1. Einführung Seit gut 30 Jahren hat der Buddhismus als Philosophie, Religion und Lebenspraxis in der westlichen Welt in einem noch nie dagewesenen Maß Eingang gefunden. Fand en sich im 19. Jahrhundert z.B. Schopenhauer, Nietzsche und R. Wagner als einige populäre Anhänger, so ist ihre Anzahl heute Legion. Sänger und Schauspieler wi e Steven Seagal, Tina Turner, Doris Dörrie, Shirley McLaine u. a. bekennen sich zum Buddhismus. Die Filmindustrie von Hollywood tut das ihre dazu, denken wir nu r an drei Filme der letzten Jahre, die sich mit dem Thema "Buddhisinus und Tibet " beschäftigen: "Der kleine Buddha", "Sieben Jahre in Tibet" und Martin Scorsese s "Kundun". Mit Recht redet V. Trimondi (Viktor Trimondi Der Schatten des Dalai Lama. Düssel ¬dorf 1999) geradezu von einer "Buddhisierung" des Westens. Dazu hat natürlich e in ganzer Strom von Faktoren beigetragen. Denken wir nur an den "Drogenpapst" Ti mothy Leary, der in den 70er Jahren seine Anleitungen zu Drogenerfahrungen deutl ich mit dem Tibetischen Totenbuch das Kultbuch einer ganzen Generation verkn üpfte. Reiche Sponsoren, zahllose Anhänger, Okkultisten und Esoteriker haben zu dem Boom beigetragen. Gab es in unserem Land 1970 nur 3 buddh. Zentren, so 1998 über in der westlichen Welt in einem noch nie 420 Zentren mit ca. 60.000 deutsch en Buddhisten. Wie Sie wissen, hat das Buddhistische Zentrum Hamburg Anfang November 1998 eine Großveranstaltung in Lünzen bei Schneverdingen organisiert. Auf dem ehemaligen M ilitärcamp Reinsehlen hörten bis 8.000 Menschen täglich den Lehren des Dalai Lam a zu. Alle heutigen Vertreter des Buddhismus überragt Tensin Gyatso, der XIV. Dalai La ma. Er tritt freundlich und humorvoll auf, lächelt gütig, erscheint demütig und schlicht. In seiner Person und Biographie vertritt er zudem den gewaltlosen Wide rstand gegen China, das sein Land 1950 gewaltsam annektiert hat. Seine Anhänger verehren ihn als "Kundun" (lebenden Buddha), als ihren Gott König. Er selbst ver steht sich als die Inkarnation des Boddhisatva Avalokiteshvara ("Der gütig Hera bblickende"). Im Dalai Lama offenbare sich die Gestalt des Adi Buddha (des höchs ten Buddha). Nicht nur Tibeter, auch Menschen des westlichen Kulturkreises sehen in ihm geradezu einen modernen Messias. Der Tibetologe Peter Bishop meint, der Dalai Lama befriedige als Oberhaupt einer lamaistischen "Kirche" für viele Mensc hen im Westen eine neuentstandene Wertschätzung für den Göttlichen Vater . Auf diesem Hintergrund soll zunächst in kurzen Zügen der tibetische Buddhismus ( Lamaismus) und die besondere Stellung des Dalai Lama skizziert werden. Dabei ric hten wir unser Augenmerk auf einige im Westen verdrängte Züge des Lamaismus. Sch ließlich soll im Licht des Neuen Testaments eine Antwort versucht werden. 2. Der Lamaismus (Tantrismus, Tibetanischer Buddhismus) 2.1 Entstehung Ungefähr seit dem 7. Jahrhundert n. Chr. kam der Buddhismus und zwar in seiner Ausprägung als "Diamantenes Fahrzeug" (Vajrajana) nach Tibet. Einer der erste n erfolgreichen buddhistischen Missionare soll die sagenumwobene Person des Padm asambhava gewesen sein, ein indischer Mystiker und Magier, der auf Einladung, de s Königs Ti song De tsen um 750 den tantrischen Buddhismus nach Tibet brachte un d dort (in Samye) auch das erste Kloster gegründet hat. Dort traf er auf die einheimische Bon Religion, eine Form des Animismus und des Schamanentums, das mit Geistern und Dämonen rechnet und sie sowohl besänftigen w ill als auch sie sich nutzbar macht. Nach längerer Zeit der Unterdrückung wurde der Buddhismus etwa ab dem 11. Jh. zur bestimmende Religion des "Schneelandes". 