November 2015
Ansprache Erster Brgermeister Norbert Seidl
Es ist 70 Jahre her, dass der Zweite Weltkrieg in Europa zu Ende ging.
Dieser Krieg verwstete den Kontinent, ein zweites Mal starben Millionen
Soldaten und Zivilisten, aber im Zweiten Weltkrieg ermordete die
Nazidiktatur auch die Juden Europas und die Zeit danach war geprgt von
Flucht, Vertreibung und der Teilung Deutschlands.
Trotz der Ruinen und der Versehrten, Gefallenen und Gefangenen waren die
Menschen vor 70 Jahren erleichtert: Endlich vorbei, nie wieder diese Hlle.
Trotz der Trauer um die Toten des Krieges sagten die Menschen zueinander:
Es hilft nichts, wir mssen aufrumen und nach vorne schauen.
Trotz der schier unmglichen Aufgabe wussten die berlebenden, dass sie
sich an die Zeiten davor und an die gefallenen Vter, Shne und Freunde
weiter erinnern mssen.
Nach so langer Zeit gibt es nur noch wenige Zeitzeugen, die von den
Schrecken des Krieges erzhlen knnen. Unsere Generationen erfahren
jedoch ber die Berichte aus den Lndern, in denen zur Stunde Krieg
gefhrt wird, was es bedeutet im Kriegszustand zu sein. Selbst wenn
heutige Kriege ganz anders gefhrt werden und es keine Schlachten mit
hunderten von Panzern und Luftkmpfen gibt, die Lebensbedrohung und
das Gefhl der Angst bleiben.
Es ist die gleiche Gefahr von Heckenschtzen erschossen zu werden, wenn
man auf der Strae ist.
Es ist die gleiche Zerstrung der Bleibe durch Bomben und das Hausen in
Trmmern.
Es ist die gleiche Gefangennahme und Folter durch das Regime oder durch
die gegnerische Seite.
Die gleichen toten Kinder, Verwandten und Freunde, das gleiche
verzweifelte Fliehen, der gleiche Verlust der ganzen aufgebauten Existenz.
Alle diese Situationen ereigneten sich vor 70 Jahren hier bei uns und mit
uns, alle diese Bilder sehen wir live im Fernsehen.
Und genau deswegen bitte ich Sie:
Bei all der Last, die auf uns zukommt und zu bewltigen ist,
bei all dem Unverstndnis gegenber dem Wahnsinn, der Grausamkeit und
dem Terror
und bei all den gefallenen deutschen Soldatinnen und Soldaten, die Frieden
bringen wollten und in aller Unschuld gettet wurden,
lassen Sie uns mehr als dreimal berlegen, bevor wir den heute fliehenden
Menschen sagen: Bei uns ist die Grenze erreicht, wir knnen euch nicht
helfen, ihr msst selber schauen, wie ihr zurecht kommt.