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44 FEUILLETON Diskothek 26. Februar 2009 DIE ZEIT Nr.

10

DVD

Duell am
Kamin
Fernsehen, das zum Kino wurde:

Foto: Edel Records


»Frost/Nixon – Das Original-Interview
zur Watergate-Affäre«
VON KATHRIN KIRSTEIN
Herausforderer und Expräsident: DAVID FROST UND RICHARD NIXON

M
ehr als 45 Millionen Amerikaner haben behindert zu haben: »Als Sie der CIA sagten, sie solle und die endgültige Demontage eines Politikers
dieses Rededuell im Fernsehen gesehen, dem FBI sagen: ›Aufhören. Punkt‹, wussten Sie, dass offenbaren, der eigentlich auf eine öffentliche Re-
das bis heute nichts von seiner Faszination im Endeffekt Kriminelle wie Howard Hunt und Gor- habilitierung gehofft hat. Als Nixon sagt: »Ich
verloren hat. Es ist ein zeitgeschichtliches don Liddy (Verantwortliche für den Watergate-Ein- habe die Amerikaner enttäuscht und diese Last
Dokument, das den Protagonisten eines der größten bruch; Anm. d. Red.) geschützt würden. Das ist Jus- muss ich für den Rest meines Lebens mit mir he-
Politikskandale der jüngeren Vergangenheit in scho- tizbehinderung. Punkt.« rumtragen«, wird deutlich wie er diesen Satz aus
nungsloser Offenheit zeigt. 1977 bricht Richard Nixon Spätestens jetzt entwickelt sich das Gespräch, sich herauswinden muss.
sein Schweigen nach der Watergate-Affäre und gibt das Ron Howard für seinen Film Frost/Nixon als In dem Interview sieht man nicht nur die Bloß-
zum ersten Mal seit seinem Rücktritt ein Interview. Vorlage verwendet hat, zu einer beeindruckenden stellung eines Expräsidenten, sondern auch einen
Sein Gespräch mit dem britischen Talkmaster David Charakterstudie. Eine erstaunliche Metamorpho- Talkmaster, der über sich hinauswächst. David
Frost (Frost/Nixon – Das Original-Interview zur Wa- se nimmt ihren Lauf. Zu Beginn sitzt im beigen Frost wurde von Kollegen als »Scheckbuchjourna-
tergate-Affäre) findet im Wohnzimmer von Nixon- Sessel ein selbstsicherer und redegewandter Ex- list« belächelt, doch die Konfrontation mit Nixon
Unterstützern in Kalifornien statt. Das Ambiente ist präsident. Am Ende sehen wir einen nervösen war eine journalistische Glanzleistung. Im Zusatz-
seriös bis zum Klischee: Bücherregale, Blumenvasen, und unsicheren Mann. Auch die Kameraeinstel- interview auf der DVD erzählt Frost, wie er den
Kaminsims. lung ändert sich. Zunächst wird Nixon aus der Politiker, der ihm einige seiner schlimmsten Stun-
Die Eröffnungsfrage, ob Nixon jemals das Gefühl Halbdistanz aufgenommen. Da ist noch Platz für den zu verdanken hat, ein letztes Mal nach den
gehabt habe, die Justiz behindert zu haben, ist für Frost große staatsmännische Gesten und selbstgefäl- Gesprächen traf. Er sei ihm vorgekommen wie ein
ein vermasselter Start. Nixon beginnt mit einem takti- liges Zurücklehnen im Sessel. Später wird er aus »trauriger Mann, der gern ein großer sein wollte«.
schen Manöver und redet sich heraus: Er wolle erst später nächster Nähe gefilmt. Jetzt entgeht der Kamera
antworten. Das Gespräch, das zu Beginn eher fad und keine Träne im Auge, kein Schlucken, kein Frost/Nixon – Das Original-Interview zur Watergate-
unspektakulär ist, gewinnt erst an Dynamik, als Frost Schweiß auf der Oberlippe, kein verzogener Affäre
selbst die Antwort gibt. Er wirft Nixon vor, die Justiz Mundwinkel. Es sind Bilder, die das Scheitern edel entertainment GmbH, 1 DVD, 100 Min.

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