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Alkene v3 Handout 071119
Alkene v3 Handout 071119
ALKENE
1. ALKENE ............................................................................................................................................ 3
1.1 DEFINITION & EINTEILUNG .......................................................................................................... 4
1.2 NOMENKLATUR ........................................................................................................................ 12
1.3 RELATIVE KONFIGURATION VON ALKENEN ................................................................................. 12
1.4 PHYSIKO-CHEMISCHE EIGENSCHAFTEN, SPEKTROSKOPIE .......................................................... 14
1.5 REACTION MAP ....................................................................................................................... 15
2. ADDITIONS-REAKTIONEN VON ALKENEN .......................................................................................... 16
2.1 CIS-ADDITIONSREAKTIONEN AN ALKENE ................................................................................... 18
2.2 CYCLOADDITIONEN .................................................................................................................. 18
2.2.1 DIELS-ALDER REAKTIONEN ...................................................................................................... 18
2.2.2 CARBENE & CYCLOPROPANIERUNGEN ...................................................................................... 21
2.2.3 EPOXIDIERUNGEN .................................................................................................................... 26
2.2.4 CIS-BISHYDROXYLIERUNG MIT OSO4 ODER KMNO4 .................................................................. 31
2.2.5 OZONOLYSE ............................................................................................................................ 34
2.3 HYDROBORIERUNG .................................................................................................................. 36
2.4 HYDRIERUNGSREAKTIONEN ...................................................................................................... 40
2.5 TRANS-ADDITIONEN AN OLEFINE .............................................................................................. 41
2.5.1 ONIUM VS. CARBENIUM-ION MECHANISMUS .............................................................................. 41
2.6 BEISPIELE FÜR TRANS-ADDITIONSREAKTIONEN VIA ONIUM-ION ZWISCHENSTUFE ........................ 43
2.6.1 HALOGENIERUNG / BROMIERUNG ............................................................................................. 43
2.6.2 HALOGENHYDRINE & HALOGENLACTONISIERUNG ...................................................................... 45
2.6.3 SOLVOMERCURIERUNG ............................................................................................................ 47
2.7 ADDITION VON H-X / ELEKTROPHILE ADDITION VON BRÖNSTED-SÄUREN AN ALKENE ................. 48
2.8 RADIKALISCHE ADDITIONSREAKTIONEN (AR).............................................................................. 51
2.9 NUCLEOPHILE ADDITIONEN AN DOPPELBINDUNGEN ................................................................... 53
3. SPEZIELLE REAKTIONEN VON/ZU ALKENEN ...................................................................................... 54
3.1 COREY-WINTER REAKTION ...................................................................................................... 54
3.2 WITTIG-REAKTIONEN ............................................................................................................... 55
3.3 HYDRIERUNG VON ALKINEN ...................................................................................................... 58
3.4 MCMURRY REAKTION .............................................................................................................. 59
3.5 POLYMERISATIONEN ................................................................................................................ 60
4. ANHANG ......................................................................................................................................... 62
4.1 JAVANOL (SEITE 25): PRODUKTIONSKENNDATEN ....................................................................... 62
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Okt. 2007, v3, r.marti 2 / 70
5. ÜBUNGEN ....................................................................................................................................... 63
5.1 SELBSTSTUDIUM (SEITE 8): ISOPREN-REGEL ............................................................................ 63
5.2 SELBSTSTUDIUM (SEITE 14): NOMENKLATUR VON ALKENEN ...................................................... 64
5.3 SELBSTSTUDIUM (SEITE 20): DIELS-ALDER REAKTIONEN........................................................... 65
5.4 SELBSTSTUDIUM (SEITE 28): OXIRANE..................................................................................... 66
5.5 SELBSTSTUDIUM (SEITE 39): HYDROBORIERUNG ...................................................................... 67
5.6 SELBSTSTUDIUM (SEITE 44): HALOGENIERUNGEN ..................................................................... 68
5.7 SELBSTSTUDIUM (SEITE 51): ISOMERISIERUNG VON ALKENEN ................................................... 69
5.8 SELBSTSTUDIUM (SEITE 52): RADIKALISCHE ADDITIONSREAKTION VON HBR.............................. 70
Weiterführende Literatur
Internet
• www.chemgapedia.de
• www.organische-chemie.ch
• www.chem.wisc.edu/areas/organic/index-chem.htm
• www.cem.msu.edu/~reusch/VirtualText/intro1.htm
Weitere Übungen
Bitte beachten Sie, dass das vorliegende Skript, Übungen etc. nur eingeschriebenen Studenten der ZHAW Zürcher Hochschule für
Angewandte Wissenschaften vorbehalten ist! Die Unterlagen sind werden ausschliesslich zum Zweck des Unterrichts abgegeben und
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beim Verfasser.
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1. ALKENE
Alkene haben in der präparativen organischen Chemie eine grosse Bedeutung als Intermediate,
welche sich einfach und stereoselektiv funktionalisieren lassen. So gibt es eine Vielzahl von
verschiedensten Methoden um Alkene zu synthetisieren und weiter in andere Moleküle umzusetzen.
In der industriellen Chemie finden Alkene wie Ethen, Propen, Vinylchlorid Anwendung als Monomere
für die grosstechnisch Herstellung von Kunststoffen.
Lernziele:
Doppelbindungen
Struktur & Reaktivität, Nomenklatur
Terpene
Additionsreaktionen
Cis-Additionen (Hydroborierung, Hydrierung)
Cycloadditionen (Diels-Alder, Cyclopropanierung, Epoxidierung, Cis-Bishydroxylierung,
Ozonolyse)
Trans-Additionen (H-X Addition, Halogenierung, Solvomercurierung)
Spezielle Synthesemethoden
Corey-Winter Reaktion, Wittig-Reaktion, Hydrierung von Alkinen, McMurry Kupplung
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Okt. 2007, v3, r.marti 4 / 70
Unter Alkenen bzw. Cycloalkenen versteht man ketten- bzw- ringförmige Kohlenwasserstoffe mit
einer bzw. mehreren isolierten Kohlenstoff-Kohlenstoff-Doppelbindungen (π(C=C)-Bindung). Als
isoliert werden mehrere π(C=C)-Bindungen dann bezeichnet, wenn sie durch mindestens ein
gesättigtes C-Atom (sp3-C-Atom) getrennt sind.
Das MO-Schema für eine C=C-Doppelbindung ist nachfolgend aufgezeichnet, die σ-Bindung wird
über die sp2-Hybrid-AO, die π-Bindung über die 2pz-AO gebildet. Das σ-MO, sowie das π-MO sind
jeweils mit 2 Elektronen besetzt. 1
C C C C
2pz 2pz
sp2 sp2
Bindungsenergien: Geometrie:
Vergleicht man die Energie einer C=C-Doppelbindung mit der einer Einfachbindung, so fällt auf, dass
die π-Bindung eine recht schwache Bindung ist – dies ist die Grundlage für die Reaktivität der C=C-
Doppelbindung in Additionsreaktionen. Im Allgemeinen ist die Summe der beiden neu gebildeten
σ(C-X)-Bindungen deutlich grösser als die der π-Doppelbindung und der gegebenenfalls
gebrochenen Bindungen zur Erzeugung der X- und Y-Fragmente, d.h. Additionsreaktionen sind in
der Regel stark exotherm.
> 400 °C D
1
Vollhardt & Schore (3te Ed.), Seiten 453-456. Sykes (9th Ed.), Seiten 9-11.
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Aus diesem Experiment kann gefolgert werden, dass im Gegensatz zur Kohlenstoff-Kohlenstoff-
Einfachbindung die entsprechende π-Bindung bei Raumtemperatur nicht frei drehbar ist.
H
R H R R
H C C R C C C C R
H H H
R
E
Eakt = ca. 150-300 kJ/mol
ΔHTorsion
RK
R R R R R R R R
< < < <
R R R R
Beispiel C 4H 8:
< <
ca. 7.1 kJ/mol ca. 4.2 kJ/mol
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Terpene sind eine wichtige Gruppe von Naturstoffen, die sich in vielen Pflanzen findet. Es sind häufig
flüchtige, aromatische Öle, welche isoliert als Aroma- und Riechstoffe breite Anwendung finden. 3
Ausserdem gibt es eine Reihe von Pheromonen, Hormonen, Alkaloiden und Vitaminen mit
Isoprenoidstruktur. Heute sind über 30'000 Terpene aus allen Lebensformen isoliert und
charakterisiert worden.
OH
OH
Pulegon γ-Humulen
α-Terpineol Geraniol
O O
1921 erkannt Ruzicka 4 dass Terpene Oligomere von Isopren (2-Methyl-1,3-butadien) sind. Je nach
Anzahl Isopren-Einheit spricht man Monoterpenen, Diterpenen etc.. Die von Ruzicka gefundene
Isoprenregel ist bei der Strukturaufklärung von neuartigen Terpenen äusserst hilfreich.
n
Isopren
Monoterpene 2 Einheiten C10
Sesquiterpene 3 Einheiten C15
Diterpene 4 Einheiten C20
Sesterterpene 5 Einheiten C25
Triterpene 6 Einheiten C30
Tetraterpene 8 Einheiten C40
In der Biosynthese wird ausgehend von AcetylCoA die (R)-Mevalonsäure gebildet, welche weiter in
das Isopent-3-enylpyrophosphat (IPP), respektiv in das stabilere 3,3-Dimethylallypyrophosphate
(DMAPP) umgewandelt wird. Durch Verknüpfung von IPP- und DMAPP-Einheiten lässt sich nun eine
Vielzahl von Terpenen aufbauen.
2
Vollhardt & Schore (3te Ed.), Seiten 145-149.
3
Für eine Diskussion über Thujon, dem Inhaltsstoff in Absinth siehe Roth, Chemie in unserer Zeit, 2005, 39, 130-
136.
4
ETH Zürich, Nobelpreis 1939.
