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Schöpfungsforschung am Ende?
Die Inhalte dieses Diskussionsbeitrags aus dem Jahr 1990 zonte eingeschlossen. Das „göttliche Prinzip“ wird dabei
entsprechen nicht mehr in allen Punkten der heutigen Auffas- in völlig unklarer Weise in die Lücken stammesgeschicht-
sung des Autors. Der Beitrag wird dennoch nach vorüberge-
licher Hypothesen gesetzt3.
hender Entfernung von der Homepage aufgrund der aktuellen
Diskussion erneut unverändert veröffentlicht, damit Leser, die
an der Geschichte der SG Wort und Wissen interessiert sind,
die Entwicklungen in der Arbeit der Studiengemenschaft verfol- Jesus − Meister der Evolution?
gen können. Eine aktuelle Stellungnahme des Autors findet
sich unter http://homepage.mac.com/siegfried.scherer/ Die Fronten haben sich verlagert. Es geht zunehmend
FileSharing3.html nicht um die Frage, ob ein Schöpfer oder ein Schöpfungs-
prinzip hinter der Welt steht, sondern um die Frage, ob
es sich dabei um den Gott der Bibel handelt. Der Gott der
Die engagierten Mitglieder und Freunde der Studiengemein- Bibel zeichnet sich vor allen anderen Göttern dadurch
schaft WORT UND WISSEN wissen sich berufen, im Sinne der aus, daß er ein Gott der Geschichte ist − er offenbarte sich
Schöpfungslehre1 im wissenschaftlichen Bereich oder auf dem durch sein welt-, menschheits- und heilsgeschichtliches
Bildungssektor tätig zu sein. Dazu gehören gleichermaßen Handeln, welches uns in der Bibel berichtet wird. Man
Lehre in Schule und Gemeinde oder Forschung als Wissen- könnte nun breite Einigkeit erzielen, wenn man die Bibel
schaftler oder Student. Forschungsarbeit ist sehr zeitintensiv nur noch im Rahmen evolutionärer Geschichts- und Zeit-
und kann nur unter Opfern nebenbei geleistet werden. Wer horizonte auslegen würde. Die Studiengemeinschaft exi-
in seiner Freizeit auch nur ein kleines Projekt, wie etwa die stiert jedoch genau deshalb, weil solche Auslegung in letzter
Vorbereitung eines Referates für eine Fachtagung, in Angriff Konsequenz zur Auflösung der Heilsbotschaft des Neuen
genommen hat, kann den Aufwand für Schöpfungsforschung Testamentes führt.
nachvollziehen. Die oft erheblichen zeitlichen, beruflichen und Denn Jesus ist nach dem Zeugnis des NT der Schöpfer
familiären Opfer sind jedoch unumgänglich. Die Gründe hier- der Welt4. Hat Jesus durch den Lauf der Jahrmillionen
für werden im folgenden kurz angesprochen. den Evolutionsprozeß gesteuert? Ist es Jesus gewesen,
der die vormenschlichen Genkomplexe so durch Muta-
tionen verändert hat, daß sich der moderne Mensch über
Erschaffung der Welt durch andere Götter? rund 4 Millionen Jahre aus dem Tierreich erhoben hat?
Hat Jesus dafür gesorgt, daß menschenähnliche Prima-
Die Schöpfungsforschung ist in den vergangenen Jahren ten sich im Daseinskampf gegen andere Gruppen durch-
in manchen Bereichen vorangekommen. Insbesondere setzten? Schmerz, Leid und Tod („das Böse“) über unge-
gilt dies für den Bereich der Evolutionskritik, sowohl was zählte Generationen kennzeichnen die evolutionär ver-
die Entstehung des Lebens in „Ursuppen“ als auch die muteten Stammeslinien der Tiere und des Menschen.
Entwicklung des Lebens durch Zufallsmechanismen an- Wenn ernsthaft behauptet wird, daß Jesus als Schöpfer
belangt. Obwohl auch hier noch unübersehbare Detail- durch Evolution geschaffen hat, dann heißt dies: Gott hat
arbeit zu leisten ist, wird doch zunehmend klar, daß Tod und Leid als Mittel der Erschaffung benutzt. Und das
biologische Information durch den „Darwin-Mechanis- läuft in letzter Konsequenz darauf hinaus, Tod und Leid
mus“ mit großer Wahrscheinlichkeit nicht entstanden als etwas Gutes auszugeben.
