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Mitschrift Analysis I
Vorlesung SS09 Prof. Dr. Jussi Behrndt
Technische Universität Berlin
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Vorwort

Dies ist eine Mitschrift, kein Skript! Für eventuelle Fehler übernimmt
niemand die Verantwortung, sollten allerdings welche entdeckt werden
freue ich mich über Hinweise.

Zudem habe ich nahezu alle Beispiele nicht aufgeschrieben(aus Faulheit, es


war mir nachträglich einfach zu viel Arbeit), auch wenn sie ein wichtiges
Merkmal der Vorlesung waren. Diese Mitschrift ist zum lernen für diejenigen
gedacht, die den Stoff schon verstanden haben und sich nun auf die
Prüfung vorbereiten.

Ich danke an dieser Stelle Jane für das zur Verfügung stellen ihrer
Aufzeichnungen, sowie Jenny und Marcus für ihre Unterstützung.
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1 Mengen, Abbildungen, Mengenfamilien


1.1 Mengenbegriff und Grundoperationen
1.2 Produkt von Mengen
1.3 Abbildungen, Restriktionen, Erweiterungen
1.4 Bilder und Urbilder von Abbildungen
1.5 Surjektive, injektive und bijektive Abbildungen
1.6 Komposition von Abbildungen
1.7 Vereinigung und Durchschnitt von Mengenfamilien
1.8 Mächtigkeit von Mengen
2 Reelle und komplexe Zahlen
2.1 Axiome der reellen Zahlen
2.2 Ordnungseigenschaft der reellen Zahlen
2.3 Obere und untere Schranken
2.4 Komplexe Zahlen
3 Metrische Räume
3.1 Grundbegriff des metrischen Raumes
3.2 Offene und abgeschlossene Mengen
4 Folgen in metrischen Räumen
4.1 Konvergenzbegriff und grundlegende Eigenschaften
4.2 Cauchyfolgen und Vollständigkeit metrischer Räume
4.3 Eigenschaften reeller Zahlenfolgen
4.4 Umgebungen, Häufungs- und Berührpunkte
5 Stetige Abbildungen
5.1 Definition und grundlegende Eigenschaften
5.2 Grenzwerte von Abbildungen
5.3 Kompaktheit
5.4 Gleichmäßig stetige Abbildungen
6 Eigenschaften reeller Funktionen
7 Reihen in normierten Räumen
7.1 Normierte Räume
7.2 Reihen und Konvergenzkriterien
7.3 Konvergenzkriterien für Reihen in R
7.4 Umordnung von Reihen
7.5 Potenzreihen
8 Funktionenräume und gleichmäßige Konvergenz
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9 Differentialrechnung in einer Variablen


9.1 Grundbegriff, einfache Beispiele und Ableitungsregeln
9.2 Mittelwertsätze und Monotoniekriterium
9.3 Höhere Ableitungen, konvexe Funktionen und Taylorformel
9.4 Lokale Extremwerttheorie
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Kapitel 1 Mengen, Abbildungen, Mengenfamilien


1.1 Mengenbegriff und Grundoperationen

Eine Menge ist eine Gesamtheit von Objekten, die sich durch eine oder
mehrere Eigenschaften von anderen Objekten unterscheiden. Es ist
stets entscheidbar ob ein Objekt zur Menge gehört oder nicht.

Es sei M eine Menge. Bezeichnungen:


x ∈ M (x ist Element der Menge M )
x∈
/ M (x ist nicht Element der Menge M )
M = ∅ (leere Menge)
M = {a, b, c, f } (M besteht aus den Objekten a, b, c&f )
N (Menge der natürlichen Zahlen)
R (Menge der reellen Zahlen)
+
R = {x ∈ R : x > 0}

Definition 1.1
Es seien M1 und M2 Mengen.
(i) Vereinigung von M1 und M2
M1 ∪ M2 = {x : x ∈ M1 ∨ x ∈ M2 }
(ii) Schnittmenge
M1 ∩ M2 = {x : x ∈ M1 ∧ x ∈ M2 }
(iii) Differenzmenge
M = M1 \ M2 := {x : x ∈ M1 ∧ x ∈
/ M2 }
(iv) M1 heißt Teilmenge von M2 , falls jedes x ∈ M1 auch x ∈ M2 erfüllt.
Notation: M1 ⊂ M2

Definition 1.2
Es sei E eine Menge und M ⊂ E eine Teilmenge von E. Dann heißt
{E M := {x ∈ E : x ∈
/ M } Komplement von E bzgl. M .
Beispiel: M1 := {x ∈ R : x > 1}
M2 := {x ∈ R : x ≤ 2}
M1 ∪ M2 = R, M1 ∩ M2 = {x ∈ R : 1 < x ≤ 2}
M1 \ M2 = {x ∈ R : x > 2}
{R M1 = {x ∈ R : x ≤ 1}
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1.2 Produkt von Mengen

Definition 1.3
Seien X und Y Mengen. Dann ist das Mengenprodukt X × Y die
Menge der geordneten Paare (x, y) mit x ∈ X, y ∈ Y :
X × Y := {(x, y) : x ∈ X, y ∈ Y }

Beispiel: X = {1, 3}, Y = {4, 7, 1} = {1, 4, 7}


X × Y = {(1, 1), (1, 4), (1, 7), (3, 1), (3, 4), (3, 7)}
Y × X = {(1, 1), (1, 3), (4, 1), (4, 3), (7, 1), (7, 3)}
insbesondere
X × Y 6= Y × X

1.3 Abbildungen, Restriktionen, Erweiterungen

Definition 1.4
Seien X und Y Mengen. Eine Teilmenge F ⊂ X × Y heißt Abbildung
(von X in Y ), oder Funktion auf X mit Werten in Y , wenn zu jedem
x ∈ X genau ein y ∈ Y existiert mit (x, y) ∈ F . X heißt Definitionsbereich
von F . Notation: F ⊂ X × Y, F : X → Y, x 7→ y = F (X)
Beachte: F 6= {F (x) : x ∈ X}

Lemma 1.5
Sei A ⊂ X und F : X → Y eine Abbildung von X in Y .Dann ist F ∩ (A × Y )
eine Abbildung von A in Y .
Notation: F A (Restriktion von F auf A)

Beweis: Erst einmal ist F A ⊂ A × Y , denn


F A = F ∩ (A × Y ) ⊂ (A × Y ). Sei x ∈ A, dann ist wegen A ⊂ X auch
x ∈ X. Da F ⊂ (X × Y ) eine Abbildung ist, existiert genau ein y ∈ Y
mit (x, y) ∈ F ∩ (A × Y ) = F A . Folglich ist F A eine Abbildung.
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Definition 1.6
Ist F : X → Y eine Abbildung und ist B eine Menge mit X ⊂ B, dann heißt
eine Abbildung Fe : B → Y mit Fe X = F eine Erweiterung.

Bemerkung: Restriktionen sind eindeutig, Erweiterungen nicht.

1.4 Bilder und Urbilder

(F : X → Y, x 7→ y = F (x))

Definition 1.7
Es sei F : X → Y eine Abbildung und A ⊂ X. Dann heißt
F (A) := {y ∈ Y : es ex. ein x ∈ A mit y = F (x)} das Bild von A unter F .

Lemma 1.8
Für eine Abbildung F : X → Y und A, B ⊂ X gelten die folgenden
Aussagen:
(i) Für jedes x ∈ X gilt F ({x}) = {F (x)}
(ii) Aus A ⊂ B folgt F (A) ⊂ F (B)
(iii) [F (A ∩ B)] ⊂ [F (A) ∩ F (B)]
(iv) F (A ∪ B) = F (A) ∪ F (B)

Beweis: (iii) Es sei y ∈ F (A ∩ B), d.h. es existiert ein x ∈ A ∩ B


mit y = F (X). Da x insbesondere in A enthalten ist folgt y = F (x) ∈ F (A)
und analog folgt aus x ∈ B, dass y = F (X) ∈ F (B) gilt.
Daher y ∈ F (A) ∩ F (B).


Bemerkung: In (iii) gilt nicht ”=”, Gegenbeispiel: F : R → R, x 7→ x2


A = {x ∈ R : x ≤ 0}, B = {x ∈ R : x > 0} Hier ist A ∩ B = ∅,
also F (A ∩ B) = F (∅) = ∅, aber andererseits F (A) = R+ ∪ {0}
F (B) = R+ ⇒ F (A) ∩ F (B) = R+ 6= ∅ = F (A ∩ B)
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Definition 1.9
Sei F : X → Y eine Abbildung und B ⊂ Y , dann heißt
F −1 (B) := {x ∈ X : F (x) ∈ B} Urbild von B unter F .

Lemma 1.10
Sei F : X → Y eine Abb. und A, B ⊂ Y . Dann gilt:
(i) F −1 (A) = F −1 (A ∩ F (X))
(ii) Aus A ⊂ B folgt F −1 (A) ⊂ F −1 (B)
(iii) F −1 (A ∩ B) = F −1 (A) ∩ F −1 (B)
(iv) F −1 (A ∪ B) = F −1 (A) ∪ F −1 (B)
(v) F (F −1 B) = B ∩ F (X)
(vi) Für C ⊂ X gilt F −1 (F (C)) ⊃ C

Beweis: (v)
” ⊂ ” Sei y ∈ F (F −1 (B)). Dann existiert ein x ∈ F −1 (B) mit y = F (x)
und es existiert ein z ∈ B mit F (x) = z. Da F eine Abbildung ist, folgt
y = z. dann ist y ∈ B ∩ F (X).
”⊃ ” Sei y ∈ B ∩ F (X). Dann existiert ein x ∈ X mit F (x) = y, d.h.
x ∈ F −1 (B). Dann folgt y = F (x) ∈ F (F −1 (B))


1.5 Surjektive, injektive und bijektive Abbildungen

Definition 1.11
Sei F : X → Y eine Abbildung
(i) F heißt surjektiv, falls F (X) = Y.
(ii) F heißt injektiv, falls aus F (x1 ) = F (x2 ) folgt, dass x1 = x2 .
(iii) F heißt bijektiv, falls F surjektiv und injektiv ist.

Beispiel: F : R → R, x 7→ x2 nicht surjektiv, nicht injektiv,


aber F : R → R+ , x 7→ x2 surjektiv, nicht injektiv
und F : R+ → R, x 7→ x2 injektiv, nicht surjektiv
F : R+ → R+ , x → x2 bijektiv
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Satz 1.12
Die Abbildung F : X → Y sei bijektiv. Dann ist
G := {(y, x) ∈ Y × X : (x, y) ∈ F } eine bijektive Abbildung von Y in X.
Bezeichnung: F −1

Beweis: (i) G ist eine Abbildung(von Y in X). Offensichtlich ist G ⊂ Y × X.


Da F surjektiv ist, gilt F (X) = Y und daher existiert zu jedem y ∈ Y
(mindestens) ein x ∈ X mit (y, x) ∈ G. Dieses x ∈ X ist eindeutig.
e ∈ X mit (y, x
Angenommen es ist x e) ∈ G. Dann ist (x, y) ∈ F und
x, y) ∈ F . Da F injektiv ist, folgt x = x
(e e. Damit ist G eine Abbildung.
(ii) G surjektiv: da F eine Abbildung von X in Y ist, existiert zu jedem
x ∈ X ein y ∈ Y mit (x, y) ∈ F . Also ex zu jedem x ∈ X ein y ∈ Y mit
(y, x) ∈ G. d.h. G(Y ) = X, also ist G surjektiv.
(iii) G injektiv: Aus G(y1 ) = G(y2 ) = x folgt (y1 , x) ∈ G und (y2 , x) ∈ G.
Dann gilt (x, y1 ) ∈ F und (x, y2 ) ∈ F , da F eine Abbildung ist gilt:
y1 = y2 . Somit folgt insgesamt, dass G eine bijketive Abbildung von
Y in X ist. 

1.6 Komposition von Abbildungen

Definition 1.13
Seien X, Y, Z nichtleere Mengen und F : X → Y , G : Y → Z Abbildungen.
Dann ist die Komposition von F und G erklärt als H : X → Z, x 7→ H(x) = G(F (x))
Schreibweise: H = G ◦ F

Lemma 1.14
Für X, Y, Z und F, G, H wie in Def 1.13 gilt:
(i) Für A ⊂ X ist H(A) = G(F (A))
(ii) Für B ⊂ Z ist H −1 (B) = F −1 (G−1 (B))
Beweis: ÜA
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1.7 Vereinigung und Durchschnitt von Mengenfamilie

Definition 1.15
Es sei X eine (Grund-) Menge und es sei Λ eine nichtleere Indexmenge.
Jedem λ ∈ Λ sei eine Teilmenge Aλ ⊂ X zugeordnet. Die Gesamtheit der
Mengen Aλ heißt Mengenfamilie, Notation: (Aλ )λ∈Λ
S
Aλ := {x ∈ X : es ex. λ ∈ Λ mit x ∈ Aλ }
λ∈Λ
die Vereinigung der Mengenfamilie (Aλ )λ∈Λ .
T
Aλ := {x ∈ X : ∀λ ∈ Λ ist x ∈ Aλ }
λ∈Λ
der Schnitt der Mengenfamilie (Aλ )λ∈Λ
S
Bemerkung: Ist Λ = {1, 2}, so gilt Aλ = A1 ∪ A2
λ∈Λ

Lemma 1.16
Es seien (Aλ )λ∈Λ und (Bω )ω∈Ω Mengenfamilien in X.
S S
Dann gilt (i) {X ( Aλ ) = {X Aλ
λ∈Λ λ∈Λ
S S S
(ii) ( Aλ ) ∩ ( Bω ) = (Aλ ∩ Bω )
λ∈Λ ω∈Ω (λ,ω)∈Λ×Ω
T T T
(iii) ( Aλ ) ∪ ( Bω ) = (Aλ ∪ Bω )
λ∈Λ ω∈Ω (λ,ω)∈Λ×Ω

Beweis: (ii)
S S S S
”⊂”Sei x ∈ ( Aλ ) ∩ ( Bω ). Dann ist x ∈ Aλ und x ∈ Bω
λ∈Λ ω∈Ω λ∈Λ ω∈Ω
und es existiert daher ein λ0 ∈ Λ mit x ∈ Aλ0 und ein ω0 ∈ Ω mit
x ∈ Bω0 . Also folgt x ∈ Aλ0 ∩ Bω0 und damit insbesondere
S
(Aλ ∩ Bω ), denn es gilt (λ0 , ω0 ∈ Λ × Ω
(λ,ω)∈Λ×Ω
S
”⊃” Sei x ∈ (Aλ ∩ Bω ), d.h. es existiert ein (λ0 , ω0 ) ∈ Λ × Ω
(λ,ω)∈Λ×Ω
S S
mit x ∈ Aλ0 ∩ Bω0 . Dann ist x ∈ Aλ und x ∈ Bω also
λ∈Λ ω∈Ω
S
x∈ (Aλ ∩ Bω ).
(λ,ω)∈Λ×Ω

(i)+(iii) ÜA
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1.8 Mächtigkeit von Mengen

Definition 1.17
Eine Menge X heißt einer Menge Y gleichmächtig, falls eine bijektive
Abbildung F von X in Y existiert.
Bemerkung: (i) Da F −1 auch bijektiv ist, ist Y auch gleichmächtig zu X
(ii) endliche Mengen sind gleichmächtig, genau dann wenn sie genau
gleich viele Elemente besitzen.

Definition 1.18
Eine Menge X heißt abzählbar, falls X der Menge N gleichmächtig ist.

Satz 1.19
Jede nichtleere Teilmenge A von N ist endlich oder abzählbar.

Beweis: Ist A endlich so ist nichts zu zeigen, sei x1 das kleinste Element
in A und sei x2 das kleinste Element in A \ {x1 } und sei x3 das kleinste
Element in A \ {x1 , x2 } und sei .... xn das kleinste Element in
A \ {x1 , ... xn−1 }. Dann gilt: A = {xi : i ∈ N} (Da A unendlich).
Definiere F : N → A, i 7→ xi . Dann ist F bijektiv, denn:
(i) injektiv: für i, j ∈ N mit i 6= j gilt i < j (oder j < i) und daher
xi < xj (oder xj < xi )
(ii) surjektiv: Sei a ∈ A, dann existiert ein i ∈ N so dass F (i) = xi = a.