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HO
O Isomerase
H+
O PP O PP
SCoA HOOC
OH HR HS
DMAPP
IPP
(R)-Mevalonsäure
Base
O PP
O PP HR HS
OPP
DMAPP IPP
O PP Geranylpyrophosphat (GPP)
Prenyltransferase
O
OH
(+)-Borneol
1,8-Cineol (-)-Limonen
Monoterpen-Cyclasen:
O PP
OPP
OPP
OH
α-Terpineol
Terpinolen
β-Pinen
α-Thujen
α-Pinen
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PPO
Me
OPP
Hydrolyse zu Borneol
Linalylpyrophosphat
Eine weitere wichtige Anwendung von Terpenen ist ihre Verwendung als chiraler Hilfsstoff in der
präparativen organischen Chemie. Einerseits als chiraler Alkohol in Racematspaltungen, als kovalent
gebundener Hilfsstoff in asymmetrischen Reaktionen oder als Liganden für Metall-katalysierte
Reaktionen. Als Beispiel sei nachfolgend die Verwendung des billigen Menthols als (-)-Menthylacetat
für die Aldolreaktion aufgeführt, welches bevorzugt das (S)-Enantiomer bildet. 5
O OMgBr OH
Et2NMgBr O
O O
+
2.) H3O
O
Enolat
OH O
KOH/ H2O OH
51% (S)-Enantiomer
(2% (R)-Enantiomer)
OH
OH
Grandisol Vitamin A
γ-Humulen
5
Brandäge et al., Acta Chem. Scand. Ser B 1981, 35, 273-278.
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Konjugierte Doppelbindungssysteme 6
Hat es mehrere Doppelbindungen in einer Verbindung, so spricht man je nach Art und Weise der
Anordnung von isolierten, konjugierten oder kumulierten Doppelbindungen. 7
Beispiel
Isolierte Doppelbindungen
Konjugierte Doppelbindungen
H
H Doppelbindung kommt direkt an Doppelbindung; das
C
verbrückende Kohlenstoffatom ist sp-Hybridisiert.
H 3C Et
Dadurch, das in konjugierten Doppelbindungen zwei oder mehrere Doppelbindungen nur durch eine
σ-Bindung getrennt sind, können die π-Bindungen der einzelnen Doppelbindungen in Wechselwirkung
zueinander, sprich Konjugation treten. Dies hat Konsequenzen für die Struktur und Reaktivität.
Die σ-Einfachbindung ist durch die schwache π-Überlappung von normal 154 pm auf rund 147 pm
verkürzt. Bezüglich Struktur hat man eine s-cis und eine s-trans Anordnung, wobei das s-trans
Konformer um rund 12 kJ/mol stabiler ist. Die Rotationsbarriere beträgt rund 30 kJ/mol, dies ist auch
grösser als für normale σ-Bindungen in Alkanen.
6
Vollhardt & Schore (4te. Ed.), Seite 692ff.
7
Nicht besprochen werden aromatische Systeme, d.h. cyclische, planare, konjugierte Systeme mit (4n+2)-
Elektonen.
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E
5 Knoten
Ψ6
Ψ4 3 Knoten
π∗ Ψ5 4 Knoten
Ψ3 LUMO 2 Knoten
Ψ4 3 Knoten
0
Ψ3 2 Knoten
Ψ2 HOMO 1 Knoten
π Ψ2 1 Knoten
Ψ1 0 Knoten
Ψ1
0 Knoten
Ethen 1,3-Butadien
1,3,5-Hexatrien
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Okt. 2007, v3, r.marti 11 / 70
Der Effekt der Konjugation zeigt sich auch in der UV-Spektroskopie, 8 respektive anhand der Farbe
von konjuguierten Systemen. In der UV-Spektroskopie misst man die Anregung vom elektronischen
Grundzustand (HOMO) zu einem angeregten Zustand (LUMO); diese Energiedifferenz ist für π-
Bindungen messbar und bewegt sich im Bereich > 200 nm. Je grösser nun die Konjugation ist (Ethen
zu Butadien zu Hexatrien) umso kleiner ist der entsprechende der π → π*-Übergang und
entsprechend absorbiert die Verbindung bei grösserer Wellenlänge λ. Bei einer grossen Anzahl an
konjugierten Doppelbindungen (ca. > 10) schiebt sich λmax in den sichtbaren Bereich (> 400 nm) und
die Verbindung wird farbig, von gelb zu orange, rot, violett bis hin zu blau-grün.
π *, LUMO
hc
ΔE = h ν =
λ
Anregung
ΔE
π , HOMO
171 nm 217 nm
178 nm 268 nm
217 nm 330 nm
β-Carotin
480 nm
8
Vollhardt & Schore (4te. Ed.), Seite 725ff.
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Okt. 2007, v3, r.marti 12 / 70
1.2 Nomenklatur 9
Kohlenwasserstoffe mit einer Doppelbindung werden durch die Endung -en charakterisiert.
Der Stammname des Alkens ergibt sich durch jene Hauptkette, die die grösste Zahl an π-Bindungen
mit allen an der π-Bindung beteiligten C-Atomen bzw. die längste Kette umfasst.
Die Nummerierung der Hauptkette erfolgt so, dass für die Position der π-Bindung die kleinste Zahl
resultiert. Dabei wird die Position der π−Bindung immer durch die kleinere Zahl festgehalten. Bei
Cycloalkenen sind die C-Atome 1 und 2 immer jene, zwischen denen die π−Bindung steht.
Die Substituenten und ihre Positionen werden dem Namen des Alkens als Präfixe vorangestellt.
Gesättigte Kohlenwasserstoff-Reste werden wie bei den Alkanen bezeichnet.
Durch eine Doppelbindung an eine Hauptkette bzw. an einen Ring gebundene Kohlenwasserstoff-
Reste werden durch die Endung -yliden charakterisiert:
Für mehrfachsubstituierte Alkene gibt es aufgrund der planaren Anordnung verschiedene relative
Konfigurationen:
Konstitution Konfigurations-Isomerie
1. Isomer 2. Isomer
R1 R3 R2 R3
(R1,R2)C=C(R3,R4)
R2 R4 R1 R4
9
Vollhardt & Schore (3te Ed.), Seiten 450-452.
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Okt. 2007, v3, r.marti 13 / 70
Um eine genaue Zuordnung zu machen, bestimmt man die Priorität der Substituenten:
Die Priorität der Substituenten ergibt durch eine Reihe abnehmender Ordnungszahlen der
unmittelbar an die π−Bindung gebundenen Atome. Sind diese diesbezüglich gleich, so weicht man
zur Bestimmung der Priorität auf die nächsten Atome aus.
Durch π−Bindungen gebundene Sekundär-Gruppen gelten dabei wie zwei einfach gebundene Atom-
gruppen:
O O O
als
Sind nun die Reste erster Priorität (z.B. R1 und R3) auf der gleichen Seite der π-Bindung, so spricht
man vom Z-Konfigurationsisomeren (Z = Zusammen), sind sie gegenseitig, vom E-Konfigurations-
isomeren (E = Entgegen).
Bei 1,2-disubstituierten Alkenen verwendet man bei bezüglich der π-Bindung gleichseitiger
Anordnung der Substituenten nach wie vor die Konfigurationsbezeichnung cis, bei gegenseitiger
Anordnung die Bezeichnung trans:
R1 H H Cl
R2 H
OH
Cl
COOH H
Eigenschaft Beschreibung
Schmelz- & Siedepunkt Alkene zeigen vergleichbare Schmelz- und Siedepunkte wie die
entsprechenden Alkane.
Cl H Cl Cl
H Cl H H
μD = 0 μD = 1.89
J(geminal) = 0 - 3.5 Hz
J(trans) = 12 - 18 Hz
J(cis) = 5 - 14 Hz
H H H
R H H
R' R PPh3 R PO(OMe)2
X X X,
X X 2 A
IBN
R W ittig-Reagenz
R' Bu
3 SnH
X X , A IB
N R X
HO
'C
,R
X H X
H
se
2 ,P X H
Ba
R R' d-
C
R'
R
X PX
3 or
a) HX b) HX, AIBN CX /PHX or
H H 4 Ph R OH
3
T
R a) or b)
Δ
r b)
H H OH
R'
se,
X=Y = Br E
'=
a) o
R HO H
Ba
O
X
a) or b)
X-Y a) H2SO4, H2O or b) BH3, then
Hg(OAc)2 then NaBH4 H2O 2/NaOH
R Y conc. H2SO4, ΔT
X=Y = Br: Zn
Alkyn- Br Br E1
H H
E2
Br R H
X R' R'
IBN H R Ester-Py
NB S, A rollyse or Ts
chugaeff
R OAc or R-OC(S)SMe
a) Na, NH3(l) a) H2, Pd-C -REaktion
O
sO
O
ld er 3,
4
Br l s-A W
(c
Die Mc or k
at
Br Mu -up
), N
r ry
C
O wit
MO
and
or
Co h H
ey
u PP O3, work-up with
,H
pli h OH HO
-W
R OOH ng NaBH 4 or LiAlH4
3 or
2
O
in
Me
te
r
2S
R O H
R HO OH
H
H H
O O
NaIO4 or Pd(AcO)4
H OH
Nu Nu Pinakolol-Umlagerung
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Okt. 2007, v3, r.marti 16 / 70
Die wichtigste Reaktion von Alkenen ist die Additionsreaktion, darunter versteht man die Anlagerung
eines Moleküls X-Y an ein ungesättigtes π-System (Doppel- oder Dreifach-Bindung). Die Klassierung
von Additionsreaktionen erfolgt nach der Art des ablaufenden Reaktionsmechanismus:
Merkmal Beispiel
Die Umgruppierung aller Bindungen Pericyclische Reaktionen wie Diels-
Konzertierte erfolgt in einem Schritt (konzertiert) Alder Cycloadditionen
Additionen als Einstufenreaktion.
Je nachdem ob die beiden Fragmente X und Y bei der Addition an das planare Alkene von der
gleichen, respektiv an verschiedenen Seiten addieren spricht man von cis-, respektiv trans-Addition.
