Sie sind auf Seite 1von 37

Einführung

in die
Grundgedanken
der
Elliott-Wave-
Theorie
und die
Grundlagen der
Elliott-Wave-
Analyse
Das Online-Kompendium versteht sich als Einführung in die Grundgedanken der Elliott-
Wave-Theorie und die Grundlagen der Elliott-Wave-Analyse und ist vor allem für interessierte
Newcomer geschrieben worden. Wir raten dringend davon ab, lediglich auf Wissensbasis dieser
Einführung Invesmententscheidungen zu treffen und verweisen auf die einschlägige Fachliteratur
zur Erarbeitung vertiefenden Wissens.

© elliottwave-investor.de, Dipl.-Kfm. Robert Bock 1999-2002


Verbreitung, Nachdruck, Vervielfältigung nur mit Einwilligung des
Verfassers

Stand: 05.08.2002

Quelle: http://www.elliottwave-investor.de/Research/Online-
Kompendium/online-kompendium.html

2
Inhaltsübersicht
n Auf der Suche nach dem "Stein
4
der Weisen"
n Fundamentalanalyse,
Einführung 5
Chartanalyse, Technische
Analyse und Elliott-Wave
Theorie
n Kurze Theoriegeschichte und 10
Grundlagen Protagonisten
n Grundidee und Grundprinzipien 11
n Basisschema eines Elliott- 15
Zyklus
Gesamtzyklus n Fraktale Struktur der Subzyklen 15
n Nomenklatur der 16
Zyklenbezeichnung
n Grundstruktur der Impulswellen 17
im Bull- und Bearmarket
Impulswellen
n Extensions, Double 18
Retracements
n Einfache Korrekturwellen im 20
Bull- und Bearmarket: Zigzag
und Flat mit Varianten
n Komplexe Korrekturwellen im 22
Korrekturwellen
Bull- und Bearmarket: Triangle,
Double Zigzag, Double- und
Triple Flat, Mixed Corrective
Formations
n Längenbeziehungen der 25
Basisregeln Wellen zueinander, Rule of
Alternation
n Anhaltspunkte zur 27
Fibonacci- Wellenzählung und -prognose
Relationen mit Hilfe von Fibonacci-Zahlen
und -verhältnissen
n Empfohlene Datengrundlagen 30
für die Elliott-Wave-Analyse
Datenbasis
n Relevanz von 31
Fundamentaldaten
n Kritische Betrachtung der 34
Kritik
Elliott-Wave-Theorie
n Empfehlenswerte Fachliteratur 37
Literaturtipps
zum Thema

3
Einführung
Auf der Suche nach dem „Stein der Weisen“

So alt wie die Börse, ist der Wunsch der Börsianer die Kurse der
Zukunft richtig zu prognostizieren. Ohne beim Leser übereilte und
verfehlte Erwartungen in die hier vorzustellende Elliott-Wave-Theorie
zu wecken, muß konstatiert werden: Bis heute ist dieser Traum
Wunsch geblieben, was auch gut so ist, denn die Kapitalmärkte
funktionieren nur und gerade weil unterschiedliche
Zukunftserwartungen bestehen. Eine Welt der sicheren Erwartungen
aller Marktteilnehmer würde zum Erliegen des Handels führen.
Risiko, das Entscheiden unter Ungewißheit, ist die Quintessenz
einer marktwirtschaftlich organisierten Wirtschaft.
Die Früchte einer zutreffenden Prognose der Entwicklung der
Kapitalmärkte sind indes sehr verlockend. Seit der Antike träumte der
Mensch vom Fliegen – und er konnte seinen Traum realisieren. Die
Alchimisten träumten von der Herstellung von Gold – und sie
scheiterten an der (wie wir heute wissen) chemischen
Elementeneigenschaft des Edelmetalls. Ob die Suche nach der stets
richtigen Wertpapierkursprognose jemals von Erfolg gekrönt sein
wird, das ist ungewiß und solange die theoretische Chance die
richtige Methode zu finden nicht zweifelsfrei ad acta zu legen ist, ein
stets aktuelles Thema für Wissenschaft und Praxis.
Die klassische, an den Hochschulen und im professionellen
Portfoliomanagement gängige Kapitalmarkt- und Portfoliotheorie,
die im wesentlichen von Markowitz, Sharpe, Mossin, Lintner, Tobin,
Black und Scholes entwickelt wurde, geht von dem Postulat
vollkommener, informationseffizienter Kapitalmärkte aus. Unter
den zugehörigen, sehr restriktiven Modellprämissen würde eine
Kursprognose nicht möglich sein, da die Märkte einem „Random-
Walk“ folgen würden, d.h. Kursausschläge wären in der Tat
zufallsbehaftet und somit nicht prognostizierbar.
Äquivalent mit der Random-Walk-Hypothese ist die Eigenschaft der
erzielbaren Kapitalmarktrenditen, daß diese als normalverteilt um
ihren Erwartungswert zu betrachten sind. Diese
Normalverteilungsannahme von Assetrenditen wurde in jüngerer
Zeit durch eine Reihe bemerkenswerter Studien, insbesondere von
Chaostheoretikern (wie insbesondere Edgar E. Peters, dessen
Arbeiten im Feld der Rescaled-Range-Analysis (R/S-Analyse) ich
sehr schätze) widerlegt.
Auch Vertreter der Behavioral Finance, einer am Paradigma des
nicht perfekt, sondern allenfalls begrenzt rational entscheidenden

