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Purmurack ee, Docscok BD Cass ae, FRAGMENTE GUSCHICHTE DER RUMANES, Fradxius freiherra vot Jumuati. Herausgegeben vom kéniglich raminischen Cultus- und Unterrichts - Mi koniglich ruminischen Akademie der rium unter der Aufsicht der enschafien, DRITTER BAND BUCURESCI Din stabilimentul pentru artele grafice SOCECU & TECLU 96, Strada Berzel, 96 1884, /3- 2194/6 a INHALTS-VERZEICHNISZ. Des Wolewoden Michael Erfolge in der Moldau und das Verhalten des wiener Hofes, 6... te eee 2. Des Wotewoden Michael schwierige Lage und seine Besiehangen . . . 3. Des Woiewoden Michael Zumuthungen an den Kaiser. 2. 2... . 4. Des Woiewoden Michael Beziehungen zu Ibrachim Pasa von Belgrad. . . 5. Das Verhalten des siebenbiger Adels. 2. 5... ee ee 6. Die Zuverlissigkeit der Truppen. 2.2... - 0. ee we 7. Verrath des Moises Székely und des Woiewoden Strenge. . .. . . 8, Misctrauen der Kaiserlichen © 2-2. oe ee ee ee 9. Gemeinsames Vorgehen gegen den Woiewoden Michael... . ro. Das Lager bei Thorda und der allgemeine Angrif' gegen den Wolewoden Mickel 11, Verhandlungen zwischen den Wotewoden Michael und den Generalen Basta 12, Des Wotewoden Michael Riickzug. 2... 0.0... aoe 13: Die entscheldende Schlecht in der Wolachet und die Flucht des Wotewoden Mice 14. Umschwung zu Gunstnn des Fiirsten Bathory... . so 15, Erfolge des Woiewoden Michael in Prag und seine Ruckkehr. . mG) Seine (Ermordiog es 47, Allgemeiner Charakter seiner Politik. ©... 0... oe ee 18, Folgen von Michaels Tod in der Walachei und in Siebenbitrgen. . . . 19. Das Schicksal seiner Familie. ©. 2... eee ee eee : 20, Des Woiewoden Radu Scherban Aufenthalt in Tymau. .. 2... 21, Gaspar Gratiani’s Auftretten ©... 2.2... 1 22. Die allgemeine Lage Siebenbitrgens zur Zeit des Fursten Bethlen wow 10 4 16 19 23 33 39 ar “4 49 st 52 60 or 63 VI 23, 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 3n. 32, 33. 34 35. 36. 37: 38. 39. 40. al “42. 43. 44 45. 46. 47. 48. 49. 50. 51. 52. 53. 54. 55. 56. 57. 58. 59. 61. 62. 63. 64. 65. 66. 67. 68. Des Wolewoden Radu Aussichten. . . . Thronewistigkeiten in der Moldau. . .. 2... 5 on Gaspar Gratiani’s Emennung. . 2.2... . : | Tataren-Einfille in die Mold. 2... 2.2 ee Die Lage in Oberungam .... 2... . Gobo oo Die Lage in der Moldau nach dem Tode des Wotewoden Radu... - Verhandlungen des wiener Hofes*mit der Pforte wegen Siebenbiirgen. . . Des Firsten Bethlen schwierige Lage. -- . . _ 7. Thronstreitigkeiten in der Moldat. 2... Kyrillus und seine Widersacher. 2 2... poucc 46 ‘Thronstreitigkeiten in der Walachei. 2... 2. oe Matheius Basaraba. 2 2. 1 ee ee Goo Kyrill von Veria und Kyrill von Lukaris. ©...) 02 2 ee Vasilie Lapul First in der Modu. 2... 2.2. wee : Hemilhungen des Residenten Schmidt im Interosse des Patriarchen Kyrilus Maaszregel der Pforte gegen die Tatren, . 2. 2... ee Pataroh Neophing: eo ee Zwistigkeiten zwischen Vasilie-Vodk und Mathiei-Vods. |. Expatriarch Athanasius Patellarius, . . . . . Die schwierige Lage des Fusten Matheiti Basarab und die kirchlichen Streitig- Keiten in Constantinopel. . . . Neuerliche Zwistigkeiten zwischen Vasilie-Vodi und Matheit-Vods .. . Die Lage des Fiirsten Rékéczys 6 2 ee Das Entweichen des Patriarchen Kyrill von Veria, . 2... ss ‘Thronwechsel in der Tirkei. . 2... 2... 6000 _ Confict zwischen den Wotewoden Matheiti und den franzdsischen Residenten Die Kirchen-Streitigkeiten in Konstantinopel . . 2. 2 2 ee ee Die Expedition gegen Asak und Verhandlungen wegen der Abtretung . Die geheimen Anschlige des Firsten Vasilie-Vodt gegen Matheitt-Vodt Die beiden ruminischen Firsten erhalten ihre Bestittigung . 2... Vertrag zwischen den Kaiser und Georg Rakéczy . . . . oe Polen’s Bezichungen zur Pforte. 2... ee ee ee oo Kirchenstreitigkeiten in Konstantinopel, . 2... 0. ee Hochzeit der Tochter des Fiirsten Vasilie, 2.2... 5 Neuetliche Zwistigkeiten zwischen Matheit-VodX und Vasilie-Vodt. . _ Des Patriarchen von Ochrida Anschliige gegen den Patriarchen von Kon- stantinopel. 6 oe ee Die Lage des Fiirsten Rék6czy. 6. Die beiden rumfinischen Fursten werden wieder bestéttigt |... Bittgesuch des Patriarchen Parthenius an den Kaiser. 2 2... 2... Der Geschifistitiger des Fursten Matheiti wird verhaftet . . 2... . Des Patriarchen Parthenius schwierige Lage. . . . Seo Der Wotewode Mateiti Basarab weigert sich an der Drorte 24 erscheinen Kinfall der Tataren in die Moldau.. 5... ee Die Agenten des Filrsten Mateiti verhaftet. 2... 2 Des Flrsten Vasilie Beziehungen 2u den Polen und den Kosaken . Bezichungen des Patriarchen ,Partenius mit den kaiserlichen Residenten . Des Patriarchen Partenius Tod... ee 67 m 78 7 8 81 83 87 90 or 92 92 96 98 98 100 100 tor 102 104 12 4 116 "7 "7 118 119 132 133 134 137 140 141 142 144 145 148 150 151 153 154 157 187 159 160 69. m 72. 73. 4 75. 76. 7 78. 79. 92. 94 98. 96. 97. 98. 99. 100. Tor. 102, 103. 104. 105. 106, 107. 108 109. 110. un. 112. Zustinde an der Pforte, ©. 6 ee Ausbruch einer Pfortenrevolution . . . Gace coe Der Patriarch zieht sich zurick 2... 5 50 Erkrankung des Fiirsten Mateiti . . G Joannikios entsagt dem Patriarchate... . cco. Beziehungen der Polen zu den Tataren . . bo Tributforderung der Tataren an Mateiii-Vodt . Des Firsten Georg Rékéery Beziebungen zu den ruminischen Fursten. Verschwiigerung des Fiirsten Vasilie mit mit den Kosakenhetman. . . . Enpressungen der Pforte gegen den Patriarehen. ... 2... 0 ss Ausbruch der Feindseligkeiten zwischen der Moldau urd der Walachei_ und die entscheidende Schlacht. . 2. ee ee Verschworung der Bojaren gegen den Fiirsten Vasilie. . . « Die Maseregel der Pforte gegen R&kécey und Mateiti Basarab . Sturz des Fissten Vasilie Lupul. 2. 2 ee Neuerliche Niedelage der Moldauer . 2... ee liraufruhr in Térgovigte. . . . noua. . Des Farsten Vasilie Lupul Bemuhangen gegen seinen Rivalen . . . . QWisdsrbestitligueg des/Mateiiy e Die Lage der Moldau, Stephan’s Sieg 2... . a . Des Fitrsten Vasilie Gefangenschaft ... 2... — Gelderpressungen, Patriarch Joanichios .. 2.2... oe ee Des Fiirsten Mateiti Tod. 2... fae Restaurationsbestrebungen des Vai stantinopel. 26. ee ee Kirchenstreitigkeiten in Konstantinopel 2.2... 4.0 0..-% . Aufstand der Miliz gegen Constantin Scherban. 2. 2... Tod des Petraschko. . 6 eee ee eee ee Der Dreifiirstenbund und das Verhalten der Pfore .. . 2... 2. Rékéczy's Pline gegen Polen. 2... 1... eee oo Furst Constantin Scherban weigert sich an der Pforte zu erscheinen Rék6czy's und des Fiirsten Constantin schwierige Lage... 2... Des Fiirsten Stephan Sturz und der neue Fiirst Georg Gika. 2... Expedition der Pforte gegen Réké6cry. 2... eee Tributleistungen der drei Provinzen, . . . Binbruch des Futsten Rékéczy in Siebenbiirgen und seine Allianz mit den Exfiirsten, . 2. Gefangenschaft des irsten Georg Gika und sein Nachfolger Gregor Gika Einbruch des Fiirsten Constantin in die Moldau. 2... 2.2... Neue Expedition der Tiirken gegen Siebenbirgen. . 2... Eustratius Dabija, First der Mold... 2.0.0... . Apafly Furst in Siebenbirgen. 2... ee Niederlage der beiden ruménischen Firsten und Fiirstenwechsel in der Walachei, 6 ee Streitigkeiten awischen den Moskowiten und den Tataren |... Bezichungen der Pforte zu Polen... . 2... ee Maaszregelung eines moskowitischen Gesandien und Urzucht der Tataren | Aufstand in der"Walachei, 2 2. ee ee eee 162 166 166 167 168 170 172 173 175 176 177 182 185, 187 19 193 = 197 204 204 207 210 212 218 220 228 230 232 237 239 24t 245 246 248 254 255 256 258 ae 260 264 267 270 273 Vil Vill 113. 114. 115. 116, u7. 118, 119. 120. 12n, 122. 123. 124. 125. 126. 127. 128, 129. 130. 131, 132, 133. 134. 135. ‘Neue moskowitische Gesandschaft und dig Zustiinde in der Moldau und in Ga Welachel Regierungswechsel in den beiden rumanischen Furstenthiimer . (Polen's Berichungentzar Plot 8 Apafly’s Bestrebungen gegen den wiener Hof... . Bemithungen der Pforle den Sobieski zu gewinnen und Kampfe in der Molde ee Bezichungen des Kénigs Sobieski zum Groszfiirsten von Moskau. Bemiihungen des Residenten Khindsperg an der Pforte . . . . « Verhandlungen zwischen Polen und der Pforte. . . . . Beziehungen der Pforte zum wiener Hofe. . . . . Beziehungen der Pforte gu Ruszland .. 1... Zastinde in Siebenbiirgen, in der Moldau und in der Welachei. Friedensverhandlungen mit Polen, . 2. 6 ee ee ee Zustinde in Ungarn and Siebenbiirgen . 2... ee Friedensverhandlungen zwischen der Pforte und den Alliirten Oesterreich, Venedig und Polen Ruscland’s Verhalten und Fortsetzung der Verhandlungen, . . . . . . Friedensverhandlungen zu Karlowitz . 2. 2). 2) ee ee Tod des Kénig Sobieski. 2. ee Ruszland’s Bemithungen gegen den Frieden. 2... 0-0... ee Politik Peter des Groszen im Orient... 2... ee eee Friedenskongresz zu Karlowitz. © 6. 2 0 ee ee es Widerstreben der Polen gegen den Frieden... 2-2... Schluss (des) Mnedenss: certs) Ottingen’s Bothschaft an der Pforte, . 0... 2. 