M IT T WOCH , 28.

JUL I 2 01 0 BÖRSEN/ANZEIGEN 17

Gouverneursrat schwächt Energie AG will Kapital um

Basel-III-Regeln ab
WIEN (SN). Die Proteste von Banken und na-
tionalen Aufsehern gegen die verschärften
Spielregeln für die Branche haben offenbar
gefruchtet. Der Gouverneursrat, das Auf-
sichtsgremium des Baseler Ausschusses,
schwächte am Montagabend in Basel einige
Elemente des Reformpakets ab, das von
Ende 2012 an eingeführt werden soll. Für
die österreichischen Großbanken – darun-
ter Erste Group und Raiffeisen – ist u. a. die
weitere Anrechnung von Minderheiten auf
das relevante Kernkapital ein wichtiges
Thema. Deutschland hat Bedenken gegen
die Beschlüsse angekündigt.
Die von EZB-Präsident Jean-Claude Tri-
chet angeführten Aufseher der Aufseher
Der weltgrößte Joghurt-Hersteller konnte außerhalb Europas kräftig zulegen. Bild: SN/DANONE versprachen, den Banken ausreichend Zeit
zu geben, um das geforderte Mehr an Ei-
genkapital aufzubauen. Das geht aus einer
Danone: Gedämpfte Nachfrage in Europa Mitteilung zu den unter dem Stichwort Ba-
sel III bekannten Reformen zur Stärkung
PARIS (SN). Der französische Nestlé-Rivale Danone hat im ersten Halbjahr mehr umgesetzt der Widerstandskraft des Bankensektors
sowie verdient. Der weltgrößte Joghurt-Hersteller schraubte zwar seine Umsatzziele für hervor. Beim Zeitplan für die Verabschie-
2010 nach oben, enttäuschte die Finanzmärkte am Dienstag aber mit einem stabilen Ge- dung des Reformpakets drückt der Baseler
winnausblick. Experten hatten mit einer erhöhten Prognose gerechnet, deshalb lag die Ausschuss auf das Tempo. Die mit Span-
Danone-Aktie am Nachmittag knapp vier Prozent im Minus. Der Hersteller von Milchpro- nung erwarteten Zahlen – etwa zu den
dukten wie Actimel und Evian-Mineralwasser warnte davor, die Wirtschaftskrise dämpfe künftigen Mindesteigenkapitalquoten – so-
weiter die Nachfrage in Europa. Zwischen Jänner und Juni stieg der operative Gewinn um wie die Übergangsfristen sollen von den
zwei Prozent auf 1,28 Mrd. Euro. Der weltweite Umsatz kletterte um sieben Prozent auf Aufsehern im September festgezurrt wer-
8,36 Mrd. Euro, wie Danone mitteilte. Dabei lag das Plus in Europa nur bei 1,7 Prozent. den.
200 Mill. Euro erhöhen
LINZ (SN, APA). Der oberösterreichische Lan-
desversorger Energie AG (EAG) peilt eine
Kapitalerhöhung in der Größenordnung
von 200 Mill. Euro an, um einige große Pro-
jekte rascher als geplant umsetzen zu kön-
nen. Nach einem Bericht der „Oberöster-
reichischen Nachrichten“ prüft das Land
derzeit, ob es seinen Anteil daran mit einer
Anleihe finanzieren kann.
600 Mill. Euro an anstehenden Investi-
tionen wären mit einer Kapitalerhöhung in-
nerhalb der kommenden drei bis fünf Jahre
möglich. Ohne frisches Geld wäre das nur
in einem Zeitraum von sieben bis zehn Jah-
ren zu bewerkstelligen. Konkret soll es um
die Errichtung eines Pumpspeicherkraft-
werks in Ebensee, die Beteiligung an den
Gasspeichern „Seven Fields“ sowie die Er-
neuerung des Stromnetzes und des Kraft-
werks Riedersbach gehen. Generaldirektor
Leo Windtner würde gern sofort investie-
ren, „weil die Baupreise jetzt günstig sind“.
Das Land Oberösterreich, das gut 52
Prozent an der EAG hält, prüft derzeit, wie
man eine eventuelle Kapitalerhöhung fi-
nanzieren könnte. Möglich wäre eine An-
leihe – nach dem Vorbild des Bundes, der
diese Vorgangsweise bei der strittigen Ka-
pitalerhöhung für den Verbund ins Auge
fasst.

