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Deutsche Erstausgabe
1. Auflage
ISBN 978-3-940928-01-6
http://www.scratch-verlag.de
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Michael Thiel
Phantastischer Roman
Bereits erschienen
Böses Erwachen
In Vorbereitung
Spiel mit dem Feuer
Sühne der Könige
Sturz eines Gottes
Ende der Nacht
Hiermit wird der Schattenwacht-Zyklus enden
Die Feststellung sei mir erlaubt, wahre Helden sind nicht laut.“
Theliophamos,
Vorsteher der Norhuser Gilde für Meeresmagie,
über den Begriff des Helden
7 109
Mèra schob sich mühsam auf die Knie und blickte auf
die anderen Gräber zurück, insbesondere auf die Gräber
von Laura und Athónon, von denen sie spürte, dass die
beiden im Moment noch lebten. Hoffnungsvoll blickte
die Elfin in das unwirkliche Licht der Dahnrud. „Und ich
werde wieder die echte Mèra sein, wenn ich mich für die 173
Lebenden entscheide?“, raunte sie demütig.
„Wieso begleitet ihr uns alle? Ihr habt uns schon zuvor
im Kampf gerettet, warum? Was macht Ihr alle hier
überhaupt?“, sprudelten die Fragen aus Olériel heraus, da
niemand sonst redete.
„Weißt Du, was die große Gabe der Nachtelfen ist?“,
fragte Taren.
Olériel musterte ihn verständnislos und fragte frostig
zurück: „Wir können von allein an der Sonne verbrennen
und müssen nicht erst angezündet werden?“ Sie seufzte
und ließ den Kopf hängen. „Tut mir leid. Das ist ein
wunder Punkt bei uns.“
„Das ist der Preis eurer Gabe, aber nicht die Gabe selbst.
Hat sich ausgerechnet das nicht herumgesprochen?“,
wunderte sich Taren.
„Du meinst dieses Gerücht, wir könnten Dämonen
verletzen? Wesen also, die es nicht gibt?“, fragte Olériel
skeptisch zurück.
Athónon warf entschieden ein: „Es ist kein Gerücht.
Es ist der Grund, warum es das Volk der Nachtelfen
überhaupt gibt. Ihr leidet an keiner Krankheit.“
Als Olériel den Gnom zweifelnd anblickte, fügte er fest 251
hinzu: „Ganz sicher.“
Olériel betrachtete ihren Hammer.
„Leider funktioniert es ohne Übung nur unbewaffnet“,
ergänzte Athónon daraufhin.
Die Nachtelfin schnaubte verächtlich und brummte:
„Tolle Gabe. Ich soll mich beißend und kratzend auf einen
Dämon stürzen?“
„Nein“, entgegnete Athónon trocken. „Aber ich bin
sicher, Srrig und Mèra können die Nachtelfen lehren, ihre
Gabe auch auf Waffen auszudehnen. Ich habe die starke
Vermutung, dass dies einer der Gründe ist, weshalb sie
Dein Volk weiter in die Tiefe begleiten wollen, abgesehen
davon, dass dort irgendwo einer ihrer Gefährten gefangen
gehalten wird.“
„Woher weißt Du das alles?“, staunte Olériel. „Wieso
weißt Du mehr über mein Volk, als wir selbst wissen?“
Als Athónon darauf nicht antwortete, blickte die
Nachtelfin fordernd zu Taren. Der Tempelkrieger wechselte
vielsagende Blicke mit Athónon, schwieg jedoch ebenfalls.
„Hey!“, rief Olériel aufgebracht und stemmte die freie
Faust in die Hüfte. Sie fühlte sich, als sei sie in eine geheime
Verschwörung hineingeplatzt, die nun jeder leugnete.
„Das ist ein bisschen schwer zu erklären“, begann
Taren gedehnt.
Enttäuscht musterte Olériel ihn. „Du vertraust mir
nicht?“, flüsterte sie.
Athónon begann, ruhig zu sprechen. „Srrig und
Mèra sind Halbgötter. Mèra ist diejenige, die vor vielen
Jahrhunderten die Nachtelfen als Waffe gegen das Äußere
252 Volk erschuf. Wir nennen sie auch Amdovenn oder
landläufig Dämonen.“
Olériel starrte noch einen Moment nirgendwohin und
verarbeitete, was sie gerade gehört hatte. Götter waren für sie,
ebenso wie Dämonen, bloß Lagerfeuergeschichten. Langsam
drehte sie sich Athónon zu und musterte ihn ungläubig.
Von der Seite sagte Taren: „Das ist die Wahrheit. Ein
zweiter Dämonenkrieg steht bevor, nachdem der vorige
viele Jahrhunderte her ist. Damals haben die Dämonen der
Überlieferung zufolge den Krieg verloren. Doch die erste
Schlacht ihrer Revanche ist schon geschlagen worden.“
Er sah zur Ratshütte von Quirmó und dachte an Mèra.
„Dein Volk ist eine wehrlose Zielscheibe, solange es sein
Erbe nicht antritt. Die Amdovenn fürchten das, was aus
Euch werden könnte.“
„Und Srrig und Mèra erklären das gerade dem Rat?“
Olériel starrte Taren entsetzt an. Der nickte ernst.
Olériel beobachtete Laura. Die Nachtelfin kniff die
Augen zu schmalen Schlitzen zusammen und meinte: „Du
scheinst das nicht zu glauben, oder?“
„Ich sage nichts dazu“, brummte Laura.
Olériel sah fragend in die Runde.
