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:antifaschistische Nr.

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nachrichten g 3336 25.9.2003 19. jahrg./issn 0945-3946 1,30 ¤
www.antifaschistische-nachrichten.de

Bombenbauer von Je-


na gehen straffrei aus
Jena. Drei rechtsextremistische
Bombenbauer aus Jena gehen straffrei
aus. Die Generalstaatsanwaltschaft
Erfurt bestätigte Medienberichte, wo-
nach das Verfahren wegen Ablauf der Zusammenstellung der
Verjährungsfrist eingestellt wurde. gefundenen Waffen
Trotz „intensiver“ Fahndungsmaß-
nahmen habe die Polizei die namentlich
bekannten Verdächtigen nicht finden
können; sie seien seit fünf Jahren „wie
vom Erdboden verschluckt“.
Anfang 1998 hatte die Polizei in
einer Jenaer Garage vier funktions-
fähige Rohrbomben mit 1,4 Kilogramm
Sprengstoff TNT entdeckt. Seitdem
wurde nach zwei Männern und einer
Frau aus der rechten Szene (Uwe
Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate
Zschäpe) gefahndet. Nazis um Martin Wiese planten Anschlag auf
Ein Justizsprecher wies Vorwürfe zu- Jüdisches Zentrum
rück, wonach es sich um eine
„Justizpanne“ handele. Vielmehr habe
es keine andere Möglichkeit als die Den Nazis den Boden
Einstellung des Verfahrens gegeben.
Die damalige Strafandrohung sei von
einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren
entziehen
ausgegangen; diese entspreche der Ver- Der Terroranschlag gegen das die Salons der feinen Gesellschaft den
jährungsfrist und sei nun abgelaufen. jüdische Zentrum in München Blutbesudelten. Hier konnte die
Eine Unterbrechung der Verjährungs- wurde aufgedeckt, aber der Nazibewegung auch spezifische Kunst &
frist sei nicht möglich, da dazu der Auf- Horror sitzt fest. Symbolische Politik, Kulturvorstellungen entwickeln. Hier
enthaltsort der Beschuldigten bekannt wie sie die alten und neuen Nazis einte die Unterwerfung unter den einen
sein müsse. lieben, weiß aus Vorstellungen und Führer die zerstrittenen Banden, und nur
Bereits im Januar 1997 war gegen Befürchtungen Politik zu machen. Die so, als Gefolgschaft des Führers, ge-
die Tatverdächtigen und andere An- Befürchtungen, die sie wecken, und langten die Nazis in Besitz der
gehörige des THS ein Ermittlungsver- der Abscheu, den sie auslösen, er- staatlichen Macht. Vor den Toren
fahren wegen der Versendung von scheint ihnen als Machtzuwachs, der Münchens entstand das erste Konzen-
Briefbombenattrappen an die Thü- ihren Zusammenhang stabilisiert. trationslager. In München wurde mit der
ringische Landeszeitung, die Stadtver- Was dagegen wirksam sein könnte, Ausrufung der Reichspogromnacht auch
waltung und die Polizeidirektion Jena wird klarer, wenn man der spezi- der entscheidende Schritt getan, die
eingeleitet worden. Die Flüchtigen fischen Logik des Terrorplanes bis in Staatsmacht mit dem parteimäßig
wurden ebenfalls verdächtigt, Spreng- die düsteren Ecken hinein nachgeht. organisierten Terror zusammenzuführen.
körper und Bombenattrappen her- ■ Neue Nazis und alte Kulte Berlin steht anders für den Na-
gestellt zu haben, die zwischen Oktober tionalsozialismus als Politik des
1996 und Dezember 1997 im Raum München spielt im kultischen Zu- deutschen Imperialismus, für die
Jena gefunden wurden. Unerklärlich, sammenhang der Nazis als „Hauptstadt Organisation von Herrschafts- und Wirt-
dass die Beschuldigten abtauchen der Bewegung“ eine herausragende Rol- schaftsräumen, die Planung der Ver-
konnten. Quelle: http://www.mdr.de/ le. Hier gelang es bereits in der Zeit vor nichtung durch Arbeit in diesen Zonen,
nachrichten/thueringen/939874.html ■ dem ersten Weltkrieg okkulten Gruppen, die Organisation der Shoa, des totalen
expansive wirtschaftliche und politische Kriegs. München steht für den Na-
Interessen des deutschen Reiches mit tionalsozialismus als Kultus, als Lebens-
Aus dem Inhalt: dem Wahn von Vorrecht und Herr- lehre und Gefüge von Glaubenssätzen.
schaftsanspruch der arischen Rasse zu Gerade in der Gegenwart, in der die
Proteste gegen Neonazi- verbinden. Nach dem 1. Weltkrieg kam Nazibewegung weit von den Hebeln der
Aufmarsch in Dortmund . . . . 7 es im Kampf gegen Demokratie und politischen Macht entfernt ihre Umtriebe
An den Ufern des Ebro – soziale Befreiung zum Schulterschluss entwickelt, ist der kultische Zusammen-
Interbrigadistentreffen . . . . . 9 des konservativen Bürgertums mit mord- hang der neuen Nazis mit der alten
bereiten Banden. Nachher öffneten sich Bewegung von erheblicher praktischer
Fortsetzung S. 2
Bedeutung. Die Erinnerung an die Ent- gesellschaft, die von Kulturaustausch ■ Kultstätten der Nazis den Boden
wicklung der NSDAP von einer Kleinst- und Wanderung lebt, anfängt, einen entziehen
partei zur Horrorgröße organisiert Zu- Bogen um Deutschland zu machen. Der jetzt öffentlich gewordene Versuch,
sammenhalt, eröffnet Zukunfts- Immer mehr Menschen vermeiden es, die Errichtung des jüdischen Zentrums
erwartungen, schafft Aktions- das Land zu betreten. am St. Jakobsplatz mörderisch zu
bereitschaft. Für die Nazis ist der Stand- Auch der technisch gescheiterte An- terrorisieren ist die eine Komponente des
ort München herausragend wichtig. schlag hat weltweiten Widerhall und Kampfes der Nazis um den Erhalt
Jahrzehntelang hatte in der Stadt- wird die Entwicklung jüdischen Lebens Münchens als Kultstätte der Bewegung.
gesellschaft die Tendenz überwogen, in Deutschland erschweren. Das wäre im Ein anderer, im Bewusstsein der
über die ortsspezifische Vergangenheit Sinne der Nazis. Damit es so nicht Öffentlichkeit weniger klarer Fall, ist
Gras wachsen zu lassen. Aber die kommt, ist zu hoffen, dass die jüdische durch den Plan der Stadt gegeben, in
Faschisten hatten nicht die Absicht, ihre Gemeinde in München in ihrem An- München an prominenter Stelle, im
kultischen Stätten und die Geschichts- spruch auf einen öffentlichen Platz, ehemaligen „Parteiviertel“ ein NS-
mythen, die sich darum ranken, auf- praktisch-physisch, aber auch immer im Dokumentationszentrum zu errichten.
zugeben. Das zeigte sich markant bei übertragenen, politischen und kulturellen Hinter diesem Plan steht, nach jahre-
dem Versuch der Faschisten, die erste Sinne, fest bleibt und die politische und langer Vorarbeit vor allem der Bündnis-
Wehrmachtsausstellung, die in München gesellschaftliche Unterstützung der grünen, eine Stadtratsmehrheit von 79
im Rathaus stattfand, anzugreifen. Der Stadt, d.h. der Bürgerinnen und Bürger, Stadträtinnen und Stadträten gegen 1
Versuch wurde abgewehrt. Es folgte eine der Verwaltung, der Parteien findet. REP. Aber die Ausführung des Planes
Vielzahl von Aktionen, Auftritten von ■ Hartnäckige Auseinandersetzung stockt. Der Grund: Die Regierung des
Faschisten. So wichtig es ist, dass mit Antisemitismus ist nötig Freistaates, vertreten durch Frau
faschistische Auftritte durch Hohlmeier, macht Schwierigkeiten. Man
antifaschistische Gegenaktionen kon- Die Nazis stellen, das hat seine demons- will, wir berichteten es im letzten Jahr
terkariert werden, so wichtig ist es auch trative, öffentliche Seite, die wichtig ist; mehrfach, ein repräsentatives Zentrum
zu begreifen, dass die Verbrechen der das bedarf aber auch einer zähen Aus- an prominenter Stelle vermeiden und
Nazis nicht nur ein abschreckendes ge- einandersetzung mit dem unter der Ober- stattdessen einen in unspektakuläre
schichtliches Beispiel darstellen, fläche der geäußerten Meinung in der Einzelstationen gegliederten Lehrpfad
sondern durch die Zeit eine bis heute deutschen Gesellschaft weit verbreiteten durch die Stadt legen.
reichende praktische Wirkung entfalten. Antisemitismus. Dass so eine Konzeptverschiedenheit
Die Nazis zum Beispiel richten sich Es ist dieser unter- und abgründige, oft eine erhebliche, gewichtige Differenz
seit der Niederlage des Faschismus daran latente Antisemitismus, auf den das Ver- ausmachen soll, klingt im ersten
auf, dass jüdisches Leben in Deutschland brechen der Nazis zielte. Nimmt er zu, Moment läppisch. In der mythisch-sym-
fast ausgerottet worden war und nun, wie kittet das die Nazibanden zusammen und bolischen Welt, in der sich die
sich diese Verbrecher oftmals brüsteten, bestärkt sie im Weitermachen. Nazibanden aufbauen, sieht es anders
endgültig erledigt sei. Der Vertreter der REP im Münchner aus. Sie können gegenwärtig durch das
Der von einer breiten Öffentlichkeit Stadtrat passt in dieses Bild. Seit seiner Viertel streifen, kennen jeden Stein,
getragene Entschluss der Stadt München, Wahl versucht er durch Äußerungen, An- wissen, von welchem Balkon aus der
die Initiative der jüdischen Gemeinde für fragen und Anträge die Meinung zu ver- Führer sprach und wo die SS-Wache
ein jüdisches Zentrum mitten in der Stadt festigen, dass Entwicklung jüdischen stand. Man kann sich kaum vorstellen,
zu fördern, hat sich nicht nur aus einer Lebens in München ein Risiko bedeute. wie störend in diesem Zusammenhang
Pflicht ergeben, die angesichts der Ver- Mit Anträgen, die er im November 2002 ein Gebäude wirken müsste, das an pro-
brechen des Dritten Deutschen Reiches und Januar 2003 gegen das jüdische Zen- minenter Stelle, auf den Trümmern des
bestand. Es ging auch um eine gegen die trum gestellt hatte, brüstet er sich gerade 3. Reiches von dessen Verbrechen und
Nazis gerichtete Geste. Die Nazis, alte heute. zwangsläufigen Untergang berichtet.
und neue, halbe und ganze, der Kern, das Obwohl im Stadtrat einige erkannten, Ein solches Zentrum würde die Er-
Umfeld: Sie alle fühlten sich durch worauf der REP zielte, wollte sich vor innerung, die sich um die Stätten rankt,
diesen gleichzeitig mutigen und ver- allem Oberbürgermeister Ude nicht dazu aktiv aufgreifen und der Kritik aus-
söhnungsbereiten Schritt der jüdischen herablassen, die Politik des REP in aller liefern. Für die Nazis wäre es ein
Gemeinde um Erträge der alten Naziver- Öffentlichkeit bloßzustellen. Wahr- Zeichen ihres Unterlegen-Bleibens.
brechen gleichsam betrogen. scheinlich meinte Ude, eine deutliche Umgekehrt wäre es eine doppelte
Der geplante Terroranschlag auf das Auseinandersetzung mit der Propaganda Stabilisierung, wenn die CSU der Nazi-
entstehende Zentrum sollte mit einem des Vertreters der REP würde dem szene dieses Zentrum ersparte, aus der
Schlag die Situation umdrehen, ein- Ansehen der Stadt weltweit schaden und Sicht der Nazis würde das eine Bündnis-
hämmern, dass die Bereitschaft zu Ge- die jüdische Gemeinde nur belasten. perspektive aufmachen.
walt und Verbrechen die Öffentlichkeit Und jetzt? So ziemlich ein Jahr lang Der Kampf gegen den Antisemitismus
bestimmt, die Meinung macht, das Ver- hat die rechte Kampagne gegen das jü- wird auch vom offiziellen Deutschland
halten der Massen steuert. Zwar konnte dische Zentrum gewuchert. Die Nazis anerkannt. Anders geht es dem aktiven
dieses Verbrechen nicht vollendet fühlten sich in Folge der Nichtbeachtung Antifaschismus. Jeder Versuch, die Aus-
werden. Aber der Plan, mit dem es ver- einfach bloß sicher und gingen weiter. einandersetzung mit der faschistischen
bunden war, funktioniert bis zu einem Eine kleine Meldung im Lokalteil der Politik und Kultu zu institutionalisieren,
gewissen Grad trotzdem. Süddeutschen Zeitung vom 16.9.03: Die stößt auf erhebliche Widerstände im kon-
Die Nazis in der BRD haben Er- REP erwägen, ihren Repräsentanten im servativen Lager. Der Grund dafür ist,
fahrung im Zusammenspiel mit der Stadtrat auszuschließen, man wirft ihm – dass jede derartige Anstrengung auf dem
politischen Macht. So starteten sie gut begründbar – allzuwenig Distanz zu Tatbestand der Kollaboration von Kon-
Brand- und Mordkampagnen, um Zu- den Nazis vor. servatismus stößt. So fühlt sich die kon-
wanderung zu stoppen und Migranten- Das zeigt, dass eine breite öffentliche servative Staatspartei durch Faschismus-
familien zu vertreiben. Sie erreichten da- Diskussion der Sachverhalte, die jetzt kritik regelmäßig angegriffen und das
mit eine staatliche Gesetzgebung, die die freilich unvermeidlich ist, sich auf den nie völlig zu Unrecht.
Flüchtlingsströme umlenkte. Und sie Zusammenhalt der Rechten negativ aus- Diese Konstellation begreifen die
erreichten wohl auch, dass die Welt- wirkt. Nazis als Chance. Konfrontiert mit der

