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nachrichten g 3336 23.5.2002 18. jahrg./issn 0945-3946 1,30 ¤
Deutsche Traditions-
pflege ganz ungestört:
Pfingsttreffen der Gebirgs-
militaristen
Seit über 50 Jahren veranstaltet zu
Pfingsten die Gebirgsdivision 1 (GD1)
in Mittenwald eine Gedenkfeier zu Eh-
ren ihrer toten „Helden“, an der bis-
weilen mehrere tausend Menschen
www.arbeiterfotografie.com
teilnahmen. Auch in diesem Jahr trafen
sich die Veteranen gemeinsam mit den
Aktiven von der Bundeswehr auf
Bundeswehrgelände am Hohen Brend-
ten. Junge Antifaschistinnen und Anti-
Info:
faschisten nahmen in diesem Jahr
ebenfalls teil, und einer ihrer Sprecher
erklärte: „Unter dem NS-Regime ver-
übte diese Einheit der Wehrmacht di- 600 Menschen demonstrierten am 11. Mai in Essen
verse Massaker an Tausenden von
Menschen in Griechenland, Italien, Ju-
goslawien, Polen und Finnland. Diese
Tradition der Verehrung der Mörder
Offizielle Statistik
und Verhöhnung der Opfer konnte
über 50 Jahre lang unbehelligt stattfin-
rechtsextremistischer
den und sich dabei einer großen gesell-
schaftlichen Akzeptanz erfreuen. Als
Straftaten ist falsch
Mitveranstalter tritt hier die Bundes- Die innenpolitische Sprecherin der amtlichen Statistik keinerlei Verbesserung
wehr in Erscheinung und sie befindet PDS Bundestagsfraktion Ulla Jelp- bedeutet. Im Gegenteil: Das Chaos in der
sich damit in auffälliger Kontinuität, ke hat einen „Schattenbericht“ Statistik und die Ignoranz der Behörden
denn auch heute sind die Gebirgstrup- über die amtliche Statistik rechter Straf- sind eher noch größer geworden.
pen wieder aktiv bei Auslandseinsät- und Gewalttaten vorgelegt. Durch den Selbst in abgeschlossenen Gerichtsver-
zen wie im Kosovo und Afghanistan. Bericht wird deutlich: fahren eindeutig festgestellte rechtsextre-
Dabei jene Bundeswehr-Gebirgsdivi- me Gewalttaten werden in der amtlichen
sion, die sich als direkte Nachfolgerin Die amtliche Statistik über rechte Strafta- Statistik ignoriert. Die PDS-Studie doku-
der Wehrmachtsdivision versteht.“ ten bleibt auch nach der von der Innenmi- mentiert das an mehreren Beispielen. Hin-
In Mittenwald erinnerte die nisterkonferenz im letzten Jahr beschlosse- zu kommt: Die polizeiliche Kriminalstatis-
Bundeswehr in Schriften an die Vor- nen Umstellung falsch. Sie ignoriert weiter tik meldet andere Zahlen als der Verfas-
jahrsrede auf dem Hohen Brendten, eine Vielzahl von rechten Straftaten, baga- sungsschutz, der Bund andere als die Län-
gehalten vom jetzigen Kanzlerkandi- tellisiert weiter das wirkliche Ausmaß ras- der, die Zahlen der Länder selbst differie-
daten der CDU/CSU und Kamerad- sistischer, antisemitischer, rechtsextremis- ren in teilweise groteskem Maß.