Die beiden möglichen Produkte sind normalerweise Diastereosisomere.
Cis-Addition
C C
Trans-Addition
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In Analogie zu den radikalischen Substitutionsreaktionen lässt sich die Reaktionsenthalpie ΔRH von
Additionsreaktionen gemäss der Reaktionsgleichung:
Beispiele:
H2C CH2
H2C CH2 + A B Abgeschätzte
A B Reaktionsenthalpie
DH°π DH°A-B DH°C-A DH°C-B
H2C CH2
H2C CH2 + H H
H H
DH°π DH°H-H DH°C-H
+ 272 kJ/mol + 435 kJ/mol 2x -410 kJ/mol
H2C CH2
H2C CH2 + Br Br
Br Br
DH°π DH°Br-Br DH°C-Br
+ 272 kJ/mol + 192 kJ/mol 2x -285 kJ/mol
H2C CH2
H2C CH2 + H Cl
H Cl
DH°π DH°H-Cl DH°C-H DH°C-Cl
+ 272 kJ/mol + 431 kJ/mol -410 kJ/mol -339 kJ/mol
H2C CH2
H2C CH2 + H OH
H OH
DH°π DH°H-OH DH°C-H DH°C-OH
+ 272 kJ/mol + 498 kJ/mol -410 kJ/mol -385 kJ/mol
10
Vollhardt & Schore (3te Ed.), Seite 500.
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2.2 Cycloadditionen 11
Die Diels-Alder Reaktion ist eine thermische oder Lewis-Säure katalysierte Cycloaddition eines Diens
mit einem Dienophil zu einem ungesättigten Cyclohexenringsystem. In einer konzertierten Reaktion
werden 4n + 2 Elektronen „umgebildet“ und dabei drei π-Bindungen in 2 σ-Bindungen und eine π-
Bindung aufgebaut.
Die Diels-Alder Reaktion hat grosse synthetische Bedeutung, da je nach Substitutionsmuster von Dien
und Dienophil, gleichzeitig und mit zum Teil grosser Selektivität bis zu vier neue Stereozentren
aufgebaut werden können (siehe Beispiel i.). Nehmen in der Reaktion unsymmetrische-substituierte
Diene und/oder Dienophile teil so beobachtet man eine Selektivität in der Bildung der Produkte. So
11
Brückner (1998), Seiten 83ff.
12
Fleming, „Grenzorbitale und Reaktionen organischer Verbindungen“, VCH 1990.
13
Vollhardt & Schore (3th Ed.), Seiten 632-640; Brückner (1998), Seiten 425-462.
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geben 1-substituierte Diene mit unsymmetrischen Dienophilen bevorzugt das „ortho“-Produkt (siehe
Beispiel ii.) hingegen 2-substituierte Diene das „para“-Produkt 14 (siehe Beispiel iii).
CHO
i.) ∗
+ ∗
Me
∗
∗ CHO
NMe2 NMe2
ii.) COOEt COOEt
+
"ortho"-Produkt
iii.)
Ph Ph
+
Ph Ph
"para"-Produkt
Enthält das Dien und/oder das Dienophil weitere andere Atome ausser Kohlenstoff, so spricht man
von einer Hetereo-Diels-Alder Reaktionen. In diesem Fall sind die Produkte heterocyclische
Verbindungen. 15 Auch die Rückreaktion ist denkbar, in Retro-Diels-Alder Reaktion werden kleine
Moleküle wie CO2 oder CO abgespalten oder das Molekül zerfällt meist thermisch in das Dien und
Dienophil zurück. Als Beispiel sei das thermische Cracken von Dicyclopentadien zu Cyclopentadien
aufgeführt.
Hetereo Diels-Alder
R R
O
+ O
N
N
Cl
Cl
Retro-Diels-Alder
ΔT
2
14
K. Alder & J. Haydn, Liebigs Ann. Chem. 1950, 570, 201-213.
15
G. Kresze & J. Firl, Tetrahedron 1968, 24, 1043-1050.
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Geben Sie die Produkte und die korrekte Stereochemie der folgenden Umsetzungen an:
COOMe
+
COOMe
MeOOC
+
COOMe
CHO
+
Si O
Die erste Reaktion führt zu einem chiralen Produkt. Wie würden Sie vorgehen um dieses
enantiomerenrein zu erhalten? Formulieren Sie für die zweite Reaktion einen Reaktionsmechanismus.
O
+
OR ∗
COOR
COOMe
COOMe H
N
200 °C OMe
N H
OMe 67% Ausbeute
HN HN
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AlCl3
+
Toluol
COOMe COOMe
Zu einer Suspension von 4.30 g (32 mmol) AlCl3 in 250 ml Toluol tropft man 26.1 g (303 mmol)
Acrylsäuremethylester gelöst in 30 ml Toluol. Die Reaktionsmischung erwärmt sich leicht auf 25 °C
und das AlCl3 geht dabei in Lösung. Nun wird innert 60 min. eine Lösung von 20.9 g (307 mmol)
Isopren in 50 ml Toluol zugetropft. Die leicht exotherme Reaktion wird durch Kühlen mit einem Eisbad
bei 20 °C gehalten. Nach beendeter Zugabe wird 3h bei RT nachgerührt. Zur Aufarbeitung wird mit
500 ml 2M HCl-Lösung versetzt, die Toluol-Phase abgetrennt und mit 250 ml Wasser gewaschen,
über Na2SO4 getrocknet und das Lösungsmittel unter Vakuum abdestilliert. Das Rohprodukt wird bei
80-82 °C/17 torr fraktioniert Destilliert und man erhält 35.7 g Ester als farbloses Öl (77% Ausbeute).
Gemäss NMR und GC-Untersuchungen findet sich ca. 5% des regioisomeren 5-Methyl-Derivates.
Ohne Katalysator, in Toluol bei 145 °C für 15h findet sich rund 30% des regioisomeren 5-Methyl-
Derivates. Bei der Verwendung von ionischen Flüssigkeiten (RTIL) wird praktisch kein des
regioisomeren 5-Methyl-Derivates gefunden. 16
Unter einer Cyclopropanierung versteht man die Bildung von Cyclopropanringen ausgehend von
Alkenen und Carbenen. Carbene sind sehr reaktive Reagenzien, welche im Allgemeinen nicht stabil
sind und aus geeigneten Edukten in situ hergestellt werden müssen. Carbene haben ein Elektronen-
Sextett, haben aber keine Ladung, dies im Gegensatz zu den Carbenium-Ionen; entsprechend sind
sie sehr starke Elektrophile. Die übliche Reaktion von Carbenen ist eine Insertion in σ- und π-
Bindungen; die Insertion in π-Bindungen ergibt Cyclopropanderivate.
Carbene werden im Allgemeinen auf zwei Wege hergestellt, a) durch thermische, photochemische
oder Übergangsmetall-katalysierte Zersetzung von Diazoverbindungen und b) durch α-Eliminerung
von HX mit starken Basen aus Halogenverbindungen.
N
R N
Diazo-Verbindung
16
Lundley & Karodina, Tetrahedron Lett. 2001, 42, 2011.
17
Vollhardt & Schore (3th Ed.), Seite 1052; Brückner (1998), Seiten 83-87; Warren (2001), Seite 1053ff.
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Cl OH
H Cl
- H2 O
Cl
Chloroform
LDA t-BuLi/t-BuOK
R Cl R Cl R H R H
H Cl - HCl H Cl Schlosser-Base
Carbene sind sp2 hybridisiert; je nach Besetzung der zwei „freien“ Elektronen in den sp2- respektiv p-
Orbital spricht man Singulet-, respektiv Triplet-Carbenen. Singulet-Carbene besitzen ein freies
Elektronenpaar im sp2-Orbital sowie ein leeres p-Orbital. Triplet-Carbene haben je ein Elektron im sp2-
Orbital und eins im p-Orbital. Je nach Art und Weise der Herstellung der Carbene, bilden sich
Singulet- oder Triplet-Carbene. Ein ionischer Mechanismus wie die α-Eliminierung liefert Singulet-
Carbene.
2p 2p
sp2 sp2
1s 1s
σ(C-H) σ(C-H)
R R
Singulet-Carben Triplet-Carben
R R
Beispiele: CCl2 Beispiele: CH2
CHCl CHPh
C(OMe)2 CHR
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Triplet-Carbene verhalten sich als Diradikale und addieren üblicherweise nicht stereoselektiv. Grund
dafür ist, dass in der Bi-Radikal-Zwischenstufe eine Spin-Inversion nötig ist, bevor die zweite σ-
Bindung gebildet werden kann. Diese Spin-Inversion ist langsam und dadurch ist eine Rotation um die
C-C-Bindung möglich, d.h. die cis/trans-Stereochemie der Doppelbindung geht verloren.
H H
R H H R H R
H
H H
H R R
R H H H
Triplet-Carben nicht stereoselektiv !
H H
R H R H H H R H H H R H
Spin-Inversion H
Langsam ! H
R H R H Rotation möglich R H R H
Als Beispiel sei die Reaktion von Dichlorcarben mit cis-Cycloocten und trans-Cycloocten aufgeführt. 18
Es bildet sich jeweils ausschliesslich das cis-Additionsprodukt. Die Chloratome können anschliessend
zum Beispiel mit Bu3SnH in einer radikalischen Defunktionalisierung entfernt werden.
CHCl3, KOH
CHCl3 , KOH
Zwei weitere sehr wichtige Cyclopropanierungs-Reaktionen sind die Simmons-Smith Reaktion und
die Rhodium-katalysierte Cyclopropanierung mit Diazoessigester. Da in diesen beiden Reaktionen
nicht ein „freies Carben“ als reaktive Spezies reagiert, bezeichnet man in diesen Fällen die reaktiven
Spezies als Carbenoide, d.h. Reagenzien, welche die Fähigkeit haben CH2-Gruppen auf Alkene zu
übertragen.