Definition 1.20
Seien A und B Mengen und es existiere eine bijektive Abbildung von A auf eine echte
Teilmenge von B. Aber es existiert keine bijektive Abbildung
von A in B. Dann heißt B mächtiger als A.

Satz 1.21
Jede unendliche Teilmenge besitzt eine abzählbare Teilmenge, d.h.
abzählbare Mengen besitzen die kleinstmögliche Mächtigkeit
unendlicher Mengen.
Beweis: ÜA

Satz 1.22 Es gibt keine Menge maximaler Mächtigkeit


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Korollar 1.23
Es gibt Mengen deren Mächtigkeit größer ist als die von N.

Beweis Satz 1.22:


Es sei eine Menge A gegeben mit gegebener Mächtigkeit. Betrachte
B := {F : A → {0, 1} : F Abbildung}
(i) B ist mindestens so mächtig wie A. Betrachte

a a 1 x=a
Φ : A → B, a 7→ Φ(a) = F , wobei F (x) =
0 x 6= a
Dann ist Φ injektiv, denn für a, a ∈ A mit a 6= a0 ist
0
0
Φ(a) = F a 6= F a = Φ(a)
e : A → Φ(A), a 7→ Φ(a)
Also ist Φ e = Φ(a) bijektiv und eine Abbildung
von A auf eine (echte) Teilmenge von B.
(ii) Es existiert keine Bijektive Abbildung A in B.
Angenommen es existiere eine solche, also sei Ψ : A → B bijektiv.
Für x ∈ A ist dann Ψ(x) = Fx ∈ B. Sei φ(x) := 1 − F (x).
Dann ist φ ∈ B und es existiert ein c ∈ A mit Ψ(c) = φ.
Dann ist (Ψ(c))(x) = Fc (x) = φ(x) = 1 − Fx (x) für alle x ∈ A. Daher ist mit
1
x = c : Fc (c) = 1 − Fc (c) und es folgt Fc (c) = 0

also Annahme falsch:


Ψ nicht bijektiv.


Satz 1.24 (Binomischer Lehrsatz)


Seien x, y ∈ R und n ∈ N. Dann gilt:
n
n n n!
 n−k k 
(x + y)n =
P
k
x y , wobei k
= k!(n−k)!
k=0
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Kapitel 2 Reelle und komplexe Zahlen


2.1 Axiome der reellen Zahlen

”−” ”/” ” 2”
N → Z→Q → R

Definition 2.1
Der Körper der reellen Zahlen ist eine Menge R, für die zwei Abbildungen
”+” und ”·” von R × R → R durch +(x, y) 7→ x + y und ·(x, y) 7→ x · y
erklärt sind und eine Relation x ≤ y (bzw. y ≥ x) zwischen Elementen
von R erklärt ist, so dass folgendes gilt:
1. R ist ein Körper, d.h.
(a) x + (y + z) = (x + y) + z (Assoziazivgesetz)
(b) x + y = y + x (Kommutativgesetz)
(c) Es gibt ein Element 0 ∈ R derart, dass x + 0 = x, ∀x ∈ R
(d) Für x ∈ R existiert ein (−x) ∈ R mit x + (−x) = 0
(e) x(yz) = (xy)z ∀x, y, z ∈ R
(f) xy = yx, ∀x, y ∈ R
(g) Es gibt ein Element 1 6= 0 ∈ R so dass 1 · x = x
(h) Für x ∈ R, x 6= 0 existiert ein x−1 ∈ R(oder auch x1 ) mit x · x−1 = 1
(i) x(y + z) = xy + xz, x, y, z ∈ R (Distributivgesetz)

2. R ist ein geordneter Körper


(a) Aus x ≤ y und y ≤ z folgt x ≤ z
(b) x ≤ y und y ≤ x ist äquivalent zu x = y
(c) Für x, y ∈ R gilt x ≤ y oder y ≤ x
(d) Aus x ≤ y folgt x + z ≤ y + z für z ∈ R
(e) Aus 0 ≤ x und 0 ≤ y folgt 0 ≤ x · y
Für x ≤ y und x 6= y schreiben wir x < y.
Für a, b ∈ R mit a < b ist
(a, b) := {x ∈ R : a < x < b} offenes Intervall
[a, b) := {x ∈ R : a ≤ x < b} halboffenes Intervall
(a, b] := {x ∈ R : a < x ≤ b} halboffenes Intervall
[a, b] := {x ∈ R : a ≤ x ≤ b} abgeschlossenes Intervall
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3. Es gilt das archimedische Axiom:


Zu jedem Paar x, y ∈ R mit 0 < x und 0 < y existiert ein n ∈ N mit y ≤ x · n.

4. Es gilt das Intervallschachtelungsaxiom:


Sind für eine Folge ([an , bn ])n∈N abgeschlossener Intervalle die
Bedingungen an ≤ an+1 und bn+1 ≤ bn erfüllt, so gilt:
T
[an , bn ] 6= ∅
n∈N

2.2 Ordungseigenschaft der reellen Zahlen

Lemma 2.2
Für jedes Paar x, y ∈ R gilt genau eine der drei Relationen:
x < y, x = y, x > y.
Beweis: Nach Definition 2.1 (2c) ist x ≤ y oder y ≤ x. Falls x 6= y so ist
x < y oder x > y.

Lemma 2.3
Die Beziehungen (i) x ≤ y und y < z und (ii) x < y und y < z
implizieren beide x < z.

Beweis: Aus Def. 2.1(2a) folgt x ≤ z. Angenommen x = z. Dann gilt


x ≤ y und y < x -> Widerspruch zu Lemma 2.2

Lemma 2.4
Seien xi , yi ∈ R,i ∈ {1, ... , n} und gelte xi ≤ yi , i ∈ {1, ... , n}.
Pn n
P
Dann ist xi ≤ yi . Ist zusätzlich xj < yj für mindestens ein
i=1 i=1
n
P n
P
j ∈ {1, ... , n} dann gilt xi < yi .
i=1 i=1
Beweis: Vollständige Induktion

Definition 2.5 
x falls x ≥ 0
Für x ∈ R sei der Betrag |x| definiert als |x| =
−x falls x < 0
|x|+x |x|−x
Weiter seien x+ = 2
und x− = 2
der positive und der
negative Teil von x. Es gilt x = x − x und |x| = x+ + x− .
+ −
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Lemma 2.6 (Dreiecksungleichung)


Für alle x, y ∈ R gilt |x + y| ≤ |x| + |y|.
Beweis:ÜA

Lemma 2.7
Es seien x, y, z ∈ R und z ≥ 0. Dann gilt:
(i) x ≤ y ⇐⇒ xz ≤ yz
(ii) x ≤ 0 und y ≥ 0 folgt xy ≤ 0 ( x ≥ 0 und y ≤ 0 folgt xy ≤ 0 )
(iii) x ≤ 0 und y ≤ 0 folgt xy ≥ 0
(iv) x > 0 ⇒ x−1 > 0
(v) 0 < x < y ⇐⇒ 0 < y −1 < x−1
Beweis: ÜA

2.3 Obere/Untere Schranken

Definition 2.8
Eine reelle Zahl b heißt obere(untere) Schranke einer Menge
X ⊂ R, falls x ≤ b(b ≤ x)∀x ∈ X gilt. Eine Menge X ⊂ R heißt nach
oben(unten) beschränkt, falls eine obere(untere) Schranke existiert.
X ⊂ R heißt beschränkt, falls sie nach oben und unten beschränkt ist.

Satz 2.9
Es sei X ⊂ R nichtleer und X sei nach oben(unten) beschränkt, dann ex. eine kleinste
obere Schranke(größte untere Schranke)
Beweis: (Fall X nach oben beschränkt)
1. Konstruktion einer Intervallschachtelung
Die Menge der oberen Schranken ist nicht leer, da X nach oben beschränkt
ist. Es sei b eine obere Schranke und a ∈ X. Da b obere Schranke gilt
a ≤ b,also b − a ≥ 0. Sei n ∈ N fest. Dann liefert das archimedische Axiom,
n n
dass ein m ∈ N ex. mit b − a ≤ m · 21 . Dann ist b ≤ a + m 12 und
n
daher a + m 12 eine obere Schranke für X. Es sei dann pn die kleinste
n
natürliche Zahl m, so dass a + pn 21 noch obere Schranke ist. Es sei
n n 
In := a + (pn − 1) 21 , a + pn 12


Dann gilt In ∩ X 6= ∅. Für pn = 1 ist nämlich a ∈ In ∩ X und für pn > 1


n
würde In ∩ X = ∅ implizieren, dass a + pn 12 eine obere
Schranke für X wäre
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Behauptung: Es gilt In+1 ⊂ In


n n+1
Aus a + pn 21 = a + 2pn 12 folgt, nach Definition von
pn+1 , dass pn+1 ≤ 2pn . Andererseits ist
n n+1
a + (pn − 1) 21 = a + (2pn − 2) 12 keine obere Schranke,
also ist 2pn − 2 < pn+1 . Damit ist pn+1 = 2pn oder pn+1 = 2pn − 1
Insgesamt:
1 n 1 n 1 n+1
  
a + (pn − 1) 2
= a + (2p n − 2) 2
≤ a + (p n+1 − 1) 2
1 n+1 pn+1 1 n 1 n.
  
und a + pn+1 2 = a + 2 2 ≤ a + pn 2
h n+1 n−1 i
Also gilt In+1 = a + (pn+1 − 1) 12 , a + pn 21
n n 
⊂ a + (pn − 1) 12 , a + pn 12

= In

T
2. Es gibt genau ein γ ∈ R mit γ ∈ In .
n∈N
T
Nach dem Intervallschachtelungsaxiom gibt es(min. ein) γ ∈ In .
n∈N
Behauptung: γ ist eindeutig. Angenommen es gibt α, β ∈ R, α 6= β
T T
mit {α, β} ∈ In etwa α < β. Dann ist auch [α, β] ∈ In und
n∈N n∈N
n
daher n(β − α) ≤ 2 (β − α) ≤ 1 für alle n ∈ N, Widerspruch zum
archimedischen Axiom. Daher α = β und γ also eindeutig.

3. γ ist obere Schranke von X.


1 n

Angenommen nicht, dann gäbe es x ∈ X mit x > γ ≥ a + (pn − 1) 2
,
n ∈ N. Nach dem archimedischen Axiom ex ein n∗ ∈ N mit
∗ n∗  ∗
1 n
 ∗
1 n
 ∗
1 n
(x−γ)2n ≥ (x−γ)n∗ > 1. Also x > γ+ 12 ≥ a+(pn∗ − 1) 2
+ 2
= a+pn∗ 2
im Widerspruch zurDefinition von pn∗ .

4. γ ist kleinste aller oberen Schranken


Angenommen es gäbe eine kleinere obere Schranke y < γ von X.
Nach archimed. Axiom ex. n ∈ N mit 2n (γ − y) ≥ (γ − y)n ≥ 1.
n n n
Daraus folgt a + pn 12 ≥ γ > y + 12 , also y < a + (pn − 1) 21
n
und also a + (pn − 1) 21 ist nach Konstruktion keine obere Schranke
von X.


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Definition 2.10
Sei X ⊂ R. Ist X nach oben beschränkt, so heißt die kleinste obere Schranke von X
Supremum von X. Bezeichnung: sup X.
Ist X nach unten beschränkt, so heißt die größte untere Schranke Infimum
vom X. Bezeichnung: inf X.
Bemerkung Für X ⊂ R beschränkt gehören i.A. inf X und sup X nicht zu X.
Etwa X = (0, 1), inf X = 0, sup X = 1.

2.4 Komplexe Zahlen


√ √
2 −1
N→Z→Q→R → C
Wir betrachten R × R mit den Abbildungen
+ : (R × R) × (R × R) → R × R
(x1 , y1 ), (x2 , y2 ) 7→ (x1 + x2 , y1 + y2 )
· : (R × R) × (R × R) → R × R
(x1 , y1 ), (x2 , y2 ) 7→ (x1 x2 − y1 y2 , x1 y2 + x2 y1 )

Satz 2.11
R × R mit den Abbildungen ” + ” und ” · ” ist ein Körper, d.h. es
gelten die Eigenschaften aus Def 2.1(1)

Der Körper R × R mit ”+” und ”·” heißt Körper der komplexen Zahlen,
Bezeichnung: C.
Bemerkung: Da (x1 , 0) + (x2 , 0) = (x1 + x2 , 0) und
(x1 , 0) · (x2 , 0) = (x1 · x2 , 0) kann x ∈ R identifiziert werden mit
(x, 0) ∈ C. Es sei i := (0, 1). Dann ist C 3 (x, y) = (x, 0) + (0, 1)(y, 0)
= (x, 0) + i(y, 0) ∼
= x + iy und i2 = (0, 1)(0, 1) = (−1, 0) ∼= −1

Definition 2.12
Sei z = (x, y) = x + iy ∈ C, dann heißt x Realteil und y Imaginärteil von z,
x = Re z, y = Im z. Die komplex konjugierte Zahl z ist definiert durch

z = x − iy. Der Betrag |z| von z ist definiert durch |z| := z · z.

Bemerkungen: z · z = x2 + y 2 ,Re z = 21 (z + z), Im z = 12 (z − z), z = z


z1 + z2 = z1 + z2 , z1 · z2 = z1 − z2
18

Kapitel 3 Metrische Räume


3.1 Grundbegriffe und Beispiele

x x≥0
Motivation: Die Abbildung |·| : R → R+
0 ,x 7→ |x| =
−x x ≤ 0
hat die Eigenschaften: |x − y| = 0 ⇐⇒ x = y, |y − x| = |x − y|
|x − y| ≤ |x − z| + |z − y|, x, y, z ∈ R

Definition 3.1
Es sei E eine nichtleere Menge. Eine Metrik auf E ist eine Abbildung
d : E × E → R+
0 mit (i) d(x, y) = 0 ⇐⇒ x = y (für alle x, y ∈ E) Definitheit
(ii) d(x, y) = d(y, x) (für alle x, y ∈ E) Symmetrie
(iii) d(x, y) ≤ d(x, z) + d(z, y) (für alle x, y ∈ E) Dreiecksungleichung
(E, d) heißt metrischer Raum.

Definition 3.2
(E, d) metrischer Raum, a ∈ E, r ∈ R+ . Dann heißen
B(a, r) := {x ∈ E : d(x, a) < r} offene Kugel
B(a, r) := {x ∈ E : d(x, a) ≤ r} abgeschlossene Kugel
S(a, r) := {x ∈ E : d(x, a) = r} Sphäre um a mit Radius r.

Definition 3.3
(E, d) metr. Raum und A, B ⊂ E. Dann heißt d(A, B) := inf d(x, y)
x∈A
y∈B

Abstand von A zu B.
Ist B = {y}, so ist der Abstand von y zu A d(y, A) = inf d(x, y).
x∈A
A heißt beschränkt, falls ein M ≥ 0 existiert, so dass d(x, y) ≤ M ∀x, y ∈ A.
Für eine beschränkte Menge A ist der Durchmesser erklärt durch diam A := sup d(x, y).
x,y∈A

3.2 Offene und abgeschlossene Mengen

Definition 3.4
Sei A ⊂ E und (E, d) metrischer Raum.
(i) A heißt offen, falls zu jedem x ∈ A eine offene Kugel B(x, r)
existiert mit B(x, r) ⊂ A.
19

(ii) A heißt abgeschlossen, falls {E A offen ist.


Bemerkung: E ist stets offen und abgeschlossen in E.
∅ ist stets offen und abgeschl.

