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nachrichten g 3336 31.5.2007 23. jahrg./issn 0945-3946 1,30 ¤
www.antifaschistische-nachrichten.de
Bei dem diesjährigen Treffen der Pfingsttreffen des Kameradenkreises der Gebirgstruppe:
Gebirgsjäger in Mittenwald hielt
der parlamentarische Staatssekre-
tär im Verteidigungsministerium, Chris-
Proteste trotz Demonstrations-
tian Schmidt, Mitglied der CSU und des
„Kameradenkreises der Gebirgsjäger“,
verbot am Hohen Brendten
die zentrale Rede zum fünfzigsten Jubi- schen Polizeitruppen des USK festgenom- etwa tausend Namen von Opfern der Ge-
läum des Kriegsdenkmals bei Mitten- men und in Polizeigewahrsam demütigen- birgsjägermassaker auf Kephallonia, in
wald. Die Bundeswehr hatte 71 Soldaten den Leibesvisitationen unterzogen. Kommeno und Lyngiades verlesen.
zur Teilnahme abgestellt. Die Teilnahme von Christian Schmidt In der Nacht wurden 3 Männer aus Gar-
Unter den mindestens 1500 Feiernden als hochrangiger Vertreter des Verteidi- misch und aus dem Landkreis Landsberg
waren zahlreiche nicht verurteilte gungsministeriums ist ein Affront für
Kriegsverbrecher aus der 1. Gebirgsdivi- die Angehörigen der ermordeten ita-
sion, die die Massaker u.a. in Komeno lienischen Soldaten von Kephallonia.
und Kephallonia zu verantworten haben. Marcella De Negri, Tochter des auf
Anwesend war auch Josef Scheungra- Kephallonia ermordeten Hauptmanns
ber, der in Italien wegen 14-fachen Mor- Cap. Francesco De Negri, zeigte sich
des in Falzano zu lebenslanger Haft ver- auf der Gegenkundgebung am Sams-
urteilt wurde. Scheungraber ist als Be- tag entsetzt über die Teilnahme der
fehlshaber für die grausame Ermordung Bundeswehr an der Veranstaltung der
von 14 Menschen im Juni 1944 in dem Mörder ihres Vaters. Sie setzte sich
toskanischen Dorf Falzano bei Arezzo erneut für die Eröffnung eines Straf-
verantwortlich. Das italienische Militär- verfahrens gegen Otmar Mühlhauser
gericht in La Spezia hat ihn Ende Sep- in München ein.
tember 2006 in Abwesenheit zu lebens- Die Bundeswehr hatte im Vorfeld
langer Haft verurteilt. Seine Einheit hatte eine Gedenkkundgebung an die Op-
als „Vergeltung“ gegen Partisanenangrif- fer des Nationalsozialismus verhin-
fe 15 Zivilisten in ein Bauerhaus gesperrt dert. Der Arbeitskreis Distomo war
und es gesprengt. Alle im Haus bis auf daher bis vor das Bundesverfassungs-
einen 15-jährigen Jungen starben. gericht gezogen. Lars Reissmann
Ebenfalls bei der Feier am Hohen vom AK Distomo kritisierte, das
Brendten waren Veteranen der faschisti- BVerfG habe sich mit dem Versamm-
schen Mussolini-Division Monterosa lungsrecht bewusst nicht auseinan-
und die „Ordensgemeinschaft der Ritter- dergesetzt, um die Gedenkkundge-
kreuzträger“. bung auf ein Parkplatzproblem zu re-
Während des Feldgottesdienstes ent- duzieren und zu Gunsten des „Kamera- von der Polizei festgenommen. Eine schar-
rollten AntifaschistInnen Transparente denkreises“ zu entscheiden. Das sei ein fe Waffe, Kal. 7,65 und zwei Schießkugel-
u.a. mit der Aufschrift: „Keine Ruhe für Schlag ins Gesicht der NS-Opfer. schreiber und mehrere Messer wurden si-
NS-Täter“ und riefen Parolen gegen das Am Freitag wurde in Ottobrunn und chergestellt. Die drei Personen gaben an,
militaristische Treiben. Die Antifaschis- Dillingen, den Wohnorten von Josef so der Polizeibericht, sie hätten sich ent-
tInnen wurden rabiat von den bayeri- Scheungraber und Otto Mühlhauser, ge- schlossen, das Ehrenmal zu schützen.