Das Simmons-Smith Reagenz wird überlicherweise aus Diiodmethan und Zink hergestellt und kann
mit der Strukurformel I-CH2-ZnI wiedergegeben werden. Die Addition erfolgt wiederum stereoselektiv
ausschliesslich von einer Seite, einer cis-Addition.
I I Zn I ZnI I Zn I + ZnI2
Simmons-Smit h Reagenz
R H I
ZnI
R H
Als Beispiel sei hier die Herstellung des Duftstoffes Javanol mit „doppelter“ Simmons-Smith
Reaktionen aufgeführt. 19 Javanol wird wegen seines tiefen Geruchsschwellenwertes, der geringen
Flüchtigkeit und schlechten Wasserlöslichkeit vorteilhaft in Waschmitteln und Weichspülern
eingesetzt. Dank seiner ästhetischen, cremigen Sandelholznote wird es aber auch in der
Feinparfümerie und in Körperpflegeprodukten eingesetzt.
18
E.V. Dehmlow & R. Kramer, Angew. Chem. 1984, 96, 701-702.
19
J.A. Bajgrowicz, I. Frank, G. Frater, M. Henning, Helv. Chim. Acta 1998, 81, 1349-1358.
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Unten ist ein Laborvorschrift angegeben für die Simmons-Smith-Synthese von Javanol, im Anhang auf
Seite 62 finden sich Eckdaten der grosstechnischen Produktion von Javanol durch Givaudan; man
beachte die gewaltigen Mengen Zink-Abfall die hier entstehen!
O
AcOOH ZnI2 1. EtCHO, NaOMe
O
2. NaBH4
CH2Br2
OH OH
Zn, AcCl
Javanol
Bei Raumtemperatur versetzt man eine Suspension von 85 g Zinkpulver (1.3 mol) und 12 g CuBr
(0.013 mol) in 200 ml Diethylether portionenweise mit 200 g CH2Br2 (1.15 mol) und 1 ml Acetylbromid
(0.013 mol). Die Farbe der Suspension ändert sich von grau nach schwarz. 50 g Allylalkohol (0.26
mol) wird gelöst in 50 ml Diethylether über 10 min zugegeben, so dass die Reaktionsmischung leicht
siedet. Die Reaktionsmischung wird für weitere 7h bei Raumtemperatur gerührt, dann mit 300 ml
TBME verdünnt und über Celite filtriert. Nach wässriger Aufarbeitung und Destillation wird Javanol in
48% Ausbeute als ca. 1:1-Diastereoisomerengemisch isoliert.
R R COOMe R COOMe
cis-Addition
L nRh
COOMe
R R COOMe R
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Übungen: Cyclopropanierungsraktionen
Geben Sie die Produkte und die korrekte Stereochemie der folgenden Umsetzungen an:
OH CHBr3/NaOH
CH2I2, Zn(Cu)
COOMe
MeO
N
H
N2 Cu-Katalysator
2.2.3 Epoxidierungen 20
R ArCOOOH
20
Vollhardt & Schore (3th Ed.), Seiten 522-524; Brückner (1998), Seite 86.
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MCPBA
86% Ausbeute
Übungen: Epoxidierungsreaktionen
Geben Sie die Produkte und die korrekte Stereochemie der folgenden Umsetzungen an:
MCPBA
MCPBA
Ph
MCPBA
Ph
MCPBA
Ph Ph
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O O
H2 O2 , NaOH
OH H
O O O O
H - H2 O H
Das Oxiran Isophoronoxid 2 lässt sich aus Isophoron 1 durch Umsetzung mit H2O2 unter alkanischen
Bedingungen herstellen. Behandelt man Isophoronoxid 2 in Toluol bei höheren Temperatur mit
Bortrifluorid-etherat, so findet man eine Umlagerung zu 2-Formyl-2,4,4-trimethylcyclopentanon 3
statt. Formulieren Sie zu dieser Reaktion als Erklärung einen Reaktionsmechanismus.
O O O
CHO
O
1 2 3
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Die Sharpless-Epoxidierung erlaubt die enantioselektive Epoxidierung von Allylalkoholen. Ihre grosse
Bedeutung liegt in der breiten Anwendbarkeit (primäre wie sekundäre Allylakohole) und den daraus
resultierenden Produkten, den α,β-Epoxyalkoholen, welche sehr einfach mit einer Vielzahl von
nucleophilen Reagenzien weiter umgesetzt werden können.
Oxidationsmittel ist im Allgemeinen ein Hydroperoxid, zBsp. tert-BuOOH, als chiraler Ligand wird ein
Weinsäuredialkylester-Titankomplex eingesetzt.
HO COOR
(R)
(R)
Ti(OiPr) 4
HO COOR
L-(+)-(R, R)-Weinsäureester O
R OH OH
R
t-BuOOH
Der genaue Mechanismus der Sharpless-Epoxidierung ist noch nicht geklärt, es gibt aber ein paar
allgemeine Regeln, mit welchen man das bevorzugte Produkt/Enantiomer vorhersagen kann.
D-(-)-(S,S)-Weinsäureester
H
R
OH
L-(+)-(R, R)-Weinsäureester
Primäre Allylalkohole werden im Allgemeinen mit sehr hoher Enantioselektivität epoxidiert. Bei
sekundären Allylalkoholen ist die Reaktionsgeschwindigkeit für die chirale Epoxidierung der beiden
enantiomeren sekundären Allylalkohole unterschiedlich, da diastereoisomere Übergangszustände
durchlaufen werden. Somit ist in diesem Fall eine kinetische Racematspaltung möglich, d.h. nur ein
Enantiomer des sek. Allylalkohols reagiert ab, und bei 50% Umsatz wird die Reaktion gestoppt. Man
isoliert somit den α,β-Epoxyalkohol und nicht umgesetzter Allylalkohol, jeweils in enantiomerenreiner
Form.
21
Carey (2004), Seiten 1381-1383; Brückner (1998), Seiten 104-106.
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HO COOR
(R)
(R)
Ti(OiPr)4
HO COOR O
OH OH
BnO BnO
t-BuOOH
98%ee
HO COOR
(R)
(R)
Ti(OiPr)4
HO COOR
OTrityl OTrityl OTrityl
+
O
OH t-BuOOH OH OH
H
L(+)-DIPT O
Si Si Si
O O + O
OH OH OH
66%
22
A. Sting, Dissertation ETHZ, No. 11669 (1996).
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Die Reaktion von Alkenen mit verdünnter Kaliumpermanganat-Lösung wurde in der Vergangenheit als
Nachweisreaktion auf Doppelbindungen eingesetzt (Bayer-Probe); die violetten Lösungen wurden
entfärbt und es bildete sich ein brauner Niederschlag von Braunstein (MnO2). Als Produkt bildet sich
aus dem Alken ein vicinales 24 Diol. Die Reaktion hat aber wenig synthetisch präparative Anwendung
gefunden, da leicht Überoxidation unter C-C-Bruch zu beobachten ist, was die Ausbeute senkt.
Eine synthetisch bedeutendere Reaktion ist die Verwendung von Osmiumtetroxid als Oxidationsmittel.
Die reaktive Os(VIII)-Spezies bildet in einem ersten konzertierten Schritt, in einer cis-Addition, als
Intermediat einen cyclischen Diester der Osmium(VI)säure. Dieser wird zum vicinalen cis-Diol und
Osmium(VI)säure hydrolysiert.
Da Osmiumtetroxid sehr toxisch (und auch teuer) ist wird es üblicherweise nicht in stöchiometrischen,
sondern in katalytischen Mengen eingesetzt. Als Reagenz für die Reoxidierung der freigesetzten
Osmium(VI)säure zu OsO4 wird beispielsweise N-Methylmorpholin-N-oxid (NMO) eingesetzt.
R H OsO4
R H (Os+VIII)
Osmiumtetroxid Recycling:
O
O
H 2OsO 4 + OsO4 +
N
N
O
N-Methylmorpholin-N-Oxid
(NMO)
Ein wichtiger Meilenstein in der asymmetrischen Synthese waren die Arbeiten von Sharpless und
Mitarbeiter auf dem Gebiet der cis-Bishydroxylierung. Durch Zugabe von chiralen Cinchona-Liganden
konnte die Reaktion dahingehend modifiziert werden, dass enantioselektiv nur eine Seite des Alkenes
vom Osmiumtetroxid zum chiralen Diol oxidiert wird. 25 Es gibt heute fertige Reagenzmischungen zu
kaufen (AD-mix-α und AD-mix-β), die das gesammte Katalysatorsystem enthalten. Mit Hilfe eines
Modells kann die Stereochemie des Produktes vorhergesagt werden. 26
23
Vollhardt & Schore (3th Ed.), Seiten 524-527; Brückner (1998), Seiten 501-503.
24
Vicinal: Funtionalisierung in 1,2-Position.
25
Comprehensive Asymmetric Catalysis, Chapter 20 (Ed. Jacobsen, Pfaltz, Yamamoto), Springer Verlag 2000.
26
K.B. Sharpless et al., J. Org. Chem. 1992, 57, 2768-2771.
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Modell für die Enantioselektivität der Chinchona-Liganden (RL = grösster Rest R, RM = mittlerer Rest,
RS = kleinster Rest):
Dihydroquinidin Derivate
AD-mix-β
N
RO H
HO OH
O
RS RM
RL H
N
K2OsO4
K3Fe(CN)6, K2CO3
t-BuOH, H2O
RS RM
N RL H
OR
H
HO OH
AD-mix-α
N
Dihydroquinin Derivate
O O
H H
OsO4 (Kat.), NaClO3
OH
H H OH
O O
Unter Stickstoff wird zu einer Lösung von 9.7 g (50.4 mmol) des Diketons in 200 ml Dioxan vorsichtig
15 mg OsO4, dann 40 ml H2O und dann eine Lösung von 5.8 g (54.5 mmol) NaClO3 zugegeben. Die
Reaktionsmischung wird für 5h bei 85 °C gerührt. Zur Aufarbeitung wird die Reaktionsmischung im
Vakuum auf ca. 100 ml eingedampft, die wässrige Phase mit NaCl gesättigt und dann mit CH2Cl2
extrahiert. Die vereinigten organischen Phasen werden mit H2O gewaschen, über Na2SO4 getrocknet
und dann das Lösungmittel im Vakuum abdestilliert. Der Rückstand, 5.4 g (47% Ausbeute) wird ohne
weitere Reinigung in die Folgeschritte eingesetzt werden.