1 es 278 282 286 291 293 312 314 318 319 322 324 328 329 330 380 397 404 406 413 4t5 435 463 - 496 Der Woiewode Michaél fordert die unverweilte und ge- heim zu haltende (ingognito) Hereinbeférderung nach Sieben- biirgen’ des 2u Insbruk weilenden jungen Stephan, Sohnes des vormaligen Woiewoden der Moldau Peter, auf dass er zur Hand sein mége, wenn die Stunde schlagen wiirde ihn auf den Fiirstenstuhl der Moldau zu heben, wo er ohnehin ver- mége seiner Abstammung von fiirstlichem Blute einen will- kommenen Empfang zu erwarten hitte. Gegen diese Zumutung aussern die kaiserlichen Kom- missére doch mancherlei Bedenken und rathen dem Kaiser nicht zur Willfahrung, weil nicht allein die argwohnische Krone Polen 6sterreichische Absichten auf die Moldau wittern, son- dern auch des Wolewoden Michaél Gewissenlosigkeit das Le- ben des jungen Stephan bedrohen kénnte; letzteres sei, meinen sie, um so wahrscheinlicher, als dieser Woiewode einen ihm befreundeten Anhanger um sich hat, dem er das Fiirstenthum der Moldau zudachte. Die Czauschen, die in der Walachei dem Petraschko- Woda die Belehnungsfahne iiberantworteten, kamen eben von dort nach Weissenburg zuriick. *) Wie an den Kaiser so auch an Erzherzog Mathias be- cilte sich Michai-Voda frohen Bericht iiber seine Erfolge in der Moldau zu erstatten und das Ansuchen um Vermittlung in Polen zu stellen, auf dass er von dorther nicht angefeindet oder gar etwa angegriffen wiirde. Des Erzherzogs Antwort driickte die Hoffnung aus, es werde des Allmachtigen Segen und Gnade auch in Hinkunft jedweder Unternehmung des *) Bericht David Ungnad’s und Michaél Székely’s an den Kaiser. Weis- senburg 9. April 1600. 15,501 I. T Woiewoden zur Seite stehen, die zum Ruhme seines Namens, zum Heile der Christenheit und zu des Erzhauses Frommen ausgefihrt wiirde, die aber gleichfalls auf des Kaisers An- erkennung rechnen kénne; er versprach zugleich, durch seine Verwendung beim Kaiser die Abhaltung des Polenkénigs von aller Feindseligkeit wider die Moldau zu erwirken, und in Polen namentlich den Grund geltend machen zu lassen, dass an Michaél’s Heereszug in die Moldau eigentlich der Drei- bund seiner Feinde Jeremias Mogila, Sigismund Bathory und Kanzler Zamoisky ausschliesslich die Schuld triigen, indem sie ihren gemeinsamen Gegner nicht blos aus seinem eigenen Lande, der Walachei, sondern selbst aus einem kaiserlichen Lande, Siebenbiirgen, zu vertreiben sich bemiihten. Auch die Erlassung fernerer kaiserlicher Verhaltungs- vorschriften wurde dem Woiewoden in Aussicht gestellt, einst- weilen aber ihm zur Pflicht gemacht, sich in der Moldau gehérig zu befestigen und einzuwurzeln, die Tiirken durch fortwahrende Angriffe zu Wasser und zu Land, durch steten Abbruch’ an Mannschaft und Proviant vom beabsichtigten Einbruch in Ungarn und Siebenbiirgen abzuhalten, nicht min- der iiber deren Anschlage, Streitkrafte und Heeresbewegungen sichere Kundschaft einzuzichen und schleunige Meldung zu erstatten, iiberhaupt auf alle Mittel zur Schwachung des Fein- des und Vereitlung seiner Absichten bedacht zu sein. Auf solche Art versuchte Oesterreich, welches sich an der beginnenden Expedition durchaus nicht betheiligen mochte, aus der gleichwol gliicklich volifiihrten, nachtraglich den grésst- méglichen Nuzen zu schdpfen, indem es sie mindestens auf diplomatischem Wege, unter seine schiizenden Fittige nahm um dadurch ohne alle Miihe und Unkosten zur Oberherr- lichkeit iiber eine, abgesehen von ihren reichen Hiilfsquellen, schon vermdge ihrer geographischen Lage sehr wichtigen Nachbarprovinz Siebenbiirgens zu gelangen. *) Michaél-Woda’s Absehen ging nun dahin, durch sein unzeitiges Unternehmen gegen die Moldau den Kaiser, dem doch schon die Tiirken und Tataren genug 2u schaffen mach- *) Concept ciner vom Erzherzog Mathias an Michnél-Woda erlassenen Antwort. Juni oder Juli 1600. ten, auch mit Polen zu iiberwerfen, wobei dsterreichischer- seits noch die Besorgniss obwaltete, es kénnte der vertriebene Sigismund, von solchem Wirrsal Nuzen ziehend, in Sieben- biirgen abermals einfallen und das genug verwirrte Wesen noch unentwirrbarer zu machen versuchen. «~Dem Woiewoden rinnt das Wasser allbereits an den Mund, und zu spit will er schwimmen lernen.» *) Nun fing es an, dem herzhaften, aber durch seine widri- gen Schicksale vorsichtiger gewordenen Woiewoden vor dem polnischen Heere angst und bange zu werden. Er begehrte desshalb aus eigenem Antriebe von Basta dsterreichische Trup- penhiilfe wie auch sonstigen Beistand, den er im Nothfalle sehr rasch und nicht, wie friiher, erst nach langem Zaudern gewihrt erlangen wollte. Die kaiserlichen Commissire, mit diesem Gestandniss eigener Schwache, worin sie ein Anzei- chen seiner baldigen vollkommenen Nachgiebigkeit gegen Oesterreich erblickten, vdllig zufriedengestellt, forderten ihn zu vertraulicher Korrespondenz mit Basta auf. Zugleich er- achteten sie es fiir ndthig, dass letzterer sich mit einem glimpflichen Schreiben in des Woiewoden Gunst wieder ein- zuschmeicheln suche und ihm die ausgiebige Unterstiizung zusichere; andererseits aber riethen sie dem Kaiser sich nicht zu ungelegener Zeit mit den Polen zu iiberwerfen. Michaél- Woda dagegen forderte die fiir solchen dringlichen Fall schon vorher mit gegenseitiger Einverstindniss festgezte Diversion gegen Polen durch Autstellung eines kaiserlichen Truppenkorps an der schlesischen Granze, wenn auch blos zum Scheine, da- mit nicht die sich heranwalzende ganze Wucht polnischer Streitmacht gegen Siebenbiirgen und gegen ihn sich concentri ren kénne, sondern zur Zertheilung gezwungen werde; zu die-* sem Behufe bat er, dass auch die kaiserlichen Generale von Ka- schau, Szathmar und Hust mit Ostentation Truppen werben und sich iiberhaupt den Anschein geben michten, als sei es ernstlich auf Polen gemiinzt.**) %) D. Ungnad, Szathmér. 1. August 1600. **) Schreiben D, Ungnad’s und M. Székely's an Dr, Pezzen, Szathmér. 1. August 1600. — Zwei Schreiben Michaél-Woda’s an Székely, Alba Julia, 28, Juli 1600, — Schreiben Michaél-Woda’s an Dr. Pezzen, Alba Julia, 28. Juli 1600, — Schreiben Michaél-Woda's an General Basta, Alba Julia, 2. Aug. 1600. " Michaél-Woda schreibt eine in Siebenbiirgen unerhérte Kontribution auf das Landvolk aus, die auf 6 Thaler sich belief, wovon 3 gleich, die andern 3 binnen 2—3 Wochen zahlbar. In 9 Monaten musste ihm also der arme Landmann 19 Thaler steuern, ein Steuerquantum, dessen Ausschrei- bung die Befugniss eines Statthalters oder Guverneurs weit iibersteigt.*) Der Woiewode Michaél empfing das Geld,**) noch mehr aber die Riistung, die ihm als persénliches Geschenk von Seite des Kaisers iibersendet wurde, mit hohem Wolgefallen, nur erschien ihm jenes nicht hinreichend und drang er auf dessen Vermehrung lebhaft. Als Gegenschenkung fiir den Kaiser bestimmte er ein schénes Ross mit silbernem Reitzeug, ferner eines fiir den Erzherzog und je eines fiir die vornehm- sten kaiserlichen Rathe. Wahrend Ibrahim-Pascha in Belgrad, um seine Entschliessungen und Bewegungen zu treffen, nur noch auf Michaél-Woda’s Willenserklarung harrte, verabschiedete dieser den tiirkischen Gesandten mit so hohen Freundschafts- Ehrenbezeugungen, wie sie selbst dem kaiserlichen Kom- missair Dr. Pezzen nicht zu Theile geworden waren, so dass man Gsterreichischerseits bei dieser Bevorzugung des Tiirken nicht mit Unrecht einigen Verdacht schépfte. Beim Abschied beehrte er die osmanische Gesandtschaft mit walachischer, tiirkischer und Zigeunermusik, bei deren Tonen er so heftig in Thranen ausbrach, dass man ihn von der Gesellschaft so- gar wegfiihren musste. Er gab iiberdies dem Tiirken den Leka Aga zur Begleitung bei, und verhiess den eben im Einsam- meln begriffenen Tribut fiir Siebenbiirgen nach Temeswar ihm nachzusenden. Dieser Tribut traf die Steuerfihigen mit je 6 Thalern, die Sachsennation aber insgesammt mit 120,000 Tha- lern ausser dem von ihr noch in Natur zu leistenden Mehl- und sonstigen Proviantvorrath. Des Woiewoden Worte waren iibrigens dem Anscheine nach sehr loyal und ergebungsvoll gegen den Kaiser, und um dies noch mehr zu bethiitigen, beor- *) D, Ungnad an Dr, Pezzen, Szathmér, 3, August 1600. **) Durch den zipser Kammersekretir, der nach Weissenburg abgefertigt ward, liessen die kaiserl. Commissiire dem Michai-Woda von der versprochenen Geldunterstiizung einen ‘Theilbetrag von 45,000 Thalern iibermitteln. derte er eine Deputation, bestehend aus Balthasar Bornemissza, Bogati und dem Logothet Stoika, an’s kaiserliche Hoflager ab. Der Kénig von Polen schrieb dem Woiewoden, ihn er- mahnend, er mége in guter Freundschaft mit Polen verhar- ren, mit dem Kanzler und Kronfeldherrn sich schriftlich aus- sohnen und einen Abgesandten nach Polen abfertigen, um die Bedingungen und Modalititen zu einem Ausgleich wegen der Moldau festzustellen. Dieser Aufforderung entsprechend be- schloss Michaél die Mission des Stroia Busesku aus der Wa- lachei nach Polen. *) Die Gefahrlichkeit der Lage entging dem hellen Blicke des Woiewoden nicht: die Polen vom Norden her, die mit ihnen verbiindeten Tataren: im Osten, die mit beiden im Ein. verstindnisse von Belgrad heranriickenden Tiirken im Westen bedrohten ihn gleichzeitig, und er sah sich von einer unge- heuren Uebermacht in der Front sowol wie in den beiden Flanken ernstlich gefasst, zudem von den Siebenbiirgern selbst, die mit Sigismund Bathory geheimes Einverstindniss unter- hielten, und ihn in seiner nachsten Nahe mit eben so verdeckten als bedenklichen feindseligen Garnen umsponnen. Sein unbeug- samer Muth blicb aufrecht und paarte sich nur mit kluger Vorsicht und verdoppelter Thitigkeit in der Stunde der Ge- fahr. Er warb daher ungemein eiftig frische Soldtruppen, trieb allenthalben Geldmittel zur Soldbestreitung auf, drang auf das frithzeitige Aufgebot der siebenbiirgischen Stinde mit aller Sorgfalt, traf alle Massregeln wegen Beischaffung und Ver- waltung des Mundvorrathes und versiumte nichts, was der Ernst der Umstinde und die Nahe des Kriegsausbruches nur erheischte. Auch beschloss er die Errichtung zweier Lager, wovon eines in Bistritz, das andere aber bei Szaszsebes (Miih- lenbach), mit einem kleinen Reserveheere bei Kronstadt, um auf soiche Art dem Feinde nach allen Seiten die Spize bie- ten und den Riicken gedeckt halten zu konnen. Die von kai- serlicher Seite angeregte Absendung des Alois Radibrati zu den Krimer Tataren widerrieth er als unniitz, da sie bereits *) Schreiben des Alois