Bevor jemand anderes etwas sagen konnte, seufzte Laura
und schilderte doch selbst: „Ich denke, es ist so, wie Athónon
und Taren sagen. Was die beiden jedoch weglassen, sind
der Schmerz und die Verluste, die Dein Volk noch erleiden
wird, wenn es dem Pfad dieser rücksichtslosen Halbgötter
folgt. Insbesondere, wenn es nach Srrig geht. Versteh mich
nicht falsch, Srrig ist ein schier unbesiegbarer Krieger, und
er ist auch äußerst weise. Aber das Leben eines Sterblichen
ist für ihn nicht viel wert. Das hat er selbst angedeutet. Er 253
lehrt mich zu kämpfen und ich bin ihm dafür dankbar,
ich respektiere ihn und auch Mèra, aber keinesfalls würde
ich ihm blind vertrauen und ihm einfach so folgen.“
Olériel betrachtete die Halbelfin nachdenklich, wie sie
verloren dastand und die Arme am Körper herabhängen
ließ. Sie konnte den Schmerz und den Verlust in Laura
fast am eigenen Leib spüren. Dann sah sie zu Athónon, der
ebenfalls mit glimmenden Augen ins Nichts starrte und
in der Erinnerung leidvolle Szenen zu beobachten schien.
„Wieso seid Ihr dann hier?“, fragte Olériel. „Wenn diese
Halbgötter so viel Unglück über ihre Gefolgsleute bringen,
wieso folgt Ihr ihnen dann trotzdem?“
Athónon schwieg noch immer. Lauras Miene
jedoch füllte sich mit glühendem Zorn. „Irgendsoein
Dämonenjünger hat meine Mutter auf dem Gewissen!
Ich werde sie rächen!“, zischte die Halbelfin und hob die
geballte Faust.
Was sie verschwieg, war ihr Gefühl tiefster Leere und
Heimatlosigkeit, das Fehlen irgendeines anderen Ziels
im Leben.
„Wenige müssen leiden und Opfer bringen, damit der
Rest auf Hevanor in Frieden vor dem Äußeren Volk leben
kann. So ist der Lauf der Dinge für ruhelose Wanderer wie
uns“, raunte Athónon, ohne irgendwen anzublicken.
Taren hob abwehrend die Hände und meinte: „Moment
– war der Plan nicht, den Imperator zu stürzen?“
„Was?“, entfuhr es Olériel. „Das wird ja immer verrückter!“
„Das dürfte zusammenhängen“, knurrte Athónon, „da
der Imperator mit den Amdovenn zusammenarbeitet.“
254 Nun starrten alle den Gnom an. Bisher war niemandem
bewusst geworden, dass Mèras beinaher Tod bestens zu
Schattenwachts Plan passte.
„Ich habe es gesehen, in seinem Palast, in der
Hauptstadt Pýur“, raunte Athónon. „Wir waren dort
Sklaven, nachdem wir von einer magischen Zeitreise an
den falschen Ort zurückkehrten. Es gibt bereits einen
ersten Handelsvertrag zwischen Schattenwacht und den
Amdovenn über ein besonderes Waffenmaterial, das
sie Stahl nannten. Außerdem ist Cerýllion, der Elf, der
uns mit seiner Geistesmagie manipulieren wollte, ein
glühender Anhänger des Drachen und sein Meisterschüler
in Fragen der Zauberei. Cerýllion und Kanzler Rogáril
haben nachweislich zusammengearbeitet, das spürten wir
ja schon am eigenen Leib.“
„Zeitreise?“, keuchte Olériel. Sie hob resigniert die
Hände, starrte zur Höhlendecke und schüttelte den Kopf.
Ihre Gesichtszüge zuckten hin und her zwischen trotzigem
Unglauben und aufwogender Panik.
Paaldraag starrte Athónon zweifelnd an. „Du warst
ein Sklave in Pýur und bist entkommen?“, rief er, wohl
wissend, dass zahllose Elfenohren in der Nähe waren.
„Niemand kann dem Imperator entkommen!“, zischte
Paaldrag weiter. „Außer der Drache will das.“ Der
Chimärier verstummte, seine Augen weiteten sich noch
mehr. Sein Volk besaß keinen ausgeprägten Reflex zum
Zurückweichen. Der chimärische Reflex, wenn Angst
langsam heraufkroch, bestand im Zuschlagen. Paaldrag
ballte die Fäuste und beherrschte sich mühsam.Athónon
setzte seine Steinmiene auf und nickte. Schwer wie ein
Mühlstein hing der Vorwurf in der Luft. Dass Athónon 255
sogar einen Teil seiner Seele an den Drachen verkauft
hatte, um T’ral, den mächtigsten der Vier Könige
freizukaufen, verschwieg er lieber. Insbesondere die
Tatsache, dass der Imperator so jederzeit herausfinden
konnte, wo Athónon war und was um ihn herum
passierte, wollte er keinesfalls preisgeben.
Der Gnom wusste, dass er den Weg nicht zu Ende gehen
durfte, wenn er die Nachtelfen und die Halbgötter nicht
in tödliche Gefahr bringen wollte. Da Schattenwacht mit
Athónons Augen sehen konnte, war jegliche Überraschung
zum Scheitern verurteilt. Mèra und Srrig wussten das
ebenfalls, und auch Taffi. Alle anderen Personen, die von
dem Seelenopfer gewusst hatten, waren lange tot.
Athónon sah Laura eindringlich ins Gesicht, seine
heisere Stimme wandte sich jedoch an alle. „Ich werde
Euch darum auch vor dem Ende des Weges verlassen.“
Paaldrag und die anderen blickten unsicher zwischen
Laura und Athónon hin und her, die sich mit lodernden
Blicken durchbohrten. Fieberhaft überlegte Laura, ob sie
Athónons Opferbereitschaft vor allen zur Sprache bringen
sollte. Sie wusste, sie konnte nicht allein ein Wortgefecht
gegen ihn auskämpfen. Konnten und wollten die anderen
ihr dabei helfen?
Laura verlor das Blickduell ein weiteres Mal,
wie schon zuvor, als Athónon beim Tee düstere
Andeutungen gemacht hatte. Sie wandte sich schwer
seufzend ab. Aber sie zog auch niemand anderen in diese
Auseinandersetzung hinein.
256 Die unterschwellige Feststellung Paaldrags, Athónon
könnte ein Werkzeug des Imperators sein, schwebte
unerträglich zwischen den ungleichen Gefährten. Doch
nicht nur die schwiegen. Auch die Nachtelfen um sie
herum starrten auf Athónon, manche furchtsam, andere
unverhohlen wütend.