GAST KOMMENTAR

Jean-Claude Trichet auf dem Holzweg

EZB-Präsident Jean-Claude Trichet
hat in der Krise eine ruhige Hand
bewiesen. Jetzt biegt er falsch ab.
MARKUS SCHULLER
Dem Präsidenten der Europäischen Zentral-
bank, Jean-Claude Trichet, gebührt für seine
Übersicht, analytische Klarheit und ruhige
Hand seit Ausbruch der Rezession Lob. Doch
nun biegt er falsch ab, um die europäischen
Sparprogramme zu verteidigen. Erst jüngst
ermahnte Trichet die Regierungen wieder,
ihre Budgets zu sanieren, weil damit das Ver-
trauen der Konsumenten und Investoren ge-
stärkt und das wiederum das Wirtschafts-
wachstum beschleunigen werde. Wenn dies
geschieht, also Sparpakete geschnürt werden,
so lautet die Logik des EZB-Präsidenten,
steigen also Binnennachfrage und jene nach
Staatsanleihen. Herr Trichet, Ihre Logik ist
falsch. Weder Europa noch die USA leiden
an zu geringem Konsumenten- beziehungs-
weise Investorenvertrauen.
Woran mangelt es also? An der tatsächli-
chen Nachfrage der Konsumenten. Die US-
Verbraucher leiden weiterhin unter ihrer
Überschuldung, die sie verständlicherweise
nur langsam abbauen können. In Kontinen-
taleuropa wurden die privaten Konsumenten
während des letzten Konjunkturzyklus aus-
gehungert. Im Vergleich zu 1990 verdienen
viele Menschen in Deutschland heute weni-
ger, die tragende Mittelschicht wird aufgerie-
ben (siehe dazu den Gehaltsreport des
„Stern“/Einkommensstudie von „Die Zeit“).
Zwar wurde unter dem Schlagwort Lohn-
zurückhaltung in Ländern wie Deutschland
und Österreich die Wettbewerbsfähigkeit
kurzfristig gestärkt. Dennoch kann ohne
nachfragestimulierte Binnenkonjunktur und
eine strukturelle Verbesserung der Wettbe-
werbsposition (Bildung, Verwaltung, und
vieles mehr) keine nachhaltige Erholung er-
wartet werden.
Der starke Exportbeitrag zur Erholung ist
ein Qualitätsmerkmal einer Volkswirtschaft
und daher nicht zu verurteilen. Die Politik
muss sich aber darüber im Klaren sein, dass
sie sich gegenwärtig in die Abhängigkeit der
Konjunkturentwicklung in den aufstreben-
den Märkten begibt. Diese haben allerdings
selbst große Hausaufgaben zu erledigen.
Dementsprechend volatil kann deren Wachs-
tum verlaufen. Zudem werden die deflatio-
nären Tendenzen in Europa und in den USA
unterschätzt. Wenn nicht wieder massiv die
Bilanzen der Notenbanken in Anspruch ge-
nommen werden sollen, dann muss die Poli-
tik jetzt mit nachfragestimulierenden Struk-
turreformen gegensteuern.
An dieser Stelle wird oft die durchaus be-
rechtigte Frage gestellt, wie diese Stimuli
denn finanziert werden sollen. Gegenfrage:
Welches Szenario kommt eine Volkswirt-
schaft teurer? Der Rückfall in eine Rezession
(oder im schlimmsten Fall sogar in eine De-
pression) oder ein Stimulus in der beschrie-
benen Weise? Die Antwort liegt auf der
Hand. Beide Wege würden derzeit über eine
höhere Staatsverschuldung finanziert. Mar-
tin Wolf, Kommentator der „Financial
Times“, verwies kürzlich auf die weltweit
vorhandenen Liquiditätspolster und die wei-
terhin gut verkäuflichen Staatsanleihen. Un-
terstützenswert ist auch der Vorschlag des
Ökonomen Dieter Wermuth für mutige Poli-
tiker, die eine vertiefte EU-Integration über
gemeinsame Anleihen vorsieht. Eine ver-
bindliche Euroland-Finanzpolitik ist lang
überfällig. Spielraum zur Finanzierung ist
vorhanden. Es ist Zeit zu handeln.
Markus Schuller, Ex-Hedgefonds-Manager, leitet
die 2009 gegründete Panthera Solutions. Sie berät
Finanzinstitute bei alternativen Investments.