4
Marktteilnehmers orientierte, aufstrebende Forschungsschule, kann
Widerlegungserfolge der „klassischen“ Theorie vorweisen. Auch
wenn noch keine wirklich in sich geschlossene „neue
Kapitalmarkttheorie“ existiert, so wird das theoretische Fundament
der Heerscharen von Analysten, Vermögensverwaltern und
Portfoliomanagern zunehmend brüchig und scheint nicht weiter
haltbar. Eine Erkenntnis, die so mancher unzufriedene Geldanleger
mit viel Lehrgeld bezahlen mußte und muß, der sein Vermögen in die
Hände von „Profis“ legt, die ihre systematische Geldvernichtung,
zudem oft völlig unkritisch, mit antiquierten Theorien rechtfertigen.
Von philosophischer Natur ist die Frage, ob es überhaupt so etwas
wie „Zufall“ (im statistischen Sinne) gibt, oder ob wir Menschen nicht
vielmehr sämtliche Phänomene, die aufgrund ihrer komplexen Natur
für uns „zufällig“ erscheinen, denen aber in Wahrheit eine
deterministische Struktur zugrundeliegt, vorschnell als „nicht
vorhersehbar“, „zufallsbehaftet“, oder „stochastisch“ einordnen, bis
uns der Schlüssel zur Dechiffrierung des Musters eines Tages in die
Hände fällt.
Sollte also die Random-Walk-Hypothese falsch sein, bedeutet dies
nichts anderes, als daß Wertpapierkurse im Zeitablauf nicht
zufällig entstehen sondern einem, wenn auch komplizierten Muster
(im Sinne eines hochgradigen Markov-Prozesses) folgen, dessen
mathematische Struktur aber augenscheinlich so komplex ist, daß die
Konstruktion einer „Formel“ zum gegenwärtigen Stand der
Wissenschaft noch nicht gelungen ist und vielleicht, auch trotz des
Einsatzes künstlicher Intelligenz (z.B. Neuronale Netze, genetische
Algorithmen, u.a.m.) auch nie gelingen wird.
Der folgerichtige Schluß aus der Random-Walk-Hypothese, daß
Wertpapierkurse nicht prognostizierbar sind, wurde und wird von den
Börsianern der Welt in der Hoffnung auf das „Vielleicht“ verdrängt
und negiert, so daß zahllose, mehr oder minder seriöse, Modezyklen
unterliegende Ansätze der Kursprognose miteinander im Wettstreit
stehen und Hobbyanleger wie Profis mitunter in Gier, Verzweiflung
und Ruin stürzen.