Laura bemerkte es als Erste. „Was glotzt ihr so?“, zischte
sie leise. Sie war jedoch wenig überzeugend, da sie den
Grund kannte, warum alle Athónon anstarrten. Außerdem
wusste sie, dass sie in einer so kritischen Situation als
Nicht-Elfin keine Autorität besaß.
„Der Rat soll darüber befinden“, tönte es unbestimmbar
aus der Menge der Nachtelfen.
„Tut mir leid“, raunte Paaldrag schuldbewusst zu
Athónon. Über die Konsequenzen seiner erhobenen
Stimme hatte er offenbar nicht nachgedacht. Er war einem
anerzogenen sozialen Reflex der Chimärier unterlegen;
Geheimniskrämerei wurde ihnen mit diversen Methoden
aberzogen. Umstehende durch Anheben der Stimme
einzubeziehen, war eine der Verhaltensweisen, die ihnen
zutiefst verinnerlicht wurde.
„Jetzt ist es raus“, murmelte der Gnom nur.
Nach zwei Stunden legte der Zug der Nachtelfen die erste
Rast in einer schlauchförmigen Höhle ein. Niemand hatte
es eilig. In der vorderen Hälfte der Höhle stiegen magische
Lichter unter die Felsdecke. Bloß ein einzelnes Kochfeuer
wurde ohne Zauberei entzündet. In der hinteren Hälfte der
Höhle hingegen versammelten sich diejenigen Quirmóer,
welche jeglichen Einsatz von Magie ablehnten, so er nicht
absolut unerlässlich war. Viele kleinere Feuer prasselten
dort und füllten die Höhle und abgehende Gänge schnell
mit Rauch. Gelegentlich zauberte Myándirel deshalb
einen Windstoß von einem Gang in den anderen, sehr
zum Unwillen der magieablehnenden Fraktion. Außerdem
entbrannte während der Rast der Streit um die magischen
Lichter, wie sie nun im vorderen Höhlenteil leuchteten,
erneut. Unter Gezeter verlöschten sie von Zeit zu Zeit,
und unter noch mehr Gezeter schnellten sie wieder hoch.
Erste Gerüchte kamen unter den Magieablehnenden auf,
man müsse ohne Magie womöglich nicht nur das Wasser,
sondern auch das Feuerholz rationieren, bis man neue
Aufgänge zur Oberwelt gefunden hätte.
Olériel hatte vom Rand der Höhle aus die drei Elfinnen
beim Rat beobachtet. Zwar hatte sie kaum hören können,
was gesprochen worden war, doch sie kannte das Gesicht
der Wortführerin von anderen Gesprächen. Schon oft
hatte diese abfällig über die Männer gesprochen und dass
ihrer Meinung nach die Falschen im Rat säßen.
„Erzähl mir vom Anführer Deines Volkes“, bat Olériel
Taren, nachdem sie über eine möglichst unverfängliche
Formulierung dieser Frage nachgesonnen hatte.
„Mein Volk ist zersplittert und hat keinen richtigen
Anführer. Jeder Stadtstaat und jeder Dörferbund steht
für sich allein“, berichtete Taren. Voller Sorge dachte er 315
an seine Heimat Silberberg, an eine von nur drei wirklich
großen Städten der Menschen. Silberberg musste ganz
allein der Belagerung durch die Chimärier standhalten.
Laut Athónon gab es die Stadt vielleicht schon gar nicht
mehr. Der von Gerüchten und Geheimnissen umwitterte
Königskult hatte mit einem Artefakt, das die Vier
Könige ins Leben zurückrufen konnte, Schattenwacht
erpresst und damit die Chimärier vom entscheidenden
Schlag abgehalten. Doch die Erpressung war laut
Athónon hinfällig, da die Vier Könige das Totenreich
ja längst verlassen hatten.Taren räusperte sich. Mit den
Einzelheiten, wieso die Stadt überhaupt so lange gegen
solch eine Übermacht durchgehalten hatte, wollte er seine
neue Gefährtin nicht langweilen.
Olériel sah sich traurig um und raunte: „Tja, es scheint,
als wenn mein Volk bald auch in viele winzige Gruppen
zerfällt, so sehr es sich auch an seiner Kultur festzuklammern
glaubt. An irgendeiner ominösen Waldelfen-Tradition,
die hier die wenigsten wirklich kennen. Eigene Gruppen!
Wieso nur tun die so etwas Dummes? Das hilft doch
niemandem“, beschwerte sie sich. „Vielleicht hätte Mèra
doch wieder Königin werden sollen.“
„So ist die Natur des Geistes: Er kann sich wider
besseres Wissen verhalten, und prompt muss er davon
ständig Gebrauch machen“, spottete Taren. Doch seine
Augen glühten finster. Es schadete der Welt, dass nicht
alle Völker von Theb Nors Prophezeiung wider das Wissen
beschützt wurden.
„Jemand sollte ein Gesetz dagegen erlassen“, grollte Olériel.
316 Taren drehte ihr überrascht das Gesicht zu und fragte:
„Wogegen? Gegen den Geist?“ Gibt es schon. Nur erkennen
die Elfen Theb Nor nicht als Propheten an.
Olériel schwieg. Nach einer Weile erwiderte sie: „Nein,
erst einmal nur dagegen, sich dem Rat zu widersetzen.“
„Und wenn eines Tages böse Elfen den Rat beherrschen,
sollte man sich ihm dann trotzdem nicht widersetzen
dürfen? Je mächtiger und reicher der Rat gemacht wird,
desto eher werden die Falschen ihm beitreten wollen,
anstatt dass sich nur die Klugen und Weisen für diese
Aufgabe interessieren.“ Die von den Göttern geleitet werden,
ohne selbst zu viel zu denken. „Früher hatte mein Volk
Tempelkönige, denen man nicht widersprechen durfte.
