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Renzension

Harald v. Sprockhoff
Naturwissenschaft und christlicher Glaube ein Widerspruch?
Darmstadt: Wiss. Buchgesellschaft, 1992

In der renommierten Wissenschaftlichen Buchgesellschaft er- seien jedoch „haltlos“, die benutzten Argumente „unwissen-
schien zum Spannungsfeld „Glaube und Naturwissenschaft“ schaftlich“ (S. 93). Bei Schwierigkeiten behelfe man sich mit
eine Publikation, in der erneut eine Zusammenschau von einem Hinweis auf den Schöpfer. Angesichts dieser dürftigen
Evolutions- und Schöpfungslehre vertreten wird. In den letz- (und zudem falsch wiedergegebenen) Begründung gewinnt
ten Jahren hat es sich mehr und mehr eingebürgert, sich in man den Eindruck, daß eine echte Auseinandersetzung mit
solchen Veröffentlichungen auch mit dem sogenannten den Aussagen dieses Buches und mit der Schöpfungslehre
„Kreationismus“ zu beschäftigen, anstatt ihn (wie zuvor) tot- allgemein gar nicht beabsichtigt wurde.
zuschweigen oder mit polemisch gehaltenen Randbemerkun- Ein Hauptteil des Buches widmet sich zahlreichen Ver-
gen abzutun. tretern einer „theistischen Evolution“. Der Autor schließt sich
Das Buch beginnt mit einem Abriß über die Indizien, die der Meinung des Papstes Johannes Paul II an, wonach „recht
für Evolution gewertet werden. Dabei wird auch auf einige verstandener Schöpfungsglaube und recht verstandene Evolu-
kritische Stimmen innerhalb der Evolutionslehre eingegangen. tionstheorie“ sich nicht im Wege stünden. „Recht verstanden“
Eine Sachauseinandersetzung erfolgt dabei jedoch kaum. Den soll dabei wohl bedeuten, daß die Evolutionsforschung das
Kritikern wird im Wesentlichen die gängige Lehrmeinung „raumzeitliche Woher“ erforsche, während die Theologie
entgegengehalten. Als m. E. typisches Beispiel sei die Kritik nach dem „metaphysischen Warum“ der Dinge frage (vgl. S.
zu Ursuppenexperimenten genannt (z. B. sog. „Miller- 145). Einige Kritiker der theistischen Evolution werden zwar
Experimente“, die einen Beitrag zur Klärung der Entstehung auch genannt (Peter Rüst, Max Thürkauf, Timothy Lenoir),
ersten Lebens aus Nicht-Leben liefern sollen). Manche kriti- von ihren Argumenten erfährt man jedoch nicht viel; ihre Po-
sche Beurteilungen der bisherigen Ergebnisse wertet von sition wird nur eingeordnet. Eine Rückfrage nach den dogma-
Sprockhoff hier zwar als „logisch“, weist dann aber darauf tischen Konsequenzen der Evolutionslehre fehlt; der Zusam-
hin, daß „zahlreiche Experten von der grundsätzlichen Rich- menhang mit Fragen der Sünde, dem Sündenfall, der
tigkeit der Millerschen Ergebnisse und der daraus gezogenen Menschwerdung Jesu, der Erlösung und der Eschatologie
Schlüsse überzeugt“ seien (S. 18). (Vgl. dazu den Bericht wird nicht bedacht. Hier liegen m. E. jedoch gerade die ent-
über die 10. Int. Konferenz über den Ursprung des Lebens im scheidenden Fragen im Streit um die theistische Evolution.
„Info 24“.) Ein anderes Beispiel: Der Autor erwähnt die Ar- Als gewisses Spezifikum des Autors ist zu werten, daß er
beiten und Schlußfolgerungen des Anatomen E. Blechschmidt – im Anschluß an G. Schramm – eine Evolution vertritt, in der
zur menschlichen Embryonalentwicklung. Blechschmidt die Information als ideelle Größe, nicht als Eigenschaft der
lehnte (mit manch anderen Autoren) aufgrund seiner Studien Materie, angesehen wird, die unabhängig vom jeweiligen Trä-
die sog. „Biogenetische Grundregel“ ab, wonach der Mensch ger ist (S. 146, auch S. 77ff.). Für den Geist, das Bewußtsein
in seiner vorgeburtlichen Entwicklung tierähnliche Stadien des Menschen gibt es nach Auffassung des Autors keine na-
durchlaufe. Anstelle einer Argumentation gegen Blech- turwissenschaftliche Erklärung, sondern er hat seinen Ur-
schmidts Behauptungen (deren zugrundeliegende Argumente sprung in einer Uridee (S. 147), „die in die für alles Belebte
ganz unzureichend erwähnt werden) kommt der Autor dann untrennbar verknüpfte Information einmündet“ (S. 150). In
aber „beim Studium der wichtigsten Arbeiten“ von Blech- dieser Uridee sieht er einen „Ansatzpunkt für eine Art Brük-
schmidt zum Schluß, daß jener sich irre und zahlreiche Fest- kenschlag zwischen Naturwissenschaft und Theologie“. Die-
stellungen der Evolutionsforschung verkenne oder nicht ak- sen Brückenschlag führt der Autor jedoch nicht selber aus,
zeptieren wolle. Er greift u.a. das berühmte Beispiel der sondern formuliert nur eine entsprechende Aufgabe, die erst
„Kiemenbögen“ beim menschlichen Embryo heraus, die als noch zu leisten wäre (S. 147).
embryonal ausgeprägte Überreste der Stammesgeschichte ge-
Insgesamt gibt das Buch durchaus einen guten Einblick in
wertet werden, und erwähnt die Deutung Blechschmidts, wo-
die üblichen Argumentationsweisen, mit denen die Evoluti-
nach die Formbildung dieser Beugefalten kinetisch zu erklä-
onsanschauung mit christlichen Gottesvorstellungen zusam-
ren seien. Von Sprockhoff dazu: „Nur das sei die Ursache für
mengeführt werden. Durch die Auflistung von über zwanzig
die besonders auffallenden Furchen. Daß diese Bedeutung
Positionen wird deren Ähnlichkeit gleichermaßen deutlich
nicht einleuchtet und nichts für sie spricht, liegt bei der Be-
wie deren oftmalige Schwammigkeit und die Ausklammerung
trachtung der embryonalen Morphologie auf der Hand.“ Dar-
der wesentlichen dogmatischen Fragen, die sich bei Akzep-
auf folgt der Hinweis auf die „namhaften Biologen“. Ein Ar-
tanz der Evolutionsanschauung ergeben.
gument sucht der Leser vergebens. Daß die meisten Biologen
hier evolutionstheoretisch motivierte Deutungen vornehmen,
ist ohnehin bekannt. Reinhard Junker
Als oberflächlich empfinde ich die Auseinandersetzung aus „Wort und Wissen Info 25“ (Dezember 1993)
mit dem „Kreationismus“. Der Autor beruft sich vor allem auf
eine vor zehn Jahren abgehaltene Tagung über „Evolution und
Schöpfung“ in Krelingen. Die einzige schöpfungstheoretisch
orientierte Publikation, auf die der Autor ein wenig eingeht,
ist das Lehrbuch „Entstehung und Geschichte der Lebewe-
sen“, das auf ihn „zunächst einen wissenschaftlich-kritischen Die Studiengemeinschaft WORT UND WISSEN im Internet:
Eindruck“ macht. Alle Angriffe gegen die Evolutionslehre http://www.wort-und-wissen.de

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