Fundamentalanalyse, Chartanalyse, Technische Analyse


und Elliott-Wave-Theorie

Es tummeln sich Astrologen, die Horoskope für Unternehmen und


festverzinsliche Wertpapiere erstellen, hier wird aus dem Ergebnis
des Superbowl im American Football auf die Tendenz an der
Wallstreet geschlossen, anderswo beobachtet man den Preis eines
Big Mäc, um Schlüsse auf die künftige Verfassung der Weltbörsen
zu ziehen oder orakelt, wie weiland die Seher der Antike über den
5
Eingeweiden von Vögeln, über der Dicke der Aktentasche des
amerikanischen Notenbankpräsidenten. Besonders peinlich für die
hochbezahlte Schar von Portfoliomanagern sind, zugegeben,
zynische Experimente des Wallstreet Journal, Affen mit
Dartpfeilwürfen auf Kurszettel Portfolioallokation betreiben zu
lassen; mit dem Ergebnis, daß die Primaten die Investmentprofis mit
Ihrer Performance deutlich abhängen. Ein eigenes Kapitel wert wären
die je nach Erfolg wechselnden Mode-Gurus (z.B. Lynch, Buffett,
Kostolany, Soros, Prechter, Garzarelli, Thieme, Prior, etc.) deren
Ruhm und Verehrung meist nur eine kurze Halbwertzeit beschieden
ist und oft lediglich von einer selffullfilling prophecy und dem Strom
desorientierter Börsenlemminge getragen wird.
Als besonders seriöse Auguren des Reichtums gelten die Vertreter
der Fundamentalanalyse, eine Stufe darunter die Vertreter der
Chartanalyse („die Kaffeesatzleser“) und der Technischen Analyse.
Die Gemeinde der „Elliott-Waver“ (die Bezeichnung „Gemeinde“ ist
hier bewußt vielsagend zu verstehen) ist im allgemeinen Ansehen
irgendwo zwischen den Astrologen und den Chartanalysten
anzusiedeln, sonnt sich also nicht gerade in einem allzu positiven
Image, insbesondere unter Anhängern der Random-Walk-Hypothese
und den Fundamentalanalysten, die ich oben als „Geldvernichter“
bezeichnet habe.
Fundamentalanalysten, durch massive Medienpräsenz, nicht
unbedingt durch überwältigenden Erfolg, zu den Vertretern der
derzeit herrschenden Lehre geworden, gehen von der Hypothese
aus, daß ein Unternehmen zu jedem Zeitpunkt einen wahren aber
unbekannten Wert besitzt. Der Börsenkurs liegt typischerweise über
oder unter diesem wahren Unternehmenswert. Nachrichten bewegen
Kurse. Die Fundamentalanalyse versucht nun, insbesondere durch
klassische Methoden der Jahresabschlußanalyse und unter
Zuhilfenahme makroökonomischer Rahmendaten (Top-Down- oder
Bottom-Up-Approach als Spielarten) unterbewertete und
überbewertete Unternehmen zu identifizieren. Cash-Flow, Kurs-
Gewinn-Verhältnis, Kurs-Buchwert-Verhältnis und andere
Kennzahlen dienen als Indikatoren für Kauf oder Verkauf.
Wie hoch oder tief das außer Rand und Band geratene
Börsenpublikum (siehe Internetaktien, Neuer Markt, Turbodyne,
Mobilcom) den Kurs einer Aktie über oder unter den „Fair Value“
treiben kann, darauf wird selten eine fundierte Antwort gegeben.
Wann das KGV zu hoch oder noch nicht hoch genug ist, auch hier
schweigt regelmäßig die Weisheit des Fundamentalanalysten. Wer
hat noch nicht die Analystenschar verflucht, die eine Aktie kurz vor
dem Absturz auf „strong buy“ hochgestuft und kurz vor einer
massiven Rallye zum Verkauf gestellt hat?