2 : antifaschistische nachrichten 20-2003


München sollte wieder
„Hauptstadt der Bewe-
gung“ werden
Aus Stellungnahmen der Grünen – rosa
Liste vom 11. und 14.09.03
Zu der Aufdeckung des geplanten
Bombenanschlags auf die Grund-
steinlegung für das Jüdische Zentrum am
9. November in München erklärt Siegfried
Benker, Vorsitzender der Stadtratsfraktion
Die Grünen – rosa liste:„Die Regie hätte
perfider nicht sein können: Exakt am
Jahrestag der Reichspogromnacht sollte in
München wieder ein Jüdisches Zentrum
getroffen werden. Exakt 65 Jahre nach
Ausrufung der Reichspogromnacht durch
Goebbels im Saal des Alten Rathauses
wollten die Rechtsextremisten ein Fanal
setzen. Dies zeigt: Die neuen Nazis sind
die alten: Sie sehen sich in der direkten
Tradition der Nationalsozialisten. Ihre
Feinde sind Juden, AusländerInnen und
alle Andersdenkenden.
Mit besonderer Sorge muss es die
Münchnerinnen und Münchner erfüllen,
dass mit Johann Weinfurtner ein Vertreter
rechtsextremer Ideologien im Stadtrat ver-
treten ist und in der Sammlungsbewegung
„Demokratie direkt“ offen für einen
Schulterschluss aller rechtsextremen
Kreise wirbt. Nach den Grünen vor-
liegenden Informationen ist Martin Wiese,
aktuellen Entwicklung der Nazi- jüdisches Leben nicht nur schlecht und einer der verhafteten Neonazis, schon als
Gruppen und ihres Umfeldes stehen die recht, sondern als Bereicherung in der Saalschutz bei einer Veranstaltung der
bayerischen Konservativen vor der für Öffentlichkeit der Bundesrepublik an- rechtsextremen Sammlungsbewegung
sie schwierigen Entscheidung, einer per- kommt und dazu gehört auch der re- „Demokratie direkt“ aufgetreten, an denen
manenten, an symbolträchtiger Stelle präsentative, ungefährdete Ort und die auch Stadtrat Weinfurtner als Redner teil-
öffentlichkeitswirksamen, antifaschisti- offensive Verteidigung gegen genommen hat.
schen Aufklärung Zustimmung, Raum Diffamierung und Angriffe. Hoffentlich Der Übergang von legalen Aktionen hin
und Mittel zu gewähren, wohl wissend, folgt der Stadtrat den in diese Richtung zu terroristischen Handlungen ist of-
dass diese Kritik unvermeidlich auf zielenden Anträgen der Grünen. fensichtlich fließend: Wiese war auch An-
wunde Punkte ihres Staats- und Gesell- Ähnliches gilt für die Errichtung des melder der Demonstrationen gegen die
schaftsverständnisses deutet. NS-Dokumentationszentrums, inmitten Wehrmachtsausstellung am 12.10.2002
■ Jüdisches Leben als Bereicherung der alten Baudenkmale, unübersehbar, und 30.11.2002. Damals haben sich
begreifen gut ausgestattet und aktiv wird es den tausende MünchnerInnen den Neonazis in
Mythos der „Hauptstadt der Bewegung“ den Weg gestellt. Die Vorbereitung des
Der jetzt aufgeflogene Mord-Plan wird entzaubern. Wird die Staatsregierung Bombenanschlages zeigt: Das war richtig!
sich erst dann gegen die Nazis kehren ihren latenten Widerstand gegen die Er- Jetzt gilt es Solidarität zu zeigen und die
lassen, wenn sie in Punkten, die ihnen richtung eines NS-Dokumentationszen- Ausgrenzung der Juden und anderer Min-
wichtig sind, durch unübersehbare trums an bezugsreicher Stelle jetzt end- derheiten in München zu verhindern. Die
Tatsachen belegte Rückschläge lich aufgeben? Grundsteinlegung am 9.11. muss jetzt um
erfahren. Das wird der Fall sein, wenn Martin Fochler ■ so mehr ein Signal der Verbundenheit der
Münchner mit der Jüdischen Gemeinde
und zu einem Zeichen einer solidarischen
REP auch diesmal nicht im bayerischen Landtag Stadtgemeinschaft werden.“
Stimmenverluste mussten die REP bei den bayerischen Landtagswahlen am 21.9. Die Stadtratsfraktion Die Grünen – rosa
in Kauf nehmen, allerdings nicht ganz so viele wie in manch anderem Bundes- liste will den Sprengstofffund bei
land und immerhin erreichte man noch fast das Ergebnis der FDP: 2,3 % bei den Münchner Neonazis zum Thema im Stadt-
Erststimmen (120512) gegenüber 3,7 % 1998 und 2,2 % bei den Gesamtstimmen rat machen. Fraktionschef Siegfried
(229283) gegenüber 3,6 % 1998. „Die Republikaner wollen bei Benker hat beantragt, dem Stadtrat die
der Landtagswahl eine drohende Zwei-Drittel-Mehrheit der Erkenntnisse zu der Tat und den Be-
CSU verhindern und Stoibers absolute Mehrheit knacken. schuldigten darzulegen. Benker verlangt
Macht braucht Kontrolle, es wäre verhängnisvoll, wenn die auch eine Neueinschätzung der rechts-
Schwarzen jetzt auch noch die Verfassung ohne Mitwirkung der extremistischen Bedrohungslage und
Opposition ändern könnten.“ – hatte es vollmundig in Verlaut- fordert, dass diesmal – anders als beim
barungen der Partei und ihres Landesvorsitzenden und Spitzen- Oktoberfestanschlag von 1980 – das ge-
kandidaten Gärtner geheißen. Auf Plakaten und Flyern wurde samte rechtsextreme Netzwerk im Hinter-
auch wieder massiv gegen Ausländer gehetzt. ■ grund durchleuchtet wird.
www.gruene-muenchen-stadtrat.de ■

: antifaschistische nachrichten 20-2003 3


: meldungen, aktionen
ein weiteres Mal erschreckend klar, wa-
rum es im Raum Senden eines ver-
mehrten antifaschistischen Engagements
bedarf.
Kwasniewski verteidigt Tschechoslowakei, erfolgten in Er- Antifaschistische Aktion Ulm/Neu-
Potsdamer Abkommen füllung der Beschlüsse der Vier Mächte.“ Ulm c/o VzF, Postfach 4246, 89032 Ulm
Polen. Die Auseinandersetzung um das „Ich wäre heute sehr vorsichtig“, so der Fax 0049 (0)731 64171, afa-
„Zentrum gegen Vertreibungen“ spitzt polnische Staatspräsident weiter, „mich ulm@antifa.net, http://ulm.antifa.net ■
sich zu. Nach heftigen Angriffen auf die auf eine Diskussion darüber einzulassen,
Siegermächte des Zweiten Weltkriegs ob diese Maßnahmen rechtmäßig waren. „Tag des offenen Denkmals
und das Potsdamer Abkommen, die Das bedeutet, die Büchse der Pandora zu
Bundespräsident Johannes Rau beim öffnen. Denn waren angesichts dessen in Nürnberg“ – Befremdliche
Berliner „Tag der Heimat“ des Bundes andere Entscheidungen der Sieger- Kooperationspartner
der Vertriebenen geäußert hatte, hat der mächte bezüglich des besiegten Deutsch- Nürnberg. Mit einem offenen Brief hat
polnische Staatspräsident Alexander lands rechtmäßig? Sind die Nachkriegs- sich das antifaschistische Dokumen-
Kwasniewski in einem Artikel in der grenzen in Europa rechtlich begründet? tations- und Informationsprojekt in
traditionsreichen polnischen Tages- Ich möchte nicht übertreiben, aber es Nürnberrg an die Fraktionen im Rat der
zeitung Rzeczpospolita Stellung zu muss daran erinnert werden, womit die Stadt gewandt und protestiert gegen die
revisionistischen Bestrebungen aus Schwierigkeiten auf unserem Kontinent im Zusammenhang mit dem Tag des
Deutschland bezogen. begonnen haben, die letztlich zum Aus- Denkmals geplante Rundfahrt zur Nürn-
In ungewöhnlich deutlichen Worten bruch des Zweiten Weltkrieges führten: berger Militärgeschichte. Wir dokumen-
wendet sich der polnische Staatsprä- Mit der Untergrabung des Versailler Ver- tieren den Brief:
sident gegen die Pläne des Bundes der trages.“ Jörg Kronauer ■ „Sehr geehrte Damen und Herren, am
Vertriebenen, ein „Zentrum gegen Ver- 14. September findet der „Tag des of-
treibungen“ in Berlin zu errichten; er Republikaner melden sich fenen Denkmals“ statt. Die Stadt Nürn-
weist in seinem am 15. September ver- berg wirbt auf ihren Plakaten für eine
öffentlichten Artikel zugleich alle Ver- „zurück“ „Fahrradrundfahrt zu wichtigen Stationen
suche zurück, Teile des Potsdamer Ab- Stuttgart. In ihrem 4. Stuttgarter der Nürnberger Militärgeschichte“.
kommens zum „Unrecht“ zu erklären. Rundbrief melden die Republikaner sich Organisiert wird diese von Michael
An solchen Versuchen hatte sich der unter Führung des neuen Landesvor- Kaiser – seines Zeichen Fraktions-
deutsche Bundespräsident in seiner Rede sitzenden Ulrich Deuschle auf der geschäftsführer der Nürnberger CSU-
zum Berliner „Tag der Heimat“ neun „politischen Bühne“ zurück. Stadtratsfraktion und Vorsitzender des in
Tage zuvor beteiligt. Die „Konferenzteil- „Die positive Entwicklung im Landes- Nürnberg ansässigen Garnisonmuseums.
nehmer von Teheran, Jalta und Potsdam“ verband hat sich auch auf die Arbeit der Es stimmt – hoffentlich nicht nur uns –
hätten eine Politik verfolgt, die „die Gemeinderatsgruppe im Stuttgarter Rat- befremdlich, dass die Stadt Nürnberg mit
Deutschen (...) entrechtete“, so Rau; das haus vorteilhaft ausgewirkt und neue jemanden zusammenarbeitet, der offen-
deutsche Staatsoberhaupt hatte hin- Perspektiven eröffnet. Wir Republikaner kundig keine Probleme in der Koope-
zugefügt: „Hitlers verbrecherische sehen uns hier im Gemeinderat in vielen ration mit Rechtsextremisten sieht.
Politik entlastet niemanden, der furcht- Punkten bestätigt. Dies gilt vor allem in Im März 1998 leitete die Überschrift
bares Unrecht mit furchtbarem Unrecht Fragen der sozialen und finanziellen „Braune Kameraden. Ein Bundeswehr-
beantwortet hat.“ Dauerlasten der Einwanderung und in Professor, ein Ex-General und ein CSU-
Alle Versuche, die Umsiedlung der der Frage der krisenhaften Haushalts- Politiker redeten vor Neonazis und
Deutschen zum „Unrecht“ zu erklären, situation der Stadt“, so das Blatt. rechtsextremen Burschenschaftlern in
wie sie gegenwärtig vor allem durch das Die REP-Anträge im Gemeinderat Dresden“ einen Bericht im Nach-
„Zentrum gegen Vertreibungen“ voran- sind jedenfalls alter Mist: Die Moschee richtenmagazin „Stern“ ein. Anlass war
getrieben werden, verurteilt der pol- im Stuttgarter Norden wird immer noch eine Tagung, ein sog. Winterkolleg, der
nische Staatspräsident aufs Schärfste. abgelehnt, grundsätzlich und überall in rechtsextremen Akademische Ferialver-
„Das Auseinanderreißen der historischen Stuttgart. Zur Haushaltskonsolidierung bindung Rugia Karlsbad (AFV! RUGIA)
Zusammenhänge von Ursache und schla-gen sie die Überprüfung von Stutt- in Dresden. Mehrere Referenten aus dem
Wirkung zwischen der aggressiven gart 21 und Fildermesse vor. konservativen und rechtsextremen Spek-
Politik des deutschen Nazismus und den Es bleibt zu hoffen, dass ihre Werbung trum sollten ihre Ansichten über die zu
Aussiedlungen (...) legt zwangsläufig zur Wahlkampfunterstützung für die Ge- dem Zeitpunkt dort gastierende sog.
den Verdacht nahe, dass wir es mit dem meinderatswahl 2004 von nicht allzu Wehrmachtsausstellung zum Besten
Versuch zu tun haben, die historische Be- vielen Menschen erhört wird. unb ■ geben. Einer der Referenten war - Herr
wertung der deutschen Aggression Michael Kaiser. In seinem Vortrag be-
gegenüber anderen (...) zu revidieren“, Chronologie neofaschisti- richtete er über seine „Taten“ als
so Kwasniewski. Polen könne es al- Sanitätsoffizier in Ruanda: „Da habe ich
lerdings „nicht gleichgültig sein, wie scher Aktivitäten im Raum Latrinen gebaut. Dabei ist mit ein Fehler
unsere Nachbarn die Geschichte be- Senden unterlaufen. Denn einige schwarze
werten, die wie ein Trauma auf dem Die Antifaschistische Aktion Ulm/Neu- Kinder sind da reingefallen und in der
Schicksal unseres Volkes und ganz Ulm hat eine Chronologie neofaschi- Scheiße ertrunken“. Abgerundet hat
Europas lastete“. stischer Aktivitäten im Raum Senden Kaiser seinen Vortrag damit, dass er das
Kwasniewski begründet in seinem von 1990 bis 2003 erstellt. Siehe: ,Winterkolleg‘ und damit ein für die
höchst bemerkenswerten Artikel http://www.ulm.antifa.net/20092003_ bundesdeutsche rechtsextreme Szene
( h t t p : / / w w w. d w - w o r l d . d e / g e r m a n chronologie.html nicht unbedeutendes Treffen für das
/0,3367,2990_A_972500_1_A,00.html) oder über die homepage folgende Jahr nach Nürnberg einlud. Zu
ausführlich die Rechtmäßigkeit der www.ulm.antifa.net. den Aktiven der AFV! RUGIA zählten
Umsiedlung und bestätigt: „Die Aussied- Mit der neunseitigen Liste neofaschi- u.a. der Nürnberger NPD-Theoretiker
lungen, vorgenommen durch die Nach- stischer Übergriffe, Brandanschläge und Jürgen Schwab und Hans-Ulrich Kopp,
kriegsregierung Polens und der Veranstaltungen im Raum Senden wird Vorsitzender des NPD-nahen Verein für
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Kultur und Zeitgeschichte – Archiv der Deutschen Stimme Verlags im August in Nazigegner bekommen
Zeit e.V. in Rosenheim und Autor in di- Meerane (Sachsen) fiel die starke Strafbefehle
versen rechtsextremen Theoriepubli-kat- Präsenz der normalerweise vor sich hin
ionen. dümpelnden Deutschen Partei auf. Der München. Polizei rühmt sich der Ver-
Auch das Nürnberger Garnisonmu- große Werbestand im Vorhof des Hotel- hinderung eines rechten Bomben-
seum, Hauptbetätigungsfeld des Herrn komplexes, mit bunten Fahnen auf- anschlags – gleichzeitig müssen sich
Michael Kaiser, diente der Agitation gemacht, widersprach dem Bild von der Antifaschisten vor Gericht verantworten,
gegen die sog. Wehrmachtsausstellung. angeblich verkalkten Kleinstpartei. An- die zu Aktivitäten und Versammlungen
1996 veranstaltete hier die CSU eine Pro- gepriesen wurde vor allem das neue im Herbst 2002 aufgerufen hatten, er-
testversammlung, die gleichzeitig zur Er- Buch des Bundesvorsitzenden Heiner klärt die rote hilfe münchen.
öffnung der Ausstellung in der Nürn- Kappel aus Hessen. Der Rechtsextremist Martin Wiese ist
berger Norishalle stattfand. Hierzu passt Kappel setzt, wie bereits beim Bund führendes Mitglied der freien
auch, dass der Verband Deutscher Sol- freier Bürger, auf die Deutsche Partei als Kameradschaft „Aktionsbüro Süd“ und
daten e.V., deren Vorsitzender Michael nationale Sammlungsbewegung. Dafür hatte unter anderem mit Steffen Hupka
Kaiser ist, sich neben der „Unterstützung spricht auch die Besetzung des neu die Naziaufmärsche am 12.10.02 und
des Garnisonmuseum Nürnberg“ auch gewählten thürin-gischen Landesvor- 30.11.02 gegen die Wehrmachtsaus-
die „Bekämpfung jeder Diffamierung des standes: denn Landesvorsitzender ist stellung angemeldet. Die Aufmärsche
deutschen Soldatentums, Bejahung über- Kurt Hoppe, ehemaliges DVU-Landes- wurden damals durch ein massives
lieferungswürdiger Traditionen sowie vorstandsmitglied und Anhänger der Polizeiaufgebot geschützt. Am 12.10.
Pflege und Schutz des Andenkens der in Republikaner. Der thürin-gische Ver- entschied die Polizei, dass eine gewalt-
Erfüllung ihrer staatsbürgerlichen Pflicht fassungsschutz schreibt über Hoppe: same Durchsetzung des Aufmarsches
Gefallenen und Verstorbenen“ auf die „Hoppe machte bereits in der Ver- gegen tausende MünchnerInnen wohl
Fahne geschrieben hat. gangenheit auf sich aufmerksam, als er politisch nicht opportun war. Nicht zu-
Aktuell widmet sich das Garnisons- für eine basisbezogene Zusammenarbeit letzt nachdem einem jungen
museum der Aufgabe, die „persönlichen rechtsextremistischer Parteien in Antifaschisten bei einem Räumungsver-
Erinnerungen“ der „Teile der Erlebnis- Thüringen eintrat und auch so genannte such das Bein gebrochen wurde. Am
generation“, die als „angehörige der freie nationalistische Kräfte in seine Ar- 30.11. wurde die Route weiträumig
Wehrmacht (Soldaten, Wehrmacht- beit einbeziehen wollte.“ Hoppe kennt durch Polizeieinheiten abgeschirmt, so
beamte, Sonderführer usw. des Heer, der keine Berührungsängste zu Rechtsextre- dass eine Blockade der Naziroute nicht
Marine, der Luftwaffe und der Waffen- misten, wie er z.B. bei einem Neonazi- möglich war. Bei diesen Ereignissen wie
SS) bzw. Angehörige des Wehrmachts- Aufmarsch mit Szenegrößen wie André auch bei den folgenden Nazi-Kund-
gefolges (...) gedient“ haben, zu Kapke und Ralf Wohlleben in Erfurt am gebungen in der Innenstadt wurde of-
dokumentieren. Insbesondere wird sich 23. März 2002 unter Beweis stellte. Am fensichtlich, wer der Polizei ein Dorn im
in diesem Zusammenhang für die Zeit der 8. März dieses Jahres fand im Raum Suhl Auge ist: Sondereinheiten wie das USK,
„Kriegsgefangenschaft bzw. In- unter dem Motto „Wahrheit und Recht Zivilbeamte und etliche Videokameras
ternierung“ interessiert. gegen Lüge und Hetze“ die „Dritte Süd- überwachten und drangsalierten die
Abschließend fordern wir die Stadt West-Thüringer Runde freier Na- NazigegnerInnen, es kam jeweils zu
Nürnberg, in Person des Oberbür- tionalisten“ statt, eine Saalveranstaltung etlichen Festnahmen. Die Nazis hin-
germeisters Maly, dazu auf, künftig von an der zahlreiche Rechtsextremisten teil- gegen trugen am 12.10. unbehelligt ein
gemeinsamen Initiativen mit Personen, nahmen, auch hier gehörte Hoppe, nach Transparent mit der Aufschrift „Na-
die sich nicht nur nicht von Rechtsextre- Angaben der Behörden, zu den tionalsozialismus“ durch Münchens
misten distanzieren, sondern auch bereit Organisatoren. Stellvertretender Landes- Straßen. –
sind, mit diesen zusammenzuarbeiten, vorsitzender der DP in Thüringen ist Für einige Antifaschisten hat ihr
abzusehen... Christian Bärthel, ein ehemaliger NPD- Widerstand gegen die Nazi-
antifaschistisches dokumentations- Anhänger und ehemaliges DVU-Mit- gruppierungen in München (deren
und informationsprojekt glied. Bärthel ist auch Pressesprecher der Gefährlichkeit durch die jüngsten Ereig-
i.A. Carola Wieser ■ DP und soll bei der für den 18. Oktober nisse ja hinreichend belegt ist) nun wei-
email: adip_online@ hot-mail.com , geplanten Demonstration in Erfurt neben tere Folgen. Schon im August fand der
weitere Informationen zu rechten und bekannten Neonazis wie Christian Prozess gegen den Friedensaktivisten
rechtsextremen Worch und Gerd Ittner als Redner auf- und Antifaschisten Günter W. statt, der
Strukturen in treten. Dritter im Bund ist der Beisitzer an einer Umhüllung einer rechten Kund-
Mittelfranken im Landesvorstand der DP, gebung mit einem weißen Transparent
entnehmen Sie Bäckermeister Michael Burkert aus beteiligt war, und damit das Versamm-
bitte der von uns Friedrichroda. Burkert gilt als einer der lungsrecht der Nazis behindert haben
erstellten führenden Köpfe des ehemaligen soll. Weitere Antifaschisten haben nun
Broschüre NSAW, das sich inzwischen „Aktions- Strafbefehle über 1500 Euro wegen des
„Spezialitäten aus büro Thüringen - Koordinierungsstelle „Aufrufes zu Straftaten“ bekommen, da
Mittelfranken“. Sie für den Widerstand in Thüringen“ nennt sie zu einer Blockade der Naziauf-
ist für 4 Euro inkl. und für zahlreiche rechtsextreme Ak- märsche aufgerufen haben sollen.
Versandkosten tivitäten und Aufmärsche steht. Einzelne sollen in Vertretung für die
(gegen Vorkasse) Führender Kopf des Aktionsbüros soll Zivilcourage tausender Menschen be-
zu beziehen über: der Neonazi Marco Polzius sein. Das straft werden. Am 22. September (9 Uhr,
adip, Königswarterstr. 16, 90762 Fürth rechtsextreme Störtebeker-Netz bezeich- Raum A 224 und 10 Uhr ebenfalls A224
net Burkert als „Nationalisten“, der sich Strafjustizzentrum, Nymphenburger Str.
Militante Zugänge an Bürgerprotesten gegen ein geplantes 16) finden zwei Prozesse statt. Ein wei-
Asylbewerberheim in Gotha beteiligt. terer am 16. Oktober, 10 Uhr Raum A
Unter dem Dach der Deutschen Partei Also eine ziemlich einschlägige Truppe, 219. Wir rufen alle dazu auf, dort zu er-
versammeln sich Anhänger der die sich in Thüringen unter dem Dach scheinen und die Solidarität mit den be-
Republikaner bis hin zu Neonazis. Be- der Deutschen Partei da versammelt hat. troffenen Antifaschisten zu zeigen.
reits beim Pressefest des NPD-nahen Andrea Röpke, http://www.bnr.de/aktuell ■ rote hilfe münchen ■