schaftsmitglied sowie ehemaligem tischer Gewalt. Nachdem im Herbst 2000 „Noch immer gilt anscheinend bei vie-
Gebirgsjäger Edmund Stoiber. Darin die „Frankfurter Rundschau“ und der „Ta- len Polizeibehörden die Devise, nicht die
nennt er das Treffen Ausdruck „unan- gesspiegel“ ihre bedrückende Dokumenta- Opfer rechter Gewalt zu schützen, sondern
greifbarer Traditionspflege“. Damit tion über damals 93 Todesopfer rechter den „guten Ruf“ ihrer Gemeinde, ihrer
lag er falsch: Am Pfingstsamstag be- Gewalt seit 1990 vorgelegt hatten – die Stadt, ihres Landes. Die Bagatellisierung
suchten ca. 50 Antifaschistinnen und amtliche Statistik nannte damals nur 26 rechter Gewalt ist nicht geringer gewor-
Antifaschisten das im Rahmen der Todesopfer –, hatte Bundesinnenminister den“, so Ulla Jelpke. „Polizei und Verfas-
Gedenkfeier stattfindende Schweine- Schily eine Überprüfung angekündigt. In sungsschutzbehörden scheinen strukturell
bratenessen der Gebirgssoldaten in der Folge wurde die amtliche Statistik ge- unfähig (oder unwillig?), rechte Gewalt
Mittenwald. ringfügig korrigiert – statt von 26 Opfern angemessen zu erfassen und zu bekämp-
Fortsetzung Seite 9 sprechen Bund und Länder seitdem von 38 fen. Das wird durch die vorliegende Studie
Todesopfern seit 1990. Im Mai 2001 be- zweifelsfrei dokumentiert.
schloss die Innenministerkonferenz zudem Mein Fazit daraus: Wir brauchen end-
Aus dem Inhalt: rückwirkend ab 1. Januar 2001 ein neues lich eine unabhängige Beobachtungsstelle
Grenzlandarbeit Herzenssache . . Erhebungsverfahren, das auch bisher nicht gegen Rassismus und Fremdenfeindlich-
7Der Fall Karlsi – erfasste Gewalttaten – etwa gegen Ob- keit, eine Beobachtungsstelle, wie sie die
Möllemann bedient sich beim dachlose – besser erfassen soll. EU schon lange hat.“
Antisemitismus . . . . . . . . . . . . . . 10 Die von der PDS jetzt vorgelegte Studie Ulla Jelpke ■
dokumentiert, dass diese Umstellung der Kurze Auszüge aus dem Bericht auf Seite 8
: meldungen, aktionen
„Niederlage“. Für Antifaschistinnen und
Antifaschisten hingegen gilt dieses Da-
tum als der Tag der Befreiung von Hitler-
„Paneuropa-Tage“ in Saar- Clement und seinem Innenminister, Fritz Faschismus und Krieg. Warum soll man
brücken Behrens. „Nach seiner Erfahrung“ seien diesen Tag also nicht auch offensiv
„Spitzenpolitiker erstaunlich schlecht in- feiern, dachte sich die Antifa Düren und
Saarbrücken. Unter der Schirmherr- formiert, was in ihrem eigenem Haus begann vor einigen Jahren aus Anlass
schaft von Ministerpräsident Peter Mül- vorgeht“, so Stein in seinem Anschrei- des 8. Mai „antifaschistische Befreiungs-
ler (CDU), Anfang 1999 Interviewpart- ben. „Sie können fest davon ausgehen, feiern“ durchzuführen. Mittlerweile ge-
ner der „Jungen Freiheit“, finden vom 7. daß Ministerpräsident Wolfgang Cle- hört dieses Fest in Düren zur Tradition.
bis 9.Juni die „28. Paneuropa-Tage“ der ment überhaupt nicht weiß, daß die „Jun- So auch in diesem Jahr. Knapp 200 über-
„Paneuropa-Union“ in Saarbrücken statt. ge Freiheit“ im Visier seines Innenminis- wiegend junge Leute feierten nun zum
Die diesjährige Veranstaltung findet un- teriums steht. Und falls doch, sind ihm fünften Mal mit der Antifa Düren im Ju-
ter dem Motto „Paneuropa – Wende für einzelne Details nicht bekannt.“, so der gendzentrum „Multikulti“ unter dem
ganz Europa“ in der Saarbrücker Con- „JF“-Chefredakteur. „Bei Ihrem Brief Motto „Smash Fascism!“ das Fest zum
gresshalle statt. Neben zahlreichen Ver- müssen Sie von diesem Standpunkt aus- Tag der Befreiung. Mit dabei die Hi-
tretern der „Paneuropa-Union“ aus ver- gehen: Wolfgang Clement weiß nicht, phop-Band „Microphone Mafia“ aus
schiedenen europäischen Ländern, spre- welche Grundrechtsverstöße von seinem Köln, „itchipoopzkid“ aus Stuttgart, „Pe-
