Aus großer Not sind die Worte dieses Gedichtes Ihr Leben blieb ein stilles Heldentum. In Jesus
von ihr zu Papier gebracht worden: allein fand sie die Lösung aller unverstandenen
Julie Hausmann hatte sich in einen Theologen Lebensfragen. Zeitlebens litt sie an quälenden
verliebt. Doch der wollte nicht Gemeindepastor Kopfschmerzen.
werden, sondern als Missionar nach Afrika Vier Jahre brachte sie in Biarritz (Südfrankreich)
gehen. Sein Abreisetermin stand schon fest, als zu, wo ihre jüngste Schwester Organistin
die beiden sich kennenlernten. Sie verlobten an der englischen Kirche war. 1870 fand
sich, und dann ging der junge Missionar auf die sie eine Heimat in St. Petersburg bei ihrer
Reise. Bald danach folgte Julie ihrem Verlobten. ältesten Schwester, die dort Vorsteherin der
Sie nahm die strapaziöse Schiffsreise auf sich mit St. Annenschule war. Sie führte den Haushalt
der frohen Erwartung vor Augen: Sie wird ihren und gab einige Musikstunden im und außer
Liebsten wiedersehen. Doch der erwartete Haus.
sie nicht im Hafen. Stattdessen wird sie auf 1901 siedelte sie in den estnischen Kurort
den Friedhof der Missionsstation geführt: Ihr Wösso (Deutsch)/Võsu (Estnisch) um, wo sie
Bräutigam war kurz vorher an einer Epidemie am 15. August 1901 verstarb.
gestorben. Ihr Grab, auf dem Friedhof bei der Kapelle
von Illomäggi/Ilumäe beim Gut Palms/Palmse,
Alles scheint zusammenzubrechen. Sie ist allein. ist erhalten geblieben.
Doch nach langem, stillem und heißem Ringen
erhebt sie sich wie von einem schweren Traum. Möge der treue Gott auch unsere oft verzagten
Die Prüfung ist bestanden; auf der Station löst Herzen in Sein Erbarmen hüllen und sie voll-
sich von ihrem Herzen jenes Gebetslied, das kommen still machen in Freud und Schmerz …
Ungezählten zum Trost werden sollte. Noch am Ergeben in Gottes Willen bitten wir: „So nimm
gleichen Abend – so heißt es – setzt sich Julie denn meine Hände und führe mich … und der
Hausmann hin und dichtet ihr Lied, worin es in Friede Gottes, der allen Verstand übersteigt,
der dritten Strophe heißt: „Wenn ich auch gar möchte unsere Herzen und unsere Gedanken
nichts fühle von Deiner Macht, Du führst mich bewahren in Christus Jesus.“
doch zum Ziele, auch durch die Nacht. So nimm
denn meine Hände ...!“ Friedhelm Müller
VdHS © 766006 GHL