Bewährte Partnerschaften
mit Potential – Die Bezie-
hungen Deutschlands zu
Tschechien und der
Slowakei
Hubert Gehring / Tomislav
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Verantwortliche Redakteure:
Stefan Burgdörfer
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Satz:
racken, Berlin
4 | EDITORIAL
EDITORIAL
Zwar war schon bald nach 1989 sowohl das Lager der
Solidarność wie auch die ehemalige kommunistische
Koalition in rivalisierende Gruppen zerfallen, aber der
polnischen Gesellschaft blieb doch aufs Ganze gesehen
die Teilung bestehen. Sie verlief zwischen denjenigen, die
eher zur Nomenklatura des alten Systems
Die grundlegende politische Verände- gehört hatten, und jenen, die eher mit der
rung Polens hatte mit dem doppelten Solidarność gegen dieses System aufbegehrt
Sieg der Kaczyńskis bei den Parla-
ments- und Präsidentschaftswahlen hatten, und zwischen deren Nachfahren.
im Herbst 2005 nach vier Jahren Dies zeigte sich in den wechselnden Regie-
postkommunistischer Linksregierung
rungsmehrheiten: 1989 bis 1993 regierten
begonnen.
zunächst die Solidarność-Kräfte, dann bis
1997 bereits die postkommunistischen Linken, bis 2001
wieder das Wahlbündnis Solidarność unter Premier Jerzy
Buzek, welches erneut von einer linken Mehrheit abgelöst
wurde, die schließlich 2005 wiederum durch eine Mehrheit
der beiden aus der Solidarność-Bewegung hervorgegangen,
erst 2001 gegründeten Parteien PO und PiS ersetzt wurde.
Einen zweiten ähnlichen politischen Strang bildeten die
Präsidentschaften: Zunächst sicherte der Militärdiktator
General Wojciech Jaruzelski 1989 die Macht der Kommu-
nisten. Erst Ende 1990 folgte der Solidarność-Führer Lech
Wałęsa als erster frei gewählter Staatspräsident. Doch
bereits 1995 gewann der mit 41 Jahren noch junge Post-
kommunist Aleksander Kwaśniewski, der ähnlich wie Egon
Krenz in der DDR in kommunistischer Zeit für die Jugend
zuständig war und von Jaruzelski gefördert wurde, gegen
9|2010 KAS AUSLANDSINFORMATIONEN 9
41 | Ebd. 665.
42 | Vgl. Stephan Georg Raabe: Zur politischen Instrumentali-
sierung der Stiftung ‚Polnisch-Deutsche Aussöhnung‛. Die
polnische Regierung und ihr Deutschlandbeauftragter nutzen
die Stiftung zur Verbreitung ihrer Verschwörungstheorien
und deutschlandkritischer Ressentiments. Konrad-Adenauer-
Stiftung, Auslandsbüro Polen, 12.10.2007: http://kas.de/
proj/home/pub/48/1/year-2007/dokument_id-12126/
index.html [05.08.2010].
43 | Vgl. Góralski, a.a.O. 348 f.
44 | Vgl. Stephan Georg Raabe: „Stereotyp na resentymencie
(Stereotype Ressentiments)‟, in: Wprost, 30.07.2006, 36-37.
26 KAS AUSLANDSINFORMATIONEN 9|2010
52 | Donald Tusk: „Was für eine Union braucht Polen, was für eine
Gemeinschaft braucht Europa?‟, in: Dialog 80/81 (2007/2008)
10-13, hier 13.
53 | Vgl. exemplarisch den Bericht zum Antrittsbesuch von Tusk
in Berlin von Nina Mareen Spranz: „Die neue Vertrautheit
von Deutschland und Polen‟, in: Welt online, 11.12.2007:
http://welt.de/politik/article1451139/Die_neue_Vertrautheit_
von_Deutschland_und_Polen.html [05.08.2010]; und den
Beitrag zum Treffen von Merkel und Tusk in Hamburg:
„Merkel und Tusk schweigen zu Steinbach‟, in: Welt online,
27.02.2009: http://welt.de/politik/article3289352/Merkel-und-
Tusk-schweigen-zu-Streit-um-Steinbach.html [05.08.2010].