chen in diesem Jahr u.a. der Bürgermeis- Innenminister verantwortet werden“. ter F. Group“ und „Nippelfarm“ aus Dü-
ter der luxemburgischen Stadt Forbach, An der Durchführung einer Verfas- ren und „Cheese&Onion“ und die „Peca-
Charles Stirnweiss, der ehemalige kroati- sungsbeschwerde gegen das Land NRW doras“ aus Jülich. Auch in Mönchenglad-
sche Außenminister, Dr. Mate Granic, vor dem Bundesverfassungsgericht soll bach gab es nun erstmals ein solches Fest
der „Criticon“- und „Ostpreußenblatt“- neben dem ehemaligen Bundesvorsitzen- zum 8. Mai. Unter dem Motto „Talking
Autor, Jürgen Liminski, der ehemalige den des „Bund Freier Bürger“, Manfred is over, Party is on!“ und dem Logo
slowenische Premierminister, Alojz Pe- Brunner, auch der ehemalige General- „Good Night White Pride“ feierten
terle und der Landrat im polnischen Op- bundesanwalt Alexander von Stahl „Blockbuster – Jugend gegen Ras-
pole, Joachim Czernek. Thematisch geht (FDP) mitwirken. Durch die Hinzuzie- sismus“ und VVN-BdA Mönchenglad-
es den Paneuropäern in diesem Jahr um hung eines früheren Generalbundesan- bach im Zentrum des „Bund der Alevi-
„Die Familie – Wahlkampfmunition oder waltes verspricht sich die „JF“ ein „öf- ten“. Die Beteiligung übertraf alle Er-
Schicksalsfrage ?“ und um „Konvent am fentlich zusätzliches Gewicht“. Mit einer wartungen. Knapp 300 Menschen nah-
Kreuzweg – welche Verfassung für Eu- nicht unmöglichen Herausnahme der men an dem Fest teil und hörten die
ropa ?“. Im Anschluss an die Diskus- „Jungen Freiheit“ aus dem NRW-“Ver- Bands „Settle the Score“, „Rapido“,
sionsveranstaltungen findet die Bundes- fassungsschutzbericht“ dürfte denn auch „Hardflip“ und „U.W.E.“. Selbstver-
delegiertenversammlung der „Paneuro- der letzte Rest des kläglichen „Aufstands ständlich gab es auf beiden Veranstaltun-
pa-Union“ statt. Präsident der „Paneuro- der Anständigen“ in sich zusammenbre- gen auch Infostände, Büchertische, Aus-
pa-Union“ ist zur Zeit der CSU-Europa- chen. hma ■ stellungen und natürlich jede Menge
parlamentarier Bernd Posselt, zugleich Diskussionen.
Vorsitzender der „Sudetendeutschen Hude steht zu Carl Diem Da alle Bands zugunsten der Unter-
Landsmannschaft“. hma ■ stützung antifaschistischer und antiras-
Hude. Bereits 1999 war die Gemeinde sistischer Arbeit vor Ort auf eine Gage
Neue „JF“-Kampagne Hude bei Oldenburg in die Schlagzeilen verzichteten, sind Befreiungsfeiern die-
geraten, als in dem Ort eine heftige Dis- ser Art auch eine gute Möglichkeit, die
Berlin/Düsseldorf. Mit einer „Verfas- kussion um die von Ludendorff-Anhän- ohnehin schmalen Kassen der teilneh-
sungsbeschwerde gegen Nordrhein- gern gegründete „Ahnenstätte Hilligen- menden Gruppen wieder für kommende
Westfalen“ vor dem Bundesverfassungs- loh“ entbrannt war. Aktionen zu füllen. VVN-BdA MG ■
gericht, einem Schreiben nebst Doku- Nun hat die Gemeinde ein weiteres
mentation an alle Abgeordnete im NRW- Mal ihre Unwilligkeit unter Beweis ge- Ohrfeige für Schily und den
Landtag, Protestbriefen an NRW-Minis- stellt, sich von reaktionärem Ballast zu
terpräsident Clement (SPD) und einem trennen. Ein von SPD und „Grünen“ Verfassungsschutz
„Appell für die Pressefreiheit. Gegen die unterstützter Antrag auf Umbenennung Berlin. Der Zweite Senat des Bundes-
Verletzung demokratischer Grundrechte einer Straße, die nach dem früheren NS- verfassungsgerichtes wird erst nach den
durch den NRW-Verfassungsschutz“ Sportfunktionär Carl-Diem benannt ist, Wahlen im Herbst über den weiteren
hofft die Berliner Wochenzeitung „Junge wurde nun von der CDU-Mehrheit abge- Fortgang im NPD-Verbotsverfahren be-
Freiheit“ zu erreichen, das sie künftig lehnt. „Schließlich könne man nicht alle finden. Das Gericht teilte in einer Pres-
