es zusammenarbeiten und weitere Aktivitäten entfalten.
2009 • Entscheid bezüglich Umsetzung HarmoS-Konkordat; EVAMAR II, Fortführung der Diskussion des weiteren
Vorgehens
2010 • Auslösung des postulierten nationalen Bildungsprogramms durch die dafür zuständigen Departemente und
Gremien. Bestimmung der Programm-Organisation (Steuerungsausschuss, Advisory Board, Programm- bzw.
Projekt-Management, Teilprojekte), Bereitstellung der Ressourcen
• Diskussionen der politischen Parteien und der Landesregierung über die Zusammenführung der Bildungsbelange
auf Bundesebene, d.h. von SBF und BBT, in einem Departement, wenn nicht gar über die Schaffung eines eigenen
Departements für Bildung, Forschung und Innovation
2012 • Zusammenführung der Bildungsbelange auf Bundesebene (SBF und BBT) in einem Departement
• Einrichtung eines unabhängigen, dem Parlament rechenschaftspflichtigen Gremiums, das sich mit den
Bildungsberichten der EDK und spezifisch mit Indikatoren zur Bildungs-«Future Readiness» auseinandersetzt
• Alignment Implementierung PER/HarmoS und pädagogische Bildung
• Anpassungen MAR , u.a. Bestimmung der MINT-Fächer als Pflichtfächer
• Nutzung von Online-Diensten in Schlüsselbereichen unserer Volkswirtschaft (Bildung, direkte Demokratie,
Gesundheitswesen, Transportwesen, Versorgungsbetriebe usw.) als Gegenstand der formellen Bildung
• Unterstützung der weiteren Aktivitäten und Sicherstellung der Wissenschaftlichkeit durch ein NFP oder NFS
«Bildungsstrategie/Bildungsgesamtkonzeption»
ab 2015 • Pilotierung und Nutzung der Ergebnisse des NFP bzw. NFS «Bildungsstrategie/Bildungsgesamtkonzeption»
2018 • Future-Readiness und e-Participation zu 90% in den Volks- und Mittelschulen und zu 100% an den pädagogischen
und universitären Hochschulen vollzogen
2020 • Massnahmen gemäss NFP bzw. NFS zu 80% in den Volks- und Mittelschulen und zu 90% an den pädagogischen
und universitären Hochschulen vollzogen
2025 • Massnahmen gemäss NFP bzw. NFS zu 90% in den Volks- und Mittelschulen und zu 100% an den pädagogischen
und universitären Hochschulen vollzogen
Blog (Weblog) Ein auf einer Website geführtes und damit meist öffentlich einsehbares Tagebuch oder Journal
Digital Divide Begriff für ungleiche Verteilung der Chancen auf den Zugang zu Internet und anderen
(digitalen) Informations- und Kommunikationstechniken (ICTs)
Digital Immigrants Menschen, die vor der starken Verbreitung neuer Medien aufgewachsen sind
Digital Natives Mit Internet und anderen Medien seit Kindheit vertraute Menschen
Iconic turn Versuche der Bildwissenschaft zur Anerkennung des strukturierenden Charakters des Bildes
(http://de.wikipedia.org/wiki/Ikonische_Wende)
NaTech Education Verein für die Förderung der Naturwissenschaften und des Technikverständnisses auf der
Primar- und Sekundarstufe I
PH Pädagogische Hochschule
SVC Swiss Virtual Campus, ein Bundesprogramm der Schweizer Hochschulen (2001 - 2008)
Tertiärstufe Die Tertiärstufe umfasst die Ausbildungen im Rahmen der Höheren Berufsbildung und
der Hochschulen
Wiki Hypertext-System, dessen Inhalte von den Benutzern nicht nur gelesen, sondern auch online
geändert werden können (z.B. Wikipedia)
Walther Ch. Zimmerli: Die Zukunft denkt anders. Wege aus dem Bildungsnotstand, Huber, Frauenfeld-Stuttgart-Wien,
2006, ISBN 3-7193-1383-2.
Kapitel II
Dominique Simone Rychen, Laura Hersh Salganik, eds.: Defining and Selecting Key Competencies, Hogrefe & Huber
Publishers, Bern, 2001. ISBN 0-88937-248-9.
Walter Rüegg, ed.: Meeting the Challenges Of The Future, A Discussion Between «The Two Cultures», Balzan Sympo-
sium 2002, Leo S. Olschki, 2003, ISBN 88 222 5234 9.
Kapitel III
Bildungssystem CH: http://www.edk.ch/dyn/16600.php
Bildungsperspektiven
Szenarien 2008-2017 für die obligatorische Schule
Autor(en): Jacques Babel, BFS; Statistik der Schweiz; Neuchâtel, 2008.
Bildungsperspektiven
Szenarien 2008-2017 für die Sekundarstufe II,
Autor(en): Laurent Gaillard, BFS: Statistik der Schweiz; Neuchâtel, 2008.
Bildungsbericht Schweiz 2006, Schweiz. Koordinationsstelle für Bildungsforschung (SKBF) Aarau, 2. Auflage 2007.
Lehmann, L./ Criblez, L./ Guldimann, T./ Fuchs, W./ Périsset Bagnoud, D.: Lehrerinnen- und Lehrerbildung in der
Schweiz. Bericht im Rahmen der Bildungsberichterstattung 2006. Schweiz. Koordinationsstelle für Bildungsforschung
(SKBF) Aarau, 2007.
Kapitel IV
Bundesbeschluss über die Neuordnung der Verfassungsbestimmungen zur Bildung, Dezember 2005.
EDK, Strategie im Bereich Informations- und Kommunikationstechnologien (ICT) und Medien, März 2007.
OECD, Shaping Policies for Creativity, Confidence and Convergence in the Digital World.
SF Wissen (http://www.sf.tv/sfwissen/).
SWITCH (http://www.switch.ch/).
Transfer-21 (http://www.transfer-21.de/).
September 2009
Verfasser: Prof. Dr. Dr. h.c. Walther Ch. Zimmerli, Dr. Dr. h.c. Carlo Malaguerra,
Prof. Dr. Rudolf Künzli, Markus Fischer
ISBN 978-3-905870-09-1