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18 STUTTGART STUTTGARTER ZEITUNG

Nr. 56 | Dienstag, 9. März 2010

Mehr Einfluss
für Schusters
Bürochefin?
PersonalSeine Sprecher suchen
das Weite. Der OB geht auf
Tauchstation. Von Thomas Braun

ür die einen ist es ein Symbol für die

F Ratlosigkeit im Rathaus, für die an-


deren eine rein privat motivierte An-
gelegenheit: Mit Katrin Lebherz verliert
Oberbürgermeister Wolfgang Schuster be-
reits den dritten Pressesprecher innerhalb
eines Jahres – und das nach rekordverdäch-
tiger Dienstzeit von nur sechs Wochen. Ei-
ner anderen Position in seiner direkten
Umgebung will der Rathauschef dagegen
mehr Befugnisse zugestehen – die seiner
persönlichen Referentin Andrea Klett-Ein-
inger. In ihr sehen viele die eigentliche Ur-
sache für die vielen Personalwechsel.
Katrin Lebherz will sich zu den Grün-
den ihrer Kündigung selbst nicht äußern –
dafür tun dies andere umso ausführlicher.
Schon ihr Vorgänger Markus Schubert sei
an den Strukturen und Personen innerhalb
der Stabsstelle Kommunikation verzwei- Ein Soldat ist immer ein Soldat: General William E. „Kip“ Ward trägt vier silberne Sterne auf den Epauletten seines dunkelblauen Uniformblousons. Fotos: Daniel LaPierre
felt, heißt es im Rathaus. Seine Aufgabe als
OB-Sprecher habe er nur eingeschränkt
wahrnehmen können, weil ihm gleichzeitig
die Verantwortung für den Internetauftritt
der Stadt sowie für das Amtsblatt oblag.
Schubert hatte noch vor seinem Ausschei-
den nach einem Dreivierteljahr Dienstzeit
Im Clay Haus ist der Boss daheim
dem OB eine Trennung von Stabsabteilung Homestory In bester Stuttgarter Halbhöhenlage residiert einer der
und Pressesprecher abgerungen – die
Stelle eines Stabsstellenleiters ist bereits rund 30 ranghöchsten US-Militärs. Von Daniela Eberhardt
ausgeschrieben. Gleichwohl hatte der
NDR-Journalist darüber geklagt, wie
schwierig es sei, „ungehindert“ Zugang as Auto rollt die Einfahrt hi- men 1000 Gäste in drei Schichten. Die bei-
zum OB zu bekommen. Diese Kritik zielte
auch auf die Rolle von Schusters Büroleite-
rin Andrea Klett-Eininger, der man ein ho-
hes Bedürfnis nach Kontrolle nachsagt.
Auch Katrin Lebherz hat dem Vernehmen
nach mangelnde Rückendeckung moniert.
Andrea Klett-Eininger wehrt sich gegen
D nauf und parkt neben dem den Wohnzimmer lassen die persönliche
grauen Porsche. Uns nimmt Hand ihrer Bewohner spüren: Erinnerungs-
die eiserne Tischrunde un- stücke von Auslandsaufenthalten ergänzen
term Vordach in Empfang, die Möbel, ein Paravent aus Asien, eine
die üppig mit Tannenzweigen dekoriert ist. Maske aus Afrika, dazu Bilder der Familie,
Von hier geht der Blick unweigerlich Rich- stolze Staatsbürger in verblichenem
tung Garten und erhascht ein traumhaftes Schwarz-Weiß. Und überall Elefantenfigu-
die Vorwürfe: Sie habe sich mit Schubert Stuttgart-Panorama. Eine klassische Villa ren. Die sammelt die Hausherrin.
keineswegs Scharmützel um Zuständigkei- in begehrter Halbhöhenlage. Ihre Bewoh- Joyce Ward schaut herein: „Nice to meet
ten geliefert und ihn auch nicht „hinausge- ner haben sie Clay Haus genannt. Das you.“ Ihr Mann ist inzwischen erfrischt
ekelt“. Die Zusammenarbeit sei vertrauens- „Denglisch“ ist kein Schreibfehler. Es ist und meint spontan: „Bleib doch beim Ge-
voll verlaufen – auf Basis einer klar abge- amerikanisches Selbstverständnis in spräch dabei.“ Gern, sie habe Zeit und Lust.
grenzten Aufgabenverteilung: „Ich habe Deutschland. Schließlich ist es das erste Mal, dass die
mich nicht in seinen Job als Pressespre- Nur einen Steinwurf von der Villa Reit- Wards offiziell ihr Haus für die Presse öff-
cher eingemischt und er sich nicht in mei- zenstein entfernt wohnt einer der mäch- nen. Und so finden wir uns auf der Sitz-
nen.“ Dass Schuberts Nachfolgerin Katrin tigsten US-Militärs. General William E. gruppe vor dem Kamin wieder, in dem eine Der Empfangssalon atmet den großbürgerlichen Geist der 20er Jahre.