nicht mehr im sog. „Verfassungsschutz- Straßen nach „Political-Correctness- seerklärung mit, es wolle am 8. Oktober
bericht“ des Landes NRW aufgeführt Punkten“ umbenennen“, so ein Thorsten einen Erörterungstermin zu den Einsät-
wird. In einem Schreiben an alle Bezie- Thümler von der örtlichen CDU. Andere zen von V-Männern ansetzen. Das Ge-
her seines Blattes verbreitet „JF“-Chef- Gemeinderäte hätten zwar die Argumen- richt erwarte sich dann Aufschlüsse über
redakteur Dieter Stein Optimismus: „Bit- tation für die Umbenennung der Straße die Zusammenarbeit des Verfassungs-
te helfen Sie mit, daß es gelingt, die Ver- nachvollziehen können, stellten aber den schutzes mit den im Verbotsantrag gegen
leumdungstaktik des NRW-Verfassungs- Wunsch von Anwohnern, den Straßenna- die rechtsextreme NPD genannten Zeu-
schutzes zu durchbrechen. Ich glaube, men zu behalten, in den Vordergrund. gen.
wir sind kurz vor dem Ziel, wenn alle an- NWZ 27.4.02 - hma ■ Zur dieser Entscheidung erklärt die
packen“. Gleich mitversandt wird eine innenpolitische Sprecherin der PDS-
mit eigenen Kommentaren versehene Befreiungsfeiern am Bundestagsfraktion, Ulla Jelpke: Die
Dokumentation des „skandalösen Kapi- Entscheidung des Bundesverfassungsge-
tels“ über die „Junge Freiheit“ aus dem Niederrhein richts ist eine neuerliche Ohrfeige für
aktuellen „Verfassungsschutzbericht“, Düren/Mönchengladbach. Für Rech- Schily und die Verfassungsschutzämter
ein „Argumentationspapier“ nebst An- te jeglicher Couleur ist der 8. Mai 1945 in Bund und Ländern. Die NPD kann
schriften von NRW-Ministerpräsident der Tag der „Kapitulation“ oder der jetzt zur Bundestagswahl kandidieren
aufhin die Zahl auf 36 Tote nach oben Brandenburg 865 820 -
3
rechte Straftaten nicht mehr nach dem en- Rheinland-Pfalz 389 1061 672
9
10
gen Kriterium „extremistisch“ zu erfas- Saarland 60 109 49
11
Sachsen 1401 1720 319
sen, sondern diesen durch den weitgehen- Sachsen-Anhalt 465 757 292
12
keit, der Medien und der Politik war da- INSGESAMT 9073 12437 4943
ein zuverlässigeres und realitätsgetreue- * Auswertung der folgenden Antworten der Bundesregierung auf die Kleinen Anfragen der Abgeordneten Ulla Jelpke und
der Fraktion der PDS:
res Abbild rechter Gewalt in der amt- BT-Drucksache 14/8161, 14/7949, 14/7566, 14/7222, 14/6996, 14/6831, 14/6737, 14/6543, 14/6231, 14/5902, 14/5740,
14/5732
lichen Statistik zu erhalten. 1 Verfassungsschutzbericht Bayern 2001
Doch kaum eingeführt, stellten sich 2
3
Bericht über die Kriminalitätsentwicklung in Berlin 2001, Senator des Inneren
DPA vom 6.2.2002
immer offenkundigere Mängel auch in 4
5
Jahresbericht über politischen Extremismus 2001 Innensenat Bremen
Pressemitteilung vom 25.3.2002, www.hmdi.hessen.de/presse/
den auf der neuen Zählweise basierenden 6
7
Extremismusbericht 2001 Kap. VI - Lagebild Staatsschutz 2001, Statistiken LKA Mecklenburg-Vorpommern
Pressemitteilung Innenministerium Niedersachsen 18.3.2002 (www.niedersachsen.de/presseservice/)
Statistiken für das Jahr 2001 heraus: Bei 8 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen 2001
ten Zahlen offenkundig geworden. Aus dreizehn Bundesländern, aus denen Vergleichsdaten vorliegen, ergeben sich allein
Fragen werfen auch Vergleiche zwi- schon mehr Delikte (12.437) als die Bundesregierung für das gesamte Bundesgebiet
schen den Länderstatistiken auf: Während annimmt (9.073). Aufgrund von 4992 von der Bundesregierung nicht gemeldeten
einzelne Länder – wie z.B. Mecklenburg- Delikten aus diesen dreizehn Ländern muss von einer Mindestzahl sonstiger
rechtsextremistischer Delikte für das Jahr 2001 im Bundesgebiet von mindestens
Vorpommern – in keinem Monat mehr als 14.016 ausgegangen werden.