2.2 Der Dalai Lama In Tibet wurden nach dem Eindringen des Buddhismus seit dem 8. Jh nach Chr. den früheren Lamas (wörtl. "Obere", Geisterbeschwörer) im Laufe der Zeit buddhistisc he Priester. (Im heutigen Buddhismus ist ein Lama ein "spiritueller Lehrer". Ges che Lobsang Dargyay betont: "Als Vermittler des Dharma (der Lehre Buddhas) ist d er Lama für den Schüler mit dem Buddha identisch, denn beide Buddha und Lama sind der Quell des Dharma. Es ist daher nur angemessen, wenn der Lama im Kult u nd in der vertrauensvollen Hingabe des Schülers den gleichen Rang wie Buddha ein nimmt ). Im Lande entstanden bis zu 3000 Klöster, die als Großgrundbesitzer das Wirtschaf tsleben bestimmten. In Tibet finden wir also über Jahrhunderte einen ausgeprägte n Kirchen und Mönchsstaat. Im frühen 15. Jh. erlebte das Mönchstum unter dem Re former Tsung-ka-pa (1356 1418) eine tiefgreifende Veränderung. Er führte den Zöl ibat ein vorher gab es langlebige Äbtedynastien verbot den Mönchen Alkoholgenu ß und Zauberei. Es entstand in Abgrenzung zu dem älteren Mönchsorden der Rotmützen (Karma pa) der G elbmützenor¬den , den (Dalug pa), aus dem im folgenden die Reihenfolge der Dalai L amas und Panchen Lamas hervorging. In ihrer Lehre wurde bestimmend, daß für eine n gestorbenen Boddhisatva (zur Erleuchtung gelangter, göttlich verehrter Buddha Anwärter) der Nachfolger unter den in seiner Todesstunde geborenen Kinder gesuch t werden müsse. Dieses Kind sei die Re Inkarnation des bisherigen Buddha; mit ei nem mongolischen Wort wird es "Dalai Lama" genannt, der "Ozeangleiche Lama". Die ser residiert seit dieser Zeit in der tibetischen Hauptstadt Lhasa. Der Dalai La ma ist also ein Papst König, eine lebende Gottheit. Er ist ein Erlöser Boddhisat va, ein Vermittler zwischen dieser Welt und der jenseitigen. Daneben führt er di e politischen Amtsgeschäfte, zusammen mit seinem Kabinett. Dem Dalai Lama (D.L.) steht seit dieser Zeit ein zweiter zur Seite, der Pantsche n¬ Lama (P.L.) oder Rin potsche ("Juwel des Großen Gelehrten") mit Sitz im Klost er Taschilhumpo. Theoretisch sollte er der oberste Gelehrte sein. Es wurde aber daraus eine Arbeitsteilung in dem Sinne, daß D.L. zum obersten weltlichen Herrsc her wurde, während der P.L. die religiöse Funktion übernahm. Nach der Annektieru ng Tibets durch China und der Ermordung des P.L. übt nun der D.L. vom Exl»1 aus die beiden Funktionen aus. Sobald ein Dalai Lama oder Panchen La¬ma gestorben ist, werden Mönche durchs Lan d geschickt, um einen Knaben zu entdecken, der seine Wiederverkörperung sei. Die se Nachfolgeregelung ist die sogenannte "Chubilganische Erbfolge", d.h. Sukzessi on durch Reinkarnation. Dazu gibt es eine ganz komplizierte Reihe von Vorschrift en und Zeichen, an denen der neue Lama erkannt werden könne. Der jetzige XIV. Da lai Lama (geb. 1935) wurde 1937 als Sohn eines Bauern entdeckt und 1940 als Fünf jähriger! eingesetzt. Damit wird dem Klerus eine ungeheure Macht in die Hand gegeben. Denn er erzieht das Kind, führt es in den Buddhismus und Tantrismus ein. Das Kind hat in dem Sin ne keine Kindheit mehr, sondern wächst in einer Männergesellschaft auf. 2.3 Das Tibetische Staatsorakel Pehar Aus dem Götterpantheon Tibets sei an dieser Stelle nur auf das Staatsorakel hing ewiesen. Schon seit der vorbuddhistisehen Zeit zählen die