6
Mit pseudonationalökonomischen Phrasen verbrämte Mutmaßungen
von Trägern edler Garne füllen die Seiten von Börsenmagazinen und
die Sendezeit von Börsenshows und gaukeln dem naiven
Kleinanleger sakrosankte Allwissenheit vor, die meist früher oder
später von der Börsenrealität Lügen gestraft wird. So wie für den
Historiker der Zeitzeuge der größte Feind ist, so ist es für den
Fundamentalanalysten die Börse selbst.
Auch professionelle Börsenberichterstatter wie Markus Koch,
Friedhelm Busch, Raimund Brichta, Carola Ferstl oder ihre Kollegen
von CNBC fallen durch ihren penetranten Hang zum
Fundamentalansatz auf. Dies muß nicht verwundern, denn wie
sollten sonst rund um die Uhr die Sendeminuten gefüllt werden, als
mit vermeintlich kursbewegenden Nachrichten und deren Breittreten
in mehr oder weniger fruchtbaren Diskussionen.
Wer nimmt Friedhelm Busch noch ernst, der „es ja schon immer
gesagt hat“, daß die Kurse steigen oder fallen, fragt sich nur wann
und wem? Den Zuschauern seiner Börsenberichterstattung jedenfalls
liegt er seit elf Jahren mit Siemens in den Ohren, die wenig mehr als
ein Sparbuch für ihre Aktionäre erwirtschaftet haben. Wer hält sich
nicht, geplagt von psychischen Schmerzen, die Ohren zu, wenn
Kursrückgänge mit "Gewinnmitnahmen" oder "es waren keine Käufer
da" (ein unbeschreiblicher Blödsinn!), Kurssteigerungen mit den
"guten Vorgaben der Wallstreet" oder "trotz der schlechten
Vorgaben..." begründet werden?
Welcher seriöse Vertreter der "Nicht-Fundamentalanalysen", kommt
nicht in Rage, wenn Herr Busch oder, noch schlimmer, Michael
Mross ihr gepflegtes Halbwissen auf dem ihnen offensichtlich
fremden Terrain mit spöttischem Grinsen zum Besten geben? Gibt es
vertrauenswürdige Statistiken, die Auskunft darüber geben, wieviele
Zuschauer von n-tv oder CNBC den Ton abstellen, um nur das
Laufband, die einzig wirklich gehaltvolle Börseninformation beider
Sender, zu betrachten?
Wem ist schon aufgefallen, daß "unsere" Börsenjournalisten die
"Elliott-Waver" bevorzugt dann aus ihrem Kämmerlein der ansonsten
berichterstatterischen Nichtexistenz hervorziehen, wenn die Kurse
purzeln und die Fundis zunehmend ratloser und schwitzend mit den
Schultern zucken, von einem Markt brabbelnd, der eben "zu hoch
gestiegen war", was beinahe jeder dieser "Experten" im Nachhinein
schon lange gesagt haben will (unerklärlicherweise leider nicht, wenn
man sie danach gefragt hatte)?
Übertroffen wird diese Gepflogenheit allenfalls dadurch, daß nach
hinreichender Dauer einer Baisse, und erst wenn zunächst Roland
Leuschel und dann die Elliott-Waver (in dieser Reihenfolge)
kommentieren durften, dann sogar Börsenastrologen in der

7
Telebörse ihren Nonsens zum Besten geben dürfen und der Einfluß
des Saturn auf Börsenkurse ohne Furcht vor einer Einweisung in eine
geschlossene Anstalt in der Öffentlichkeit thematisiert werden darf... .
Kein Wunder, nebenbei bemerkt, wenn interessierte Laien den
Eindruck bekommen, daß die Elliott-Wave-Theorie ein Spielzeug für
halbseriöse Pessimisten ist.
Was wird passieren, wenn einmal ein richtig massiver,
langandauernder Bärenmarkt seinen Lauf nimmt? Ich wette, dann
werden - als ultima ratio nach Erschöpfung aller bewährten Orakel -
phillipinische Wunderheiler zu Friedhelm Busch ins Marktgespräch
eingeladen und legen ihre heilenden Hände auf die Kurstafel oder
einen Xetra-Schirm... .
Erstaunliche Auflagen erzielen die wieder und wieder aufgekochten
Anekdoten eines André Kostolany (der nicht als reinrassiger
Fundamentalist, sondern eher als "dilletierender Behaviorist" gelten
kann), dessen Börsenweisheit sich mit der Erkenntnis „Kaufe, wenn
die Aktien niedrig stehen und verkaufe, wenn sie hoch stehen“ auf
den Punkt bringen läßt. Die Weisheit seiner Jahre bewies er darin,
nie konkret eine Aktie zu empfehlen, um sich so nicht dem (oft
fatalen) Fauxpas Nummer Eins eines Börsengurus auszusetzen: Der
Fehlprognose.
Gerademal eine Handvoll von Fondsmanagern schafft es mit
Fundamentalanalyse nachhaltig ihre Benchmark zu schlagen und
läßt sich ihre verbriefte Inkompetenz auch noch aufs fürstlichste
vergüten.
Die Chartanalyse geht davon aus, daß sämtliche kursrelevanten
Nachrichten im Chart eines Wertpapiers enthalten sind und der
Kursentwicklung Muster zugrunde liegen, die sich in der Zukunft
wiederholen werden. Mittels Trendkanälen, Unterstützungs- und
Widerstandszonen und allerhand anderer dubioser Formationen wie
Wimpel, Flaggen, Doppeltops, Untertassen und Schulter-Kopf-
Schulter-Formationen versucht der Chartist markante
Trendumkehrpunkte zu antizipieren. Nach dem Credo: „The trend is
your friend“ bleibt ein Trend so lange bestehen, bis er zu Ende geht.
Diese Tautologie hat Anhängern der Chartanalyse schon
unermessliche Summen gekostet. Wer allerdings den n-tv-Chartguru
Dr.Schulz rechtzeitig als Kontraindikator verwendet hat, der könnte
seine Vermögensposition ansehnlich verbessert haben.
Die Technische Analyse, verwandt mit der Chartanalyse, betrachtet
nicht den Chart einer Aktie an sich, sondern berechnet u.a. aus den
historischen Kursen vielerlei statistische Maßzahlen, die in
Kategorien wie Oszillatoren, Trendfolger, Trendbestätigungs-,
Trendintensitäts-, Volatilitäts- und Umsatzindikatoren eingeteilt
werden. Mit Relativer Stärke, Moving Average und Advance Decline