gen Straflosigkeit dieser beiden Kriegsver- Am Sonntag prägte wieder der Protest
brecher demonstriert. gegen den reaktionären Mummenschanz
Am Pfingstsamstag hatte der AK An- auf dem Hohen Brendten den Garnison-
greifbare Traditionspflege und die VVN und Touristenstandort Mittenwald. An der
eine Veranstaltung mit Marcella und Enzo abschließenden Demonstration beteiligten
De Negri und Paola Fioretti, die Kinder sich 350 Menschen. Ausrufe am Rande
von auf Kephallonia durch Gebirgstruppen der Demonstration hatten wie in den Vor-
ermordeten italienischen Soldaten, mit jahren diffamierenden und faschistischen
Kampagnenticker 29.5.07: dem griechischen Partisanen Nikos Fokas Inhalt. Doch nach fünf Jahren des Protests
und dem österreichischen Wehrmachtsde- bröckelt in Mittenwald der Konsens,
73.336 Unterschriften serteur Richard Wadani organisiert. Kriegsverbrechen der Gebirgsjäger zu
Am Nachmittag wurde die Erinne- rechtfertigen oder zu verharmlosen. Selbst
rungspolitik in Bezug auf die NS-Verbre- der Kameradenkreis kann nicht mehr ganz
Inhalt: chen und aktuelle Militäreinsätze der Bun- umhin, die Kriegsverbrechen der Gebirgs-
62. Jahrestag der Befreiung deswehr diskutiert. Es kam zu einer Spon- truppen einzuräumen.
des KZ Dachau . . . . . . . . . . . . . . . 5 tankundgebung vor dem Lokal, in dem die Mittenwald, 27.5.2007, AK Angreifbare
Zerschlagenes Geschirr bei Gebirgsjäger ihren Kameradschaftsabend Traditionspflege, Email: angreifbare.
Le Pens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 abhielten. Auf einer Dauerkundgebung tradition@freenet.de, AK Distomo:
wurden die ganze Nacht zum Gedenken Internet: mittenwald.blogsport.de ■
: meldungen, aktionen
Nach der Affäre Filbinger drehung aller Tatsachen, war doch Filbin- Schönbohm sollte Amt im
die Affäre Beetz ger gerade ein herausragender und un- rechtskonservativem Studi-
Mannheim. Vier Wochen nach Oettin- nachsichtiger Verfechter der Berufsverbo- enzentrum niederlegen
gers Trauerrede für Filbinger wurde ruch- te, und war der Druck auf Oettinger/Beetz
bar, dass er die Mannheimer Stadträtin demokratischen und antifaschistischen Brandenburg. Der brandenburgische
Dorothea Beetz (26) für ein halbes Jahr zu Ursprungs. Landesvorsitzende von Bündnis 90/Die
seiner persönlichen Referentin machen Zu Selbstmitleid in Weikersheim gibt Grünen, Axel Vogel, hat Innenminister
wollte. Frau Beetz, die im Mannheimer es noch weiteren Anlass: Das Veranstal- Schönbohm aufgefordert, dem Beispiel
Gemeinderat fast nicht wahrnehmbar ist, tungsprogramm gerät durcheinander. Weil des Baden-Württembergischen Minister-
gehörte der Nachwuchsorganisation plötzlich das Auge der Öffentlichkeit auf präsidenten Oettinger zu folgen und sein
„Jung-Weikersheim“ seit 2004 an, deren das unsägliche Studienzentrum gerichtet Amt im umstrittenen rechtskonservativen
zweite stv. Vorsitzende sie auch schon mal ist, musste in letzter Minute eine Veran- Studienzentrum Weikersheim niederzule-
war. Es bedurfte erheblichen Drucks in staltung von Jung-Weikersheim an Hitlers gen. Innenminister Schönbohm ist Vize-
Oettingers Umgebung, bis dieser Ende Geburtstag (20.04) abgesagt werden. Re- Präsident des Studienzentrums.
