Nun, sprechen wir von Zukunft, so meinen wir das Leben. Denn eine tote
Zukunft wäre keine Zukunft.
Sprechen wir aber vom Leben, so meinen wir freie, identitätsfähige
Lebensgemeinschaften – in der Natur das Biotop, das Rudel, die Herde,
beim Kulturwesen Mensch die identitätsfähige soziokulturelle Gesellschaft,
das heißt: die Sippe, den Stamm, das Volk, die Nation.
Nur die gemeinsame Arbeit ist es, die Lebensgemeinschaften ihren Sinn
und ihre Berechtigung gibt, die sie zusammenschweißt und
zusammenhält.
Fazit: Sprechen wir von der Zukunft der Menschen, so sprechen wir von
einer Vielfalt von identitätsfähigen Lebensgemeinschaften auf
sozioökonomischer Grundlage, von Gemeinschaften, deren
Daseinsberechtigung durch die gemeinsamen Arbeit begründet ist.
Denn sprechen wir von Zukunft des Lebens, so können wir eben nicht
Globalisierung meinen, weil Leben Identität, Vielfalt und Freiheit bedeutet,
Globalisierung hingegen Gleichschaltung, Vereinheitlichung und Zwang.
In diesem Sinne ist Globalisierung das genaue Gegenteil von Leben und
damit von Zukunft.
Wenn wir Leben und Zukunft wählen wollen, müssen wir deswegen die
Globalisierung ablehnen.
Wenn wir die Globalisierung aber ablehnen, müssen wir ein alternatives
Wirtschaftskonzept anbieten.
Dieses heißt bei uns: Raumorientierte nationale Volkswirtschaft.
Ähnliches gilt auch für weite Teile der westdeutschen Provinz. Wenn zum
Beispiel der baden-württembergische Autor Rüdiger Bäßler in die dörfliche
Welt zurückkehrt, deren Enge er einst als junger Mann entflohen ist, dann
befällt ihn <<Mitleid an Stelle von Überdruß>> angesichts all der
<<verwitternden Bahnhofsgebäude, pflanzenbewucherten Gehwege,
zerfallenden Spielplatzgeräte, leeren, staubblinden Schaufenster>>
Mehr und mehr Merkmale schleichenden Verfalls hat auch die frühere
Agrarministerin Renate Künast bei ihren Dienstfahrten ins ländliche
Deutschland, Ost wie West, bemerkt. Dazu schrieb sie: <<Sie können
durch Dörfer gehen, in denen gibt’s eigentlich nichts mehr. Wo ein
Mastbetrieb war, fällt heute der Stall zusammen. Die Dorfkneipe liegt im
Dornröschenschlaf. Die Jungen haben die Gegend verlassen.>>
Denn heute herrscht ein politisches System, das nicht entsprechend der
griechischen Bedeutung des Wortes Politik das Wohl der Polis, also der
Stadt, des Landes, der Gesellschaft, des Volkes, als Hauptaugenmerk hat,
sondern vielmehr die Profitmaximierung des entnationalisierten,
international vagabundierenden Finanzkapitals.
Politik soll dem Menschen dienen, aber sie kann es nur, wenn sie die
menschliche Gemeinschaft, das Volk, die Gesellschaft, den Staat schützt.
Denn, wie der große Konrad Lorenz feststellte, kann der Mensch ein
menschenwürdiges Leben nur als Teil einer Kultur, eines Volkes führen.
Das gilt in hohem Maße auch im wirtschaftlichen Leben.
Heute behandelt die Politik das Land als Marktplatz, auf dem die Rechte
von Marktteilnehmern aus aller Welt und vor allem die Rechte des
internationalen Finanzkapitals garantiert werden müssen, nicht aber die
Rechte der lebendigen, identitätsfähigen Gemeinschaft der Menschen, die
dort leben und arbeiten und eben darauf angewiesen sind.
