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WV. Vi. Vu. Vill. Zur Geschichte des Viertakt-Hochleistungsmotors Gaswechselvorgange. . Ventiliaberschneidung 24 / Gemischtemperatur 25 / Turbulenz 26 / Die vier Takte 27 / Wichtige Formein 29 / Strémung in den Kanalen 31 / Stré- mungsprifstand 34 / Ventile 36 / AuslaBkanal 38 / Zylinderkopf- formen 38 / Brennraume mit kugeliger Oberfliche 39 / Vierventilige Zylinderképte mit kugelférmigem Brennraum 41 / Radialventil-Képfe mit kreuzweise gegeniiberliegenden Ventilen gleicher Funktion nach Patent Apfelbeck 44 / Der Vierventilkopt mit dachférmigem Brennraum 45 / Entwurf des Zylinderkopts unter Beriicksichtigung der Gasgeschwindi keit 50 / Steuerzeiten, Ventilerhebungskurven und Nockenformen ............-00005 Ventilerhebungskurven 55 / Nockenformen 58 / Nockenkonstruktion 59 / Nocken fir Flachstéfel 89 / Nocken fir Rollenabnehmer 60 / StéBel und Hebel 60 / Abnahme der Ventilerhebungskurve 63 / Nockenherstellung Meisternocken-Herstellung 68 / Meisternocken-Schleifmaschine 70 / Nockenwellen-Herstellung 73. / . Ubertragung der Nockenbewegung auf das Ventil Gleitflichenst6Bel 75 / Federteller als Abnehmer 75 / Tassenst6Bel 76 / Pilzformige StéBel 78 / HammerstéBel 79 / Gleitflachenhebel 79 / Hebel- anordnung 80 / Ventilspieleinstellung 81 / Einsteliméglichkeit am Hebelende 81 / Abnehmer mit Rollen 82 / RollenstéBel 83 / Rollen- ‘st6Bel mit Doppelfuhrung 83 / Kastenstéfel 84 / Kipphebel mit Rolle 84 / Schwinghebel mit Rolle 85 / Einnockensteuerung 86 / Ventilbeschleunigung und Elastizitat in der Ventil- steuerung Elastizitat in der Ventilsteuerung89 / StoBstangenstet wellenantrieb 91 / Ungewéhnliche Ventilsteuerungen ........ Zwangslautige Ventilsteuerung 96 / Ventile und Ventilfedern, Ventilsteuerungspriif- stand... Ventile und Feder ler 97 / Ventilfedern 100 / Ventilstouerungsprif- stand 104 / Das Lichtblitzstroboskop 108 / 9 53 64 75 89 92 97 Xl. Xil. xill. XIV. XV. XVI. XVII. XVIIL. XIX. . Zylinderképfe 110 Konstruktion des Grundkarpers 110 / Die Verrippung 111. / Die Anblas- ichtung 113 / Herstellung eines neuen Zylinderkopfes far einen luftge- kahiten Motor 114 / Wassergekihite Zylinderképfe 116 / Konstruktions- zeichnung fir den Modelischreiner 118 / Reihen-Zylinderkopf mit Wasser- kihlung 119 / Zweiteiliger wassergekiihiter Zylinderkopt 120 / Bearbeitung von Zylinderképfen 123 / Ausarbeiten der Kanale 126 / Einschrumpten der Sitzringe und Fahrungen 126 / Leichtmetallzylinder...............05 128 Laufflichen 128 / VerbundguBzylinder 128 / Kolben und Kolbenbolzen ............. 130 Kolbenformen 130 / Bestelizeichnung 132 / Bearbeitung auf Drehbank und Frasmaschine 134 / Modellkolben zur Ermittiung der Verdichtung 187 / Kolbenbolzen 138 / Pleuelstangen.................... 139 Gleit- und Walzlagerung 139 / Herstellung von Pleuelstangen 140 / Glatt- schattpleuel 144 / Titanpleuel 144 / Kurbelwellen.............-0.-0008- 146 Geteilte (gebaute) Kurbelwellen 146 / Zusammengesetzte Kurbelwellen for Zwelzylinder-Boxermotoren 151 / Herstellung von geteilten Wailzlager- Kurbelwelien 153 / Kurbelwellen fir Zweizylinder-Boxer- oder Parallel- Zweizylindermotoren 154 / Gleitlagerwellen 158 / Kurbelwellen-Schmie- rung 158 / Olsumpf 159 / Auswuchten von Kurbeltrieben 160 / Kurbelgehduse................00-,4 164 Einzylinder-Priifstandmotor ............ 166 Bau des Einzylinder-Prifstands 170 / Prifstanderprobung 172 / Lei- stungsbremsen 173 / Tuning vorhandener Motoren........... 175 Die Mafnahmen zur Leistungssteigerung 177 / Arbeiten am Zylinderkopt 179 / Ansaug- und Auspuffanlagen 182 / Temperatur der Auspulf- leitung 185 / WerkzeugbaUl 186 AnreiBen 188 / Nacharbeit an nicht zentrisch laufenden Wellen 189 / Einsatzharten und Vergiiten ............ 190 Wissenswertes iber Feingu8 191 / Schiebersteuerung fir Viertakt-Hochleistungs- motoren VORWORT Veranlassung, dieses Buch zu schr ben, waren letztlich die iberaus zahire chen Anfragen von Interessenten an ei- ner Leistungssteigerung von Viertakt- motoren bzw. far die Einzelfertigung eines Viertakt-Hochleistungsmotors fur Sport- und Rennzwecke, als deren Kon- strukteur ich im Lauf meiner jahrzehn- telangen beruflichen Tatigkeit in der Flugmotoren-, Automobil- und Motor- tad-Industrie weltweit bekannt wurde. Solche Anleitungen kénnen sich aber nicht auf einzelne ..Wunder-Rezepte” beschranken, mit denen die Interessen- ten, auch wenn sie handwerklich ge- schult sind, nicht zum gewUnschten Er- folg kommen. Und da sich in der auf dem Markt befindlichen diesbeziigli- chen Literatur auch nur entweder allge- mein bekannte Hinweise - oder gar ab- solut unbrauchbare Ratschlage - fin- den, glaubte ich, mit einer umfassenden Behandlung der konstruktiven MaB- nahmen, die zum Hochleistungs-Vier- taktmotor fahren, vielen Interessenten natzliches Wissen, das ich mir auf Grund finfzigjahriger Erfahrungen bei Konstruktion und Bau solcher Motoren” erworben habe, vermitteln zu kénnen. Eine zielstrebige Leistungssteigerung fangt bei einer geanderten Nockenwelle an und hért eventuell erst bei einem neuen Zylinderkopf auf. Der gréBte Lei- stungssprung ist mit geanderten Steu- erzeiten zu erzielen. Um bei den diesbe- ziiglichen Arbeiten richtig vorgehen zu kénnen, bedarf es aber genauer Kennt- nisse der Gaswechselvorgange im Mo- tor, uber die deshalb austihrlich ge- sprochen wird. Andere Steuerzeiten aber erfordern andere Nocken, ohne deren Selbstherstellung eine wirkliche Leistungssteigerung nicht méglich ist. Normalerweise braucht man dazu eine Nockenschleifmaschine, die die Klei- nigkeit von nahezu DM 200000- ko- stet- eine undiskutable Anschaffung also, AuBerdem kommen fiir einen mo- dernen Hochleistungs-Viertakter_ nur ruckfreie Nocken in Frage, zu deren komplizierter Berechnung mathema- tische Kenntnisse erforderlich sind. SchlieBlich sind zur sicheren Beurtei- lung von Steuerzeiten und Ventilerhe- bungen Erfahrungen notwendig, die man sich am besten in den Rennabtei- lungen der einschlagigen Herstellertir- men erwerben kann. Deshalb wird auch in der zur Verfiigung stehenden Literatur die Frage der Nok- kenherstellung meist mit der Erklérung abgetan, da die Neuherstellung oder selbst die Abénderung von Nocken nur von Spezialfirmen durchgefahrt werden kénne, die die notwendigen Erfahrun- gen und Einrichtungen besitzen, nie- mals aber von kleinen Werkstatten oder gar privaten Bastlern. Das trifft auch zu, sofern man die Gb- liche Art der Nockenherstellung zu- grunde legt. In meinem Buch wird aber eine andere, bedeutend einfachere Maglichkeit beschrieben, damit jeder handwerklich geschickte Motoren-Me- chaniker