der zweiten Mai-Woche auf die Einsstel- ferenten: Martin Hohmann, Ex-MdB und „Die im Studienzentrum vertretenen
lung verzichtete bzw. Frau Beetz ihren Ex-CDUler, bekannt durch seine Rede Positionen haben immer wieder durch
Rückzug bekannt geben ließ. Gleichzeitig vom „Tätervolk“ der Juden, sowie sein öf- eine gefährliche Unschärfe zwischen kon-
trat Beetz nach Bekunden ihres Anwalts fentlicher Verteidiger, Ex-KSKGeneral servativem Denken und äußerstem rech-
aus „Jung- Weikersheim“ aus – mit viel Reinhard Günzel. tht ■ ten Rand für Aufsehen gesorgt. Es ist al-
Selbstmitleid und ohne inhaltliche lerhöchste Zeit, dass sich der
Distanzierung. Sie sei das Opfer ei- sowohl für Brandenburgs Ak-
ner Hexenjagd geworden, ließ sie tionsbündnis gegen Rechtsex-
mitteilen. Das meint auch der Präsi- tremismus als auch für den
dent des Studienzentrums Weikers- Verfassungsschutz zuständige
heim, Bernhard Friedmann, der von Innenminister von diesem Zir-
Diskriminierung spricht. „Dadurch kel abwendet.“
(wird) jungen Leuten die berufliche PM BÜNDNIS 90/DIE
Karriere verbaut.“ Er fügte hinzu: GRÜNEN
„Solche Hetzjagden gab es bisher Landesverband Brandenburg
nur in totalitären Staaten.“ (MM www.gruene-brandenburg.de
11.5.07) Eine besonders pikante Ver- ■
ersten der beiden Wahlsonntage der franzö- rung (darunter Generalsekretär Bruno also einer rechtsextremen studentischen
sischen Präsidentschaftswahl, zitierte er vor Gollnisch und die Chef-Gattin Jany Le Schlägertruppe, die von den 1970er Jahren
seinen Getreuen aus dem Deuteronium, Pen) am Abschlussschauspiel seiner dama- bis in die 1990er Jahre an der Pariser Jura-
dem fünften Buch Moses’ im Alten Testa- ligen Tournée im Pariser Konzerthaus Le fakultät Assis ihr Unwesen trieb) Dieudon-
ment. Er wählte die Szene, in welcher der Zénith vorbeigeschaut und Prominenten- né vor den andringenden Angreifern
120-jährige Moses sich gewahr wird, dass plätze im Saal eingenommen. Nicht jedoch schützte: Eine solche Szene hätte man sich
er selbst das Gelobte Land nicht mehr Jean-Marie Le Pen selbst, einerseits um früher nicht denken können. Der Reporter
schauen wird, wohin er seit Jahrzehnten nicht negative Reaktionen in seiner Partei der rechtsextremen Wochenzeitung berich-
mit seinem Volk unterwegs ist. „Du wirst hervorzurufen, wo nicht alle Dieudonné tet aber auch darüber, wie die DPS-Mitglie-
diesen Jordan nicht überqueren“, sagt ihm schätzen, und andererseits, um nicht auf- der in ihrer Uniform sich zum Kommen
sein Gott. grund von Kontakten zu dem schwarzen von Dieudonné äußerten: „Er hat uns zu
„An diesem Abend hat Le Pen verstan- französischen Antisemiten eine zu große viele Stimmen verlieren lassen“, mit diesen
den, dass er es nicht schaffen wird. Dass er Angriffsfläche in den bürgerlichen Medien Worten wird etwa einer von ihnen zitiert.
nicht in den Elysée-Palast ein- Worauf freilich ein anderer antwortet: „Er
treten wird“ übersetzt das von hat uns vielleicht ebenso viele gewinnen
rechtsextremen Intellektuellen lassen, wer weiß...“
gemachte Hochglanzmagazin
Le Choc du mois in seiner Trägt Dieudonné Schuld am Rück-
jüngst erschienenen Ausgabe gang des FN?