Radibrad an David Ungnad, Weissenburg, 31. Juli 1600, — Barilowicz’s Relation an die kais. Kommissiire Ungnad und Székely, Weissenburg 6, Aug. 1600. mit den Polen im Bunde stiinden, und auch die Wege dahin zu sehr abgeschnitten waren; *) auch befiirchtete er, dass Ra- dibrati gleicherweise wie seine eigenen walachischen Abge- sandten daselbst angehalten werden wiirde, weil der Tartar- han des Woiewoden Parteinahme fiir den Kaiser durchschaut hatte. Aber eine nicht blos auf dem Papiere, wie bisher, son- dern in der Wirklichkeit zu leistende Kriegshiilfe, Truppen, nicht blos zum ruhigen Zusehen, sondern zum ernstlichen Kampfen, forderte nun der Fiirst, und 2war in der Art, dass Basta mit seinem Heere bei Tasndd eine Stellung nahme, die ihm gestattete, auf jedesmaligen Anruf des Woiewoden sich sofort mit ihm zu verbinden; zudem drang er auf Bewachung und Sduberung der nach Polen fihrenden ungarischen Ge- birgspiisse, damit bei den Feinden die Besorgniss eines bal- digen Einmarsches kaiserlicher Truppen in jenes Land rege wiirde. Nur unter der Bedingung eines so raschen Beistan- des mochte er dem Basta die durch dessen Hauptschuld er- littene Niederlage vergeben. Er machte sich iibrigens auf den Verlust der Moldau so ziemlich gefasst und erklarte da- her seinen Entschluss, den Gebirgskamm Siebenbiirgens ge- gen die Moldau hin zu bewachen und so zu vertheidigen, dass dem Feinde von dort aus jedes Eindringen unméglich gemacht wiirde. Zur Hintanhaltung der von den Tiirken im Schilde gefiihrten Belagerung von Grosswardein, bedeutete er ihnen, dass er selbst damit umgehe, diese Festung zu be- rennen und die eigentlichen Granzen Siebenbiirgens d. i. die ausseren Komitate, die der Kaiser als zu Ungarn gehorig in Anspruch nahm, wieder 2u besetzen.**) Letzteres aber ver- iibelten ihm die kaiserlichen Kommissire und erblickten darin einen Kunstgriff Michaéls, um sich dieser langst begehrten ausseren Komitate unter dem Vorwande, als giilte es der Hintanhaltung der Tirken, zu selbsteigenem Nutz und From- men ohne Umstand zu bemichtigen. Es sei dies eine im *) Literae Joannis Thoraconimi, Secretarii Camerae Scepusiensis, ad Dr, Ungnad et Székely, Albae Juliae, 2 Augusti 1600, **) Litterae Michadlis Voivodae ad Caesareos Commissarios Ungnad, Pezzen ct Székely, Albae Juline, 2 et 4 Augusti 1600, — Barilowitsch’s Re- lation, Weissenburg, 6. August 1600, — Litterae Michaél Bastam, Albae Juliae, 4 Augusti 1600. -Voivodae ad D-wm Grase ‘verborgene Schlange («hic latet anguis in herba», schrieb Ungnad dem Kaiser. *) Durch den von den kaiserlichen Kommisséren ihm zu- gefertigten Franz Barilowicz wie auch durch Alois Radibrati, der zum Tartarchan bestimmt war, stellte Michaél-Woda an den Kaiser nachstehende Zumuthungen : 1. Oeffnung der Verhaue und Niederreissung der Ver- schanzungen, welche die Polen bei Kassmark im Gebirge zum Schutze ihres Landes aufgefiihrt; Abordnung eines kaiser- lichen ansehnlichen Gesandten nach Polen, zur Hintanhaltung des im Schilde gefiihrten Feldzuges und zur Einstellung aller polnischen Einmischung in die moldauisch-walachischen Han- del, bis der Streit auf diplomatischem Wege ausgefochten wiirde. 2. Vorstrekung einer hinreichenden Geldsumme, falls man offenen Krieg mit den Tiirken wolle; wo nicht, zeit- lichen Friedensschluss, obgleich bei den eben obwaltenden Umstinden mit geringeren Kosten sich gréssere Erfolge als sonst erreichen liessen. So hitte er, wenn von osterreichischer Seite im moldauischen Feldzuge mit noch 100.000 Gulden unterstiizt, sich bereits auf den polnischen Kénigsthron in Krakau gesezt, und wire alsdann von Wien aus eine Auffor- derung an ihn auch selbst durch einen Zigeunerknaben er- gangen, er hitte dieses Kénigreich dem Kaiser bereitwillig abgetreten. Anders und zweckmissiger verfahre diesfalls der Feind: so habe der Sultan dem Tatarchan 100.000 Dukaten vorgeschossen, um die Moldau wieder zu erobern und den vertriebenen Jeremias-Woda dahin zuriickzufiihren ; auch dieser seinerseits habe fiir gleichen Zweck dem Tartarchan 20.000 Dukaten zugemittelt. Da er wegen Geldmangel seinen Truppen keinen Sold auszahlen kénne, so schwebe er in der Gefahr, sie 2u Sigismund Bathory und zu Jeremias-Woda abfallen zu sehen, welche beide durch die Zusage grosseren Soldes sie dazu verleiten wollen. 3. Nichtabsendung des kaiserlichen Gesandten mit Ge- schenken an den Tartarchan, weil ihm das Loos des von Michaél abgeordneten Gesandten bevorstiinde, der auf dem *) Bericht D, Ungnad’s und M. Székely's an den Kaiser, Szathmér, 7. August 1600, Riickwege von den Polen aufgefangen und den Tiirken aus- geliefert worden sei. 4. Schnelle ungesiumte Truppenhiilfe, nicht auf so nach- lassige Art wie dies alle Jahr statt fand.*) Die Vereinbarung Pezzens mit dem Michaél-Woda, wie auch seine Hinreise zu diesem, um miindlich mit ihm abzu- schliessen, erfolgte durch Zustimmung und Anrath der beiden an- dern Kommissire Ungnad und Székely, welche das getroffene Uebereinkommen nicht blos genehmigten und bestitigten, son- dern auch dem Kaiser zur Genehmhaltung dringend anem- pfahlen.**) Nachdem das ésterreichiche friihere Einverstandniss mit dem Tatarchan diesen zu ruhigem Verhalten wahrend des diesjahrigen Feldzuges, den Kaiser aber zu einem Geldge- schenke von 10.000 Dukaten an denselben verpflichtete, musstc es dem Michai-Woda natiirlich auffallen, dass der nach der Tatarei abgeordnete kaiserliche Agent Alois Radibrati, ein Dalmatiner, nicht nur gar keinen Theilbetrag der festgesetz ten Loskaufsimme, sondern an sonstigen Geschenken fiir den Tatarchan blos sechs Becher mitfiihrte. Den schlechten Erfolg voraussehend, rieth Michaél-Woda von so magerer Beschickung ab und iibernahm dafiir die Verantwortung. Unterdessen wuchs die Tiirkengefahr sichtlich. Die os- manischen Streitkrafte concentrirten sich an der Donau, welche zu dem Ende iiberbriickt ward, und in Giurgewo und Rusczuk standen bereits unter drei ansehnlichen Pascha bedeutende Heeresabtheilungen, des Losbruches gewartig. Zudem beord- nete die Pforte den Giuseldsche Mechmet-Pascha von Silistria zum Tatarchan, um sich der Mitwirkung desselben zu ver- sichern. Zur Beschwérung des drohenden Ungewitters schickte der kluge Michael an Ibrahim-Pascha von Belgrad eine Ge- sandtschaft, bestehend aus einem walachischen Bojaren, Dimo *) Relation des Franz Barilowitsch an die kaiserl, Kommisstire, Wei burg, 6, August 1600. Auch Relazione di Alovise Ratibrati ai Sigri Com- missary, Szathmér, 9 Agosto 1600. **) Ungnad u. Székely an den Kaiser, Szathmér, 4. August 1600, ssen- Diese iiberbrachten dem Pascha nebst den ergebenheitsvollen Tschelebi, und Barnalfi, einem siebenbiirgischen Edelmanne. Schreiben auch die Geschenke des Woiewoden : fiinf Falken, zwei riesige Hunde (canes sansoni), vier Zobelpelze, und eine schéne Uhr in Gestalt eines Hahnes; die Absendung des Tribu- tes verhiess Michaél sogleich nach vollendeter Einsammlung, und bat wegen des Verzuges um Nachsicht. Zu gleicher Zeit fertigte er an die Pforte eigene Gesandte, die auch als Gei- seln bei ihr zu verbleiben hatten, mit einem Geldbetrage von 20.000 Dukaten, wie auch mit anderen werthvollen Geschen- ken in Gold- und Silberwaaren ab. *) Wie wenig er die seinen Zwecken zusagende Treulosig- keit scheute, bekundet folgender Anschlag, den er den kai- serlichen Kommisséren melden liess. Sobald die dsterreichi- schen Truppen unter Basta in oder bei Tasndd eingeriickt waren, gedachte er namlich hievon die Anzeige an Ibrahim Pascha zu erstatten, diesen Heranzug aber fiir einen feind- lichen, auf Siebenbiirgen gemiinaten Akt auszugeben und um schleunige tiirkische Hiilfe dringend zu flehen. Riickte nun Ibra- him.Pacha, wie zu erwarten stand, an der Spitze seines Hiilfs- heeres in’s offene Feld, um sich mit dem Woiewoden zu vereinigen, so sollte ihn dieser unvermutet auf der einen, Basta aber auf der andern Seite angreifen und also den zwischen zwei Feuer gerathenen Feind dem sicheren Untergang wei- hen. Der Besiegung der Tiirken wiirde alsdann weit leichter die der Polen und Tataren folgen. Seine Verheissungen klangen so aufrichtig, seine Be- theuerungen so unverbriichlich, seine Lockungen so verfihre- risch, dass aus ihnen auf kaiserlicher Seite vollkommen Zu- versicht und Willfihrigkeit hatten entspringen miissen, wu- cherte nicht bereits in beiden Theilen gegenseitig unvertilg- bares Misstrauen und das, obzwar nicht eingestandene Be- streben, einander aus Siebenbiirgen’s Besitze zu verdrangen. Seine nicht weniger eifrigen als verdeckten Bemiihungen, den Kaiser mit Polen zu veruneinigen und hiedurch letzteres von dem Feldzuge gegen die Moldau und Siebenbiirgen abzuhal- *) Litterae Joannis Thoraconimi, Secretarii, ad D-os Commissarios Al- bae Juliae, 5 Augusti 1600. 