: antifaschistische nachrichten 20-2003 5


Lechleiter-Gedenkfeier Lynchmord an alliierten Soldaten:
Mannheim. Am 15. September, dem 61.
Jahrestag der Hinrichtung der Wider-
standskämpferInnen der Lechleiter-
Mahntafel nach fast 60
gruppe, fand wieder eine von der VVN-
BdA ausgerichtete Gedenkstunde am
Jahren Von Thomas Klaus
Lechleiterdenkmal satt. Die Rede hielt in
diesem Jahr Max Nagel MdL, Vor- BORKUM (Ostfriesland). His- dert werden. Stattdessen wurden sie nach
sitzender der DGB Region Rhein-Neckar. toriker gehen davon aus, dass Augenzeugenberichten durch den Ort
während des Zweiten Weltkrieges im getrieben und dabei sowohl von Soldaten
Gebiet des Deutschen Reiches mehr als als auch von Zivilisten mit Schlägen
300 Lynchmorde an alliierten Fliegern misshandelt.
begangen wurden. Und die Vor dem Rathaus eskalierte die
Wissenschaftler vermuten, dass die Situation: Ein Amerikaner brach zu-
Dunkelziffer hoch ausfällt. sammen und wurde von einem deutschen
Einer der vielen Tatorte in Deutsch- Soldaten erschossen. Am Ortsausgang
land war die ostfriesische Insel Borkum: tötete dieser Deutsche auch die sechs
Nun wurde dort ein Mahnmal zum anderen Gefangenen. Die Wachmann-
Gedenken an sieben Ermordete einge- schaft aus Marineangehörigen blieb un-
weiht – rund 60 Jahre nach dem brutalen tätig. Immerhin: Der Täter wurde an die
Verbrechen. An der Feierstunde wirkten Ostfront strafversetzt, wo er seitdem ver-
unter anderem der niedersächsische Fi- schollen ist.
nanzminister Hartmut Möllring (CDU), Eine Selbstverständlichkeit war diese
der SPD-Bundestagsabgeordnete und Strafversetzung nicht. So gab Martin
Chef des Bundestags- Verteidigungsaus- Bormann, Leiter der Parteikanzlei und
schusses, Reinhold Robbe, sowie der Sekretär des Führers, am 31. Mai 1944 in
US-amerikanische Luftwaffen-Bri- einem Rundschreiben an alle NS-Gau-
gadegeneral Stanley Gorenc mit. Bei und Kreisleiter bekannt, dass bei
dieser Gelegenheit sagte Insel- Lynchjustiz an alliierten Fliegern von
Bürgermeister Cornelius Akkermann: „polizeilicher und strafrechtlicher Ver-
Max Nagel erinnerte an die auch nach „Es stellt sich die Frage, was jeder folgung der dabei beteiligten Personen“
der Zerschlagung der Lechleitergruppe Einzelne und die Gesellschaft tun abzusehen sei. Und am 9. Juli des
noch verhafteten Kommunisten Josef können, um der Gewalt entgegenzutreten gleichen Jahres untersagte Generalfeld-
Rutz und Friedrich Dürr. Rutz wurde im und ein friedliches Zusammenleben der marschall Wilhelm Keitel, Chef des
Oktober 1944 im KZ Sachsenhausen Menschen zu ermöglichen, damit diese Oberkommandos der Wehrmacht und
erschossen, Friedrich Dürr noch im April Kapitel der Vergangenheit sich nie Träger des Goldenen Parteiabzeichens
1945, wenige Tage vor Kriegsende in wiederholen.“ der NSDAP, den deutschen Soldaten,
Dachau ermordet. „Wenige Tage vor Im August 1944 war ein ame- sich gegen die Zivilbevölkerung zu
Kriegsende noch umgebracht – gab es da rikanischer Bomber auf Borkum notge- stellen, wenn diese „gegenüber anglo-
nicht auch einen furchtbaren Marine- landet. Die sieben Besatzungsmitglieder amerikanischen Terrorfliegern zur
richter“, fragte Nagel, „der ebenfalls bei blieben unverletzt und wurden von Selbsthilfe“ greift.
Kriegsende noch Marinesoldaten per Ur- deutschen Marinesoldaten fest- Nach dem Ende des Naziregimes
teil in den Tod schickte, und der in diesen genommen. Der ursprüngliche Befehl wurden neben dem Inselkommandanten
Tagen seinen 90. Geburtstag feiert? Der lautete, die Männer der Luftwaffe am und dem Ortsgruppenleiter der NSDAP
nichts bereut und nichts gelernt hat in all Borkumer Hafen zu übergeben. Doch 13 Zivilisten und Soldaten vor ein US-
den Jahren. Einen solchen Mann darf man dazu kam es nicht mehr: Auf Anordnung Militärgericht gestellt. Es verhängte
nicht auch noch besonders ehren. des Inselkommandanten durften die Ge- hohe Haftstrafen.
Max Nagel kam sodann auf die heutige fangenen nicht mit der Inselbahn beför- Thomas Klaus ■
Bedeutung des Schwurs von Buchenwald
zu sprechen: „Nazis und Neonazis haben
keinen Raum zu erhalten, um ihre wirren Demonstration gegen den Staatsempfang für Filbinger durch
und verbrecherischen Ziele zu verfolgen. diebaden-
Hier nicht – nirgendwo.“ Nagel weiter: württem-
„Ich bin deshalb auch stolz auf die große
Gemeinschaft der Menschen in dieser Re- bergische
gion, die z.B. auch am 1. Mai in den ver- Landes-
gangenen Jahren gezeigt haben, dass regierung
diese Banden in Mannheim nichts zu su-
chen haben und aktiv sich am Widerstand am 16.
gegen die Aufmärsche beteiligt haben. Ich September
hoffe, dass wir auch am nächsten 1. Mai in Ludwigs-
von diesen Horden befreit bleiben, aber
burg.
sie sollen wissen, wenn sie kommen, wir
sind da!“ Das für den 9. November in Rund 200
München geplante und aufgeflogene Menschen
Attentat ist wahrhaft ein Beweis für die nahmen
Dringlichkeit und Aktualität des Kampfes
gegen alte und neue Nazis. daran teil.
tht, Fotos H. Roos und KIM ■