Volk und Land werden von der zur Zeit herrschenden politischen Klasse
eben nicht als organisch zusammengewachsene Einheit betrachtet, nicht
als Lebensgemeinschaft mit einem Eigenwert jenseits aller „Ratings“ und
„Standortwettbewerbe“, sondern als Unternehmen, gleichsam mit einem
Börsenwert, angesehen. Die Politik wird dementsprechend als
Unternehmensstrategie mißverstanden.
Gewiß, auch ein Volk, ein Land braucht eine Strategie für seine
wirtschaftliche Organisation, aber eine völlig andere als ein Unternehmen!
Zur Zeit von Thünens bedeutete Entfernung natürlich in erster Linie die
rein geographische Entfernung. Wenn diese wächst, wachsen auch die
Transportkosten, wodurch die Intensität der Wirtschaftsbeziehungen sinkt.
Umgekehrt nimmt diese zu, wenn die Entfernung geringer wird, und sie ist
in der Siedlungsmitte, im Zentrum der Gesellschaft am größten. Dort sind
nicht nur die Transportkosten, sondern auch jene indirekten sozialen und
kulturellen Kosten am niedrigsten, die dann entstehen, wenn ich die Hilfe
von anonymen Fremden der Hilfe meines Nachbarn vorziehe, und wenn
ich lieber Fremden als meinen eigenen Leuten - den Verwandten, den
Nachbarn, den Landsleuten - Arbeit und Brot gebe. Wir können
dementsprechend von einer sozialen und kulturellen Entfernung sprechen,
die genau so wichtig und heute sogar wichtiger ist als die rein räumliche.
Wie auch immer Entfernung zu definieren sei, die generalisierte Form des
Satzes von Thünen kann heute wie folgt formuliert werden:
Dieser Satz gilt heute in verstärktem Maße, zumindest dann, wenn wir von
einer Wirtschaft sprechen, die menschenwürdig und umweltschonend sein
soll, und nur davon sollten wir sprechen.
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Damit haben wir die eine Hälfte der Begründung für unser
raumorientiertes Wirtschaftskonzept.
Die andere, nicht weniger wichtige Hälfte, ist der Umkehrschluß aus
dem Thünenschen Satz:
Und genau diese geistige Auseinandersetzung ist notwendig, wenn wir die
Globalisierung als die eigentliche ökonomische Grundlage der eingangs
geschilderten Zustände wirksam bekämpfen wollen.
Das Phänomen, das damit gemeint ist, kann mit zwei Zahlen aus der
sogenannten Input-/Output-Rechnung der Volkswirtschaftlichen
Gesamtrechung zusammengefaßt werden:
- 40 Prozent unserer Exporte bestehen aus Importen, und zwar
entweder aus importierten Vorprodukten oder aus fertigen
importierten Endprodukten, die lediglich ein neues Logo verpaßt
bekommen.
- 50 Prozent unserer Importe gehen in den Export.
Gerade damit sieht es aber nicht gut aus. Unser täglicher Bedarf wird
bereits zum großen Teil, in vielen Bereichen praktisch vollständig durch
Importe abgedeckt. Dementsprechend geht der binnenwirtschaftliche
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• Die wenigsten Deutschen tragen zum Beispiel auch nur ein einziges
Kleidungsstück, das in Deutschland hergestellt wurde.
• Deutsche Möbel und Einrichtungsgegenstände gibt es nur noch in der
Luxusklasse.
• Immer mehr Lebensmittel sind anonymisierte Importe.
• Auch die wenigsten höherwertigen technischen Konsumprodukte, wie
Fernseher, Computer- und Computerkomponenten, Drucker, Scanner,
Fax-Geräte, Mobiltelefone, Softwareprogramme etc., kommen aus
deutscher Produktion.