Viele Tempelkönige erlagen der großen Macht jedoch oder
wurden von den Amdovenn verführt. Sie unterdrückten
das Volk, um sich zu bereichern.“
„Böse Elfen im Rat?“, lachte Olériel künstlich. Doch
ihr Blick verriet eine unterschwellige Furcht, die Taren
wachgekitzelt hatte. Sie sprach eine andere Vermutung
aus: „Ich glaube eher, dass die wirklich Klugen und
wirklich Weisen kein Interesse daran haben, sich mit
den Problemen des einfachen Volkes zu befassen.“ Voll
Bitterkeit knurrte sie: „Wer wirklich klug und weise ist,
opfert sich nicht für andere auf. Wer zu schwach ist, sich
um sich selbst zu kümmern, der stirbt eben. Sehen es so
nicht auch die Chimärier? Nun, erfolgreich sind sie wohl,
in gewisser Weise.“
Taren blickte sie aufmerksam von der Seite an. „Die
wirklich Klugen und Weisen werden von den Göttern für
solche Aufgaben bestimmt, ob sie wollen oder nicht.“
318 Sie erwiderte den Blick nicht. Der Tempelkrieger
seufzte. Er wusste, dass Olériel nichts von Göttern hielt.
Taren lächelte dünn und legte ihr den Arm um die
Schultern. Dankbar schmiegte sie sich an ihn und schloss
die Augen. Er nahm den anderen Gesprächsfaden wieder
auf: „Ein Chimärier nimmt niemals Hilfe an, das stimmt.
Sie halten sowohl Anbieten als auch Annehmen von Hilfe,
wenn es nicht einem unmittelbaren Sieg dient, für eine der
schlimmsten aller Schwächen. Sie glauben, damit ihrem
Volk erheblich zu schaden. Im Gegensatz zu den anderen
Völkern sind sie in der Erziehung extrem streng und lassen
selbst geringe Verweichlichungen ihrer Grundsätze nicht
zu. Sie haben ein Sprichwort: Auch der erste Schritt der
falschen Reise entführt das Auge in die falsche Richtung.“
Ohne eine nähere Erklärung hatte Taren doch
verstanden, dass Olériel ihre Fragen nur aus Trauer um
ihre vor langer Zeit beim Handeln getötete Familie
geäußert hatte. Er hatte schon zu viel geredet. Taren war
überrascht, wie gut er die Elfin verstand, obwohl er sie erst
wenige Stunden kannte.
„Hat Dein Volk viele Gesetze?“, fragte Olériel nach
einer Weile. Den Kopf ließ sie an Tarens Brust liegen. Er
genoss ihre knisternde Nähe und ihren Atem, der sich wie
ein Streicheln anfühlte.
Taren schilderte: „In vielen Stadtstaaten der Menschen
gibt es klare und feste Gebote, ja. Der Kulturtrieb ist
nicht nur bei den Elfen stark. Es gibt aber immer wieder
Einzelne bei uns, die sich mit ihren spitzen Zungen gegen
die Gebote wehren oder glauben, sie aufgrund ihrer
exakten Wortwahl umgehen zu können. Das wirklich
Wichtige ist deshalb für mein Volk, kluge Richter, Räte 319
oder Könige zu haben, die den Gehalt der Gebote mit
dem Herzen verstehen und ehren und sie konsequent
durchsetzen, ohne sich mit Haarspaltereien und spitzen
Zungen aufzuhalten. Denn Worte sind bekanntlich
dehnbar und manipulativ, Waffen der Amdovenn.
Sie halten im Zweifelsfall bloß auf – selbst wenn jene,
welche sie als Geisteswaffen vorschützen, das inbrünstig
bestreiten. Alle Gesetze und jeden Einzelfall in exakte
Worte fassen zu wollen, wäre wohl ein Fass ohne Boden
und niemand könnte sich das alles merken.“
„Genau wie bei uns“, murmelte Olériel. „Was macht
Dein Volk, wenn seine Anführer nichts taugen?“, fragte
sie vorsichtig.
„Meist gibt es einen besseren Kandidaten, der seinen
Vorgänger mit Hilfe unserer Götter ablöst. Schwierig
wird es nur, wenn ein König allein zu viel Macht besitzt
und gleichzeitig sein Volk nicht achtet und es schlecht
behandelt. Ich kenne solche Städte nicht selbst, hörte aber
davon. Das Volk kann meist nichts dagegen tun, außer
die offensichtlich erzürnten Götter wieder zu beruhigen,
damit diese eingreifen.“
„Tja, wir haben für solche Fälle keine Götter“, murmelte
Olériel. „Hoffen wir, dass uns Männer wie Pêraphèniel
noch lange erhalten bleiben.“
„Was ist mit den anderen Ratsmitgliedern?“, wollte
Taren wissen. Doch Olériel seufzte nur leise zur Antwort.
Plötzlich setzte sie sich gerade hin, lächelte Taren an und
rief: „Lass uns von etwas Schönem reden! Diese ganze
Politik stimmt mich nicht gut.“
320 „Von etwas Schönem? Wie Dir?“, grinste Taren zurück
und vergaß seine Neugier rasch.
„Ich dachte mehr an Deine Lippen“, raunte Olériel.
Damit setzte sie sich auf Tarens Schoß, küsste ihn und
grub ihre Finger in seine Schultern.
Taren zuckte noch ein paar Mal und bäumte sich stumm
auf, dann brach sein Blick und seine Augen stierten entsetzt
an Melek vorbei. Olériel lag bewusstlos zu seinen Füßen.
Ihr Kleid war nicht zurück über die Beine gerutscht und
Melek verharrte für einen Moment wie hypnotisiert, um
sie anzustarren.
Vermutlich hatte Taren erwartet, dass die Götter
seinen Tod heldenhaft und spektakulär inszenieren
würden. Immerhin war er ein Tempelkrieger, der
Halbgötter begleitete. Er hatte in einem großen Kampf
gegen einen bedeutenden Feind fallen wollen, wenn er
schon sterben musste. Aber sein Gott und sein Schicksal
scherten sich offenkundig nicht um sentimentale
Gefühle, um Klischees oder Wunschdenken. Auch die
Dämonidin Calvraka war still und unbemerkt gefallen,
allem zurückliegenden Ruhm zum Trotz.