verschiedensten Method en der Mantik und Magie zum Alltag. Im alten Tibet wohnte das Staatsorakel (sein menschliches Medium) als einer der höchsten Lamas in der Nechun(, Residenz. Wen n der Herrscher Rat holen wollte, befragte er durch dieses Orakel die Schutzgott heit Tibets, Pehar, ursprünglich eine mongolische Kriegsgottheit. Häufiger befra gt man eine untere Gottheit. Der Lama (das Medium) wird durch Gesänge und Räuche rungen in Trance versetzt und wird zusehends von einer fremden Macht besessen, d ie dann durch ihn Laute ausstößt, weiche durch Priester gedeutet werden müssen. Das menschliche Medium entwickelt in Trance übermenschliche Kräfte. Es führt in schwerer Kleidung, mit einer 40 kg schweren Krone auf dem Kopf wilde Tänze auf. Bis heute fragt der Dalai Lama immer wieder seine Schutzgottheit um Rat. Jeder p olitisch bedeutsame Schritt wird erst nach Befragung der Medien, Wahrsager und H ofastrologen unternommen. Das gilt auch heute noch, wo der D.L. sich mit seiner Exilregierung in Daramsala/Nordindien befindet. In einem Interview mit dem Züric her Tagesanzeiger vom 23.3.1998 bekennt er: "Ich glaube nicht nur an Geister, so ndern an verschiedene Arten von Geistern! ... Zu dieser Kategorie gehört das Sta atsorakel Nechung. Wir halten diese Geister für zuverlässig, denn sie haben eine lange Geschichte ohne jede Kontroverse in über 1000 Jahren." Der D.L. leugnet a uch nicht, daß es sich um einen aggressiven Orakelgott handelt. Er macht aber de utlich, daß das Orakel sein Untergebener ist: "Ich verbeuge mich nie vor ihm, er muß sich aber vor mir verbeugen." Die extibetische Politik wird also von Götter n gemacht! Der D.L. als Kalachakra Gottheit befiehlt der Staatsgottheit, Aussage n über die Zukunft zu machen! Man kann kurz sagen, daß nach tibetisch buddhistischer Sicht a) die Politik und Geschichte Tibets von den Göttern gemacht werden, und daß sie b) das magische We rk eines höchsten Tantra Meisters (des D.L.) sind, der als König die Geschicke s eines Landes steuert. 2.4 Die Mandalapolitik Dem oberflächlichen Betrachter stellt sich ein Mandala ("Kreis") als ein kunstvo lles, farbiges Ornament dar, oft aus Sand gefertigt und darum sehr verletzlich. In der Tat erfordert dessen Anfertigung ein hohes Maß an Geschicklichkeit. Beson ders geschulte Mönche werden heute vom Dalai Lama mit seiner Anfertigung beauftr agt. Ein Mandala stellt ein Kosmogramm dar, eine symbolische Wiedergabe des Univ ersums, ein geweihter Bezirk, der als ein Palast gilt, in dem Götter und Mächte Wohnung nehmen. Trimondi macht es wahrscheinlich, daß im tibetischen Verständnis ein geographisc hes Gebiet über ein Mandala besetzt wird und sich so in ein Zentrum der buddhist ischen Kosmologie verwandelt. Es handelt sich also um eine magische Unterwerfung der Region, in welcher das Mandala errichtet wurde. Am Ende wird das Mandala ze rstört. Dieser Akt weist nicht einfach auf die Vergänglichkeit aller Dinge hin, wie immer wieder behauptet, sondern der Meister, der es errichtet, nimmt dabei d ie im Mandala liegenden Energien in sich auf. Der D.L. hat in den letzten 25 Jah ren über die ganze Welt verstreut, Mandalas errichten lassen, zuletzt im Novembe r 1998 in Schneverdingen. Das geschah meistens in Verbindung mit einer öffentlic hen Initiation in das Ka¬lachakra Tantra. Was uns als tibetisches Kunstwerk ersc heint, darf wohl im Selbstverständnis als Machtsiegel der tibetischen Götter und ein magisches Fundament für die angestrebte Weltherrschaft des Höchsten Buddhas in der Gestalt des Dalai Lama angesehen werden.' 