30 KAS AUSLANDSINFORMATIONEN 9|2010
bewährte Partnerschaften
MIT POTENTIAL
Die Beziehungen Deutschlands zu Tschechien
und der Slowakei
Doch gerade in der Normalisierung liegt auch Eine politische Annäherung hat statt-
eine Gefahr. Je weniger aufsehenerregende gefunden, ist aber hinter den Möglich-
keiten geblieben, und heute gibt es
Nachrichten es aus dem Nachbarland gibt, nur wenige deutsche und tschechische
desto geringer fällt in Prag das Interesse Politiker, die sich intensiv mit dem
jeweiligen Nachbarn beschäftigen.
an Deutschland aus. Eine politische Annä-
herung hat stattgefunden, ist aber leider
hinter den Möglichkeiten geblieben, und heute gibt es
nur wenige deutsche und tschechische Politiker, die sich
intensiv mit dem jeweiligen Nachbarn beschäftigen. Die
heutige Annäherung ist nicht mehr in den Parlamenten zu
suchen, sondern im NGO-Sektor und im Kulturbereich, wo
Austauschforen, Jugend- und Kulturprojekte den Prozess
weiter vorantreiben. Eine normale Nachbarschaftspolitik,
die auch in wenig aufregenden Zeiten aufrechterhalten
wird, wie beispielsweise die deutsch-polnische oder
deutsch-französische, muss erst noch erlernt und erlebt
werden.
Politische Beziehungen
1 | Vgl. http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Laender
informationen/Slowakei/Bilateral.html [15.06.2010].
2 | Pavol Lukáč, Dejiny a zahraničná politika v strednej Európe
(Bratislava: 2004), 106.
3 | Vgl. Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und
der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik
über gute Nachbarschaft und Freundschaftliche Zusammen-
arbeit, http://www.glasnost.de/db/DokAus/92csfr.html
[16.06.2010].
9|2010 KAS AUSLANDSINFORMATIONEN 51
Die politischen Kontakte spielen sich jedoch Auch die einzelnen Ministerien und
nicht nur auf der höchsten staatlichen die Bundesländer gestalten die Bezie-
hungen mit. Im Bundestag ist eine
Ebene ab, auch die einzelnen Ministerien, Deutsch-Slowakische Parlamentarier-
der deutsche Bundestag und die deutschen gruppe aktiv.
Bundesländer gestalten die Beziehungen
mit: Zahlreiche Mitglieder des Deutschen Bundestages,
Regierungsmitglieder wie Franz-Josef Jung, Manfred Stolpe
oder Renate Künast sowie einige Ministerpräsidenten,
darunter Christian Wulff, Georg Milbradt, Matthias Platzeck
und Roland Koch, besuchten die Slowakischen Republik
in den vergangenen Jahren während ihrer Amtszeit. Im
Bundestag ist zudem eine Deutsch-Slowakische Parlamen-
tariergruppe aktiv, die sich um einen intensiven Austausch
zwischen den Parlamenten bemüht. Von slowakischer
Seite reisten ebenfalls verschiedene Minister zu offiziellen
Besuchen nach Deutschland, wie etwa Ivan Mikloš in seiner
damaligen Funktion als Finanzminister oder Robert Kaliňak,
Innenminister der Slowakischen Republik.11
Wirtschaftliche Vernetzung
Blogroll 10
(External Links)
Euro 2007. Lediglich in den Jahren 2008 und 2009 war
ookmarking 0 infolge der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise ein
Rückgang zu verzeichnen. Der Handel boomte auch in
umgekehrter Richtung: 1993 importierte die Slowakei
deutsche Güter im Wert von 717 Millionen Euro, bis 2008
hatten sich die Importe auf insgesamt 8.739 Millionen
Euro mehr als verzehnfacht.24 Obwohl hier 2009 ebenfalls
ein Rückgang zu vermerken ist, war Deutschland auch in
diesem Jahr wieder der größte Handelspartner der Slowa-
kischen Republik: Der Anteil deutscher Güter an den slowa-
kischen Importen betrug 25 Prozent, umgekehrt bezog
die Bundesrepublik insgesamt 23,4 Prozent der slowaki-
schen Exporte.