10 ten, blieben ja dem wachsamen Wiener Hofe nicht unbekannt ; je deutlicher aber sein Hintergedanke, mit 6sterreichischer Hiilfe sich ein schénes Land bleibend anzueignen, dessen Re- giment er nur widerwillig als kaiserlicher Statthalter fiir frem- de Rechnung fiihrte, zu Tage trat, desto sicherer musste ihm vollends bei den Kaiserlichen das Urtheil gesprochen werden. So durchschaute man ihn ésterreichischerseits gar wol, als er meldete, der Fiirst (Knias) Basil von Podolien ware mit 40.000 Mann in's Feld gezogen und forderte den Einmarsch der kaiserlichen Truppen in Polen, und fiir solchen Fall voll- kommenen Anschluss seiner Streitkrafte, wie auch Ergeben- heit und Folgeleistung an den Wiener Hof versprach. Der Hass der siebenbiirgischen Stinde gegen den Woie- woden wuchs mittlerweile in so bedenklichem Maase, dass sie nunmehr auch zur That zu schreiten und lieber mit den Waffen in der Hand zu fallen als demselben linger zu ge- horchen beschlossen. Insbesondere unterhielten seine Haupt- feinde Bathory Istvan de Somlyo,*) Bathory de Ecsed und Bocskai Istvan gefahrliches Einverstindniss mit dem vertrie- benen Sigismund Béthory, dessen baldiges Einriicken mit einem in Polen geworbenen Heere sie sehnsiichtig erwarteten und dringend betrieben. **) Die aber nicht an den Sigismund Bathory hielten, ver- riethen ihn an den Kaiser oder an beide zugleich, so dass selbst die scheinbar Treuesten nur dem geeigneten Zeitpunkt zum Abfall entgegenblickten, wie Stephan Bocskai,***) Stephan Csdky, Balthazar Bornemissza und Kaspar Kornis. Lezterer, *) Dieser Stephan Béthory unterhielt mit den Kaiserlichen Einverstind- niss, gab ihnen Nachrichten fiber Michaél's Treiben, und bat sie um Rath wie auch um Hiilfe in der Noth. (Relatio Reverendi Georgii Geérgfalusy a Deno Stephano Bathory de Somly6 ad D-nos Ungnad et Székely cum Creden- tionalibus 19 Augusti 1600 expediti.) **) Relatione di Alovise Radibrati ai Commissar} Imperiali, Szathmér, 9 Agosto 1600. ***) Dieser bat niimlich den Kaiser um Riickstellung seiner siebenbiir- gischen Gilter, die auf Befehl des Kardinal’s Andreas Béthory waren einge- zogen worden; er hielt es daher gleichzeitig sowol mit dem Woiewoden, wie mit dem Kaiser, (Gesuch Stephan Bocskai’s de Kys Méria an den Kaiser, August 1600.) vordem Michaél's Gegner und desshalb dem Kaiserhofe mehr gewogen, hatte durch die dem Woiewoden bei der moldau- ischen Expedition geleisteten Dienste sich in desselben Gunst und Vertrauen eingeschlichen, und zur Belohnung dafiir seine ansehnlichen Giiter in Siebenbiirgen zuriickerhalten. Des Woiewoden Unterhandlung mit dem Kaiser in Be- treff Siebenbiirgens wahrte indessen auch nach Pezz's Abreise nach Wien noch fort, so dass also die mit dem Lezteren ge- troffene Vereinbarung um so weniger als endgiiltig gelten mochte, da Michaél im Hinblick auf die stark drohende Kriegsgefahr und die Widerspanstigkeit des siebenbiirgischen Adels sich nunmehr weit leichter einige Zugestandnisse ab- dringen liess, Eine neue Gesandschaft, gebildet aus Kaspar Kornis als erstem, und dem schlichten und ungebildeten Lo- gothet Stoika, als zweiten Bevollmachtigten, unter welchem Titel dieser jenen zu iiberwachen und unschadlich zu machen hatte, iibermittelte in das kaiserliche Hotlager die theilweise neuen Vorschlige des Woiewoden: Dieser sollte den Woiewodentitel ablegen und den eines kaiserlichen Gouverneurs von Siebenbiirgen annehmen, alle Ausfertigungen nur im Namen und mit dem Siegel des Kai- sers besorgen. Ihm zur Seite stiinde zur Landesverwaltung ein Beirath aus dreizehn Mitgliedern, von denen der erste und vornehmste vom Kaiser zu dieser Stelle beordert, die iibrigen zwélf aus der Siebenbiirger Mitte entnommen wiirden. Der kaiserliche Rath sollte ein kriegserfahrener fihiger Kriegs- mann und nur wahrend des Krieges auf diesem Posten be- stellt sein. Die beiden Gesandten drangen vor der Hand auf schleunige vollstandige Auszahlung der dem Woiewoden im verwichenen Jahre noch zugesagten Geldsumme von 100.000 Thaler, wovon ein Theilbetrag seitdem im Riickstande geblie- ben. Ein dringendes Schreiben Michael's an die kaiserlichen Kommissire suchte dieser Forderung durch Hinweisung auf die Gefahrlichkeit der Lage entsprechenden Nachdruck zu verleihen. Als diese Gesandtschaft von Szathmér, wo sie mit den kaiserlichen Kommissaren eine Unterredung pflog, sich zum Besuche Basta’s gegen Erlau hin auf den Weg machte, rie- then jene diesem die Vorsicht an, den zugedachten Besuch in einiger Entfernung vom kaiserlichen Truppenlager desshalb iu 12 entgegen zu nehmen, damit die hohe Meinung der Gesandten von der ésterreichischen Heeresstaérke nicht durch den An- blick des winzigen Lagers eine Abschwachung erleiden mge. Hauptaweck dieses gesandschaftlichen Besuches war dic Erwirkung schneller Truppenhiilfe. Michaél, allerseits bedringt, legte seinen alten Groll gegen seinen gefahrlichsten Feind, den General Basta ab, forderte ihn gleichfalls zur Ausséhnung im Interesse des kaiserlichen Dienstes auf, und er heischte die sofortige Zuweisung einer Heeresabtheilung von 3000 Hus- saren, 1000 Kiirassiren und 500 Mann deutschen Fussvolks nach Siebenbiirgen so dringend, dass hiezu nicht einmal dic erbetene Genehmigung des Kaisers abgewartet, sondern un- mittelbar zur Ausfiihrung geschritten werden sollte. Zugleich ging sein Wunsch auf Anniherung der iibrigen ésterreichischen Truppen an die Grinze dieses Landes, sowol um den anriicken- den Polen und Tataren rasch die Spitze bieten, wie auch um dem wachsenden Uebermut des siebenbiirgischen Adels einen Zaum anlegen zu kénnen. Endlich verlangte er beharrlich eine Scheindemonstration der Kaiserlichen wider Polen, in der Ab- sicht, die feindlichen Streitkrafte wo méglich zur Zersplitte- rung nach mehreren Richtungen zu zwingen.*) Die aufgestellt habe. *) Die ohnehin grosse Aufregung noch gewaltig zu stei- gern und zu verallgemeinern, trugen die groben unleidlichen Ausschreitungen der bunten Soldateska des Woiewoden das Ihrige wesentlich bei. Sie erzeugten bei den Bedrangten Selbsthiilfe, diese aber beim Fiirsten Rachelust im vermeint- lichen Interesse seiner Autoritaét, die er fiir verlezt und siih- nungsbediirftig hielt. Schwer biisste die wolhabende Stadt Hunyad, die eine walachische Besatzung von hundert Mann unterhielt, ihren durch die unertraglichen Uebergriffe der letz- teren hervorgerufenen Aufruhr, bei dem fiinfzig dieser Séld- linge zum Opfer fielen. Nun schritt die Burgerschaft der Stadt beim Fiirsten um Urtheil und Strafe fiir die Schuldigen ein, und erhielt von ihm die betreffende Zusage; trotadem jedoch sah sich die Stadt (6. August 1600) auf des Fiirsten Befehl unvermutet von 2000 Kosaken und Walachen feindlich um- zingelt, die als Repressalie fiinfzig Birger unbarmherzig nie derhieben, Kinder spiessten, Schwangere mordeten, die Stadt auspliinderten und sie schliesslich mit ihren 300 Hausern in Asche verwandelten. Gewaltiger war noch die Erbitterung als der Schrecken im Lande iiber diesem Akt von Grausam- keit, und Michaéls zuchtlose Schaaren hielten sich zur Plin- derung fiir desto berechtigter, als er ihnen den verheissenen Lohn nicht zu entrichten vermochte. ™) *) Litterae D-ni Ungnad et D-ni Székely ad D-um Stephanum Cséky Sathmér, 23 Augusti 1600, — Ungnad an Erzherzog Mathias, Szathmér 23. August 1600, — Ungnad und Székely an den Kaiser, 27. August 1600. — I terae D-ni Ungnad et D-ni Székely ad Michaélem Voivodam, Szathméri, 30 Au- gusti 1600. **) Relatio Joannis Thoraconimi, Secretary ex Transyluania reuersi, Seathmér 13 Augusti 1600. 18 14 In dieser verhangnissvollen Lage, wo das Misstrauen allenthalben, die Eintracht nirgends waltete, wo man eben so sicher auf Feinde als unsicher auf Freunde zihlen konnte, und wo selbst den Kaiserlichen nur geringe Hoffnung auf Sieben- biirgen’s Erwerb verblieb, fiihlte sich Michaél um, so being- stigter als unter seinen eigenen Truppen der Mangel an Manns- zucht und der Abfall zum Feinde starke Demoralisation ver. ursachten und die Reihen gewaltig lichteten. Ein blutiger Raufhandel zwischen einem Schwarm von 300 Kosaken und seinen walachischen Truppen in Weissenburg artete zuletzt in ein formliches mehrstiindiges Gefecht aus, zu dessen Stil- lung kaum Stoika’s und des Woiewoden ganze Autoritit und persénlicher Muth ausreichten, so dass wihrend des Tumultes beide in persénliche Gefahr geriethen und nur mit knapper Noth sich in die Burg dieser Stadt zuriickzuziehen vermoch- ten. Bald darauf fielen, vom Feinde verleitet, 700 Kosaken von Michaél ganzlich ab, rissen plétzlich aus und entkamen tiber Sibo und Szigeth nach Polen.*) Vergeblich wandte sich der noch zeitlich von ihrem Anschlage unterrichtete Woiewode an die kaiserlichen Kom- missére und an Basta, um ihnen den Durchzug iiber Ober- ungarn wehren zu lassen. Die Commissire, von haarspalten- der Vorsicht oder Missgunst getrieben, glaubten sich desshalb vorerst an Basta richten zu sollen, dieser aber war noch zu entfernt, und mittlerweile schliipften die Kosaken, die keine solchen Bedenken trugen, iiber dsterreichisches Gebiet ganz unbeanstandet durch.**) Aber cin weit gefahrlicherer Schlag sollte den Woie- woden durch den Treubruch seines tapfersten Generals treffen. Moises Székely, Michaél’s Armee in der Moldau befehligend, verliess eigenmichtig seinen Posten im verhiingnissvollsten *) Bericht der Commissire Ungnad und Székely an den Kaiser, Szath- mr, 19. August 1600. — Georg Pogén’s Vicegespann's der Marmarosch Bericht an Ungnad und Svékely, Szigeth, 26. August 1600, **) Litterne Michaélis Voivodae ad Dos Ungnad et Székely , Albae Juliae, 13 Augusti 1600. — Eiusdem literae ad Bastam, de eadem die. — Be- richt Ungnad's und Székely's an den Kaiser, Szathmar, 19. Aug, 1600. Augenblicke, brach daher mit dem Fiirsten so griindlich, dass er seines Lebens nicht mehr sicher war. Er nahm demnach 103 auserlesene Soldaten mit sich und entwich in's geheim aus Siebenbiirgen iiber Oberungarn nach Polen zum Sigismund Bathory. Zwar liess Michaél durch seine vornehmsten Boja- ren an der Spitze einer Reittertruppe ihm nachsetzen, und Aimnestie sowol wie auch neue Gunst nebst andern glinzen- den Verheissungen fiir die freiwillige Riickkehr antragen; doch die Schnelligkeit des Fliehenden war grésser als die der Verfolgenden, welche weit zuriickblieben. Gleich treu- los verfuhr auch ein anderer Kriegsmann von gleich gros- sem Rufe, Gaspar Sibrik, der nach Grosswardein und von dort auch nach Polen floh. Der meineidige Uebertritt beider erschien um so bedauernswerther, weil sie in alle politischen und militarischen Geheimnisse des Woiewoden tief eingeweiht, daher ungemein gefahrlich waren. Eben so scheiterte Mihaél’s Versuch, durch Vermittlung des nach Torda abgeordneten Stephan Csdky den siebenbiirgischen Adel in sein Lager zu entbieten. *) Der Woiewode, iiber solche Untreue und Widerspin- stigkeit gewaltig ergrimmt, griff nun zu Maasregeln der Stren- ge, die seinem reizbaren Temperamente ohnediess mehr zu- sagten, verfiigte Giitereinzichungen, Einkerkerungen, selbst Niedermezlungen in reichem Masse, und liess selbst den Kaspar Cornis, der noch unlangst sein Gesandter und Vertrauter war, gefiinglich cinzichen. Dadurch erbitterte er wol, beruhigte aber keineswegs die Gemiither der Adels- und Magyarenpartei, die dem Woiewoden nicht blos in nationaler Beziehung groll- ten; denn Michaél’s Regiment, welches in seinen héchsten Spitzen aus unwissenden Gewaltmannern verschiedener Race wie Stoika, Ban Mihalcze, Georg Raz (einem Slaven) und Peter Armin (einem Armenier) bestand, liess auch in politi- scher und administrativer Bezichung noch gar vieles zu wiin- schen iibrig und konnte es auch nach dieser Richtung zu keiner Beliebtheit oder nur Ertraglichkeit bringen.