2.5 Magischer Mißbrauch der Erotik Als wichtigster Text ist wohl das Kalachakra Tantra, das Zeittantra zu werten, d as frühestens aus dem 10. Jh. Stammt --den höheren Einweihungsstufen wird Erotik deutlich zu magischen Mitteln mißbraucht, damit der Guru spirituelle und weltli che Macht gewinnt. In seinen Riten kann der Guru Sexualität mit einer Schülerin oder irgendeiner anderen Frau real oder geistig vollziehen. Dieser Sex soll in G eist und Macht umgesetzt werden. Dabei dient die Frau lediglich als Lieferant sp iritueller Energie; hinterher ist sie für ihn so interessant "wie eine Erdnußsch ale." Der Guru nimmt die weibliche Kraft in sich auf, um sie so zu beherrschen. Er übt sich in der Kunst der Manipulation. Von daher ist es zu erklären, daß im Buddhismus der Meister mit Schülerinnen schlafen kann, um ihnen .,spirituell zu helfen". Die sexuelle Benutzung, oder um es deutlich zu sagen: der se vtielle Mi ßbrauch von Frauen für spirituelle Ziele macht ein Kernstück des tantrischen Mys teriums aus. Die Geschlechterbegegnung symbolisiert ein sakrales Ereignis, als M ittel zur Erleuchtung und Befreiung. Die "Erlösung durch den Eros" ist ein deutl icher Zug des Tantrismus. Es ist das Verdienst Trimondis, auch auf diese häufig übersehene Seite des tibetischen Buddhismus hingewiesen zu haben und damit zur D emaskierung, des friedfertigen Buddhismus Mythos beizutragen. 3. Die Faszination des Dalai Lama als Vertreter des Buddhismus Der D.L. pflegt das Image eines weitherzigen, demütigen und aufgeschlossenen Rel igionsführers mit einer geradezu sprichwörtlichen Dialogbereitschaft. Der kurze bisherige Blick auf den Lamaismus, besonders den Tantrismus, zeigt aber schon hi nreichend, daß jede andere Glaubensrichtung für ihn inkompatibel ist und auch se in will. Zum Tantrismus gehört eben auch die deutliche Frauenverachtung und Anbetung des Eros; er bildete in Tibet eine harte religiöse Diktatur; der Tantrismus kennt di e Opferung des anderen zur Erhöhung eigener spiritueller Kräfte; er lebt aus der Verbindung von Politik und Magie, der Verbindung von staatlicher und religiöser Macht. Die Studie von V. Trimondi gipfelt in der Vermutung, daß er letztlich ei ne glo¬bale buddhokratische Mönchsherrschaft anstrebe, mit dem D.L. an der Spitz e. Welche Bedeutung hat dann der ökumenische, der interreligiöse Dialog von seiner Seite aus? Austauschprogramme zwischen tibetisch buddhistischen und christlichen Mönchs und Nonnenorden stehen mittlerweile fest installiert auf dem Programm b eider Seiten. Schon die buddhistischen Missionare Tibets haben mit großem Erfolg die indirekte Missionsmethode angewendet, indem sie die Bewohner integrierend manipulierten: Es gelang Guru Rinpoche im 8.Jh., die Stämme davon zu überzeugen, daß der Buddhi smus die richtige Interpretation ihrer alten Vorstellungen sei. Sie konnten ihre Gottheiten, Bilder, Riten weitgehend behalten. So verbreitet auch der Dalai Lama die Botschaft, daß doch alle Religionen trotz verschiedener Philosophien dasselbe Ziel hätten: die Vervollkommnung des Mensche n, die Vermehrung von Liebe und Mitgefühl. Damit niemand ihm Proselytentum vorwe rfen kann, betont er, jeder solle bei der Religion, in die er hineingeboren wurd e, bleiben. Für einen Buddhisten könne Christus selbstverständlich als ein weite rer Boddhisatva betrachtet werden, doch müsse man den Eindruck vermeiden, Christ us für den