sich zundchst zu erschwingli- chen Kosten eine einwandfrei funktio- nierende Nockenschleifmaschine und mit deren Hilfe die bendtigten neuen 7 Nocken herstellen kann. Die fur die Kon- struktion und Herstellung der bend- tigten ,.Meisternocken” erforderlichen Zahlen der Ventilerhebungskurven wer- den in tabellarischer Form fir 40 ver- schiedene Nockenformen zur Verfi- gung gestellt, was sich nur durch die Inanspruchnahme eines Computers er- méglichen lie8 (siehe Anhang). Oft aber wird es im Zuge der Leistungs- steigerung auch notwendig sein, den vorhandenen Zylinderkopf zu andern bzw. durch einen neu zu konstruieren- den zu ersetzen. Nachdem zunachst die verschiedenen Méglichkeiten von Hochleistungs-Zylinderképfen aus fohrlich behandelt wurden, werden dann wieder alle notwendigen Rat- schlage fiir Anderungen bzw. Neubau gegeben. In weiteren Kapiteln werden die Arbeiten an Kurbelwellen, Pleuel- stangen, Kolben und allen Teilen der Ventilsteuerung detailliert so beschrie- ben, daB der einigermafien versierte Motorentachmann mit ihnen etwas an- fangen und mit seinen leistungsstei- gernden Arbeiten zum Erfolg kommen kann. Meine Arbeiten bei der Entwicklung von Hochleistungs- und Rennmotoren ha- ben mich vieles gelehrt. Unter anderem auch, da man gut daran tut, alle lei- stungssteigernden Schritte zundchst an einem —_Einzylinder-Priifstandmotor durchzufihren. An einem solchen las- sen sich auf einfachste Weise Anderun- gen und Neuentwicklungen iberpriifen. Verzichtet man daraut und sammelt seine Erfahrungen erst am fertigen Mo- tor, dann kann das, wie ich es oft beob- achten muBte, ein sehr teurer Spa8 wer- den, der unter Umstanden die ganze Arbeit zum Scheitern bringt. Deshalb bringe ich in meinem Buch auch detail- lierte Anteitungen zur Selbstherstellung eines solchen Priifstandmotors, wie ich ihn selbst in meiner Werkstatt bei Lei- stungssteigerungen und Neuentwick- lungen von Hochleistungs-Viertaktmo- toren benutze. Der Vollstandigkeit halber - und weil sich mein Buch in erster Linie an den Werkstatt-Praktiker wendet - wird auch Gber die wichtigsten Werkstoffe, die Warmebehandlung von Stahlen und eine Anzahl handwerklicher Tricks ge- sprochen. Um aber auch zu zeigen, wie weit man -trotz wesentlich ungiinstigerer Vor- aussetzungen - beim Bau von Hochlei- stungsmotoren far Sport- und Renn- zwecke schon in der ersten Epache unseres Jahrhunderts war, habe ich als Einleitung eine Anzahl hochinteressan- ter ,,Oldtimer zusammengestellt. Und schlieBlich werfe ich zum SchluB noch einen Blick auf das offenbar weithin vergessene Gebiet der Drehschieber- steuerung von Viertaktmotoren, die im Prinzip fur die Erzielung von Hochlei- stungen besser geeignet sein sollte als die herkémmliche Steuerung der Gas- wechselvorgange mit oszillierenden Tellerventilen, Ing. Ludwig Aptelbeck Graz/Osterreich LUDWIG APFELBECK WEGE ZUM HOCHLEISTUNGS- VIERTAKTMOTOR MOTORBUCH VERLAG STUTTGART Einband und Schutzumschiag: ISBN 3-87943-578-2 10. Auttage 1989 Copyright © by Motorbuch Verlag, Postfach 163743, 7000 Stuttgart 10 Ein Unternehmen der Paul Pietsch-Veriage GmbH & Co. ‘Samtlicha Rochto der Verbraitung ~ in jaglicher Form und Technik — sind vorbehalten. Gosamthorstellung: Freiburger Graphische Botriobe, 7800 Freiburg I. Br. Printed in Germany I. ZUR GESCHICHTE DES VIERTAKT-HOCHLEISTUNGSMOTORS Wenn man die Zylinderképfe der in Rennfahrzeugen eingebauten Verbren- nungsmotoren vor 1900 (und auch noch einige Jahre spater) betrachtet, kommt man zu der Uberzeugung, daB die Kon- strukteure noch keine Ahnung von einer grundlegenden Forderung an Hochlei- stungs-Zylinderképte hatten: die Ober- flache des Verbrennungsraums soll im Verhaltnis zum Rauminhalt so klein wie méglich sein, und auf ihr sollen grést- mégliche Ventilteller-Querschnitte un- tergebracht werden. In die Praxis dber- tragen, bedeutet das einen halbkugeli- gen Brennraum mit ebenem Kolbenbo- den. Aber damals hatte man wohl andere Sorgen, sodaB man gar nicht dazu kam, an einen vorteilhaften Brennraum zu denken, Man mufite in erster Linie Be- triebssicherheit erreichen, denn es gab schon zu jener Zeit Rennen, die ber mehr als 1000km fuhrten. Am anfallig- sten waren die Ventile, in deren gu@ei- sernen Teller der Schaft eingesetzt und vernietet war. Man muBte die Ventile, besonders das AuslaBventil, vor zu ho- her Temperatur schiitzen und plazierte sie deshalb méglichst weit weg vom ei- gentlichen Brennraum ans Ende eines Kanals, in dem eine mehr oder weniger ruhende Gassaule, die nur langsam brannte, die Ventilteller gegen die Brennraumwarme isolierte. Deshalb sah der Zylinderkopt eines der betriebssi- chersten und erfolgreichsten Motoren aus dem Jahr 1898 wie in Abb. 1 aus, die einen Schnitt durch den Panhard & Le- vassor-Motor zeigt; bei ihm war das AuslaBventil am Ende eines langen Ka- nals untergebracht. Fir das (automa- tische) EinlaBventil war der Kanal wesentlich kirzer. ‘Abb, 1: Panhard & Lovassor-Motor (1898) Etwas spater, etwa ab 1900, gab es schon Zylinderképfe mit quergestellten Ventilen (Abb. 2, Langsschnitt des De Dietrich-Motors) sowie verschiedene - ‘Abb. 2: De Dietrich-Motor (1800) Ventilanordnungen nach Abb.3. In ihr stellt Fig.A die Bauart des ersten De Dion-Bouton-Motors dar. Spater wurde das EinlaBventil Gber das Ausladventil verlegt (Fig. B). Dann kamen die soge- nannten ,,Hammer"-Zylinderképfe auf (Fig. D), bei denen die Ventile zu beiden Seiten des Zylinders angeordnet waren. Mercedes baute sehr erfolgreiche Rennmotoren in der Anordnung E (Ein- laBventil dber Zylindermitte und AuslaS- ventil seitlich). Schon vor 1900 baute Daimler einen Motor mit Parallelventilen in der Grundausféhrung nach Fig.G, wie sie heute noch iblich ist. Das Ein- laBventil arbeitete als ,,Schniffelventil freilich damals noch automatisch. Der erste Daimler-Motor, der 1895 in GroB- ‘Abb. 3: Vorachtadene Zylinderképfe und Ventilsnordnungen (1900-1904) ire (re Te ‘Abb. 4: Erstor Dalmlor-Grodserlenmotor (1895) serie herauskam, hatte ibereinander- liegende Ventile nach Fig.B: er ist in Abb.4 genauer dargestellt. Eine interessante Konstruktion ist in Skizze 3/H gezeigt: ein amerikanischer Vierzylinder-Rennmotor, dessen Zylit derképfe ein zentrales AustaBventil und acht kleine, um den Zylinder gruppierte automatische Einlaiventile besaBen. ‘Abb. 5: Pipe-Motor (1905) mit Halbkugelbrenn- raum und V-térmig angeordneten Ventilan Der normale Seitenventil-Zylinderkopt nach Fig. 3/F kam erst etwa ab 1904 zur Anwendung. Der erste halbkugelige Brennraum mit V-formig angeordneten Ventilen wurde von der Firma Pipe 1905 herausgebracht (Abb.5). Er arbeitete mit StoBstangen-Steuerung. Absolut mangelhaft konstruiert war die Einla8- seite mit der im Ansaugkanal liegenden Ventilfeder, durch deren Windungen das Gas strémen muBte, wahrend auf der Auslaseite die Ventilfeder auBer- halb des Kanals untergebracht war. Die Ziindkerze befand sich aber schon im Brennraumzentrum. Bemerkenswert die lange, vorziiglich gekiihlte Auslat- ventilfahrung. 