Die Wirklichkeit war schnörkellos, kalt und hart.
Sie ergab nicht immer eine schöne Geschichte mit
vorhersehbarer Struktur zum Mitfiebern. Sie war
unbequem und richtete sich nicht nach den Wünschen
von Zuhörern in warmen, behüteten Tavernen, die
bloß eingelullt und über ihren Alltag hinweggetröstet
werden wollten. Die Schwachen wurden von ihr
eingeschüchtert und verjagt, nur die Starken stellten
sich ihr gern.
360 Melek hatte Tarens Geschichte vom makellosen
Tempelkrieger auf den Fersen eines Mörders oftmals
gestört, weil er sich nicht hatte fangen lassen. Von den
Geschichten der zahllosen Opfer ganz zu schweigen, die
nie ein gutes Ende nahmen. Und nun hatte Melek auch
Tarens Geschichte für immer verunstaltet und vorzeitig
abgebrochen. Meleks eigene Geschichte hatte dafür einen
weiteren Höhepunkt erlangt, obgleich sie außer ihm selbst
niemand hören wollte.
Was immer es war, was sich am Strand von Harkýior
zusammenbraute und was auch Taren gespürt hatte –
Taren würde kein Teil mehr davon werden. Jedenfalls
nicht sein Körper ...
Lauras Bauch und Brüste wurden eisig auf dem Fels. Ihre
Haut brannte von den tiefen Kratzern, die spitze Steine und
Meleks Fingernägel gerissen hatten. Melek lag nackt auf
ihrem Rücken und schlief endlich, hielt aber noch immer
ihre Handgelenke fest. „Was habe ich getan?“, stöhnte sie
und riss die Augen auf. Das Kettenhemd lag neben ihr,
die Fetzen ihrer Tunika und ihres Brusttuches hingen
an ihren Armen. Hose und Lendentuch hingen an ihren
Knöcheln, die Stiefel trug sie noch. Nur langsam sammelte
ihr Bewusstsein sich wieder und bestätigte, dass sie nicht
bloß einen unappetitlichen Traum gehabt hatte. Sie war
abermals von ihrem verhassten Menschenerbe überwältigt
worden, ihre Fassade hatte nicht standgehalten. Melek
hatte gewonnen und sie hatte sich nicht mal gewehrt. Mit
tränenden Augen schüttelte sie seinen schlaffen Körper ab,
sprang auf und zog sich so weit an, wie ihre Kleidung nicht
zerrissen war.
Melek öffnete die Augen und lächelte sie verschlafen an.
Laura rannte zu ihrem Schwert. Zähnefletschend stürmte
sie auf Melek los, aber der blieb liegen und hob abwehrend
die Arme. „Ich dachte, wir hätten uns vertragen?“, fragte
er vorwurfsvoll und schien ehrlich überrascht. „Lass uns
lieber ein Feuerchen und Tee machen!“, schlug er vor.
Seine Augen blitzten dämonisch, verrieten seinen Spott 455
und sein Triumphgefühl.
Laura wankte rückwärts, ihre Knie wurden weich.
Ungläubig blinzelte sie ihre Tränen fort, sie schniefte und
schluckte. Sie hatte sich geirrt: Sie wäre keine kaltblütige
Mörderin, wenn sie ihn tötete. „Wenn irgendjemand den
Tod verdient, dann Melek!“, schoss ihr in den Kopf.
Srrigs Lektion galt nicht für diesen Fall. Sie wäre die
legitime Richterin und Henkerin eines Monsters, tat
ihre Pflicht und würde sich obendrein von seinem Fluch
befreien. Nur das Ergebnis zählte für sie.
Zwar galt ein Teil ihrer Wut sich selbst, weil sie dem
widerwärtigen Erzfeind verfallen war. Doch sie lenkte
diese Wut auf Melek um. Fieberhaft suchte sie einen Weg,
ihre Skrupel zu verlieren, ihn zu töten, aber ihr Gesicht
dabei zu wahren – ihre Heldenfassade, die sie krampfhaft
zu erhalten suchte.
Er würde weitermorden, wenn sie ihn nicht aufhielt.
Denn gerade weil er ihr so ähnlich war, würde er sich
keinesfalls von einem Tag auf den anderen ändern. So wenig,
wie sie es konnte. Plötzlich schien ihr alles sonnenklar.
Wegen ihres väterlichen Erbes, das sie Melek so ähnlich
machte, war sie ihm zuvor unterlegen. Doch nun drehte
sie den Spieß um. Sie nutzte das Wissen über ihn, das sie
ebenfalls jenem Erbe verdankte, um sein Schauspiel zu
enttarnen und seinen Tod zu rechtfertigen, ohne selbst
dem Bösen zu verfallen. Sie verwandelte ihre dunkle
Seite in etwas Nützliches, so wie sie zuvor ihren Stolz als
zusätzliche Kraft zu nutzen versucht hatte, anstatt sich
vom Stolz in Schwierigkeiten bringen zu lassen.
456 Laura kam bebend näher und fletschte die Zähne.
Melek sah die Mordlust in ihren Augen und schob sich auf
die Knie. Sein Gesicht verfinsterte sich. „Wie Du meinst!“,
zischte er und sprang zu seinem Dolch. „Lass mich gehen,
dann siehst Du mich nie wieder.“ Ich hoffe auf ein Kind von
Dir und dass Du es großziehst, um meinen überlegenen Weg
zu würdigen und meinen Fortbestand zu sichern. „Aber greif
mich an und ich töte Dich.“
Athónon
Der alte Gnomenspäher hat ein breites Kreuz und eine
Schwäche für seltene Teesorten. Viele bezeichnen ihn
wegen seiner enormen Kampferfahrung und seiner
Vergangenheit als Helden. Doch das ist dem wortkargen
Götterdiener nur lästig. Nie würde er den Vier Königen
eine Bitte abschlagen, aber seine wahre Aufgabe beim
Kreuzzug gegen Schattenwacht sieht er darin, Laura, die
junge Tochter seiner toten Freundin Jade, zu beschützen.
