Landeshauptstadt Dresden
Ziel der Kommissionstätigkeit ist primär die möglichst genaue Ermitt- Der Oberbürgermeister
Historikerkommission zu den
Luftangriffen auf Dresden zwischen
lung der Zahl der Toten der Luftangriffe auf Dresden zwischen dem dem 13. und 15. Februar 1945
Wissenschaftlicher Leiter:
13. und 15. Februar 1945. Dabei sind vor allem nicht oder nicht vollständig Prof. Dr. Rolf-Dieter Müller
Konzept und Redaktion:
Matthias Neutzner
erschlossene Quellen aufzubereiten und mit modernen Methoden kritisch Kontakt
Mit dem Stadtratsbeschluss vom 18. Januar 2007 wurden die Arbeits- Fax: 0351-488-2052
E-Mail:
grundsatzfragen-controlling@
schwerpunkte und Ziele der Kommissionstätigkeit präzisiert. dresden.de
Mitglieder, Arbeitsstrukturen
und Finanzierung
Das Teilprojekt zielt darauf, die realgeschichtlichen der Stadtverwaltung über den Kommissions- 80%
Abläufe der Luftangriffe auf Dresden im Februar zweck hinaus von Bedeutung sind – so unter 70%
20%
Es soll also versucht werden, alle relevanten verfüg Ein Beispiel: 10%
13.02.1945
20.02.1945
27.02.1945
06.03.1945
13.03.1945
20.03.1945
27.03.1945
03.04.1945
10.04.1945
17.04.1945
24.04.1945
01.05.1945
zu erfassen und mit Hilfe von Datenbanken und
eines geografischen Informationssystems (GIS) Zeitlicher Verlauf der Bergung der Luftkriegstoten in Dresden. Dargestellt ist der kumulative prozentuale Anteil der zum
angegebenen Datum geborgenen Toten (100% = Gesamtzahl der auf den bisher ausgewerteten Karteikarten ausgewie-
auszuwerten. Solche Informationen – beispiels- Die Datenerfassung im Rahmen des Teilprojektes senen Toten, für die ein Auffindungsdatum angegeben wurde)
Quelle: Totenkartei 13. Februar 1945, Urkundenstelle des Standesamtes Dresden, Erfassungsstand 31.12.2006
weise die verschiedenen Aktenüberlieferungen der hat seit Mitte 2006 bereits begonnen. Erfasst und (718 von 7.301 Karteikarten)
Urkundenstelle des Dresdner Standesamtes, der ausgewertet wird aktuell unter anderem die soge-
Beispiele für Informationen über Kriminalpolizei erfolgte in den frühen
Dresdner Friedhofsverwaltungen, des Sächsischen nannte «Totenkartei 13. Februar 1945», die in der Morgenstunden des 14. Februar 1945,
die Luftkriegstoten
Hauptstaatsarchivs sowie des Dresdner Stadtar- Urkundenstelle des Dresdner Standesamtes lagert. spätestens ab 4 Uhr morgens. Im Ver-
laufe der ersten Woche waren 50 Pro-
chivs – sind bislang nicht systematisch ausgewer- Sie umfasst 7.301 Karteikarten mit Informationen Alter: Zwei Drittel (66 Prozent) der in zent der auf den Karteikarten erfass-
den ausgewerteten Karteikarten ver- ten Toten registriert worden, bis Ende
tet worden. über zumeist identifizierte Tote, die mit den Luft- zeichneten Toten waren Erwachsene im Februar 1945 (also binnen etwa zwei
Alter zwischen 18 und 60 Jahren. Etwa
angriffen auf Dresden in Verbindung gebracht wer- sechs Prozent der Toten waren Kinder
Wochen) 63 Prozent.