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Übungen: cis-Hydroxylierung
Bestimmen Sie die Produkte und geben Sie die korrekte Stereochemie an.
1) MCPBA
OsO4 (Kat.), NMO 2) H2O, H+
AD-mix-β
AD-mix-α
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2.2.5 Ozonolyse 27
Setzt man Alkene mit Ozon (O3) als Reagenz um, so kommt es über einem mehrstufigen
Mechanismus zum Bruch der C-C-Bindung. Der erste Schritt, die Anlagerung des Ozons ist
wiederum eine elektrophile selektive Cis-Addition an die Doppelbindung. In einer konzertierten
Reaktion „bewegen“ sich sechs Elektronen und bilden das instabile Primärozonid (1,2,3-Trioxolan).
Dieses fragmentiert in eine Carbonylverbindung und ein Carbonyloxid. In aprotischen Lösungsmittel
wie CH2Cl2 reagieren diese beiden Intermediate in einer 1,3-dipolaren Cycloaddition weiter zum
Sekundärozonid (1,2,4-Trioxolan). Da diese Sekundärozonide nur noch eine O-O-Bindung haben,
sind sie deutlich stabiler als das Primärozonid (zwei O-O-Bindungen). Trotzdem können sie nicht in
Substanz isoliert werden (explosiv), sondern müssen in einem Aufarbeitungsschritt weiter reduziert
werden.
In Methanol als Lösungsmittel reagiert das Carbonyloxid zum Hydroperoxid ab, d.h. als
Zwischenstufe „isoliert“ man Carbonylverbindungen und Hydroperoxide. In hochsubstituierten
Alkenen dimerisiert das Carbonyloxid zu hochexplosiven 1,2,4,5-Tetroxanen, die in-situ reduziert
werden müssen.
R H O3
R1 H
27
Vollhardt & Schore (3th Ed.), Seiten 527-529; Brückner (1998), Seiten 459-461.
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Reduktion mit Dimethylsulfid (Me2S) oder Triphenylphosphin (PPh3) gibt die entsprechenden
Carbonylverbindungen wie Aldehyde oder Ketone.
R O S
O
O
R1
R O Reduktion mit
+ R1 OH
O R OH
O Hydrid H
R1
Eine oxidative Aufarbeitung zum Beispiel mit H2O2, KMnO4 oder RuO4 ergibt die entsprechenden
Ketone und Carbonsäuren.
Beispiel: Ozonolyse
OMe
OMe
OMe O
1) O3
OMe +
2) Me2S
CHO
In eine auf -70 °C gekühlte Lösung von 10.0 g (50 mmol) Alken in 120 ml MeOH leitet man Ozon ein
(Ozon-Generator, Ozongehalt 58.3 mg/l Gas, Gasgeschwindigkeit 40 l/h). Nach ca. 1h färbt sich die
Lösung blau und die Ozonolyse wird abgebrochen. Das Reaktionsgemisch wird mit Stickstoff gespühlt
und dann bei -70 °C mit 31.1 g (500 mmol) Dimethylsulfid (Vorsicht: starke Geruchsbelästigung!)
versetzt. Man lässt innerhalb von 2h auf RT kommen und rührt noch 1h nach. Zur Aufarbeitung wird
das Lösungsmittel unter Vakuum abdestilliert und das Rohprodukt durch Chromatographie gereinigt.
Man isoliert 5.4 g (62% Ausbeute) eines schwach gelben Öls.
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Übungen: Ozonolyse
Bestimmen Sie die Produkte, respektive Edukte und geben Sie die korrekte Stereochemie an:
1) O3 , CH 2 Cl2
2) NaBH4
1) O3 , CH 2 Cl2
2) Me2 S
O
1) O3, CH 2Cl2
2) Me2S
O
1) O3 , CH2 Cl2
COOMe 2) Me2 S
2.3 Hydroborierung 28
Das Boratom in Boranen (BH3, RBH2, R2BH) besitzt nur ein Elektronensextett, d.h. es fehlen ihm
zwei Elektronen zum Oktett. Borane umgehen dieses „Problem“, dass sie Dimere bilden oder mit
Lewis-Basen Addukte eingehen. Diboran ist ein Gas, welches einfach aus Natriumborhydrid und
Säure hergestellt werden kann, einfacher handhabbar sind die Boran-THF oder Boran-
Dimethylsulfid-Addukte welche normalerweise in Labor eingesetzt werden.
H
H B H B H O B
BH3
H BH2
H H H H
H
H
H B H
BH3 B
H
B = =
H
9-Borabicyclo[3.3.1]nonan
9-BBN
28
Vollhardt & Schore (3th Ed.), Seiten 519-522; Brückner (1998), Seiten 87-95 & 98-104; Carey & Sundberg
(2004), Seiten 945-956.
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Monomere Borane sind starke Elektrophile und können in einer Cis-Addition mit elektronenreichen
Alkenen zu Boralkylverbindungen reagieren. In diesem Schritt, der Hydroborierung, bildet sich
zuerst ein Boran-Alken Komplex, welcher dann über einen Vier-Zentren-Übergangszustand ein
Wasserstoffatom auf das Kohlenstoff überträgt unter gleichzeitiger Ausbildung der C-B-Bindung. Die
Addition verläuft stereoselektiv cis. Im Falle des Borans können zwei weitere Alkene zum
Trialkylboran addieren.
BH 2
H
Boran-Reagenz OH
HO
Die wichtige Bedeutung dieser Reaktion kommt in den Folgereaktionen dieser Boralkane zu tragen,
die sich ihnen immer anschliesst: Oxidation von Trialkylboranen zu mit H2O2/NaOH zum Borsäure-
trialkylester und nachfolgende Hydrolyse zum entsprechenden Alkohol. Das heisst Alkene lassen
sich über die Reaktionsfolge Hydroborierung, Oxidation und Hydrolyse einfach und stereoselektiv in
Alkohole überführen.
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R H H2 O2
B
R NaOH
R H
Setzt man zwei Moleküle α-Pinen mit Boran um, so erhält man ein chirales Hydroborierungsreagenz,
das Bis(isopinocamphenyl)boran (Ipc)2BH. Setzt man dieses Reagenz mit Z-Alkenen in der Sequenz
Hydroborierung, Oxidation und Hydrolyse um, so erhält man chirale Alkohole in guter
Enantiomerenreinheit. Mit E-Alkenen hingegen beobachtet man eine langsamere Reaktion und auch
schlechtere Selektivität. 29
BH3 BH
2
α-Pinen (Ipc)2BH
1. (Ipc)2BH OH
R1 R2
2. H2O2, NaOH R1
R2
R1 = R2 = Me 98%ee
R1 = R2 = Et 95%ee
R1 = iPr R2 = Me 82%ee
29
Houben-Weyl, Band E21e, Kapitel 4.2.2 „Asymmetric Hydroboration/Oxidation“, Seiten 4523-4528.
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OH
1) BH3-THF
2) NaOH, H2O2
OH
Unter Stickstoff wird 7.5 ml (7.5 mmol) 1.0M BH3-THF Lösung vorgelegt und mit 10 ml THF verdünnt.
Bei 0 °C wird 15 mmol 1-Decen über 5 min zugetropft und die Reaktionslösung wird für 2h bei RT
nachgerührt. Zur Aufarbeitung wird bei 10 °C mit 9 ml 3M NaOH-Lösung versetzt, gefolgt von 3 ml
30% wässriger H2O2. Es wird 2h bei 50 °C nachgerührt. Nach Extraktion mit Ether, werden die
organischen Phasen über Na2SO4 getrocknet und das Lösungsmittel unter Vakuum abdestilliert. Nach
Chromatographie über Kieselgel isoliert man 1-Decanol in 93% Ausbeute mit einer Regioselektivität
(1:2) von 94 : 6.
Übungen: Hydroborierung
Geben Sie die Regioselektivität der Hydroborierungsreaktion für folgende Substrate an.
MsCl, Base
Ipc2BH
? ?
COOMe
C8H12O3 C9H14O5S
R-Enantiomer
O O
NaOH
30
Technical Bulltion AL-218, Aldrich (2006).
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2.4 Hydrierungsreaktionen 31
Hydrierungen von Doppelbindungen können auch als cis-Addition verstanden werden. Üblicherweise
wird das Alken in einem inerten Lösungsmittel (zBsp. MeOH, EtOH, AcOEt) mit Wasserstoff in
Gegenwart eines Edelmetall-Katalysators (Pd, Pt, Ni..) unter Normaldruck oder leicht erhöhtem Druck
umgesetzt.
H
H2, Katalysator
R R
R' R'
H
R2 R3
R1 R4
H H H H
Pd Pd Pd Pd Pd Pd Pd Pd Pd
R3 R4 R3 R4
R2 R2
R1 H H R1 HH
R3 R4
Pd Pd Pd Pd Pd Pd
R2
R1 H
H
Die Reaktion ist exotherm und die Hydrierungswärme beträgt für fast alle Alkene ungefähr 120
kJ/mol für jede Doppelbindung. Obwohl exotherm, verläuft die unkatalysierte Reaktion – selbst bei
erhöhter Temperatur – mit vernachlässigbarer Geschwindigkeit. Der Katalysator, üblicherweise
Edelmetalle wie Palladium, Platin oder Nickel, erniedrigt die Aktivierungsenergie und erlaubt so die
Umsetzung bei Raumtemperatur. Der Katalysator aktiviert den Wasserstoff, denn ohne das Metall ist
die Spaltung der starken H-H-Bindung energetisch kaum möglich. Die Wasserstoffatome sind dann
an die Metalloberfläche gebunden und werden so sukzessiv an die Doppelbindung des adsorbierten
Alkens übertragen, d.h. die Hydrierung verläuft stereoselektiv mit cis-Selektivität, d.h. beide
eintretenden Wasserstoffe kommen von der gleichen Seite. Aufgrund von sterischen Gründen
reagieren monosubstituierte Ethylene rascher als 1,1-disubstituierte, und diese wiederum rascher als
cis disubstituierte Olefine:
R R R R R R R R R
> > > > >
R R R R R
31
Vollhardt & Schore (3th Ed.), Seiten 501-503; Brückner (1998), Seiten 535-540; Sykes (9th Ed.), Seiten 89-
117.
