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Im Jahr 1834 veröffentlichte der Erforscher von Salz- Formationen und ihrer Einzelglieder übereinander leg-
lagerstätten, Leiter der württembergischen Salzberg- te. Es kann keine Rede davon sein, daß das relative
werke und Salinen, Bergrat und Paläontologe F. v. Alter der Formationen zueinander damals etwa durch
ALBERTI (1795-1878) ein Buch, das in der Geschichte die Entwicklungshöhe der Fossilien konstruiert worden
der Geologie Epoche machen sollte. Er hatte erkannt, wäre, wie man auch heute noch lesen kann (ZILLMER
daß die drei auf den ersten Blick recht unterschiedli- 1998, 48-50). Allerdings wird u.a. gegenwärtig die
chen, übereinander lagernden Einheiten Buntsandstein, „Enwicklungshöhe“ tertiärer Säugetiere zur Einord-
Muschelkalk und Keuper aufgrund ihres Fossilinhaltes nung in eine feinstratigraphische Tabelle mitverwendet
zu einer Formation (heute heißt es System), die er Tri- (vgl. etwa JUNG & MAYR 1980, 166-169; ZIEGLER &
as („Dreiheit“) benannte (S. 324), zusammengeschlos- WERNER 1994, 1, 54f.). Beispiel: „Der Artenbestand
sen werden können. Diese Einheiten sind durch identi- und die Entwicklungshöhe einzelner Arten machen
sche oder sehr ähnliche Fossilien miteinander verbun- deutlich, daß sie einerseits jünger als die Faunen von
den (S. 313-323), von den unterlagernden (Rotliegen- Rembach, Rauscheröd und Forsthart sind, andererseits
des und Zechstein) und bedeckenden (Lias = Unterer aber älter als jene von Puttenhausen“ (ZIEGLER 1995,
Jura) Sedimentserien mit ihren jeweils andersartigen 32; zu „gegenläufigen Trends“ vgl. jedoch z.B.
Fossilien jedoch zu trennen (S. 102-107, 312, 337 u.ö.). WERNER 1994, 188-193). Dabei handelt es sich m.E.
ALBERTIs Benennung setzte sich rasch durch. Die Trias aber nicht um Makroevolution, sondern weithin um
ist das einzige geologische System, das in Deutschland zeitlich nacheinander auftretende mikroevolutive Art-
definiert wurde und hier, besonders im Südwesten, sein bildungsprozesse, die im Grundtyp-Modell der Schöp-
Typusgebiet hat. Schon dies gibt dem Buch einen be- fungslehre (JUNKER & SCHERER 1998, 34-46, 284-294)
sonderen Rang. Als Germanische Trias wird das Sy- gedeutet werden können (vgl. STEPHAN 1998, 78). Vor
stem seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts von allem aber bleibt auch in der Tertiär-Stratigraphie das
der Alpinen Trias unterschieden, wobei die genaue Lagerungsgesetz gültig, wonach die unteren Sediment-
Korrelation miteinander bis zur Gegenwart nicht be- folgen mit ihren Fossilien älter als die oberen fossilfüh-
friedigend ist (URLICHS 1995, 312), da die Trias in den renden sind. Außerdem ist „Entwicklungshöhe“ ein
Alpen aufgrund ihrer weitgehend abweichenden Fossi- problematischer Begriff, wie inzwischen mehrfach be-
lien und Sedimente ganz anders unterteilt wird. Er- legt werden konnte; nach GOULD (1998, 81-99, 247-
schwerend kommen im Alpenbereich die rasche seitli- 256) ist vielmehr u.a. in der Geschichte der Säugetiere
che Änderung des Gesteins (Fazieswechsel) und die keine Zunahme an Vielschichtigkeit (Komplexität)
z.T. komplizierten Lagerungsverhältnisse hinzu, die festzustellen, wenn die fossil nacheinander auftreten-
heute durch die Plattentektonik (Kontinentalverschie- den Vertreter von Säugetiergruppen methodisch kor-
bung) erklärt werden. rekt, nämlich durch Ausmessung ihrer Skelettmerkmale
ALBERTI schildert zunächst die Verbreitung, den (Quantifizierung) detailliert untersucht und dann mit-
Fossilinhalt und die Lagerungsverhältnisse der Trias- einander verglichen werden. – ALBERTIs Buch stammt
Sedimentserien in Südwestdeutschland (S. 17-157), die zudem aus vordarwinscher Zeit; er selbst war sowenig
er weithin aus eigener Anschauung kannte, wie er in wie die allermeisten seiner geologischen Zeitgenossen
der Vorrede betont (III). Im zweiten Abschnitt behan- und Vorläufer vom evolutionären Denken geleitet.
delt er das übrige Deutschland mit einem Ausblick auf ALBERTIs Trias gehört zum Flözgebirge, wie man
Nachbarländer (S. 158-298). Dabei stützt er sich weit- damals noch sagte (S. 1 u.ö.). Dieser Begriff wurde von
gehend auf andere Autoren, ohne diese im einzelnen dem berühmten Mineralogen A. G. Werner verwendet,
anzuführen, um den Leser nicht „zu ermüden“ (S. V). er ist aber noch älter (ZITTEL 1899, 89, 166f.). Er be-
Besonders wichtig ist m.E. für heutige Leser, welch zeichnete – zunächst noch nicht mit einheitlichen
großen Wert ALBERTI und seine zeitgenössischen Schichten-Benennungen – einmal die ausgedehnten,
Kollegen auf die genaue Kenntnis der Abfolge der tektonisch weniger gestörten Gesteinsdecken des heu-
REZENSIONEN
belle). Zunächst gab es unter den Geologen
auch manche Irrtümer: z.B. noch wenige
Jahre vor ALBERTIs Zeit „wurden Buntsand-
stein und Muschelkalk mit Rotliegendem
und dem mitteldeutschen Zechstein“ sowie
„der Jurakalk mit dem Muschelkalk ver-
wechselt“ (HÖLDER 1998, 264). Darauf
weist ALBERTI selbst gelegentlich hin (S.
