ren funktionieren noch 55% der Nieren- tionierendem Transplantat liegen bei ca. äußerst schwerwiegenden Komplikatio-
transplantate postmortaler Spenden und 12.000 bis 14.000 €, wovon ca. 70% nen DRG-Ziffer A60A (Punktwert
65% der Lebendspenden (CTS-K- durch Immunsuppressiva verursacht 2,282) 6.768 € (11,14).
15001E-0207). Im Jahr 2005 wurden werden (12). Hierzu ist kritisch anzumerken, dass die
im Bundesdurchschnitt 3,1% der nie- Dennoch ist eine Nierentransplantation DRG-Vergütung keinen Unterschied
rentransplantierten Patienten wieder in im Vergleich zur chronischen Dialyse zwischen Lebend- und postmortalen
die Dialyse aufgenommen (9). auf längere Sicht die kostengünstigere Organspenden macht und die bei Le-
Alternative. Eine Dialyse verursacht bendspende anfallenden zusätzlichen
den Krankenkassen jährliche Kosten Kosten einer zweiten Operation nicht
Kosteneffektivität von zwischen 25.000 und 50.000 € (10). Be- vergütet werden. Auch nach Verbesse-
Nierentransplantationen reits zwei Jahre nach Nierentransplanta- rung der DRG´s wird eine Nierentrans-
tion werden die durch Dialyse verur- plantation nicht kostendeckend für das
Gesundheitsökonomische Aspekte ge- sachten Kosten unterschritten (13). Krankenhaus vergütet. Gleiches gilt für
winnen in Deutschland zunehmend an Krankenhäuser sind gezwungen, mit die Nachsorge: Die meisten Zentren be-
Bedeutung. Ein Beispiel hierfür ist das den gegebenen Erlösen die Ausgaben kommen nur Pauschalen pro Quartal in
im Jahr 2004 gegründete Institut für zu decken. Mit der Einführung des Fall- Höhe von ca. 110 €. Hiervon kann z. B.
Qualität und Wirtschaftlichkeit im Ge- pauschalensystems DRG („Diagnosis im ersten Vierteljahr nach Transplanta-
sundheitwesen (IQWiG), das im Auf- Related Groups“) für die Abrechnung tion noch nicht einmal ein Medikamen-
trag des gemeinsamen Bundesaus- von Krankenhausaufenthalten im Jahr tenmonitoring bezahlt werden.
schusses und des Bundesgesundheits- 2003 soll wirtschaftliches Handeln ge- Hagenmeyer et al. ermittelten als reine
ministeriums die Qualität und die Wirt- stärkt und gleichzeitig die medizinische Krankenhauskosten für den Transplan-
schaftlichkeit medizinischer Leistungen Versorgungsqualität in den Vordergrund tationsaufenthalt (ohne Operation) Kos-
bewertet. gestellt werden. Die Analyse der Kos- ten zwischen 4.551 und 128.076 €
Nierentransplantationen und deren ten, die Bewertung von Maßnahmen, (Durchschnitt: 15.380 €) pro nieren-
Nachsorge verursachen hohe Kosten: das Aufdecken von Einsparungspoten- transplantiertem Patienten (15). Die Va-
Eine Nierentransplantation kostet die zialen, wie z.B. Verkürzung des Kran- rianz in den Kosten wird hauptsächlich
Krankenkassen im Durchschnitt zwi- kenhausaufenthaltes oder die Vermei- durch die unterschiedliche Aufenthalts-
schen 50.000 und 65.000 € (10) und er- dung unerwünschter Ereignisse wie dauer auf Intensivstationen sowie durch
fordert einen stationären Aufenthalt mit z.B. Abstoßungsreaktionen, Infektionen den Medikamenteneinsatz bestimmt.
