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Die „letzte“ Reise der SOLVANG

Nun ist es endlich soweit. Die Trave ist eisfrei und die Tagestemperaturen bewegen sich im Plus-
bereich. Wir können jetzt die SOLVANG - wie schon lange geplant - vom Museumshafen in Lü-
beck zur renommierten Werft J. Ring-Andersen in Svendborg überführen. Diese Werft ist bekannt
für ihre traditionellen Handwerkstechniken an alten Schiffen und somit ideal für die an der
SOLVANG anstehenden notwendigen Reparaturmaßnahmen.

Am Dienstag, den 16. März 2010 gehen wir am späten Nachmittag an Bord. Walter und Susanne
haben angefangen, das Schiff auslauffertig zu machen; Tatjana hat schon unter Deck alles geputzt
und es tut uns sehr leid, dass sie die Überführung nicht mitfahren kann.

So sind wir eine kleine Crew von 4 Personen: Walter, Susanne, Gerd und Elke.

Mittwoch, pünktlich um 9:00 Uhr wollen wir die alte Drehbrücke passieren, aber der Brückenwär-
ter öffnet schon 15 Minuten früher. Will er uns loswerden? Verabschiedet werden wir an der
Brücke nur von Axel von der JOHANNE. Sonst nix!!! Dafür, dass die SOLVANG als Gründungs-
mitglied des Museumshafens diesen wohl für immer verlässt, hätte man eigentlich einen größeren
offiziellen Abschied erwarten können. Aber gut so, uns hält hier nichts mehr, nur weg! Die zweite
Brücke öffnet ebenfalls früher als geplant, so dass wir uns jetzt auf der Trave Richtung freie Ostsee
aus dem Staub machen können.

Es ist nicht sehr kalt, dunstig und sehr ruhig. Alle Boote sind
noch im Winterschlaf. Susanne genießt das Frühlingserwa-
chen der Vogelwelt. Auf der Trave hat sie doch tatsächlich
einen großen Vogel mit einem zappelnden Aal in den Krallen
entdeckt. Nach eingehender Diskussion und Lektüre der Bord-
bibliothek beschließen wir mehrheitlich mit einer Stimmenthal-
tung, dass es sich um einen Seeadler handelt. Er fliegt über uns
hinweg und wird von hungrigen Möwen verfolgt.

Um 11:00 Uhr bunkern wir in Travemünde. Dann geht’s


endgültig ab in die Ostsee. Wir laufen ca. 8 kn, Westwind,
aber leider nicht genug, um die Fock zu setzen. Die Sonne
schafft es nicht, sich durch die Wolken zu kämpfen. Je wei-
ter wir gen Fehmarn kommen, je mehr brist es auf. Auf den
letzten Meilen wird es richtig kalt und wir müssen auf un-
sere arktischen Klamotten zurückgreifen. An vielen Stellen
der Insel liegt noch Schnee und auch für den kommenden
Urlaubsansturm ist noch nichts vorbereitet. Wir machen in
Burgstaaken fest.

Abends werden wir schon im


„Goldenen Anker“ erwartet
und genießen die Riesen-
schollen. Es werden super
gemütliche Stunden, die wir
an Bord mit einer„Toten
Tante“ abschließen.
Donnerstag um 8:00 Uhr verlassen wir Burg im Nebel. Wir
fahren mit Radar und umrunden die Insel im Osten. Im
Fehmarnbelt zeigt sich endlich die Sonne. Wir genießen,
aber es ist doch noch sehr kalt. Uns begegnen nur wenige
Schiffe, teilweise müssen wir im Zickzack den Bojen der
Fischer ausweichen.

Um 15:30 Uhr laufen wir in Marstal auf Ærø ein. Da ein


Behördenfahrzeug einen ausreichend großen Liegeplatz al-
lein belegt, in dem es genau in der Mitte festgemacht hat,
müssen wir in der Hafeneinfahrt an einem alten Fähranleger festmachen. Für Hafengäste ist noch
nichts vorbereitet. Weder haben die Sanitäranlagen geöffnet noch können wir Trinkwasser bun-
kern, da die Wasserstellen noch abgestellt sind. Nun gut, dafür brauchen wir auch keine Liegege-
bühr bezahlen. Immerhin gelingt es uns, Strom zu bekommen.

Das Erste, was uns wieder an dänischen Häfen auffällt, ist der rege neugierige Autoverkehr. Da au-
ßer uns kaum Segler unterwegs sind, wird die SOLVANG reichlich bestaunt.

Für einen kleinen Rundgang durch den Ort mit ein paar Be-
sorgungen bleibt uns genügend Zeit. Marstal ist ein schnu-
ckeliges Fischerdorf, bekannt als Zentrum früherer dänischer
Seefahrtgeschichte und den Bau der bekannten Marstal-
Schoner.

Nach einem ausgiebigen Abendessen an Bord lümmeln wir


uns gemütlich um den warmen Ofen. Wir - und die „Tote
Tante“!