6 : antifaschistische nachrichten 20-2003


Mehrere tausend Menschen Der Stadtteil pro-
haben in Dortmund gegen testiert gegen den
einen Aufmarsch von Neo- Naziaufmarsch
nazis demonstriert. Nach Polizei-
angaben waren rund 4000 Teil-
nehmer zu dem Protestzug auf die
Straße gegangen. Die rund 700
Rechtsextremisten demonstrierten
gegen die Ausstellung «Verbrechen
Dortmund
der Wehrmacht». Größere Zwischen-
fälle gab es laut Polizei nicht. Die
Neonazis waren am Vormittag in der
20.9.2003
Dortmunder Innenstadt aufmar-
schiert. Unerfreulich groß
der Aufmarsch der
Seit dem 18. September 2003 wird in Rechten
Dortmund die Ausstellung „Verbrechen
der Wehrmacht - Dimensionen des Ver- Angesichts der
nichtungskriegs 1941-1944“ gezeigt. gegenwärtigen Stärke
Wie leider üblich haben auch in Dort- und Mobilisierungs-
mund nazistische Gruppen Protestver- fähigkeit der Linken
anstaltungen angekündigt. Die erste fand wurde erreicht, was
am 20. September statt. Unter dem möglich war. Eine
Motto „...für die Helden der Wehrmacht“ Gegendemo trotz des
wurde bundesweit für eine Demons- Verbots durchzusetzen
tration mobilisiert. wäre nicht realistisch
Zwei Bündnisse organisierten Gegen- gewesen. Nicht zuletzt
veranstaltungen. Das offizielle Dort- durch die intensive und
mund in Gestalt von SPD, Grünen, erfolgreiche Mobili-
Jugendring, DGB usw. organisierte eine möglich, die Demo direkt zu begleiten. sierung im Viertel ist es trotzdem ge-
Demo „Dem Hass entgegentreten“ So gab es reichlich Gelegenheit, mit Tril- lungen, eine Menge Menschen gegen die
(http://www.waindo.de/files/Auf- lerpfeifen, Parolen und ausgestreckten Nazis auf die Straße zu bringen und die
ruf%20200903.pdf). Eine Kundgebung Mittelfingern gegen die Nazis zu pro- Nazi-Demo zu stören.
von VVN und Bündnis gegen Rechts testieren. Erst zum Ende hin bemühten Bericht + Fotos indymedia ■
schloss sich dieser Demo an. sich die Polizisten einen größeren Ab- Weitere Informationen unter:
Die Veranstaltungen des linken stand zwischen Nazis und Antifaschisten Bündnis Dortmund gegen Rechts
Bündnis „Wir stellen uns quer“ zu schaffen und weiträumiger ab- http://www.free.de/bgr-do/
(http://mitglied.lycos.de/wirstellenuns- zusperren. Gegen 15 Uhr war die Nazi- Initiativkreis Wehrmachtsaustellung in
quer) – geplant war eine Demo und ein Demo beendet und das Stadtteilfest Dortmund: http://www.waindo.de/
Stadtteilfest – wurden erst für 15 Uhr er- durfte beginnen. VVN NRW: www.nrw.vvn-bda. de
laubt, also zu einem Zeitpunkt, zu dem
die Faschos bereits aus der Stadt sein
würden. Das Bündnis verzichtete des-
halb auf eine eigene Demonstration und
Antikriegstag Hannover 2003
setzte ganz auf die Mobilisierung direkt Aufgerufen zur Gedenkfeier zum Antikriegstag 2003 in Hannover hatte der
in dem Viertel, durch das die Nazi-Demo DGB, mehrere Einzelgewerkschaften und die VVN-BdA. Hauptredner war
laufen würde. Die Stadtteilarbeit hat sich Manfred Böttcher vom Bezirksvorstand verdi. Seine Rede zeichnete sich da-
bezahlt gemacht – in vielen Fenstern sah durch aus, dass er nicht nur Bush und Blair wegen ihrer Kriegspolitik angriff,
man Plakate gegen den Nazi-Aufmarsch, sondern gerade auch deutsche Politiker namentlich als „Kriegstreiber“ benannte:
auf die Straßen waren mit Kreide Parolen Angefangen von Genscher und Kinkel wegen ihrer Balkanpolitik bis hin zu
gegen die Nazis geschrieben und ein Schröder und Fischer. Er griff sie an, indem er ihre Taten benannte – von Jugo-
paar Transparente hingen entlang der slawien bis Afghanistan und Irak. Nach der Rede wurden im Innenhof der
Nazi-Route. Samstag Vormittag sam- Ägidienkirche, wo die Gedenkfeier stattfand, vom DGB und der VVN Kränze
melten sich immer mehr Menschen im niedergelegt.
Viertel und erwarteten die Nazi-Demo. Das linke Bild zeigt bei der Kranzniederlegung v.l.n.r.: ein VVN-Mitglied, Gerd
Im Unterschied zu vorherigen Demons- Bornemann (Landessprecher der VVN-BdA), Manfred Böttcher und Fred Schulz
trationen hatte die Polizei das Viertel (Regionsvorsitzender des DBG).- Das rechte Bild zeigt den DGB-Chor, der die
diesmal nicht weiträumig abgesperrt. Gedenkfeier musikalisch begleitete. ron ■
Die Nazi-Demo war unerfreulich
groß. Es waren um die 1000 Faschos, die
da zusammengekommen sind. Schon
bald zeigte sich, dass die Demo nicht
ganz nach Plan ablaufen würde. Zu Be-
ginn der Nazi-Demo gab es eine
Siztblockade auf der Route. Die Polizei
beließ es bei Drohungen, die Blockade
zu räumen, und hat dann lieber die Nazi-
Demo umgeleitet.
Nach diesem Anfangserfolg war es
über einen großen Teil der Nazi-Route

: antifaschistische nachrichten 20-2003 7


Am 26.6.2003 entschied das
oberste deutsche Zivilgericht,
dass Opfer von NS-Verbrechen in
Verfassungsbeschwerde
Griechenland keinen individuell einklag-
baren Anspruch auf Entschädigung zugunsten
haben. Jetzt ist das Bundesverfassungs-
gericht gefragt, dem liegt seit dem 26.
Juni 2003 eine Verfassungsbeschwerde
griechischer NS-Opfer
über den Hamburger Rechtsanwalt geblich hält. Mit dieser Argumentation wären. Die deutschen Truppen übten
Martin Klingner vor. macht sich der BGH die Rechtsaus- hier quasi polizeiliche Funktionen aus.
Bereits seit 1995 kämpfen Argyris legung des NS-Staates zu eigen. „Will Einen völkerrechtlichen Grundsatz, dass
Sfountouris und seine Schwestern der BGH“, so fragt der Hamburger Ar- ein Besatzungsverbrechen nicht
Chryssoula Tzatha, Astero Liaskou und beitskreis Distomo, „den Opfern der NS- individuell zu entschädigen ist, gibt es
Kondylia Sfountouri vor deutschen Ge- Verbrechen wirklich entgegen halten, sie nicht.
richten um Entschädigung. Ihre Eltern könnten leider keine Entschädigung be- Normalerweise benötigt das Bundes-
wurden am 10. Juni 1944 in der grie- anspruchen, weil die Täter von damals verfassungsgericht zur Vorentscheidung,
chischen Ortschaft Distomo von An- zu einer Entschädigung nicht bereit also ob die Klage zur Verhandlung zu-
gehörigen der Waffen-SS ermordet. Das gewesen wären?“ gelassen oder aber abgewiesen wird,
grausame Massaker forderte 218 Unbestritten ist, dass das gesamte etwa ein halbes Jahr. Bis zum Kammer-
Menschenleben – insgesamt fielen Handeln des Deutschen Reichs gegen- spruch gehen anschließend noch einmal
70.000 griechische Zivilisten dem über Griechenland und der griechischen mindestens zwei Jahre ins Land. Die
Deutschen Besatzungsregime zum Opfer. Bevölkerung während des zweiten Welt- Kläger und alle Betroffenen aber sind für
In der Vergangenheit lehnte die kriegs völkerrechtswidrig war. Der BGH ein solches Aussitzen der juristischen In-
Bundesregierung jede Form von Ent- meint allerdings, Entschädigungs- stanzen durch die Bundesregierung zu
schädigungsleistungen ab, selbst als der ansprüche für derartige Verbrechen alt. Neben der juristischen Auseinander-
griechische Areopag im April 2000 letzt- könnten nur zwischenstaatlich, also von setzung, so Martin Klingner in einem
instanzlich zugunsten der Überlebenden Griechenland gegenüber der Bundes- Interview mit dem Hamburger Freien
des Massakers von Distomo entschied republik Deutschland, geltend gemacht Senderkombinat, sei öffentlicher Druck
und die Bundesrepublik Deutschland zur werden. Der BGH stellt dabei auf Re- erforderlich. In diesem Sinn sieht der Ar-
Zahlung von Entschädigung in Höhe von geln des Kriegsvölkerrechts ab und igno- beitskreis Distomo seine Aufgabe darin,
ca. 28 Mio. Euro verpflichtete. Bis heute riert den Umstand, dass es sich um Ver- mittels Veranstaltungen und Öffentlich-
haben die Überlebenden – trotz eines brechen im Rahmen der deutschen Be- keitsarbeit auf der politischen Ebene für
rechtskräftigen Urteils – keinen Cent satzung handelte. Doch die Bewohner die Anerkennung und Entschädigung
erhalten. Distomos wurden vorsätzlich ermordet, dieser Opfergruppe zu streiten. Der Ar-
Anders als das griechische Gericht zu einem Zeitpunkt, als der Krieg beitskreis Distomo ist über die Kanzlei
erkennt der BGH den Opfern des Deutschlands gegen Griechenland schon Martin Klingner (Budapester Straße 49,
Massakers von Distomo und deren An- lange beendet war und die Deutschen als 20359 Hamburg, Tel.: 040/4396002,
gehörigen keine Entschädigung zu, da es Besatzer zum Schutz der Fax: 040-439 31 83) zu erreichen.
die Rechtslage des Jahres 1944 für maß- Zivilbevölkerung verpflichtet gewesen Wolfram Siede ■

Neueröffnung der
Gedenkstätte Kola-Fu
200 ehemalige KZ-Häftlinge aus mehreren Ländern trafen sich
am Donnerstag, den 4. September, an der Gedenkstätte des
ehemaligen Konzentrationslagers Fuhlsbüttel (Kola-Fu), um
anlässlich der neuen Dauerausstellung im Torhaus ihrer Kampf-
und Leidensgenossen sowie der Opfern der Gräueltaten der NS-
Zeit zu gedenken. Auch zahlreiche andere Gäste hatten teil an
dieser Begegnung. Dies war für die Prominenz aus dem
Hamburger Rathaus Anlass genug, um diesem Ereignis bei-
zuwohnen.
Die Neueröffnung der KZ-Gedenkstätte Kola-Fu stand auf
der Tagesordnung der Veranstaltung. Aber die kleinen beengten
Räumlichkeiten im Torhaus konnten nicht ansatzweise Platz für
alle Gäste bieten. Daher fand die Gedenkfeier im Freien, auf Der Franzose Jean Le Bris, einst Widerstandskämpfer, er-
dem Vorplatz der Einrichtung statt. innerte als Zeitzeuge an seine Kameraden und seinen Bruder
Zu den Gästen sprachen Barbara Reimann (KPD), die an Antoine, die im Krieg verschollen sind. Le Bris berichtete:
Hamburger Widerstandskämpfer und antifaschistische „Unser Außenlager bestand aus Dutzenden von Arbeits-
Organisationen erinnerte, und Herbert Diercks ( KZ-Gedenk- kolonnen, die zahlreiche Arbeiten an verschiedenen Orten ver-
stätte Neuengamme), der den Kampf der Antifaschisten ehrte. richten mussten. So kam ich dazu, Hamburg zu ,besichtigen‘
Auch Justizsenator Kusch und Kultursenatorin Horáková und verschiedene Stadtteile kennen zu lernen, selbstver-
gingen in ihren Ansprachen auf die Geschichte der Einrichtung ständlich vor den Augen der Bevölkerung. Ich habe mich
ein. hemmungslos über die Bombenangriffe der Alliierten, über die
filigranartigen Ruinen der ausgebombten Stadtteile gefreut, wie

8 : antifaschistische nachrichten 20-2003


Nahezu mühelos überwand unser
Buskonvoi die Steigungen, als er
im vergangenen Monat Hunderte
An den Ufern des Ebro
internationale Gäste in die schroffe Gemeinsam mit Interbrigadisten auf den Spuren der letzten großen Schlacht zur
katalanische Bergwelt hinter der Costa Verteidigung der spanischen Republik vor 65 Jahren
Daurada brachte, durch die sich der spa- Rainer Rupp
nische Schicksalsfluss Ebro einen
mühevollen Weg zum Mittelmeer gebahnt Faschisten trennte. Die Schlacht am Ebro der Fähre überzusetzen, entfalten die
hat. Ziel der Fahrt waren die etwa 120 hatte begonnen. Als sie nach 114 harten, amerikanischen Veteranen ihre mit
Kilometer südwestlich von Barcelona kampferfüllten Tagen und Nächten am 15. reichlich Stickereien verzierte „Abraham
gelegenen Ebro-Orte Miravet, Flix und November 1938 vorbei war, standen Lincoln“-Standarte der XV. Interna-
Corbera, in denen Anfang Juli, 65 Jahre beide Seiten wieder auf ihren Ausgangs- tionalen Brigade, die damals gemeinsam
nach der historischen Schlacht am Ebro, positionen; die Interbrigadisten waren be- mit den vier anderen Interbrigaden die
des damaligen Geschehens gedacht reits in der zweiten Septemberhälfte abge- republikanische Ebro-Armee verstärkt
wurde. Eingeladen dazu hatte neben den zogen worden. Der Ausgang dieser hatten.
drei Gemeinden die „Asociación d’Amics Schlacht besiegelte die Zukunft Spaniens Auch die anderen Delegationen
de les Brigades Internacionals de unter Francos Willkürherrschaft und brechen mit wehenden Fahnen zum
Catalunya“, die katalanische Vereinigung machte zugleich allen Wunschträumen gegenüberliegenden Ufer auf. Da ist die
der Freunde der Internationalen Brigaden. nach Autonomie der katalanischen
Zu den Fahrgästen in den klimatisierten Nationalisten, die auf der Seite der
Bussen gehörten auch rund 30 An- Republik gegen den von Hitler und
gehörige der Internationalen Brigaden, Mussolini unterstützten Putsch-Ge-
die damals auf seiten der Verteidiger der neral Franco gekämpft hatten, ein
Spanischen Republik kämpften; einige Ende.
wenige darunter, die vor genau 65 Jahren Bei unserer Ankunft vor dem
dabei waren, als sie mit Zigtausenden kleinen Städtchen Miravet kann
ihrer Kameraden und Genossen in der man in der gleißenden Mittags-
Gluthitze des spanischen Sommers mit sonne die Mauern der alten Häuser
Sturmgepäck und Gewehr die steilen kaum von den dahinter steil an-
Pässe und Gipfel entlang des Ebro er- steigenden Felswänden
klommen. Vom Feind unbemerkt, hatten unterscheiden. Zwischen uns und
sie ihre Stellungen beziehen können, um der Stadt liegt der Ebro, in dessen
dann in der Nacht zum 25. Juli zwischen Wasser sich die Häuser auf dem
den Städtchen Amposta und Mequinenzo gegenüberliegenden Ufer spiegeln.
auf breiter Front den Fluss zu über- Hoch über den Häusern auf einem
schreiten, der in jenem Sommer die Ver- Fels kann man die Mauerreste einer
teidiger der Republik von den Franco- längst zerfallenen Burg erkennen – spanische Republikaner 1932
vor 65 Jahren Gefechtsstand der XI.
Internationalen Brigade, zu der damals Fahne des „British Battalion“, unter der
auch über das nach den Bombenangriffe die vorwiegend aus deutschsprachigen 2330 Freiwillige gekämpft haben. Es folgt
von 1943 angelegte Massengrab im Ohls- Freiwilligen gebildeten Bataillone „Etgar die Delegation der irischen „Connolly
dorfer Friedhof. Ich empfand einen ab- Andre“, „Hans Beimler“ und „12. Column“, dann die der dänischen „Frivil-
grundtiefen Hass für das Regime und für Februar“ gehörten, während das nicht lige I Spanien“, die gemeinsam mit
die Nazis. ... Ich bin heute überzeugt, dass weniger legendäre Thälmann-Bataillon anderen Skandinaviern als erste weiter
es dieser Hass war, der es mir ermöglichte der XII. Brigade zugeteilt war. nördlich, bei Flix, über den Ebro gingen.
zu überleben. Ich habe mich bemüht, so Trotz ihrer wilden Romantik ist die Re- Auch Franzosen und Italiener sind mit
gut ich konnte, den ,Ethos meines gion von Tourismus weitgehend unbe- ihren historischen Bannern dabei. In der
Menschseins’ im Sinne von Montaigne zu ruehrt. Auf alten Fotos sieht man, wie hier Flussmitte kommt es zu bewegenden
verwirklichen. Der Hass diente mir als im Juli 1938 Soldaten auf eigens er- Szenen, als die Veteranen im Andenken
Krücke, denn Leidenschaften sind weit richteten Behelfsbruecken uebersetzen an ihre gefallenen Genossen behutsam
mächtiger als die zweifelhafte Vernunft, oder eine Abteilung der Interbrigadisten, rote Nelken in den Fluss werfen, die im
die als weniger hilfreich sich erweisen das Gewehr im Anschlag, durch das schnell fließenden Wasser rasch davon-
könnte. ...“ Die Antifaschistin Pierette hüfttiefe Wasser zum Städtchen hinüber- treiben. Auch die Flagge der deutschen
Cuelenaere-Everaert (damals Mitglied der watet. 65 Jahre später bringt uns eine Inter-brigadisten, weht wieder über dem
„Jugendfront für die Freiheit“ – Belgien) hoelzerne Pontonfähre an historischer Ebro. Sie wird getragen von Mitgliedern
beteuerte in ihrer Rede, dass die Stelle auf die andere Seite des Ebro, eine des Vereins der Kämpfer und Freunde der
„Illusionen und die Hoffnung“ sie und Gruppe nach der anderen. Spanischen Republik 1936-1939, der in
ihre Kameraden am Leben erhielt: „Wir „We crossed the river further down“ – der Bundesrepublik das Andenken der
hatten Vertrauen in die Befreiung unserer „Wir überquerten den Fluss weiter Interbrigadisten bewahrt und pflegt;
jeweiligen Länder, in die Beseitigung des unten“, sagt hinter mir jemand in breitem, neben den wenigen noch lebenden
Nazismus und Faschismus und dass amerikanischen Englisch. Zwei rüstige deutschen Freiwilligen haben sich in ihm
wieder Frieden in die Welt einkehrt.“ alte Herren mit vollem, schneeweißem auch Hinterbliebene verstorbener
Ähnlich äußerten sich die weiteren Haar lassen die Erinnerungen wieder Kämpfer sowie Freunde und Sym-
Rednerinnen und Redner. lebendig werden. Sie sind umlagert von pathisanten zusammengefunden.
Die KZ-Gedenkstätte Neuengamme einem beachtlicher Tross aus Kindern, Leider hatte in diesem Jahr keiner der
und die Willi-Bredel-Gesellschaft (Ge- Enkeln und Urenkeln, die alle sehen deutschen Spanienkämpfer die Reise zum
schichtswerkstatt) boten an Büchertischen wollen, wo ihre inzwischen hochbetagten Ebro antreten können; der Interbrigadist
Materialen zur Geschichte der Gedenk- Familienangehörigen für die Freiheit und Ehrenvorsitzende des Internationalen
stätte an. Kamal Salehezadeh ■ Spaniens und gegen den Faschismus Auschwitzkomitees, Kurt Julius Gold-
gekämpft haben. Als es an ihnen ist, mit stein, hatte seine Teilnahme aus fami-