einer mittleren Aufenthaltsdauer, ab- und kardiovaskuläre Erkrankungen, ge- Auch wurden in dieser Studie die Kos-
hängig von Komplikationen, von 22-35 winnen zunehmend an Bedeutung. Für ten für die ersten zwei Jahre nach
Tagen (11). Im Anschluss an die Trans- die Transplantation der Niere mit an- Transplantation in Relation zu klini-
plantation ist eine lebenslange intensive schließendem stationären Anschluss- schen Komplikationen in Deutschland
Nachsorge notwendig. Zu Beginn der aufenthalt wird in Deutschland, sofern erfasst. Die Behandlungskosten für eine
Nachsorge sind wöchentliche, später postoperativ kein Transplantatversagen Nierentransplantation ohne Komplika-
zweiwöchige und dann mehrwöchige auftritt, nach der DRG-Kennziffer tionen belaufen sich im Durchschnitt
Vorstellungen in den Transplantations- A17B mit 19.255 € (Punktwert 6,492 auf 39.675 € in den ersten zwei Jahren
zentren notwendig. Zwei Jahre nach der und Basisfallwert durchschnittlich nach Transplantation. Zusätzlich entste-
Transplantation genügen in der Regel 2.966 €) vergütet (11,14). Bei postope- hen bei Transplantatversagen Kosten
viertel- bis halbjährliche Kontrollunter- rativem Versagen (A17A) beträgt der von durchschnittlich 36.228 €, bei ver-
suchungen. Sofern dies ein niedergelas- Punktwert 9,424 oder 27.952 € und bei zögerter Transplantatfunktion 7.359 €,
sener Arzt übernimmt, sollte außerdem einer Abstoßung fallen für die Kranken- bei akuten Abstoßungen 9.638 €, bei
mindestens einmal jährlich eine Vor- kassen weitere Kosten an. Liegen keine Zytomegalievirus-Infektionen 4.149 €
stellung im Transplantationszentrum schweren Komplikationen vor, entste- sowie bei sonstigen Komplikationen
stattfinden. Die jährlichen Nachsorge- hen gemäß DRG-Ziffer A60B (Punkt- 8.397 €. Die durchschnittlichen Kosten
kosten für die Krankenkassen bei funk- wert 1,299) Kosten von 3.853 € und bei sind in Abbildung 1 dargestellt; bereits
Abb. 1: Mittlere Kosten durch Nierentransplantationen in den ersten beiden Jahren nach Transplantation (nach Hagenmayer et
al. 2004)
Transplantationsmedizin B. C. Lattrell, D. Abendroth: Gesundheitsökonomische Aspekte von Nierentransplantationen
2007, 19. Jahrg., S. 86
im zweiten Jahr nach Transplantation kenumsatz von 73,70 Mio. € (IMS; mit transplantierten Patienten deuten
entstehen über 50% der Kosten durch DPM-Daten). Modifikationen in der darauf hin, dass auch Unterschiede in
die immunsuppressive Therapie. Medikamentenvergabe wie die Verord- der Wirksamkeit und Verträglichkeit
Die für Deutschland ermittelten Kosten nung von preisgünstigeren Generika an- vorhanden sind (Übersicht bei 19; 20).
für eine Nierentransplantation lassen stelle von Originalpräparaten bieten
sich in den internationalen Kontext ein- prinzipiell die Möglichkeit zu Kosten-
ordnen, sind allerdings nicht direkt ver- einsparungen und werden aufgrund des Ciclosporin-Generika –
gleichbar, da verschiedene Studiende- zunehmenden Kostendruckes im Ge- Die kostengünstigere Alternative?
signs, methodische Vorgehensweisen sundheitssystem und der steigenden
und länderspezifische Strukturen im Arzneimittelausgaben von den Kran- Voraussetzung für die Zulassung eines
Gesundheitssektor vorliegen. Für Bel- kenkassen zunehmend gefordert. Die Generikums in Europa ist, dass neben
gien wurden für die Kostenträger mitt- Einsparungspotenziale sind allerdings der pharmazeutischen Äquivalenz
lere direkte Einjahreskosten für eine in Frage gestellt, wenn ein Generikum (gleiche Arzneiform, gleicher Wirk-
Nierentransplantation von 37.792 € er- eine andere Qualität als das Original- stoff, gleiche Menge) auch die Biover-
mittelt (16). Eine Untersuchung in den präparat aufweist und therapeutische fügbarkeit vergleichbar ist.