NE-Metalle FINANZEN KOMPAKT

Auf- und Abschläge für Nichteisen-Metallgusserzeugnisse in Euro teilte das Conference Board mit.
pro Kilogramm (in Klammer für Umschmelzlegierungen), gültig ab USA: Vertrauen der
Der Rückschlag war stärker als er-
31. August 2010:
Legierungsgr. I Messing plus 4,64 Euro/kg Konsumenten sinkt wartet: Volkswirte hatten zuvor
Legierungsgr. II Rotgusslegierungen plus 6,70 Euro/kg WASHINGTON (SN, dpa). Schlech- mit einem Rückgang auf lediglich
Legierungsgr. III Zinnbronzen plus 7,82 Euro/kg
Legierungsgr. IVa Bleibronzen plus 6,51 Euro/kg te Nachricht für die US-Wirt- 51,0 Punkte gerechnet. „Die Kon-
Legierungsgr. IVb Alu-Bronzen plus 5,20 Euro/kg schaft: Im Gegensatz zu deut- sumenten werden weiterhin im-
Legierungsgr. V Feinzinklegierungen plus 1,68 Euro/kg schen Konsumenten betrachten mer pessimistischer, was die kurz-
Legierungsgr. VII Al 2 plus 3,51 (3,59) Euro/kg
Legierungsgr. VIII Al 3 plus 3,96 Euro/kg amerikanische Verbraucher ihre fristigen Aussichten betrifft“,
Legierungsgr. IX Al 4 plus 3,61 (3,59) Euro/kg Lage immer düsterer. Das Ver- meinte Lynn Franco, Chefin des
Legierungsgr. X Al 5 plus 4,17 Euro/kg
brauchervertrauen sank im Juli Conference Board. Die anhaltend
ABM-Notiz vom 27. August 2010: Kupfer: 642,10 Euro/100 kg.
(Mitgeteilt von der Buntmetall Amstetten Ges.m.b.H) auf den niedrigsten Wert seit hohe Arbeitslosigkeit von knapp
Metallnotierungen f. Kabel und isolierte Leitungen ab 27. 8. 2010: Dezember 2009. Der entspre- unter zehn Prozent werfe einen
130,-- (Kupfer), 100,-- (Aluminium), 50,-- (Blei); Notierung/100 kg: chende Index sei vom revidier- dunklen Schatten auf die Wirt-
612,67 (Kupfer), 245,38 (Aluminium), 184,42 (Blei); Zuschlag/100
kg: 482,676 (Kupfer), 145,38 (Aluminium), 134,42 (Blei); Zuschl. ten Juni-Wert von 54,3 Punkten schaft. Die Lage für den Einzel-
Euro/mm2 km: 20,6600 (Kupfer), 2,4725 (Aluminium). auf 50,4 Zähler abgerutscht, handel bleibe herausfordernd.