zehn rechtsextrem motivierte Straftaten
meldeten, erfasste beispielsweise Sachsen Die in den Tabellen 1 und 2 verglichenen Deliktgruppen beinhalten:
1) Gewaltdelikte, darunter:
kontinuierlich durchschnittlich hundert Tötungsdelikte, §§211-221 StGB
rechte Delikte. Körperverletzung, §§ 223-231 StGB
Todesfälle, die entsprechend der Defi- Brandstiftung, §§306-306f StGB
Sprengstoffexplosion, §308 StGB
nition der „politisch motivierten“ Tat Bildung terroristischer Vereinigungen, §129a StGB
zweifelsfrei als rechtsextreme Delikte Landfriedensbruch, §§125, 125a StGB
Rheinische Kirche und Diakonie legen Über den finanziellen Anteil von
Forschungsergebnisse vor: rheinischer Kirche und Diakonie an
der Zustiftung zur Entschädigung
Rund 1.200 Zwangs- der Opfer hinaus bereitet die Evan-
gelische Kirche im Rheinland der-
arbeiter in evangelischen zeit ein Besuchs- und Partner-
Einrichtungen schaftsprogramm vor, das den we-
nigen Überlebenden des Zwangsar-
Schätzungsweise 1.200 ausländische Ar- beitersystems gilt, die die For-
beitskräfte arbeiteten zwischen 1939 schungsarbeit hat ausfindig machen
und 1945 in der rheinischen Kirche. können.
Diese Zahlen nennt der Historiker Dr. „Konkret sollen Medikamente
Uwe Kaminsky, der die Geschichte der zur Gesundheitsfürsorge, Begeg-
Zwangsarbeiterinnen und -arbeiter in nungen vor Ort, wechselseitige Be-
evangelischen Einrichtungen in Kirche suchsprogramme im Rahmen der
und Diakonie historisch erforscht hat, in Versöhnungsarbeit mithelfen, bür-
seinem Buch „Dienen unter Zwang“, gerschaftliches Engagement auf al-
das Präses Manfred Kock und Diakonie- len Seiten zu fördern“, so Präses
direktor Dr. Reinhard Witschke heute in Kock, „in Einzelfällen werden wir
Düsseldorf vorgestellt haben. 478 Män- zusätzliche finanzielle Hilfen zur
ner und Frauen konnten sicher nachge- Verfügung stellen, um in konkreten
wiesen werden; 250 stammten aus Ost- Notlagen unsere bleibende Verantwor- men und in Haushalten einzelner Pfar-
europa. Rund 70 evangelische Einrich- tung sichtbar werden zu lassen“. rerfamilien.