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Bei der Trans-Addition an Alkene unterscheidet man zwischen dem Onium-Ion und dem Carbenium-
Ionen Mechanismus. Je nach Natur von X-Y wird die Onium oder Carbenium-Ion Zwischenstufe
durchlaufen.
X-Y
C C
Das Reaktionsprofil zeigt zuerst die schnelle und reversible Bildung des π-Komplexes und dann der
langsame und geschwindigkeitsbestimmende Schritt zur Bildung der Onium-Ion-, respektiv der
-
Carbenium-Ion-Zwischenstufe. Von dort aus reagiert die Zwischenstufe mit dem Y zum
Additionsprodukt. Die Reaktionsgeschwindigkeit (RG) folgt im Allgemeinen einem Geschwindigkeits-
gesetz 2. Ordnung:
RG = k2 [Alken] [X-Y]
RK
32
Vollhardt & Schore (3th Ed.), Seiten 504ff.; Brückner (1998), Seiten 106ff.; Sykes (9th Ed.), Seiten 205ff.
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Die Nucleophilie des Alkens lässt sich durch elektronenliefernde Substituenten noch steigern. Als
solche kommen in Frage σ-Donatoren (Alkylgruppen) bzw. π-Donatoren (Alkoxy-, Dialkylamino-) in
Enolethern und Enaminen.
Wie oben erwähnt reagieren unterschiedliche Reagenzien zum Teil eher nach dem Onium-Ion oder
nach dem Carbenium-Ion Mechanismus. Wie immer gibt es Grenzfälle, aber man kann trotzdem
gewisse Regeln aufstellen. Eine der wichtigsten Unterscheidungen der beiden Mechanismen ist die
klare trans-Selektivität beim Onium-Ion Mechanismus, während dies beim Carbenium-Ion
Mechanismus nicht so ausgeprägt ist.
X X X
X
C C C C C C C C
Gemäss diesen Regeln findet sich für die gängigsten elektrophilen Reagenzien folgende Einteilung:
Onium-Ion Mechanismus:
Carbenium-Ion Mechanismus:
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Die Addition von Brom an Alkene verläuft mit hoher trans-Selektivität. Dies bekräftigt den Onium-Ion
Mechanismus. Es gelang sogar von Brom und Iod-Onium-Ionen Röntgenstrukturen zu bestimmen
und so die Onium-Struktur nachzuweisen. 34 Auch ist die Reaktionsgeschwindigkeit proportional zur
Konzentration von Alken und von Brom.
Br
Man führt die Reaktion überlichweise in einem inerten halogenierten Lösungsmittel durch. Je nach
Konfiguration des Alkenes erhält man eine meso-Verbindung oder ein Racemat.
Br2
H C C Me
Me H
Br 2
H C C H
Me Me
Die Reaktion funktioniert mit Brom und Chlor am besten, Fluor ist zu reaktiv und gibt Gemische. Die
Reaktion mit Iod ist thermodynamisch nicht begünstigt. „Gemischte“ Halogene A-B, wie ICl, BrCl
können auch eingesetzt werden. In diesen Fällen muss die Regioselektivität mit berücksichtigt
werden. Als Hilfsmittel dienen die relativen Elektronegativitäten von A und B; das elektronegativere
Atom B ist negativ polarisiert (δ-) und reagiert somit als „Nucleophil“. Das andere Atom A ist positiv
polarisiert (δ+) und reagiert als Elektrophil und bildet somit das Onium-Ion Zwischenprodukt. Für die
Regioselektivität bei unsymmetrisch substituierten Alkenen gilt wieder die Regel nach Markovnikov.
33
Vollhardt & Schore (3th Ed.), Seiten 510-514; Brückner (1998), Seiten 106-111.; Sykes (9th Ed.), Seiten 205-
211.
34
H. Slebocka-Tilk, R.G. Ball, R.S. Brown, J. Am. Chem. Soc. 1985, 107, 4504-4508.
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δ+ δ-
A B A A
C C C C C C
B
δ+ δ-
A B
Bromchlorid
Bromcyanid
Iodchlorid
Sulfenylchlorid
Br2
Br
Br
Bei -78 °C tropft man zu einer Lösung von 42.0 g (500 mmol) 3,3-Dimethylbut-1-en in 80 ml CH2Cl2
innerhalb von 3h eine Lösung von 80.0 g (500 mmol) Brom in 50 ml CH2Cl2 so zu, dass die
Innentemperatur -65 °C nicht übersteigt. Man rührt noch 3h bei -78 °C nach und wärmt dann auf RT
auf. Zur Aufarbeitung gibt man 50 ml H2O zu, trennt die Phasen und wäscht die wässrige Phase mit
Ether nach. Die vereinigten organischen Phasen werden mit NaHCO3-Lösung gewaschen, über
MgSO4 getrocknet und das Lösungsmittel unter Vakuum abdestilliert. Der Rückstand wird bei 85 °C/12
mbar fraktioniert Destilliert. Man erhält 113 g 1,2-Dibrom-3,3-dimethylbutan als farblose Flüssigkeit
(93% Ausbeute).
Cis-Konfigurierte Alkene können durch Iod und Zugabe von anorganischen Iodide in die trans-Alkene
isomerisiert werden. Formulieren Sie einen Reaktionsmechanismus.
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Okt. 2007, v3, r.marti 45 / 70
Übung: Halogenierung
Bestimmen Sie die Produkte, Edukte und Reagenzien für folgende Umsetzungen, bestimmen Sie die
korrekte Stereochemie:
Br2
Br2
Br
Cl
Br2
O
CCl4 als Lsm.
O
Die Synthese von vicinalen Halogenalkoholen, sogenannten Halogenhydrinen, wie auch die
Halogenlactonierierung ist eine Variante der Reaktion von Alkenen mit Halogenen. Wird nämlich die
Reaktion in Wasser oder einem Alkohol durchgeführt, so reagiert die Onium-Ion Zwischenstufe mit
Wasser respektive ROH und bildet das entsprechende Halogenhydrin respektive den β-Halogenether.
Als Reagenzien werden üblicherweise N-Bromsuccinimide (NBS), Chloramin-T (TolSO2NHCl, Quelle
für Cl+) oder elementares Iod verwendet.
N Br
35
Vollhardt & Schore (3th Ed.), Seiten 514-515; Brückner (1998), Seiten 108-111.
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Für diie Öffnung von unsymmetrisch substituierten Onium-Ionen beobachtet man wieder die Regel
von Markovnikov, d.h. das cyclischen Onium-Ions ist in „Gegenrichtung“ zum stabileren Carbenium-
Ions verzerrt. Das heisst das Nucleophil greift am höher substituierten Kohlenstoffzentrum an.
ca. 1.9 A
Br ca. 2.6 A
H C C Et
Me Me
OH
Befindet sich in geeignetem Abstand zum Onium-Ion ein internes Nucleophil wie OH oder COOH, so
kann dieses in einer SN2-Reaktion das Onium-Ion nucleophil öffnen. Im Fall von COOH als internem
Nucleophil spricht man von einer Halogenlactonisierung und ein Lacton wird gebildet. 36
I
I2
HO
KHCO 3 O
O - KI, - CO 2
O
Lacton
36
B.B. Snider, M.I. Johnston, Tetrahedron Lett. 1985, 26, 5497-5500.
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2.6.3 Solvomercurierung 37
Als letztes Beispiel einer Reaktion, die über den Onium-Ion Mechanismus verläuft, ist die
Solvomercurierung von Alkenen aufgeführt. Dazu wird ein Alken im wässrigen Lösungsmittel mit
Quecksilber(II)acetat umgesetzt. In einem ersten Schritt bildet sich analog zum Onium-Ion die so
genannte Mercurinium-Ion Zwischenstufe. Diese reagiert mit Wasser zum Ringgeöffneten trans-
Produkt. Verwendet man als Lösungsmittel einfache Alkohole so erhält man als Produkte die
entsprechenden Ether-Derivate.
Hg(OAc)2 HgOAc H
NaBH4
Hg OAc
AcOH, H2O - H+ HO HO
H2O Trans-Addition
Hg(OAc)2 HgOAc H
NaBH4
Hg OAc
R-OH - H+ O
R O R
OH Trans-Addition
R
Als Beispiel sei die Synthese eines komplexen Naturstoffes (Octosyl Acid A) gezeigt, 38 in welcher die
Solvomercurierung in einer intramolekularen Cyclisierung zum Sechsringsystem führt. Die
Aufarbeitung erfolg in diesem Fall unter oxidativen Bedingungen.
OH OH
HO 1) Hg(OAc)2, THF, 36h O
HO
N O N O
2) NaBH4, O2, DMF
O N O N
O BOM 54% Ausbeute O BOM
OBOM OBOM
BOM = -CH2OCH2Ph
37
Vollhardt & Schore (3th Ed.), Seiten 515-518; Brückner (1998), Seiten 111-112.
38
S. Hanessian, J. Kloss, T. Sugawara, J. Org. Chem. 1986, 108, 2759-2761.
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Bestimmen Sie die Produkte, Edukte und Reagenzien für folgende Umsetzungen, bestimmen Sie die
korrekte Stereochemie.