Lemma 3.5
Sei (E, d) metrischer Raum. Dann gilt für a ∈ E und r > 0 :
(i) B(a, r) ist offen
(ii)B(a, r) ist abgeschlossen
(iii)S(a, r) ist abgeschlossen

Beweis: (i) Sei x ∈ B(a, r), d.h. insbesondere ist d(x, a) < r und
daher r − d(x, a) =: r1 > 0. Dann gilt B(x, r1 ) ⊂ B(a, r), denn für
y ∈ B(x, r1 ) gilt: d(y, a) ≤ d(y, x) + d(x, a) < r1 + d(x, a) = r,
d.h. y ∈ B(a, r).
(ii) Sei x ∈ {E B(a, r), d.h. d(x, a) > r. Sei dann d(x, a) − r =: ρ > 0.
Es gilt B(x, ρ) ⊂ {E B(a, r), denn für y ∈ B(x, ρ) ist
d(x, a) ≤ d(x, y) + d(y, a) < ρ + d(y, a) = d(x, a) − r + d(y, a)
⇒ r < d(y, a) d.h. y ∈ {E B(a, r)
(iii) Da {E S(a, r) = {E B(a, r) ∪ B(a, r) folgt, dass {E S(a, r)
offen ist aus dem nächsten Satz.

Satz 3.6
Sei (E, d) metrischer Raum und (Aλ )λ∈Λ eine Mengenfamilie in E.
S
Dann gilt: (i) Sind die Aλ,λ∈Λ alle offen, so ist auch Aλ offen.
λ∈Λ
T
(ii) Sind die Aλ,λ∈Λ alle abgeschlossen, so ist auch Aλ abgeschlossen.
λ∈Λ
S
Beweis: (i)Sei x ∈ Aλ . Dann ex. ein λ0 ∈ Λ mit x ∈ Aλ0 . Da Aλ0 offen ist, gibt es ein
λ∈Λ
r > 0 mit B(x, r) ⊂ Aλ0 . Damit folgt insbesondere
S
B(x, r) ⊂ Aλ .
λ∈Λ
T S
(ii) Folgt aus {E ( Aλ ) = {E Aλ
λ∈Λ λ∈Λ

Satz 3.7
Sei (E, d) metr. Raum und A1 , ... , An ⊂ E, n ∈ N. Dann gilt:
n
T
(i) Sind alle Ai offen, i = 1, ... , n, dann ist Ai offen.
i=1
20

n
S
(ii) Sind alle Ai abgeschlossen, i = 1, ... , n, dann ist Ai abgeschlossen.
i=1
n
T
Beweis: (i) Ist Ai = ∅ dann gilt die Aussage.
i=1
n
T
Sei sonst x ∈ Ai . Dann gilt x ∈ Ai , i = 1, ... , n.
i=1
Da alle Ai offen sind, ex. r1 , ... , rn positiv mit B(x, ri ) ⊂ Ai , i = 1, ... , n.
Es sei dann r = min ri . Dann ist r > 0 und es gilt B(x, r) ⊂ B(x, ri )
1≤i≤n

für alle i = 1, ... , n. Daher gilt B(x, r) ⊂ Ai , i = 1, ... , n und somit


n
T
B(x, r) ⊂ Ai .
i=1
n  n
S T
(ii) Folgt aus {E Ai = {E Ai
i=1 i=1

Kapitel 4 Folgen in metrischen Räumen


4.1 Konvergenzbegriff und grundlegende Eigenschaften

Sei E eine Menge. Eine Abb ϕ : N → E heißt Folge in E.


Schreibweise: ϕ(n) = xn und (xn )n∈N oder (x1 , x2 , ...). xn heißt
n-tes Folgenglied.

Definition 4.1
Sei (xn )n∈N eine Folge in einem metrischen Raum (E, d). (xn )n∈N
heißt Konvergent gegen x ∈ E, falls zu jedem ε > 0 ein n(ε) ∈ N1 existiert,
so dass für alle n > n(ε) : d(x, xn ) < ε gilt. x heißt Grenzwert der Folge (xn ).
Schreibweise: lim xn = x in E oder xn → x in E für n → ∞.
n→∞
Bemerkungen: Alle bis auf höchstens endlich viele Folgenglieder
liegen in B(x, ε).

Satz 4.2
Der Grenzwert einer konvergenten Folge ist eindeutig.
Beweis: Angenommen (xn )n∈N konvergiert gegen x ∈ E und x
e ∈ E.
Zu ε > 0 ex n( 2ε ) so dass d(xn , x) < ε
2
für alle n > n( 2ε ) aber es ex.
e( 2ε ) so dass d(xn , x
n e) < ε für alle n > n
e( 2ε ).
 ε  2 ε 
Für alle n > max n 2 , n e 2 gilt dann
ε ε
e) ≤ d(x, xn ) + d(e
d(x, x x, xn ) < 2
+ 2
= ε für jedes ε > 0
21

und da d eine Metrik ist, folgt aus d(x, x


e) = 0 : x = x
e.


Satz 4.3
Jede konvergente Folge in einem metrischen Raum ist beschränkt.

Beweis: Es ist d(xn , xm ) ≤ re für ein re > 0 und alle m, n ∈ N zu zeigen.


Sei lim xn = x ∈ E. Dann gilt d(xn , xm ) ≤ d(xn , x) + d(x, xm ), m, n ∈ N
n→∞
und so reicht d(xn , x) ≤ r für ein r > 0 und alle n ∈ N zu zeigen.
Sei ε = 1. Dann liegen außerhalb B(x, 1) nur endlich viele Folgenglieder
x1 , ... , xN (N ≤ n(1)). Sei r = max{d(x1 , x), ... , d(xN , x)}.
Dann gilt d(xn , x) ≤ r für alle n ∈ N.


Definition 4.4
Eine Folge in einem metrischen Raum heißt divergent, falls (xn )n∈N
nicht konvergent ist.

Definition 4.5
Es sei ϕ : N → E, n 7→ ϕ(n) = xn eine Folge in E und sei ψ : N → N
streng monoton wachsend(d.h. m < n ⇒ ψ(m) < ψ(n)) Dann heißt
ϕ ◦ ψ : N → E Teilfolge von ϕ. Notation (xnk )k∈N wobei nk = ψ(k).

Satz 4.6
Es sei (xn )n∈N konvergent gegen x. Dann ist auch jede Teilfolge
(xnk )k∈N konvergent gegen x.

Beweis: Sei ε > 0. Dann ex. n(ε) mit d(xn , x) < ε für alle n > n(ε).
Da x streng monoton wachsend ist gilt nk = ψk ≥ k für alle
k ∈ N und daher d(xnk , x) < ε für k > n(ε).

22

4.2 Cauchyfolgen und Vollständigkeit metrischer Räume

Definition 4.7
Eine Folge (xn )n∈N in einem metrischen Raum (E, d) heißt Cauchyfolge,
falls zu jedem ε > 0 ein n(ε) ex., so dass für alle n, m > n(ε) gilt
d(xn , xm ) < ε.

Satz 4.8 Jede konvergente Folge ist eine Cauchyfolge.


Beweis: Sei lim xn = x. Dann ex. zu ε > 0 ein n 2ε mit d(xn , x) < 2ε .

n→∞
d(xm , xn ) ≤ d(xm , x) + d(xn , x) < 2ε + 2ε = ε.
 
Beispiel: x1 = 2, xn+1 = 21 xn − x2n , n ∈ N konvergent in R,
also Cauchyfolge, jedoch nicht konvergent in Q.

Definition 4.9
Ein metrischer Raum (E, d) heißt vollständig, falls jede Cauchyfolge
in E konvergent ist.

Satz 4.10 Jede Cauchyfolge ist beschränkt.


Beweis: Zu ε = 1 ex. n(1) mit d(xn , xm ) < 1 falls n, m > n(1).
Sei N ∈ N die kleinste natürliche Zahl mit N > n(1). Dann ist für alle n ∈ N
d(xn , x1 ) ≤ d(xn , xN ) + d(xN , x1 ) ≤ max{1, d(x1 , xN ), ... , d(xN −1 , xN )} + d(xN , x1 )
:=C

1 falls n ≥ N
C≤
max{d(x1 , xN ), ... , d(xN −1 , xN )} sonst
Also folgt für alle m, n ∈ N :
d(xm , xn ) ≤ d(xm , x1 ) + d(x1 , xm ) ≤ 2(C + d(xN , x1 ))


Satz 4.11
Besitzt eine Cauchyfolge eine konvergente Teilfolge, so ist die
Cauchyfolge selbst konvergent.

Satz 4.12
Der metrische Raum (R, d), d(x, y) = |x − y|, ist vollständig.
Beweis: Sei (xn )n∈N eine Cauchyfolge in R, d.h. zu ε > 0 ex. n(ε)
23

mit d(xn , xm ) < ε für m, n > n(ε). Es sei n1 ∈ N die kleinste Zahl
2
mit |xm − xn | < 14 = 12 , für n, m ≥ n1 .
3
Es sei n2 mit n2 > n1 die kleinste Zahl mit |xm − xn | < 18 = 12 , n, m ≥ n2
..
.
so erhält man eine Folge natürlicher Zahlen (nk )k∈N mit nk+1 > nk und
1+k
|xm − xn | < 21 für n, m ≥ nk . Weiter sei
h  i
1 k 1 k

Ik := xnk − 2 , xnk + 2 , k ≤ N
1+k
Z.z. Ik+1 ⊂ Ik , k ∈ N. Wegen xnk+1 − xnk < 12 ist
1+k 1+k
xnk+1 − 21 < xnk < xnk+1 + 21
 
und daher folgt:
k 1+k 1+k
xnk+1 − 12 = xnk − 2 21 < xnk+1 − 12
 
und
1+k k
xnk+1 + 21 < xnk + 12 ⇒ Ik+1 ⊂ Ik
 

Nun geht aber die Länge von Ik gegen 0 für k → ∞ aber


T
nach dem Intervallschachtelungsaxiom ist Ik 6= ∅.
k∈N
T
Daher folgt, dass Ik genau ein x ∈ R enthält.
k∈N
k+1
Beh.: Es gilt xnk ∈ Ik und daher |xnk − x| < 12 .
k+1
Also zu ε > 0 wähle k ∈ N mit 12

< ε. Dann gilt für alle
nl > nk := n(ε) : |xnl − x| < ε.
Damit konvergirt die Teilfolge (xnk )k∈N gegen x ∈ R und nach
Satz 4.11 folgt lim xn = x = lim xnk .
n→∞ k→∞


Satz 4.13
Der metrische Raum (C, d), d(z1 , z2 ) = |z1 − z2 | ist vollständig.

Satz 4.14
Seien (Ei , di ) vollständige metrische Räume, i = 1, ... , s.
Dann ist auch E = E1 × E2 × ... × Es mit der Produktmetrik
vollständig.
 
(1) (s)
Beweis: Es sei (xn )n∈N eine Cauchyfolge in (E, d), d.h. xn = xn , ... , xn ∈ E
und für ε > 0 ex. n(ε) so, dass für alle n, m > n(ε)
 
(i) (i)
d(xn , xm ) = max di xn , xm < ε
1≤i≤s
 
(k) (k)
Also gilt insbesondere dk xn , xm < ε für jedes k ∈ (1, ... , s) und daher
24

 
(t)
ist xn eine Cauchyfolge in (Ek , dk ) also ex. x(k) ∈ Ek mit
n∈N
(k) 
lim xn = x(k) in Ek . Es sei dann x := x(1) , ... , x(s) ∈ E.
n→∞
(k)
Behauptung: lim xn = x in E. Zu ε > 0 ex. nk (ε) mit dk (xn , x(k) ) < ε
n→∞
für n > nk (ε). Sei N (ε) = max nk (ε). Dann ist
1≤k≤s
 
(k)
d(xn , x) = max dk xn , x(k) < ε für n > N (ε).
1≤k≤s

4.3 Eigenschaften reeller Zahlenfolgen

Definition 4.15
Eine Folge (xn )n∈N in R heißt monoton wachsend(fallend), falls
xn ≤ xn+1 (xn ≥ xn+1 ), n ∈ N. Die Folge heißt streng monoton
wachsend(fallend), falls xn < xn+1 (xn > xn+1 ), n ∈ N.

Satz 4.16
Jede monoton wachsende(fallende) beschränkte Folge (xn )n∈N in R
ist konvergent. Es gilt lim xn = sup{xk : k ∈ N} ( lim xn = inf{xk : k ∈ N}).
n→∞ n→∞
Beweis: Sei (xn )n∈N mon wachsende beschränkte Folge. Dann ex.
sup{xk : k ∈ N} =: x. Sei ε > 0. Dann ex. n(ε) ∈ N mit
Def. Sup.
x − ε < xn(ε) ≤ xn ≤ x < x + ε, für alle n > n(ε). Also d(xn , x) < ε für n > n(ε).


Satz 4.17 (Vergleichssatz)


Es seien (xn )n∈N , (yn )n∈N konvergente Folgen in R und es gelte xn ≤ yn
für unendlich viele n ∈ N. Dann folgt lim xn ≤ lim yn .
n→∞ n→∞
1 n 1 n+1
 
Beweis: Setze an = 1 + n und bn = 1 + n ,n ∈ N
n+1 n+1
an+1
1
(1+ n+1 ) 1 ( n+2
n+1 )
Beh.: Es gilt an ≤ an+1 , = 1 n =(1 + ) · n+1
an ( n)
1+ n ( n+1
n )
  n2 +2n n+1
1 1
  1
n+1
= 1+ · (n+1)2
n
= 1 + n · 1 − (n+1)2
n+1
≥ 1 + n1 1 − n+11

→ 1
n→∞
bn
Genauso zeigt man bn+1
≥ 1, also bn+1 ≤ bn
• (an )n∈N monoton wachsend
• (bn )n∈N monoton fallend
25

•an < bn , n ∈ N
⇒Damit (an )n∈N nach oben beschränkt, (bn )n∈N nach unten beschränkt.
Dann ex. lim an ≤ lim bn .
n→∞ n→∞
n+1 n
Weiter gilt hier: lim bn = lim 1 + n1 = lim 1 + n1 1 + n1

n→∞ n→∞ n→∞
1 1
 
= lim 1 + n an = lim 1 + n lim an = lim an
n→∞ n→∞ n→∞ n→∞


4.4 Umgebungen, Häufungspunkte und Berührungspunkte

Sei (E, d) metrischer Raum.

Definition 4.18
Sei A ⊂ E und x ∈ E,A 6= ∅.
(i) Eine offene Umgebung von A ist eine offene Menge, die A enthält.
(ii) Eine Umgebung von A ist eine Menge, die eine offene Umgebung
von A enthält.
(iii) x heißt Berührungspunkt von A, falls jede Umgebung Ux von x
einen nichtleeren Durchschnitt mit A hat.
(iv) x heißt Häufungspunkt von A, falls jede Umgebung Ux von x einen
von x verschiedenen Punkt in A enthält, d.h. (Ux \ {x}) ∩ A 6= ∅

Bemerkungen:• x Häufungspunkt⇒ x Berührungspunkt


•x∈
/ A und x Berührungspunkt⇒ x Häufungspunkt
• x ∈ A ⇒ x Berührungspunkt

Definition 4.19
Die abgeschlossene Hülle(Abschluss) von A ist definiert durch:
A := {x ∈ E : x ist Berührungspunkt von A}
Es gilt: A = A ∪ {x ∈ E : x Häufungspunkt von A}

Satz 4.20
T
Sei A ⊂ E nichtleer. Dann gilt: A = B, d.h. A ist die
A⊂B,B abgeschl.
kleinste abgeschlossene Menge die A enthält.
26

T
Beweis: Es sei D := B. Dann ist D abgeschlossen und
A⊂B,B abgeschl.
es gilt A ⊂ D.
Beh.: Es gilt A ⊂ D. Z.z. ist nur, dass jeder Häufungspunkt(HP) x
von A zu D gehört. Angenommen x ist HP von A und x ∈
/ D.
Dann ex. (mindestens) ein B mit A ⊂ B, B abg. und x ∈
/ B.
Da {E B offen, ex. eine Umgebung Ux von x in {E B, d.h.
Ux ∩ B = ∅. Also Ux ∩ D = ∅ und dabei Ux ∩ A = ∅

zu x HP.

Beh. A ist abgeschlossen: Sei x ∈ {E A. Dann ist x kein


Berührungspunkt von A. Also ex. eine Umgebung Ux von x, so
dass Ux ∩ A = ∅. Dann ex. insbesondere auch B(x, r) mit r > 0
genügend klein, so dass B(x, r) ∩ A = ∅.
Angenommen es ex. y ∈ A,y ∈
/ A mit y ∈ B(x, r). Dann wäre
B(y, R) ∩ A 6= ∅für alle R > 0, aber es gilt
R = r − d(x, y) : B(y, r − d(x, y)) ⊂ B(x, r) und B(x, r) ∩ A 6= ∅

Also ist B(x, r) ⊂ {E A, also ist {E A offen und damit A abgeschlossen.