Buddhismus zu beanspruchen. Mit dieser Taktik hat der D.L. großen Er¬folg. Je toleranter und respektvoller e r sich gegenüber anderen Religionen gibt, desto mehr überzeugt er seine Zuhörer, der Buddhismus sei doch die beste Lehre. Die Veranstalter solcher interreligiös er Dialoge werden ohne daß sie es ahnen eingewickelt. Denn die dunklen Themen der Shambala Mythos, der Kalachakra-Tantrismus, seine Orakelpraxis und Magie bleiben außen vor. Der Dialog dient letztlich nicht der Begegnung mehrerer Glau bensrichtungen. sondern der Unterwanderung einer fremden Religion mit der Absich t, diese in das eigene System zu integrieren. 4. Die Antwort und Herausforderung im Lichte der neutestamentlichen Gottesoffenb arung 4.1 Der Dalai Lama tritt als strahlende und menschlich sympathische Heilandsgest alt auf. Da er aber von einem zwar verdeckten, doch nicht zu übersehenden spirit uellen Weltherrschaftsanspruch geprägt ist, trägt er deutlich antichristliche Zü ge. Wenn ich den Dalai Lama als lächelndes Antichristus Modell bezeichne, dann nic ht, um ihn persönlich zu diffamieren, sondern um den Anspruch, für den er steht, deutlich zu werten. In seiner Person wird der alte Versuch, "zu sein wie Gott" wieder neu und anschaulich illustriert. 4.2 Die Erotik ist nach biblischem Ver¬ständnis kein "Offenbarungsfeld", kein ma gisches Mittel zur Gewinnung geistiger Kräfte, sondern Raum der Begegnung zwisch en einem Mann und seiner Frau. Die Erotik ist eine Sprache. Der Mann spricht in seiner Sprache als Mann, mit Leib und Seele, und die Frau spricht in ihrer Spr ache, als Frau, mit Leib und Seele. Und jeder von beiden sagt dem anderen: "Ich liebe Dich. Ich meine Dich und nicht jemanden oder etwas durch dich hindurch! Du bist für mich nicht Mittel zum Zweck, sondern Ziel!" Die sexuelle Hingabe ist e ine besondere Art der Kommunikation. Nicht umsonst weist Paulus darauf hin, daß sie ein irdisches Abbild ist für die Liebe Jesu Christi zu seiner Gemeinde. (Eph 5!) 4.3 "Mitleid, Mitgefühl" ist ein Schlüsselwort, das uns immer wieder im Zusammen hang mit dem Buddhismus begegnet. Als 1996 das buddhistische Meditationshaus in Lünzen bei Schneverdingen eingeweiht wurde, gab der D.L. ihm den Namen "Semyke L ing" "Ort, an dem das Mitgefühl gemehrt wird". Der D.L. versteht sich als Inkarnation der Gottheit Avalokiteshvara ("Der gütig Herabblickende"). Doch darf erstens nicht vergessen werden, daß im Tantrismus je de Gottheit auch als ihr Gegenteil, ihr "Schatten" auftreten kann, in diesem Fal l als Todesgott. Beide Seiten bilden dort eine dialektische Einheit, beide Seite n vermitteln, daß sie nur "Schein" sind, Durchgangsstadien auf dem Stufenweg zur Erleuchtung, zum "wahren Sein". Doch wird uns in der Nachfolge Jesu der Blick geschärft für die Realität dämonis cher Mächte und Gewalten, die sich nicht einfach bei näherer Betrachtung in Nich ts auflösen, wie der Riese Turtur bei Jim Knopf. Jesus Christus hat dies Mächte gerade in seinem blutigen, weh losen Sühnetod entwaffnet (Kol 2,15f. Sie sind ge richtet, aber noch nicht beseitigt. Zum anderen hat gewiß auch schon Gautama Buddha Mitgefühl und Erbarmen gelehrt, aber mit dem Sinn und Ziel daß die Menschen letztlich die Nichtigkeit allen Lebe nsdurstes einsehen sollen. Letztes Ziel bleibt es, dem Kreislauf der Wiedergebur ten zu entkommen und in das Nirwana einzugehen. Mitleid hat also nur Sinn als ei n Stück Begleitung des Menschen auf dem Wege zum Nirwana, auf dem Wege zur Selbs terlösung. Das