1908 tauchten die Clement-Bayard- Rennwagenmotoren (Abb.6) ebenfalls mit halbkugeligen Brennraumen und V-Ventilanordnung auf. Die Ventilfe- dern, auch die der EinlaBventile, waren schon auBerhalb der Kanale angeord- net, die Nockenwelle befand sich uber der Zylindermitte, und die Ventilbetati- ung erfolgte Gber doppelarmige Kipp- hebel. Bemerkenswert einerseits die vorzigliche Kihlung des Verbren- Abb. 6: Clement Bayard-Ronnmotor (1908) ‘Abb. 7: Amerikan: schor Promlor-Renn- wagenmotor (1905). Er ‘damaligon HO © nungsraums, andererseits die vollig falsche Nockenform. Als bahnbrechend fiir die damalige Zeit muB der 1905 hergestelite Zylinderkopf des amerikanischen Premier-Rennmo- tors bezeichnet werden (Abb.7). Er kénnte heute konstruiert worden sein, so modern sieht er aus, wenn man die Form des Brennraums, die Gestaltung der Kanale. die Ventile und ihre Fahrun- gen betrachtet. Auch die Ventilbetati- 12 gung iiber Schwinghebel von der zentral angeordneten Nockenwelle aus entspricht ganz heutigen Konstruktions- tendenzen. Der Motor war luftgekuhit (Abb. 8); er hatte 178 mm Bohrung und 440mm Hub. Das daraus resultierende Hub/Bohrungsverhaltnis mit 0,79 war far jene Zeit ganz ungewéhnlich, denn die Motoren waren damals durchweg * sehr langhubig. Erstaunlich auch die Verrippung dieses Motors. Der Antrieb der Nockenwelle erfolgte uber eine Ka- nigswelle. Bei der Betrachtung dieses Motors muB ‘man unwillkiirlich dardber nachdenken, um wieviel eigentlich die Technik der Zylinderkoptkonstruktion in den letzten 70 Jahren weitergekommenist. Da8 sich dieser dberragende Motor zu seiner Zeit nicht durchsetzen konnte, lag an einem Kardinalfehler: er besaB namlich kein Kurbelgehause, die Kurbelwelle lief frei und ungeschittzt, wie z.B. auch beim ersten Ford-Rennmotor von 1803. Damit war natiirlich keine Betriebssicherheit zu erreichen. An den Zylindern waren unten einfach Rippen angegossen, die die Lagerbécke fiir die Hauptlager tru- gen und an denen wiederum der ganze Motor im Rahmen befestigt war. Man hat nie wieder etwas von diesem Motor gehért. Der erste Vierventil-Zylinderkopf wurde durch ein Patent von Hotchkiss be- kant, das aus dem Jahr 1906 stammt. Es beinhaltete bereits einen Halbku- gel-Zylinderkopt mit vier radial ange- ordneten Ventilen, EinlaBventile neben- einander, ebenso die AuslaBventile. Abb. 9 zeigt den interessanten sechs- ventiligen Einzylinder-Borderaux-Mo- tor, der 1909 die Targa Florio der Klein- wagenklasse gewann. Die Ventile waren rechtwinklig zur Zylinderachse auf einer Ebene angeordnet. Je drei nebeneinan- derliegende Ventile waren Einta8- baw. AuslaBventile, die Ein- und AuslaBka- nale fiihrten nach oben. Die Ventitbeta- tigung erfolgte mit Zugstangen von zwei untenliegenden Nockenwellen aus. Der erste Motor mit vierventiligen Halb- kugel-Zylinderképfen und radial ange- ordneten Ventilen, der zu Rennerfolgen kam, war der Dreiliter-Alcyon-GP-Motor von 1912, den die Abbildungen 10, 11 und 12 zeigen. Die Ventile gleicher Funktion waren nebeneinander ange- ordnet und wurden durch eine Zugstan- gen-Steuerung betitigt. Die Ventilfe- dern waren an den Zugstangen ange- ordnet, da an den Ventilen selbst kein Platz war; diese muBten maglichst kurz sein, da sonst die Zylinderabstnde zu gro8 geworden waren. Der Motor drehte 3200 Touren pro Minute (was fir die da- malige Zeit auBergewahnlich hoch war) und leistete dabei 90PS. 1912 erschien Peugeot mit einer ganz neuartigen Motorenkonstruktion. Der Motor, ein Vierzylinder, hatte erstmals vierventilige Dachképfe — genau wie die Oben Abb. 10; Alcyon-Grand Prix-Rennmotor (1912). Unten Abb. 11: Der Alcyon-Motor hatte elnzoin ‘stehende Zylindor mit Iférmigen Bronnrduman In den Zylinderképfon und vier radial an- geordneten Ventlion (Ver ‘Abb. 12: Schnitt durch don Alcyan-Zylinderkopf. Dle Stouerung erfolgta durch Zugstangon, aut donen dle Ventitfedern angeordnot waren. Képte, die heute dblich sind. Er besaB schon zwei obenliegende Nockenwel- len, die ber eine Kénigswelle angetrie- ben wurden. Der Konstrukteur war Er- nest Henry, der 1919, alser bei der Firma Ballot war, auch den TassenstaBel er- fand. Der Motor war der Konkurrenz weit Gberlegen und gewann 1912 und 1913 den Grand Prix. Er hatte drei Liter Hubraum bei 92mm Bohrung und 169mm Hub. Die EinlaBventile hatten 52, die AuslaBventile 46mm Durchmes- ser. Abb. 13 zeigt den Zylinderblock, der mit dem Kopf ein Gufistiick bildete. Auch den Grand Prix von 1914 hatte die- ser Motor wohl gewonnen, wenn nicht der Wagen knapp vor SchluB des Ren- hens ausgefalien wire. Mercedes ge- wann dieses Rennen mit einem neuarti gen Motor, ebenfalls mit vierventiligen, dachformigen Zylinderképten (Abb. 14). Abb. 13: Zylindorblock des Peugect- Konstrukteur Henry. 1nd Prix-Rennmotors (1912-14) mit vierventlligen Dachképt Obrigens hatten beim 1914er Grand Prix schon fast alle Rennwagen Motoren mit Vierventil-Zylinderképfen in Dachform. Der Mercedes-Motor hatte als Beson- derheit einzelstehende, aus Stahiblech ZusammengeschweiBte Zylinder (die mit dem Vierventilkopf ein Stiick bilde- ten), eine obenliegende Nockenwelle mit Schwinghebelbetatigung der Ven- tile und erstmals Leichtmetallkolben (die gesamte Konkurrenz fuhr noch mit GrauguBkolben). Mercedes blieb bei der Konstruktion der zusammenge- schweifiten Vierventilképfe bis zum Jahr 1940, Wahrend des Krieges 1914-1918 besafen viele gréBere Flugmotoren vierventilige Zylinderképfe - teils in Dachform, teils mit Parallelventilen in flachem Brennraum. 1914 gab es auch einen Delage-Rennmotor mit Vierven- tilképfen und quergesteliten Ventilen in der Anordnung wie Abb. 3/C. Nach dem ersten Weltkrieg fanden sich bei verschiedenen Motorradfabriken dachférmige Zylinderképfe mit vier Ventilen, wie sie auch bei mehreren Wa- genmotoren verwendet wurden. Alle diese Képfe (bis aut die der Mercedes- Rennmotoren) waren in GrauguB ge- gossen und wiesen einen schwerwie- genden Mangel auf: die dinne Wand zwischen den AuslaBventilen und -ka- nalen, die von beiden Seiten angeheizt wurde und ihre Warme nicht abgeben konnte. Nach kurzer Betriebszeit ent- stand dadurch ein Ri vom einen Ventil- sitz zum anderen, und der Kopf wurde unbrauchbar. Speziell die luftgekihiten Képfevon Motorradmotoren litten unter diesem Ubelstand, und nach einigen Jahren verschwanden alle vierventiligen Dach-Zylinderképfe bei Motorradern. Nur die Rudge-Motoren, die einen halb- kugeligen Zylinderkopt mit radial ge- stellten Ventilen aufwiesen, blieben von der RiBbildung verschont, weil die Wand zwischen den AuslaBventilen viel starker war und die Wandstarke zudem keilf6r- mig zunahm. Die 250-cm*- und350-cm?