8
beispielsweise, versucht man optimale Ein- und Ausstiegssignale
zu erhalten. Problematisch ist dabei, daß nicht selten die Indikatoren
in unterschiedliche Richtungen zeigen und der technische Analyst so
schlau ist wie vor seiner Analyse. Angeblich gibt es nicht wenige
Techniker, die froh sind, wenn ihre Modelle nur 49% Fehlsignale
generieren... .
Nachdem ich an den drei führenden Kursprognoseansätzen kein
gutes Haar gelassen habe, wird der Leser nun erwarten, daß die
Elliott-Wave-Theorie in meiner Auffassung den "Stein der Weisen"
verkörpern wird. Doch auch die Elliott-Wave-Theorie ist nicht frei
von Problemen und Fehlinterpretationsfallen, die jedoch m.E.
weniger systemimmanent sind wie bei den drei Klassikern, als
vielmehr durch unzulässige Anwendung von Halbwissen und
verfrühtes Handeln im Markt auf den bloßen Verdacht hin, die
„richtige“ Wellenstruktur decodiert zu haben hervorgerufen werden.
Elliott-Wave-Dilettanten in den Medien tragen oft das ihre zur
Diskreditierung dieses faszinierenden Ansatzes bei.
Die größte Verwandtschaft weißt die Elliott-Wave-Theorie mit der
Chartanalyse auf, geht aber in ihrer Tiefe und ihrer theoretischen
Abgeschlossenheit um vieles weiter und wird zudem in einigen
Aspekten von jüngsten Erkenntnissen der Chaosforschung bestätigt.
Die Theorie sollte, und dies ist mein dringender Rat, nur mit
Kapitaleinsatz angewendet werden, wenn man diese umfassend
studiert und ihre Prinzipien verinnerlicht hat, was aufgrund der
Komplexität der Theorie eine lange und harte Schule sein kann. Wer
diesen Rat glaubt vernachlässigen zu können, der sollte ein
großzügig bemessenes „Lehrgeldkonto“ in seiner
Wertpapierbuchhaltung einrichten (der Autor weiß wovon er redet!)
oder gute Kontakte zur Telebörse pflegen, um von Auftrittshonoraren
leben zu können. Das Studium dieser Einführung reicht zur
Wissensvervollkommnung unter keinen Umständen aus!
Stören mag den ein oder anderen nüchternen Börsianer, wie auch
mir, der Odor von Esoterik, den mancher Elliott-Waver (und Elliott
selbst) um die Theorie verbreiten und den vorhandenen
wissenschaftlichen Gehalt unverdienterweise in die Nähe des
Hokuspokus bringen. Ich versuche in dieser Einführung hiervon zu
abstrahieren und mich auf die börsenrelevanten Fakten zu
konzentrieren.
Die Elliott-Wave-Theorie stellt ein faszinierendes, komplexes und
äußerst flexibles Analyse- und Prognoseinstrument dar, die
denjenigen, den sie einmal gepackt hat, nur schwer wieder losläßt.
Aber warum auch, der Erfolg der überlegten Anwendung gibt ihr
recht.