**) *) Literae Stefani Cstky ad Commissarios Caesareos, Tordae, 21 Au- gusti 1600,— Ungnad und Székely an den Kaiser, Szathmér, 21. Aug. 1600. **) Bericht Ungnad's und Srékely’s an den Kaiser, 27. Ang. 1600. Szathmér, 16 Unterdessen war schon Polen’s Kronfeldherr Johann Za- moysky, bei dem sich auch Sigismund aufhielt, gegen die Moldau geriickt, hatte bis zur erwarteten Ankunft der Tata ren bei Chotin ein Lager bezogen, und in dieser Festung einen gewissen Polanowski, Ritter des goldenen Spornes (au- ratus miles), zum’ polnischen Befehlshaber ernannt. Dadurch nun kam nicht allein die Moldau in hohe Gefahr, sondern es war Siebenbiirgen selbst im Riicken bedroht.*) Je bedrohlicher die Lage, desto driickender gestaltete sich des Woiewoden villiger Geldmangel. Dieser zwang ihn unter Anderm zu dem Auskunftsmittel, einen Ochsentrieb von 2000 Stiick nach Ungarn des Verkaufes halber zu veranstal- ten, und er forderte von den dsterreichischen Commissaren Zollfreiheit fiir diesen Eintrieb. Der Unmut und das Misstrauen der Kaiserlichen wider Michaél wurden iibrigens in letzter Zeit noch durch zwei Um- stinde bedeutend gesteigert. Zuvorderst namlich liess sich der Woiewode die Absicht merken, die von ihm confiscir- ten Giiter siebenbiirgischer Adeligen eigenméachtig Anderen zu verleihen, worin die dsterreichischen Commissire einen Eingriff des Gouverneurs in die blos dem Kaiser als alleini- gem Landesherrn von Siebenbiirgen zustehende Souveranitit, wovon das Verleihungsrecht nur einen einzelnen Ausfluss bilde, erblickten, wesshalb sie dem Kaiser die rechtzeitige Hin- tertreibung eines so missfilligen Vorhabens anrieten. **) Ein noch belangreicheres Aergerniss fiir die Kaiserlichen lag in der militdrischen Expedition, womit der Woiewode den Stephan Csdky 2ur Besiznahme der unter der Benennung cdussere Theile Ungarn's (exteriores partes Hungaria)» be- kannten ostmagyarischen Comitate betraute. Ernstlichen Ein- *) Literae Nicolai Kaliski, Vice-Capitanei Kolomiensis, ad D-um Fri- dericum ab Herberstein, ex Arce Kolomiensi, 7 Augusti 1600, **) Literne Michaélis Vaivodac ad Commissarios Caesareos, Albae Juliae, 18 Augusti 1600, — Bericht Ungnad’s an den Kaiser, Szathmér, 18. August 1600. ***) Bericht Ungnad’s an den Kaiser, Szathmar, 28 August 1600. spruch dawider erhebend, forderten die dsterreichischen Com- missire ungesdumten Gegenbefehl an Csdky, und drohten, wofern diese Besiznahme dennoch zum Vollzuge kame, nicht blos mit des Kaisers Ungnade, die auf das Ergebniss der schwebenden Unterhandlungen nur einen nachtheiligen Rik- schlag iiben miiszte, sondern auch nicht undeutlich mit einem bewaffneten Einschreiten der Kaiserlichen Regierung zur Ver- eitlung der Vergrésserungsabsichten Mihails.*) Bei so bewandten Umstinden besassen die kaiserlichen Kommissire, dem noch immer gefiirchteten Fiirsten gegen- iiber, weder den Muth offenen Versagens noch die Resigna- tion ruhigen Gewahrens : sie befolgten also eine winkelziigige Politik geschickten Lavirens und arglos scheinenden Hinhal- tens, wodurch einestheils Michaél in fortwahrender Anhing- lichkeit an und Abhangigkeit von Oesterreich erhalten, an. dererseits aber aller Mittel, die ihm Siebenbiirgen’s Behaup- tung fiir eigene Rechnung erleichtern durften, baar und ledig gelassen werden sollte. Der Woiewode forderte je linger je dringender Geld- und Truppenhiilfe: die Kommissire erwie- derten, sie miissten hiezu vorher des Kaisers Genehmigung einholen und hatten den Alois Radibrat als Kurier nach Prag in's Hoflager entsendet. Geldhiilfe kénne ihm ubrigens erst werden, wenn die angebahnte Vereinbarung in Betreff’ Siebenbiirgens die kaiserliche Bestatigung erhalten hiatte. Der Fiirst, von der Noth des Augenblicks gedrangt, flehte um Truppenhiilfe auch vor Einlangen des kaiserlichen Bescheides. Die Kommissare erwiederten, seine Forderung sei gerecht und sie wiirden dieselbe beim General Basta durch den persénlich zu ihm eilenden Kommissir Michael Zekel an- gelegentlich befiirworten, soweit die Riicksicht auf Oester- reichs eigene Sicherheit, die durch die Tiirken und Tataren von Szolnok, Hatwan und anderen Orten aus stark bedroht wiirde, es iiberhaupt thunlich erscheinen liesse. Der Woiewode erneuerte seine Bitte mittels einer dritten Gesandtschaft, die, aus dem Siebenbiirger Kaspar Bornemissza, wie auch einem walachischen Bojaren mit Vistiars Rang zu- *) Litterae D-orum Ungnad et Székely ad Michailem Vaivodam, Szath- mar, 30 Augusti 1600, 15,501 I. 2 sammengesetzt und abermals sowol an die Kommissire als auch an Basta beordert war. Die Kommissire erwiederten: bei den vielfachen Geriichten iiber den Anmarsch der Tiirken und Tataren wider Ungarn werde Basta’s Antwort erst nach- folgen; und nicht minder sei auch in Betreff der Geldhiilfe bis zur Herablangung der kaiserlichen Entschliessung zur Zeit noch einige abwartende Geduld von néthen.*) In Folge solcher Vorginge verbitterte sich das Ver- hiltnisz beider Theile augenfillig. Der ungeduldige Woiewo- de, sein dringendes Hiilfsbegehren nochmals vorbringend, fiigte diesmal mit bitterer Klage hinzu, man verfahre nicht redlich mit ihm, und gebe leere Worte fiir ernste Verheis- sungen, tduschende Vorspiegelungen fir vereinbarende Un- terhandlungen; es falle daher alle Verantwortung ob des be- reits erlittenen und noch im Anzuge befindlichen Ungema- ches auf diese Vertreter des Kaisers. Die Commissire, ihn wegen der Geldhiilfe abermals auf Geduld, und wegen der Truppenzuweisung: auf Basta’s Bescheid unbestimmt verwei- send, walzten unter Betheuerung ihrer Gewissensreinheit alle Schuld von sich ab und auf Michaél hiniiber: seine hartnakige Verschmahung der vaterlichen Rathschlage des Kaisers und der redlichen Mahnungen der kaiserlichen Vertreter in Be- treff seines Verfahrens gegen die siebenbiirgischen Riinke- schmiede und Unruhstifter habe, weit mehr als aller Geld- mangel, die heillose Verwirrung in diesem Lande herbeige- fiihrt, zu deren Lésung es nunmehr zu spit sei; in Bezug auf die Geldfrage widerstreite des Woiewoden Ansinnen dem zwischen ihm und Dr. Pezzen verabredeten Uebereinkommen, in dessen Gemissheit diese Geldhiilfe durch die vorgingige kaiserliche Genehmigung der Festsetzungen iiber Siebenbiir- gen’s Besitz, Verwaltung und Regierung bedingt werden sollte; dennoch hege weder der Kaiser noch seine Commissare, zum Woiewoden so wenig Zutrauen, dasz sie fiir die geforderte pekunidre Aushiilfe ihm die Stellung von Geisseln oder Un- terpfindern zumuthen wiirden; ein neuer Kurier stehe iibri- *) Bericht Ungnad’s an den Kaiser, Seathmér, 27. August 1600. — Literae D-rum Ungnad et Székely ad Michaélem Voivodam , Szathmér, 10, 26 et 30 Augusti 1600. gens bereit die beschleunigte Herablangung des endgiiltigen kaiserlichen Beschlusses 2u “ermdglichen. *) Obwol nun von polnischer Seite alle Streitmacht zum Angriff auf die Moldau gefiihrt und gegen Oesterreich kei- nerlei Feindseligkeit beabsichtigt wurde, so besetzten dennoch die Kaiserlichen die nachst Kasmark und Leutschau nach Po- len den Zugang dffnenden Gebirgspisse; um so mehr fanden sie sich zur Besetzung der von Ungarn bei Huszth und Kévar nach Siebenbiirgen leitenden Passe veranlasst, theils um die in lezterem Lande ausgebrochene Krisis in der Nahe zu iiber- wachen, theils um den Zuzug der Bathoryschen Anhanger nach Polen und der’ Moldau auf dieser Seite hintanzuhalten; denn die von Siebenbiirgen nach der Moldau fiihrenden Ge- birgswege waren ohnehin schon von den wallachischen Trup- pen und den Széklern bewacht, welche letztere der Woiewode durch Zusicherung ihrer alten Rechte und Freiheiten fiir seine Zwecke eben so gut zu gewinnen verstanden hatte, wie die Bewohner der Festung Kévar, denen er dieselben Begiinsti- gung zu Theil werden liesz. Basta rikkte indesz schon gegen Siebenbiirgen heran, wie es der Fiirst Michail, freilich in an derer Absicht, wiederholt gefordert hatte.