T
⇒ Daraus folgt, A ⊂ D = B ⊂ A, damit A = D.
A⊂B,B abgeschl.

Satz 4.21(Bolzano Weierstrass)


Jede unendliche beschränkte Teilmenge A von R oder C besitzt
mindestens einen Häufungspunkt.

Beweis: Sei A ⊂ R beschränkt und c ∈ R mit A ⊂ IA = [−c, c].


Halbiere IA und wähle das Teilintervall, in dem unendlich viele
Elemente von A liegen, führe das fort und teile weiter und wähle
immer die Hälfte in der unendlich viele Elemente von A liegen.

So erhalten wir eine Folge In , n ∈ N mit In abgeschlossen.


T
Nach Intervallschachtelungssatz ex. ξ ∈ In .
n∈N
Beh. ξ ist Häufungspunkt von A: sei Uξ eine Umgebung von ξ
und B(ξ, r) ⊂ Uξ . Für n ∈ N groß genug gilt In ⊂ B(ξ, r) und
in In sind unendlich viele Elemente von A, d.h. ξ ist HP in A.
27

Falls A ⊂ C betrachte Quadrate die unendlich viele Elemente von A


enthalten, teile Quadrat in 4 Stücke. Betrachte dann Real- und Imaginärteil.


Korollar 4.22
Jede beschränkte Folge in R oder C besitzt eine kovergente Teilfolge.

Beweis: Sei (xn )n∈N eine beschränkte Folge in R. Falls xn = x


e für
unendlich viele n ∈ N gilt, wähle diese Teilfolge (e
x)n∈N .
e existiert nicht. Sei dann A = {xn , n ∈ N} (= ϕ(N)).
Angenommen x
Dann ist A eine unendliche beschränkte Menge in R. Nach Bolzano-Weierstrass
ex. ein Häufungspunkt ξ von A. Betrachte B(ξ, n1 ), n ∈ N. In jeder Kugel
liegen (unendlich viele) Elemente von A. Sei xn1 ∈ B(ξ, 1) ∩ A und sei
xn2 ∈ B(ξ, 21 ) ∩ A und n2 > n1 , usw. Dann erhält man (xnk ), k ∈ N
mit lim xnk = ξ.
k→∞

1
Beispiel: xn = (−1)n + n

Definition 4.23
x heißt Häufungspunkt einer Folge (xn )n∈N , falls in jeder Umgebung
von x unendlich viele Folgenglieder liegen.

Achtung: HP der Folge (xn ) 6=HP der Menge {xn : n ∈ N}

Definition 4.24
Sei (xn )n∈N eine beschränkte Folge in R. Dann sind Limes inferior
und Limes superior definiert durch
lim inf xn := lim xn := lim (inf xk )
n→∞ n→∞ n→∞ k≥n

lim sup xn := lim xn := lim (sup xk )


n→∞ n→∞ n→∞ k≥n

Satz 4.25
Eine beschränkte Folge (xn )n∈N in R besitzt einen kleinsten x∗ und einen
größten x∗ Häufungspunkt und es gilt: lim inf xn = x∗ und lim sup xn = x∗ .
n→∞ n→∞

Beweis: Sei x∗ = lim inf xn . Beh. x∗ ist kleinster Häufungspunkt der Folge (xn )
n→∞
28

1. Es gibt keinen kleineren Häufungspunkt x∗ : Da (an )n∈N = (inf xk ), n ∈ N


k≥n
monoton wachsend ist und gegen x∗ konvergiert gibt es
sup{an : n ∈ N} (Satz 4.16)
Sei ξ < x∗ . Dann ex. N ∈ N mit ξ < an ≤ xn , n ≥ N . Für δ > 0 hinreichend
klein ist B(ξ, δ) ∩ {xn , n ≥ N } = ∅. Also liegen in B(ξ, δ) nur endlich viele
Folgenglieder. Also ist ξ kein Häufungspunkt.

2. Zeige x∗ ist Häufungspunkt der Folge:


Sei ε > 0. Wegen an = inf xk , n ∈ N, gibt es zu jedem n ∈ N ein k ≥ n mit
k≥n
xk < an − ε ≤ x∗ + ε.
Also liegen für jedes ε > 0 unendlich viele xn links von x∗ + ε. Andererseits
gibt es keinen kleineren HP nach Schritt 1, also liegen stets ∞-viele xn
in B(x∗ , ε), d.h. x∗ ist HP.
x∗ analog.


Kapitel 5 Stetige Abbildungen


5.1 Definitionen und grundlegende Eigenschaften

Seien (E, d) und (E 0 , d0 ) metrische Räume und f : E → E 0 eine Abbildung.

Definition 5.1
f : E → E 0 heißt stetig im Punkt x0 ∈ E, falls zu jedem ε > 0 ein δ(ε) existiert,
so dass aus d(x, x0 ) < δ(ε), x ∈ E folgt, d0 (f (x), f (x0 )) < ε. f heißt stetig auf E,
falls f in jedem Punkt x0 ∈ E stetig ist.
Kurz: f stetig bei x0 : ⇐⇒ ∀ε > 0∃δ(ε) > 0∀x ∈ E : d(x, x0 ) < δ(ε) ⇒ d0 (f (x), f (x0 ) < ε

Satz 5.2
f : E → E 0 Abbildung zwischen den metrischen Räumen (E, d) und
(E 0 , d0 ) dann sind äquivalent:
(i) f ist stetig auf E
(ii) Für jede offene Menge B ⊂ E 0 ist das Urbild f −1 (B) ⊂ E offen.
(iii) Für jede abgeschlossene Menge B ⊂ E 0 ist das Urbild f −1 (B) ⊂ E abgeschl.
(iv) Für jede Teilmenge A ⊂ E gilt f (A) ⊂ f (A).
Erinnerung:A = {x ∈ E : x Berührungspunkt von A}
29

Beweis: (i)⇒(iv)⇒(iii)⇒(ii)⇒(i)
(i)⇒(iv) Sei x0 ∈ A und betrachte f (x0 ). Finde Umgebung Uf (x0 ) von f (x0 ) mit
Uf (x0 ) ∩ f (A) 6= ∅. Da f stetig ist, gibt es zu B(f (x0 ), ε) ein B(x0 , δ(ε)) so,
dass gilt: x ∈ B(x0 , δ(ε)) ⇒ f (x) ∈ B(f (x0 ), ε).
Da x0 ∈ A ist B(x0 , δ) ∩ A 6= ∅, also gibt es x
e ∈ A ∩ B(x0 , δ) mit
x) ∈ B(f (x0 ), ε) ∩ f (A).
f (e
(iv)⇒(iii) Sei B ⊂ E 0 abgeschlosen und sei A = f −1 (B). Es gilt
f (A) ⊂ f (A) = B = B und daher A = f −1 (f (A)) ⊂ f −1 (B) = A.
Deshalb ist A ⊂ A ⊂ A, also A = A.
(iii)⇒(ii) Sei B ⊂ E 0 offen, d.h. {E 0 B ist abgeschlossen. Dann ist f −1 ({E , B)
abgeschlossen. Nun ist f −1 (B) = f −1 ({E 0 {E , B ) = {f −1 (E 0 ) f −1 {E 0 B offen.
 

(ii)⇒(i) Sei x0 ∈ E und ε > 0. B := B(f (x0 ), ε) ist offen, also f −1 (B) offen und es
gilt x0 ∈ f −1 (B). Dann ex. δ(ε) > 0 mit B(x0 , δ(ε)) ⊂ f −1 (B) und daher
ist für x ∈ B(x0 , δ(ε)) natürlich f (x) ∈ B, d.h. d0 (f (x), f (x0 )) < ε.


Bemerkung: Das Bild offener Mengen unter stetigen Abb. ist im Allgemein
nicht offen.

Lemma 5.3
Seien E, E 0 , E 00 metr. Räume, f : E → E 0 stetig in x0 ∈ E,g : E 0 → E 00
stetig in f (x0 ) ∈ E 0 . Dann ist h = g ◦ f : E → E 00 stetig in x0 .
Beweis: ÜA

5.2 Grenzwerte von Abbildungen

Definition 5.4
E, E 0 metr. Räume, M ⊂ E und x0 Häufungspunkt von M und f : M → E 0 .
Dann hat f bei x0 den Grenzwert a ∈ E 0 , falls für alle ε > 0 ein δ(ε) > 0
ex., so dass für alle x ∈ M gilt: 0 < d(x, x0 ) < δ(ε) ⇒ d0 (f (x), a) < ε.
Notation: lim f (x0 ) = a
x→x0
x∈M

Kurz: ∀ε > 0∃δ(ε) > 0∀x ∈ M : 0 < d(x, x0 ) < d(ε) ⇒ d0 (f (x), a) < ε
Bemerkungen: •x0 ist ”nur” Häufungspunkt von M , insbesondere x0
im Allgemeinen nicht im Definitionsbereich von f .
• Ist f : R → R, so sind links- und rechtsseitiger Grenzwert bei x0
30

erklärt durch: lim f (x) und lim f (x)


x→x0 x→x0
x<x0 x>x0

0
• f : E → E stetig bei x0 ∈ E,M ⊂ E und x0 HP von M .
Dann ex. lim f (x) und es gilt lim f (x) = f (x0 ).
x→x0 x→x0
x∈M x∈M

• Sei M Umgebung von x0 ∈ E und sei lim f (x) = f (x0 ).


x→x0
x∈M
0
Dann ist f : M → E stetig bei x0 .
• E, E 0 metr. Räume, M ⊂ E,x0 HP von M ,f : M → E 0 , f hat bei x0 den
Grenzwert a ∈ E 0 , ( lim f (x) = a)
x→x0
x∈M

: ⇐⇒ ∀ε > 0∃δ(ε)∀x ∈ M : 0 < d(x, x0 ) < δ(ε) ⇒ d0 (f (x), a) < ε


• f : E → E 0 stetig bei x0 , M ⊂ E, x0 HP von M → lim f (x) = f (x0 )
x→x0
x∈M

• M Umgebung von x0 ∈ E und lim f (x) = f (x0 ) ⇒ f : M → E 0 stetig bei x0 .


x→x0
x∈M

Satz 5.5
f : E → E 0 und x0 HP von M ⊂ E. Dann ist lim f (x) = a genau dann, wenn
x→x0
x∈M

für jede Folge (xn )n∈N in M xn 6= x0 und lim xn = x0 gilt


n→∞
0
lim f (xn ) = a in E .
n→∞
Beweis: ”⇒” Sei lim f (x) = a und sei (xn )n∈N Folge in M mit xn 6= x0
x→x0
x∈M

und lim xn = x0 . Dann gilt natürlich


n→∞
∀ε > 0∃δ(ε)∀x ∈ M : 0 < d(x, x0 ) < δ(ε) ⇒ d0 (f (x), a) < ε.
Also ex. zu ε > 0 ein n(ε) = n(δ(ε)), sodass
∀n > n(ε) : 0 < d(xn , x0 ) < δ(ε) ⇒ d0 (f (xn ), a) < ε, d.h. lim f (xn ) = a.
n→∞
”⇐” Gelte lim f (xn ) = a∀(xn )n∈N ⊂ M, xn → x0 mit xn 6= x0 .
n→∞
1
Angenommen lim f (xn ) 6= a, dann ex. ε > 0 sodass für δ = n
ein
n→∞
xn ∈ M ex. mit 0 < d(xn , x0 ) < 1
n
und d0 (f (xn ), a) ≥ ε gilt ∀n ∈ N,
d.h. lim f (xn ) 6= a.
n→∞

Also lim f (x) = a.


x→x0
x∈M
31

Korollar 5.6
Sei f : E → E 0 und M Umgebung von x0 ∈ E. Dann ist f stetig bei x0
genau dann, wenn für jede Folge (xn )n∈N ⊂ M mit lim xn = x0 gilt:
n→∞
lim f (xn ) = f (x0 ).
n→∞

Satz 5.7
Es sei f : Rn → Rm und es bezeichne fj : Rn → R die j-te
Koordinatenfunktion, j ∈ {1, ... , m}. Dann ist f stetig in x ∈ Rn
genau dann, wenn alle Koordinatenfunktionen fj in x0 ∈ Rn stetig sind.
Beweis: ”⇒” Sei f stetig bei x0 ∈ Rn , d.h. ∀ε > 0∃δ(ε)∀x ∈ Rm :
d(x, x0 ) < δ(ε) ⇒ d0 (f (x), f (x0 )) < ε wegen
d0 (f (x), f (x0 )) = max |fi (x) − fi (x0 )| ≥ |fj (x) − fj (x0 )| für alle j ∈ {1, ... , n}.
1≤i≤m

Daher gilt: ∀ε > 0∃δj (ε)∀x ∈ Rn : d(x, x0 ) < δj (ε) = δ(ε) ⇒ |fi (x) − fi (x0 )|
≤ d0 (f (x), f (x0 )) < ε. Also ist fj stetig bei x0 ∈ Rn .
”⇐” Seien alle fj stetig, d.h. zu x0 ∈ Rn und ε > 0 ex. δj (ε) > 0 mit
d(x, x0 ) < δj (ε) ⇒ |fj (x) − fj (x0 )| < ε. Sei δ(ε) = min dj (ε).
1≤j≤m
0
Dann gilt: d(x, x0 ) < δj (ε) ⇒ d (f (x), f (x0 )) = max |fj (x) − fj (x0 )| < ε.
n≤j≤m
n
Rechenregeln: Seien f, g : R → R, α, β ∈ R und lim f (x), lim g(x)
x→x0 x→x0
sollen existieren. Dann gilt: (i) lim (αf + βg)(x) = α lim f (x) + β lim g(x)
x→x0 x→x0 x→x0
(ii) lim (f · g)(x) = lim f (x) · lim g(x)
x→x0 x→x0 x→x0
  lim f (x)
(iii) lim fg (x) =
x→x0
lim g(x) x→x
, lim g(x) 6= 0
x→x0 x→x0 0

Korollar 5.8

Summe, Differenz, Produkt, Quotient(wenn 6= 0) stetiger Funktionen sind stetig.

5.3 Kompaktheit

Definition 5.9
Sei E metrischer Raum und A ⊂ E. Eine Familie Qλ , λ ∈ Λ, heißt
S
offene Überdeckung von A, falls alle Qλ offen sind und A ⊂ Qλ gilt.
λ∈Λ

A heißt kompakt, falls jede offene Überdeckung von A eine endliche


n
S
Teilüberdeckung enthält, d.h. es ex. λ1 , ... , λn ∈ Λ mit A ⊂ Qλi .
i=1
32

Satz 5.10
Jede Kompakte Menge A in einem metrischen Raum ist beschränkt
und abgeschlossen.
S
Beweis: A beschränkt: Sei x ∈ E. Mit Qr = B(x, r) gilt: A ⊂ Qr
r∈R+
Da A kompakt, ex. R > 0 mit A ⊂ QR = B(x, R), d.h. d(y, z) < 2R∀y, z ∈ A.
 
d(x,y)
A abgeschlossen: Sei x ∈ {E A und zu Qy = B y, 2 ,y ∈ E, y 6= x.
S n
S
Es gilt A ⊂ Qy . Da A kompakt gilt A ⊂ Qyi .
y∈A i=1
d(x,yi )
Sei r = min 2
> 0. Dann gilt B(x, r) ∩ B(yi , r) = ∅.
1≤i≤n
n
S
⇒ B(x, r) ∩ Qyi = ∅ ⇒ B(x, r) ∩ A = ∅ ⇒ {E A offen⇒ A abg.
i=1


Satz 5.11 (Heine-Borel)


Eine Teilmenge A ⊂ Rn ist genau dann kompakt, wenn sie beschränkt
und abgeschlossen ist.

Definition 5.12
A ⊂ E heißt folgenkompakt, falls jede Folge in A eine konvergente
Teilfolge in A enthält.