Niederlanden ergab mittlere Gesamt- Äquivalenz nicht in jedem Fall gegeben Zur Beurteilung der Bioäquivalenz wer-
kosten für eine Nierentransplantation ist. In Deutschland gibt es mittlerweile den folgende Messgrößen herangezo-
über einen Zeitraum von drei Jahren mehrere Ciclosporin-Präparate, die sich gen: Fläche unter der Plasmaspiegel-
von 70.723 bis 76.577 € (17). in ihrer Formulierung unterscheiden. Zeitkurve (AUC), Spitzenplasmaspie-
Erhältlich sind neben dem Originalprä- gel (Cmax), minimaler Plasmaspiegel
parat (Sandimmun® Optoral, Immuno- (Cmin) sowie Verzögerungszeit der Re-
Medikamente als Ansatz zur sporin®), das in Form einer Mikroemul- sorption (Tlag). Die Bioverfügbarkeit
Kostenreduktion sion vorliegt, und dem herkömmlichen gilt als vergleichbar, wenn in 90% der
Präparat (Sandimmun®), einer ölbasier- untersuchten Fälle das Verhältnis der
Die lebenslange medikamentöse Be- ten Formulierung, eine generische For- gewählten Messgröße (z.B. AUC) von
handlung nach Nierentransplantation ist mulierung (Cicloral®, Ciclosporin 1A Generikum zu Originalpräparat inner-
sehr kostenintensiv. Die Nachsorgekos- Pharma®). Die Einführung weiterer Ci- halb vorgegebener Grenzwerte liegt.
ten entstehen hauptsächlich durch die closporin-Generika ist zu erwarten. Zum Nachweis der Bioäquivalenz dür-
Behandlung mit immunsuppressiven Die Mikroemulsion, wie sie in Sandim- fen somit innerhalb der vorgegebenen
Medikamenten. Das Basisimmunsup- mun® Optoral vorliegt, weist im Ver- Grenzen Abweichungen zwischen Ge-
pressivum Ciclosporin ist der am häu- gleich zur herkömmlichen Formulie- nerikum und Originalpräparat bestehen,
figsten verordnete Calcineurin-Inhibi- rung eine erhöhte Bioverfügbarkeit auf die Bioverfügbarkeit muss nicht iden-
tor. Im Jahr 2006 wurden 420.200 Pa- und wird nicht durch die Galle oder tisch sein, sondern lediglich im vorge-
ckungen mit Ciclosporin-Präparaten durch Nahrung beeinflusst. Im Ver- gebenen Rahmen liegen (Abbildung 2).
über Apotheken abgegeben; der Umsatz gleich zur herkömmlichen Formulie- Im Fall von Cmax – dieser Parameter ist
betrug 72,54 Mio. € (Tabelle 1). Zum rung ist die Mikroemulsionsformulie- beim Ciclosporin besonders relevant –
Vergleich: Von dem Calcineurin-Inhibi- rung in der Lage, Abstoßungen signifi- darf das berechnete 90%-Konfidenzin-
tor Tacrolimus wurden 263.400 Pa- kant zu reduzieren, und ermöglicht ein tervall in bestimmten Fällen sogar in er-
ckungen verordnet bei einem Apothe- besseres Langzeit-Transplantatüberle- weiterten Grenzen von 75-143% (68%
ben bei nierentransplantierten Patienten Schwankungsbreite) liegen (21).
