Die Frauenfrage
ihre geschichtliche Entwicklung und wirtschaftliche SeiteVon Lily Braun
LeipzigVerlag von S. Hirzel1901Meinem Mann und meinem Sohn.
Vorwort.
Auf Grund vieljähriger Arbeit habe ich den Versuch unternommen, die Frauenfrage in ihrem ganzen Umfangeiner Darstellung zu unterziehen. Meinen Ausgangspunkt bezeichnet das für ihr Verständnis entscheidendeMoment der wirtschaftlichen Lage der Frau. Von welcher Seite man auch das weitverzweigte Problembetrachte, die realen Existenzbedingungen des weiblichen Geschlechts innerhalb der Gesellschaft bilden fürdie Vergangenheit wie für die Gegenwart den orientierenden Ariadnefaden, ohne den das Urteil fehl gehenmuss. Nur indem man die ökonomischen Thatsachen nach der ihnen zukommenden Bedeutung wertet,erschließt sich der Zusammenhang der Frauenfrage mit der sozialen Frage, deren integrierender Bestandteilsie ist.Mein Buch giebt zunächst eine gedrängte Geschichte der Entwicklung der Frauenfrage und derFrauenbewegung von den ältesten Zeiten bis zum 19. Jahrhundert. In eingehender Darstellung behandelt essodann die wirtschaftliche Seite der Frauenfrage, schildert die ökonomische Lage der Frau in den wichtigstenKulturländern, bespricht die sozialpolitische Gesetzgebung, kritisiert sie, stellt die Grenzen ihres Einflussesfest und wirft einen Ausblick auf die Bedingungen, unter denen eine organische Lösung der Frauenfragemöglich ist.Dem vorliegenden Band, der ein in sich abgeschlossenes Ganzes bildet, wird ein zweiter folgen, der diezivilrechtliche und öffentlichrechtliche Stellung der Frau, die psychologische und ethische Seite derFrauenfrage zum Gegenstand hat.Wie weit mir die Aufgabe gelungen ist, steht dahin, und wird sachkundige Kritik entscheiden. Eines aber darf ich geltend machen: daß die Darstellung auf einem umfassenden Studium der Litteratur, insbesondere auch,soweit es sich um die Ermittelung der thatsächlichen Zustände handelt, auf der Benutzung der amtlichenStatistiken, staatlichen wie privaten Enqueten, kurz so weit als möglich auf quellenmäßigen Untersuchungenberuht.
Berlin
, Oktober 1901.Die Frauenfrage1
Lily Braun.
Inhalt.
VorwortERSTER ABSCHNITT.
Die Entwicklung der Frauenfrage bis zum XIX. Jahrhundert.
Erstes Kapitel
: Die Frauenfrage im AltertumDie Periode des Mutterrechts.—Die Blutgemeinschaftsfamilie und die Schwägerschaftsverbände.DieEntwicklung zur Monogamie.Die Gesetzgebung in Bezug auf die Frauen.Platos und Aristoteles' Stellungzur Frauenfrage.Die Frauenfrage im römischen Reich.Die Stellung der Frauen bei den Germanen.
Zweites Kapitel
: Das Christentum und die FrauenChristus und die Frauen.Das kanonische Recht.Die römisch-katholische Kirche in Bezug auf dieFrauenfrage.Die Nonnenklöster und ihre Bildung.Die Folgen der Reformation für das weiblicheGeschlecht.
Drittes Kapitel
: Die wirtschaftliche Lage der FrauenDie hörigen Frauen in Burgen und Klöstern.Die Prostitution im Mittelalter.Das zünftige Handwerk undseine Stellung zur Frauenarbeit.Weibliche Genossenschaften und Beginenkonvente.Der Ausschluß derFrauen aus den Zünften.Die Anfänge der industriellen Entwicklung.
Viertes Kapitel
: Die Stellung der Frauen im GeisteslebenFrauenbildung in der italienischen Renaissance.Die berühmten Frauen Spaniens.Christine de Pisan unddie Bildung der Frauen Frankreichs.Der erste deutsche Vorkämpfer der Frauenbewegung.Die gelehrtenFrauen und ihre Neigung zur Mystik.Die Erziehungspläne Mary Astells.Die "gelehrten Frauenzimmer"des 18. Jahrhunderts.Die französische Salondame.Rousseaus Einfluß auf die Frauen.
Fünftes Kapitel
: Die Frauen im Zeitalter der RevolutionDie französischen Frauen in Philosophie und Politik.Die Vorkämpferinnen der Frauenemanzipation inAmerika.Talleyrand und das Recht der Frauen auf Bildung.Die französischen Arbeiterinnen und ihreForderungen.Die Frauenvereine während der Revolution.Olympe de Gouges.Auflösung derFrauenvereine durch den Konvent.Condorcets Verteidigung der Frauenrechte.MaryWollstonecraft.Hippels "bürgerliche Verbesserung der Weiber".
ZWEITER ABSCHNITT.
Die wirtschaftliche Seite der Frauenfrage.