: antifaschistische nachrichten 20-2003 9


liären Gründen im letzten Augenblick ab- der republikanischen Regierung, auf- Thorez, dem Chef der französischen
sagen müssen. Wie Goldstein, der vor den zugeben und ihre Kräfte umzugruppieren. Kommunisten, ausgegangen. Nachdem
Nazis hatte nach Palästina fliehen können, Dennoch wäre es illusorisch gewesen, von auch Stalin zugestimmt hatte, begann die
dann nach Spanien ging, 1939 in Frank- der Ebro-Offensive mehr als eine Ent- Komintern im September 1936 mit der
reich interniert, später an Nazideutschland lastungsoperation zu erwarten, denn dazu Organisation der Internationalen Bri-
ausgeliefert und ins KZ Auschwitz ver- war die republikanische Streitmacht ins- gaden. Das erste Rekrutierungszentrum
schleppt wurde, haben über 5000 deutsch- gesamt nicht mehr stark genug gewesen. wurde in Paris errichtet; im spanischen
sprachige Interbrigadisten in Spanien So bleibt auch heute noch die Frage, wa- Albacete entstand ein Lager zur mi-
gekämpft. Neben den rund 3000 rum die politische Führung der Republik litärischen Ausbildung der Freiwilligen
Deutschen, von denen etwa 1000 in spa- hartnäckig bei ihren Befehlen blieb, aus der ganzen Welt.
nischer Erde begraben werden mussten, keinen Fußbreit der unwirtlichen Berg- Darauf angesprochen, erinnert sich
waren es etwa 1500 Freiwillige aus region preiszugeben, was dazu führte, auch George Sossenko, damals einer der
Österreich und etwa 500 Schweizer, die dass auch die Internationalen Brigaden im jüngsten Spanienkämpfer, seit 40 Jahren
gemeinsam mit Kämpfern aus über 50 viele Wochen dauernden Stellungskrieg in Atlanta/USA lebend, wie an gestern.
Ländern für die Freiheit der spanischen weitgehend aufgerieben wurden. Anders Seine Familie stammte ursprünglich aus
Republik gestritten haben. Selbst aus als bei den Faschisten, deren hohe Ver- St. Petersburg und war, noch vor der Ok-
China waren sie gekommen. luste immer wieder durch deutsche und toberrevolution, nach Paris emigriert.
In Corbera d’Ebre, das während der italienische Militärhilfe kompensiert Dort ging George 1937 zum Rekru-
Schlacht im Spätsommer 1938 fast voll- wurden (Mussolini schickte insgesamt tierungsbüro der Kommunisten. Als die
ständig zerstört worden war und wo noch 110000 Soldaten und gemeinsam mit erfuhren, dass er erst 16 Jahre alt war,
heute die Spuren der Kämpfe unüberseh- Hitler Tausende modernster Kanonen und schickten sie ihn nach Hause. Also ging er
bar sind, ist im Haus der Kommunalver- Panzer), konnte die Republik ihre zu den Sozialisten. Die fragten, ob er eine
waltung ein kleines Museum über den Truppen nicht mehr auffüllen. militärische Ausbildung habe. Als er ver-
Krieg und die „voluntarios de la libertad“, Noch heute wird daher heiß diskutiert, neinte, schickten auch sie ihn weg. Nur
die Freiwilligen der Freiheit, eingerichtet. ob dieser Stellungskrieg, der auf direkte die Anarchisten stellten keine Fragen. Es
An der informativen Fotowand fällt mir Befehle der obersten Führung der genügte, dass er kämpfen wollte. Kurze
auch ein Bild von den „Camaradas Republik zurückging, angesichts der Zeit später befand er sich bereits auf dem
Chinos“ auf, das drei Interbrigadisten gegebenen Kräfteverhältnisse das Resultat Weg über die Pyrenäen.
zeigt: Ling Ching Sin und Chan Chi in von Absicht oder Inkompetenz war. So Diesen Weg gingen auch etwa 15000
Uniform sowie Liu Wa Fon im Arztkittel. hätten maßgebliche bürgerliche Kräfte in Franzosen. Mit einem von ihnen komme
Bei dieser Gelegenheit lerne ich Mr. Len der Regierung die Hoffnung auf ein ich ins Gespräch: Pierre Rene Landrieux
Tsou kennen, einen amerikanischen His- Arrangement mit den Faschisten gehegt, aus der Vendee war 1938 erst im
toriker chinesischer Abstammung, der die um sich so politisch über die Niederlage September an die Ebro-Front gekommen.
Lebensgeschichten der insgesamt elf hinwegretten zu können. Einem solchen „Wir haben zwar den Vormarsch der
chinesischen Spanienkämpfer akribisch Arrangement aber hätten Modesto und Faschisten auf Barcelona aufgehalten,
erforscht und in einem Buch dokumentiert Lister mit ihren Divisionen und den In- aber die Entwicklung nicht mehr ab-
hat, das leider nur in chinesischen ternationalen Brigaden im Weg gestanden. wenden können“, sagt er heute.
Schriftzeichen existiert. In seinem 1972 in Berlin (Ost) An seiner Brust ist neben spanischen
Die Ebro-Offensive ist als die letzte erschienenen Buch „Unser Krieg“ weist und französischen Orden auch einer mit
große Schlacht des Krieges in die Ge- Lister z. B. auf wiederholte Versuche hin, deutscher Schrift zu erkennen: „Für
schichte eingegangen, der wenige Monate seine Verbände zu schwächen und ihn Spaniens Freiheit“. Den habe er 1986,
später zugunsten der Faschisten ent- kaltzustellen. zum 50. Jahrestag der Aufstellung der
schieden war. Am Ebro waren in Auch von den US-amerikanischen Interbrigaden, in Madrid von Kameraden
opferreichen Kämpfen die schlag- Freiwilligen, die unter der Lincoln-Fahne aus der DDR erhalten, erklärt Landrieux
kräftigsten Verbände der Republik – nicht kämpften, ist fast jeder Dritte in Spanien stolz, der als französischer Soldat im
zuletzt die Internationalen Brigaden – von gefallen. Heute leben noch knapp zwanzig Zweiten Weltkrieg in deutsche Kriegs-
einem an Soldaten und Material haushoch von einst 2800 Brigadisten. Doch gefangenschaft geraten war. Für ein Foto
überlegenen Gegner aufgerieben worden. diejenigen, die trotz ihres hohen Alters in zeigt er noch einmal den Gruß der Interb-
Dabei hatte ihre Offensive recht erfolgver- diesem Jahr nach Spanien gekommen rigadisten, die zur Schläfe geführte geball-
sprechend begonnen. Niemand in der waren, stellten unbeeindruckt von den te Faust.
faschistischen Militärführung hatte es für Strapazen der Reise über den Atlantik Als er sich seinerzeit nach Spanien
möglich gehalten, dass die Volksarmee in ihren ungebrochenen Kampfgeist unter meldete, war er bereits 25 Jahre alt.
der Lage sein würde, mit 60000 Mann Beweis. So erklärte etwa der 89 Jahre alte „Damals hatte bei uns die Volksfront
samt schwerem technischen Gerät über Clarence Kailin während einer der gesiegt. Wir lebten im Glück. Da konnten
den Fluss hinweg, über unwegsame Berge Gedenkveranstaltungen „seiner“ US-Re- wir unmöglich tatenlos zusehen, wie die
und Schluchten eine Offensive zu starten. gierung den Krieg. Präsident Bush würde Faschisten unsere spanischen Kameraden
Im Bestand der von den populären spa- stets mit dem Säbel der US-Supermacht abschlachten“, begründet er noch einmal
nischen KP-Funktionären Juan Modesto rasseln, sagte er. Aber es gäbe eine andere nachträglich seinen damaligen Entschluss.
und Enrique Lister befehligten Ebro- Supermacht, welche stark genug sei, Bush Diese Bereitschaft, wie sie in den
Armee waren auch die kampfstarken in- zu widerstehen: „We, the people!“ – „Wir, Jahren 1936 bis 1939 zehntausendfach
ternationalen Freiwilligenverbände einge- das Volk!“ rief er aus und erntete dafür unter Beweis gestellt und gelebt wurde, ist
setzt. Sie hatten das Überraschungs- hundertfach donnernden Beifall. unlängst bei einem Treffen der Lincoln-
moment auf ihrer Seite, und so gelang es Die stärkste Delegation mit den meisten Veteranen in New York als „höchste Form
ihnen bereits in den ersten Tagen, tief in noch lebenden Interbrigadisten kam aus der Solidarität“ bezeichnet worden. Und
die relativ ungeschützte Flanke des Frankreich. Das hatte gute Gründe, die dieses Gefühl des unbedingten
Gegners in Richtung Zaragossa vor- nicht nur mit der unmittelbaren Nach- solidarischen Miteinanders einer ver-
zustossen, wo sich das Hauptquartier der barschaft zu tun hatten. Die Initiative zur schworenen Kampfgemeinschaft ist auch
Franquisten befand. Dadurch sahen sich Gründung einer internationalen Freiwil- sechseinhalb Jahrzehnte später an den
die Faschisten genötigt, ihren eigenen ligenarmee zur Unterstützung der spa- Ufern des Ebro lebendig.
Vorstoß in Richtung Valencia, dem Sitz nischen Republik war von Maurice Rainer Rupp ■