*") Die Lage der Dinge war zu verwikelt und die Stim- mung der einander gegeniiberstehenden Parteien zu gereizt, um eine ruhige Lésung, einen geregelten Ablauf der ange- schwellten Gewasser gestatten zu kénnen. Wie nun Sieben- biirgen’s Besiz dem Woiewoden zu sehr am Herzen lag, um sich desselben freiwillig entauszern zu wollen, eben so hatte auch der Kaiser sein Auge darauf zu innig und entschlossen geworfen, als dasz es die lokende Beute so leichten Kaufes ohne allen Kampf hatte fahren lassen mégen. Der Woie- wode hatte Gsterreichische Kriegshiilfe wider seine sieben- biirgischen Feinde erbeten und vertrauensvoll in’s Land ge- lassen; Basta, ohne das mindeste zu verrathen, zog schwei- gend und dem Scheine nach als Hiilfebringer heran, machte *) Litterae Commissariorum Caesareorum ad Michaélem Vaivodam, Szath- mar, 30 Augusti 1600. *) Berichte Ungnad's und Székely's an den Kaiser, 18. u, 27. Aug. 1600. oe 20 aber sofort mit den Siebenbiirgern Front gegen den Woie- woden. Des lezteren Grausamkeit und Willkiihrherschaft, die zwar schon in seiner heftigen Natur begriindet, aber durch den Trotz seiner inlindischen Feinde aber noch gewaltsamer heraus- gefordert war, trugen allerdings zu diesem unerwarteten Biind- nisse der Kaiserlichen mit der siebenbiirgischen Nationalpartei das Ihrige bei; im Grunde jedoch boten sie diesen beiden blos einen schiklichen Vorwand zur Beméantelung ihrer Hin- tergedanken, die nur zu bald sich offenbaren sollten. Ersah namlich das Wiener Kabinet in dem Augenblicke, wo gewal- tige innere und aussere’ Feinde gegen den heldenmiitigen Mi- chai-Voda losstiirmten, die beste Gelegenheit durch dessen Verderben sich den bleibenden Besiz Siebenbiirgens zu sichern, so lag dagegen dem Adel dieses Landes an der Vertreibung des vielgefiirchteten Mannes hauptsachlich desshalb so viel, weil die Abschiittelung des Fremden-Joches und die Wieder- einfihrung einer nationalen Regierung sich dann um so leich- ter erreichen liesze. Stande einmal nach Besiegung des Woie- woden die ohnehin wenig zahlreiche dsterreichische Hiilfs- truppe vereinzelt und auf sich allein angewiesen da, so hoffte man, wiirde sie dem durch Polen, Moldauer und Tiir- ken unterstiizten Anpralle Siebenbiirgens nicht Stand halten kénnen. Wie der Kaiser den Michai-Woda, so sollte Sigis- mund Bathory den Kaiser verdrangen, und deszhalb fiihrten die Siebenbiirger diesen im Munde, jenen im Herzen. Auch war diese Stimmung im kaiserlichen Lager so genau bekannt und die Besorgniss so vorwaltend, es kénnte die Schilderhe- bung der Nationalpartei eben zu Sigismund’s Gunsten und in Absicht auf eine Vereinigung mit demselben erfolgen, der allbereits in der Moldau sich zum Ejnfalle riistete, dasz man es vorzog dem Unwetter noch bei Zeiten zuvorzukommen und Sigismund’s Anhang sich fiir den Augenblik als Bundesge- nossen beizugesellen. In der Wahl der Bundesgenossenschaft zwischen dem einheimischen und dem fremden Gegner ent- schied sich aber die wiener Politik mit richtigem Blik fiir den ersteren, der jedenfalls als im Lande wurzelnd mehr zu fiirchten war als der tapfere Eindringling aus der Walachei, dessen mehr aut seiner seltenen Persénlichkeit als auf der Geltung des von ihm reprasentirten nationalen Elementes ru- hende Herrschaft ephemer und duszerlich aufgepfropft schien, Das Misztrauen war indesz gegenseitig und gleichbemessen : wihrend also die Kaiserlichen nach dem Besize der in Mi- chai-Woda’s Gewalt befindlichen Festungen Kévar und Sza- mos-Ujvar strebten, um den Stinden zuvorzukommen und gegen sie strategisch sich im Vortheil zu stellen, wurde da- gegen siebenbiirgischerseits durch Besetzung und Absperrung aller nach Ungarn fihrenden Gebirgspisse und Verkehrs- strassen alle dsterreichische Verbindung mit dem Woiewoden so scharf abgeschnitten, dasz die Kaiserlichen Commissire von ihm nicht einmal Bescheid auf ihre Anfragen zu erlangen vermochten. Der wirksamste Anstosz und der entscheidende An- schlag zur siebenbiirgischen Erhebung ging iibrigens von kaiserlicher Seite aus. Die Stimmung der Commissire, bei denen sich auch Dr. Pezzen befand, 2u erforschen, und seine “persénliche Ergebenheit an den Tag zu legen, verfiigte sich zu ihnen nach Szathmér Franz Allard, einer der vornehmsten Haupter der Nationalpartei. Auf seine Bemerkung, dasz nur des Woiewoden Schrekensherschaft den Anschlusz und die Huldigung Siebenbiirgens an den Kaiser gewaltsam hintan- halte, lautete der Bescheid der Commisstire: cein ganzes Land ckénne jederzeit einem einzelnen Menschen widerstehen und «schaden>. Dieser offenbare Aufruf zur Revolution verbrei- tete sich alsbald wie ein Lauffeuer unter den siebenbiirgischen Magnaten, und wirkte umso tiefer, als die Kunde von Basta’s Heranzug mit seiner Streitmacht den praktischen Kommentar hiezu lieferte. Die Stinde beriethen sich insgeheim, warben Truppen, verleiteten die Anhinger Mihai-Woda’'s zum Ueber- tritte, organisirten sich nach Méglichkeit, zogen die Stadte in die Volkserhebung mit hinein und bezogen wolgeriistet und kraftbewuszt das Lager von Thorda. Dort sagten sie dem Woiewoden offen den Gehorsam auf und sandten sofort mit dringenden Bitten um kaiserliche Truppenhiilfe. Als diese nicht sogleich erfolgte, indem sowol die Commissire als Basta selbst in Betreff der zu ergreifenden Partei noch unentschlos- sen waren und dem Gesuche lediglich mit der umbestimmten Versicherung ernstlicher Riiksichtnahme und angelegentlicher Fiirsorge um des schwergepriiften Landes endliche Beruhi- gung erwiderten, so erging bald darauf an die Commissire a 22 ein noch dringenderes Bittschreiben der Stunde, in welchem sie fiir den Verweigerungs- oder Verzégerungsfall der begehr- ten Hiilfe ihren durch den Drang des Augenblikes gebotenen Beschlusz, sich auf Sigismund’s Seite zu schlagen, nicht undeutlich durchschimmern lieszen. Sie erklarten ihre unver- briichliche Treue und thatbereite Hingebung fiir den Kaiser, den sie als ihren rechtmaszigen Herrn anerkannten, und gaben, sich als Gesammtheit entschuldigend, die gegenkai- serlichen Kundgebungen friiherer Zeiten blos den Umtrieben einzelner Parteiginger zur Schuld; allein nur durch rasches Handeln kénne das Land dem Kaiser gerettet werden; gin- ge fiir diesen nun Siebenbiirgen verloren, so ware ein so beklagenswerthes Ereignisz ausschlieszlich der gar nicht oder doch zu spit geleisteten Kriegshiilfe zuzuschreiben, und sie miissten fiir solchen Fall jegliche Verantwortlichkeit vor Gott und Menschen entschieden von sich ablehnen. Eine so schwere Verantwortlichkeit auf sich zu laden, trugen aber die Commissare und insbesondere Basta um so weniger Lust, als nicht blos von beiden streitenden Parteien, sondern eben so von Seiten einzelner einfluszreicher Privat- manner wie Gyulaffi Laszlo und Franz Allard de Pdnith, sich die Aufforderungen zum bewaffneten Einschreiten taglich mehr- ten, dessen Unabwendbarkeit einhellig andeutend, solle nicht der vornemlich in den unteren Klassen wurzelnde und rastlos thitige Anhang Sigismund’s vollends die Oberhand gewinnen. Zugleich sandte die Stadt Klausenburg zwei abgeordnete, Martin Borbély und Peter Stenzel, an die Commissire, mit der Anzeige, dasz die im Lager zu Thorda versammelten Stinde, Gespannschaften und Széklerstiihle ihr den Anschluss an die begonnene Kundgebung und die Aufstellung einer Schiizenabtheilung von 1000 Mann im gemeinschaftlichen L ger angesonnen habe; um nun nicht wie bei friiheren po schen Veranderungen, abermals in den Verdacht kaiserfeind- licher Gesinnung und Bestrebung zu verfallen, bat sie um gutachtliches Anrathen in Betreff der unter so schwierigen Umstiinden einzuschlagenden Richtung, der sie als treugesinnte und dem Kaiser gehorsame Stadt unabinderlich zu folgen verhiesz. Ungnad nahm die beiden Abgeordneten in Basta’s Lager zu Szdnté Tasndd und ertheilte ihnen daselbst den Be- scheid, er werde bei seinem baldigen Aufbruche nach Thorda seinen Weg uber Klausenburg nehmen und persénlich den geforderten Rath kundgeben.*) Um die noch schwankenden Kaiserlichen zum Einriiken vollends zu bestimmen, stellten Siebenbiirgens Stande und gesammter Adel ein férmliches Sichergeleite fiir des Kaisers Hiilfsheer und Commissire aus, worin sie nicht nur alle von beiden Theilen gemeinschaftlich (nobiscum una) zu fassenden Beschliisse gut zu heiszen und zu vollziehen vesprechen, son- dern auch eidlich angeloben und sich verpflichten, falls noch vor dem Eintreffen dieses Hiilfskorps irgend ein Feind oder Nebenbuhler mit Eroberungsabsicht ins Land einfiele, demsel- ben weder Hiilfe, noch Beistand zu bringen, vielmehr aus allen Kraften und mit vereinter Macht Widerstand zu leisten und ihn aus dem Lande zu vertreiben. Diese Lossagung von Sigismund’s Partei nebst der offenen Verdammung und der zugesagten Abweisung des von ihm beabsichtigten Einfalles verfehlte die gewiinschte Wirkung keineswegs: der Einmarsch der Kaiserlichen ging in Eilmarschen vor sich, Pete Laszlo und Tékély mit ihren Abtheilungen wurden sofort, als Bas- ta’s Vorhut, zur Vereinigung mit den Standen beordert, um diesen Mut und Trost zu bringen, und am 15. September stand Basta mit seinem kernigen Heere und auch Ungnad im Lager zu Thorda, wo die stindische Streitmacht, die allein schon 20—25.000 Mann zihlte, gleichfalls Kampfbereit concentrirt war. Doch nicht bedingungslos anerkannten die Stande die dsterreichischen Oberheit, sie stellten viel mehr ihre Postulate, die vorzugsweise auf Gewahrung und Sicher- stellung der Religionsfreiheit Bezug hatten und deren Ver- handlung die Kaiserlichen sich fiir spater vorbehielten, indem *) Bericht Ungnad’s und Székely's an den Kaiser, Szathmdr, 8, September 1600, — Liter responsorie D-ni Ungnad ad Judicem juratosque cives Civi- latis Claudiopolitanz, Incastris ad Sednt6 prope ‘Tasnéd positis, 7 Septembris, 1600, — Responsorie D-ni Ungnad et D-ni Székely ad Proceres et Nobiles Transylvanize, In castris ad Majtény positis, 5 Septembris 1600. — Liter tuum et Ordinum et universe Nobilitatis Transilvaniee ad Czesareos Commissa- rios, In castris ad appidum Thorda positis, 6 Septembris 1600. -- Litere Francisci Allard de Pénith ad D-um Ungnad et D-m Székely, In castris ad appidum Thorda positis, 6 Septembris 1600. 