ist m.E. auch der Grund, weshalb der Buddhismus das Mitleid nur bruchstückha ft in einen sozialethischen Impuls umwandeln konnte. Weil das Mitleid grundsätzl ich die Welt flieht, wurde es nicht zur kräftigen, die Welt formende Tat. 4.4 In der Lehre des Dalai Lama bleibt die Schuldfrage letztlich ungelöst, da es keinen personhaften Gott gibt, von dem wir geschaffen wurden und dem wir darum verantwortlich sind. Die Schuldfrage wird bestenfalls zur Erkenntnisfrage ernied rigt. Die "Erlösung" geschieht durch Einsicht in die "wahre, innere Geist Natur" , durch Erleuchtung. Der Buddha ist kein Gott, kein Schöpfer, kein Erlöser. Das Motto des Buddhismus lautet stark verkürzt: "Erkenne die Geist Natur in dir un d löse dich auf!" Aber niemand kann sich bei vollem Bewußtsein auflösen. Schon d er Versuch wäre eine Tantalusqual. Dagegen wird die Sünde im Neuen Testament nicht so sehr als Eigenschaft, sondern vielmehr als Gefangenschaft genannt, Versklavung unter eine Großmacht. Die Erlö sung wird durchgehend mit kultischer oder juristischer Terminologie beschrieben: sie ist "Loskauf", "Versöhnung", "Sühne". Dieses grundlegende Ereignis geschah ein für allemal im blutigen Sühnetod Jesu Christi. Das Kernwort christlicher Ve rkündigung lautet darum: "Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit ihm se lber und rechnete ihnen ihre Sünden nicht zu und hat unter uns aufgerichtet das Wort von der Versöhnung." (2Kor 5,19). Es liegt auf der Hand, daß diese beiden W ege in jeder Hinsicht unvergleichbar und nicht vereinbar sind. 4.5 Wenn der Buddhismus den "Lebens¬durst" als Quelle allen Übels ansieht, hat e r damit ja eine tiefe Einsicht gewonnen. Er predigt uns: Das Problem liegt nicht in der Umwelt, sondern tief in dir! Die eigensüchtigen Wünsche, ja der Durst na ch Leben überhaupt ist die Wurzel böser Früchte. Die Lösung liegt im Durchtrenne n dieser Wurzel, im Sich Lösen vom Durst nach Leben. Aber schon hier schei¬den s ich die Wege zwischen Christusof¬fenbarung und Buddhismus: Jesus Christus sprich t: " Wen da dürstet, der komme zu mir und trinke! " Der Lebensdurst soll durch e ine personhafte Christusbeziehung gestillt werden, nicht ausgelöscht. 4.6 Jesus Christus ist kein Boddhisatva, der sich aus Mitgefühl für die Welt geo pfert hat, sondern der Versöhner. Das gibt ihm seine einzigartige Stellung. "Das Lamm, das erwürgt ist, ist würdig zu nehmen Kraft und Reichtum und Weisheit und Stärke und Ehre und Preis und Lob" (Offb 5,12). Er, der sich erniedrigt hat "bi s zum Tod am Kreuz" zur Sühne hat die Ehrenstellung zur Rechten Gottes empfa ngen, so daß sich vor ihm jedes Knie beugen wird und in das Bekenntnis "Herr ist Jesus Christus" einstimmen muß (Phil 2,15). In der oberägyptischen Psalmenübersetzung findet sich zu Psalm 96,10 "Der Herr h errscht als König" der christliche Zusatz "vom Holz (des Kreuzes) her". Was text kritisch betrachtet natürlich eine spätere Interpolation darstellt zeigt sich th eologisch betrachtet als prägnante Formulierung des christlichen Zeugnisses, das auch gegenüber dem Buddhismus gilt. Als Jünger Jesu sind wir Bettler aber Bet tler, die Brot gefunden haben. Wir kennen die einzige Stelle im Universum, an de r ein schuldbeladenes Gewissen versöhnt wird und Frieden findet. Dieses Zeugnis wollen wir dem tibetischen Buddhismus nicht vorenthalten. Die Faszination des Dalai Lama, Vortrag am Theologischen Kongreß "Kein anderer N ame" in Krelingen 19. November 19991 Dr. Manfred Dreytza