Freitag früh geht Gerd Brötchen holen. Es regnet. Aber nur so lange, bis er wieder zurück ist. Nun
ja, jeder so wie er es verdient! Wir frühstücken in Ruhe und legen um 9:00 Uhr ab. Es soll unsere
letzte Etappe Richtung Svendborg auf Fünen sein.

Mittlerweile ist es trocken, nicht sehr kalt aber neblig. Es wechselt von Nebel zu dichtem Nebel bis
hin zu schietendickem Nebel. Wir suchen ständig die Tonnen in dem engen Fahrwasser und sehen
sie erst, wenn sie direkt vorab sind. Also ändern wir unsere Pläne und laufen den Hafen von Rud-
købing auf Langeland an. Dort warten wir, bis sich der Nebel langsam auflöst.

Um 14:00 Uhr kann man


schon die Brücke und ei-
nige Tonnen erkennen
und wir beschließen, den
letzten Teil des Törns in
Angriff zu nehmen.

Beim Einlaufen in den Sund bestaunen wir die traumhafte Aussicht auf Svendborg, es ist ein Ort
zum Verlieben. Wie schön muss es erst im Sommer sein!
Um 16:00 Uhr kommen wir
bei Ring-Andersen an und
suchen unseren Liegeplatz.
Wir kämpfen mal wieder mit
dem Strom – dänische An-
schlüsse – aber Peter hilft
uns mit einem passenden Ad-
apter weiter.

Als an Bord alles klar ist, machen wir uns auf den Weg zu Jette. Die obligatorischen Riesen-Ham-
burger warten schon auf uns. Anschließend versacken wir in der „Strandlyst“, bevor wir zur
SOLVANG zurückfinden. Müde, kaputt und zufrieden gehen wir nach einer „Toten Tante“ in die
Kojen.

Wir haben die Erlaubnis, uns auf der Werft umzusehen und zu fotografieren. Diese Chance nutzen
wir ausgiebig. Das ist schon ein Erlebnis. Auf der Werft liegen alte traditionelle Schiffe aller Bau-
arten: Segler mit Holz- oder Stahlrümpfen neben Autofähren, ein alter Seenotretter neben Schiffs-
rümpfen, die sorgfältig abgedeckt auf eine Restaurierung warten; kurz: ein Eldorado für Schiffs-
liebhaber. Und natürlich liegt hier auch das berühmte historische Dampfschiff M/S Helge im Win-
terschlaf, bevor es ab Mitte Mai wieder mit Touristen und Einheimischen im Svendborg Sund un-
terwegs ist. Der absolute Höhepunkt: Peter Ring-Andersen ermöglicht uns eine persönliche Füh-
rung durch die Büroräume und das kleine Hausmuseum. Beeindruckend: die Büroräume vermitteln

mit der alten Einrichtung sowie Bildern von Schiffen aus der Vergangenheit und der Galionsfigur
eines Walfängers den Eindruck, zurück in die Zeit um 1930 versetzt zu sein. Richtig „hyggelig“.
Man erwartet jederzeit, dass der Großvater oder sogar der Urgroßvater von Peter, der die Werft in
4. Generation betreibt, gleich um die Ecke kommt. Bloß die Computer stören etwas diesen Ein-
druck.

Mittags trifft Jan ein, um uns mit dem Auto abzuholen. Er freute sich so auf eine schöne Fahrt nach
Svendborg, musste aber feststellen, dass Dänemark im Nebel genauso trist aussieht wie
Deutschland.

Wir packen unsere Seesäcke,


verabschieden uns von der
SOLVANG und gönnen uns
bei Jette noch einen Ham-
burger, bevor wir gen Hei-
mat fahren.

Es regnet nicht mehr, es ist bedeckt und je näher wir der Fähre Spodsbjerg/Tårs kommen, je dichter
wird der Nebel. Wir freuen uns, dass die SOLVANG sicher bei Ring-Andersen liegt. Heute hätten
wir bestimmt wieder keine Tonnen gefunden.
In Rødbyhavn sehen wir absolut nichts mehr. Die Scheinwerfer der Autos, die von der Fähre kom-
men, sehen aus, als wenn einzelne Lichter vom Himmel fallen.

In Deutschland geht’s mittlerweile ohne Nebel aber im Dunkeln auf die vorletzte Etappe. Wir kom-
men heil und müde in Lübeck an; Walter und Susanne steigen für die weitere Heimfahrt in ihr
Auto und wir schaffen gerade noch den Zug nach Hamburg.

Wir sind in 4 Tagen über 5 Inseln gereist: Burg/Fehmarn, Marstal/Ærø, Rudkøbing/Lange-


land, Svendborg/Fünen und mit dem Auto durch Lolland.

Welche Reisen die SOLVANG in ihrem nächsten Lebensabschnitt unternimmt….., - wir werden
sehen… Auf alle Fälle wünschen wir ihr immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel und ihr und ih-
rer Mannschaft und den Gästen immer eine glückliche Reise und eine gute Heimkehr!

Wir freuen uns jetzt erstmal auf ein Wiedersehen mit der SOLVANG zur Kieler Woche und der
Hanse-Sail in Rostock.

egm

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