Erwartete Ergebnisse Verantwortung der Kriminalpolizei, die allein für die Geschlecht: Die verzeichneten Toten
hinzukommende Zahl von registrierten
Toten deutlich. Anstiege sind jeweils
Identifizierung von Toten zuständig war. Die Karten verteilten sich zu fast gleichen Teilen nach den neuerlichen Luftangriffen vom
auf Frauen (51 Prozent) und Männer (48 2. März 1945 und vom 17. April 1945 zu
Mit einer personen-, orts- und zeitgenauen wurden entweder unmittelbar nach dem Auffinden Prozent). Für zwei Prozent der verzeich- verzeichnen. Bis zum Kriegsende waren
neten Toten liegen keine Informationen
Kartierung der Fund- und Bestattungsorte sowie von Toten an den Fundorten oder auf Sammelplät- zum Geschlecht vor.
92 Prozent der auf den Karteikarten
verzeichneten Toten registriert worden.
vieler weiterer dokumentarisch überlieferter Infor- zen in doppelter Ausfertigung ausgestellt. Bei den Wohnort: 85 Prozent der verzeichne- Die Aufzeichnungen über Totenfunde
auf den bislang ausgewerteten Kartei-
mationen kann erstmals der Ablauf der Bergung im Standesamt erhaltenen Karten handelt es sich ten Toten waren in Dresden wohnhaft.
karten reichen bis 1948.
Drei Prozent der Getöteten hatten ihren
und Bestattung von Luftkriegstoten rekonstruiert in der Regel um die zweite Ausfertigung, die für Wohnsitz in den deutschen Ostgebie- Beteiligte Beamte: Alle Karten wur-
ten (zumeist in Schlesien). Weitere vier
werden. einen vorgeschriebenen Bearbeitungsweg durch Prozent der Toten stammten aus ande-
den durch Beamte der Kriminalpolizei
oder Schutzpolizei ausgestellt. Ver-
verschiedene Institutionen vorgesehen war. Die ren Städten und Gemeinden in Sach- zeichnet sind dabei Beamte aus nahezu
sen. Für etwa sechs Prozent wurde der allen Dresdner Schutzpolizeirevieren,
Mit dem softwaregestützten Abgleich der Infor- Erstausfertigung der Karten verblieb beim Toten. Wohnort nicht ermittelt oder nicht ver- ab Anfang März 1945 ein Kommando
zeichnet.
mationen aus den unterschiedlichen Datenüber- auf dem Dresdner Johannisfriedhof
sowie mehrere noch nicht identifizierte
lieferungen können erstmals Indikatoren für die Bis Ende 2006 wurde durch zwei Standesbeam- Bei der Interpretation dieser Angaben
Dienststellen oder Kommandos.
muss berücksichtigt werden, dass in
Bewertung der Qualität der dokumentarischen tinnen der Inhalt von 718 Karteikarten rekonstru- der Kartei fast ausschließlich identifi- Verteilung der Bestattung auf die
zierte Tote verzeichnet sind. Informati-
Überlieferungen gewonnen werden. Nur auf die- iert, in Zweifelsfällen mit dem Sterberegister abge- onen zu nicht identifizierten Toten wur-
Friedhöfe: Auf allen Dresdner Friedhö-
fen sind Tote der Luftangriffe bestat-
sem Wege ist es möglich, die Pauschalkritiken an glichen und in einer Datenbank erfasst. Damit den bislang noch nicht ausgewertet. tet worden, wenngleich eine deutliche
Mehrheit der Getöteten auf den Hei-
den Zahlenangaben der Stadtverwaltung zu bewer- waren zu diesem Zeitpunkt etwa ein Zehntel der Beispiele für Informationen defriedhof oder den Johannisfriedhof
Karteikarten elektronisch verzeichnet worden. Die- zum Verlauf von Bergung und verbracht wurden. Für etwa 41 Prozent
ten, die seit Jahrzehnten die öffentliche Diskussion Bestattung der Luftkriegstoten der auf den Karteikarten verzeichne-
bestimmen. ser Datenbestand wurde nun punktuell ausgewer- ten Toten wird als Bestattungsort der
Heidefriedhof angegeben. Davon sind
tet. Die auf diese Weise gewonnenen Aussagen Die Auswertung der Karteikarten ergibt
für mehr als zwei Drittel Grabnummern
erstmals Informationen über die mittels
Nach dem Abschluss der Datenerfassungen wird sind nicht repräsentativ für den Gesamtbestand Archivdokumenten kaum rekonstruier-
ausgewiesen. Neun Prozent der ver-
zeichneten Toten wurden zum Johan-
baren Vorgänge bei der Bergung der
außerdem geprüft werden, ob Zusammenhänge und erlauben noch keine Aussagen zur Gesamt- Luftkriegstoten nach dem 13. Februar
nisfriedhof verbracht. Ab dem 14. Feb-
ruar wird für weitere neun Prozent der
zwischen Infrastrukturdaten und den verfügbaren zahl der Dresdner Luftkriegstoten, ergeben jedoch 1945. Diese Informationen müssen
Altmarkt als Verbringungsort benannt.