28 24 hieriiber des Kaisers selbsteigene Entscheidung endgiiltig ein- geholt werden muszte. *) Nun erst war der Bruch mit dem Woiewoden vollstan- dig, und die Repressalien begannen sofort auf beiden Seiten. So liesz Ungnad die 2000 Rinder, die Michai-Woda aus der Walachei zum Verkaufe, oder wie er angab, zur Beschenkung des Kaisers, nach Ungarn abgeschikt hatte, mit Beschlag be- legen, bis das Schicksal des nunmehr als Feind erklarten Man- nes zur Entscheidung herangereift ware. Und um so_natiir- licher war es, dasz die noch riickstindige, dem Woiewoden zugedachte kajserliche Geldhiilfe nunmehr gegen ihn verwen- det wurde, weil man die ganze Schuld des Aufstandes auf ihn allein schob. Der Commissar Székely durchzog die Comitate an der siebenbiirgisch-ungarischen Granze, um sie zum be- waffneten Aufgebote wider den Woiewoden aufzureizen, Des letzteren Hiilfsmittel und Hoffnungen schwanden zusehends in dem Masze als die Zahl und Kiihnheit seiner Feinde sich verdoppelnd mehrte. Der Abfall lichtete seine Reihen, und der Geldmangel trieb die nicht gelohnten Soldtruppen in das feindliche Lager hiniiber, wo sie gute Besoldung nebst Aus- sicht auf Beute fanden. Die ganze besoldete ungarische Rei- terei Michai-Woda's, 20 Fahnlein stark, dessen Hofinfanterie, 600 Mann zahlénd, die berittenen Székler vom Maroser Di- strikt, 400 Mann stark, simmtliche Székler, sowol Reiter als Fuszgiinger, aus dem Aranyoser Stuhl, das ganze Aufgebot von Dees, Thorda, Enyed, eine nicht unbedeutende Ko- sakenabtheilung: all diese Truppen schwellten nunmehr die feindliche Heeresmasse an, die somit an Abtriinnigen 2000 Walachen, 800 Rascier, 700 Szekler in sich aufgenommen hatte. Selbst die vorsichtigen Sachsen, obgleich den bewaff- neten Standen sich nicht anschlieszend, sagten dem Woie- woden, der in sein Lager sie beschied, den Gehorsam auf, und ihre Stadtrichter erklarten ihm, dasz die Beschliisse des *) Bericht Ungnad’s und Székely's an den Kaiser, Szathmér, 11. Sep- tember 1600, — Lettera di Giorglo Basta al Sig-r Ungnad et Sig-r Székely, Zilah 9 Settembre 1600, — Literse obligatoriee, & Proceribus, Magnatibus, Ordi- nibus et universa Nobilitate Transylvania ad D-um Ungnadium et D-um Zeke- lium ex Castrisad oppidum Thorda positis, 7 die Septembris A-o 1600 scrip te, — Bericht Ungnad’s an den Kaiser, Klausenburg 15. September 1600. demnachst zu Hermanstadt abzuhaltenden sachsischen Natio- naléonvents auf das Verhalten ihrer Nation allein maszgebend sein wiirden; dies war offenbar eine auf Zeitgewinn berech- nete Politik, um sich nach des Kampfes Entscheid selber zu entscheiden.*) Des Krieges iiberdriissig, weil durch dessen Last und Ungemach schwer gedriickt, begann auch schon das arme Landvolk von dem stamm- und glaubensverwandten Woie- woden sich abzuwenden. Zugleich suchten die Stande nicht ohne Erfolg durch Absperrung und Unwegsammachung der nach der Walachei und Moldau fiihrenden Passe dem Michai- Woda sowol die Hiilfsmittel dieser beiden Lander wie auch im Falle einer Niederlage den Riickzug dahin abzuschneiden. Auch nach den noch iibrigen Kosaken in des Fiirsten Lager warfen die Stande ihr Verfiihrungsnetz aus, und nur die reich- lichen Spenden und die argwéhnische Wachsamkeit des Sold- herrn, verbunden mit der Unméglichkeit, ihre sammtlichen Gepickwagen gefahrlos mit hiniiberzufliichten, hielt die ge- wohnlich dem Meistbieter sich hingebenden Steppensdhne bei ihrer einmal iibernommenen Dienstpflicht; gleichwol erklarten sie, wofern die Stande wegen des in Stich zu lassenden Ge- piickes volle Entschidigung zusagten, sich zum Ueberlauf bereit. Ueberdies verfinsterte sich des Michai-Woda Horizont auch von anderer Seite immer starker: der polnische Kanzler und Sigismund Bathory standen bereits am Dniester, unweit Kamenicz, und gedachten, im Bunde mit dem moldauischen Fiirsten Jeremias Movila, durch die Moldau nach Siebenbiir- gen vorzudringen. Vergebens protestirten Polens Kénig und Senat, die an der Verwiklung in Liefland sich schon geniigen lieszen, gegen einen Feldzug, der ihner noch neue Schwierig- keiten mit dem Kaiser in Betreff Siebenbiirgens und mit den Tiirken wegen der Moldau gleichzeitig an den Hals zu ziehen drohte; bei dem biésen Gefiige des polnischen Staatsorganis- mus und bei der, die anarchischen Elemente férdernden Schwa- *) Summa liierarum Maguifici Stephani Cstky ad Generosum Gabrie- Jem Haller ex Castris ad Tordam positis die 4 Septembris 1600, — Ungari- sches Schreiben des Balthazar Kornis an Leka Aga, Németi, io. September 1600. 25 26 che der Centralgewalt war nichts natiirlicher und gewéhn- licher, als dasz solch hohe und héchste Einsprache unbeachtet verhallte. Michaél’s Heer war nunmehr auf 10.000 bis 12.000 Mann zusammengeschmolzen, die Schaar seiner Getreuen durch Ver- rath ungemein verdiinnt, und seine Stellung durch den Ver- lust Kéwar’s vollends unhaltbar. Nach dem Besitze dieser starken Festung, die nebst Huszt und Grosswardein Sieben- biirgen’s Schliissel bildete, streckten zur selben Zeit die Kai- serlichen sowol wie die Stande gierig die Hand aus, mit glei- chem Misztrauen einander die Einnahme derselben miszgén- nend, Leka-Aga, ein eben so tapferer als dem Woiewoden ergebener Mann, befehligte in desselben Namen und Auftrage die beiden Festungen Kovér und Szamos-Ujvdr. An diesen Mann wandten sich beide Theile, die Oesterreicher und die Stande, aber jeder fiir eigene Rechnung und ohne Riicksicht auf den andern, mit Bitten und Vorwiirfen, mit Versprechun- gen und Drohungen, um sobald als méglich die freiwillige Uebergabe der Festungen zu erlangen, und als gilte es nicht dem Verbiindeten, sondern dem Feinde, trachtete jeder Theil mit groszer Hast dem Mitwerber hierin zuvorzukommen. Basta und Michaél Székely einerseits, die Stande und Stephan Csdky, der als Fiihrer der Siebenbiirger sich voran stellte, anderseits wetteiferten in Anerbietungen hohen Lésegeldes fiir die Ab- tretung beider, im beginnenden Feldzuge so bedeutungsvollen Bollwerke, besonders aber Kévér's, das vermége seiner Lage eben so den Eingang nach Ungarn éffnen wie den nach Sie- benbiirgen sperren konnte. «Besser sei es», schrieb Csdky dem Leka-Aga, «mit der Christenhett zu halten als mit dem gottlosen Menschen, der ihn (Leka) so unverschimt plage.» Die Stinde verhieszen dem Leka-Aga wolwollende Aufnahme, sicheres Asyl und ein Gut als Geschenk, wenn er ihnen beide Festungen einraumte, und sie trugen vor ihm eine so ent- schieden kaiserliche Gesinnung zur Schau, dasz er iiber ihren letzten Gedanken sich leicht einer Tauschung hatte hingeben diirfen. Allein wahrend er in Szamos-Ujvdér von Kaspar Kor- nis's Sohne eingeschlossen lag, erhielt er dsterreichischerseits den Ueberbot von drei Dérfern, die zu der Veste Kéwar ge- hérten. Das entschied nun die Sache, und solchergestalt gliickte es dem mit Energie gepaarten Unterhandlungstalente Michaél Szekely's, K6var fiir die Kaiserlichen in Besitz zu nehmen und somit den Standen einen Vorsprung abzugewinnen. In dieser Klemme schwankte Michaél-Voda, zwischen Erbitterung und Verzweiflung, zwischen Gram und Rachedurst, die sich abwechselnd in ausersten Masznahmen offenbarten. Er beorderte vorerst noch an die Stainde den Jesuiten Pater Gregorius und einen Calvinischen Prediger, sie mit guten Worten vom Aufstande abzuhalten und ihnen zu Gemiite zu fihren, wie vielen unter ihnen er ja nur Gutes erwiesen, und wie er sie alle insgesammt auch fernerhin gegen die Tiirken zu schiizen und zu vertreten beabsichtigt habe, wenn sie ihm nur als Fiirsten des Landes Gehorsam bewiesen hat- ten; noch aber stehe er ungebrochen da und wolle falls sie in ihrer Widerspenstigkeit verharren, sein Aeuszerstes gegen sie wagen, ja selbst die Tiirken tber sie hereinstiirmen lassen. Der Aufstand war schon zu weit gediehen, als dasz eine solche Botschaft irgend einen Erfolg hatte erzielen kénnen: warnte doch selbst einer dieser Abgeordneten, der Jesuit Pater Gregorius, die Kaiserlichen vor den Anschlagen des gleisz- nerichen Woiewoden, dem man um so weniger trauen dirfe, als er des Pascha von Temeswar «Sscwurbruder» (d.i. eidlich zum briiderlichen Verhalten verpflichteter Freund) sei. Zur Einschiichterung seiner Feinde liesz nun der Fiirst zwei sach- sische Markte im Medyaser Stul, Grosz-Schelken und Klein- Schelken, in Feuer aufgehen, und die siebenbiirgischen Stan- deglieder Senyey Pongraz, Bodoni Istwdn, Barcsai Andras) Farkas Georgi und Bekes Istvan in Haft setzen. Die Stinde dagegen um der ferneren Verwiistung ihrer Heimat und anderweitigen viel grészeren Gewaltthaten zuvorzukommen, dringten eilig zur Entscheidungsschlacht, die auch bald mit so glinzenden Erfolge geschlagen ward, dasz der besiegte Woie- wode keine Rettung als im schleunigen Riickzug erblikte.*) *) Bericht Ungnad’s und Székely’s an den Kaiser, Szathmér, 10, Sep- tember 1600, — Bericht Ungnad’s an den Kaiser, Klausenburg, 14, Septem ber 1600, — Schreiben Stephan Csfky's an Leka-Aga, Lager bei Thorda, 7.. 