10 : antifaschistische nachrichten 20-2003


NPD-Aufmarsch am 18.10.
2003 in Braunschweig
Die NPD hat für den
18.10.2003 einen Aufmarsch Organisationen etabliert: Im Ausflugs-
durch die Braunschweiger lokal „Lutterspring“ in Königslutter
Innenstadt angemeldet. Der Auf- führte die NPD im März letzten Jahres
marsch steht unter dem Motto ihren Bundesparteitag durch. Nur
„Heimreise statt Einwanderung, denn wenige Monate später fand dort das
deutsche Kinder braucht das Land“ „Pressefest“ der NPD statt, bei dem sich
und ist Teil einer gleichnamigen Kam- über 1.500 Faschisten aus der ganzen
pagne des NPD-Landesverbandes BRD trafen. Zuvor hatte auch schon die
Niedersachsen. DVU die Räumlichkeiten für über-
regionale Versammlungen benutzt. Den
Das Braunschweiger Bündnis gegen gezielten Versuchen der NPD und
Rechts hat für den 18.10.2003 eine anderer Nazis in der Region Braun-
Gegendemonstration angemeldet um den schweig weiter Fuß zu fassen, gilt es
Rechten nicht die Straße zu überlassen rechtzeitig und entschieden entgegen-
und ein deutliches Zeichen gegen jede zutreten. Die Benachteiligung von Menschen
Form von Rassismus und Faschismus zu Wir werden nicht zulassen, dass die ohne deutschen Pass auf dem Arbeits-
setzen. Zu der Demonstration gibt es Nazis mit ihren rassistischen Parolen un- markt und die staatliche Verfolgung und
einen Aufruf, der bereits von mehreren gestört durch die Straßen ziehen können! Abschiebung von Flüchtlingen sind nur
Organisationen und Einzelpersonen Wir rufen alle dazu auf, sich mit ihren zwei Beispiele, die dies deutlich machen.
unterzeichnet wurde. Wer den Aufruf Formen des Protestes an den Aktivitäten Auch Politiker etablierter Parteien
unterstützen möchte, kann sich beim gegen den Nazi-Aufmarsch zu betei- bedienen sich immer wieder rassistischer
Info-Telefon (0174-9063612) oder per ligen! Parolen und reden – ähnlich wie die
Mail (buendnisgegenrechts@web.de) An nahezu jedem Wochenende findet NPD – von einer angeblichen „Über-
melden. heute irgendwo in der BRD - geschützt fremdung“.
Auf der Internetseite www.nazi-auf- von Gesetzen – ein Nazi-Aufmarsch Das Bündnis gegen Rechts ruft alle
marsch-stoppen.de.vu sind ab sofort ak- statt. Auch die rechte Jugendkultur Menschen dazu auf, den Nazis am
tuelle Informationen zum NPD-Auf- boomt weiter. Mit Musik, Konzerten, 18.10.2003 nicht die Straße zu über-
marsch und den Gegenaktivitäten zu Mode und Freizeitangeboten locken lassen. Stellen wir uns ihnen gemeinsam
finden. Dort gibt es den Aufruf mit den rechte Gruppierungen Kinder und entgegen und demonstrieren wir gegen
aktuellen Unterstützer/innen auch als Jugendliche. Tausende von Menschen jede Form von Faschismus, Rassismus
PDF-Datei, die ausgedruckt, kopiert und müssen mit der täglichen Angst leben, und Sexismus!
weitergegeben werden kann. Wenn ihr Opfer rassistischer Anschläge zu UnterstützerInnen des Aufrufes:
eine Internetseite habt, setzt doch bitte werden. Über hundert Menschen wurden Antifaschistisches Plenum Braunschweig, Ar-
auch einen Link auf die Sonderseite (wer in den letzten Jahren von Nazis er- beitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen in der
SPD (AfA) Braunschweig, Bündnis90/Die
möchte kann dazu einen der Grafik- mordet. Grünen KV Braunschweig, Bündnis90/Die
Banner benutzen, die wir auf der Auch in dieser Stadt und in dieser Re- Grünen Ratsfraktion, Deutscher Freidenkerver-
Sonderseite unter dem Menüpunkt gion kommt es immer wieder zu Be- band Braunschweig, DKP Braunschweig,
„Banner“ bereitstellen). schimpfungen, Bedrohungen, Angriffen FrauenLesbengruppe kahira, FrauenLesben-
gruppe Zami, Grüne Jugend Region Braun-
und Anschlägen. schweig, Hans-Georg Hartwig - Landesvor-
Aufruf des Bündnis gegen Rechts: Nur zwei Beispiele: sitzender PDS Niedersachsen, Interkulturelles
● Im November letzten Jahres ver- Forum (DIDF), IPPNW - Ärzte in sozialer Ver-
Kein Nazi-Aufmarsch in antwortung Regionalgruppe Braunschweig,
übten Nazis einen Brandanschlag auf
Braunschweig! und auch Jugend Antifa Aktion (JAA) Braunschweig,
eine Moschee in Wolfenbüttel. Durch Jusos Bezirk Braunschweig, Jusos UB Braun-
nicht anderswo Zufall wurde der Brand so schnell ent- schweig, Karl-Heinz Schmidt - Sprecher der
Für Samstag, den 18. Oktober 2003, hat deckt, dass die Familie des im Haus PDS Helmstedt, Katholische Ar-
die NPD gemeinsam mit „Freien lebenden Moscheevorstehers mit dem beitnehmerbewegung (KAB) Braunschweig,
Kirchlicher Dienst in der Arbeitswelt der Ev.
Kameradschaften“ einen Nazi-Auf- Schrecken „davonkam“. Einer der Täter Kirche (KDA) Braunschweig, MC Kuhle Wampe
marsch durch Braunschweig war Mitglied der NPD, zwei weitere Braunschweig, PDS KV Helmstedt-
angekündigt. Bereits seit Anfang August hatten Aufnahmeanträge in die Partei ge- Wolfenbüttel, PDS KV Braunschweig, PDS
Basisorganisation Helmstedt, Schülervertretung
wird dafür bundesweit auf einschlägigen stellt. der IGS Franzsches Feld, [‘solid] Wolfenbüttel,
Internetseiten geworben. Der Auf- ● Im April wurden Hakenkreuze und SJ Die Falken Bezirk Braunschweig, SJ Die
marsch, der um 12 Uhr am Bahnhof be- rassistische Parolen an ein Wohnhaus im Falken KV Braunschweig, Udo Sommerfeld -
ginnen soll, steht unter dem rassistischen Braunschweiger Stadtteil Wenden ge- Ratsherr der Stadt Braunschweig (PDS), VVN-
BdA KV Braunschweig
Motto „Heimreise statt Einwanderung, schmiert. Die Nazis wollten mit ihren
denn deutsche Kinder braucht das Land“ Drohungen verhindern, dass in das Haus Wer diesen Aufruf und die Demonstration unter-
stützen möchte, kann sich beim Infotelefon oder
und ist Teil einer gleichnamigen Kam- eine türkische Familie einzieht. per E-mail (buendnisgegenrechts@web.de)
pagne der NPD Niedersachsen. Bereits Es gilt aber nicht nur der NPD und der melden!
am 24. Mai 2003 fand unter dem selben Naziszene entschieden entgegenzutreten, Demonstration - 18.10.2003 - Ort und
Motto ein Aufmarsch der NPD in sondern sich jedem rassistischen und na- Zeit werden noch bekannt gegeben
Hannover statt. tionalistischen Denken zu widersetzen - Info-Telefon: 0174-9063612 - Bündnis
In den letzten Jahren hat sich die Re- egal wo und wie es sich zeigt! Na- gegen Rechts Braunschweig
gion als regelmäßiger Treffpunkt für tionalismus und Rassismus entstehen in c/o Carl-von-Ossietzky-Zentrum
bundesweite Großveranstaltungen der der Mitte der Gesellschaft, auch Gesetze Leopoldstr. 23 - 38100 Braunschweig
Info-Telefon: 0174-9063612, Sonderseite:
NPD und anderer faschistischer und Politik sind vielfach davon geprägt. www.nazi-aufmarsch-stoppen.de.vu
: antifaschistische nachrichten 20-2003 11
: ausländer- und asylpolitik
das Durchbrechen der Isolation der be-
troffenen Flüchtlinge ahndete die Polizei
mit dem Einsatz von Pfefferspray und

Aktionstage in Fürth der Festnahme von insgesamt 6 Per-


sonen. Zum Schutz der TeilnehmerInnen
entschieden sich die OrganisatorInnen
Die Aktionstage gegen das Ab- mente bietet, die bis weit in die Mitte der Demonstration dazu, mit einer
schiebelager Fürth erreichten am unserer Gesellschaft Resonanz finden Spontandemonstration gegen Polizei-
Samstag, 13.9.2003 ihren Höhe- und mit denen sie für die Landtagswahl gewalt geschlossen zum Ort des Aktions-
punkt mit der Demonstration „Open the am kommenden Wochenende auf tagecamps an der Ludwigsbrücke zu-
borders, close the camp!“ 700 Demons- Stimmenfang gehen.“ Auch eine Gruß- rückzukehren.
trantInnen folgten von der Fürther botschaft von einer Demonstration der Das Bündnis für Bewegungsfreiheit
Freiheit zum Abschiebelager in der „sans papiers“ in Zürich erreichte die und offene Grenzen wertet die Aktions-
Hafenstraße dem Weg, den die Flücht- Teilnehmerinnen der Fürther Ver- tage als vollen Erfolg, da es gelungen ist,
linge des Lagers in die Innenstadt anstaltung. Besondere Aufmerksamkeit die menschenverachtende Praxis in (Ab-
nehmen müssen, da sie sich keine Busti- erregte der Aufruf von Dimitri Olenin an schiebe-)Lagern öffentlich zu machen.
ckets leisten können. Sie trugen ihren seine Leidensgenossen des Ab- „Wir freuen uns besonders darüber, dass
Protest gegen die menschenverachtende schiebelagers Fürth, aus dem er im Mai diese Aktionstage die Flüchtlinge und
Praxis der Abschiebelager dorthin, wo 2003 abgeschoben wurde. uns selbst ermutigt haben, Widerstand zu
sie vollzogen wird. Die ca. 300 Flücht- Die TeilnehmerInnen der Demons- leisten gegen rassistische Ausgrenzung
linge unter den DemonstrantInnen betei- tration bezeichnete Feridoun Gilani, ein durch Lager und rassistische
ligten sich trotz Risiken, da viele gegen aus dem Iran geflüchteter Philosophie- Sondergesetze, die Flüchtlinge
die Residenzpflicht verstoßen und ihren professor und Schriftsteller als stigmatisieren“, sagte Markus Schuler
Landkreis verlassen haben, um den „Delegierte aus über 30 Nationen“. Sie von der Karawane für die Rechte der
Flüchtlingen im Abschiebelager Fürth übermittelten in einer Live-Schaltung in Flüchtlinge und MigrantInnen. Die
ihre Solidarität zu zeigen. „Wir stehen ein Flüchtlingslager im Grenzgebiet bundesweite Kampagne gegen Ab-
selbst für unsere Rechte auf, denn zwischen dem Irak und Jordanien den schiebungen, Abschiebehaft und Ab-
„Bewegungsfreiheit wird uns nicht ge- dort internierten Flüchtlingen ihre schiebelager erklärte zum Abschluss der
schenkt, wir müssen sie uns erkämpfen“, Solidarität. In dem Lager werden seit Aktionstage: „Die Action Days in Fürth
erklärte Cornelius Yufanyi von The Kriegsende 2500 überwiegend iranische sind ein wichtiger Schritt auf dem Weg,
Voice Refugee Forum. Kurden im Niemandsland festgehalten, die Zäune und Mauern des Rassismus
Unterstützung erhielten sie von wei- weil die Grenze nach Jordanien für sie einzureißen“.
teren Organisationen wie ATTAC und geschlossen bleibt. Siehe auch: www.ausreisezentren.de ■
dem Fürther Bündnis gegen Rassismus Als die Demonstration das Ab-
und Rechtsextremismus. Dessen schiebelager in der Hafenstraße Chronik einer
Sprecher betonte, dass „die Krimi- erreichte, rissen TeilnehmerInnen, über-
nalisierung von Flüchtlingen, wie sie wältigt von der Widerwärtigkeit des Ab- angekündigten Vertreibung
durch deren Einweisung in die so- schiebelagers in einem spontanen Akt Hamburg. Die Ausländerbehörde
genannten ,Ausreisezentren‘ geschieht, zivilen Ungehorsams den Lagerzaun Hamburg rühmt sich, durch finanzielle
den Rechtsextremen angebliche Argu- nieder. Dieses couragierte Eintreten für „Anreize“ die freiwillige Rückkehr von
Flüchtlingen nach Afghanistan zu för-
Abschiebelager in Fürth: einer Demokratie unwürdig – dern und so die öffentliche Hand von
Sozialhilfekosten zu entlassen. Aber sie
DGB Bayern fordert umgehende Schließung verrät nur die halbe Wahrheit: „För-
München, 11.09.2003. Der DGB Bayern fordert die bayerische Staatsregierung derung der Ausreisebereitschaft“
auf, das Abschiebelager in Fürth umgehend zu schließen. „Es ist einer Demokratie bedeutet in Hamburg zunächst mal
nicht würdig, Menschen, die nichts verbrochen haben, in Lager zu stecken und sie Kettenduldung, Arbeitsverbot, Aus-
durch mehr oder weniger Druck zu nötigen, unser Land „freiwillig“ wieder zu ver- bildungsverbot für Jugendliche, Zwangs-
lassen“, kritisierte die stellvertretende Vorsitzende des bayerischen DGB Heide unterbringung in Massenunterkünften,
Langguth. Sie wies darauf hin, dass die meisten der Asylbewerber/innen, auch die Trennung von Familienangehörigen und
abgewiesenen, triftige Gründe hätten, bei uns Asyl zu beantragen. „Es wird in- die Bedrohung mit Abschiebung. Dass
zwischen gerne vergessen, dass das Asylrecht in unserer Verfassung als Grundrecht mit einer Unterstützung von 800 bis
verankert ist. Auch deshalb verbietet es sich, mit Asylbewerbern umzugehen, als 1000 Euro viele AfghanerInnen freiwil-
gewährten wir ihnen eine besondere Gnade.“ Die Genfer Flüchtlingskonvention, lig zurückkehren werden, ist nicht an-
die die Bundesrepublik Deutschland unterzeichnet hat, erlaubt für abgelehnte zunehmen.
Asylbewerber/innen keine Abschiebung in Länder, in denen ihnen weitere Ver- Nach Auskunft des Auswärtigen
folgung, Folter oder gar der Tod drohen. Amtes hat „die Sicherheitslage sich für
Ungeachtet der humanitären Gründe, die für die Staatsregierung kaum zu zählen afghanische Staatsangehörige weiterhin
scheinen, hat sich auch die Praxis mit dem Abschiebelager in Fürth nicht bewährt. landesweit nicht verbessert, in mancher
Die Pressekonferenz von Innenminister Beckstein hat verdeutlicht, dass ein Hinsicht sogar verschlechtert. ... Gewalt-
krasses Missverhältnis zwischen den eingesetzten personellen, sachlichen und fi- same Auseinandersetzungen dauern in
nanziellen Kapazitäten und dem von der Staatsregierung erwarteten „Erfolg“ be- etlichen Provinzen regional oder lokal
steht: nach einem Jahr Abschiebelager konnten von 110 ausreisepflichtigen abge- fort bzw. können wiederaufleben. Eine
lehnten Asylbewerbern/innen nur 17 tatsächlich zur Ausreise bewegt werden, 45 Rückkehr dorthin ist nicht ohne Risiko
sind aber in die Illegalität abgetaucht. für Leib und Leben möglich.“ (Lagebe-
Statt gefängnisähnlichen Abschiebelagern forderte Langguth, endlich eine richt vom 6.8.03, S. 5).
Kommission für Härtefälle einzurichten und angemessene Rückkehrprojekte zu Die allgemeine humanitäre Lage in
fördern. Kabul ist nach „massiver Überfüllung
Nachfragen: Heide Langguth, DGB Bayern: 089-517 00 200/201 ■ durch Binnenvertriebene katastrophal.“*
Insbesondere Kinder gehören zu einer