Ausfuhr aus BRD Die wichtigsten slowakischen Exportgüter
Abb. 1
Handel zwischen Deutschland und der Slowakei
von 1993 bis 2009
Mio. €
9.000
7.000
5.000
3.000
1.000
Jahr 93 94 95 96 97 98 99 00 01 02 03 04 05 06 07 08 09
Gesellschaftliche Zusammenarbeit
Zuletzt weilte der Auswärtige Aus- Das besondere gegenseitige Interesse liegt
schuss des estnischen Parlaments in begründet in der über 800-jährigen gemein-
Berlin. Darüber hinaus tragen die Bun-
desländer sowie Partnerstädte und samen Geschichte als Missions- und Sied-
-kreise zur Vertiefung der Beziehungen lungsgebiet des Deutschen Ordens, in den
bei.
Wirtschaftsbeziehungen zur Zeit der Hanse
sowie in der zentralen Lage Deutschlands zwischen den
einstigen Blöcken, die die Welt bis 1990 in sowjetische und
amerikanische Einflusssphären teilte. Einen herausgeho-
benen Stellenwert als „Schicksalstag‟ in den deutsch-balti-
schen Beziehungen nimmt dabei der 23. August 1939 ein,
als der deutsche Außenminister der nationalsozialistischen
Regierung, Joachim von Ribbentrop, und sein sowjetischer
Amtskollege, Wjatscheslaw Molotow, mit der Unterzeich-
nung des geheimen Zusatzprotokolls zum Nichtangriffspakt
zwischen dem Deutschen Reich und der Sowjetunion, dem
so genannten Hitler-Stalin-Pakt, das vorläufige Ende der
Unabhängigkeit der drei Baltischen Staaten besiegelten.
Daraus leitet sich bis zum heutigen Tage die Verbundenheit
Deutschlands mit und die Verantwortung gegenüber den
drei Baltenrepubliken ab. Dennoch schwankte die deutsche
Außenpolitik gegenüber den baltischen Nachbarn in den
vergangenen zwanzig Jahren zwischen dem „Anwalt der
Balten‟ einerseits und einer Position des advocatus diaboli
andererseits, wenn die baltischen Belange die Erreichung
deutscher Ziele und insbesondere das Verhältnis der
Bundesrepublik zu Russland zu beeinträchtigen drohten.
Als Litauen am 11. März 1990 als erste der drei baltischen
Republiken seine umgehende und vollständige Trennung
von der Sowjetunion erklärte, hielt sich die Bundesregie-
rung mit einer Stellungnahme zunächst zurück – sehr zum
Unmut des ersten kommissarischen Staatsoberhauptes
der unabhängigen Republik Litauen, Vytautas Landsbergis:
„Bisher sahen wir nicht, dass wir große Erwartungen in die
Politik Deutschlands setzen konnten.‟1
8 | Vgl. www.cbss.com
74 KAS AUSLANDSINFORMATIONEN 9|2010
ebenso wie 1992 bis 1998 für Kohl und Kinkel. Die Politiker
verfolgten damit keine strategische Arbeitsteilung, sondern
vertraten unterschiedliche Ansichten zur europäischen
Integration der baltischen Staaten. So war das Auswär-
tige Amt überzeugt, dass die baltischen Republiken gleich
den anderen MOE-Ländern zu einem erweiterten Europa
gehörten, und unterstützte daher deren Bemühungen um
eine baldige, umfassende Mitgliedschaft in den europäi-
schen Institutionen und Organisationen. Das Kanzleramt
hingegen stand der EG/EU-Mitgliedschaft der baltischen
Länder teilweise gleichgültig bis skeptisch gegenüber und
bremste entsprechende Bestrebungen. Ebenso lehnte das
Bundeskanzleramt zunächst die Erweiterung der NATO bis
an die westliche Außengrenze Russlands ab,
Die Verhandlungen über die Erwei- in erster Linie erneut, um nicht die für den
terung von EG und NATO nach Osten Wiedervereinigungsprozess wichtigen Partner
schritten auch nach dem Führungs-
wechsel im Auswärtigen Amt zu Klaus im Kreml zu brüskieren. Angesichts der Kritik
Kinkel nur langsam voran. des Kremls an den Erweiterungsplänen der
NATO plädierte Bonn für einen „Mittelweg
zwischen der Vollmitgliedschaft und der lockeren Zusam-
menarbeit im Kooperationsrat‟9. Für die Balten hingegen
hatte die Aufnahme in die militärische Sicherheitsallianz
oberste Priorität, da sie sich dadurch letzten Endes die für
sie wichtigen Sicherheitsgarantien gegenüber einer mögli-
chen Aggression aus Russland erhofften.