Diese Entwicklung wird künftig auch im Dienstleistungsbereich verstärkt
Platz greifen, und zwar im Rahmen der EU-Gleichschaltung der
Dienstleistungsmärkte (Stichwort Dienstleistungsrichtlinie), sei es
• bei privaten Dienstleistungen, wie im Taxigewerbe oder in der
Gastronomie,
• bei öffentlichen Dienstleistungen, wie im sozialen Bereich,
• oder bei industriellen Dienstleistungen, wie bei
Instandhaltungsaufgaben, Kantinenbetrieb, Gebäudereinigung etc.
Die Märkte sind die nach dem Gesetz von Angebot und Nachfrage in
ordnungspolitisch vorgegebenen Grenzen selbstregulierenden Systeme, in
deren Rahmen die gleichermaßen existenzsichernde wie gemeinschafts-
und kulturfördernde Arbeit in einem Gemeinwesen stattfinden kann.
Sie müssen, um die Wirtschafts- und Lebensräume in ihrer lebensnahen
Substanz erhalten zu können, räumlich begrenzt sein. Die räumliche
Begrenzung eines Marktes ist durch Vorteile der räumlich nahen
Wirtschaftstransaktionen gegenüber den räumlich fernen bedingt. Solche
Vorteile werden zwar durch die verkehrs- und kommunikationstechnische
Entwicklung tendenziell geringer. Allein aufgrund der kulturellen und
strukturpolitischen Kosten der Nivellierung von Lebens- und
Wirtschaftsräumen würden sie aber auch dann noch bestehen, wenn der
utopische Fall eintreten würde, daß sowohl die ökologischen und
gesundheitspolitischen als auch die energie- und rohstoffseitigen
Transportkosten auf Null sinken. Daß dieser Fall in der Tat utopisch ist,
beweisen die Ergebnisse zahlreicher Forschungsprojekte, wie etwa der
"Weltklimakonferenz" oder des "Clubs of Rome", aber natürlich auch die
derzeitige Entwicklung auf den Energie- und Rohstoffmärkten.
Der Staat hat die Aufgabe, die Identität und Integrität des Volkes und
seines Lebensraumes zu schützen. Dazu gehören Gestaltung und Schutz
der Wirtschaftsräume und Märkte durch die Wirtschafts- und
Raumordnungspolitik, die Währungs-, Finanz-, und Steuerpolitik etc. Zum
Schutz der Wirtschaftsräume und Märkte sind staatliche
Rahmenbedingungen in Form einer raumorientierten Marktordnung im
Inneren und eines angemessenen Außenschutzes nach außen erforderlich.
Zur Wahrnehmung dieser Aufgaben bedarf es eines starken und
souveränen Staates. Die staatliche Planungs- und Gestaltungshoheit muß
in allen Bereichen wiederhergestellt werden, zum Beispiel in der
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DAS KAPITAL. Da das Geldkapital, wie gerade geschildert, als eine Art
Ausgleichsglied zur Umwidmung (Reallokation) von Ressourcen zwischen
unterschiedlich ausgelasteten und prosperierenden Teilen einer Wirtschaft
fungiert, stellt es ein unverzichtbares Element zur Erhaltung der
sozioökonomischen Integrität einer Volkswirtschaft oder der Wirtschaft
einer Region dar.
Ich sage aber vorneweg: Damit das Kapital diese Aufgabe überhaupt
wahrnehmen kann, muß es wieder national werden und unter stärkste
nationalstaatliche Kontrolle gestellt werden. Das Kapital ist Eigentum des
Volkes, nicht der Kapitalisten. Diese haben es lediglich nach den politisch
vorgegebenen Spielregeln zum Wohle der Allgemeinheit zu verwalten.
Wenn Land und Volk sterben, weil ihre sozioökonomische Grundlage, die
nationale Arbeit, durch das internationale Kapital systematisch vernichtet
wird, brauchen wir nicht weniger als eine politisch-ökonomische
Revolution.
Diese wird kommen, und sie wird mit einem neuen ökonomischen
Paradigma einhergehen, eben der
Damit bin ich am Ende meines Vortrages. Ich danke für Eure
Aufmerksamkeit.