12 : antifaschistische nachrichten 20-2003


der verletzlichsten Gruppen. Während
des vergangenen Winters erfroren
mehrere Dutzend Kinder in Flüchtlings-
lagern und Lagern für intern Vertriebene.
Jedes zweite Kind ist unterernährt.
Kinder gehören zu den häufigsten
Minenopfern.
Trotz der offiziellen Abschaffung
frauenfeindlicher Gesetze aus der
Taliban-Zeit „werden Frauen und
Mädchen in Afghanistan heute weiterhin
unterdrückt, diskriminiert, verunglimpft,
schikaniert, belästigt, bedroht, miss-
braucht und gezielt angegriffen.“
Wegen der nach wie vor schwierigen
Sicherheitslage tragen Frauen zum
Schutz vor Vergewaltigung auch nach
dem Machtwechsel die „Burka“ (Aus- Spitze des Umzuges zum Vahrenwalder Fest mit Abdou Karim Sané,
wärtiges Amt, Lagebericht vom einem Clown und Kindern
06.08.2003, S. 20).
Dass die Behörde durch ihre Politik Großes Kulturfest im hannoverschen Stadtteilpark
die öffentliche Hand von Sozialhilfe- Vahrenwald – gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit
kosten entlasten will, ist eine unmora- Hannover. „Hallo Fremder“ war das Motto des Stadtteilfestes Vahrenwald
lische Falschinformation! Ein erheb- am 30.8.03 im Vahrenwalder Park. Dr. Katrin Schuh, Architektin und Karim
licher Teil der Familien aus Afghanistan Abdou Sané vom Freundeskreis Tambacounda, haben dieses Fest kon-
war seit Jahren sozialhilfeunabhängig, zeptionell gestaltet. Im Mittelpunkt des Festes stand der „Tisch der Kulturen“ und das
hat Steuern und Sozialabgaben gezahlt. gemeinsame Picknick aller. Die Musik-Gruppe „1001 Trommler“ empfing den Um-
Sie haben ihren Arbeitsplatz verloren, zug aus dem Stadtteil im Park. Unter dem Motto „andere Länder, andere Sitten“
weil die Behörde ihnen die Aufenthalts- wurden Spiel, Kunst und rituelle Formen aus aller Welt auf dem Tanzplatz gezeigt. Z.
befugnis und die Arbeitserlaubnis B. veranstaltete die Künstlergruppe „Mira e.V.“ – Gemeinschaftsatelier und offene
entzogen hat. Der andere Teil der Künstlergemeinschaft – Mal- und Kunstaktionen mit den Besuchern des Festes. Mit
Familien hätte zum größten Teil nach Musik und Tanz stellten sich die Kulturen dar. Das Fest endete mit dem gemeinsamen
dem Gesetz einen Anspruch auf eine Tanz „trance dance“, in dem alle Menschen sich zu gemeinsamer Bewegung und
Aufenthaltsbefugnis und damit eine Ar- Rhythmus verbinden.
beitserlaubnis gehabt, die ihnen von der Die Vereinigung der Verfolgten des
Behörde vorenthalten wurde. Diese Ver- Naziregimes/Bund der Antifaschisten
treibungspolitik kostet die Stadt ein Ver- (VVN-BdA) beteiligte sich mit vielen
mögen. Der Senat will keine Kosten anderen gewerkschaftlichen-, Stadtteil-
sparen, er scheut im Gegenteil keine gruppen, Schulklassen und Initiativen
Kosten, um das Wahlversprechen größt- am Fest mit Ständen, Ausstellungen
möglicher Flüchtlingsfeindlichkeit ein- und Aktionen. Die VVN/BdA hatte die
zulösen. vom Fanprojekt Hannover 96 aus-
Nach §30 AuslG kann eine Aufent- geliehene Ausstellung „Tatort Stadion:
haltsbefugnis erteilt werden, wenn Rassismus und Diskriminierung im
jemand seit mindestens zwei Jahren Fussball“, die einen Überblick über
nicht abgeschoben werden kann. Viele rassistische und diskriminierende Vor-
der betroffenen Familien leben hier seit fälle seit den 80er Jahren im Hannover-
12 Jahren und mehr. Die Kinder sind hier schen Fußballstadion gibt, aufgestellt.
Abdou Karim Sané (Tambacounda), Dame
geboren, eingeschult und groß Sie wurde von sehr vielen Menschen Diouf und Silvio Schröter, Fussballer von
geworden. Diese Kinder könnten, bei intensiv betrachtet. Dame Diouf und Hannover 96 und Gerd Bornemann (Landes-
einer anderen Politik dieser Stadt, schon Silvio Schröter, Fussballer von sprecher der VVN-BdA Niedersachsen)
die deutsche Staatsangehörigkeit haben. Hannover 96, waren gekommen und
Auch nach der internationalen Definition diskutierten zur Ausstellung und nahmen an der Torwandaktion unter dem Beifall
sind sie eigentlich keine Flüchtlinge. Es vieler junger Fans teil. anr ■
sind von Vertreibung bedrohte Inländer.
Fluchtpunkt, Anne Harms ■ immer in der Information, dass gegen lich kein Unterschied gemacht, ob die
diese Person ein Ermittlungsverfahren Personen das Camp nach Auflösung
Repressionen nach dem mit dem (immer) EXAKT identischen durch die Polizei verlassen hatten oder
Vorwurf, Wortlaut: „Landfriedensbruch, nicht, oder ob sie es nie betreten hatten.
Grenzcamp Verstoß gg. das Versammlungsgesetz Auch Personen, die morgens bei der
Nachdem das diesjährige antirassistische und Gefährliche Körperverletzung am Nazidemo, oder abends bei der Solidemo
Grenzcamp in Köln gewaltsam durch die 09.08.2003 in Köln-Deutz im Bereich erfasst worden waren, erhielten Briefe
Polizei beendet wurde, folgt nun das der Südbrücke im Z. m. dem Grenz- mit exakt demselben Wortlaut. Selbst un-
rechtliche Nachspiel für die Campteil- camp“ eingeleitet wurde. Den Be- abhängige Journalisten wurden Opfer
nehmerInnen. Bundesweit bekamen sehr treffenden wurde eine Frist von zwei der Kriminalisierung. Die camp03soli-
viele TeilnehmerInnen (weit über 100 - Wochen eingeräumt sich hierzu zu Gruppe rät dazu, auf die Aufforderung
nach Schätzungen der camp03soli- äußern und ihre persönlichen Daten an nicht zu reagieren und abzuwarten. Kon-
Gruppe) in den letzten Wochen Post von die Polizei Köln rückzumelden. Beim takt zur camp03soli-Gruppe:
der Kölner Polizei. Diese bestand bisher Versand dieser Briefe wurde offensicht- www.nadir.org/camp03 ■

: antifaschistische nachrichten 20-2003 13


Prozess wegen Residenz- Während der deutsche Staat weiterhin gestellt ist.“ Diese Behauptung ist
pflichtverstoß verhandelte und dabei mit Rumänien schlichtweg falsch. Im Bericht der EU-
immer weitergehende und rechtlich Kommission zur Entwicklung
Worbis. Am Donnerstag den 4.9.03 fand wasserdichte Abkommen schloss, muss- Rumäniens von 2001 heißt es: „Roma
in Worbis der dritte Prozesstermin gegen ten die Roma-Flüchtlinge mit Duldungen haben Probleme beim Zugang zu den
Cornelius Yufanyi wegen Residenz- leben, die alle drei Monate verlängert Schulen, zu medizinischer Betreuung
pflichtverstoß statt. 80 Menschen hatten werden müssen, den Aufenthalt auf das und zur Sozialfürsorge. Die gesell-
sich zu Kundgebung und Prozessbeob- jeweilige Bundesland beschränken und schaftliche Diskriminierung zeigt sich
achtung vor dem Amtsgericht Worbis eine Arbeitsaufnahme nicht gestatten. häufig darin, dass Angehörigen der
eingefunden, 40 passten in den Verhand- Eine Integration war von Anfang an Roma-Minderheit der Zugang zu öffent-
lungssaal. Der Prozess endete mit einer nicht erwünscht. Dies wurde und wird lichen Einrichtungen verwehrt wird.“
Verurteilung zu 15 Tagessätzen a 10 ihnen auf politischer und gesellschaft- Weiter steht in dem Bericht, dass „die
Euro, weil Cornelius eine Einstellung licher Ebene und im alltäglichen Leben Diskriminierung gegenüber den Roma
des Verfahrens ablehnte – Freispruch klar gemacht. Trotzdem haben sich viele nach wie vor weit verbreitet“ ist. „Sie
war seine Forderung. Der Tag endete mit Familien in Deutschland integriert. Sie äußert sich allerdings in einzelnen Vor-
einer lautstarken Demonstration durch kommen trotz der Ablehnung in diesem fällen und ist nicht institutionalisiert.
das kleine Worbis, dort dürften mitt- Land zurecht, viele von ihnen betrachten Menschenrechtsorganisa-tionen haben
lerweile viele Leute das rassistische Deutschland als ihre Heimat. Kinder, die Fälle dokumentiert, in denen einzelne
Sondergesetz kennen. hier geboren worden sind, sprechen Roma oder sogar ganze Roma-Ge-
Göttinger Arbeitskreis zur Unterstüt- meistens kein Rumänisch mehr. meinschaften durch die Polizei
zung von Asylsuchenden e.V. ■ Mit dem letzten Rückübernahmeab- schikaniert wurden.“
kommen, das Es geht den verantwortlichen Stellen
Otto Schily, der also nicht um eine objektive Bewertung
auf Kanthers der Lage der Roma in Rumänien,
Linie weiter- sondern um eine zügige ... Ausweisung
arbeitet, mit dem und Abschiebung der Roma-Flüchtlinge.
rumänischen Das Schicksal der Betroffenen ist dem
Außenminister Gesetzgeber und den Ausführenden völ-
abschloss, ist das lig gleichgültig ...
Schicksal vieler Ein trauriges und erstes Beispiel für
Roma, die aus dieses Vorgehen ist der Fall des 68-jäh-
Rumänien rigen Nicolaie Cirpaci: Herr Cirpaci
kamen, besiegelt. hatte mit seiner Frau die Vormundschaft
Die Zusammen- für zwei Enkelkinder, die regelmäßig
arbeit deutscher unsere Kindertagesstätte besuchen ... In
Ausländer- einer Nacht- und Nebelaktion wurde die
behörden mit gesamte Familie am 5.6.2003 um 6.00
rumänischen Uhr morgens aus den Betten gerissen
Bleiberecht für Roma! Behörden ist effektiviert worden. und festgenommen. Die Großmutter und
Frankfurt. Am 30.8. fand am Frank- Die Ausweisungsmaschinerie läuft. die Kinder wurden erst gegen Mittag
furter Flughafen eine Demonstration Das heißt, dass etwa 90% der Kinder und wieder freigelassen. Nicolaie Cirpaci
gegen Abschiebungen statt. Wir Jugendlichen, die die Kindertagesstätte kam direkt in Abschiebehaft und wurde
dokumentieren die Rede vom Förderver- Schwarolle besuchen, in spätestens zwei noch am gleichen Tag abgeschoben. Herr
ein Roma e.V.: Jahren mit ihren Familien nicht mehr in Cirpaci lebte seit vielen Jahren in
Frankfurt sein werden. In Fällen ge- Deutschland und war aufgrund schwerer
Ich bin Mark Huber vom Förderverein sundheitlich bedingter Reiseunfähigkeit Erkrankungen reiseunfähig, was mehr-
Roma e.V. Frankfurt. Wir sind eine bzw. in der Frage der Behandlung von fach attestiert wurde.
Beratungsstelle für Roma und darüber Krankheiten in Ru-mänien wird mitt- Beispiele für unmenschliche Ent-
hinaus Träger der Kindertagesstätte lerweile davon ausgegangen, dass das scheidungen und Vorgehensweisen
Schaworalle für rumänische Roma- dortige Gesundheitssystem mit dem gegenüber Roma werden in Zukunft zu-
Kinder und Jugendliche. Was ich jetzt hiesigen vergleichbar sei. nehmen. Der politische und adminis-
über den Umgang der deutschen Politik So findet sich in der Ankündigung der trative Wille zeigt schon seit Jahren in
mit diesen Menschen erzählen will, gilt Abschiebung an die Mutter eines 14-jäh- diese Richtung. Schlimmer noch: Die
ähnlich auch für Roma-Flüchtlinge aus rigen geistig behinderten Jungen, der in Verantwortlichen können darauf bauen,
anderen osteuropäischen und südost- Deutschland geboren ist und seinen dass kaum jemand ihnen widerspricht.
europäischen Ländern. Lebensmittelpunkt in Frankfurt hat, fol- Die gesellschaftliche Mehrheit interes-
Deutschland begann Anfang der 90er gende Feststellung: „Nach Auskunft des siert sich im besten Falle nicht für das
Jahre unter dem damaligen Innen- Auswärtigen Amtes besteht in Rumänien Schicksal der Roma-Flüchtlinge, eher
minister Manfred Kanther Verhand- die Möglichkeit einer kostenlosen wird diese mit dem Grundgesetz nicht
lungen mit dem rumänischen Staat über medizinischen Versorgung. Sowohl in vereinbare Politik, sollte sie öffentlich
die Rücknahme rumänischer und der Hauptstadt als auch in den größeren diskutiert werden, auf einen breiten Kon-
ehemals rumänischer (staatenloser) Provinzstädten gibt es Krankenhäuser sens der Mehrheitsgesellschaft trifft.
Flüchtlinge. Viele rumänische Roma und andere medizinische Einrichtungen, Der Förderverein Roma, wie auch
hatten sich nach der reihenweisen Ab- welche Behandlungsmöglichkeiten andere in diesem Bereich engagierte
lehnung ihrer Asylanträge aus dem (auch bei chronischen Krankheiten z.B. Organisationen, fordern ein Ende dieser
rumänischen Staatsverband ausbürgern im Bereich der Inneren Medizin und unmenschlichen Politik und ein
lassen, um eine Abschiebung in das Land Psychiatrie) bieten ... Es ist demnach Bleiberecht für alle Roma in Deutsch-
aus dem sie vor rassistischer und oftmals festzustellen, dass eine Behandlung der land.
lebensbedrohlicher Verfolgung und von Ihrem Sohn geltend gemachten Er- aus Frankfurter Info 19-03
Armut geflohen sind, abzuwenden. krankungen auch in Rumänien sicher- www.foerdervereinroma.de ■

14 : antifaschistische nachrichten 20-2003


Internationaler wissenschaftlicher Aufruf „Zentrum gegen Protest gegen Redner
Vertreibungen“: Latussek