Denn eine eigene Familie war ihm nie vergönnt.
Brommil
Der Zwergensöldner geriet als Gefangener der Chimärier
zunächst an Taren und Srrig. Er spürt, dass große Dinge
bevorstehen. Er möchte daran teilhaben und sein bisheriges
Leben hinter sich lassen. Brommil rettete Laura bei ihrem
ersten Kampf gegen Melek.
Cerýllion
Der unsterbliche Elf benutzte Mèra im Glorreichen
Zeitalter, um ihr den Thron zu stehlen. Er schickte sie ins
Exil und kollaborierte mit dem Äußeren Volk, doch am
Ende des Krieges flog sein Verrat auf und seine Rolle wurde
mit Mèras vertauscht. Für Jahrhunderte war Machtgier
sein einziger Antrieb. Heute ist er ein willenloser Diener
Schattenwachts, doch seine magische Kraft ist immens.
482 Cesius
Der Tempelkrieger aus Silberberg, von Elfen als haariger,
fetter Klumpen tituliert, war ein Meister des Krieges und
ein guter Freund Athónons. Durch einen Fluch, der den
Zauberer Xelos in den Wahnsinn trieb, kam Cesius zu
Tode: Xelos tötete Cesius mit einer Salve Feuerkugeln. Die
größte Leistung des Tempelkriegers war die Ausbildung der
Nachtelfin Jade zur Kriegerin. Er lehrte sie die Wahrheiten
des Kampfes, sodass auch Laura, Jades Tochter, ihm
indirekt ihr Können verdankt.
Endáruel
Lauras Ziehvater ist ein guter elfischer Waldläufer. Er
akzeptiert seine halbmenschliche Tochter, doch blieb
sein Verhältnis zu ihr stets oberflächlich. Woher er das
Eisenschwert und das Kettenhemd hat, das Laura bei ihrer
Flucht mitnahm, bleibt ein Geheimnis.
Fêowyn
Der alternde Nachtelf ist ein Ratsmitglied von Quirmó. Er ist
stets freundlich, wenn auch etwas traurig. Seine Fähigkeiten
als Meisterheiler sind in Quirmó außer Konkurrenz.
Gamáal
Er ist der beste Krieger Quirmós, ein unheimlicher und
sehr gefährlicher Elf. Dass die Mitgliedschaft im Rat
ihm und nicht Kanmárael zugestanden hätte, ist ein
offenes Geheimnis. Kanmárael war als der Umgänglichere
vorgezogen worden. Niemand versteht es wie Gamáal, ein
Schwert zu führen. Gerüchte besagen, bevor er ein Nachtelf
wurde, habe er in einem Kloster der Tigermenschen deren 483
spirituelle Kampfkunst studiert.
Gozbad
Dieser uralte Geist korrumpierte Melek als Kind und
machte ihn zu seinem Werkzeug. Je mehr Leid Gozbads
Jünger auf Hevanor anrichten, desto stärker wird er.
Jade
In einem zurückliegenden Krieg gegen Tiefenweltler
unter der Führung eines untoten Magierkönigs half die
Nachtelfin Athónons Gruppe, eine neue Heimat für eine
kleine Elfensippe zu finden. Als sie der Gruppe heimlich
nachlief, wurde sie jedoch gefangen und geschändet. Gegen
alle Widerstände im Dorf gebar sie Laura. Sie konnte die
Wut kaum ertragen, als ihre Tochter genau denselben
Fehler machte und Jades Schicksal beinahe geteilt hätte.
Von einem Schergen Cerýllions wurde die stolze Kriegerin
getötet, als sie Mèra verteidigte.
Kanmárael
Das Ratsmitglied von Quirmó ist für die Verteidigung der
Stadt verantwortlich. Kanmárael ist ein hervorragender
Kämpfer und der Erste, der die Wahrheit über die
vermeintliche Krankheit der Nachtelfen akzeptiert.
Laura
Die ungestüme Halbelfin erbte die Willenskraft ihrer
elfischen Mutter Jade und die Zähigkeit ihres unbekannten
Vaters. Sie sehnte sich nach Abenteuern und folgte
484 heimlich der Gruppe um die Halbgöttin Mèra. Doch bei
der Konfrontation mit der Wirklichkeit bekam Laura viel
mehr, als ihr lieb war. Schnell wurde sie von allen Illusionen
befreit und versucht nun zu überleben – denn zurück in
ihr Heimatdorf will die Außenseiterin nicht. Welche Rolle
sie beim Kreuzzug gegen Imperator Schattenwacht spielen
wird, ahnt sie noch nicht. Ihr oberstes Ziel ist zunächst,
ihren Erzfeind Melek zu töten und damit auch ihr eigenes
dunkles Erbe zu überwinden.
Lishárial
Lauras jüngere Schwester ist eine reinblütige, verwöhnte
Elfin und genauso gemein zu der Halbelfin wie alle im Dorf.
Melek
Er ist ein böses Genie. Melek strebt aber nicht nach
Höherem, sondern einzig und allein nach unmittelbarer
Triebbefriedigung. Der Geist Gozbad verfluchte Melek,
brachte ihn dazu, seine Eltern zu töten und gewann für
Jahre die völlige Kontrolle über den Jungen. So wurde
Melek ein Werkzeug Gozbads, auch wenn er sich für einen
freien und erfolgreichen Menschenjäger hält. Melek ist
davon besessen, Laura zu besiegen. Sie soll an der Seite von
Halbgöttern eine große Bedeutung erhalten und Melek
fühlt sich dagegen in einem Maß herabgewürdigt, das
er nicht hinnehmen will. Sein Sieg über Laura soll seine
Gleichwertigkeit beweisen.