(die Mai-Nummer, die aber An anderer Stelle, in einem langen Artikel
erst rund um den 20. Mai er- unter dem Titel „Die Ursachen für den Flop
schien) für seine Leser. Es Le Pens“, analysiert ,Minute‘ in derselben
stellt sich also, fügt das Mo- Ausgabe die Gründe für den Rückgang an
natsheft hinzu, nunmehr ernst- Stimmen. Die rechtsextreme Zeitung be-
haft die Nachfolgefrage an der trachtet so, im Nachhinein, die u.a. mit dem
Spitze des Front National. Im FN-Bühne
Grunde stelle sie sich seit fünf am 1. Mai
Jahren, obwohl sie bislang in
der rechtsextremen Partei ta-
buisiert worden sei, da den al-
ternden Chef ein Zornesanfall packe, so- zu bieten. Freilich antwortete Jean-Marie
bald das Reizthema „Das Alter des Kapi- Le Pen am 19. Dezember 2006 im Fern-
täns“ angesprochen werde. Im Juni dieses sehsender BFM auf die Frage, was er an
Jahres wird er 79. Dieudonné lustig finde, ob es dessen An-
Richtungskampf innerhalb der tisemitismus sei, rundheraus: „Ja. Man
extremen Rechten muss über alles lachen dürfen. Die besten
In den Reihen des Front National, und der Judenwitze machen schließlich oft Juden
extremen Rechten allgemein, hat schon seit selbst.“ Vendée-Herz – Symbol der antirepublikanischen
dem Abend des ersten Wahlgangs ein hefti- In den folgenden Monaten hatte Dieu- Konterrevolution von 1793/94
ger politisch-ideologischer Schlagabtausch donné mal behauptet, im ersten Wahlgang
Namen des Schriftstellers und Wahlkampf-
begonnen. den parteilosen Linkspopulisten und Glo-
beraters Alain Soral verbundenen Versuche
Die Wochenzeitung ,Minute‘, die eine balisierungskritiker José Bové zu unter-
der politisch-ideologischen Spurenverwi-
Scharnierfunktion zwischen dem Front stützen, dann wieder, in der Stichwahl für
schung und so genannten Entdiabolisierung
National und Fraktionen der konservativen die Sozialdemokratin Ségolène Royal zu
als schädlich. „Eine Reihe von Signalen an
Rechten einnimmt, berichtet in ihrer Aus- stimmen – von beiden Kandidaten holte er
die Franzosen ausländischer Herkunft“,
gabe vom 25. April 2007 über eine Wahlfei- sich jedoch eine heftige Abfuhr, und sie
schreibt Minute, „von dem Besuch Dieu-
er, bei der die Fäuste flogen. Am Abend des schlugen jegliche Unterstützung von seiner
donnés beim Präsidentschaftskonvent im
ersten der beiden Wahlsonntage, dem 22. Seite aus.
Herbst bis zum Abstecher Le Pens in Ar-
April, hatte die FN-Parteispitze den Veran- Faktisch unterstützte Dieudonné Le Pen.
gentueil im April (Anm.: siehe dazu Nähe-
staltungssaal Salle de l’Equinox (Saal der Aber bei den Teilnehmern des Wahlabends
res in unserem vorigen Kapitel), haben
Sonnenwende) am Südrand von Paris im am 22. April sahen nicht alle gern sein
dazu beigetragen, einen Teil seiner Wähler-
15. Bezirk angemietet, der sich für die paar Kommen. Rund 30 rechtsextreme Hooli-
schaft zu desorientieren: diese ‚gebürtigen
Hundert Anwesenden als wesentlich zu gans des Pariser Fußballclubs PSG (Paris-
Herkunftsfranzosen‘ (Français de souche),
groß erweisen sollte. Dort kam es dann zu Saint Germain) stürzten sich in der Halle
denen er möglicherweise den Eindruck ver-
heftigen Reibereien – aus Anlass des Be- auf ihn, um ihn physisch zu malträtieren. In
mittelt hat, dass er ihnen nicht mehr diesel-
suchs des „Komikers“ Dieudonné M’bala ihren Augen ist Dieudonné nicht in erster
be Aufmerksamkeit widmet wie früher.“
M’bala. Der frühere Antirassist, der in den Linie der taktische Bündnispartner, sondern
Sicherlich trifft es zu, dass ein Teil der
letzten Jahren zum Berufsprovokateur und der afrikanischstämmige „Mischling“, der
früheren FN-Wähler, vor allem ihr bürger-
Meister der politischen Konfusion gewor- in der französischen Politik nichts zu su-
lichster und konservativster Teil aus den
den ist, hatte bereits am 11. November chen hat. Daraufhin musste der DPS, der
traditionellen Mittelklassen, sich in diesem
2006 an Le Pens „Präsidentschaftskonvent“ FN-eigene Ordnerdienst, dem Schwarzen
neuen Profil des Front National kaum wie-
in der Pariser Vorstadt Le Bourget teilge- zu Hilfe eilen. ,Minute‘ berichtet zur Hälfte
dererkannt hat. Im Zweifelsfall zogen sie so
nommen. Am 18. Dezember desselben Jah- amüsiert und zur Hälfte befremdet darüber,
das solide konservative Programm und Pro-
res hatte ein wesentlicher Teil der FN-Füh- wie „einer der historischen Chefs des
fil vor.
GUD“ (Anm.: des Groupe Union-Défense,