Die von 1998 bis 2005 amtierende Koalition aus SPD und
Bündnis 90/Die Grünen unter Bundeskanzler Gerhard
Schröder führte im Wesentlichen die verbindlich-unver-
bindliche Baltikumpolitik der Vorgängerregierung fort.
Dabei fürchteten die MOE-Staaten vor allem zu Beginn
der rot-grünen Regierung, dass Bonn sich in Zukunft noch
weniger für die Erweiterung der Union interessieren würde
als bisher. Im Vorfeld des Wiener EU-Gipfels im Dezember
1998 betonte Bundeskanzler Schröder, dass der Zeitpunkt
der Erweiterung noch nicht feststünde und es aufgrund
weiterhin offener Fragen leichtfertig sei, terminliche
Zusagen zu machen. Auch das Lippenbekenntnis seines
Außenministers Joschka Fischer, Deutschland verstünde
sich weiterhin als „Anwalt der Mittel- und Osteuropäer
in der EU‟13, konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass
keines der Kabinettsmitglieder der rot-grünen Koalition
sich besonders für das Baltikum engagierte. Berlin förderte
in diesen Jahren weder den Fortgang der Verhandlungen
mit Estland noch die Aufholprozesse Lettlands und Litauens
nachdrücklich. Dennoch setzten auch Lettland und Litauen
in der zweiten Runde den Acquis communitaire erfolgreich
um und konnten gemeinsam mit Estland und fünf weiteren
Ländern Mittel- und Osteuropas sowie Malta und Zypern
am 1. Mai 2004 der EU beitreten, nachdem bereits zuvor
die Aufnahme in die NATO erfolgt war.
Fazit
13 | Ebd., 21.
9|2010 KAS AUSLANDSINFORMATIONEN 91
Bei dem Rückblick auf die deutsch-französi- Franzosen neigen zur Vorsicht. Die
schen Beziehungen wird deutlich, dass das Wurzeln ihres Sicherheitsbedürfnis-
ses gehen zurück in die frühe Ge-
bilaterale Verhältnis teilweise starken Turbu- schichte Frankreichs, als das Land um
lenzen ausgesetzt war. Dies beeinflusste die Festigung seiner Mittellage be-
müht war.
verständlicherweise auch die gegenseitige
Wahrnehmung.
In den achtziger Jahren wandelte sich Vor allem die geografische Dimension
die Befürchtung der Medien vor einem zu der Wiedervereinigung sorgte für
mancherlei Verzerrungen und schien
starken Deutschland zur Sorge um einen historische Erinnerungen an das Bis-
zu schwachen deutschen Nachbarn. Ein in marck-Reich zu wecken.
französischen Augen latenter Pazifismus und
der Geburtenschwund wurden auf französischer Seite mit
Befremden zur Kenntnis genommen: „Das ‚romantische‛
Deutschlandbild war also wieder angesagt, diesmal aber
weniger als Objekt der Sehnsucht oder puren Faszination,
sondern als Stein des Anstoßes oder als Quell der Sorge.‟17
Ausweitungsmöglichkeiten der
Zusammenarbeit
Claudia Crawford
1 | http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,324047,00.html
[13.07.2010].