durch weitere Auswertungen ergänzt
Informationen zum Bergungs- und Bestattungsge- bereits zahlreiche Informationen zum Verlauf von und überprüft werden. Auch bei diesen Zwischenergebnis-
sen muss beachtet werden, dass bis-
schehen statistisch belegbar sind. Auch dies wird Bergung und Bestattung nach dem 13. Februar Im Folgenden sollen einige ausgewählte
her nur ein Teil der vorhandenen Kar-
Zwischenergebnisse genannt werden:
die Sicherheit in der Bewertung der summarisch 1945 und zu den bei den Luftangriffen auf Dresden ten der Totenkartei ausgewertet wurde
Zeitlicher Verlauf der Bergung: und weitere Datenbestände noch keine
überlieferten Zahlenangaben wesentlich erhöhen. getöteten Menschen. Die Registratur erster Toter durch die Berücksichtigung fanden.
Teilprojekt
Prüfung der relevanten dokumentarischen
Überlieferung/Genesis der Totenzahl
Leitung: Prof. Dr. Rolf-Dieter Müller
Bestände, Aussagen über die Gesamtüberlieferung tarischen Überlieferungen noch mit parallelen Erin- auf ein einziges Luftbild vom 25. März gearbeitet worden sein. Auf den Luft-
1945, das an der Südwestecke des bildern sind ältere Wege, die durch die
des Jahres 1945, die Beschreibung, Erklärung und nerungsberichten hochrangiger Offiziere. Heidefriedhofs, nördlich der Autobahn,
vier rechteckige Flecken aufweist, die
Bewertung von Lücken in der Überlieferung sowie sich aus dem dunklen Waldgebiet
deutlich abheben. Er deutete diese als
die Präsentation der Schlüsselquellen. geheime Massengräber.
untersuchungen gilt es, den zahlreichen Mutma- Umgebung, noch mit Hochstämmen
bedeckt und erscheint gleichmäßig
ßungen – etwa die Möglichkeit der rückstandslosen dunkel. Ein winziger heller Fleck an
der linken unteren Ecke der späteren Flächen verlaufen, einzelne Reste der
Verbrennung von Menschen und der Behaup- «Massengräber» könnte u. U. ein Hin- ursprünglichen Bewaldung und ste-
Die Karte des Oberkommandos des Leben. Die diesbezüglichen Anga- hengebliebene Hochstämme in einigen
tungen der Zeitzeugen zu amerikanischen Tiefflie- Heeres (OKH) vom März 1945 weist für ben im Abschlussbericht des Befehls
weis auf beginnende Arbeiten sein.
Flächen zu erkennen. Die vier Recht-
Luftbild 7. Juli 1944: Auf der Auf-
gerangriffen am 14. Februar 1945 – nachzugehen. die Garnison Dresden eine Stärke von habers der Ordnungspolizei vom
nahme zeichnen sich jetzt deutlich zwei
ecke sind zudem durch stehengelas-
ca. 16.500 Mann aus. Auch im Februar 22. März 1945 konnten durch die Histo sene Bewaldungsstreifen voneinander
helle Flecken an der linken unteren
1945 besaß Dresden eine der größten rikerkommission anhand der Unter- getrennt. Ihre Ränder erscheinen nicht
Im Rahmen einer rezeptionsgeschichtlichen Ana- intakten Garnisonen des Deutschen lagen in der ehemaligen Wehrmacht- Ecke des Geländes ab. Demnach ist scharf von der umgebenden, stehen-
Reiches, die einen wichtigen Rückhalt Auskunftstelle in der Größenordnung gebliebenen Bewaldung abgeschnit-
lyse wird zudem die Genesis der öffentlich publi- für die Ostfront darstellte. bestätigt werden. ten, sondern weisen allmähliche Über-
zierten Totenzahlen nachverfolgt. Ziel dabei ist es, Ihre Aufgabe bestand vor allem im Mehrere ehemalige Offiziere und Sol-
gänge auf.