- Motoren hatten Radiaiventile (Abb. 15), wahrend der 500-cm?-Motor zundchst einen dachformigen Zylinderkopf hatte und damit auch den Obelstand der diin- nen Wand zwischen den AuslaBventilen autwies. Spater wurde auch dieser Kopi auf der AuslaBseite auf radial stehende Ventile abgetindert, womit die Schwie- Ibkugel-Zylinderkopf mit vier ingoordneton Ventilen. rigkeiten beseitigt waren. Die Einlas- seite belieB man wie beim Dachkopf mit parallel angeordneten Ventilen, weil da- durch der EinlaBkanal eine giinstigere Form hatte als bei Radialventilen. Mer- cedes bewaltigte beim Dachkopt den Nachteil der Trennwand zwischen den AuslaBventilen dadurch, daB diese hohl ausgefihrt und wassergekiihit wurde (was nur dank der SchweiBkonstruktion méglich war), LeistungsmaBig konnten sich die Rudge-Motoren nicht gegen die Spitzenklasse der damaligen Zweiven- tilmotoren durchsetzen. Diese besaSen meist obenliegende Nockenwellen, wahrend Rudge an der unginstigeren StoBstangen-Steuerung festhielt. Zur Betatigung der vier Ventile waren beim Radialkopf immerhin sechs doppelar- mige Schwinghebel, zwei Kipphebel, zwei Stéfel und zwei StoBstangen er- forderlich. Aber der Rudge-Motor war der einzige Vierventil-Motorradmotor, der sich noch bis 1940 halten konnte. Erstklassige, vierventilige Dachképte, die aus Bronze gegossen waren, besa der —_Dreiliter-Vauxhall-Vierzylinder- Rennmotor aus dem Jahr 1922. Sicher- heitshalber waren drei Zindkerzen an- geordnet. Die Kurbelwelle lief auf 7 Vauxhall-Drellier-Rennw . Rechts Abb. 16b: Der Vau» Zylinderkopt und eine Walz! Kugellagern, die Pleuel auf Rollen (Abb. 16a und b). Auch bei den Rennwagen verschwan- den aber dann die Vierventil-Zylinder- képfe nach und nach wieder. Bugatti baute 2uerst vierventilige Képte mit par- allel stehenden bzw. hangenden Venti- len, die von einer sehr interessanten Steuerung (Abb. 17) betatigt wurden: ‘Abb, 17: Bugatti-Viervontiier; Ventilstouorung ‘ber gobogene StéBe!. ymator mit vierventiligen Dachképten (1922); 1 ‘Motor hatte vorbildtiche ‘urbelwollo, dle aus Einzeltelten zusamr die NockenstéBel bestanden aus kreis- bogentérmigen Stahistiicken mit recht- eckigem Querschnitt, wie aus der Zeichnung ersichtlich. Ab 1925 ging Bugatti auf dreiventilige Képfe ber (Abb. 18), und ab 1931 baute man dort Motoren mit zweiventiligen Halbkugel- képfenund V-férmigangeordneten Ven- tilen. ‘Abb. 18: Vontllanordnung des drelventiligen Bu- gattl-Motors (1925). ‘Ab 1925 hatten fast alle Rennmotoren der Welt zweiventilige Képfe mit oben- liegenden Nockenwellen, nur die Mer- cedes-Kompressorrennwagen und der amerikanische Offenhauser-Vierzylin- der waren noch vierventilig. Am er- staunlichsten war es allerdings, da6 Mercedes, als die Firma 1954 wieder in den internationalen Rennsport einstieg, den einwandfrei betriebssicheren Vier- ventil-Dachkopf verlieS und sich eben- falls dem zweiventiligen Halbkugelkopf (Abb. 19) zuwandte. Dieser beherrschte dann immerhin etwa drei Jahrzehnte lang eindeutig das Feld. Der Verfasser hat sich schon in den 30er Jahren intensiv mit Rennmotor-Zylin- derképfen befaBt und sah die Fehler bei den Rudge- und bei anderen, ahniichen Motoren. Es war unschwer zu erkennen, daB die doppelt aufgeheizte Wand beim Dachkopf dann zu vermeiden ist, wenn telstung 116 PS ‘bel 8500 U/min. die AuslaBventile gegeniiberliegend an- geordnet werden, 50 daf ein AuslaB- an ein EinlaBventil grenzt. Bei weiterem Durchdenken ergab sich dann ganz von selbst, daB der Brennraum eine kugelige Obertlache haben miisse, weil so weit gréBere Ventilquerschnitte unterzu- bringen sind. Ein nach diesem Prinzip gebauter (und auch patentierter) Zylin- derkopf brachte eine erstaunliche Lei- stungssteigerung; aber es war infolge der dabei erreichten hohen Drehzahl nicht mglich, mit einem solcherart um- gebauten Rudge-Motor auch nur eine kurze Lebensdauer zu erzielen. Dazu hatte es der Mithilfe einer Motorentabrik bedurit; aber samtliche Firmen, denen damals die Konstruktion angeboten wurde, lehnten sie mit der Begriindung ab, daB der Vierventikopt doch eine langst Gberlebte Sache sei, der niemals die Leistung eines modernen Zwei- 19 ‘Abb. 20: Delage-Zylindorkopt. Schnelister Anderthalbilter-Rennmotor 1927. ventilers erreichen kénne, was ja durch den Rudge-Kopf bewiesen sei... Der damals leistungsstarkste Rennwa- genmotor war zweifellos der 1927 her- ausgebrachte Achtzylinder-Delage mit 1,Sltr, dessen Zylinderkopf die Abb. 20 zeigt. Er leistete mit Kompressor 170 PS bei 8000 U/min. Alle Rennwagenmoto- ren der damaligen Zeit hatten etwa gleichartige Zweiventil-Zylinderképfe wie dieser Delage. Kopf und Zylinder bestanden aus einem Stiick und waren aus GrauguB gegossen. Der Ventitwin- kel betrug 100°. Zum Ausbauen der Ventile muBten die Fuhrungen heraus- geschraubt werden. Die zentral ange- ordnete Ziindkerze war zurlickgesetzt, ihre Verbindung mit dem Brennraum wurde nur durch eine kleine Bohrung baw. einen Schlitz zwischen den Venti- len hergestellt. Aut eine giinstige Form der Ein- und AuslaBkanale wurde damals bei Wagen- Motoren wenig Wert gelegt. Die Kanale waren um ungefahr 90 Grad abgewin- 20 kelt, um méglichst kurze Ventile zu be- kommen. Einen mustergiiltig ausge- fahrten Zylinderkopf besa dagegen schon 1923 der 1,5-Itr-Rennmotor der Kleinen italienischen Firma Chiribiri, ein Saugmotor, der in Abb.21 gezeigt ist. Zylinder und Kopf bestanden aus einem Stiick; der ganze Vierzylinderblock war ahnlich der Mercedes-Methode aus Rohr- und Blecheinzelteilen zusam- mengeschweift. Aufbau und Anord- ‘nung der SchweiBstellen gehen klar aus der Zeichnung hervor. infolge des 90°- Ventilwinkels muBten auch hier die Ventilfihrungen —_herausschraubbar sein, weil sich sonst die Ventile nicht hatten ausbauen lassen. Bemerkens- wert die im Vergleich zu anderen Zylin- derképten der damaligen Zeit ginstige Kanalfihrung. Lediglich die Motorrad- motoren jener Tage hatten bei V-formig angeordneten Ventilen durchweg hori- zontale Kanalfahrungen, ab 1925 sogar zum Teil schon aufwarts gerichtete Ein- laBkandle. ‘Abb. 21: Chiribirl-Zylinderblock (1923); SchwelBkonstruktion. Man beachte die fir dle damalige Zelt fortschrittliche Konstruktion. 