312f.). – Schon 1756 wußte J. G. Lehmann,
daß das Flözgebirge das fossilfreie Uran-
fängliche Gebirge (wie er es nannte) rand-
lich überlagert (HÖLDER 1960, 34f.). Aber
1785 beschrieb F. v. Trebra, daß auch die
gefalteten Grauwacken und Tonschiefer im
Harz Fossilien führen. Sie gehören daher
nicht, wie von Lehmann angenommen wor-
den war, zum uranfänglichen Gebirge, son-
dern liegen zwischen ihm und dem Flözge-
birge (bereits 1778 hatte Charpentier „zwi-
schen das Urgebirg und Flözgebirg Thon-
schiefer und Steinkohlengebirg“ gestellt;
ZITTEL 1899, 55). Diesen als doch fossilfüh-
rend erkannten Schichtkomplex bezeichnete
Werner um 1790 als Übergangsgebirge
(heute: ungefähr Paläozoikum); er liegt über
dem uranfänglichen oder Urgebirge (heute
Präkambrium) und wird seinerseits vom
Flözgebirge überlagert. Ganz oben (über
dem Flözgebirge) befinden sich die über-
wiegend als Lockergesteine ausgebildeten
Tab. 1: Dargestellt ist in den beiden rechten Spalten die frühe Unterglie- Sedimente des Aufgeschwemmten Gebir-
derung der Gesteinsserien in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts (mit ges (heute: etwa Tertiär und Quartär; vgl.
Jahreszahlen und Autoren). Halblinks die im 18./19. Jahrhundert ge-
bräuchlichen Formationsnamen; links die modernen geologischen Sy- ZITTEL 1899, 55f., 89, 166f; HÖLDER 1960,
stem-Bezeichnungen und ganz links die „Erdzeitalter“. (Original) 432-434; WAGENBRETH & STEINER 1990,
183). Vom Übergangsgebirge war noch zur
tigen Mesozoikums (Trias, Jura und Kreide; anfangs
Zeit der Trias-Benennung durch ALBERTI im wesentli-
noch ohne Jura, der in Werners mitteldeutscher Heimat
chen erst der jüngste, oberste Teil etwa als Kohlenkalk-
nur spärlich und lückenhaft verbreitet ist; vgl. ZITTEL
stein (heute: Unterkarbon) und Steinkohlengebirge
1899, 160f.; HÖLDER 1960, 432). Zum Flözgebirge ge-
(heute: Oberkarbon) benannt (vgl. Tabelle). Das „ein-
hörten ebenso die das Mesozoikum konkordant unter-
förmige Grau und Schwarz des Übergangsgebirges“ (S.
lagernden Schichtglieder Rotliegendes und Zechstein
325) unter dem Karbon wurde nach Anfangsversuchen
(später als Perm zusammengefasst), die der Begründer
erfolgreich erst in den Jahrzehnten nach 1830 unter
der Schichtengliederung (Lithostratigraphie), J. G.
manchen Kontroversen (vgl. HÖLDER 1989, 185f.),
Lehmann, schon 1756 detailliert beschrieben hatte
bahnbrechend in Großbritannien, den USA und Böh-
(WAGENBRETH & STEINER 1990, 182). Bereits 1762
men, aufgegliedert und benannt (Kambrium, Ordovizi-
ergänzte G. C. Füchsel diese südlich des Harzes aufge-
um, Silur und Devon; vgl. ZITTEL 1899, 583-589, 591-
nommene Abfolge der Flözgesteine aufwärts um Bunt-
604). – Aus der Literatur entnahm nun ALBERTI, „daß
sandstein und Muschelkalk (ZITTEL 1899, 49-53;
der Zechstein charakteristische Versteinerungen des
HÖLDER 1989, 32f.); der überlagernde Keuper wurde
Kohlenkalksteins führe, sich also dem Übergangsge-
erst 1825 durch L.v. Buch beschrieben (FREYBERG
birge innig anschließe, daraus folgt weiter, daß das
1932, 40f.). Dem fügte 1778 im damaligen Kursachsen
unter ihm [sc. dem Zechstein; MS] liegende Rothlie-
W.v. Charpentier nach oben noch Schichtglieder der
gende zur gleichen Reihe gehöre“ (S. 328). Damit war
Kreide hinzu; die zwischen den Trias-Gesteinen und
der Weg zur späteren Erkenntnis geebnet, die Zech-
der Kreide liegenden Sedimente des Lias (Unterer Jura)
stein und Rotliegendes (Perm) aufgrund ihrer Fossilien
waren noch nicht erkannt worden. Werner übenahm im
ins Paläozoikum eingliederte, obgleich beide nicht in
wesentlichen diese Einteilung des Flözgebirges von
den paläozoischen (hier: variszischen) Faltenbau ein-
seien Vorgängern (ZITTEL 1899, 53, 55, 92; vgl. Ta-
bezogen sind (abgesehen v.a. vom Unterrotliegenden