(18). Der Einsatz von Ciclosporin-Ge- Oben genannte Standard-Bioäquiva-
Tab. 1: Verordnungen von Ciclosporin- nerika wird kontrovers diskutiert. Sie lenz-Kriterien werden an 12 ausgewähl-
Präparaten über Apotheken im Jahr sind preisgünstiger als die Originalprä- ten jungen gesunden Probanden, nicht
2006 parate, zeigen jedoch Unterschiede in an Patienten, in Einzelgabestudien be-
der Resorption und klinische Studien wertet. Auch die therapeutische Äqui-
Jahr 2006 Verordnun- Apotheken-
gen umsätze
je tausend je tausend
140%
Packungen EURO
Sandimmun® 22,8 2.742,2 130%
valenz muss nicht nachgewiesen wer- neutralisiert werden oder sogar ins Ge- Material und Methoden
den. Das kann insbesondere bei dosis- genteil umgekehrt werden.
kritischen Wirkstoffen wie den Calci- Das in Deutschland erhältliche Ciclo- Zwölf nierentransplantierte Patienten (8
neurin-Inhibitoren sehr problematisch sporin-Generikum Cicloral® zeigte in männlich, 4 weiblich; mittleres Alter:
sein. „Critical-dose“-Medikamente ver- Untersuchungen mit gesunden Proban- 55,17 ± 8,7 Jahre (Bereich 42-69 Jahre;
fügen über einen engen therapeutischen den eine geringere Bioverfügbarkeit als mittlere Dialysedauer: 33,3 ± 9,1 Mo-
Rahmen; die Dosis-Wirkungsbeziehung das Originalpräparat Sandimmun® Op- nate (Bereich 21-49 Monate; Aus-
ist steil, die Resorption ist personenin- toral. Das belegen neben den Zulas- schluss von Diabetes mellitus) wurden
dividuell und erfordert Blutspiegelüber- sungsdaten auch neuere Bioäquivalenz- initial auf das Ciclosporin-Generikum
wachungen. Bei zu hoher Dosierung Studien (Cross-over-Design, offen, ran- eingestellt. Drei Wochen nach der
entsteht Toxizität; bei Unterdosierung domisiert), in der die beiden Präparate Transplantation (mittlerer Umstellungs-
kommt es zu Wirkverlusten, was bei in verschiedenen Dosierungen mitei- tag 22,4 ± 1,6 Tage) erfolgte eine 1:1-
Transplantierten zu Transplantatabsto- nander verglichen wurden (24,25). Im Umstellung auf das Originalpräparat.
ßungen führen kann, die sich – fataler- Gegensatz zu den Zulassungsstudien Im weiteren Verlauf erfolgte eine Do-
weise – nicht gleich in einem Kreatinin- konnte bei diesen Untersuchungen kei- sierungsanpassung, um die Ciclosporin-
anstieg bemerkbar machen müssen. ne Bioäquivalenz des Generikums mit Blutspiegel möglichst gleichzuhalten
Auch ist die Bioverfügbarkeit von Cal- dem Originalpräparat nachgewiesen bzw. nicht in toxische Bereiche zu gera-
cineurin-Inhibitoren in hohem Maße werden. Die durchschnittliche Biover- ten.
von der zugrunde liegenden Galenik ab- fügbarkeit (AUC) des Generikums lag Erfasst wurden die Tagesdosis [mg];
hängig. Es gibt zunehmend Belege, je nach Dosierung 12,4% bis 22,5% un- spezifische Dosierung [mg/kg Körper-
dass sich die Pharmakokinetik von Ci- ter der AUC des Originalpräparates. gewicht/Tag], C0- und C2-Werte [µg/
closporin bei transplantierten Patienten Um eine vergleichbare Wirkung zu er- ml]; die errechnete Kurz-AUC nach
von jener gesunder Probanden unter- zielen, muss die Dosis jedoch im glei- Keown [Formel für Kurz-AUC: ((1,84
scheidet und generische Formulierun- chen Umfang erhöht werden. Die Kos- x C0) + (4,39 x C2)) + 312,66] sowie
gen bei einem signifikanten Anteil der ten für das Generikum sind – je nach Kreatinin, Harnstoff und die begleiten-
Patienten nicht therapeutisch äquivalent Packungsgröße – zwar bis zu 24% nied- de antiproliferative Therapie (Myco-
mit dem Originalpräparat sind (18, 19, riger als beim Originalpräparat; durch phenolatmofetil).