Lemma 5.13
A ⊂ E ist genau dann kompakt, wenn sie folgenkompakt ist.
Beweis: Zeige, dass A kompakt ist genau dann, wenn jede Folge in A
einen Häufungspunkt besitzt.
”⇒” Sei A kompakt und angenommen es gibt (xn )n∈N die keinen HP
besitzt. Zu jedem x ∈ A ex. dann eine Umgebung Ux mit höchstens
S
endlich vielen Folgegliedern in Ux . Da A ⊂ Ux und A kompakt
x∈A
N
S
ex. x1 , ... , xN ∈ A mit A ⊂ Uxi . Dann besitzt (xn )n∈N nur
i=1
endlich viele Folgenglieder.

”⇐” Jede Folge in A besitzt einen HP.


33

(a) A ist total beschränkt, d.h. zu jedem r > 0 ex. n ∈ N x1 , ... , xn ∈ A


Sn
mit A ⊂ B(xi , r). Angenommen dies gilt nicht, dann ex. r > 0 und x1 ∈ A
i=1
mit A 6⊂ B(x1 , r). Also ex. x2 ∈ A \ B(x1 , r), so dass A 6⊂ (B(x1 , r) ∪ B(x2 , r)).
Sk
Man erhält eine Folge (xk )k∈N ⊂ A mit xk+1 ∈ / B(xi , r). Die Folge
i=1
r
(xn ) besitzt einen HP x in A, d.h. es ex. m, N ∈ N mit d(xn , x) < 2
und
d(xN +m , x) < 2r . Also ist d(xN , xN +m ) ≤ d(xN , x) + d(x, xN +m ) < r, d.h.
xN +m ∈ B(xN , r)

Widerspruch zur Konstruktion von (xk )k∈N .


S
(b) Sei A ⊂ Qλ , Qλ offen. Da A total beschränkt ex. zu k ∈ N endlich viele
λ∈Λ
NS
(k)
(k) (k)
B(xi , k1 ) mit A ⊂ B(xi , k1 ).
i=1
Ang. es ex. keine endliche Teilüberdeckung der Qλ von A. Dann wird mindestens
(k)
ein A ∩ B(xe , k1 ), e ∈ {1, ... , N (k)} nicht durch endlich viele Qλ überdeckt.
(k)
Die Folge yk = xe , k ∈ N hat einen HP x∗ ∈ A. Sei λ∗ ∈ Λ mit x∗ ∈ Qλ∗ .
Da Qλ∗ offen ex. ε > 0 mit B(x∗ , ε) ⊂ Qλ∗ und da x∗ HP von (yk )k∈N ex.
M> 2
ε
mit d(yM , x∗ ) < 2ε . Also gilt für x ∈ B(yM , M1 )
d(x, x ) ≤ d(x, yM ) + d(yM , x∗ ) <
∗ 1
M
+ ε
2

⇒ B(yM , M1 ) ⊂ B(x∗ , ε) ⊂ Qλ∗ . Widerspruch zu B(yM , M1 ) wird nicht durch
endlich viele Qλ überdeckt.


Beweis von Satz 5.11:


”⇒” kompakt ⇒ beschr.+abg. nach Satz 5.10
”⇐” Sei A ⊂ Rn beschr. +abg. Zeige, dass A folgenkompakt ist.
Sei (xm )m∈N ⊂ A ⊂ Rn . Betrachte (n ∈ N) die Komponentenfolgen
 
(j)
xm , j ∈ {1, ... , n} diese sind beschränkt, da A beschränkt ist.
m∈N
 
(j)
Dann besitzt xm konv. TF. Dann hat auch
m∈N
n o
(1) (n)
(xm )m∈N = xm , ... , xm eine konv. Teilfolge.
m∈N
Da A abgeschl. liegt der GW der TF in A.

34

5.4 Gleichmäßig stetige Abbildungen

Definition 5.14
E, E 0 metr. Räume, A ⊂ E und f : A → E 0 . Die Abbildung f heißt gleichmäßig
stetig, falls ∀ε > 0∃δ(ε) > 0∀x, y ∈ A : d(x, y) < δ(ε) ⇒ d0 (f (x), f (y)) < ε.
Bemerkung: f glm. stetig⇒ f stetig.

Satz 5.15
Sei A ⊂ E kompakt und f : A → E 0 stetig auf A. Dann ist f gleichmäßig stetig.
Beweis: Sei x0 ∈ A und ε > 0. Dann ex. δx0 (ε) > 0 mit
d(x, x0 ) < δx0 (ε) ⇒ d0 (f (x), f (x0 )) < ε.
 
δ (ε)
Mit Qx0 := B x0 , x02
S
gilt A ⊂ Qx0 und da A kompakt ex. endliche
x0 ∈A
N
δ (ε)
Qxi . Sei δ(ε) := min xi2 > 0. Für x, y ∈ A
S
Teilüberdeckung A ⊂
i=1 1≤i≤N
 
δ (ε)
mit d(x, y) < δ(ε) ex. xi ∈ A mit x ∈ B xi , xi2 . Es ist
δxi (ε)
d(y, xi ) ≤ d(y, x)+d(x, xi ) < d(ε)+ 2
≤ dxi (ε).Also ist d0 (f (x), f (y)) ≤ d0 (f (x), f (xi ))+
d0 (f (xi ), f (y)) < ε + ε = 2ε


Satz 5.16
f : E ⊃ A → E 0 stetig und es sei A kompakt. Dann ist f (A) kompakt in E 0 .
Beweis: Wir zeigen, dass jede Folge in f (A) eine konvergente Teilfolge
enthält, sei (yn )n∈N ⊂ f (A). Dann ex. eine Folge (xn )n∈N ⊂ A mit
f (xn ) = yn , n ∈ N. Da A kompakt ex. eine kovergente Teilfolge
(xk )k∈N mit lim xnk = x ∈ A. Da f stetig, folgt
k→∞
f (x) = f ( lim xn ) = lim f (xnk ) = lim ynk , und daher besitzt (yn )n∈N
n→∞ k→∞ k→∞
eine konvergente Teilfolge.


Satz 5.17 (Weierstraß)


Sei f : E ⊃ A → R stetig und A kompakt. Dann ist f auf A beschränkt
und es gibt a, b ∈ A mit f (a) = inf f (x) und f (b) = supf (x).
x∈A x∈A
Beweis: Nach Satz 5.16 ist f (A) kompakt, d.h. insbesondere f (A) ⊂ R
ist beschränkt(Satz 5.10), damit existieren inf f (x) und supf (x).
x∈A x∈A
Angenommen, supf (x) wird nicht angenommen, dann ist f (x) < supf (x) =: M
x∈A x∈A
35

1
für alle x ∈ A. Dann wäre g : A → R, x 7→ M −f (x)
eine stetige Funktion
auf A. Da A kompakt ist dann g(A) beschränkt. Also ex. ein k > 0 mit

|g(x)| = M −f1 (x) | < k . Dann folgt 1 < k(M − f (x)), also

kM −1 1
f (x) < k
=M− k
<M

Widerspruch zu M = sup f (x). Daher ex. b ∈ A mit f (b) = supf (x).


x∈A
 f (a) = inf f (x) analog.
x∈A

Kapitel 6 Eigenschaften reeller Funktionen


Definition 6.1
Sei A ⊂ R und f : A → R. f heißt (streng) monoton wachsend
∀x1 , x2 ∈ A : x1 < x2 ⇒ f (x1 ) ≤ f (x2 ).
(<)

f heißt (streng) monoton fallend ∀x1 , x2 ∈ A : x1 < x2 ⇒ f (x1 ) ≥ f (x2 ).


(>)

Satz 6.2
Sei f : R ⊃ A → R streng monoton wachsend(oder fallend)
und es sei B = f (A). Dann ex. die inverse Funktion f −1 : B → A und ist
auf B streng monoton wachsend(bzw. fallend).
Beweis: f : A → B ist surjektiv und injektiv, da f (x1 ) = f (x2 ) hier x1 = x2
wegen strenger monotonie impliziert. Also ex. f −1 : B → A. Seien y1 , y2 ∈ B
mit y1 < y2 und sie f streng monoton wachsend. Mit x1 , x2 ∈ A, so
dass f (x1 ) = y1 und f (x2 ) = y2 . Dann gilt x1 < x2 , also ist
f −1 (y1 ) = f −1 (f (x1 )) = x1 , x1 < x2 = f −1 (y2 )


Lemma 6.3
Sei f (a, b) → R stetig in x0 ∈ (a, b) und es sei f (x0 ) 6= 0. Dann ex. eine
Umgebung Ux von x0 in der f das gleiche Vorzeichen besitzt.
Beweis: Sei etwa f (x0 ) > 0. Für ε = 12 (f (x0 )) ex. δ(ε) > 0 mit
x ∈ (x0 − δ(ε), x0 + δ(ε)) ⇒ f (x) ∈ (f (x0 ) − ε, f (x) + ε), d.h. aber
f (x) > f (x0 ) − ε = f (x0 ) − 21 f (x0 ) = 12 f (x0 ) > δ(ε).

36

Satz 6.4
Sei f : [a, b] → R stetig und f (a) > 0 > f (b) oderf (a) < 0 < f (b) dann ex.
ξ ∈ (a, b) mit f (ξ) = 0.
Beweis: Sei etwa f (a) > 0 und f (b) < 0. Betrachte die Menge
M = {z ∈ [a, b] : f (x) > 0∀x ∈ [a, z]}. Dann ist M 6= ∅ da a ∈ M und
M ⊂ [a, b] ist beschränkt. Daher ex. supM = ξ. Angenommen f (ξ) > 0.
Dann ex. nach Lemma 6.3 eine Umgebung Uξ von ξ in der f positiv ist.
Nicht möglich, da ξ = sup M . Angenommen f (ξ) < 0. Dann ist nach Lemma
6.3 f < 0 in einer Umgebung von ξ. Widerspruch zu ξ = sup M . Also muss
f (ξ) = 0 gelten.


Satz 6.5 (Zwischenwertsatz)


Sei f : [a, b] → R stetig und seien m = min f (x) und M = max f (x).
x∈[a,b] x∈[a,b]

Dann gibt es zu jedem y ∈ (m, M ) mindestens ein ξ ∈ (a, b) mit f (ξ) = y.

Beweis: Betrachte die Hilfsfunktion: ϕ : [a, b] → R, x 7→ ϕ(x) := f (x) − y.


Nach dem Satz von Weierstraß (Satz 5.17) ex. x1 , x2 ∈ [a, b] mit
f (x1 ) = min f (x) = m und f (x2 ) = max f (x) = M . Sei x1 < x2 .
Dann ist ϕ auf [x1 , x2 ] stetig und es gilt ϕ(x1 ) = f (x1 ) − y = m − y < 0
ϕ(x2 ) = f (x2 ) − y = M − y > 0. Nach Satz 6.4 ex. ein ξ ∈ (x1 , x2 ) mit
0 = ϕ(ξ) = f (ξ) − y = 0. Also f (ξ) = y.

Kapitel 7 Reihen im normierten Raum


7.1 Normierte Räume

E sei ein Vektorraum über K(R oder C), d.h. E ist eine Menge mit ”+” und ”·”.
+ : E × E → E, (x, y) 7→ (x + y) assoziativ,kommutativ,neutrales,inverses Element
· : K × E → E (λ, x) 7→ λx, λ ∈ K, x ∈ E
(λ + µ)x = λx + µx, λ, µ ∈ K x, y ∈ E
λ(x + y) = λx + λy
λ(µx) = (λµ)x, ∃1 : 1 · x = x
37

Definition 7.1 Eine Norm k.k auf dem Vektorraum E ist eine Abbildung k.k : E → R+
0
mit:
(i)kx = 0k ⇐⇒ x = 0, x ∈ E
(ii) kλxk = |λ| · kxk, λ ∈ K, x ∈ E
(iii) kx + yk ≤ kxk + kyk, x, y ∈ E
Bemerkung: k.k : E → R+ +
0 Norm. Dann ist d : E × E → R0 (x, y) 7→ kx − yk
eine Metrik auf E.

Definition 7.2
Ein Vektorraum E mit Norm k.k heißt normierter Raum. d(x, y) := kx − yk
heißt die induzierte Metrik. Ist (E, d) ein vollständiger metrischer Raum,
dann heißt (E, k.k) Banachraum (vollst. normierter Raum).

7.2 Reihen und Konvergenzkriterien

Definition 7.3
Sei (E, k.k) ein normierter Raum und (an )n=0,1,... eine Folge von Elementen
Pn
in E. Dann heißen sn := ai (n-te) Partialsumme (sn )n=0,1,... die Folge
i=0
der Partialsummen. Konvergiert die Folge (sn ) gegen s, so heißt die Reihe

P ∞
P
aj konvergent, wir schreiben s := aj .
j=0 j=0
Ist die Reihe nicht konvergent, so heißt sie divergent.

Satz 7.4 (Cauchy Kriterium)



P
Sei (E, k.k) ein normierter Raum und die Reihe aj sei konvergent.
j=0
m
P
Dann gilt: ∀ε > 0∃n0 (ε)∀m > n > n0 , m, n ∈ N : k aj k < ε. ♥
j=n+1

P
Ist (E, k.k) ein Banachraum, dann folgt aus ♥, dass aj konvergiert.
j=0

P n
P
Beweis: Sei aj konvergent, d.h. eine Folge sn = aj ist konvergent, also
j=0 j=0
m
P n
P
ist (sn ) eine Cauchyfolge und aus (m > n) ksm − sn k = k aj − aj k
j=0 j=0
m
P
=k aj k folgt die Aussage. Ist (E, k.k) ein Banachraum und gilt ♥,
j=n+1

so ist (sn ) eine Cauchyfolge und damit in E konvergent. 


38


P
Satz 7.5 (Notwendiges Konvergenzkriterium) aj konvergent⇒ lim an = 0
j=0 n→∞

Beweis: Setze m = n + 1 in ♥. Das bedeutet: ∀ε > 0∃n0 (ε) : kan+1 k < ε,


also am → 0 in E.


Definition 7.6

P
(E, k.k) norm. Raum. Die Reihe aj heißt absolut konvergent, falls die Reihe
j=0

P
kaj k (in R)konvergent ist.
j=0

Satz 7.7
Es sei (E, k.k) Banachraum. Dan ist jede absolut konvergente Reihe konvergent.

Beweis: Nach dem Cauchy-Kriterium gilt:


m
P
∀ε > 0∃n0 (ε)∀m > n > n0 : kaj k < ε nun ist wegen
j=n+1
m
P m
P n
P
k aj k ≤ kaj k und damit ist sn = aj eine Cauchyfolge in E
j=n+1 j=n+1 j=0
Pn
(da sm − sn = aj ). Damit konvergiert sn .
j=n+1


7.3 Konvergenzkriterien für Reihen in R

Proposition 7.8
Seien aj > 0,j = 0, 1, .... Dann gilt:

P Pn
aj ist konvergent ⇐⇒ ( aj )n∈N ist beschränkte Folge.
j=0 j=0

Beweis: ÜA

Definition 7.9

P ∞
P
Es seien aj und bj so dass 0 < aj ≤ bj für alle j ≥ j0 ∈ N.
j=0 j=0

P ∞
P ∞
P ∞
P
Dann heißt aj Minorante zu bj und bj Majorante zu aj .
j=0 j=0 j=0 j=0

P P∞
Bemerkung: IA gilt nicht aj ≤ bj
j=0 j=0
39

Satz 7.10(Vergleichskriterium)
Jede Minorante einer konvergenten Majorante ist konvergent.
Jede Majorante einer divergenten Minorante ist divergent.
Beweis: ÜA

Satz 7.11(Quotientenkriterium)
Es gelte aj > 0, j = 0, 1, ... und es gelte ab einem n0 ∈ N :

an+1 P
an
≤ q < 1 für alle n > n 0 . Dann ist aj konvergent.
j=0

an+1 P
Gilt an
≥ 1 für n ≥ n0 , so ist aj divergent.
j=0

Beweis: Für n ≥ n0 ist: an+1 ≤ qan ≤ q 2 an−1 ≤ ... ≤ an0 q n−n0 Also ist

P
qn eine konvergente Majorante, da q < 1(geom. Reihe). Ist dagegen
j=0
an+1
an
> 1, so folgt an+1 ≥ an ≥ an−1 ≥ ... ≥ an0 > 0 und damit
P∞
lim an 6= 0. Nach dem notwendigen Konvergenzkriterium ist aj divergent.
n→∞ j=0


Satz 7.12 (Wurzelkriterium)


Es gilt aj > 0, j = 0, 1, ... und es gelte ab einem n0 ∈ N :
√ ∞
P
n a ≤ q < 1 für alle n ≥ n . Dann ist ak konvergent. Gilt hingegen
n 0
k=0
√ ∞
P
n an ≥ 1 für alle n ≥ n0 , dann ist ak divergent.
k=0
∞ ∞
Beweis: an ≤ q n , daher ist q n konv. Majorante für
P P
ak .
n=0 k=0
√ ∞
P
Ist nan ≥ 1, so folgt an ≥ 1 und damit divergiert ak aufgrund des
k=0
notwendigen Kriteriums.

