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Wörter wie Luftballons
Wie man schlank und zupackend schreibt
Christoph Fasel
Jeder, der im Wissenschaftsbetrieb arbeitet wird feststellen, wie weit sich die Sprache der
Wissenschaft oft vom Alltags-Verständnis des normalen Lesers entfernt. Was können Wissenschaft-
ler tun, die dennoch verstanden werden möchten? Sie können die künstliche Distanz, die zwischen
ihrer Fachsprache auf der einen Seite und dem Verständnishorizont des normal gebildeten Laien
andererseits klafft überbrücken. Einige der Techniken, die dazu nötig sind, haben wir in den vori-
gen Abschnitten kennen gelernt.
Mit einer weiteren dieser Techniken beschäftigt sich dieser Absatz. Er beleuchtet kritisch den oft
unnötig aufgeblasenen Sprachgebrauch in der Hochschule – und nennt ein paar Rezepte, wie man
diesen Wörtern wie Luftballons die Luft ablässt.
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Komplexe Gedanken – Wie wichtig es hingegen ist, sich genau dieser Schwierigkeit
klare Form! unerschrocken zu stellen, Kompliziertes in eine fassliche Form zu
bringen, zeigen uns immer wieder Beispiele aus der Praxis von Lehre,
Forschung oder Publikationen. So lautet etwa eine Veranstaltungs-
Ankündigung der Bundeswehr-Hochschule in Hamburg Harburg:
Wissenschafts-Worthülse 1
In der Veranstaltung soll vermittels eines interdisziplinären Zuganges versucht werden, das
komplexe Phänomen Menschenführung als multidimensionale Aufgabe zu verstehen und ernst zu
nehmen (...) An eine kompakte Präsentation der einzeldisziplinorientierten Problemvielfalt von
Menschenführung schließt sich eine freie Diskussion mit der Intention an, eine ganzheitliche
Problemsicht zu entwickeln, die ethisch reflektiert, theoretisch und prozessual versiert sowie für
Fremd- und Selbstkritik sensibilisiert praktische Menschenführung optimieren hilft.
Was soll das bedeuten? Ein Seminar zum Thema „Sprache des
Journalismus“ des Germanistischen Institutes der Universität Mün-
chen versuchte in einer gemeinschaftlichen Anstrengung vor einigen
Jahren als Übungsaufgabe, diesen offiziell verteilten Text der
Hochschule in ein verständliches Deutsch zu bringen. Soweit sich dem
Bezeichnenden dieses Textes etwas Bezeichnetes überhaupt zuordnen
ließ, ergaben sich, je nach Interpretationstiefe, unterschiedlich weit
reichende Redigaturen des Textes. Eine der klarsten Übersetzungen
lautete:
Redigaturvorschlag:
So ist es verständlicher
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Was ist hier geschehen? In beiden Fällen ist nichts anderes passiert, Weg mit der heißen Luft!
als das radikal die heiße Luft aus den Worthülsen abgelassen wurde.
Jede Redigatur, die einen solchen Text bearbeitet, muß als erstes die
Frage stellen: Was steht da eigentlich drin? Diese Frage muss sich
auch der folgende Text gefallen lassen, der aus der Theaterpädagogik
stammt:
Wissenschafts-Worthülse 2
„Wir wollen unter dem Stichwort Kommunikation zusammen mit Philosophie, Psychologie,
Soziologie, Pädagogik, bildenden und anderen Künsten das „Produkt“ Kindertheater als
komplexen Prozess fließender Systeme von Zeichen, Codes und Symbolen verstehen und
gemeinsam Erfahrungen sammeln.“
Eine Nachfrage bei den Autoren über die Aussage und Bedeutung
dieses Absatzes ergab folgende Antwort (hier in einem
zusammenhängenden Ausschnitt als Originalzitat zum Inhalt dar-
geboten):
„Innerhalb von diesem‚...komplexen Prozess...“, der sich von Vorstellung zu Vorstellung erneuert,
gibt es „...fließende Systeme von Zeichen...“ (z. B. Mimik, Gestik, Haltung und Betonung der Spra-
che), die nicht absolut festzulegen sind. „...Codes...“ sind bedeutungstragende Einheiten, die aus
Kombination und Gewichtung dieser und anderer Zeichen entstehen, wie im richtigen Leben. Bild-
nerische Mittel erweitern die darstellerischen Möglichkeiten bis hin zur „...Symbolik...“. Wenn zum
Beispiel ein alter Mann (im Figurentheater) durch eine krumme und reife Banane dargestellt wird,
deren Schale zu Boden gleitet, das Innere aber zum Munde des Spielers aufsteigt und verspeist
wird. Es hängt vom Wissen und der Erfahrung des Zuschauers ab, ob und wie sie die wechselnden
Ebenen in Verbindung bringen, den Code entschlüsseln und Bedeutung entnehmen.
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