Erstes Kapitel
: Der Kampf um Arbeit in der bürgerlichen FrauenweltAnfänge einer Erziehungsreform unter dem Gesichtspunkt beruflicher Arbeit: Fénelons Reform derMädchenerziehung.—Basedow und Karoline Rudolphi über die Erziehung der Töchter.—DieThe Project Gutenberg eBook of Die Frauenfrage, by Lily Braun.Vorwort.2
Erziehungsreform in England und Amerika.—Der Einfluß der Klassiker auf deutscheFrauenbildung.—Das Eindringen der Frauen in bürgerliche Berufssphären: in Amerika,—inEngland,—in Frankreich,—in Deutschland.—Die Anfänge der deutschenFrauenbewegung.—Die Bestrebungen für Frauenbildung und Frauenarbeit in neuester Zeit: in denVereinigten Staaten,—in England,—in Frankreich,—in Rußland,—inSchweden,—in Dänemark,—in Holland und Belgien,—in der Schweiz,—inItalien,—in Spanien und Portugal,—in Oesterreich,—in Deutschland.
Zweites Kapitel
: Die treibenden Kräfte der bürgerlichen FrauenbewegungDas numerische Uebergewicht des weiblichen Geschlechts über das männliche.—Das Verhältnis derKnaben- und Mädchengeburten in bürgerlichen und proletarischen Familien.—Die Verheiratbarkeitnach den Altersstufen.—Statistik der verheirateten und der ledigen Frauen—DerKnabenüberschuß bei der Geburt.—Die größere Sterblichkeit der Männer.—Der Rückgang derHeiratsziffern und seine Ursachen.—Statistik der erwerbsthätigen Frauen.—Statistik derFrauenarbeit in bürgerlichen Berufen.—Die verheirateten Frauen in bürgerlichen Berufen.—Diewirtschaftliche Lage der Lehrerinnen.—Die Löhne der Handelsangestellten.—DieBühnenkünstlerinnen und die weiblichen Journalisten.
Drittes Kapitel
: Die bürgerliche Berufsthätigkeit von prinzipiellen GesichtspunktenDer Unterschied der Geschlechter in Bezug auf die Körperkräfte.—Das weibliche Gehirn.—DerEinfluß der Geschlechtsfunktionen auf die Berufsthätigkeit.—Mutterschaft undFrauenarbeit.—Die Zerstörung der Weiblichkeit durch die Berufsthätigkeit.—Der Unterschiedder Geschlechter in Bezug auf die geistige Befähigung.—Das weibliche Genie und seine Zukunft.
Viertes Kapitel
: Die Entwicklung der proletarischen FrauenarbeitDie technische Revolution im Anfang des 19. Jahrhunderts.—Die Zunahme der Frauenarbeit infolgeder Einführung der Maschinen.—Der Kampf der Arbeiter gegen die Maschine.—Der Kampf derMänner gegen die Frauenarbeit.—Die Entwicklung der modernen Hausindustrie.—Frauenlöhneum die Mitte des 19. Jahrhunderts.—Arbeiterwohnungen.—Die sanitären Zustände in den erstenFabriken.—Die Lage der Landarbeiterinnen um die Mitte des 19. Jahrhunderts.—DieEntwicklung der Dienstbotenfrage.—Proletarische Frauenarbeit im Handel.
Fünftes Kapitel
: Die Statistik der proletarischen Frauenarbeit nach den letzten ZählungenDas numerische Verhältnis der proletarischen Frauenarbeit zur bürgerlichen.—Das Wachstum derproletarischen Arbeit im Verhältnis zum Wachstum der Bevölkerung.—Das numerische Verhältnis dermännlichen zu den weiblichen Arbeitern.—Die Frauenarbeit nach Berufsabteilungen, ihre Zu- resp.Abnahme.—Das Tempo des Wachstums der Frauenarbeit in der Industrie.—Die proletarischeFrauenarbeit in Alleinbetrieben.—Die mithelfenden Familienangehörigen.—Die Verteilung derFrauenarbeit in der Industrie je nach den Berufsarten.—Die Statistik der Hausindustrie: inDeutschland,—in Oesterreich,—in Frankreich,—in Belgien—Die Abnahme derhäuslichen Dienstboten.—Die Altersgliederung der Arbeiterinnen.—Der Familienstand derArbeiterinnen.—Die Zunahme der Arbeit verheirateter Frauen.
Sechstes Kapitel
: Die Lage der Arbeiterinnen in der Gegenwart
Die Großindustrie
: Die Löhne der Fabrikarbeiterinnen.—Verhältnis der Frauen- zu denMännerlöhnen.—Differenzierung der Arbeit nach Geschlechtern.—Die Ursachen derThe Project Gutenberg eBook of Die Frauenfrage, by Lily Braun.Inhalt.3
Ihre Neugier belohnen
Alles, was Sie lesen wollen.
Jederzeit. Überall. Auf jedem Gerät.
Keine Verpflichtung. Jederzeit kündbar.