1962 kam dann platzlich der grofe Um- schwung: die Honda-Leute holten den totgesagten vierventiligen Henry-Dach- kopf wieder aus der Versenkung, riiste- ten ihre Motorradmotoren damit aus und gewannen alle Rennen iberlegen. Die Brennraume waren als Stahischalen gefertigt und in den Zylinderkopt einge- gossen. Damit war das Problem der ri8- gefahrdeten Zwischenwénde zwischen den AuslaBventilen gelést. Die Ventilbe- tatigung erfolgte durch zwei obenlie- gende Nockenwellen ber TassenstéBel nach der Erfindung von Henry. at Abb. 22: Alfa Romoo-Acht- zylinder-Kompressormotor (1924) mit zweiventiigen Zylinderképton. Nach den Erfolgen der Honda-Rennmo- toren stellte die gesamte noch am Stra- Benrennsport interessierte Industrie ihre Zweiventilmotoren auf vierventilige Kpfe um, und heute reprasentiert diese Zylinderkopf-Bauart den Stand der 22 Technik im Rennmotorenbau, auch bei Motorradmotoren. Ernest Henry freilich erlebte den neuer- lichen Durchbruch seiner Konstruktion nicht mehr; er starb, arm und vergessen, ‘Abb. 23: Zylinderkopf des heutigen vierventiligen Cosworth-Rennmotors Formal |. noch vorher in einem Pariser Altérs- heim. . AbschlieBend noch eine Gegeniiber- stellung zweier Grand Prix-Motoren. Abb. 22 zeigt den Alfa Romeo-Achtzy- linder-Rennmotor mit Kompressor aus dem Jahr 1924 (mit zweiventiligen Zylin- derképfen). Bemerkenswert die anor- mal grofen dreifachen Ventilfedern. In Abb. 23 ist der vierventilige Zylinder- kopf des heutigen Cosworth F 1-Renn- motors dargestellt. 23 Il. DIE GASWECHSELVORGANGE Eine Verbrennungskraftmaschine saugt in der Zeiteinheit ein bestimmtes Ge- wicht brennbaren Gemischs an, das von der Temperatur, vom Gaswechselvor- gang und der Drehzahl des Motors ab- hangig ist. Durch die Verbrennung des Gemischs wird eine vom Ladungsge- wicht direkt abhangige Warmemenge frei, von der ein durch den thermischen und mechanischen Wirkungsgrad be- stimmter Anteil in nutzbare Arbeit um- gesetzt wird. Bei gegebenem Kraftstotf und gegebe- nem Hubvolumen ist die Motorleistung zunachst von dieser far jede einzelne Verbrennung zur Verfiigung stehenden Gasmenge und vom Wirkungsgrad der Verbrennung abhangig. Die Zylinderfilllung (volumetrischer Wirkungsgrad) ist abhangig von der Er- giebigkeit des Saughubs, unterstiitzt von der Saugwirkung des Auspufts (wo- fiir die Steuerzeiten maBgebend sind), und von der Temperatur der Ladung. Der Saughub soll in méglichst vollkom- mener Weise vor sich gehen. Die Ein- strémung soll méglichst reibungslos stattfinden. Voraussetzung sind dafiir zunéchst geniigend grofe, glatte und méglichst krimmungslose EinlaBlei- tungen (freier Durchgang) von richtiger Lange sowie geniigend groBer Ventil- querschnitt. In zweiter Linie wichtig sind die Steuerzeiten, also der Offnungs- und Schliefizeitpunkt der Ventile und die Ventiliiberschneidung, d.i. das gleichzeitige Offenhalten von Ein- und Auslafiventil im OT. In friherer Zeit kannte man noch keine Ventiliber- 24 schneidung und versuchte, durch den Ansaugvorgang allein zu einer még- lichst optimalen Zylinderfiillung zu kommen. 1926 schrieb Ricardo in sei- nem weltberiihmten Buch ,,Schnellau- fende Verbrennungsmaschinen": ,,Das EinlaBventil dart sich beim Hochlei- stungsmotor nicht schon im OT éfinen, sondern erst einige Zeit danach. Da- durch wird durch den abwartsgehenden Kolben zundchst ein Unterdruck im Zy- linder erzeugt, und beim Offnen des Ventils stirzt die Ladung dann sofort mithoher Geschwindigkeit in den Zylin- der (also etwa die Vorstellung eines gespannten Gummibandes). Die Liter- leistung damaliger~Saug-Hochlei- stungsmotoren betrug bis ungefahr 50 PS/Liter (bei Halbliter-Zylindern!). Der von Ricardo konstruierte Dreiliter- Vierzylinder-Vauxhall-Rennmotor (Abb. 16) mit Vierventil-Dachképfen und drei Zindkerzen pro Zylinder, die sich von der heutigen Konstruktionstendenz kaum unterschieden, hatte 43 PS Liter- leistung. Der 1924 wohl leistungsstark- ste Motorrad-Rennmotor war der 500 cm?-Einzylinder von Moto Guzzi, eben- falls mit vierventiligem Dachkopt und ber Kénigswelle betatigten Ventilen, der 27 PS abgab (Abb. 24). Ventiliiberschneidung Man kann die Hochleistungsmotoren- Technik in zwei Epochen einteilen: Das Zeitalter_ ohne Ventiliiberschneidung, und die Zeit danach mit Ventiliiber- schneidung. Der Wendepunkt 1a8t sich zeitmaBig nicht genau feststellen, aber die Erfinder diirften wohl die renntah- renden Konstrukteure Marchand und Le Vack gewesen sein, die plétzlich mit verbliiffenden Leistungen ihrer Motoren aufkreuzten, deren Geheimnis sie aber so lange wie méglich fir sich behiel- ten. Mit Hilfe der Ventiliiberschneidung kann man einen Motor, bei dem die Vor- aussetzungen fiir eine Leistungssteige- Tung ansonsten vorhanden sind, auf eine 50% héhere Leistung bringen, als er mit normalen Steuerzeiten abgibt. Unter normalen Steuerzeiten versteht man die des Gebrauchsmotors, bei dem die Ventile im OT héchstens 1-2mm gedfinet sind. Das ist beim Ge- brauchsmotor notwendig, damit er im unteren Drehzahibereich schon eine méglichst hohe Leistung aufweist. Der Gebrauchsmotor dart alsonur eine ganz geringe Ventiliiberschneidung haben. Je mehr man diese vergrdGert, je friher man also das EinlaBventil dfinen und je spater man das AuslaBventil schlieBen apt und je hdher die Ventile im OT ge- Sffnet sind, desto héher wird die Lei- stung - allerdings verlagert sie sich in den Bereich héherer Drehzahl. Ein aus- gesprochener Rennmotor, bei dem die Ventile im OT 2.8. 5-7 mm geéfinet sind, setzt erst bei ca. 5000 U/min ter léuft er nur unregelmaBig und spuk- kend. Er mu also unbelastet auf die Drehzanl, bei der er Leistung abzuge- ben beginnt, hochgejagt werden und darf im Betrieb nicht unter diese Min- destdrehzahl kommen. Es gibt aller- dings Mittel und Wege, diesen Nachteil bis 2u einem gewissen Grad zu verm« den, aber das gilt hauptsachlich fir vierventilige Zylinderképfe. Daraut wird noch naher eingegangen werden. Gemischtemperatur Ein weiterer wichtiger Umstand, der die Zylinderfullung stark beeinfluBt, ist die Temperatur der Ladung zum Zeitpunkt der Entflammung; sie soll méglichst niedrig sein. Wodurch wird nun die Temperatur der Ladung nachteilig er- héht? Immer dann, wenn die Ansaug- Ieitung sehr hei ist, z.B. durch eine naheliegende Auspuffleitung, oder wenn die Ansaugleitung durch einen heiBen Teil des Zylinderkopfs fahrt - oder wenn aus anderen Granden die Umgebung der Ansaugpartie hei® ist. Die Ladung kann aber auch im Brenn- raum selbst Warme aufnehmen, und zwar von den heifien Ventiltellern. Das EinlaBventil kann 300 bis 500° und das ‘Abb. 24: Moto Guzzi ‘500 cm3-Motor, 25 Ausputtventil sogar 600 bis 800°C er- teichen. Es