22). die geringere Bioverfügbarkeit des Ge- Die statistische Auswertung erfolgte
Führende Transplantations- und Phar- nerikums scheint jedoch der geringere mit dem Programm „StatViewTM“ für
makokinetik-Experten fordern daher Preis weitgehend kompensiert zu wer- Windows (Systat Software Inc.) und er-
seit Jahren verbesserte Bioäquivalenz- den (Abbildung 3). fasste neben der deskriptiven Analyse
tests für Critical-Dose-Pharmaka (23, Am Universitätsklinikum Ulm wurde der Daten auch den standardmäßigen
24). Bisher wurde allerdings noch keine daher eine prospektive Pilotstudie Gruppenvergleich. Dieser erfolgte mit-
der vorgeschlagenen Richtlinien umge- durchgeführt, welche die Bioverfügbar- tels Mann-Whitney Rank Sum Test. Ei-
setzt (22). keit des Ciclosporin-Generikums Ciclo- ne Signifikanz wurde mindestens bei ei-
Auch relativ kleine Unterschiede in der ral® im Vergleich zum Originalpräparat ner Power von 80% angenommen bei
Bioverfügbarkeit erfordern bei dosis- Sandimmun® Optoral bei nierentrans- (p<0,05).
kritischen Medikamenten Dosisanpas- plantierten Patienten in der frühen post-
sungen, die sich in den Kosten nieder- operativen Phase untersuchte und aus
schlagen. Mögliche Kosteneinsparun- diesen Daten die Kostenunterschiede Ergebnisse
gen durch den Generikaeinsatz können zwischen den beiden Präparaten be-
zudem durch Mehrkosten beispielswei- stimmte. Die Umstellung vom Generikum auf
se aufgrund von erhöhtem Monitoring- das Originalpräparat führte zu keiner
bedarf und höheren Komplikationsraten signifikanten Erhöhung der Ciclospo-
60% 60%
AUC Cicloral®* Preis Cicloral®**
AUC Original* Preis Original**
40% 40%
20% 20%
0% 0%
100 200 300 600 Kps. à Kps. à Kps. à
mg mg mg mg 25 mg 50 mg 100 mg
* F. Kees et al. Ther Drug Monit 2006; 28: 312–320; F. Kees et al. Transplantation Proceedings 2004; 36: 3234–3238 (Daten der 200-mg-Dosis)
** www.rote-liste.de; Zugriff am 11.05.2007; Preise für Packungen à 100 Kapseln (N3)
Abb. 3: Bioverfügbarkeits- und Preisvergleich: Ciclosporin-Generikum versus Originalpräparat (Untersuchungen mit gesunden
Probanden)
Transplantationsmedizin B. C. Lattrell, D. Abendroth: Gesundheitsökonomische Aspekte von Nierentransplantationen
2007, 19. Jahrg., S. 88
tion sowohl der Gesamtdosierung als tienten unter Sandimmun® Optoral- anderen generischen Formulierung von
auch der spezifischen Dosierung statt- Therapie signifikant erhöht ist, obwohl Ciclosporin (SangCyA Oral Solution
fand. Die Studie zeigt erneut die Bedeu- die gemessenen mittleren Ciclosporin- der Firma SangStat). Dieses Generikum
tung der C2-Spiegelmessung und die Talspiegel beim Generikum höher wa- wurde im Jahr 2000 in den USA auf der
Aussagekraft einer errechneten Kurz- ren (20,30). In Vergleich zu Patienten, Grundlage einer einzigen Studie mit ge-
AUC. Nur mit diesen Werten konnten die das Originalpräparat erhielten, hat- sunden Freiwilligen zugelassen – und
Überdosierungen erfasst werden, wäh- ten Patienten unter dem Generikum sig- musste wieder vom Markt genommen
rend das Talspiegelmonitoring versagte. nifikant mehr akute Abstoßungsepiso- werden, da sich herausstellte, dass das
Die Aussagekraft unserer Pilotstudie ist den (39% vs. 25%, p = 0,04), mehr Präparat nicht bioäquivalent zum Origi-
zwar durch das relativ kleine Patienten- Zweitabstoßungsepisoden (13% vs. nalpräparat war, wenn es zusammen mit
kollektiv begrenzt und es ist auch zu be- 4%; p = 0,03), und erhielten häufiger Apfelsaft eingenommen wurde (36).