COOMe
OMe
COOMe
1) KOH
Si 2) KI3
O O
H
1) Hg(OAc)2, MeOH
2) NaBH4
1) Hg(OAc)2, MeOH
2) Br2
1) Hg(OAc)2, MeOH
2) NaBH4
OH
OH
Die Addition von HX oder H+/H2O ist eine präparative wichtige Umsetzung, welche zu Halogenalkanen
respektive Alkoholen führt. Im Gegensatz zu den vorhergehenden Reaktionen verläuft sie über den
Carbenium-Ion Mechanismus. In einem ersten Schritt bildet sich durch Anlagerung eines Protones
-
das Carbenium-Ion, dieses wird dann in einem schnellen zweiten Schritt vom X oder H2O
abgefangen.
H-X
C C
39
Vollhardt & Schore (3th Ed.), Seiten 504-509; Brückner (1998), Seiten 113ff.; Sykes (9te Ed.), Seiten 212-218;
Carey & Sundberg (2004), Seiten, 330-338.
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Aus experimentellen Resultaten lassen sich folgende Regeln bezüglich Reaktivität, Regio- und
Stereoselektivität formulieren:
• Die Reaktion ist bimolekular und folgt einer Kinetik 2. Ordnung: RG = k2 [Alken][H-X].
• Die Addition ist jedoch Allgemein nicht stereospezifisch und kann zum cis- oder trans-
Additionsprodukt führen.
Es gibt auch Fälle, in denen eine Reaktionsgeschwindigkeit dritter Ordnung beobachtet werden kann,
d.h. RG = k2 [Alken][H-X]2. Diese Reaktionen ergeben meist auch in hoher Stereoselektivität das
trans-Additionsprodukt. Dieser Befund lässt sich durch einem gleichzeitigen Angriff des Halogenid-
Ions anti zur Protonenübertragung erklären.
H X
H
H-X
C C C C C C
X
H-X Anti-Addition
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Bei der Hydratisierung von Alkenen sind alle Schritte reversibel, d.h. das Proton ist lediglich ein
Katalysator und wird nicht verbraucht. Das bedeutet, dass sich in Gegenwart einer Säure sich ein
Gleichgewicht zwischen Alken und Alkohol einstellt. Dieses Gleichgewicht kann durch hohe
Temperaturen und Säurekonzentrationen auf Seite des Alkens verschoben werden; durch niedrige
Temperaturen und Überschuss an Wasser hingegen auf Seite des Alkohols.
H-X
C C
HBr
HCl in AcOH
HCl
ΔT
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Übung:
Gegeben sind die folgenden relativen Reaktionsgeschwindigkeiten für drei verschieden substituierte
Alkene. Geben Sie eine Begründung für die Unterschiede.
k(rel.)
1.6 106
1.5 1011
Alkene können durch wässrige Säure in die thermodynamisch stabileren Alkene isomerisieren.
Formulieren Sie einen Mechanismus mit Begründung.
H+, ΔT
Die Umsetzung von Allybromid mit HBr bei unterschiedlichen Reaktionsbedingungen führt zu einer
unterschiedlichen Produktsituation:
Br
polare Lsm / Dunkelheit
Br
kein Sauerstoff
Br
In polaren Lösungsmitteln erfolgt die Addition über einen ionischen AE-Mechanismus. In apolaren
Lösungsmitteln erfolgt die Addition über radikalische Zwischenstufen.
40
Vollhardt & Schore (3th Ed.), Seiten 529-531.
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Reaktionen Bemerkung
Kettenstart hν
H Br H + Br
Radikalstarter
Ketten- Bildung des
reaktionen stabileren
sek. Radikal
Ketten-
abbruch
Man beachte, dass die radikalische Addition von HBr zum Anti-Markovnikov-Produkt führt. Die
Addition des Bromidradikals erfolgt so, dass das stabilere Radikal entsteht, d.h. das höher
substituierte Radikal.
Man kann also mit dem gleichen Reagenz HBr, je nach Reaktionsbedingung unterschiedliche
Produkte erhalten:
Berechnen Sie für das obige Beispiel, der radikalischen Addition von HBr an Allylbromid, die
Reaktionsenthalpien für die beiden Kettenreaktionsschritte und zeichnen Sie ein Reaktionsprofil.
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Im Normalfall sind Doppelbindungen Nucleophile (Lewis Basen), die von Elektrophilen angegriffen
werden. Sind nun Doppelbindungen mit einem π-Akzeptor-Substituent Z substituiert, so wird ihre
Elektronendichte stark reduziert und externe Nucleophile können in einer Additionsreaktion addiert
werden (AN).
Der genaue Mechanismus wird im Kapitel Carbonylverbindungen im Detail diskutiert. Im folgenden
Schema sind die gängigsten elektrophilen Doppelbindungssysteme aufgeführt, man nennt sie auch
Michael-Systeme.
Nu
Nucleophil
Z Z
R R
O O O
Z= C N NO2
R OR NR2
41
Sykes (9te Ed.), Seiten 230-235.
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Die Corey-Winter Reaktion ist eine elegante Methode um aus 1,2-Diolen stereospezifisch die
entsprechenden Alkene herzustellen. Das ist synthetisch von Bedeutung, da 1,2-Diole sich
diastereoselektiv einfach zugänglich sind (zum Beispiel Epoxidierung [Kapitel 2.2.3] und nachfolgende
Öffnung des Epoxides mit H2O/H+ oder durch cis-Bishydroxylierung [Kapitel 2.2.4]).
In einem ersten Schritt setzt man die 1,2-Diole mit 1,1’-Thiocarbonyldiimidazol zum Thiocarbonat um.
Dieses setzt man dann unter Erhitzen mit Trimethylphosphit um und isoliert in guten Ausbeuten das
Alken. Der Mechanismus kann man so verstehen, dass sich das Phosphit den Schwefel „schnappt“
und das resultierende Carben unter Abspaltung von CO2 zum Alken fragmentiert. So entstehen in
hoher Selektivität aus einem syn-Diol das trans-Olefin und aus dem anti-Diol das cis-Olefin.
N N R R1
OH N N
R R1 P(OMe)3 R
R1 R1
R O O
HO OH - S=P(OMe)3, CO2
OH
S
Syn 1,2-Diol
N N N N R R1
OH
R R1 P(OMe)3 R1
R1
R O O R
HO OH - S=P(OMe)3, CO2
OH
S
Anti 1,2-Diol
OH
OH
42
Brückner (1998), Seiten 151-152-540; Corey & Winter, J. Am. Chem. Soc. 1963, 85, 2677-2678.
43
E.J. Corey, J.I. Shulman, Tetrahedron Lett. 1968, 3655-3658.
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Planare Chiralität:
Trans-Cycloalkene sind Beispiele für planare Chiralität, hierbei liegt eine Chiralitätsebene vor,
bezüglich der die beiden Seiten des Moleküls verschieden sind. Am Beispiel von trans-Cycloocten
lässt sich das schön darstellen:
H2 H2
C C H H
CH2 H2C
H2C CH2
H CH2 H2C H
H2C CH2 H H
C C C C
C H H C
H2 H2 R-Enantiomer S-Enantiomer
R-Enantiomer S-Enantiomer
Für die Bestimmung der Konfiguration bestimmt man die Drehrichtung, wenn man von oben auf die
Ebene schaut, ausgehend vom Leitatom über die Doppelbindung. Das Leitatom ist das ranghöchste,
direkt an die Ebene gebundene Atom.
3.2 Wittig-Reaktionen 44
Die Wittig-Reaktion ist präpative eine der wichtigsten Methoden um Alkene herzustellen. Dazu werden
Phosphorylide (Wittig-Reaktion) oder Phosphonat-Anionen (Horner-Wadsworth-Emmons-Reaktion)
mit Carbonylverbindungen umgesetzt. Dabei bildet sich als Zwischenprodukt ein Oxaphosphetan aus,
das zum Alken und Triphenylphosphinoxid oder Phosphorsäureester zerfällt.
PPh3 Base
R X R PPh3 R PPh3 R PPh3
X
Phosphorylid
O O
P(OMe)3 Base
R X R P OMe R P OMe
OMe OMe
Arbusov-Reaktion
Phosphonat-Anion
44
Vollhardt & Schore (3th Ed.), Seiten 812-817; Brückner (1998), Seiten 149-151 & 313-322
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Die Stereochemie an der Doppelbindung ist stark von der Qualität des Phosphorylides geprägt. Für
die Wittig-Reaktion ergeben Donosubstituierte Yilde hauptsächlich Z-Olefine, Akzeptorsubstituierte
Yilde hauptsächlich E-Olefine. Die Horner-Wadsworth-Emmons-Reaktion ergibt hauptsächlich E-
konfigurierte Olefine.
In diesem Kapitel wird nur Reaktion besprechen, ohne vertiefte Diskussion des Mechanismus. Dies
wird im Kapitel Carbonylverbindungen ausführlich besprochen.
Wittig Reaktion
R = Donor R PPh3 R R
PPh3
= Alkyl, + POPh3
O O R1
R1
R1
Oxaphosphetan
R PPh3 R R
R = Akzeptor PPh3
= COOR, + POPh3
O O R1
R1
R1
Horner-Wadsworth-Emmons Reaktion
O
R P OMe
OMe O O O
O R O
R P(OMe)2
R1 R1 + P OMe
R1 O OMe
P(OMe)2 R1
O R
O 1) O3 O I Ph3P O
O
2) Me2 S KN(SiMe 3) 2
OSiPh2 t-Bu OSiPh2 t-Bu OSiPh2t-Bu
Selektiv Z-Alken
O
COOMe
MeOOC P OMe
CHO OMe
Selektiv E-Alken
80% Ausbeute
Beispiel:
PPh3 O Ph
Cl PPh3
NaOMe
Cl
26.2 g (100 mmol) Triphosphin und 14.0 g (110 mmol) Benzylchlorid werden in 150 ml Toluol für 12h
unter Rückfluss erhitzt. Zur Aufarbeitung wird auf RT abgekühlt, die ausgefallenen Kristalle abfiltriert
und mit Hexan nachgewaschen und im Vakuum bei 120 °C getrocknet. Man isoliert 35.5 g (91%
Ausbeute) das entsprechende Phosphonium-Salz.