Korollar 7.13
Es gelte aj > 0
√ ∞
P
und sei lim supn an = r. Ist r < 1, so konvergiert aj .
n→∞ j=0

P
Ist r > 1 so divergiert aj .
j=0

Beweis: ÜA
40

Satz 7.14 (Leibnitzkriterium)



P
Die reelle Reihe aj sei alternierend, d.h. an · an+1 < 0,n ∈ N.
j=0

P
Es konvergiere (|an |)n∈N monoton gegen 0. Dann ist an konvergent und
n=0

P k
P
es gilt | an − an | ≤ |ak+1 |
n=0 n=0
Beweis: Sei αn := |an | > 0, d.h. αn+1 ≤ αn ≤ αn−1 ≤ ...
n+p
P
Sei γ = ±1, so dass γan−1 > 0. Dann gilt: γ(sn+p − sn ) = γ ak
k=n+1

= αn+1 − αn+2 + ... + (−1)p−1 αn+p


= αn+1 − (αn+2 − αn+3 ) − (...) − ... ≤ αn+1
| {z } |{z}
≥0 ≥0

Da αn → 0 gibt es zu jedem ε > 0 ein n0 (ε) sodass für alle


n→∞
p ≥ 0, n ≥ n0 : |sn+p − sn | ≤ αn+1 < ε. Damit ist (sn ) eine Cauchyfolge im
Banachraum R, also konvergent.

P Pn
Abschätzung | ak − ak | = lim |sn+p − sn | ≤ αn+1
k=0 k=0 p→∞

7.4 Umordnung von Reihen



P
Es sei ak eine Reihe in einem normierten Raum (E, k.k) und es sei
k=0

P ∞
P
ϕ : N0 → N0 bijektiv. Dann heißt aϕ(k) eine Umordnung von ak .
k=0 k=0

Satz 7.15 (Umordnungssatz)



P
Sei (E, k.k) Banachraum und sei aj absolut konvergent. Dann konvergiert
j=0
jede Umordnung der Reihe absolut gegen den gleichen Grenzwert.
Beweis: Sei ϕ : N0 → N0 bijektiv und bj = aϕ(j) , j ∈ N0 , und setze
n n
aj und s∗n =
P P
sn = bj .
j=0 j=0

P
1. Beh. bj ist absolut konvergent.
j=0
n
P
Die Folge ( kbj k)n∈N0 ist monoton wachsend, also reicht es zu zeigen, dass
j=0
41

n
P
( kbj k)n∈N0 beschränkt ist. Es sei max{ϕ(0), ... , ϕ(n)} =: m(n) ∈ N. Dann ist
j=0
n
P n
P m(n)
P ∞
P
kbj k = aϕ(j) ≤ kak k ≤ M, da ak absolut konvergent ist.
j=0 j=0 k=0 k=0


P ∞
P ∞
P
2. Beh. Es gilt bj = aj =: s (Beachte, dass aj konvergent ist, da
j=0 j=0 j=0

(E, k.k) Banachraum)


Z.z. ist: ∀ε > 0∃n0 (ε)∀n > n0 (ε) : ks∗n − sk < ε.
ε
Wir wissen, dass zu ε > 0∃N0 (ε)∀n ≥ N0 (ε) : ksn − sk < 2
und da die
”Reihenreste” Nach Cauchykriterium klein sind, kann N0 (ε) so gewählt
n+p
kaj k < 2ε .
P
werden, dass ∀n ≥ N0 ∀p ≥ 0 :
j=n+1

Sei n0 (ε) := max{ϕ−1 (0), ... , ϕ−1 (N0 (ε))}. Dann gilt:
{ϕ−1 (0), ... , ϕ−1 (N0 (ε))} ⊂ {0, ... , n0 (ε)} und insbesondere n0 (ε) ≥ N0 (ε).
n
Für n ≥ N0 (ε) ist dann ks∗n − sk = k aϕ(j) − sk
P
j=0
NP
0 (ε) ϕ(n)
P P
=k ak + aϕ(j) − s k ≤ sN0 (ε) − s + aϕ(j)
k=0 j∈{0,... ,n} j∈{0,... ,n}
ϕ(j)>N0 (ε) ϕ(j)>N0 (ε)

N0P
(ε)+p
= sN0 (ε) − s + kal k < ε, mit p ∈ N geeignet
l=N0 (ε)+1


7.5 Potenzreihen

Definition 7.16
Sei (an )n≥0 ∈ C und seien z, z0 ∈ C. Eine Potenzreihe (nach Potenzen von

an (z − z0 )n
P
(z − z0 )) ist eine Reihe der Form
n=0

Lemma 7.17

an (z − z0 )n für z = z1 , so konvergiert die Potenzreihe für alle z ∈ C mit
P
Konvergiert
n=0

an (z − z0 )n für z = z0 dann
P
|z − z0 | < |z1 − z0 | absolut. Divergiert
n=0
auch für alle z ∈ C mit |z − z0 | > |z1 − z0 |.
Beweis: Aus Konvergenz bei z1 folgt an (z1 − z0 )n → 0 (notw. Kriterium), also
42

insbesondere an (z1 − z0 )n beschränkt. Sei z ∈ C mit |z − z0 | < |z1 − z0 | :


n
n n |z − z0 |

|an ||z − z0 | = |an ||z1 − z0 | ≤ M q n , mit q < 1.
| {z } |z1 − z0 |
≤M (beschr.) | {z }
=:q<1

an (z − z0 )n divergent
P
Daher ist geom. Reihe konvergente Majorante. Ist
an (z − z0 )n konvergent für ein z ∈ C mit
P
für z1 ∈ C und wäre
|z − z0 | > |z1 − z0 | dann liefert der erste Teil des Lemmas konvergenz bei z1 .

Lemma 7.18

an (z − z0 )n ex. ein eindeutiges ρ ∈ [0, ∞):
P
Zu jeder Potenzreihe
n=0

an (z − z0 )n konvergiert für |z − z0 | < ρ und divergiert für
P
(i)
n=0
|z − z0 | > ρ. Die Zahl ρ heißt Konvergenzradius.
1√
(ii) Es gilt ρ := und B(z0 , ρ) Konvergenzkreis von
lim sup n |an |

an (z − z0 )n .
P

Beweis: Existenz und Eindeutigkeit und (i) folgen aus Lemma 7.17.
Zeige (ii): Es ist lim supn |an ||z − z0 |n = |z−z 0|
p p
ρ0
mit ρ10 := lim sup n |an |.
n→∞ n→∞
Mit Korollar 7.17 folgt Konvergenz für |z − z0 | < ρ0 und Divergenz für
|z − z0 | > ρ0 . Daher folgt (mit (i)): ρ = ρ0 .


∞ ∞
an (z − z0 )n , bn (z − z0 )n mit Konvergenzradien ρa , ρb .
P P
Rechenregel:
n=0 n=0

(αan + βbn )(z − z0 )n
P
Seien α, β ∈ C. Für |z − z0 | < min{ρa , ρb } ist
n=0
= α an (z − z0 )n + β bn (z − z0 )n
P P

Lemma 7.19

an (z − z0 )n habe Konvergenzradius ρ > 0. Sei (zm ) ⊂ C eine Folge mit
P
n=0

an (zm − z0 )n = a0.
P
lim zm = z0 und |zm − z0 | < ρ. Dann gilt lim
m→∞ m→∞n=0

Beweis: Es gilt für ρ2 > δ > 0∃m0 (ρ)∀m > m0 : |zm − z0 | < δ.
∞ n−1
|an | ρ2 . Sei ε > 0 und sei δ := min Mε , ρ2 .
P 
Sei M :=
n=1
43

∞ ∞
an (zm − z0 )n − a0 | = | an (zm − z0 )n |
P P
Dann folgt für |zm − z0 | < δ : |
n=0 n=1

|an ||zm − z0 |n−1 ≤ M |zm − z0 | < ε
P
≤ |zm − z0 |
n=0


Korollar 7.20

an (z − z0 )n positiv. Dann ist
P
Es sei der Konvergenzradius ρ von
n=0

an (z − z0 )n stetig.
P
f : B(z0 , ρ) → C, z 7→
n=0
Beweis: Stetigkeit von f bei z = z0 wurde in Lemma 7.19 gezeigt.
∞ ∞
an (z − z0 )n = an ((z − z1 ) + (z1 − z0 ))n
P P
Für z ∈ B(z0 , ρ):
n=0 n=0
P P n n−m m
= an m
(z1 − z0 ) (z − z1 )
n m
P X n
(z1 − z0 )n−m )(z − z1 )m = bm (z − z1 )m
P
= ( an
m m m
|n {z }
bm

Cauchyprodukt Für endliche Summen ist:


 N  N 
P P
an bn = (a1 + ... + aN ) · (b1 + ... + bN )
n=1 n=1
N P
P n
= ... = ak bn−k+1
n=1 k=1

Satz Seien (an ), (bn ) ⊂ K mit



P ∞
P
(a) an absolut konvergent, bn konvergiert.
n=1 n=1

P ∞
P
(b) Sei A := an , B := bn .
n=1 n=1
Pn P ∞
P
(c) Mit cn := ak bn−k+1 folgt, dass cn konvergiert und cn = A · B.
k=1 n=1
N
P N
P N
P
Beweis: (1) Wir schreiben AN = an , BN = bn , CN = cn ,
n=1 n=1 n=1
βN = BN − B, N ∈ N.
N
P N P
P n
Für N ∈ N folgt: CN = cn = ak bn−k+1
n=1 n=1 k=1
= a1 b1 + (a1 b2 + a2 b1 ) + ... + (a1 bN + ... + aN b1 )
44

= a1 BN + a2 BN −1 + ... + aN B1
= a1 (βN + B) + a2 (βN −1 + B) + ... + aN (β1 + B)
= AN B + a1 βN + a2 βN −1 + ... + aN β1
| {z }
=:γN

(2) Wir wollen CN → AB und wir wissen AN B → AB. Wir müssen also
N →∞ N →∞
N
P ∞
P
γN → 0 zeigen. Wir wissen: BN = bn → bn = B,
N →∞ n=1 N →∞ n=1

also BN → B, also βN → 0.
N →∞ N →∞
Sei ε > 0 bel. Dann gibt es N0 > 0 : |βN | < ε∀N > N0 .
Dann gilt für N > N0 : 0 ≤ |γN | = |a1 βN + ... + aN β1 |
≤ |a1 ||βN | + ... + |aN ||β1 | = |a1 ||βN | + ... + |aN −N0 ||βN0 +1 | + |aN −N0 +1 ||βN0 | + ...
< ε(|a1 | + ... + |aN −N0 |) + max |βj |(|aN | + ... + |aN −N0 +1 |)
| P {z } j=1,... ,N0 → 0 → 0
∞ N →∞ N →∞
< n=1 |an |=:α<∞
da abs. konvergent

Daraus folgt: 0 ≤ lim sup|γN | ≤ εα. Also folgt lim sup|γN | = 0.


N →∞ N →∞


Satz 7.21
∞ ∞
an (z − z0 )n und bn (z − z0 )n konvergent mit Konvergenzradius
P P
Seien
n=1 n=1
ρa > 0 und ρb > 0. Es gelten für ein
∞ ∞
an (z − z0 )n = an (z − z0 )n , z ∈ B(z0 , θ).
P P
θ ∈ (0, min{ρa , ρb }) :
n=1 n=1
Dann gilt an = bn für alle n ∈ N und insbesondere ρa = ρb .
Beweis: Induktion nach n
Induktionsanfang: N = 0. Stimmt da
∞ ∞
an (z − z0 )n = a0 = bn (z − z0 )n = b0
P P
n=1 n=1
Induktionsschritt: Zu zeigen ist: aN +1 = bN +1 . Sei z ∈ B(z0 , θ) \ {z0 }.
∞ ∞
an (z − z0 )n = bn (z − z0 )n bzw.
P P
Dann gilt (IV):
n=N +1 n=N +1
∞ ∞
aN +1+n (z − z0 )N +1+n = bN +1+n (z − z0 )N +1+n 1
P P
|· (z−z0 )N +1
n=0 n=0
∞ ∞
aN +1+n (z − z0 )n = bN +1+n (z − z0 )n und da
P P
Also ist:
n=0 n=0
∞ ∞
aN +1+n (z − z0 )n und bN +1+n (z − z0 )n stetig sind, folgt aN +1 = bN +1 denn für (zk )k∈N ∈
P P
n=0 n=0
B(z0 , θ) \ {z0 } mit zk → z0 für k → ∞ gilt.
45

∞ ∞  n
P n P
aN +1 = aN +1+n (z − z0 ) = aN +1+n lim zk − z0
n=0 n=0 k→∞
∞ ∞
aN +1+n (zk − z0 )n = lim bN +1+n (zk − z0 )n
P P
= lim
Stetigkeit k→∞n=0 k→∞n=0

bN +1+n ( lim zk − z0 )n = bN +1
P
=
Stetigkeit n=0 k→∞


∞ n
z
= ez
P
Wichtige Beispiele: exp(z) = n!
n=0
z 7→ exp(z) ist stetig auf C.

∞  
(−1)n
z 2n+1
P
sin(z) := (2n+1)!
n=0
∞  
(−1)n
z 2n
P
cos(z) := (2n)!
n=0
Sei ϕ ∈ R, dann ist exp(iϕ) = cos(ϕ) + i sin(ϕ)
⇒ exp(2πi)

Kapitel 8 Funktionenräume und gleichmäßige Konvergenz

Es sei E metrischer Raum und B(E) := {u : E → R beschränkte Funktion} .


Für u, v ∈ B(E) sei αu(x) + βv(x) = (αu + βv)(x), x ∈ E, α, β ∈ R.
Dann ist B(E) ein Vektorraum und kuk = sup|u(x)| ist (B(E), k.k) ein
x∈E
normierter Vektorraum.

Satz 8.1
(B(E), k.k) ist ein Banachraum. (vollständig)
Beweis: Sei (un )n∈N eine Cauchyfolge in (B(E), k.k), d.h.
∀ε > 0∃n0 (ε)∀n, m > n0 (ε) : kun − um k = sup|un (x) − um (x)| < ε.
x∈E
Insbesondere gilt für jedes x ∈ E : |un (x) − um (x)| < ε, n, m > n(ε).
Damit ist (un (x))n∈N eine Cauchyfolge in R und daher ex. u(x) ∈ R mit
lim un (x) = u(x). Dann gilt:
n→∞
•|u(x)| ≤ |u(x) − un (x)| + |un (x)| < εe + kun k für n groß
⇒ kuk = sup|u(x)| < ∞,d.h. u ∈ B(E).
x∈E
46

• Aus |un (x) − um (x)| < ε, n, m > n0 (ε) folgt |un (x) − u(x)| ≤ ε, n ≥ n0 (ε)
und damit sup|un (x) − u(x)| = kun − uk ≤ ε. Damit konvergiert
(un )n∈N gegen u in (B(E), k.k)

Definition 8.2
Sei un : E → R eine Folge von Funktionen und u : E → R
(i) (un )n∈N heißt punktweise konvergent gegen u, falls
∀t ∈ E∀ε > 0∃n0 (ε, t) : |un (t) − u(t)| < ε.
(ii) (un )n∈N heißt gleichmäßig konvergent gegen u, falls ∀ε > 0∃n0 (ε)∀n > n0 (ε)∀t ∈ E :
|un (t) − u(t)| < ε
Bemerkung: un → u gleichmäßig konvergent ⇐⇒ kun − uk → 0, n → ∞
glm. konv. ⇒ punktweise konv.