Lebherz nun schon nach wenigen Wochen Ward trägt vier gewaltige silberne Sterne Duftkerze brennt. Sie verströmt die ty-
das Handtuch geworfen hat, hat nach ihrer auf den Epauletten seines dunkelblauen pisch amerikanische Mischung aus Vanille, rie, in der die Wards denken? „Doch“, sagen der an. Das sei seine Befehlskette, und er
Auffassung ausschließlich private Gründe. Uniformblousons. Der Kommandeur des Sandelholz, etwas Moschus vielleicht und sie, „wir fühlen uns in Stuttgart zu Hause, gehe dorthin, „wo sie mich gehen sehen
„Frau Lebherz und ich stehen keineswegs US African Command, kurz Africom ist Orangenblüte. Auf dem roten Samt des absolut.“ Es klingt, als meinten sie das auch wollen“. Ein Soldat bleibt ein Soldat.
auf Kriegsfuß“, betont Klett-Eininger. Dass nicht nur einer von geschätz- Zweisitzers steht ein wirklich so. Die Nachbarn seien „wundervoll“, die Bei den Obamas waren die Wards erst
sie sich innerhalb des Rathauses als persön- ten 30 Viersternegenerälen, „Wir fühlen dezentes gesticktes Heidel- Stadt habe sie sehr gut aufgenommen, sie im Januar in Washington zu Gast, wie sie
liche Referentin nicht nur Freunde ge- die Army, Navy, Air Force und uns in Stuttgart berg-Kissen. fühlten sich willkommen. Auch wenn der erzählen. Was für eine Vorstellung. In Stutt-
macht hat, räumt Andrea Klett-Eininger, Marine Corps zusammen ha- In Heidelberg haben die General die Dinge zurechtrückt: Africom gart sind sie befreundet mit Oberbürger-
Ehefrau des Esslinger Landrats Heinz Ein- ben. Der 60-Jährige ist derzeit zu Hause, absolut. Wards einige Zeit verbracht, sei in Stuttgart angesiedelt worden, weil meister Wolfgang Schuster und seiner Frau
inger, ein: „Mein Job ist es nicht, Every- auch der einzige Afroamerika- Unsere Nachbarn in Stuttgart leben sie jetzt die Einrichtungen in den Kelley Barracks Stefanie. Gemeinsam geht man ins Theater
body’s Darling zu sein.“ Eine solche Rolle ner in diesem Rang. Und Ward sind wundervoll.“ vier Jahre. Die längste Zeit in Möhringen vorhanden waren. und in die Oper. Der General bewegt sich
bringe es automatisch mit sich, „dass man ist erst der Fünfte mit dunkler überhaupt, die die beiden seit Außerdem ist die US European Com- gern in der Stadt, auch wenn die Body-
mal dem einen oder anderen auf die Füße Hautfarbe in der Army, der je Joyce Ward, die „First Lady“ ihrer Heirat vor fast 39 Jah- mand, kurz Eucom, in den Vaihinger Patch guards immer hinterdrein kommen. Er
tritt.“ Das Image einer „Leuteschinderin“ vier Sterne erreicht hat. der Streitkräfte in der Stadt ren an einem Ort zusammen Barracks angesiedelt; sie hat bis zur Grün- habe nun mal immer eine Gruppe von Men-
wolle sie sich aber nicht ankleben lassen. „Der Boss kommt.“ Der waren. In Deutschland sind dung des Regionalkommandos Afrika be- schen um sich, winkt er ab, das gehe dem
Manche im Rathaus halten ohnehin Hausangestellte reißt das Eingangsportal sie seit sieben Jahren, wobei der General treut und Ward war Deputy Commander, Ministerpräsidenten ja auch so. Er liebe es
nicht Klett-Eininger, sondern ihren Chef auf, General William Ward geht seinen Be- diese Zeit als „in and out“ definiert. Ein Vizechef. Insofern sei es logisch gewesen, „Downtown“ zu sein. Für Stuttgart hat