9|2010 KAS AUSLANDSINFORMATIONEN 103
4 | Ebd. 162.
106 KAS AUSLANDSINFORMATIONEN 9|2010
Gerrit F. Schlomach
Rahmenbedingungen im Mittelmeerraum
Die bereits auf dem Pariser Gipfel zur Gründung der Union
für das Mittelmeer angelegte Folgekonferenz auf Ebene
der Außenminister erfolgte vom 3. bis 4. November 2008.
Der ursprüngliche Termin im Oktober 2008 konnte nicht
gehalten werden, da die arabischen Staaten ihre Teilnahme
an dem geplanten Außenministertreffen mit dem Hinweis
in Frage stellten, nicht mit dem israelischen Außenminister
Avigdo Lieberman an einem Tisch sitzen zu wollen.
Die Frage, wer von Seiten der Europäischen Union bzw. der
europäischen Mitgliederstaaten dem Gremium vorsitzen
wird, wurde ebenfalls auf der Außenministerkonferenz
diksutiert, um eine kohärente Politikgestaltung zu garan-
tieren. Die gemeinsame Erklärung präzisierte, dass von
europäischer Seite die Besetzung der Ko-Präsidentschaft
im Rahmen der in Kraft gesetzten Verträge stehen müsse.
Dies wurde mit der Interpretation verbunden, wonach die
Präsidentschaft und die Europäische Kommission die EU in
den auswärtigen Beziehungen repräsentiert. Unklar blieb
jedoch, welcher europäische Staat nach der zweijährigen
französischen Ko-Präsidentschaft den Sitz für die EU-Präsi-
dentschaft übernehmen würde und wie die Abstimmung
zwischen EU-Präsidentschaft und Kommission zu erfolgen
hat.
17 | Ebd.
18 | „The crisis in Gaza at the end of 2008 resulted in a suspension
of the UpM meetings during some months.‟ in: European
Commission, Union for the Mediterranean, Brüssel,
10.07.2009, MEMO/09/333 (2009).
9|2010 KAS AUSLANDSINFORMATIONEN 127
Schlussbetrachtung
Mit Blick auf die UfM bedeutet dies, aktiv die externen
Herausforderungen anzugehen, die an die Union herange-
tragen werden. Aus arabischer Sicht ist dies an erster Stelle
der Nahost-Konflikt, wobei ein stärkeres Engagement der
EU gefordert wird. Es ist Aufgabe der EU, vor allem der
Hohen Beauftragten Ashton, mit der Stärkung der part-
nerschaftlichen Komponente im Rahmen des Ko-Vorsitzes
und dem gemeinsamen Sekretariat konstruktiv zu wirken.
Genauso wenig wie die israelische Regierung regionale
Gegebenheiten missachten kann, kann die arabische Seite
langfristig eine Politik der Isolierung Israels betreiben. An
alle drei Seiten richtet sich der Auftrag, politische Reali-
täten und regionale Gegebenheiten anzuerkennen.
134 KAS AUSLANDSINFORMATIONEN 9|2010
Peter Köppinger
Bei der unabhängig von der Stimmabgabe Aquino erzielte mit 42,08 Prozent das
für den Präsidenten erfolgten Wahl des Vize- beste Ergebnis, das ein Präsident unter
der Verfassung von 1987 jemals er-
präsidenten gewann überraschend Jejomar reichte. Die Wahl zum Vizepräsidenten
Binay, langjähriger Bürgermeister der reichsten gewann überraschend Jejomar Binay.
Stadt des Landes, „Makati‟, in Metro Manila.
Er hatte – nachdem eine von ihm erhoffte Präsident-
schaftskandidatur durch seine Partei Lakas-Kampi nicht
zustande gekommen war – im Tandem mit Estrada den
Wahlkampf bestritten. Der Vizepräsidentschaftskandidat
und Parteivorsitzende der Liberalen, Mar Roxas, der bis
zuletzt in den Umfragen geführt hatte, kam mit rund zwei
Prozent Rückstand nur als zweiter ins Ziel.