die Entstehungszusammenhänge der Zahlenan- Ausbau der «Festung Dresden», in der daten geben in ihren Erinnerungsbe- Ein Vergleich mit erkennbaren Spreng-
Versorgung und Stützung der Front richten Gerüchte und Beobachtungen trichtern im Waldgelände westlich der
gaben, ihre Urheber und Wirkungsdimensionen zu sowie in der Gewährleistung der mili- wieder, die auf sehr hohe Totenzahlen vier Rechtecke zeigt, dass in die Tiefe
tärischen Sicherheit. In Absprache mit in Dresden schließen lassen: gehende Erdarbeiten im Gelände nicht
dokumentieren. den zivilen Verantwortlichen konnte Generalleutnant Mehnert, stattgefunden haben. Insbesondere
sie nach Luftangriffen zur Nothilfe ein- Kommandant des Festungsbe- ist auch keine gleichmäßige Ab- oder
gesetzt werden. reichs Dresden: 140.000 Tote Auftragung von Erdreich, wie sie die
Aushebung von Massengräbern erfor-
Major Matthes, Ia beim Festungs-
Nach den Luftangriffen vom 13. bis derlich machen würde, erkennbar.
kommandanten: 253.000 Tote
15. Februar 1945 wurden Einheiten
und Personal der Wehrmacht in Oberfähnrich Klaus M.: Der Befund deutet dagegen auf kon-
auf dem bezeichneten Gelände bereits
erheblichem Umfang in Dresden ein- 118.000 Tote tinuierliche, bereits länger geplante
im Hochsommer 1944 mit Arbeiten
gesetzt: Etwa vier Wochen lang arbei- Eisenbahner will im Generalkom- Waldarbeiten hin. Die Zweckbestim-
begonnen worden.
teten Bergungs- und Hilfskommandos mando gehört haben: 168.000 Tote mung der Arbeiten an dem Areal hat
der Wehrmacht mit durchschnittlich Luftbild 19. Dezember 1944: Zwei offenkundig bereits vor dem Mai 1944
Dagegen stehen Erinnerungen hoher
1.500 bis 2.000 Mann sowie mit wei- Monate vor den Februarangriffen festgestanden. Ein Zusammenhang
Generalstabsoffiziere: Bernd Freytag
teren 500 bis 1000 Kriegsgefangenen zeichnen sich jetzt deutlich drei der mit den Luftangriffen im Februar 1945
von Loringhoven, 1945 Adjutant des
im Stadtgebiet. Zudem waren acht späteren vier Rechtecke ab. ist nicht nachweisbar.
Chefs des Generalstabs des Heeres,
Wehrmacht-Löschgruppen und ein-
und Ulrich de Maizière, damals Ia der Luftbilder 25. März 1945 und
zelne Sanitätsfahrzeuge in Dresden im
Operationsabteilung im Oberkom- 11. Mai 1945: Auf dem fraglichen Areal
Einsatz.
mando des Heeres, berichten, daß im befinden sich nunmehr vier Rechtecke
Bildnachweise: 7.7.1944 / 19.12.1944: National Archives,
Durch die Februar-Luftangriffe kamen OKH von 25.000 bis 35.000 Toten die in der endgültigen Ausdehnung. An Washington. Weitere: Luftbilddatenbank Dr. Carls, Würzburg.
ca. 100 Wehrmachtsangehörige ums Rede gewesen sei. dem vierten muss demnach zwischen Interpretationshilfe: Oberstleutnant a. D. Jürgen Zapf
Teilprojekt Oral History
Leitung: Dr. Alexander von Plato