tungen (Kinderheime, Krankenhäuser, Mit finanzieller Entschädigung, mit Über die Behandlung der Arbeitskräf-
landwirtschaftliche Betriebe und Pfarr- humanitärer Hilfe und der historischen te stellt der Historiker Folgendes fest:
haushalte) im Bereich der damaligen Aufarbeitung der eigenen Vergangenheit „Ernährung, Versorgung und Lohn lagen
Rheinprovinz lassen sich als Arbeitgeber leiste die Kirche einen wichtigen Bei- im Rahmen der üblichen Diskriminie-
von ausländischen Arbeitskräften nach- trag, den Opfern Gerechtigkeit wider- rungen des nationalsozialistischen
weisen. 16 weitere sind als Unterkunft- fahren zu lassen und Versöhnung mög- Deutschlands. Kirchliche Einrichtungen
sorte für Zwangsarbeiter oder auch KZ- lich zu machen, unterstrich Manfred konnten sich nicht gegen den alltäg-
Häftlinge identifizierbar. Kock: „Damit wollen wir auch vielen lichen Rassismus absetzen. Die Verhält-
„Hinter den Zahlen, Daten und Statis- Unternehmen, die in ähnlicher Weise in nisse in der Landwirtschaft und in der
tiken stecken Menschen, Mit-Men- dieses Unrecht verstrickt waren und sich Hauswirtschaft waren aufgrund der sozi-
schen“, erklärte Präses Kock bei der heute damit mehr als schwer tun, Mut alen Enge und des gegenseitigen Aufein-
Buchvorstellung im Landeskirchenamt: machen, diesen Weg zu gehen.“ anderangewiesenseins im allgemeinen
„Sie haben ein Gesicht, eine Geschichte Seit August 2000 hat Dr. Uwe Ka- auskömmlicher als in großen Industrie-
und eine Würde. Auch das System von minsky die Zwangsarbeit im Auftrag der betrieben.“ Allerdings galt die kirchliche
Kirche und Diakonie war im Zweiten Evangelischen Kirche im Rheinland und Fürsorge den ausländischen Arbeitskräf-
Weltkrieg daran beteiligt, dass Men- ihrer Diakonie erforscht. ten in Deutschland im Bereich der medi-
schen die Würde genommen wurde. Die Nach seinen Erkenntnissen lagen die zinischen Versorgung und der Seelsorge.
historischen Forschungen haben Verstri- Arbeitsorte der Frauen und Männer, die Dazu Präses Manfred Kock: „Neben
ckungen an das Tageslicht gebracht, die zum überwiegenden Teil aus Osteuropa den dunklen Seiten gab es auch anderes.
heute zur Verantwortung gegenüber die- stammten, in der Landwirtschaft diako- Einerseits die Ausbeutung der Arbeits-
sen lange ,vergessenen’ Opfern des Na- nischer Einrichtungen, in der Hauswirt- kraft der aus ihrer Heimat verschleppten
tionalsozialismus mahnen“. schaft von Krankenhäusern bzw. Hei- Menschen, andererseits die Sorge um ihr
körperliches und seelisches Wohl. Gera-
de diese Ergebnisse der historischen
Forschung sind für uns als Kirche heute
Der Herausgabekreis und die Redaktion sind zu erreichen über:
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email: antifanachrichten@netcologne.de, Internet: http://www.antifaschistische-nachrichten.de men, wo und wie in Kirche und Diako-
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Redaktion: Für Schleswig-Holstein, Hamburg: W. Siede, erreichbar über GNN-Verlag, Neuer Kamp 25, strickt waren. Daraus können und müs-
20359 Hamburg, Tel. 040 / 43 18 88 20. Für NRW, Hessen, Rheinland Pfalz, Saarland: U. Bach, sen wir für die Zukunft lernen.“
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Die antifaschistischen Nachrichten beruhen vor allen Dingen auf Mitteilungen von Initiativen. Soweit ein- beitskräften in Evangelischer Kirche
zelne Artikel ausdrücklich in ihrer Herkunft gekennzeichnet sind, geben sie nicht unbedingt die Meinung und Diakonie im Rheinland während
der Redaktion wieder, die nicht alle bei ihr eingehenden Meldungen überprüfen kann. des Zweiten Weltkriegs, Rheinland-
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(Mitglieder des Vorstandes der Arbeitsgemeinschaft gegen Reaktion, Faschismus und Krieg–Förderverein Antifaschisti-
sche Nachrichten); Kreisvereinigung Aachen VVN-BdA; AG Antifaschismus/ Antirassismus in der PDS NRW; Angelo
Rheinische Kirchengeschichte, ISBN
Lucifero (Landesleiter hbv in ver.di Thüringen); Kai Metzner (Info Pool Network); Bernhard Strasdeit (MdB-Büro Winfried 3-7927-1855-3, 18 Euro
Wolf); Volkmar Wölk.