ist. Argumente kommen aus Chemie, Biologie und In- Wenn Jesus durch Evolution geschaffen hat, dann ist der
formationstheorie2. Tod von Anfang an funktionaler Bestandteil der Welt,
Zur Zeit vollzieht sich jedoch ein erstaunlicher Wandel lange bevor es Menschen und den Sündenfall gab. Der
der Ursprungstheorien im populären und wissenschaft- Tod kann damit unmöglich durch die Sünde des Men-
lichen Bereich. Die „Zufall-und-Notwendigkeit“-Hypo- schen in die Welt gekommen sein. Er gehört zum Leben
these verliert an Glaubwürdigkeit. Immer häufiger be- notwendigerweise dazu und ist kein Widerspruch zu
gegne ich in meinen Vorträgen der Meinung, daß man ja ihm. Damit ist aber die Argumentation des Apostels
völlig einig darin sei, daß das Leben nicht zufällig ent- Paulus an zentraler Stelle5 durchbrochen. Wenn die Sün-
standen ist. Eine göttlich-lenkende Kraft stehe hinter de und damit der Tod nicht durch den einen, Adam, in
allem. Man verwendet gerade die oben angeführten Ar- die Welt kam: Wozu ist dann der eine, Jesus, notwendig,
gumente aus Chemie, Biologie und Informationstheorie. durch den die Folgen der Sünde in der Vergebung und
Grund zur Freude? Leider nicht uneingeschränkt. Als damit dem ewigen Leben aufgehoben sind? Wie kann
diese „göttliche Kraft“ sieht man nämlich nicht den Gott der Tod der „letzte Feind“ sein, der durch Jesus besiegt
der Bibel an, sondern Götter anderer Religionen, seien wurde und endgültig vernichtet werden wird6, wenn
diese pantheistisch oder hinduistisch oder theistisch ge- Jesus durch eben diesen Todesmechanismus geschaffen
prägt. Gott als allgemeines Schöpfungsprinzip − ja, das hat? Somit wird deutlich, daß durch die Evolutionstheo-
kann man auch in akademisch-gebildeten Kreisen ak- rie das Schöpfungs- und Erlösungswerk Gottes gründ-
zeptieren. Aber die „Enge“ der biblisch-historischen Of- lich verraten wird.
fenbarung über den Ursprung und die Geschichte der Ich fasse in einem Bild zusammen: Die Evolutionslehre
Welt ist für die meisten Zeitgenossen heute genauso enthält ein Gedankengut, das bei konsequenter Durch-
anstößig wie zu den Glanzzeiten materialistischer Philo- haltung das Evangelium von Jesus Christus „in Schutt
sophie. Im Klartext heißt das, daß man (auch im „christ- und Asche“ legt. Das gilt auch und gerade, wenn man
lichen Lager“) den historischen Verlauf der Evolution ohne Gott als den Urheber oder Lenker der Evolution ansieht
wesentliche Abstriche akzeptiert, evolutionäre Zeithori- (theistische Evolution).
DISKUSSIONSBEITRÄGE, BERICHTE,
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Schöpfungsforschung mit Fragen ken: „Durch Glauben erkennen wir, daß die Welt durch
Gottes Wort ins Dasein gerufen wurde“8. Im Glauben
Die Auseinandersetzung um Schöpfung und Evolution wissen wir damit, daß Gottes Offenbarung in seinem
ist also nicht ein Nebenschauplatz der Auseinanderset- Wort und in seiner Schöpfung sich nicht widersprechen.
zung um die Bibel, sondern liegt genau im Brennpunkt Sein geoffenbartes Wort liefert deshalb den Schlüssel, die
der Fragen nach der Gültigkeit der Heiligen Schrift. Mit Basis zum Verständnis von Natur und Naturgeschichte.
scheinbar wissenschaftlichem Anspruch werden die zen- Auf der Basis des von Gott gegebenen heiligen Geistes
tralen Aussagen des Neuen Testaments in Frage gestellt, kann unsere wissenschaftliche Forschungskapazität zur
denn sie werden vor einem evolutionären Hintergrund Erkenntnis der Wahrheit beitragen. Das ist Schöpfungs-
sinnlos. Gibt die Bibel wirklich Geschichte der Welt wie- forschung! Und die Arbeit der letzten Jahre hat gezeigt,
der? Wann ist beispielsweise der Tod (Fossilbildung) in daß Gott reich gesegnet hat.
die Welt gekommen? Die von der Bibel geoffenbarte Schöpfungsforschung am Ende? Nein, wir sind am An-
Menschheits- und Heilsgeschichte (Schöpfung, Sünden- fang. Und Gottes Wort verheißt großartige Horizonte,
fall, Sintflut, Völkerzerstreuung, um nur einige Marken wenn sich Mitarbeiter in die Ernte rufen lassen.