Sei K ⊂ E kompakt, (E, d) metrischer Raum und C(K) := {u : K → R|u stetig}.


C(K) ist ein Vektorraum. Da K kompakt, folgt nach dem Satz von Weierstraß,
dass u beschränkt ist. ⇒ C(K) ⊂ B(K). Sei kuk = sup|u(x)|,
x∈K
für u ∈ C(K) und u ∈ B(K)

Satz 8.3
(C(K), k.k) ist ein Banachraum.
Beweis: Sei (un )n∈N ⊂ C(K) eine Cauchyfolge bzgl. k.k. Dann ist (un )n∈N
auch eine Cauchyfolge in B(K) bzgl. k.k. Also ex. nach Satz 8.1 ein u ∈ B(K)
mit kun − uk → 0 für n → ∞.
Zeige noch: u ist stetig. Seien x, x0 ∈ K. Dann ist
|u(x) − u(x0 )| ≤ |u(x) − un (x)| + |un (x0 ) − u(x0 )| ≤ ku − un k + |un (x) − un (x0 )| + kun − uk
Da un ∈ C(K) existiert zu ε > 0 ein δ > 0 : d(x, x0 ) < δ weiter kann n ∈ N so
ε
gewählt werden, dass ku − un k < 2
gilt, also folgt:
ε ε
für ε > 0, δ > 0 wie oben und x, x0 ∈ K mit d(x, x0 ) < δ :|u(x) − u(x0 )| < 2
+ 2
Damit ist u ∈ C(K) und es folgt, dass C(K) ein Banachraum ist.


Korollar 8.4
Ist K kompakt, und sei (un )n∈N eine Folge von stetigen Funktionen auf K
und (un )n∈N konvergiere gleichmäßig gegen u. Dann ist u stetig.
47

Satz 8.5
Sei K kompakte Teilmenge des metrische Raums E. Jede monoton
wachsende(fallende) Folge stetiger Funktionen un : K → R ist konvergent und
konvergiert auf K gleichmäßig gegen u.
Beweis: Sei (un )n∈N monoton wachsend. Da un → u punkweise auf K :
ε
∀x ∈ K∀ge > 0∃n0 (ε, x)∀n > n0 (ge) : 0 ≤ u(x) − un (x) < 3
Da u, un0 stetig
ε
ex. δ(ε) > 0 : ∀y ∈ K : d(x, y) < δ ⇒ |u(x) − u(y)| < 3
, |un0 (x) − un0 (y)| < 3ε .
Also haben wir: ∀ε > 0∀x ∈ K∃n0 (ε, x)∀n > n0 (ε, x)∀y ∈ B(x, δ) :
|un0 (x) − un0 (y)|0 ≤ u(y) − un (y) ≤ u(y) − un0 (y) =
Monotonie
≤ |u(y) − u(x)| + |u(x) − un0 (x)| + |u(y) − un0 (y)| < ε ∀y ∈ B(x, δ).
S
Nun ist K ⊂ B(x, δx ) und da K kompakt, reichen endlich viele
x∈K

B(xi , δi ), i = 1, ... , N zur Überdeckung aus. Sei dann n∗0 (ε) := max n0 (ε, xi ).
i=1,... ,N

Dann gilt für alle n ≥ n∗0 (ε) und y ∈ K : 0 ≤ u(y) − un (y) < ε.


Satz 8.6

ak (z − z0 )k eine Potenzreihe, ak ∈ C, z, z0 ∈ C mit Konvergenzradius
P
Sei
k=0
ρ > 0. Für jede kompakte Menge K ⊂ B(z, ρ) konvergiert die Folge
n ∞
ak (z − z0 )k gleichmäßig gegen ak (z − z0 )k .
P P
un (z) =
k=0 k=0

Beweis: Es gilt dist(K, S(z0 , ρ)) = τ > 0. Dann ist K ⊂ B(z0 , ρ − τ ) und
∞ ∞
|ak |(ρ − τ )k ist konv. Majorante von |ak ||z − z0 |k für alle z ∈ K.
P P
k=0 k=0
n ∞ ∞
k
ak (z − z0 )k | ≤ |ak |(ρ − τ )k
P P P
Also gilt: k ak (z − z0 ) k = sup|
k=0 z∈K k=0 k=0
∞ ∞
ak (z − z0 )k → ak (z − z0 )k gleichmäßig konvergent.
P P
Also ist
k=0 k=i


ak (z − z0 )k ist stetig in B(z, ρ).
P
Korollar 8.7
k=0
Beweis: Zu ze ∈ B(z, ρ) wähle K kompakt mit z ∈ K ⊂ B(z, ρ) und z im
Inneren von K. Dann folgt aus Korollar 8.4 und Satz 8.6 Stetigkeit von

ak (z − z0 )k auf K.
P
k=0
48

Lemma 8.8 (E, d) metrischer Raum, A ⊂ E abgeschlossen, K ⊂ E kompakt und


A ∩ K = ∅. Dann ist dist(A, k) > 0.
Beweis: f : K → R, x 7→ f (x) = dist(x, A) = inf d(x, y) ist eine stetige Funktion, denn zu
y∈A
Mz∈ A und ye ∈ K : d(x, A) ≤ d(x, z) ≤ d(x, ye) + d(e
y , z), zum Infimum
übergehen liefert: d(x, A) ≤ d(x, ye) + d(e
y , A).
y , A) ≤ d(e
x, ye vertauschen liefert: d(e y , A)| ≤ d(x, ye)
y , x) + d(x, A) ⇒ |d(x, A) − d(e
| {z }
=|f (x)−f (e
y )|

⇒ f ist stetig.
Nach dem Satz von Weierstraß nimm f sein Infimum an, d.h.
∃x0 ∈ K : f (x0 ) = inf f (x) = inf d(x, A) = dist(K, A).
x∈K x∈K
Angenommen f (x0 ) = dist(K, A) = 0. Da x0 ∈ K und f (x0 ) = 0 existiert
(xn )n∈N ⊂ A mit xn → x0 , da A abgeschlossen folgt x0 ∈ A ∩ K

zu A ∩ K = ∅


Kapitel 9 Differentialrechnung in einer Variablen


9.1 Grundbegriffe, einfache Beispiele und Ableitungsregeln

Definition 8.1
Es sei D ⊂ R offen und f : D → R. Die Funktion f heißt bei x0 ∈ D
differenzierbar, wenn es ein x0 ∈ R und eine in x0 stetige Funktion r : D → R
existiert mit r(x0 ) = 0 und f (x) = f (x0 ) + m(x − x0 ) + r(x)(x − x0 ).
df
Bezeichnung: m := f 0 (x0 ) = dx
(x0 ) heißt Ableitung von f bei x0 .

f (x)−f (x0 )
Bemerkungen: (1) Für x 6= x0 gilt: f 0 (x0 ) = x−x0
− r(x), x ∈ D
f (x)−f (x0 )
und daher f 0 (x0 ) = lim x−x0
− lim r(x)
x→x0 x→x0

(2) Existiert umgekehrt lim f (x)−f


x−x0
(x0 )
− r(x) = f 0 (x0 ),
x→x0
f (x)−f (x0 )

− f 0 (x0 )
x 6= x0
so kann r : D → R, r(x) = x−x0 gewählt werden.
0 x = x0
(3) Für Funktionen f : Rm → Rn wird die Ableitung analog definiert.
49

Satz 9.2
Ist f : D → R in x0 ∈ D differenzierbar, so ist f stetig in x0 .
Beweis: Es gilt für alle x ∈ D : f (x) = f (x0 ) − f 0 (x0 )(x − x0 ) + r(x)(x − x0 )
mit r : D → R stetig und r(x0 ) = 0. Zu εe = 1 ex. δ(1) e : |x − x0 | < δ(1)
e ⇒ |r(x)| < 1
n o
Sei nun ε > 0 und wähle: δ(ε) : min |f 0 (xε0 )|+1 , δ(1)
e . Dann gilt für alle x ∈ D
mit |x − x0 | < δ(ε) : |f (x) − f (x0 )| = |f 0 (x0 )(x − x0 ) + r(x)(x − x0 )|
≤ (|f 0 (x0 )| + 1)|x − x0 | < ε ⇒ f stetig bei x0 .
↑|x−x0 |<δ(1)
e

Definition 9.3
Ist die Restriktion von f : D → R auf D∩{x ∈ D : x ≥ x0 } (Bzw. D ∩ {x ∈ D : x ≤ x0 }) , x0 ∈ D,
differenzierbar, so heißt f
bei x0 rechtsseitig differenzierbar(linksseitig differenzierbar) und
 
0 f (x)−f (x0 ) 0 f (x)−f (x0 )
f+ (x0 ) = lim x−x0 f− (x0 ) = lim x−x0
x&x0 x%x0

rechtsseitige(linksseitige) Ableitung von f bei x0 .

Satz 9.4 Seien f, g : D → R bei x0 ∈ D differenzierbar. Dann sind auch


f + g, c · f (c ∈ R), f · g und f1 (falls f (x0 ) 6= 0) bei x0 differenzierbar, es gilt:
(f + g)(x0 ) = f 0 (x0 ) + g 0 (x0 )
(cf )0 (x0 ) = c f 0 (x0 )
(f · g)0 (x0 ) = f 0 (x0 )g(x0 ) + f (x0 )g 0 (x0 )
 0 0
1
f
(x0 ) = − (ff(x(x0)))2
0

Beweis: ”Produktregel”
Setze f1 (x) = f 0 (x0 ) + rf (x) und g1 (x) = g 0 (x0 ) + rg (x), x ∈ D.
Dann sind f1 , g1 stetig, f1 (x0 ) = f 0 (x0 ), g1 (x0 ) = g 0 (x0 ) und
f (x)g(x) = (f (x0 ) + f1 (x)(x − x0 ))(g(x0 ) + g1 (x)(x − x0 ))
= f (x0 )g(x0 ) + [f1 (x)g(x0 ) + f (x0 )g1 (x) + f1 (x)g1 (x)(x − x0 )] (x − x0 )
f (x)g(x)−f (x0 )g(x0 )
⇒ lim x−x0
= lim (f1 (x)g(x0 ) + f (x0 )g1 (x) + f1 (x)g1 (x)(x − x0 )) = f1 (x0 )g(x0 )+
x→x0 x→x0
f (x0 )g1 (x0 ) = f 0 (x0 )g(x0 ) + f (x0 )g 0 (x0 )

Korollar 9.5
f
f, g : D → R bei x0 diffbar und g(x0 ) 6= 0. Dann ist g
bei x0 diffbar und
 0 0 0
f
g
(x0 ) = f (x0 )g(xg(x
0 )−f (x0 )g (x0 )
0 )2
50

Satz 9.6
f sei bei x0 diffbar, g sei bei f (x0 ) diffbar und g ◦ f ist wohldefiniert.
Dann ist g ◦ f bei x0 diffbar und es gilt (g ◦ f )0 (x0 ) = g 0 (f (x0 )) · f 0 (x0 )
→ Kettenregel
Beweis: Nach Voraussetzung gilt mit f1 (x) = f 0 (x0 ) + rf (x) :
f (x) = f (x0 ) + f1 (x)(x − x0 ) und f1 (x0 ) = f 0 (x0 ). Analog gilt bei
y0 = f (x0 ), g(y) = g(y0 ) + g1 (y)(y − y0 ) mit g1 (y) = g 0 (y0 ) + rg (y),
g1 (y0 ) = g 0 (y0 ). Also g(f (x)) = g(f (x0 )) + g1 (f (x))(f (x) − f (x0 ))
= g(f (x0 )) + g1 (f (x)) · (f1 (x)(x − x0 ))
g(f (x))−g(f (x0 ))
⇒ lim x−x0
= lim g1 (f (x))f1 (x), x 6= x0
x→x0 x→x0
= g1 (f (x0 ))f1 (x0 ) = g (f (x0 ))f 0 (x0 )
0

Korollar 9.7
Sei f : D → R injektiv und bei x0 ∈ D diffbar. Sei f −1 bei y0 = f (x0 ) diffbar.
0
Dann gilt (f −1 ) (y0 ) = 1
f 0 (x0 )
= 1
f 0 (f −1 (y0 ))
.
Beweis: x = f −1 (f (x)) ⇒ 1 = (f −1 )(f (x0 ))f 0 (x0 )


9.2 Mittelwertsätze und Minotoniekriterien

Satz 9.8(Rolle)
Es sei f : [a, b] → R auf [a, b] stetig und auf (a, b) differenzierbar.
Es gelte f (a) = f (b). Dann ex. ein ξ ∈ (a, b) mit f 0 (ξ) = 0.
Beweis: 1. Fall: f (x) = f (a) = f (b)∀x ∈ [a, b]. Dann gilt f 0 (x) = 0∀x ∈ (a, b).
2. Fall: Es gelte f (x) > f (a) für ein x ∈ (a, b). Nach dem Satz von Weierstraß
besitzt f ein Maximum auf [a, b], also ex. hier ein ξ ∈ (a, b) mit
x). Es gilt also f (ξ) − f (x) ≥ 0. Also ist
f (ξ) = max f (e
e∈[a,b]
x
f (x)−f (ξ)
f 0 (ξ) = lim

x−ξ
≥ 0
x&ξ
||
und damit f 0 (ξ) = 0
0
f (ξ) = lim f (x)−f
x−ξ
(ξ)
≤ 0
x%ξ

3. Fall: f (x) ≤ f (a) analog.



51

Satz 9.9 (Mittelwertsatz)


Sei f : [a, b] → R auf [a, b] stetig und auf (a, b) diffbar. Dann ex. ein
ξ ∈ (a, b) mit f (b) − f (a) = f 0 (ξ)(b − a).
Beweis: Folgt aus Satz 9.8 angewandt auf die Funktion
f (b)−f (a)
ϕ(x) := f (x) − b−a
(x − a), denn:
f (b)−f (a)
ϕ(b) = f (a) = ϕ(a). ∃ξ ∈ (a, b) : 0 = ϕ0 (ξ) = f 0 (ξ) − b−a


Korollar 9.10
Sei I ⊂ R ein Intervall und gelte f 0 (x) = 0 für alle x ∈ I.
Dann ist f auf I konstant.
Beweis: Seien a, b ∈ I, a < b. Dann liefert der MWS:
∃ξ ∈ (a, b) : f (b) − f (a) = f 0 (ξ)(b − a) = 0 ⇒ f (b) = f (a)
⇒ f konstant auf I

Definition 9.11
Sei D ⊂ R und f : D → R. Falls eine Funktion F : D → R ex. mit
F 0 (x) = f (x), x ∈ D, so heißt F Stammfunktion von f .

Korollar 9.12
Sei D ⊂ R offenes Intervall und f : D → R. Falls eine Stammfunktion F
aus D besitzt, so erhält mal alle Stammfunktionen von f durch Addition
einer Konstanten zu F .
Beweis: Aus F 0 = f und G0 = g folgt F 0 − G0 = (F − G)0 = 0
und Korollar 9.10 liefert F − G konstant.

Satz 9.13
Sei f auf einem Intervall I diffbar. Dann gilt:
(i) f monoton wachsend ⇐⇒ f 0 (x) ≥ 0 ∀x ∈ I
(ii) f streng monoton wachsend ⇐⇒ f 0 (x) ≥ 0, x ∈ I, und es ex. kein
Teilintervall I ∗⊂I mit f 0 (x) = 0, x ∈ I ∗ = [a, b], a < b
f (y)−f (x)
Beweis: (i) ” ⇒ ” Da f mon. wachsend ist y−x
≥ 0, x, y ∈ I, x 6= y
und daher f 0 (x) ≥ 0
”⇐ ” Nach MWS: (f (y) − f (x))(y − x) = f 0 (ξ)(y − x)2 ≥ 0
52

(ii) ”⇒” f 0 (x) ≥ 0 ist klar aus (i). Angenommen es ex. I ∗⊂I mit
f 0 (x) = 0∀x ∈ I ∗ . Nach Korollar 9.10 ist f = const auf I ∗ , Widersprcuh zu
f str. mon. wachsend.
”⇐” f monoton wachsend folgt aus (i). Angenommen es gilt
f (x1 ) = f (x2 ), x1 < x2 . Dann folgt ∀x ∈ [x1 , x2 ] f (x1 ) ≤ f (x) ≤ f (x2 ) = f (x1 )
d.h. f (x) = const auf [x1 , x2 ]. Also f 0 (x) = 0 auf [x1 , x2 ].