muf also angestrebt wer- den, die Ventiltemperaturen so niedrig wie méglich zu halten. Eine betrachtliche | Temperaturauf- nahme der Frischgasladung erfolgt auch, wenn eine heiBe Restgasmenge im Brennraum verbleibt, die sich mit dem Frischgas vermischt. Die Ventil- Gberschneidung ist das einzige Mittel, diese Restgasmenge auszuspitlen und durch eine Frischgasmenge zu erset- zen, Ohne Ventildiberschneidung ist der Motor bestenfalls imstande, eine Zylin- dertillung entsprechend dem nominel- len Hubvolumen zu erreichen, weil ja der Inhalt des Brennraums zunachst aus Altgas besteht. Mit der Ventiliiber- schneidung wird das Hubvolumen noch mindestens um den Inhalt des Brenn- raumsvermehrt, und auBerdem wird die Temperatur nicht durch die der Abgase erhdht. Bekanntlich dehnt sich Luft pro Grad C um 1/273 ihres Volumens aus. Bei 273 Grad verdoppelt sich also das Volumen, oder mit anderen Worten: es steht dann nur noch die halbe Zylinder- fillung und damit die halbe Leistung zur Verfiigung. Der Wirkungsgrad der Ver- brennung hangt zundchst von der Ge- staltung des Brennraums ab, dessen Oberflache méglichst klein und unzer- kldftet sein soll. Je kleiner die Oberfla- che, um so weniger Warme geht verloren. Die giinstigste Form ware eine Halbkugel bei ebenem Kolbenboden. Diese Gestaltung ist aber wegen des notwendigen hohen Verdichtungsver- haltnisses nur bei einem sehr langhubi- gen Motor zu erreichen. Beim Kurzhu- ber muB der Kolben einen hochgewélb- ten Boden erhalten, in dem Taschen fur die Ventilteller ausgearbeitet sind, eine Form, die den Brennraum um so mehr zerkliiftet, je kirzer der Hub ist. 26 Von einem maglichst ebenen Kolben- boden ausgehend, erscheint ein niede- rer, halbkugelférmiger oder flach dach- formiger Brennraum daher ginstiger. Die Zindkerze soll, damit eine rasche Verbrennung eingeleitet wird, im Schei- tel des Brennraums sitzen, damit der Abstand der Ziindstelle vom weitesten Punkt des Brennraums méglichst kurz ist. Wenn eine Mittelkerze nicht ange- bracht werden kann, miissen zwei Zundkerzen seitlich versetzt vorgese- hen werden. Turbulenz Auflerdem ist der Wirkungsgrad der Verbrennung von der Turbulenz, d.h. der Wirbelung der Ladung im Moment der Entziindung, und vom Verdich- tungsverhaltnis abhngig. Die Wirbe- lung ist notwendig, damit die Durch- brennung geniigend rasch vor sich geht. Ist die Wirbelung ungenigend, dann brennt die Ladung schleichend, sie brent eventuell noch wahrend des Ausputivorgangs und heizt die Ausputt- leitung auf. Hellgelb gluhende Auspuft- rohre sind kein gutes Zeichen bei einem Hochleistungsmotor. Wirkungsgrad der Verbrennung und Motorleistung sind am héchsten, wenn die Verdichtung so hoch getrieben wird, daB sie knapp vor der Klopfgrenze liegt Diese hangt von der Klopffestigkeit des Zylinderkopts und von der Zylindertul- lung ab. Je geringer der Fillungsgrad, desto hdher kann verdichtet werden. Der Durchschnittswert fir maximale Verdichtung liegt bei Hochleistungs- motoren etwa bei 10,5, volle Zylinderfiil- lung und einen giinstigen Brennraum vorausgesetzt. Die vier Takte Beginnen wir mit der Verbrennung: Diese wird von der Ziindkerze eingelei- tet und soll maglichst schnell die ge- samte Ladung ertassen. Die ginstigste Stelle fir die Ziindkerze liegtin der Mitte der Oberfléche des Verbrennungs- raums. Wichtig ist, daB zwischen Zund- stelle und Kolbenboden ein Abstand von mindestens 5 bis 6mm ist und daB die Ladung sich in méglichst starker Bewe- gung (Wirbelung) befindet. Diese Wir- belung entsteht beim Einstrémen der Gassdule und kann durch eine Drall- strémung verstarkt werden. Eine inten- sive Drehbewegung im Brennraum kann auch durch zwei tangential einander gegeniberliegend einmiindende Gas- stréme erzeugt werden, was aber nur mit gegeniiberliegenden EinlaBventilen erreichbar ist (Abb. 2 C, D, E). Ansonsten kann Wirbelung auch durch Quetschung der Ladung im oberen Tot- ‘Abb. 25: Erzeugung olner Drallbewegung der elnstrémenden Gase ‘Abb, 26: Ricardo-Quatschkop! punkt erzeugt werden. Jedoch sind dazu Flachen im Brennraum und am Kolbenboden notwendig, die nur bei zweiventiligen Képfen in ausreichender GréBe vorhanden sein kénnen. Man erinnert sich, daB seinerzeit beim sei- a7 tengesteuerten Ricardo-Zylinderkopt halbe Flache des Kolbenbodens far die Quetschung herangezogen wurde (Abb. 26). Die Geschwindigkeit, mit der die La- dung abbrennt, wird auch durch das Verdichtungsverhaltnis erhéht, nur dari dieses nicht so hoch sein, daB eine Klopfende Verbrennung _ stattfindet. Diese erfolgt dann explosionsartig viel zu rasch und Gbt wahrend der Abwarts- Bewegung des Kolbens keinen genii- genden Druck mehr aus, so da8 ein be- deutender Leistungsverlust entsteht. Entsprechend weit vor dem unteren Totpunkt des Kolbens éffnet sich das AustaBventil. Der Zeitpunkt hangt von der Drehzahl ab, er darf nicht zu friih lie- gen (damit nicht zuviel vom nutzbaren Kolbenweg verlorengeht), aber auch nicht zu spat (weil dann der Altgasinhalt des Zylinders bis zum unteren Totpunkt noch nicht geniigend entspannt ist, wo- durch das Hochgehen des Kolbens er- schwert wird). Das Offnen des Ventils muB8 méglichst schnell erfolgen, da langsames Oftnen hohe Ventiltempera- tur verursacht (ist der Spalt sehr klein, dann pfeifen die heifen Gase mit hoher Geschwindigkeit durch und heizen das Ventil schweidflammenartig auf). Sehr vorteilhaft sind doppelte Ventile mit kleiner Teller-Oberfliche, die schneller gegen den hohen Gasdruck gedftnet werden kénnen und die Ventil- steuerung weniger belasten. Je nach der Elastizitat der Ventilsteuerung (die einen Verzug des Offnungszeitpunkts bewirkt) wird bei einer Drehzahl von 7000 bis 9000/min. der theoretische Be- ginn der Offnungszeit mit ca. 80-100 Grad vor UT bemessen. In Wirklichkeit 6tfnet das Ventil 10 bis 20 Grad spater, weil die Steuerung elastisch nachgibt. Ausgenommen dann, wenn die Steue- 28 rung Uber TassenstéBel erfolgt, weil sie dann geniigend steif ist. Beim Aufwartsgang des Kolbens wird der Zylinder vollkommen entleert, und schon vor OT entstehtein starker Sog im Auspuff, der, da das EinlaBventil schon weit vor OT dftnet, fiir die Einstrémung der Ladung ausgeniitzt wird. Da beide Ventile im OT ungefahr auf ihren halben Hub und dariiber gedfinet sind, besteht also ein freier Durchgang vom Einta8- zum AuslaBkanal, und die Auspuffgas- sdule reift zundchst die im Brennraum befindliche restliche Altgasmenge und nachfolgend eine gewisse Menge Frischgas aus dem Ansaugrohr mit sich. SchlieBt nun etwa 60-80° nach OT das Auspuffventil, dann stirzt die beschleu- nigte Frischgassaule in den Zylinder- raum. AuGerdem