Bei den Wahlen zum Kongress waren mehr als 110 Abge-
ordnete erfolgreich, die ihren Wahlkampf als Mitglieder der
bisherigen Regierungspartei Lakas-Kampi-CMD geführt
hatten (die Gesamtzahl der in Wahlkreisen gewählten
Abgeordneten beträgt 229). Inzwischen zeigt es sich aber,
dass – ebenso wie nach früheren Wahlen – viele von ihnen
der Partei des neuen Präsidenten beitreten oder sich als
Unabhängige erklären und mit den Liberalen koalieren, um
in den Genuss lukrativer Positionen in den Parlamentsaus-
schüssen sowie der massiven Geldzahlungen zu kommen,
die vom Präsidenten an die Abgeordneten für von ihnen
vorgeschlagene Projekte in ihren Wahlbezirken jährlich aus
dem nationalen Haushalt angewiesen werden. Neben den
Wahlkreisabgeordneten wurden mehr als 40 weitere Abge-
ordnete von Parteienlisten so genannter marginalisierter
Bevölkerungsgruppen nach Proportionalverfahren gewählt.
Insgesamt waren seitens der staatlichen Wahlkommission
mehr als 160 solcher Parteilisten „marginalisierter‟ Bevöl-
kerungsgruppen zur Wahl zugelassen worden, jede konnte
maximal zwei Vertreter im Kontingent der Parteilisten in
den Kongress entsenden. Diese Parteilisten wurden vielfach
von Politikern der Oligarchie als Sprungbrett ins Parlament
genutzt, die aus irgendwelchen Gründen in ihren eigenen
Parteiorganisationen nicht aufgestellt werden konnten,
darunter der Sohn von Präsidentin GMA als Vertreter der
„Wachmänner-Partei‟.
140 KAS AUSLANDSINFORMATIONEN 9|2010
Perspektiven
Es hat sich gezeigt, dass viele sehr konkrete Erfahrene philippinische Christdemo-
und in der philippinischen Öffentlichkeit kraten bezeichnen es inzwischen als
ihren größten Fehler, den Aufbau
durchaus wahrgenommene Initiativen inlän- einer programmorientierten, Mitglie-
discher wie auch ausländischer Akteure zur der-basierten Partei nicht ernsthaft
betrieben zu haben. Es führt kein
Reform dieser Systemschwächen leer laufen,
Weg daran vorbei, damit jetzt syste-
weil es keine organisierte philippinische matisch und ernsthaft zu beginnen.
politische Kraft gibt, die diese Reformen mit
Nachdruck im politischen Tagesgeschäft verfolgt. Dies wäre
naturgemäß Aufgabe zentristischer politischer Parteien,
die angesichts des weiterhin sehr lebendigen christlichen
Wertefundaments in der philippinischen Gesellschaft sehr
gute Existenzbedingungen hätten.
Tabelle 1
Das Wahlergebnis für den Senat: Die Kongresswahlen
2010 und 2006 im Vergleich2
Partido Social de 20
2.804.123 25,17 28 1.642.256 17,49
Unidad Nacional (29)
Partido 18
2.298.748 20,63 22 1.514.960 16,13
Conservador (22)
15
Cambio Radical 888.851 7,98 8 1.254.294 13,36
(12)
Polo Democrático
848.905 7,62 8 914.964 9,74 11
Alternativo
Partido de Inte-
907.468 8,14 9 — — —
gración Nacional
34
Tabelle 2
Das Wahlergebnis für die Abgeordnetenkammer: Die
Kongresswahlen 2010 und 2006 im Vergleich
Partido Social de 29
2.230.914 25,42 45 1.244.835 o.A.
Unidad Nacional (40)
Partido 29
1.886.965 21,50 36 1.297.787 o.A.
Conservador (33)
21
Cambio Radical 669.830 7,63 12 824.073 o.A.