zu nennen) mit ihrem zeitlichen Horizont von ca. 6000 −
maximal 10000 Jahren rückt ins Zentrum des Interesses,
wird zum Hauptanstoß, ja zum Glaubenshindernis für Schöpfungsforschung: eine Jahrhundertaufgabe
den von Kindesbeinen an mit evolutionären Zeitvorstel-
lungen aufgewachsenen Zeitgenossen. Eine schier un- Nirgendwo im Neuen Testament ist uns verheißen, daß
übersehbare Aufzählung von Fakten und Deutungen in der Nachfolge Jesu alles ganz einfach geht, daß uns alle
aus Astronomie, Astrophysik, Geophysik, Geologie und Früchte ohne Anstrengung in den Schoß fallen, daß wir
Biologie bekomme ich in jeder Diskussion nach Vor- gar ohne Anfechtungen und Anfeindungen bleiben wür-
tragsveranstaltungen schon von Mittelstufenschülern zu den. So dürfen wir uns auch nicht wundern, daß in der
hören: Die Zeitspannen evolutionärer Erdgeschichte sind Auseinandersetzung mit der beherrschenden Lehre un-
bereits in der Vorstellungswelt unserer Teenager als un- seres Jahrhunderts, der Evolutionslehre, mit „harten Ban-
widerleglich bewiesen verankert und lassen die biblisch dagen“ gekämpft wird. Nach innen werden die Angriffe
geoffenbarte Heilsgeschichte unglaubwürdig erscheinen. des Widersachers besonders gefährlich, wenn die Einheit
Es ist eine ernüchternde Feststellung, daß wir in der in unserem Werk angegriffen wird. Nach außen hin sind
Schöpfungsforschung den fachlichen Einwänden bezüg- wir wie David gegenüber Goliath − scheinbar hilflos, und
lich des Erdalters wenig entgegenzustellen haben. Wir doch steht Gott auf unserer Seite. Seit 150 Jahren betrei-
akzeptieren aus Glauben die Heilsgeschichte der Bibel ben Tausende von hochintelligenten Wissenschaftlern
mit ihren Zeitspannen, denn würde diese Basis aufgege- Evolutionsforschung, haben alle Energie und Akribie
ben, so entstünde ein substantieller Verlust biblischer aufgewendet, um die Welt unter widerbiblischen Denk-
Botschaft (s. o.). Doch stehen wir Sachargumenten im voraussetzungen zu verstehen. 10 Jahre Schöpfungsfor-
Bereich der Kosmologie, historischen Geologie und Palä- schung in der Studiengemeinschaft mit finanziell und
ontologie noch recht hilflos gegenüber, wenn es darum personell äußerst begrenzter Kapazität scheint weniger
geht, eigene wissenschaftliche Theorien zu entwickeln, als „ein Tropfen auf den heißen Stein“.
die auf dem biblischen Zeugnis fußen und den faktischen Wir leben in dem Land, in dem die akademische Bibel-
Befund erklären. Zwar sind z. B. rasche Prozesse der kritik geboren wurde. Sie hatte katastrophale Folgen für
Bildung geologischer Schichten oder der Fossilisation am die Theologie der ganzen Welt. Ob uns das nicht in dem
geologischen Befund überzeugend demonstriert wor- Kampf um die Bibel, der nach wie vor in vollem Gange
den7, doch ruft die Einordnung in ein geologisch-paläon- ist und an Schärfe zunimmt, eine besondere Verantwor-
tologisch schlüssiges Gesamtmodell der Entstehung der tung auferlegt?
Erdschichten und der darin enthaltenen Fossilien Fragen
über Fragen auf, deren befriedigende Beantwortung im Siegfried Scherer
Sinne einer biblischen Schöpfungslehre derzeit nicht ab-
sehbar ist. 1
Schöpfungslehre ist immer im umfassenden Sinne zu verste-
hen, nicht nur als „Ursprungsforschung“. Schöpfung im Sinne
der Schöpfungslehre umfaßt die gesamte Wirklichkeit ein-
schließlich ihrer historischen Dimension. w 2 Gitt, W. (1989)
Schöpfungsforschung am Ende?
Information − die dritte Grundgröße neben Materie und Ener-
gie. Siemens Zeitschrift 63(4), 1−7 − Hartwig-Scherer, S. (1989)
Sind Sie nach der Lektüre des letzten Abschnittes fru- Ramapithecus − Vorfahr des Menschen? Berlin. − Junker, R.
striert? Ich könnte Sie verstehen. Doch glücklicherweise (1989) Rudimentäre Organe und Atavismen. Konstruktions-
haben wir die Offenbarung Gottes über den Ursprung fehler des Lebens? Berlin. − Junker, R. & Scherer, S. (1992)
der Welt! Die Wahrheit der Offenbarung Gottes hängt Entstehung und Geschichte der Lebewesen. Gießen. w 3 Dit-
furth, H. v. (1981) Wir sind nicht nur von dieser Welt. Hamburg.
niemals davon ab, ob wir sie mit wissenschaftlichen Hy-
− Hemminger, H. (1988) Kreationismus zwischen Schöpfungs-
pothesen belegen können. Wir wollen fröhlich glauben glauben und Naturwissenschaft. Orientierungen und Berichte
und vertrauen, auch wenn noch so vieles unklar ist. Der 16, EZW Stuttgart. w 4 Hebr 1,2; Kol 1,15f.; Joh 1; 1 Kor 8,6;
„erste Hauptsatz der Schöpfungslehre“ darf nie aus dem Eph 3,9 w 5 Röm 5,12−21 w 6 1 Kor 15,26 w 7 Scheven, J.
Zentrum der Studiengemeinschaft WORT UND WISSEN rük- (1986) Karbonstudien. Neuhausen. w 8 Hebr. 11,3