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Sexueller Missbrauch in der Familie

Missbrauch beginnt dann, wenn die Rechte auf sexuelle Selbstbestimmung des Jungen oder
des Mädchens verletzt werden. Besonders bei sexueller Gewalt in der Familie ist dieser
Übergang nur selten leicht zu bestimmen. Meist hält man sich an die Sexualnormen, die
innerhalb der Familie gelten.

In einer Familie, in der Kinder gewohnt sind, ihre Eltern nackt zu sehen, ist es noch kein
Anzeichen von sexueller Ausbeutung, wenn der Vater sich im Badezimmer aufhält, während
die Tochter/der Sohn badet. Schämt sich das Kind jedoch, und bittet den Vater, sie/ihn alleine
zu lassen, und entspricht der Erwachsene diesem Wunsch nicht, dann beginnt damit die
Verletzung des Rechts auf Selbstbestimmung des Mädchens oder Jungen. (Buchzitat: Ursula
Enders)

Nicht alleine die Praktiken oder der körperliche Schmerz, der den Kindern zugefügt wird,
verletzen. Vor allem die Demütigungen, die es über sich ergehen lassen muss, sind
traumatisch. Viele finden nicht einmal die richtigen Worte dafür, um zu beschreiben, was
ihnen in Kindesalter widerfahren ist. Sie werden von den Tätern seelisch zerstört, nur als
Sexualobjekt angesehen. Das gibt den Überlebenden das Gefühl, nichts wert zu sein. Dieses
Trauma zieht sich durch das ganze Leben, wenn den Betroffenen nicht die Möglichkeit
geboten wird, das Tabu des Schweigens zu brechen.

Bekommt man keine Gelegenheit, den Missbrauch zu verarbeiten, besteht die Gefahr,
"anzusacken". Von der Umwelt werden diese Menschen als Loser angesehen, Versager, die
nichts erreicht haben und auch nie etwas erreichen werden. Was dahinter für ein Schicksal
stehen kann, ist den wenigsten bewusst.

Die Gewalt wird unterschiedlich erlebt. Dabei spielen die Intensität der Täter-Opferbeziehung
sowie der sexuelle Entwicklungsstand zur Zeit des Missbrauchs eine Rolle. Letztendlich kann
man sagen, dass jedes Kind das Urvertrauen verliert. Schamgefühle, Angst, Sprachlosigkeit,
Vertrauenslust … Nur, um einige wichtige Punkte aufzuzählen. Womit bewiesen wäre, dass
sexuelle Gewalt erhebliche Entwicklungsstörungen hervorrufen kann.

Darüber reden

Die Schwierigkeit, den Missbrauch in Worte zu fassen, wird den Betroffenen oft zum
Vorwurf gemacht. Oft hören sie Sätze wie: "Du hast ja nie etwas gesagt." Das deprimiert noch
zusätzlich. Denn jedes Kind entwickelt seine eigenen Widerstandsformen. Dem Täter durch
geschickte Ausreden (kommt so eine Lüge ans Tageslicht, wird das Kind als verlogen
hingestellt, man glaubt ihm nichts mehr) versuchen, aus dem Weg zu gehen ist nur eine
Sache. Viele legen sich bekleidet ins Bett, bauen kleine Alarmanlagen, indem sie Spielzeug
vor die Tür legen. Betritt der Täter das Zimmer, wacht das ganze Haus auf.

Es liegt nun an den Eltern/Verwandten, diese Hinweise richtig zu deuten. Wichtig ist dabei,
mit den Kindern zu reden und sie ernst zu nehmen. In Familien, wo über Probleme und
Konflikte nicht gesprochen wird, weiß das Kind nicht, an wen es sich wenden soll. Es ist
somit dem Psychoterror des Täters schutzlos ausgeliefert.

Dagegen in Familien, in denen man miteinander spricht und eine Vertrauensperson da ist, die
ein Auge auf das Verhalten eines Kindes wirft, werden solche Anzeichen ernst genommen
und genauer beobachtet. Man kann dann auf das Kind zugehen, und herausfinden, was nicht
stimmt. "Egal, was es ist, und wenn es noch so schlimm ist. Du kannst mit mir darüber reden.
Wir finden schon einen Ausweg", ermuntern das Kind, sich anzuvertrauen.

Leider verschließen viele Unbeteiligte die Augen vor dem, was sie vielleicht insgeheim
ahnen. Aus Angst, die Familie könne auseinander brechen. Es geht vielleicht einfach über ihre
Vorstellungskraft hinaus, dass es in "ihrer" Familie zu solchen Vorfällen kommen könnte. Die
Schuld wird unterbewusst dem Kind gegeben, die Täter weiterhin in ihren Machenschaften
geschützt. Werden solche Übergriffe geduldet, wird man zum Mittäter! Meistens sind es die
Betroffenen selbst, die dem Missbrauch ein Ende setzen.

Weit verbreitet ist auch die Meinung, "so etwas" kommt nur in den unteren sozialen Schichten
vor. Dabei zieht sich der Missbrauch an Kindern durch alle gesellschaftlichen Schichten.

Täter denken, sie haben ein Recht auf das Kind. Vielen ist noch nicht bewusst, dass der
Missbrauch eine schwere Straftat ist. Auch, wenn die Opfer etwas anderes eingeredet
bekommen, Missbrauch ist eine schwere Straftat, die gesetzlich verfolgt wird. Verschiedene
Polizeidirektionen haben besondere Dienststellen eingerichtet, die sich ausschließlich mit
solchen Fällen beschäftigen. Die Mitarbeiter sind besonders geschult worden, und gehen auf
die Betroffenen (kindgerecht) ein.

Beraten lassen

Bevor man sich zu einer Anzeige entschließt, sollte man sich vorher an eine Beratungsstelle
wenden. Dort bekommt man Tipps und Informationen. Für die Überlebenden bedeutet es
nämlich, alles noch einmal durchmachen zu müssen. Erst, wenn man stabil genug ist, und sich
in therapeutischer Behandlung befindet, sollte man diesen letzten Schritt wagen. Eine
überstürzte Anzeige bringt nicht viel, wenn das Opfer zusammenbricht. Wann der richtige
Zeitpunkt ist, muss jeder für sich entscheiden. Therapeuten und geschulte Mitarbeiter von
Beratungsstellen helfen.

Niemand, der so etwas nicht durchmachen musste, kann nachvollziehen, wie sich ein Kind
oder Jugendlicher fühlt, der sexuell missbraucht wurde. Die Opfer haben "lebenslänglich"!
Die Betroffenen nennen sich selbst "Überlebende".

Anzeichen auf Missbrauch

Anzeichen, die auf Missbrauch hindeuten können, und ernst genommen werden müssen.
Natürlich sind es nur Anhaltspunkte. Selbst wenn kein Missbrauch vorliegt, sollte man den
Ursachen für bestimmte Verhaltensweisen herausfinden.

Schlafstörungen, Geschlechtskrankheiten, Schwangerschaften, Bettnässen, Essstörungen,


Ängste, Schmerzen, Zwänge, Depressionen, auffälliges Sexualverhalten, geringes
Selbstbewusstsein, Suizidversuche, sich selbst Verletzungen zufügen

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