ist es noch méglich, daB die in das Auspuffrohr gelangte Frischgasmenge durch Schwingungs- vorgange wieder in den Zylinder zu- rackstoBen wird. Bei Zweitakt-Renn- motoren wird eine betrachtliche Uber- ladung dadurch erreicht, daB wahrend des Spiilvorgangs eine gewisse Frisch- gasmenge zundchst in die besonders gestaltete Auspuffantage gelangt und dann durch eine Druckwelle wieder in den Zylinder zuriickgefiihrt wird. Auch beim Viertaktmotor la8tsich eine solche Uberladung durch die bei Oberschnei- dung auf Hochgeschwindigkeit ge- brachte Frischgassdule erzielen. Es kommt dabei auBer der Ventilerhebung auf die Lange undden Inhalt der Ansaug- leitung und die Ausfihrung der Aus- puffanlage sowie auf die Drehzahl an. Die Saugwirkung des Kolbens beginnt erst mit zunehmender Kolbenge- schwindigkeit und erreicht im UT ihren Héchstwert. Der Einstrémvorgang halt beim Aufwartsgang des Kolbens noch solange an, bis dieser die Gasséiule zum Stillstand gebracht hat. Erst in diesem Moment dart das Einlafventil schlieBen. ‘SchlieBt es zu frih, dann ist die Einstré- mung noch nicht beendet, und eine op- timale Zylinderfiillung wird nicht er- teicht. SchlieBt es zu spat, dann schiebt der Kolben einen Teil der Ladung wieder in den EinlaBkanal zuriick, wodurch ebenfalls Zylinderfillung verlorengeht. Die giinstigste SchlieBzeit des Einla- ventils richtet sich nach der Drehzahl und kann zwischen 70 und 100° Kurbel- winkel und dariiber variieren. Die fur ei- nen Hochleistungsmotor bestgeeigne- ten Steuerzeiten kann man nur am Priifstand durch Versuche mit verschie- denen Nocken und gleichzeitige Erpro- bung verschiedener Ansaug- und Aus- putfanlagen ermittein. Wenn ein Motor bei hoher Drehzahl aus dem Ansaugtrichter nebelt, obwohl er eine hohe Leistung abgibt, dann ist dies nicht daraut zuriickzufiihren, daS das EinlaBventil zu spat schlieBt, sondern es handelt sich um einen Schwingungs- vorgang in der Ansaugieitung. Nach- dem das Einlafventil geschlossen hat, pralit die im Ansaugrohr strémende Gassaule mit hoher Geschwindigkeit gegen das geschlossene Ventil, federt zuriick und wird im nachsten Moment wieder angesaugt. Bei hoher Drehzahl schwingt die Gassaule zwischen zwei Ansaugtakten sogar mehrmals hin und her, was man sehr genau beobachten kann, wenn man mit dem Stroboskop in den Ansaugtrichter hineinleuchtet. Da- bei ist zu erkennen, daB der aus der Dise austretende Kraftstoffstrah! mehr- mals seine Richtung wechselt und ge- gen die Strémungsrichtung Gemisch nach auBen treten [aBt. Das Nebeln ist also eine selbstverstandliche Begleit- erscheinung beim Laut eines Hochlei- stungsmotors. Wichtige Formein Der mittlere Arbeitsdruck - Mittel- ruck — (Pne) ist fir die Beurteilung der Leistung eines Motorsneben dem Dreh- moment (M,) der wichtigste Wert. Héhe- te Arbeitsdriicke bei zunehmender Drehzahl zu erreichen ist Ziel und Vor- aussetzung jeder Leistungssteigerung. Der hdchste Verbrennungsdruck (p) steigt mit dem Verdichtungsverhaltnis € nahezu linear an nach der Formel: p=7xe-2 2B. 7x8=56-2=54 kp/om? oder e=11=711=77—-2=75 kp/cm? Die Formet fir den Mitteldruck Pine lau- tet: 900 x N Pne = — sen prem?) Die Formel fiir das Drehmoment Mg lau- tet: 716,2xN A (m/kp) 29 Die Forme! fir die mittlere Kolbenge- schwindigkeit (C,,) lautet: _ _nxs Cn = —Syaqg7 (8) N = Nutzleistung in PS. Vy = Hubvolumen n= Drehzahl pro min. S = Kolbenhub Der Ansaugvorgang ist zur Erreichung eines hohen Ladegewichts von grund- legender Bedeutung. Die Strémung soll méglichst frei und widerstandslos erfol- gen, und zwar unterscheidet man die Strémung vor und die nach dem Ventil- teller. MaBgebend ist zunachst die Gas- geschwindigkeit. Bei zu hoher Gasge- schwindigkeit tritt Drosselung ein, bei 2u niederer wird die Gemischbildung beeintrachtigt. Die Formel fir die mitt- lere Gasgeschwindigkeit W im Ventil- querschnitt in m/sek lautet: CnXF t w (m/s) mittlere Gasgeschwindigkeit mittlere Kolbengeschwindigkeitin F = die Flache des Kolbens in mm? { = der freie Ventilquerschnitt in mm? Der Ventilquerschnitt bei geéfinetem Ventil (f) in mm? wird berechnet nach: 1=3,14x4,xhx0,707 0,707 gilt far Ventile mit 45° Sitzwinkel. 4d, = Innendurchmesser des Ventilsitzes in mm. h = Ventilhub. Der Ventilhub soll 25-28% des Teller- durchmessers betragen. 30 Beispiel: Farr ein Ventil mit 48 mm @ und 12 mm Hub betragt der freie Querschnitt des Ringspalts (44mm Innendurchmesser): 3,14 x 44 x 12 X 0,707 = 170mm? (Abb. 27). B In Fig. A betragt der Innendurchmesser des Sitzrings 44 mm, das ergibt abziig- lich des 9-mm-Ventilschaft-Durchmes- sers einen Querschnitt von 1438mm?, In Fig. B ist der Sitzring infolge der Ab- rundung innen auf 40 mm@verjiingt,der Querschnitt betragt 1178 mm?, also an- nahernd gleich viel wie der Ventilquer- schnitt R von 1170 mm2. Strémung in den Kar Es erhebt sich nun die Frage, was giin- stiger ist: ein groBer oder ein kleiner Querschnitt an dieser Stelle. Strémungsmafig ist es ginstig, wenn der Obergang vom Ansaugkanal in den 45°-Ventilsitz mit einer Abrundung er- folgt, was aber eine Verringerung des Querschnitts bedeutet. Handelt es sich um einen kurzhubigen Vierventiler, der ansich grofe Ventilquerschnitte besitzt, dann ist es richtig, den Querschnitt des Ansaugrohrs am Sitzring nicht gréBer, sondern eher kleiner als den Ventil- querschnitt zu bemessen. Handelt es sich aber um einen Zweiventiler, dann wird die Leistung hdher sein, wenn der Querschnitt an dieser Stelle so gro8 ge- macht wird, wie es das Ventil erlaubt. “Das Ansaugrohr, dessen Lange sehr wichtig ist, soll vom Ventil weg zum Ver- gaser bzw. Ansaugtrichter auf keinen Fall kleiner, sondern ener etwas gréBer werden, wenigstens aber im Innen- durchmesser gleich bleiben. Die Luft mu ja beim Ansaugvorgang vom Stillstand auf eine Geschwindigkeit von 80 bis 100 m/s beschleunigt wer- den. Dazu gehdrt zunéchst einmal ein Ansaugtrichter in geeigneter Formge- bung (Abb. 28). Ein Rohrende wie obere Figur ist ungeeignet, da beim Ansau- gen die Luft auch seitlich zustrémt und den Eintrittsquerschnitt verengt. Bei Vergasern ist, sofern es sich nicht um ‘Schiebervergaser mit freiem Durchgang ‘Abb. 28: Saugrohreingang handelt, durch die Drosselklappe und den Lutttrichter mit einem gewissen Wi- derstand zu rechnen. Die beste Lésung zur Erreichung der héchsten Leistung ist eine Saugrohr-Einspritzung mit Flachschieber. Bei voll gedfinetem Schieber ist dann ein freier und stré- mungsgiinstiger Durchgang gewahrlei- stet. Mit groBem Saugrohrquerschnitt ist Héchstleistung zu erzielen, aber wenn auch bei niederen Drehzahlenein hohes Drehmoment gefordert wird, muB der