für den Hauptverantwortlichen. Der SPD- suchern mit federnden Schritten entgegen. Jahr davon war er in Bosnien und eines in hier zu bleiben, meint er. Und Joyce Ward einen schönen
Stadtrat und Kreischef Andreas Reißig kri- Ein Wimpernschlag und er hat das Haus Palästina. Als Africom-Chef reiste er zu- zieht den Vergleich mit zwei „Ich habe zwei Vergleich gefunden: „Es ist
tisiert Schusters mangelnde Präsenz im eingenommen. Große Gesten hat er nicht letzt nach Libyen und Algerien. bekannten Größen. Mercedes Bosse, den Präsi- eine große Stadt, die einem
Rathaus, und auch für den Grünen-Frakti- nötig. Er begrüßt die Besucher strahlend, Im Januar wurde er in Atlanta für sein und Porsche hätten ihr Haupt- das Gefühl gibt, in einer klei-
onschef Werner Wölfle ist die häufige Ab- sagt, er mache sich kurz frisch und geht das Lebenswerk, also für seine steile Militärkar- quartier auch in Stuttgart, ver- denten der USA nen Stadt zu sein.“ Ihr Mann
wesenheit Schusters ein Manko: „Wenn die offene Treppenhaus aus dunklem Holz hi- riere, mit dem Trumpet-Award ausgezeich- kauften aber weltweit Autos. und den Verteidi- betont: „Sie kommt viel rum
Katze aus dem Haus ist, tanzen die Mäuse nauf. Hat er nun zwei Stufen auf einmal net. Berühmte Vorgänger sind Harry Bela- „Die Aktivitäten werden hier gungsminister.“ in Deutschland, sie berät die
halt auf dem Tisch.“ Aber auch in der CDU genommen? fonte, Nat King Cole, Ray Charles. Er sei geplant und dort ausgeführt. deutsch-amerikanischen
wird hinter vorgehaltener Hand geklagt, Die Zeit reicht gerade für einen Blick in sehr stolz über diese „ganz spezielle Aus- Unsere Arbeit ist in Afrika.“ William E. Ward, Frauenclubs.“ Stolz ist er auf
der OB regiere nicht, sondern überlasse seine Wohnräume. Mehrere Salons gehen zeichnung“, sagt er. Dass der Preis die Leis- Wie lange bleibt er noch in Kommandeur von Africom sie, und im Moment zählt
häufig seiner Entourage das Feld. Das Rat- ineinander über. Der Eingangsbereich lässt tungen der Afroamerikaner würdigt, sagt Stuttgart? „Das weiß ich Deutschland, auch wenn sie
haus sei in einem „desolaten Zustand“. den großbürgerlichen Geist der Bauzeit, er nicht. Überhaupt spricht er bedächtig, nicht. Das bestimmen meine Chefs“, sagt Asien, Afrika, den Nahen Osten und die
OB Schuster wollte auf Anfrage die Vor- der 20er Jahre, erahnen. Der Empfangs- horcht seinen Sätzen nach, bekräftigt sie er. „Ich habe zwei.“ Jetzt schaut er kurz zu USA von Alaska bis Hawaii kennen.
würfe nicht kommentieren. Er muss sich raum ist zweigeschossig, die Empore origi- leise: „Yeah, yeah“, was klingt wie „ja, ja“. seiner Frau hinüber, grinst und korrigiert: Der General kann schwer nachvollzie-
wohl bald im Gemeinderat für seine Perso- nal erhalten mit den Fenstern, deren Flü- „Oh, the Black Forrest Clock“, meint die „Nein drei.“ Sie nennt ihn übrigens „Kip“, hen, dass viele Stuttgarter das US-Militär
nalpolitik rechtfertigen. Nach StZ-Informa- gel sich nach innen öffnen. Der Repräsenta- Hausherrin, als es dezent aus dem Salon diesen Spitznamen gab ihm seine Tante, er immer noch als Staat im Staat betrachten.