rücksichtigen, dass sich die Resorption Antikörper zur Therapie von akuten Transplantationspatienten benötigen
mit dem zeitlichen Abstand zur Trans- Abstoßungen (19% vs. 8%; p = 0,02). neben den Calcineurin-Inhibitoren wei-
plantation verändert (27). Die Ergebnis- Das schlechtere Outcome unter Generi- tere immunsuppressive Medikamente,
se stehen jedoch im Einklang mit einer kum kann erhebliche Zusatzkosten ver- die zumeist über das gleiche Enzymsys-
Untersuchung an stabilen nierentrans- ursachen. Unter der Annahme, dass die tem metabolisiert werden. Deren Blut-
plantierten Patienten (28): Hier wurden Behandlung einer Abstoßungsreaktion spiegelkonzentration kann sich bei Um-
42 stabile Patienten anders herum, näm- in Deutschland zusätzliche Kosten von stellung auf ein Ciclosporin-Generikum
lich vom Originalpräparat Sandimmun® durchschnittlich 9.638 € verursacht ebenfalls ändern. Von Kovarik et al.
Optoral auf das Generikum Cicloral® (15), hätte diese Patientengruppe unter (37,38) wurde nachgewiesen, dass Ci-
im 1:1-Dosisverhältnis umgestellt. Am deutschen Rahmenbedingungen in den closporin die AUC der mTOR-Inhibito-
letzten Tag der Originalpräparat-Gabe ersten 6 Monaten nach Transplantation ren Everolimus und Sirolimus in Ab-
und 14 Tage nach der Umstellung auf bereits Zusatzkosten von über 2.000 € hängigkeit von der Formulierung unter-
das Generikum wurde die vollständige je Patient alleine für die Abstoßungsthe- schiedlich beeinflusst. Diese Interakti-
12-Stunden-AUC ermittelt. Die AUC rapie verursacht. Patienten, die mit dem on kann einen starken Einfluss auf das
betrug beim Originalpräparat 4.421 ± Generikum behandelt wurden, zeigten Ergebnis der Transplantation und auf
647 ng/ml h und beim Generikum außerdem eine höhere Variabilität bei mTOR-Inhibitor-spezifische Nebenwir-
3.834 ± 767 ng/ml h. Die relative Bio- den Ciclosporin-Talspiegelkonzentra- kungen haben. Auch dieser Effekt ist
verfügbarkeit des Generikums lag also tionen, gemessen am Variationskoeffi- daher bei der Umstellung auf ein Gene-
sogar nur bei 86,7% im Vergleich zu zienten (p = 0,05). Die Ursache dieser rikum zu berücksichtigen und erfordert
rund 91% in der oben vorgestellten Un- vermehrten Abstoßungen könnte in ei- weiteren Monitoringaufwand.
tersuchung mit de novo Patienten. Eine ner längeren Zeit bis zum Erreichen ei-
Studie der Medizinischen Hochschule nes ausreichenden C2-Spiegels oder der
Hannover bestätigt, dass die Bioverfüg- AUC liegen. Denn nur eine schnelle
barkeit des Generikums bei stabilen ausreichende Calcineurininhibition Schlussfolgerungen
nierentransplantierten Patienten im schützt vor Abstoßungsreaktionen.