Saugquerschnitt wesentlich kleiner sein, damit die Gasgeschwindigkeit nicht zu gering wird, Beide Forderungen zusammen sind je- doch normalerweise nicht ohne weite- es zu erfiillen. Bei Vierventilern da- gegen kann man durch Anordnung von zwei getrennten Ansaugleitungen (jede mit einem eigenen Vergaser, die nach- einander geéffnet werden) diese Auf- gaben einwandfrei erfiillen, d.h., daB a bei jeder Orehzahi die richtige Gasge- schwindigkeit und Leistung daist. Aller- dings ist im modernen Rennmotoren- bau von dieser Maglichkeit kaum jemals Gebrauch gemacht worden, weil bei Mehrzylindermotoren eine Betatigung von zwei unabhangigen Drossein pro Zylinder reichlich kompliziert wird. Au- Berdem ist man vielfach (falschlicher- weise) der Ansicht, daB im Rennen nur héchste Drehzahlen wichtig sind. Mit einer Saugrohreinspritzung wird trotz groBem Saugrohrquerschnitt im ibrigen ohnehin eine erhebliche Lei- stung schon im mittleren Drehzahl- bereich erreicht, wie sie bei Vergaser- betrieb kaum miglich ist. Abb. 29 zeigt die Leistungskurve eines 800-cm?-Einzylindermotors, der mit zwei Vergasern von 38 mm @ bestiickt ist, die nacheinander éffnen. Mit einem Vergaser betragt die Leistung von 15 PS bei 2700 U/min bis 33 PS bei 5000U/min, nach der zusatzlichen Off- nung des zweiten Vergasers bis zu 69 PS bei 9000 U/min. Werden beide Vergaser gleichzeitig geéfinet, lauft der Motor unter 5000 U/min Gberhaupt nicht. Kennzeichnung: Radial-Vierventiler mit kreuzweise gegeniiberliegenden Ven- tilen gleicher Funktion. EinlaBventile 40 mm @, AuslaBventile 33 mm @, Ver- dichtung 10,5 (Abb. 43). Bei Kraftstoffeinspritzung muB der Kraftstoff nicht aus der Diise herausge- saugt werden, wozu ein entsprechender Unterdruck bzw. eine gewisse Gasge- schwindigkeit notwendig sind, sondern erwird bei jeder Drehzahl dosiert einge- spritzt. Dadurch ist auch bei geringer Gasgeschwindigkeit noch eine aus- teichende Vermischung mit der Luft ge- wahrleistet. Bleiben wir aber beim einzelnen An- saugkanal, um dessen optimale Form- gebung zuergriinden. Die Strémung vor dem Durchtritt durch den Ventilspalt wird durch den Ventilschaft und das in den Kanal hineinragende Ende der Ven- tilfihrung gestért. Durch stromlinien- Vergasern 382. 32 ‘Abb. 30: Strémung an der Ventitahrung. formige Ausbildung einer Nase an die- ser Stelle kann das Umfliefen der Strstelle wesentlich reibungsloser ge- staltet werden (Abb.30). Da aber die Fahrung den Querschnitt des Kanals verengt, muB dieser hier entsprechend verbreitert werden, damit der volle Querschnitt wiederhergestellt wird. Na- tUrlich muB die Verbreiterung an beiden Seiten vorgenommen werden und ziigig verlaufen, wozu einige Querschnitte aufgezeichnet und eventuell planime- triert werden missen. Um Strémungsstérungen an der oben erwahnten Stelle zu vermeiden, sind schon viele Vorschlage und Versuche gemacht worden, die einen geraden Einlagkanal zum Ventil hin unter Ver- meidung des Ventilschafts bezwecken 0 Sein tA-B sollten, Da aber keine dieser Konstruk- tionen brauchbar ist, brauchen wir uns nur mit der einzigen Méglichkeit, die das Umstrémen von Ventilspindel und Fuhrung vermeidet, zu befassen, und das ist der Y-formige EinlaBkanal nach Abb.31, Die Einstrémung erfolgt hier durch zwei getrennte Ansaugrohre; keine der beiden Gassdulen braucht ber den Ventilschatt zu strémen, die Vereinigung erfolgt erst beim Ventilte!- ler, das Hindernisist also ausgeschaltet. Diese Konstruktion wurde 1968 am Weltmeisterschaftsmotor von Fath zum Erfolg gefihrt. Es wurde nur in ein Rohr Kraftstoff eingespritzt, durch das an- dere wurde lediglich reine Luft ange- saugt, die sich aber bei der Einstrémung mit dem anderen, den Kraftstoff enthal- 33 tenden Strom vermischte. Diese Kon- struktion geht zuriick auf eine Ertin- dung des Verfassers aus dem Jahr 1923 ‘Abb. 31: Y-férmiger BinlaSkanal. und einen ausgefiihrten Einzylindermo- tor in zweiventtiliger Bauart, bei dem je- doch das Y-férmige Ansaugrohr um 90° verdreht war, so daB die beiden Verga- ser auf gleicher Hohe standen. Die Bau- art fand damals keinen Anklang, weil die zu jener Zeit erstmalig verwendeten Fallstromvergaser wegen der Gefahr des Uberrinnens zu unsicher erschie- nen. ‘Strémungspriifstand Doch nunzuriickzum normalenAnsaug- rohr. Sehr aufschluBreiche Beobach- tungen kann man an einem Stromungs- priffstand anstellen: Auf einen Glaszy- linder wird der zu untersuchende Zylin- derkopf mit kurzem Ansaugkanal auf- gesetzt (es kann eine Attrappe aus Holz sein), und am anderen Ende wird mittels eines Geblases die Luft mit einem ge- wissen Unterdruck abgesaugt. Man 34 kann nun sowohl die Strémung an den Ventilen beobachten als auch die abge- saugte Luftmenge bei verschiedenen Zylinderkopfen und verschiedenen Ventilhiiben mittels einer MeBvorrich- tung mit Prandtl-Rohr messen, Die Strémung um den geéfineten Teller eines Einlafventils untersucht man mit- tels eines an einem Draht befestigten 3-4cm langen Wollfadens, den man durch den Ansaugkanal hindurch rund um den Ventilspalt fuhrt. Der Faden richtet sich genau nach der Strémung, und diese hat das Bestreben, gerade- aus, also in Kanalrichtung, zu verlauten. Ist der Kanal stark abgebogen, dann ist an der Innenseite der Krimmung ein Stillstand der Strémung, ja fast sogar eine Gegenstrémung —_festzustellen (Abb. 32). Um eine maglichst gleichma- Bige Strémung rund um den ganzen ‘Abb. 32: Bol stark gokriimmtom Kanal will dio ‘Stémung dem Krémmungswinkel alcht folgon Teller zu erreichen, darf der Kanal nur wenig gekriimmt sein, d.h., der Winkel zwischen Kanal und Ventilschaft muB méglichst klein sein (Abb. 33). Das gibt jedoch lange Ventile, da die Ventilfeder Platz braucht. Bei Verwendung von Haarnadel-Ventilfedern, die weniger Raum beanspruchen, kann der Winkel noch etwas kleiner werden. Nach dem Durchtritt durch den Ventil- spalt, der den Gasstrom entsprechend dem Sitzwinkel von 45° tenkt, will dieser seine Richtung beibehalten und sich seitlich ausbreiten. Es muB deshalb um jeden gedtineten Teller herum get gend Platz fur die Durchstrémung sein. Bei Vierventilkpfen mit parallel ange- ordneten groBen Ventilen liegen die Teller nahe an der Zylinderwand, und auch ihr Abstand voneinander ist so ge- ring, daB an diesen Stellen die Durch- strémung behindert ist. Bei einer Stré- mungsuntersuchung mit dem Wollfa- den sind diese Starstellen klar erkenn- bar. Bei einem Hochleistungsmotor besteht wahrend der Zeit der Ventildberschnei- dung eine intensive Strémung vom Ein- ta8-zum AuslaBkanal, welche so gelenkt werden soll, daB die Altgasmenge, die

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