tionen plant Schuster, den Aufgabenbe- tion dienen die zwei Kronleuchter und der die Stunde schlägt. Die Kuckucksuhr. Gibt hat ihm gefallen, also behielt er ihn. „Meine Die meisten seiner Mitarbeiter in Stuttgart
reich seiner Büroleiterin, die bereits das Flügel, der bei den legendären Weihnachts- es ein stärkeres Symbol für Heimat, für Ge- zwei Bosse sind der Präsident der USA und – rund 700 von 1300 – lebten mitten in der
Thema Bildungspartnerschaft unter sich empfängen der Wards umlagert ist: Da kom- borgenheit? Aber ist Heimat eine Katego- der Verteidigungsminister“, setzt Ward wie- Stadt, da es in den Kelley Baracks gar nicht
hat, weiter aufzuwerten. „Da bekommen genug Wohnraum gebe. „Sie essen in den
wir dann eine Quasi-Bürgermeisterin“, wit- Restaurants, kaufen in den Geschäften ein,
zelt man im Rathaus. Die Pressesprecher- AMERIKANISCHE STREITKRÄFTE IN STUTTGART kennen ihre deutschen Nachbarn.“
stelle soll demnächst neu ausgeschrieben Africom Das US–Afrika- Militärstandort außerhalb plötzlich geht es ganz Der repräsentative Dienstsitz des Gene-
werden. „Auch rathausinterne Bewerber kommando ist am 1. Okto- der Staaten geworden. schnell: „Nächste Woche, rals gehört seit Ende des Zweiten Welt-
sind willkommen“, so Klett-Eininger. ber 2007 in Stuttgart ge- Freitagnachmittag.“ Die Be- kriegs den Amerikanern und ist dem Se-
gründet worden. Genau ein Kommandeur General Wil- sucherin klingelt nicht etwa nior US-Military Officer, also dem rang-
Jahr später nahm es seine liam E. „Kip“ Ward ist der am Tor, sondern sie wird am höchsten Vertreter des Militärs vorbehal-
Flughafen Stuttgart Arbeit auf. Das Kommando erste Africom-Chef über- Pressehaus abgeholt, zu ten. Joyce Ward hat die Villa Clay Haus
sitzt in den Kelley Barracks haupt. Der 60-Jährige war den Kelley Barracks schräg getauft, nach General Lucius D. Clay, der
17 Minuten Alarm in Möhringen; in Stuttgart le- zuvor Vize des Europäi-
ben und arbeiten rund schen Hauptquartiers
gegenüber gefahren, an der
Pforte angemeldet, nur um
nach Kriegsende den amerikanischen Au-
ßenminister James F. Byrnes und die be-
Die Landung einer Propellermaschine vom 700 Africom-Mitarbeiter Eucom. Er begann seine mili- kurz darauf wieder hinaus- rühmte „Speech of Hope“ nach Stuttgart
Typ ATR 45 der Czech Airlines hat gestern mit ihren Familien. Von hier tärische Laufbahn 1971 bei chauffiert zu werden. Inzwi- holte und die Luftbrücke nach Berlin orga-
Abend um 19.37 Uhr Großalarm am Stutt- aus werden alle US-Opera- der Infanterie. Der zurzeit schen ist Colonel Franklin F. nisierte. Große Gesten, kleine Gesten. Für
garter Flughafen ausgelöst. Die Maschine tionen und militärischen einzige afroamerikanische Childress zugestiegen, Di- die Hausherren ist es wichtig, dass die Kin-
war auf dem Weg von Straßburg nach Prag, Hilfsmissionen auf dem Viersternegeneral ist außer- rektor der Africom-Presse- der gern hierher zurückkommen. Der
als der Pilot eine Störmeldung an der Fahr- Schwarzen Kontinent koordi- dem Politikwissenschaftler. stelle. Das Navigationssys- 37 Jahre alte Sohn und die 33-jährige Toch-
werkkontrolle bemerkte. niert. Vor der Gründung des Sein Militärdienst führte ihn tem lotst uns auf Englisch ter, „unser Baby“, leben in den Staaten.
„Es handelte sich nicht um eine Notlan- neuen Regionalkommandos nach Korea, Ägypten, Soma- durch den Verkehr, trotz- Während sie selbst, erzählen die Eltern,
dung, sondern um eine Sicherheitslan- wurde Afrika vom US-Euro- lia – dort war er Anfang der Daniela Eberhardt (links), William und Joyce Ward dem irrlichtern wir ein we- Deutsch zwar etwas verstünden aber nicht
dung“, so Flughafensprecherin Beate pakommando Eucom mitbe- 90er Jahre Kommandeur nig von Degerloch Richtung sprächen, träume der Sohn sogar deutsch.
Schleicher. Nach Polizeiangaben wurde treut. Es hat seinen Sitz in des traumatischen Rück- den Trumpet-Award. Diese Interview Der Plauder- Gänsheide. Aus Sicherheits- Nach einer guten Stunde bitten beide
der Großalarm nach der Landung um 19.54 den Vaihinger Patch Bar- zugs der US-Truppen – nach Auszeichnung würdigt die stunde am Kamin sind viele gründen darf kein Zeitungs- unmissverständlich aufs gemeinsame Foto
Uhr aufgehoben. Niemand wurde verletzt. racks. Mit den beiden Bosnien, Israel und Deutsch- Verdienste der Afroamerika- Telefonate vorausgegangen. fotograf mitkommen, die Fo- im Wohnzimmer. Und beim Abschied an
Die sechs Passagiere seien in einem Hotel Hauptquartieren ist Stutt- land. Kürzlich erhielt er für ner und soll jungen Men- Der General hat ein gewalti- tos macht Petty Officer 1st der Tür ruft der General auf Deutsch:
untergebracht worden, sagte Schleicher. vv gart zum wichtigsten US- sein Lebenswerk in Atlanta schen als Ansporn dienen. ges Reisepensum, aber Class Daniel LaPierre. ma „Schönen Tag. Tschüüss.“

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