Mèra 485
Die elfische Halbgöttin ist eine der mythenhaften
Heldengestalten aus dem zwei Jahrtausende zurück-
liegenden Glorreichen Zeitalter, den Vier Königen. Sie
rebellierten gegen die damaligen Götter und retteten so
Hevanor vor der Invasion durch das Äußere Volk. Mèra
und die anderen drei Könige wurden zu unsterblichen
Götterdienern gemacht und wachten für Jahrhunderte
über den Wiederaufbau der Welt nach neuen Werten, um
die Götter nicht abermals zu verärgern. Doch durch eine
Intrige Schattenwachts verschwanden sie aus der Welt und
tauchten erst dank Athónon und seiner Gefährten wieder
auf – stark geschwächt und ohne Gedächtnis, da das
Wiedererweckungsritual nicht ohne Fehler gelang. Mèra
ist vom hohen Alter zerrüttet und sehnt sich nach dem
ewigen Frieden. Aber erst muss Schattenwacht besiegt
werden, der nun wie Cerýllion zuvor mit dem Äußeren
Volk kollaboriert. Niemand sonst scheint dieser Aufgabe
gewachsen zu sein.
Mèra schuf einst die Nachtelfen als Waffe gegen das
Äußere Volk, doch gelang der Zauber nicht makellos. So
kam es, dass Nachtelfen kein Sonnenlicht vertragen, denn
ihre Gabe, das Äußere Volk verletzen zu können, reagiert
damit und verbrennt sie von innen heraus. Mèras größte
magische Kraft liegt in der Heilkunst.
Myándirel
Der fast blinde und schrullige Zauberer raucht gern Pfeife
und tritt im Rat von Quirmó die schwierige Nachfolge
des Meisterzauberers Velýthoel an, der durch die Hand des
486 Kanzlers der Amdovenn stirbt, Rogáril. Myándirel war es
auch, der Srrig sein verlorenes Gedächtnis zurückbrachte.
Nenúriel
Diese Nachtelfin lebte als verzweifelte Bettlerin in
Silberberg, verliebte sich in Taren und begleitete ihn auf
eine fragwürdige Mission ins Feindesland. Dort wurden
beide gefangen genommen und Nénuriel erschossen, als
sie in der Gladiatoren-Arena einen Heilzauber auf Taren
zu wirken versuchte.
Olériel
Tarens zweite nachtelfische Gefährtin experimentiert mit
Metallverarbeitung und ist ebenso eine Außenseiterin.
Anders als Nenúriel ist Olériel jedoch lebensfroh und weniger
zerbrechlich. Nur ihre Zähne sind keine Augenweide.
Paaldrag
Der desertierte chimärische Offizier, eine erfahrene
Kampfmaschine, ist hin- und hergerissen zwischen seiner
Gewohnheit, Niedere nicht ernst zu nehmen, und dem
Wunsch nach neuen Freunden. Er fürchtet sich insgeheim
vor dem Kreuzzug gegen Schattenwacht, denn auch
die Angst vor dem Imperator ist in der chimärischen
Erziehung tief verwurzelt.
Pêraphèniel
Der Älteste von Quirmó ist ebenso weise wie gebrechlich.
Er spürt schnell, wen er in Srrig, Mèra und Athónon vor
sich hat und unterstützt die Gruppe, so gut er kann. Sein 487
oberstes Ziel ist jedoch, sein Volk vor den Übergriffen der
Schlangenblüter zu schützen.
Randolph
Der Menschenkrieger ist einer der Vier Könige. Er
verkörpert wie kaum jemand das reine Gute, selbst
Mèra bewundert ihn. Er wird irgendwo im Feindesland
gefangen gehalten.
Rogáril
Der Kanzler der Amdovenn, des Äußeren Volkes arbeitet
mit Cerýllion und Schattenwacht zusammen, um eine
erneute Invasion Hevanors vorzubereiten, ohne dass die
Götter es frühzeitig mitbekommen. Nur die Vier Könige
könnten seine Pläne durchkreuzen. Er und Schattenwacht
sind sich einig, dass die Sterblichen und ihre Götter mit
Ausnahme der Chimärier das Überleben nicht wert seien,
auch wenn es bisher nicht gelungen ist, alle anderen Völker
mit bloßer Waffengewalt von Hevanor zu tilgen. Die
Amdovenn sind heimatlos und warten nur darauf, eine
neue Welt zu besetzen. Darüber, wie die Götter reagieren
werden, wenn sie vor vollendete Tatsachen gestellt werden,
können die Intrigenschmiede nur spekulieren.
Safériel
Die Gefährtin Kanmáraels ist Fêowyns rechte Hand als
Heilerin. Durch ihren Mut rettet sie Kanmárael und Mèra.
488 Schattenwacht
Der letzte freie Inferior ist ein Betrüger und Verräter durch
und durch. Der Drache lässt sich von seinen Chimäriern
als Gott feiern, verbietet aber jede andere Religion.
Gegenüber den Göttern übernahm er die Aufgabe des
Sphärenwächters und schickte die Vier Könige in ihre
verdiente Ruhe. Denn im Gegensatz zu den Göttern sind
sie vor Ort und durchschauen seine Pläne. Sein größter
Betrug ist jedoch, dass er gar kein echter Inferior ist, keiner
jener Ureinwohner Hevanors, die noch vor den Göttern
dort lebten und sich mit ihnen einen Krieg lieferten.
Schattenwacht war ein Spion der Götter, der nur die
Gestalt der Inferior annahm. Nun will er die Inferior aus
ihrer Verbannung befreien und als Verbündete gewinnen.
Doch die Vier Könige kennen auch dieses Geheimnis
und könnten Schattenwacht gegenüber den rachsüchtigen
Inferior auffliegen lassen. Abgesehen davon könnten sie
den Göttern Schattenwachts Verrat bezüglich des Äußeren
Volkes aufzeigen.
Sophéion
Der beste Barde Quirmós hat einen Platz im Rat, weil
die Künste, insbesondere Musik, unter Elfen traditionell
einen sehr hohen Stellenwert haben. Sophéion ist eitel und
den ruhmreichen Fremden gegenüber feindselig, weil sie
ihm das Rampenlicht stehlen.
