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nachrichten g 3336 9.8.2007 23. jahrg./issn 0945-3946 1,30 ¤
www.antifaschistische-nachrichten.de
Einweihung des Deserteurs- Netanel Wurmser (Landesrabbiner der israelitischen Religionsgemeinschaft) und Pfarrer Kam-
denkmals merer (landeskirchliches Archiv Möhringen) beim Betrachten der Gedenktafel
Stuttgart. An die Opfer der
Kriege – Zivilisten und Sol- den, bevor sie der Polizei gemeldet wer- aber war vielfach mit sich selbst beschäf-
daten – erinnern Dutzende den mussten. Zentral gesteuert wurden tigt, vor allem auch zur „Judenfrage“ hat
Denkmale. Doch an diejeni- die Aufnahmen von Otto Mörike in sie geschwiegen, nicht protestiert. In der
gen, die sich dem Krieg ent- Flacht. Hermann Pineas, der 1944 einige Judenfrage haben die ‚verständigsten
zogen haben bzw. sich heu- Wochen im Pfarrhaus von Wilhelm Leute ihren Kopf und ihre Bibel gänzlich
te entziehen, wird gewöhn-
lich im negativen Sinn ge- Gümbel aufgenommen und versteckt verloren‘ (Bonhoeffer 14. April 1933).
dacht – sie gelten meist als „Verräter“ wurde, berichtete nach dem Sturz des Die Ev. Kirche ist vor Hitler ‚auf dem
und „Feiglinge“. 50.000 Deserteure sind NS-Regimes: „Ich wurde dort und im Bauch gelegen‘. Es waren singuläre, ein-
von der NS-Militärjustiz verfolgt, mehr als gleichen Hause bei der Pfarrerswitwe zelne Gestalten, Persönlichkeiten, die
20.000 Todesurteile sind vollstreckt wor- Elisabeth Kirschmann und bei Pfarrer stehengeblieben sind, die Widerstand ge-
den; davon allein 37 am Justizgebäude in Dr. Werner sehr gastlich aufgenommen leistet haben: Es waren mutige, aufrechte
der Stuttgarter Urbanstraße. Erst 2002 und verlebte dort eine schöne Zeit, nicht Christen.“ Und weiter: „Wir wünschen
sind Deserteure durch den Deutschen
Bundestag rehabilitiert worden, wofür sich zuletzt durch mehrere Begegnungen mit uns als Kirchengemeinde, dass es ein le-
insbesondere der 85-jährige Ludwig Bau- meiner Frau in Tübingen. Dr. Werner ließ bendiger Gedenkort wird: … Wir leben
mann, einer der letzten noch lebenden sich gerne von mir über das Judentum an einem Ort (Zuffenhausen) mit vielen
Wehrmacht-Deserteure intensiv eingesetzt belehren.“ (Aus: Martin Widmann, Un- Kulturen, vielen Religionen, unzähligen
hat. Seit fast zehn Jahren setzt sich die Ini- tergetauchte Juden 1942 bis 1945 und Konfessionen. Solch ein Gedenkort ist
tiative Deserteur-Denkmal dafür ein, dass ihre Helfer, in: Blätter für Württ. Kir- Mahnung: dass niemand wegen seinem
auch in Stuttgart ein solches Denkmal er- chengeschichte 103 (2003), S. 257-290.) Anderssein, wegen seinem Glauben, we-
richtet wird. Jetzt wird es am 30. Au- In ihrer Begrüßung meinte Inge Möl- gen seiner Verschiedenheit, ausgegrenzt,
gust eingeweiht. Den Festvortrag hält
Prof. Manfred Messerschmidt, Militärhisto- ler, es sei ein Grund zur Freude und entwürdigt wird.
riker. Ludwig Baumann wird das Denkmal Stolz, der mutigen Zuffenhausener Pfar- Solch eine Gedenktafel ist für uns alle
enthüllen. 18 Uhr, Theaterhaus Stuttgart, rer zu gedenken, die unter Gefahr für das Mahnung: wenn wir nachher weiterge-
Siemensstr. 11 eigene Leben, Menschen versteckt und hen, allen Anfängen der Entwürdigung