11, und 13. September 1600. — Aufforderungsschreiben der Stinde Sieben- biirgens an Leka-Aga, Lager bei Thorda, 10. und 13. September 1600. — Schreiben des Balthasar Kornis an Leka-Aga, Németi, 10. September 1600; ein 2weites ohne Datum. — Mahnungsschreiben der siebenbiirgischen Haupt- leute des Verbiindeten Heeres an Leka-Aga, Lager auf dem Kereszteser Felde, 28 Merkwiirdigerweise hatte nur wenige Tage vor der Schlacht, die fiir den Woiewoden so verhdngniszvoll werden sollte, der Kaiser den Abgesandten desselben in Prag auf die vorgebrachten Antrage einen gnidigen Bescheid ertheilt. Er bestatigte den Fiirsten, wofern derselbe nur treu und gehorsam verbliebe, fiir Lebenszeit als Gouverneur von Siebenbiirgen in kaiserlichem Namen, obgleich ein solcher Gouverneursposten sowol in christlichen Staaten wie auch selbst im osmanischen, nach bisheriger Uebung blos auf kiirzere, in des Verleihers Belieben gestellte Zeitdauer iibertragen wiirde. Zudem winkte die gleiche Kaiserliche Gnade Michael's hoffnungsvollem Sohne huldvoll zu, da ihm nach des Vaters Hintritt, und in Voraus- setzung gleich ausdauernder Treue auch seinen Nachkommen, eben so bei Siebenbiirgens Regierung wie auch bei andern Gelegenheiten jede irgend thunliche Beriicksichtigung und Auszeichnung in Aussicht gestellt wurde. In Betreff der Wa- lachei, die Rudolph IL. kraft des ungarischen Oberhoheitsrechtes friiher schon fiir immerwahrende Zeiten an Michaél und seine Dynastie zu Lehen gegeben hatte, gewahrte er ihm nun auch die Begiinstigung der cognatischen Erbfolge, die in der Re- gentenfolge der romanischen Fiirstenthiimer niemals Plaz ge- griffen, und kraft deren in Erléschungsfalle des Michaél'schen Mannsstammes die iiberlebende weibliche Linie das Herschen- recht als umbestreitbares Erbe iiberkommen und durch Ver- ehelichung mit Mannern die dem Hause Oesterreich und der Kronne Ungarn ergeben waren, mit Vorwissen und Bewilligung des jedesmaligen Kaisers als Kénigs von Ungarn, dasselbe auch wirklich geltend machen konnte. Bedenkt man nun, dasz diese gnadenvolle Entscheidung zu einer Zeit erflosz, da Basta mit der kaiserlichen Armec bereits im vollen Anmarsch gegen Michaél loszog, um ihn zu vernichten oder doch aus Siebenbiirgen herauszuschlagen, so eriibrigt zur Erklarung des Phanomens blos die Annahme einer doppelten kaiserlichen Regierung, wovon die eine, die schwachere, im Hoflager zu Prag den Woiewoden mit Gna- 11, September. — Aufforderungsschreiben der Edelleute Mako Giorgi, Farkany Istwén und Horvat Giorgi im Namen der siebenbitrgischen Stinde an Leka- ‘Aga, Lager bei Thorda, 13. September 1600. Litere Cesaree ad Georgium Bastam date, ob tres pagos Leke Aghz cedendos, Prage, 1 Martii 1603. denbezeugungen iiberhaufte, die andere, die starkere aber in Basta’s Feldlager denselben verdammte und feindlich angriff.*) Der Riickzug des geschlagenen Heeres ging aber nicht ohne bedeutende Verwiistungen vor sich, wovon das Sachsen- land insbesondere so arg betroffen ward, dass die Gemeindever- waltung von Kronstadt an des Woiewoden Hauptmann, Johann Zelestey, mit der Bitte sich wandte, der Pliinderlust seiner Soldaten Einhalt zu thun und dem Abzuge der mit ihrer Habe ihrer Heimat zueilenden Bojarinen und Rascierinen kein Hin- dernisz in den Weg zu legen, bis Michaél-Woda’s Schicksal sich entschieden habe, denn, bemerkten wolweislich die klu- gen Sachsen, falls der Woiewode doch noch die Oberhand behielte, miiszte ihm selbst ja viel lieber sein, ein bevolkertes als ein 2u Grunde gerichtetes wiisstes Land sich zu erringen.™) In dieser Nothlage und Angesichts so vieler Feinde ent- schlosz sich der nunmehr miirbe gewordene Woiewode in das Unvermeidiiche sich zu fiigen und auf dem Wege der Unter- handlung zu retten, was noch zu retten war. Er fertigte dem- nach eine Gesandschaft, bestehend aus dem Kriegsmanne Johann Zelestey und einigen anderen Bojaren, mit Vergleichs- antragen und einem sein Benehmen iiberhaupt rechtfertigenden Schreiben an Basta und die Stande ab. Die Antwort Basta’s ist die eines hochmiitigen Siegers, der den Ueberwundenen nicht blos durch harte Bedingungen unschidlich machen, son- dern auch demiitigen und mit bitteren Vorwiirfen nieder- schmettern will. Oft genug sei an den Woiewoden, schreibt ihm Basta, durch Staatsboten zuerst, sodann durch Commis- sire, endlich durch Dr. Pezz, die Aufforderung zur Raumung Siebenbiirgens , immer aber fruchtlos ergangen. Derselbe ha- be vielmehr die Freiheit des Landes und Adels unterdriickt, die Blite der Magnaten ungehért und ungerichtet in den Tod geschikt, alles Recht und Gesez mit Fiissen getreten und dieses kaiserliche Kronland durch unertrigliche Erpressungen, wic *) Extractus ex responso Cesareo Legatis Michaélis Vaiwode Prage, 12 Septembris 1600, **) Antwortschreiben Valentin Hersell’s, Stadtrichters von Kronstadt, an Johann Zelestey, Kronstadt, 19. September 1600, Ungrisch. auch durch die Raubereien, Todschlage und Brandlegungen seiner Soldateska elendlich zu Grunde gerichtet. Aus christ- licher Gesinnung wolle indess der Kaiser und Basta im Ein- verstadnisse mit den Standen den Vergieichsantrag des Woie- woden annehmen; nur miisse dieser wegen Zuhaltung der neuen Vereinbarung seine Mutter, seine Ehefrau, seinen Sohn Peter und seine Tochter Florika als Geiszeln, seinen ganzen Schaz und all seine Kostbarkeiten als Pfinder in kiirzester Frist nach Hermannstadt iiberliefern. Vor Allem aber solle Michael auf Siebenbiirgen véllig und fiir immer ohne allen Vorbehalt verzichten, und demgemasz sofort sein Heer dahin filhren, wohin des Kaisers oder des kaiserlichen Bestellten Basta Befehl ihn anweisen wiirde. Nur auf solche Art kénne der Woiewode durch Basta’s Vermittlung sowol iiberhaupt die Wiederaufnahme in die vorige kaiserliche Gnade, wie auch namentlich die wirkliche Einriumung der ihm zugesagten Giiter und sicheren Zufluchtstatte in Oberungarn mit Grund anhoffen. Die namlichen Zumutungen stellten und die namlichen Verheiszungen ertheilten am gleichen Tage 15. September aus dem vereinigten Lager bei Hermannstadt auch die sieben- biirgischen Stande ihrerseits an den friedensuchenden Woie- woden, nur dasz sie seine Bestimmung, kiinftighin zumeist gegen die Tiirken verwendet zu werden, genauer ausdriikten, Bald darnach 4. October erneuten sie dieselben Anforderungen und Zusagen aus dem nun weit vorgeriikten Lager bei Wladeni, und wahrend sie den Eintritt der Geiszeln und Pfinder ge- statteten, beruhigten sie den um die Zukunft seiner Familie besorgten. Fiirsten dunch ein férmliches Versicherungsschrei- ben, (30. September) in welchem sie sich auf christlichen Treu- glauben verpflichtet erklaren die ihrer Obhut anzuvertrauenden Geiszeln und Pfander unversehrt, unangetastet und unbescha digt zu erhalten. Was.es aber mit der Treue dieser Stande tiberhaupt fiir ein Bewandtnisz hatte, bekundete schon Tags darauf, am 1. October, der Aufruf Stephan Csdky’s, des Haup tes und Feldherrn der Siebenbiirger, an Baba Novak und die iibrigen im Heere Michai-Voda’s dienenden Haiduken und Rascier. Er fordert sie im Namen der Stande auf, den «gott- losen, heidnisch gesinnten Woiewoden zu verlassen und sich fiir des Kaisers Sache der stindischen Armee anzuschlieszen. Fir diesen Abfall sagt er dem Anfiihrer Baba Nowak ein Dorf, den iibrigen allen angemessene Belohnungen und Ge- schenke zu. Wer aber den Wolewoden «lebendig oder todt» in der Stunde Gewalt auslieferte, dem verheiszt er, gleichfalls im Namen der Stande, die Betheilung mit Unterthansgriin- den im Umfange von 500 Hufen. Als Baba Novak und seine Truppenabtheilung ihre Bereitwilligkeit, von Michai-Voda ab- 2ufallen, schriftlich den Siebenbiirgern kundgaben, wiederholte Csdky und mehrere Magnaten (Pancratius Sennyey, Bornem- issza Boldizsdr, Stephan Toldy, Bodoni Istvan, Mindzenty Be- nedict) die Aufforderung zur Fahnenflucht von ihrem cheid- nischen> Oberhaupt (Pogany Fejedelem) und die Zusage eines Gutes (joszdgot) fiir denjenigen, der ihnen den Woievoden lebendig ausliefern wirde, eines sehr guten Dorfes aber fiir ihren Fiihrer Baba Novak. Gleiches that am namlichen Tage auch Basta seinerseits, nur dasz er, eben so wie Csdky, den cheidnischen> Woiewoden *) Solches briitete derselbe Mann, der erst kiirzlich ver- schmachtend und fast muthlos sich dem Kaiser in die Arme geworfen, in ihm seinen einzigen Rettungsanker erblickt hatte, und der jezt, vom Kaiser mit Truppen und Geld rcichlich ausgestattet, unter den Eingebungen eines uubezwinglichen Uebermuthes und Ehrgeizes mit schwellenden Segeln dem schwarzen Verrate schnurstracks entgegensteuerte. Verrat um Verrat, meinte er zwar, vergass jedoch, dass der von den Kaiserlichen vor wenig Monden in Siebenbiirgen begangene nur eine Folge seines eigencn, von ihnen durchschauten bil- dete, wihrend gegen ihn Zweck und Mittel gleich entschie- den zeugten. Die Unbesiegbarkeit der ihn allseitig erfiillenden Jdee der politischen Vereinigung seiner Stammgenossen spot tete in ihm aller entgegenstehenden Eidespflicht und schrift- lichen Angebung wie auch aller Moral, die nur als Férde- rungsmittel der grossen Jdee bei ihm einen Werth zu haben schien. Beide Schriftstiicke, die der Wotewode vorsichtshalber iiber Polen an ihre Bestimmung abgehen liess, wurden aber zum Ungliick an der moldauischen Grinze von seinen Fein- den aufgefangen und gerieten in die Hande Sigismund Ba- thory’s. Dieser, der ohnehin mit Basta des Friedens halber Briefwechscl pflog, beeilte sich, theils aus tédlichem Hasse wider Michaél, theils noch in der Hoffnung einer Aussohnung mit dem Kaiser, die Originale der Schuldbeweise, wie er *) Literaram Michaélis-Voivods ad Ibrahim-Pascham Vezitium dataram copia, (ohne datum, aber gewiss vom 1, Mai 601.) Exempl. literarum ejusdem Vaivodae ad Boieros suos Udrea Bipsoy, Negren et Stoikiza exarata. rum, Cassovie, 1 May 160%.) mindestens vorgab, durch den General Gonzaga an den Kaiser, Abschriften oder Uebersetzungen davon aber in der That an den General Basta einzusenden. «Aus denselben kann Je- dermann entnehmen,» schreibt Sigismund an Basta, «wie un. «wiirdig man zu Werke geht, indem man einen Verrater der «Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft wider einen Mann cbegiinstigt, der des Kaisers treuergebener Diener war, ist «und sein wird. Reicht das auch noch nicht hin, nun dann «mag der Herrgott bessere Aufklarung schaffen, und mir ver-

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