Satz 9.14 (2. MWS)


Seien f, g : [a, b] → R auf [a, b] stetig und auf (a, b) diffbar.
Dann ex. ξ ∈ (a, b) mit g 0 (ξ)(f (b) − f (a)) = f 0 (ξ)(g(b) − g(a)).
Beweis: Betrachte ϕ(x) = (f (b) − f (a))(g(x) − g(a)) − (g(b) − g(a))(f (x) − f (a)).
Dann ist ϕ stetig auf [a, b], es gilt ϕ(a) = 0 = ϕ(b) und ϕ ist differenzierbar
auf (a, b). Nach dem Satz von Rolle ex. ξ ∈ (a, b) : 0 = ϕ0 (x)


Satz 9.15 (Regel von Bernouille/de L’Hospital)


Seien f, g für x > x0 diffbar und gelte lim f (x) = 0 = lim g(x) und es
x&x0 x&x0
0 (x)
sei g(x), g 0 (x) 6= 0 für x > x0 . Falls lim fg0 (x) ex. so ex. auch lim f (x)
x&x0 x&x0 g(x)
f (x) f 0 (x)
und es gilt lim = lim 0 .
x&x0 g(x) x&x0 g (x)

Beweis: f, g stetig fortsetzen in dem Punkt x0 , dann gilt f (x0 ) = 0 = g(x0 ).


f (x) f (x)−f (x0 ) f 0 (ξ)
Auf [x0 , x] liefert Satz 9.14 g(x)
= g(x)−g(x0 )
= g 0 (ξ)
mit x0 < ξ < x.
Wähle Folge (xn )n∈N mit xn → x0 . Dann ex. Folge (ξn ) mit ξn ∈ (x0 , xn ) und
f (x0 ) f 0 (ξn ) f 0 (ξn )
ξn → x0 und g(x0 )
= g 0 (ξn )
. Da lim 0 nach Vor. existiert, existiert auch
n→∞ g (ξn )
f (x0 ) f (x) f 0 (x)
lim und es gilt lim = lim 0
n→∞ g(x0 ) x&x0 g(x) x&x0 g (x)

Bemerkung: Satz kann modifiziert werden für x % x0 und x → ±∞
53

9.3 Höhere Ableitungen, konvexe Funktionen und Taylorformel

Definition 9.16
Es sei f in x0 ∈ D ⊂ R diffbar. Ist f 0 : D → R auch diffbar, si heißt f in x0
zweimal differenzierbar und f 00 (x0 ) := (f 0 )0 (x0 ).
Ist f (k) : D → R bei x0 diffbar, so heißt f k + 1 mal diffbar bei x0 .
0
f (k+1) (x0 ) = f (k) (x0 )
Ist zusätzlich f (k+1) : D → R stetig, so heißt f k + 1 mal stetig diffbar.
Falls f (k) für alle k ∈ N existiert, so heißt f ∞-oft diffbar. Für D ⊂ R offen:
C k (0) := {f : D → R : f ist k − mal stetig diffbar}.
Bemerkungen:• C (∞) (D) ⊂ ...C (1) (D) ⊂ C (0) (D)
• f k-mal diffbar⇒ f, f 0 , ... , f (k−1) stetig
• f k-mal diffbar; f (k) stetig

Definition 9.17
Es sei I ein Intervall und f : I → R, f heißt konvex, falls:
∀x1 , x2 ∈ I∀λ ∈ [0, 1] : f (λx1 + (1 − λ)x2 ) ≤ λf (x1 ) + (1 − λ)f (x2 )

Satz 9.18
n
P
Sei f : I → R konvex. Dann gilt: ∀x1 , ... , xn ∈ I, ∀λ1 , ... , λn ≥ 0, λi = 1 :
i=1
n
P n
P
f( λi xi ) ≤ λi f (xi )
i=1 i=1
Beweis: Vollständige Induktion
1. Ind Anfang: n = 2 (gilt nach Def.)
n
P
2. Ind. Vor.: Gelte ∀x1 , ... , xn ∈ I∀λ1 , ... , λn ≥ 0, λi = 1 :
i=1
n
P n
P
f( λi xi ) ≤ λi f (xi ).
i=1 i=1
n+1
P
3. Ind Schritt: Seien x1 , ... , xn+1 ∈ I, λ1 , ... , λn+1 ≥ 0, λi = 1
i=1
n+1
 n

λi
P P
f ( λi xi ) = f (1 − λn+1 ) 1−λn+1 xi + λn+1 xn+1
i=1 i=1
n
λi
P
≤ (1 − λn+1 )f ( x)
1−λn+1 i
+ λn+1 f (xn+1 )
i=1
n Pn
λi i=1 λi 1−λn+1
P
1−λn+1
= 1−λn+1
= 1−λn+1
= 1 liefert Induktionsvoraussetzung
i=1
54

n n n+1
λi
P P P
f( λi xi ) ≤ (1 − λn+1 ) 1−λn−1
f (xi ) + λn+1 f (xn+1 ) = λi f (xi )
i=1 i=1 i=1


Satz 9.19
Sei f : I → R diffbar. Dann gilt: f auf I konvex ⇐⇒ f 0 monoton wachsend auf I.
Beweis: ”⇒” Sei f konvex auf I, seien x, y ∈ I, x 6= y und λ ∈ (0, 1).
Dann gilt: f (λy + (1 − λ)x) ≤ λf (y) + (1 − λ)f (x)
⇒ f (x + λ(y − x)) − f (x) ≤ λf (y) − λf 8x)
f (x+λ(y−x))−f (x)
⇒ λ(y−x)
(y − x) ≤ f (y) − f (x)
f (x+λ(y−x))−f (x)
Damit folgt f 0 (x))y − x) = lim λ(y−x)
(y − x) ≤ f (x) − f (y)
λ→x0
⇒ f (x) + f 0 (x)(y − x) ≤ f (y)∀x, y ∈ I, x 6= y (I)
vertauschen von x, y liefert:
f (x) + f 0 (y)(x − y) ≤ f (x) (II)
(I) + (II) : f (x) + f (y) + f (x)(y − x) + f 0 (y)(x − y) ≤ f (y) + f (x)
0

⇒ (f 0 (x) − f 0 (y))(y − x) ≤ 0
Für y > x ist f 0 (x) ≤ f 0 (y). Für x > y ist f 0 (x) ≥ f 0 (y) ⇒ f mon. wachsend.
”⇐” Sei f 0 monoton wachsend und x1 , x2 ∈ I, x = λx1 + (1 − λ)x2 , λ ∈ [0, 1]
mit x1 < x2 . Mit dem MWS folgt aus [x1 , x], x1 < x
f (x)−f (x1 ) f (x2 )−f (x)
x−x1
= f 0 (ξ1 ), ξ1 ∈ (x1 , x) und aus [x, x2 ], x < x2 x2 −x
= f 0 (ξ2 ),
ξ2 ∈ (x, x2 ) wegen x1 < ξ1 < x < ξ2 < x2 und nach Vor. gilt f 0 (ξ1 ) ≤ f 0 (ξ2 ),
f (x)−f (x1 ) f (x2 )−f (x)
d.h. x−x1
≤ x2 −x
also (x2 − x)(f (x) − f (x1 )) ≤ (f (x2 ) − f (x))(x − x1 )
Mit x2 − x = x2 − λx1 − (1 − λ)x2 = λ(x2 − x1 )
x − x1 = λx1 + (1 − λ)x2 − x1 = (1 − λ)(x2 − x1 ) folgt dann
λ(x2 − x1 )(f (x) − f (x1 )) ≤ (f (x2 ) − f (x))(1 − λ)(x2 − x1 )
⇒ λf (x) − λf (x1 ) ≤ (1 − λ)f (x2 ) − f (x) + λf (x)
⇒ f (λx1 + (1 + λ)x2 ) = f (x) ≤ λf (x1 ) + (1 − λ)f (x2 )


Korollar 9.20
Sei f : I → R zweimal diffbar. Dann gilt: f konvex ⇐⇒ f 00 (x) ≥ 0 ∀x ∈ I.

Satz 9.21 (Taylor Formel)


Sei I ein offenes Intervall und f ∈ C (n) (I) und x0 ∈ I. Dann gibt es ein
n (k)
f (x0 )
Rn (f, x0 ) ∈ C n (I) mit f (x) = (x − x0 )k + Rn (f, x0 )(x)
P
k!
k=0
55

Das Restglid Rn (f, x0 ) genügt der Abschätzung


|Rn (f, x0 )(x)| ≤ 1 sup f (n) (x0 + θ(x − x0 )) − f (n) (x0 ) |x − x0 |n

(n−1)!
θ∈(0,1)

Beweis: Im eigentlichen eine Folgerung aus dem Mittelwertsatz

Korollar
n = 1, f (x) = f (x0 ) + f 0 (x0 )(x − x0 ) + R1 (f, x0 )(x) mit
|R1 (f, x0 )(x)| ≤ sup |f 0 (x0 + θ(x − x0 )) − f 0 (x0 )||x − x0 |
θ∈(0,1)

Lemma 9.22
f : R → R sein ein Polynom vom Grad n und x0 ∈ R. Dann gilt:
n (k)
f (x0 )
(x − x0 )k
P
f (x) = k!
k=0
n
xk (x − x0 )k Es gilt f (x0 ) = a0 ,
P
Beweis: f (x) =
k=0
n
f 0 (x) = ak k(x − x0 )k−1 , f 0 (x0 ) = a1 · 1
P
k=1
n
f 00 (x) = ak k(k − 1)(x − x0 )k−2 , f 00 (x0 ) = a2 · 2 · 1
P
k=2
..
.
f (k) (x0 ) = ak k!

Beweis: (Taylor Formel)
Seien x ∈ I, z ∈ (0, 1) und betrachte die Hilfsfunktion Φ :
n−1
P f (k) (x0 +z(x−x0 )) (k)
Φ(z) = f (x) − k!
(x − x0 )k (1 − z)k − f n!(x0 ) (x − x0 )n (1 − z)n
k=0
n−1
f (k) (x0 )
− x0 )k =: Rn (f, x0 )(x) ∈ C 1 (I) und
P
Dann ist Φ(0) = f (x) − k!
(x
k=0
Φ(1) = f (x) − f (x) = 0
Wunsch: Mit MWS |Rn (f, x0 )(x)| = |Φ(1) − Φ(0)| ≤ sup (Φ0 (θ))
θ∈(0,1)

———-Nebenrechnung———-

n−1 h i
0 d f (k) (x0 +z(x−x0 )) k k f (n) (x0 )
− x0 )n n(1 − z)n
P
Φ (z) = − dz k!
(x − x0 ) (1 − z) + n!
(x
k=0
f (n) (x0 )−f (n) (x0 +z(x−x0 ))
= ... = n−1!
(x − x0 )n (1 − z)n−1

———-
56

sup f (n) (x) − f (n) (x0 + z(x − x0 )) |x − x0 |n


1

⇒ |Rn (f, x0 )(x)| ≤ (n−1)!
z∈(0,1)


n (k)
f (x0 )
Definition 9.23 Sei f ∈ C n (I), x0 ∈ I. Dann heißt Pn (f, x0 )(x) := (x − x0 )k
P
k!
k=0
Taylorpolynom n-ten Grades von f an der Entwicklungsstelle x0 und
Rn (f, x0 )(x) = f (x) − Pn (f, x0 ) Restglied unter Ordnung von f bei x0 .
∞ (k)
f (x0 )
Ist f ∈ C ∞ (I), so heißt (x − x0 )k Taylorreihe von f an der
P
k!
k=0
Entwicklungsstelle x0 .

Satz 9.24 (Schlörmilchsche Restglieddarstellung)


Sei I = (a, b), x0 ∈ I, p > 0 und n ∈ N. Weiter sei f auf I n + 1 mal stetig diffbar
Dann ex. zu jedem x ∈ I \ {x0 } ein ξ := x0 + θ(x − x0 ), θ ∈ (0, 1) so, dass
 n−p+1
f (n+1) (ξ) x−ξ
Rn (f, x0 )(x) = p·n! x−x0
(x − x0 )n+1

f n+1 (ξ) f (n+1) (ξ)


Korollar 9.25 Rn (f, x0 )(x) = (n+1)!
(x−x0 )n+1 und Rn (f, x0 )(x) = n!
(x−ξ)n (x−
x0 )
n (k)
f (z)
(x − z)k , Ψ(z) := (x − z)p . Dann ist
P
Beweis: (Satz) Betrachte Φ(z) = k!
k=0
m (k)
f (x0 )
(x − x0 )k = Rn (f, x0 )(x)
P
Φ(x) − Φ(x0 ) = f (x) − k!
k=0
Φ0 (ξ)
Ψ(x) − Ψ(x0 ) = −(x − x0 )p Wunsch : Φ(x) − Φ(x0 ) = Ψ0 (ξ)
(Ψ(x) − Ψ(x0 ))
n (k+1) n (k)
f (z) k f (z)
Φ0 (z) = (x − z)k−1
P P
k!
(x − z) − (k−1)!
k=0 k=1
f (n+1) (z)
= n!
(x − z)n , Ψ0 (z) = −p(x − z)p−1
n
n−1 (x − ξ) p
⇒ Rn (f, x0 )(x) = f p·n! p−1 (x − x0 )
(x − ξ)
| {z }
=(x−ξ)n−p+1
 n−p+1
p(n+1) (ξ) x−ξ
= p·n! x−x0
(x − x0 )n+1

57

9.4 Extremwerttheorie

Definition 9.26
f : D → R hat bei x0 ∈ D lokales Minimum (lokales Maximum), falls in einer
Umgebung Ux0 von x0 f (x) ≥ f (x0 ) (f (x) ≤ f (x0 )) gilt. f hat bei x0
ein lokales Extremum, falls x0 lokales Minimum oder Maximum ist.

Satz 9.27(Notwendiges Kriterium für Extrema)


Sei x0 ein lokales Extremum von f und f sei bei x0 differenzierbar.
Dann gilt: f 0 (x0 ) = 0.
f (x0 +h)−f (x0 )
Beweis: h
hat verschiedne Vorzeichen für h > 0 und
f (x0 +h)−f (x0 )
h < 0 (oder ist = 0). Daher folgt lim h
= 0 = f 0 (x0 ).
h→0

Satz 9.28 (Hinreichende Bedingung für Extrema)


Sei f : B(x0 , r) → R zweimal stetig diffbar, f 0 (x0 ) = 0. Es sei weiter
f 00 (x) > 0(f 00 (x) < 0) für alle x ∈ B(x0 , r) \ {x0 }. Dann hat f bei
x0 ein lokales Minimum (lokales Maximum).
Beweis: Tayloer Formel für n = 1
f 00 (ξ)
f (x) = f (x0 ) + f 0 (x0 )(x − x0 ) + 2!
(x − x0 )2 , ξ ∈ (x0 , x) oder (x, x0 )
| {z }
=0
⇒ f (x) > f (x0 )∀x ∈ B(x0 , r) \ {x0 }, d.h. f hat bei x0 lokales Maximum.

Satz 9.29(Hinreichende Bedinung für Extrema)


Sei f : B(x0 , r) → R 2n-mal diffbar und f 0 (x0 ) = 0 = f 00 (x0 )
= ... = f (2n−1) (x0 ), f (2n) (x0 ) 6= 0. Ist f (2n) in x0 stetig.
Es gilt: (i) f (2n) (x0 ) > 0 ⇒ lokales Minimum
(ii) f (2n) (x0 ) < 0 ⇒ lokales Maximum
Beweis:
(2n−1) f (2n) (ξ)
f (x) = f (x0 ) + f 0 (x0 )(x − x0 ) + ... + f (2n−1)!
(x0 )
(x − x0 )2n−1 + 2n!
(x − x0 )2n ⇒ f (x) =
f (2n) (ξ)
f (x0 ) + (x − x0 )2n , ξ ∈ (x0 , x) oder (x, x0 )
| 2n! {z }
>0 falls f (2n) (x0 )>0
und nah genug bei x0

⇒ f hat bei x0 lokales Minimum

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