Umdenken dringend erforderlich! Gera. Am Sonntag, den 14. September


fand in Gera eine Veranstaltung des BdV
Mehr als 110 Wissenschaftler/ Klaus Zernack (Berlin), Prof. Gerard Gera zum „Tag der Heimat“ statt. Auf der
innen und Intellektuelle aus Labuda, Prof. Hubert Orlowski und Prof. Veranstaltung redeten der ehem. Vor-
Deutschland, Polen, Tschechien Anna Wolff-Poweska (Poznan/Polen) sitzende des Thüringer BdV und der
und neun weiteren Ländern nehmen in sowie Prof. Jan Maria Piskorski Volksverhetzung beschuldigte Paul
einem Aufruf öffentlich Stellung zum ak- (Szczecin/Polen), doc. Vladimíra Latussek, der SPD-Bundestagsabgeord-
tuellen Streit über ein „Zentrum gegen Dvoráková, Prof. Miroslav Hroch und nete Karsten Schönfeld und der CDU-
Vertreibungen“. Damit mischen sich die Prof. Jirí Musil (Prag/Tschechien), Prof. Bundestagsabgeordnete Bernward Mül-
Fachleute in die hitzige Debatte ein, die Andreas Kappeler (Wien/Österreich), ler. Letztere störte es offensichtlich nicht,
seit Wochen in Deutschland geführt wird Prof. Anton Pelinka (Innsbruck/ mit Latussek gemeinsam aufzutreten.
- und fordern zu einem kompletten Österreich), Prof. Michael Burleigh Die Veranstaltung des BdV fand zum
Umdenken auf. (Virginia/USA), Prof. em. Peter Demetz wiederholten Male in dem renommierten
Die zentrale Forderung der (New Haven/USA), Prof. Georg G. stadteigenen „Kulturzentrum“ Comma
Wissenschaftler/innen lautet: „Statt über Iggers (Buffalo/USA) und Prof. Ronald statt. Das braucht nicht zu verwundern, da
Details eines ‘Zentrums gegen Ver- Smelser (Salt Lake City/USA). dort seit Jahren eine Security („Pollux“
treibungen’ zu debattieren, sollte eine eu- Aber auch der Schriftsteller Peter vorher „Gersche Jungs“, Fascho- Hools
ropäische Aufarbeitung der Ver- Härtling und der bekannte Verlagslektor des ehem. 1. SV Gera) beschäftigt ist,
gangenheit sich auf einen pluralen, Walter H. Pehle sowie die Bürgerrecht- deren Mitarbeiter auch „Blood &
kritischen und aufgeklärten Diskurs lerin und Soziologin Jirina Siklová ge- Honour“- Tattoos tragen (s. www.aag.
gründen.“ Ein „Zentrum gegen Ver- hören zu den Unterstützern der For-de- antifa.net/news_issue.htm#3).
treibungen“ werde der kritischen Auf- rungen, daneben auch der letzte lebende In einem offenen Brief an die Stadtver-
arbeitung der Vergangenheit hingegen Anführer des Warschauer Ghetto-Auf- waltung Gera protestieren das Infobüro
nicht nützen. Stattdessen würden die stands von 1943 Marek Edelman, der Gera u.a. gegen diese Vorkommnisse:
unterschiedlichen Erfahrungen der eu- Historiker und ehemalige polnische „Sehr geehrte Damen und Herren,
ropäischen Nationen in Frage gestellt, Außenminister Prof. Bronislaw Gere- am 14. September fand im stadteigenen
und damit werde die europäische In- mek, der Chefredakteur der Gazeta „Kulturzentrum Comma“ eine Ver-
tegration behindert, heißt es in dem in- Wyborcza Adam Michnik, der Direktor anstaltung des BdV statt. Der Geraer
ternationalen Appell. Die na- der Gedenkstätte Terezín (Theresien- BdV-Kreisverband lud anlässlich des
tionalsozialistische Volkstums- und Ver- stadt) und Vorsitzende der Föderation der „Tages der Heimat“, den der Volksverhet-
nichtungspolitik werde als Ursache von Jüdischen Gemeinden der Tschechischen zung beschuldigten Paul Latussek ein.
Flucht und Vertreibung der Deutschen Republik Jan Munk. Latussek hielt am 9. November 2001 eine
ausgeblendet. Damit drohe die Gefahr Den Volltext des Aufrufes sowie eine Rede in der er von „Lügen über Katyn,
einer Ethnisierung von gesellschaftlichen vollständige Liste der Unterzeichner/ Jedwabne und die Aussagen über die
Konflikten in der Gegenwart, also der innen finden Sie im Internet unter Opfer in Auschwitz“ sprach. Deshalb hat
Umdeutung von politischen und sozialen http://www.vertreibungszentrum.de erst vor kurzem das Oberlandesgericht
Kontroversen in ethnische Konflikte und (deutsch, englisch, tschechisch, pol- Jena das Verfahren gegen Latussek wegen
die Durchsetzung eines völkischen nisch). Dort besteht auch die Möglich- Leugnung des Holocausts eröffnet. Wir
Gesellschafts- und Politikverständnisses. keit, den Appell zu unterstützen. können es nicht nachvollziehen, dass
Unter den Erstunterzeichner/innen solchen Leuten und deren Anhängerschaft
finden sich die Namen prominenter und Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte (OTZ, 16.9.: „Immer wieder von Beifall
international renommierter Wissenschaft- an: Hans Henning Hahn (Tel. 04489- unterbrochen wurden die Ausführungen
ler/innen wie Prof. Micha Brumlik 3406, e-mail: hhhahn@gmx.de) von Paul Latussek...“) im städtischen
(Frankfurt/Main), Prof. Hartmut Samuel Salzborn (Tel. 0641-9728570, Comma ein Forum geboten wird! Dies
Lehmann (Göttingen), Prof. Michael G. e-mail: samuel.salzborn@sowi.uni- gibt umso mehr Anlass zum Nachdenken,
Müller (Halle-Wittenberg), Prof. em. giessen.de). ■ da gemeinnützige Jugendeinrichtungen
wie das ev. Jugendhaus „Shalom“ in Gera
seit langem Bildungsfahrten für Jugend-
liche und junge Erwachsene nach
Der Herausgabekreis und die Redaktion sind zu erreichen über:
GNN-Verlag, Zülpicher Str. 7, 50674 Köln Tel. 0221 / 21 16 58, Fax 0221 / 21 53 73. Auschwitz organisieren und immer Pro-
email: antifanachrichten@netcologne.de, Internet: http://www.antifaschistische-nachrichten.de bleme haben, diese kostengünstig an-
Erscheint bei GNN, Verlagsges. m.b.H., Zülpicher Str. 7, 50674 Köln. V.i.S.d.P.: U. Bach zubieten. Genauso unerträglich ist der
Redaktion: Für Schleswig-Holstein, Hamburg: W. Siede, erreichbar über GNN-Verlag, Neuer Kamp 25, Fakt, das seit mehr als zwei Jahren die
20359 Hamburg, Tel. 040 / 43 18 88 20. Für NRW, Hessen, Rheinland Pfalz, Saarland: U. Bach, Security „Pollux“ (davor als „Gersche
GNN-Verlag Köln. Baden-Württemberg und Bayern über GNN-Süd, Stubaier Str. 2, 70327 Stuttgart,
Tel. 0711 / 62 47 01. Für „Aus der faschistischen Presse“: J. Detjen c/o GNN Köln. Jungs“ bekannt) für den „Saalschutz“ im
Erscheinungsweise: 14-täglich. Bezugspreis: Einzelheft 1,30 Euro. Comma verantwortlich ist. Deren Mit-
Bestellungen sind zu richten an: GNN-Verlag, Zülpicher Str. 7, 50674 Köln. Sonderbestellungen sind arbeiter sind der rechtsextremen Szene
möglich, Wiederverkäufer erhalten 30 % Rabatt. Geras zuzurechnen und kommen über-
Die antifaschistischen Nachrichten beruhen vor allen Dingen auf Mitteilungen von Initiativen. Soweit wiegend aus dem berüchtigten Hooligan-
einzelne Artikel ausdrücklich in ihrer Herkunft gekennzeichnet sind, geben sie nicht unbedingt die Spektrum des ehem. 1. SV Gera!“
Meinung der Redaktion wieder, die nicht alle bei ihr eingehenden Meldungen überprüfen kann. Die Stadt wird aufgefordert keine Ver-
Herausgabekreis der Antifaschistischen Nachrichten: Anarchistische Gruppe/Rätekommunisten (AGR); Annelie
Buntenbach (Bündnis 90/Die Grünen); Rolf Burgard (VVN-BdA); Jörg Detjen (Forum kommunistischer Arbeits-
anstaltungen des BDV in städtischen
gemeinschaften); Martin Dietzsch; Regina Girod (VVN - Bund der Antifaschisten); Dr. Christel Hartinger (Friedenszen- Räumlichkeiten mehr zuzulassen und der
trum e.V., Leipzig); Hartmut-Meyer-Archiv bei der VVN - Bund der Antifaschisten NRW; Ulla Jelpke; Jochen Koeniger Security „Pollux“ zu kündigen.
(Arbeitsgruppe gegen Militarismus und Repression); Marion Bentin, Edith Bergmann, Hannes Nuijen (Mitglieder des
Vorstandes der Arbeitsgemeinschaft gegen Reaktion, Faschismus und Krieg–Förderverein Antifaschistische Nach-
Infobüro Gera | PF 2127 | 07511 Gera
richten); Kreisvereinigung Aachen VVN-BdA; AG Antifaschismus/ Antirassismus in der PDS NRW; Angelo Lucifero infobuero@mail.com |
(Landesleiter hbv in ver.di Thüringen); Kai Metzner (minuskel screen partner); Bernhard Strasdeit; Volkmar Wölk. http://www.infobuero-gera.tk ■

: antifaschistische nachrichten 20-2003 15


: aus der faschistischen presse
sammenrottungen zulassen, sollten sich
diese Worte gerahmt über ihre
Schreibtische hängen.
Franz Schönhuber führt eine flinke
Auf der Suche nach Bundes- Französischen Revolutuion gegen Ende Feder. Manchmal ist sie so flink, das er
genossen des 18. und in den ersten Jahrzehnten des nicht mehr mit dem Rechnen hinterher-
Nation & Europa 9-2003 19. Jahrhunderts an. Interessanter da- kommt: „So gibt es in der früheren DDR
Während das Titelbild der September- gegen seine Idee von der Gegenkraft noch immer Kulturstätten und Straßen,
ausgabe von „Nation & Europa“, das Fi- gegen die „vermorschte spätwestliche die nach Clara Zetkin benannt sind.
nanzminister Hans Eichel beim Leeren Fellachenzivilisation“: „Während sich Dabei wird bewußt verdrängt, daß sich
eines Glases zeigt („Eichels letzter der Westen im Zuge der Aufklärung und Clara Zetkin als wütende Stalinistin
Schluck... Und wir zahlen die Zeche!“ seiner fortschreitenden Amerika- erwiesen hatte...“. Clara Zetkin, enge
titelt die Reaktion) eher auf tagesaktuelle nisierung von jedweder Ordnungsvor- Freundin Rosa Luxemburgs (deren
Heftinhalte schließen lässt, sinniert Karl stellung verabschiedet hat, hält die isla- Anänger von Stalin bekämpft wurden),
Richter über eher Prinzipielles und fragt mische Welt mit gutem Grund daran starb 1933 im sowjetischen Exil im Alter
„Nach dem Bankrott westlicher Werte: fest“. Der Islam, genauer gesagt „ein eu- von knapp 76 Jahren. Wie soll sie eine
Ein europäischer Islam?“. ropäischer Islam“ soll gegen die „west- „wütende Stalinistin“ gewesen sein?
„Der Westen hat ein Problem mit lichen Werte“ helfen: „Und noch etwas tri ■
seiner Moral. Man muß das Thema an- spricht für die islamische Option: die
sprechen, weil man die Zustände, in Tatsache, daß konsequenter Widerstand „Agenten und Irre“?
denen sich die Industriegesellschaften gegen die Amerikanisierung der Welt nur
eingerichtet haben, sonst glatt für normal noch von Moslems kommt“. Für einen Nationalzeitung 39-2003
halten könnte. Sind sie aber nicht. Der Redakteur von N&E ein erstaunlicher Für das Blatt ist klar, rechte Gewalttaten,
säkulare Liberalismus, mit dessen Aus- Gedanke, der mit Sicherheit bei den die sind in der Regel von den Medien nur
wüchsen wir täglich konfrontiert Leser(innen) der Zeitschrift nicht auf aufgebauscht, wurden von einzelnen
werden, ist eine Frucht der Aufklärung. einhellige Zustimmung stoßen dürfte. „Irren“ verübt oder eben von den Ge-
Sie hielt sich viel darauf zugute, den Aber schließlich handelt es sich dabei heimdiensten selber angezettelt, um der
Menschen aus seiner ,Unmündigkeit‘ zu um den Feind des Feindes USA und da- „patriotischen Sache“ zu schaden:
befreien, indem sie die geschichtete, durch um einen potentiellen Ver- „Der jüngste Fall, der Münchner,
religiös grundierte Ordnung des Mittel- bündeten. riecht, nein, er stinkt meilenweit gegen
alters zunächst einer langanhaltenden ra- Ein historisches Vorbild für diese In- den Wind nach Verwicklung von Ge-
tionalistischen Kritik unterzog und sie anspruchnahme muslimischer Hilfe gibt heimdienstagenten und Irren. Kein anti-
dann - in der Französischen Revolution – es natürlich auch: „Krampfhafte In- deutsches und antirechtes Gehirn hätte
gewaltsam beseitigte. Seither hält sich tegrationsversuche wie heute im Zeichen sich ein größeres Verbrechen, keines eine
die abendländische Menschheit für multikulureller Verbissenheit wurden gar abgrundtiefere Gemeinheit gegen das
,emanzipiert‘: zuvörderst von Kirche nicht erst unternommen. Das Gleiche gilt deutsche Volk und das rechte Lager aus-
und Obrigkeit, in weiterer Folge von für die drei moslemischen Divisionen denken können als im Schilde zu führen,
Bindungen und Traditionen jeglicher der Waffen-SS – zwei kroatische und Spiegel und Rau am geschichtsträchtigen
Art. zweihundertfünfzig Jahre Auf- eine albanische – die eigene islamische 9. November in München, einst "Stadt
klärung haben genügt, den Feldgeistliche besaßen... Europa war der Bewegung", am Orte einer im Bau
Emanzipationsprozeß auf die Spitze zu schon immer ein kulturell-religiöser Fli- befindlichen jüdischen Gemeindeein-
treiben. Die westlichen Gesellschaften ckenteppich“. richtung in die Luft zu sprengen. Dass
befinden sich im Zustand weitgehender Roland Wuttke über das Grundgesetz: ein Schurke als Gehilfen dafür Leute aus
Atomisierung“. „...die altbekannten Plattitüden über dem Kreis bierbüchsenschwingender,
Originell ist diese Schuldzuweisung Demokratie, Freiheit und Menschen- absolut hirnloser "Glatzen" rekrutieren
und die damit einhergehende würde – alles schöne und wertvolle Be- kann, mag vielleicht noch angehen. Aber
Orientierung nach rückwärts nicht griffe, die sich gut zur Verpackung dahinter stecken muss, wenn denn eine
gerade. Richter knüpft an die Kritik kon- eignen. Ähnliches findet man im Tat wie die von Medien behauptete
servativer, und vor allem konter- deutschen Grundgesetz“. Die Richter, tatsächlich ausgeheckt worden ist, ein
revolutionärer, Denker an der die immer wieder neofaschistische Zu- verbrecherisches, teuflisch raffiniertes
Gehirn, das der Nation und allen Na-
tionalen ein Maximum an Schaden zu-
BESTELLUNG: Hiermit bestelle ich … Stück pro Ausgabe (Wiederverkäufer erhalten 30 % Rabatt)
zufügen beabsichtigt. Die Reaktionen
O Halbjahres-Abo, 13 Hefte 22 Euro
Erscheinungsweise: auf das Auffliegen der angeblich oder
O Förder-Abo, 13 Hefte 27 Euro 14-täglich tatsächlich ausgeheckten Untat sprechen
O Jahres-Abo, 26 Hefte 44 Euro
für sich: Deutschland, ohnehin auf
O Förder-Abo, 26 Hefte 54 Euro
Kriechspur, soll noch mehr robben,
O Schüler-Abo, 26 Hefte 28 Euro
sühnen, büßen, zahlen. Und gewisse
O Ich möchte Mitglied im Förderverein Antifaschistische Nachrichten werden. Der Verein unterstützt finanziell
und politisch die Herausgabe der Antifaschistischen Nachrichten (Mindestjahresbeitrag 30,- Euro). Etablierte überbieten sich in Haudrauf-
Einzugsermächtigung: Hiermit ermächtige ich den GNN-Verlag widerruflich, den Rechnungsbetrag zu Lasten
Forderungen gegen alle Rechten, um die
meines Kontos abzubuchen. (ansonsten gegen Rechnung) lästige politische Konkurrenz kaputt-
zumachen.“
Name: Adresse: In die gleiche Kerbe haut übrigens
auch Per Lennart Aae auf der Website
Konto-Nr. / BLZ Genaue Bezeichnung des kontoführenden Kreditinstituts der NPD. Nach gescheitertem NPD-Ver-
botsverfahren jage Beckstein jetzt eine
Unterschrift „neue Sau durch’s Dorf“. Mit Hilfe der
Geheimdienste werde zu Mitteln der
GNN-Verlag, Zülpicher Str. 7, 50674 Köln, Tel. 0221 – 21 16 58, Fax 21 53 73, email: gnn-koeln@netcologne.de
Bankverbindung: Postbank Köln, BLZ 370 100 50, Kontonummer 10419507
„Provokation, Gewaltverbrechen und
Verleumdung“ gegriffen. u.b. ■

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