Unter Stickstoff wird zu einer frisch hergestellte Natriummethanolat-Lösung (1.5 g (62.5 mmol) Na in
150 ml MeOH) 18.7 g (48 mmmol) Phosphonium-Salz gegeben. Man rührt 5 min nach und gibt dann
zur orange Reaktionsmischung eine Lösung von 6.6 g (50 mmol) Zimtaldehyd in 50 ml Methanol
innerhalb von 10 min zu. Nach 30 min wird das Reaktionsgemisch unter Vakuum auf ca. ½ des
Volumens eingeengt. Die ausgefallenen Kristalle werden abfiltriert und mit wenig kaltem MeOH
gewaschen. Nach Umkristallisation aus Essigsäure isoliert man 6.05 g (61% Ausbeute) (E,E)-1,4-
Diphenylbuta-1,3-dien als farblose Kristalle.
O
P(OEt)3 O Ph
Cl P OEt
OEt NaOMe
12.1 g (95 mmol) Benzylchlorid und 15.8 g (95 mmol) Triethylphosphat werden auf 200 °C erhitzt bis
die HCl-Gasentwicklung beendet ist (ca. 1h). Nach dem Erkalten werden 90 ml DMF und 5.4 g (100
mmol) Natriummethanolat zugegeben und zur kräftig gerührten Lösung bei 0 °C eine Lösung von 12.5
g (94.5 mmol) Zimtaldehyd in 10 ml DMF zugetropft; dabei tritt eine tiefrote Farbe auf und ein
Niederschlag fällt aus. Zur Aufarbeitung werden 45 ml Wasser und 23 ml MeOH zugegeben, die
ausgefallenen Kristalle werden abgesaugt, mit viel H2O und wenig MeOH gewaschen und unter
Vakuum getrocknet. Nach Umkristallisation aus Methylcyclohexan isoliert man 12.2 g (62% Ausbeute)
(E,E)-1,4-Diphenylbuta-1,3-dien als farblose Kristalle.
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Alkine können mit Wasserstoff in Gegenwart eines Katalysators zu Z-Alkenen reduziert werden. Dabei
ist darauf zu achten, dass nicht zum Alkan „durchhydriert“ wird. Dazu verwendet man einen
desaktivierten („vergifteten“) Katalysator. Der gebräuchlichste ist der so genannte Lindlar-Katalysator
(Pd auf BaSO4 oder Pd auf PbO/CaCO3/Chinolin). Der Mechanismus verläuft analog der Hydrierung
von Doppelbindungen (Kapitel 2.4), was auch die hohe cis-Selektivität erklärt.
H2, Lindlar-Pd-Katalysator
Z-3-Hepten
Um aus Alkinen E-konfigurierte Alkene zu erhalten, kann man die Bedingungen von Birch anwenden:
gelöstes Natrium in flüssigem Ammoniak. Das Natrium reagiert als Reduktionsmittel und der
Mechanismus verläuft über Radikale. Die Stereochemie der Doppelbindung wird durch das bevorzugt
gebildete sterisch weniger behinderte trans-Alkenyl-Radikal bestimmt.
1) Na, flüssiges NH 3
2) H2 O
E-3-Hepten
e H
45
Vollhardt & Schore (3th Ed.), Seiten 579-582; Brückner (1998), Seiten 541-544.
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Die McMurry Reaktion kommt einer Dimerisierung von zwei Carbonylverbindungen gleich. Der
Mechanismus ist nicht genau aufgeklärt, der erste Schritt läuft aber analog einer Pinakol-Reaktion 47 ,
d.h. die Carbonylverbindung wird durch die Übertragung eines Elektrones (SET, Single Electron
Transfer) zum Radikalanion reduziert. Dieses reagiert mit einem zweiten Radikalanion zum Dimer,
dem Pinakol-Produkt. Das Pinakol-Produkt wird nun vom niedervalentem Titan(II) zum Alken
„eliminiert“. Die Triebkraft dieser Reaktion ist die Bildung des stabilen Titandioxides.
O
Ti
K O O
O O
-K - 2 KCl - TiO2
TiCl3, Li
O + O
THF
- TiO 2
O TiCl3, K
THF
- TiO2
Die McMurry-Reaktion funktioniert sehr gut zu den symmetrischen Produkten. Gemischte McMurry
Reaktionen sind möglich, falls die eine Carbonylverbindung im grossen Überschuss vorliegt. Die
Reaktion von Aldehyden oder unsymmetrischen Ketonen liefert im Allgemeinen cis/trans-(E/Z)-
Mischungen. Interessant ist die McMurry Reaktion zur Synthese von mittleren Ringen durch eine
intramolekulare Kupplung.
46
Vollhardt & Schore (3th Ed.), Seite 810.
47
Vollhardt & Schore (3th Ed.), Seite 809.
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OBn
OBn
O CHO
OHC O
O
O
OBn
OBn
O
O
O
O
Titantrichlorid (0.3 g, 1.95 mmol) und Zink-Kupfer Legierung (0.3 g, 4.45 mmol) werden in 45 ml
Dimethoxyethan (DME) suspendiert und für 2h rückflussiert. Eine Lösung des Dialdehydes (101 mg,
0.068 mmol) in 5 ml DME werden mit Hilfe einer Spritzenpumpe über 45h zur siedenden
Reaktionsmischung zudosiert. Nach weiteren 18h bei Rückfluss wird die Reaktionsmischung mit 30 ml
20% K2CO3 gestoppt. Nach wässriger Aufarbeitung und Chromatographie über Kieselgel isoliert man
58 mg Alken (59% Ausbeute) als farbloses Öl.
3.5 Polymerisationen
48
T. Eguchi, K. Ibaragi, K. Kakinuma, J. Org. Chem. 1998, 63, 2689-2698.
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Geben Sie die Produkte, Reagenzien und die korrekte Stereochemie der folgenden Umsetzungen
an:
Bu H2, Pd-BaSO4
Bu
Bu
McMurry Reaktion
CHO
CHO
O
MeOOC P OMe
OMe
O O
NaH, THF, 0°C
OHC CHO
?
O O O O
MeOOC COOMe
OHC CHO
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4. Anhang
1.7 kg Nor-Radjanol
3.3 kg Zn
8.0 kg CH2Br2 etc.
Simmons-Smith
Reaktion 45 kg ZnBr2-haltige Waschwasser
18 kg feuchtes, abgepresstes
Bilanz: 1 kg Javanol Zn(OH)2 zur Entsorgung
Bei einem jährlichen Javanol-Verbrauch von 10 Tonnen ergeben
sich 180 Tonnen Zinkabfälle, welche in der Zementfabrikation
entsorgt werden.
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5. Übungen
OH
OH
Grandisol V itamin A
γ -Humulen
OH
OH
OH
(E)
(R)
Cl
(Z)
(R)
1-(cis-1-Propenyl)-bicyclo[4.4.0]decan 4,4-Dimethylcyclohex-1-en
(R,Z)-5-Chlor-3,4-dimethyloct-4-en
COOH
(S)
H
1-Isopropenyl-cyclopentancarbonsäure
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• Chirales Dien
• Chirales Dienophil
• Chiraler Katalysator (Lewis-Säure)
Auf unser Problem angewendet kommen die beiden letzteren Möglichkeiten in Betracht:
O
+
OR ∗
COOR
O
R* ist ein chiraler Rest, d.h. ein eantiomerenreiner Alkohol
OR* zum Beispiel Menthol:
Ph Ph
COOMe COOMe
Intramolekularer
COOMe Retro-Diels-Alder Hetero-Diels-Alder H
N
N OMe
N H
OMe OMe
-
HN HN HN
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Das Oxiran Isophoronoxid 2 lässt sich aus Isophoron 1 durch Umsetzung mit H2O2 unter alkanischen
Bedingungen herstellen. Behandelt man Isophoronoxid 2 in Toluol bei höheren Temperatur mit
Bortrifluorid-etherat, so findet man eine Umlagerung zu 2-Formyl-2,4,4-trimethylcyclopentanon 3
statt.
Formulieren Sie zu dieser Reaktion als Erklärung einen Reaktionsmechanismus.
O O O
CHO
O
1 2 3
O BF3
O O
O BF3 BF3
O
O
O
H3C S
OH O
Ipc2BH MsCl, Base
C8H12O3 C9H14O5S
R-Enantiomer
O
O
H3C S O
O O O
NaOH SN2
O
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Cis-Konfigurierte Alkene können durch Iod und Zugabe von anorganischen Iodide in die trans-Alkene
isomerisiert werden.
Im Falle von Iod sind die einzelnen Reaktionsschritte reversibel und auch thermodynamisch ist die
Rückreaktion wegen der schwachen Kohlenstoff-Iod-Bindung nicht günstig. Zusammen mit einem
Substitutionsschritt und begünstigt durch die Zugabe anorganischer Iodide im Überschuss führt das
zur Isomerisierung von Alkenen.
I
I H SN2 I I
R
R R H H H
R I R R
R I R
H
E H
R R I
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Alkene können durch wässrige Säure in die thermodynamisch stabileren Alkene isomerisieren.
CH3 CH3
+ H+ - H+
- H+ + H+
- H+ + H+
CH3 CH3
H2C
+ H+
- H+
Durch reversible Protonierung/Eliminierung bildet sich jeweils immer das stabilere Carbenium-Ion und
somit schlussendlich die höhersubstituierte stabilere Doppelbindung.
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Berechnen Sie für das obige Beispiel, der radikalischen Addition von HBr an Allylbromid, die
Reaktionsenthalpien für die beiden Kettenreaktionsschritte und zeichnen Sie ein Reaktionsprofil.
Reaktionen HR (kJ/mol)
Ketten- hν 364 kJ/mol
start H Br H + Br
Radikalstarter
H -32 kJ/mol
HBr
Br Br Br Br + Br
H
Br Br Br Br
H Br Br Br
Reaktionsprofil:
E
Br
Br Br Br
H
Br Br
RK