Srrig
Der Tigermann ist ein weiterer der Vier Könige. Auch
er hat kaum noch eine echte Empfindung, weil das Alter
ihn ausbrannte. Doch wo Mèra hellen Empfindungen 489
wie Mitgefühl und Liebe wieder auf die Spur zu kommen
versucht, gibt Srrig sich mehr und mehr N’rracorr hin,
dem Dämon des Blutdurstes, der sich nach der Niederlage
des Äußeren Volkes in den Seelen der Tigermenschen
verschanzte und sie seitdem zu korrumpieren versucht.
Taffi
Das magische Chamäleon ist klug und weise, viel älter, als
es aussieht, und ein treuer Freund Athónons. Es ist in den
Zauberkünsten überraschend bewandert.
Taren
Er ist ein bärbeißiger und kriegserfahrener Tempelkrieger
von Bruder Mond, dem Gott der Nachtruhe. Er lernte Srrig
während der Flucht aus der chimärischen Arena kennen
und spürte sofort, dass sich große Dinge anbahnten. Taren
ist fasziniert davon, den Vier Königen ohne jegliches
Hintergrundwissen auf einer heiligen Mission zu folgen.
Der Prophet Theb Nor, der den Grundstein von Tarens
Glauben legte, verdammte jegliches Wissen als etwas Böses,
welches das Äußere Volk anlockte und die Sterblichen in
den Abgrund stürzte. Unwissend eine Aufgabe zu erfüllen,
deutet Taren daher als göttliches Zeichen. Tarens Heimat,
die Metropole Silberberg, wurde vom Feind belauert, aber
nicht entschieden angegriffen. Von Athónon erfährt Taren,
dass dies an einem Artefakt in Menschenhand liege, das
die Vier Könige in die Welt zurückrufen könne, und dass
Schattenwacht von einem Geheimkult der freien Völker
erpresst wurde, die Erpressung aber mit Erscheinen der
490 Vier Könige lange hinfällig sei und Silberberg zur Stunde
vermutlich gar nicht mehr existiere.
T’ral
Das archaische Wesen erschien primitiven Kulturen schon
lange vor dem Glorreichen Zeitalter als mythische Gestalt,
genannt Der Feuerbringer. Wie alle Dämoniden wurde
auch T’ral vom Äußeren Volk als Kriegsdiener geschaffen,
doch ist T’ral der Letzte, der noch in einem vorzeitlichen
Krieg jenseits Hevanors gedient hatte. Er gehört ebenfalls
zu den halbgöttlichen Vier Königen, denn er führte die
Dämoniden Hevanors bei der Rebellion gegen die Götter
an, nachdem er sich von seinen Schöpfern abgewandt hatte.
Cerýllion war T’rals Meisterschüler, bevor ihre Wege sich
trennten. T’ral ist so alt und mächtig, dass Schattenwacht
eine Konfrontation mit ihm insgeheim fürchtet. Die
Gedanken des Dämoniden sind der Welt so entfremdet,
dass selbst Mèra und Srrig ihn nicht verstehen.
Tugibenn
Der fröhliche alte Gnom und Meisterzauberer starb vor
langer Zeit im Dienste der Vier Könige. Doch Athónon
konnte diesen besten Freund und Vaterersatz nie
vergessen. Zu Tugibenns Erbschaft, die Athónon unter
Tränen antreten musste, gehörten neben einem wertvollen
Teesortiment noch schrullige Artefakte wie die gelbe
Tunika, auf der ein gestickter Fisch blubbert, aber auch
eine verwandelte Truhe, in der die Zeit stehen bleibt.
Unter allen sterblichen Zauberern kennt Athónon bis
heute niemanden, der solch ein Artefakt herstellen könnte.
Die Art, wie kaltblütig und berechnet Tugibenn für ein 491
höheres Ziel geopfert worden war, hat eine tiefe Narbe in
Athónons Seele hinterlassen.
Veydrag
Der illegitime Sohn Schattenwachts trägt die Runen
der Inferior auf dem Rücken. Er ist der jüngste und
gefährlichste General des Imperiums und wird von einem
hochrangigen Richter auf Srrigs Fährte angesetzt: Veydrag
soll Srrig das Geheimnis der Unsterblichkeit entreißen.
Wenndur
Dieser halbelfische Barde umschwärmte Laura vergeblich
während des ersten Teils ihrer Reise. Er starb für sie im
Kampf, und nun hat Laura nur noch seine Laute als
Erinnerungsstück.
Xelos
In jungen Jahren von einem Späher des Äußeren Volkes
besessen, hat Xelos sich nie ganz von der dämonischen
Berührung erholt. Er wurde zu einem der besten
Dämonologen und machte sich dadurch unentbehrlich
bei der Erforschung des Feindes durch den geheimen
Königskult. Doch jeder wusste, wie gefährlich und
unberechenbar der Zauberer gleichzeitig war. Bei einem
seiner Aufträge trieb ihn ein Fluch endgültig in den
Wahnsinn. Er tötete den Gefährten Cesius und wurde
daraufhin von Athónon erschlagen.
492 Zeeris
Das Teufelchen, ein gebürtiger Wüstenbewohner, liebt
Flammen an den Füßen und frische Augäpfel. Seit
Athónon es vor vielen Jahren freikaufte, begleitet es den
Gnom, muntert ihn mit seiner unbeholfenen und doch
sympathischen Art auf und betätigt sich als unsichtbarer,
fliegender Späher mit scharfen Krallen. Besonders stolz ist
Zeeris auf seine einfache Heilmagie, die er sich von dem
verstorbenen Tempelkrieger Cesius abschaute.
BÖSES ERWACHEN
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Schattenwacht-Zyklus
- Aus der Welt der Erben von Theb Nor -
Böses Erwachen
Preis der Unsterblichkeit
Spiel mit dem Feuer
Sühne der Könige
Sturz eines Gottes
Ende der Nacht