(17)
Polo Democrático
482.685 5,49 4 442.607 o.A. 7
Alternativo
Partido de Inte-
506.139 5,76 12 — — —
gración Nacional
Mockus gilt als autoritär und zeigt Die Stärke des Kandidaten Mockus lag
keinerlei Berührungsängste mit dem geraume Zeit in seiner Fähigkeit, Unverein-
Thema der „demokratischen Sicher-
heit‟. Gleichzeitig werden ihm von der bares zusammenzuführen und Schwächen in
Linken positive Attribute zugerechnet. Stärken zu verwandeln. So wird Mockus eher
verbunden mit einer „rechten Agenda‟. Er hat
sowohl die Universidad Nacional als Präsident wie Bogotá
als Bürgermeister mit harter Hand regiert. Der Partido
Verde hat als erste Partei das Thema „urbane Sicherheit‟
auf die Tagesordnung gesetzt. Mockus gilt als autoritär
und zeigt keinerlei Berührungsängste mit dem Thema der
„demokratischen Sicherheit‟: „Wenn ich die FARC wäre,
würde ich zu Uribe rennen und verhandeln, denn was
nach Uribe kommt, ist noch schlimmer für sie‟, so Mockus.
Gleichzeitig werden ihm von der Linken bestimmte positive
Attribute zugerechnet. So gilt Mockus trotz seiner bishe-
rigen politischen Laufbahn noch immer als „Outsider‟ oder
„Unabhängiger‟. Er sammelte alle „Antis‟ und eröffnete
sich Zugänge zu traditionellen Enthaltungswählern.
Tabelle 3
Die Ergebnisse des ersten Wahlgangs und der
Kongresswahlen im Vergleich
Präsident- Kongresswahlen
schaftswahlen am 14.03.20109
am 30.05.20108
Kandidat (Partei) Stimmen in % Stimmen in %
Santos
6.758.539 46,56 2.804.123 25,17
(Partido de la U)
Mockus
3.120.716 21,49 531.293 8,14
(Partido Verde)
Vargas Lleras
1.471.377 10,13 888.851 7,98
(Cambio Radical)
Petro
1.329.512 9,15 848.905 7,62
(Polo Democrático)
Sanín
892.323 6,14 2.298.748 20,63
(Partido Conservador)
Pardo
636.624 4,38 1.763.908 15,83
(Partido Liberal)
Calderon
33.924 0,23 95.157 o.A.
(Apertura Liberal)
Devia
32.080 0,22 — —
(La Voz de la Consciencia)
Araujo (Alianza Social
15.701 0,10 11.767 o.A.
Afrocolombiana)
89
Tabelle 4
Ergebnisse des ersten und zweiten Wahlganges
der Präsidentschaftswahlen
Santos
9.004.221 69,05 6.758.539 46,56
(Partido de la U)
Mockus
3.588.819 27,52 3.120.716 21,49
(Partido Verde)
Die Partei muss sich neu aufstellen. Erleichtert wird ihr dies
durch eine starke Präsenz im Kongress und in den Regionen.
Erschwert wird ihr dies durch ein geringeres Gewicht im
Gefüge der Unidad Nacional. Auch der PCC ist verzichtbar
geworden. Darüber darf die Beschwörung der tragenden
Rolle in der Uribe-Koalition nicht darüber hinwegtäuschen.
In den nächsten Jahren muss der PCC über eine Stärkung
seines programmatischen Eigenprofils sowohl der Partei
wie der Fraktionen in der Abgeordnetenkammer und dem
172 KAS AUSLANDSINFORMATIONEN 9|2010
Das beachtliche Ergebnis für den Polo hat nicht Ganz offensichtlich hat sich das Links-
zu einem unumstrittenen Führungsanspruch bündnis gespalten: Hier die linksfun-
damentalistischen Kader und dort eine
von Petro geführt. Vielmehr hat dessen nach gemäßigte, auf Kooperation und Koali-
der Wahl bekundete Bereitschaft, Santos in tion setzende Strömung.
den für den Polo zentralen Politikbereichen
wie zum Beispiel der Landfrage zu unterstützen, zu einer
offiziellen Desautorisierung und zu Spekulationen über
einen Parteiausschluss oder einen Austritt geführt.
9|2010 KAS AUSLANDSINFORMATIONEN 175