Durchschnitt deutlich geringer ist als Verschiedene Studien, in denen die her- Auch organtransplantierte Patienten
beim Originalpräparat (29). In dieser kömmliche Formulierung von Ciclo- und deren Ärzte bekommen den Kos-
Studie wurde die Veränderung der Ci- sporin (Sandimmun®) mit der Mikro- tendruck im Gesundheitswesen zu spü-
closporin-Konzentration bei 18 Trans- emulsionsformulierung (Sandimmun® ren. Die möglichen Einsparungen sol-
plantierten untersucht, die von Sandim- Optoral) verglichen wurde, wiesen ein- len insbesondere bei den Arzneimitteln
mun® Optoral auf Cicloral® umgestellt deutig nach, dass eine größere intraindi- erzielt werden. Der Verkaufspreis eines
wurden und beide Präparate in gleicher viduelle Variabilität der Ciclosporin- Arzneimittels ist allerdings nur ein
Dosierung erhielten. Es zeigte sich mit Konzentrationen, wie sie bei der Sand- Aspekt. Ein preisgünstigeres Präparat
dem Generikum eine statistisch signifi- immun®-Formulierung zu beobachten kann aufgrund seiner geringeren Wirk-
kante Reduktion der Ciclosporin-Kon- ist, zu einer signifikant erhöhten Inzi- samkeit mehr Kosten verursachen als
zentration (bis auf maximal 62,3% des denz von akuten und chronischen Ab- ein vergleichbares Originalpräparat.
Ausgangstalspiegels) von im Mittel stoßungen führt und die Therapiekosten Relevant sind letztendlich die Gesamt-
121,0 µg/l auf 106,1 µg/l (p < 0,05). erhöht (31-34). Auch unterscheiden therapiekosten. Zu berücksichtigen sind
Aber auch bei gleicher oder höherer sich die verschiedenen Ciclosporin- hier nicht nur die direkten Kosten (Be-
Bioverfügbarkeit eines Ciclosporin-Ge- Formulierungen hinsichtlich ihrer Nah- handlungs-, Personal-, Sachkosten),
nerikums ist nicht gewährleistet, dass rungsabhängigkeit, was einen weiteren sondern auch indirekte Kosten wie Ver-
dessen Effektivität genauso gut ist wie Variabilitätsfaktor darstellt (25,35). Bei dienstausfall und Arbeitsplatzverlust.
die des Originalpräparates. In einer re- einer Umstellung zwischen Ciclospo- Ein Verlust des transplantierten Organs
trospektiven Studie wurde gezeigt, dass rin-Präparaten ist daher eine engma- ist nicht nur mit Einbußen der Lebens-
das Risiko zur Entwicklung von Biop- schige Überwachung erforderlich (19), qualität verbunden, sondern stellt auch
sie-belegten akuten Abstoßungen in den wobei die notwendigen zusätzlichen eine enorme psychische und physische
ersten sechs Monaten nach Transplanta- Laboruntersuchungen die Kosten wei- Belastung für die Betroffenen und ihre
tion bei nierentransplantierten Patien- ter in die Höhe treiben können. Angehörigen dar. Auch zeichnet sich
ten, die das Ciclosporin-Generikum Die begrenzte Aussagekraft der gesetz- zunehmend ab, dass auch die Nieren-
Gengraf® erhielten (u. a. in den USA lich geforderten Bioäquivalenzuntersu- transplantation einen, wenn auch gerin-
auf dem Markt), im Vergleich zu Pa- chungen zeigte sich auch im Fall einer ger ausgeprägt als bei anderen Trans-
B. C. Lattrell, D. Abendroth: Gesundheitsökonomische Aspekte von Nierentransplantationen Transplantationsmedizin
2007, 19. Jahrg., S. 91
Barbara Lattrell
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