9
Grundlagen
Kurze Theoriegeschichte und Protagonisten

In den Jahren 1932 bis 1934 beschäftigte sich der amerikanische

Buchhalter Ralph Nelson Elliott (1871 – 1948)

während der Rekonvaleszenz von einer schweren Krankheit mit


historischen Kursdaten des amerikanischen Aktienmarktes, speziell
mit dem Dow-Jones Industrial Average, und machte dabei eine
Entdeckung, die ihn über seinen Tod hinaus berühmt gemacht hat:
Elliott entschlüsselte die Struktur von Kursbewegungen an
Aktienmärkten, die sich in einer rhythmischen Abfolge von Wellen
(den „Elliott-Wellen“) in der Zeit entwickeln.
Charles Dow, ein ebenso wie Elliott heute noch prominenter
Vorläufer der Elliott-Wave-Theorie, hatte bereits vor ihm eine
deterministische Struktur der Kursabfolge, die als Dow-Theorie
bekannt wurde entwickelt, die auch Elliott bereits bekannt war.
Der besonderer Verdienst Elliotts ist in der Entdeckung zu suchen,
daß sich Aktienmärkte in zyklischen, fraktalen (selbstähnlichen),
auf verschiedenen Betrachtungsskalen verschachtelten
Musterabfolgen im Zeitablauf entfalten. Akribische Arbeit leistete
Elliott ferner in einer erschöpfenden Identifikation, Klassifikation und
Beschreibungen der unterschiedlichen Wellenmuster, die er 1938
erstmals in seinem ersten Buch „The Wave Principle“ veröffentlichte.
Eine Verfeinerung erfuhr seine Theorie durch seine Entdeckung der
Relevanz der Fibonacci-Zahlenreihe für den Aktienmarkt. Eine Reihe
erstaunlich punktgenauer Prognosen verhalfen dem schon
siebenundsechzigjährigen zu einer schnellen Berühmtheit an
Wallstreet, die er durch eine Darstellung seiner Theorie in einer
Artikelserie in der Financial World (1939) und das Kondensat seines

10
theoretischen Vermächtnisses, dem sehr esoterisch wirkenden Buch
„Nature’s Law – The Secret of the Universe“ (1946) ausbaute.
Nach Elliott’s Tod führten insbesondere A. Hamilton Bolton, A.J. Frost
(Foto rechts) und Robert R. Prechter (Foto links)

die Arbeiten Elliott’s fort und leisteten zum Teil selbst eigene kleinere
Verbesserungsbeiträge zum Theoriegebäude. Prechter erlangte mit
einer Reihe erstklassiger langfristiger Prognosen in den achziger
Jahren Gurustatus und führte die Elliott-Wave-Theorie zu neuer
Popularität, verschwand aber nach einer dramatischen Fehlprognose,
er prognostizierte nach 1987 einen weiteren, noch massiveren Crash
und wurde vom größten Bullmarket der jüngeren Zeit widerlegt, in der
Versenkung und fristet seither das Schicksal eines
Weltuntergangspropheten.
Im Gegensatz zur Technischen Analyse versuchte Elliott nicht
Handlungsanweisungen im Sinne eindeutiger Ein- und
Ausstiegssignale zu geben. Diesbezüglich erweiterte Robert Fischer
das Instrumentarium der Elliott-Wave-Theorie erheblich.
Dogmengeschichtlich kann Elliott’s Arbeit gar nicht hoch genug
eingeschätzt werden. Die Theorie ist in sich weitestgehend
geschlossen und scheint, wie die Arbeit seiner Epigonen zeigt, kaum
mehr verbesserungsfähig. Ein Platz in der Hall of Fame der
Kapitalmarktanalyse sollte Elliott sicher sein.

Grundidee und Grundprinzipien

Die Elliott-Wave-Theorie geht davon aus, daß der Kursentwicklung


an Wertpapiermärkten eine Struktur fraktaler, selbstähnlicher
Muster endlicher Anzahl zugrundeliegt, die sich im Zeitablauf in
ihrer Grundstruktur zyklisch, ohne konstante Periodizität
wiederholen. Dies heißt implizit, daß massenpsychologisches
Verhalten, wie es auf Kapitalmärkten typischerweise anzutreffen ist,
Mustern folgt und somit als teilweise determiniert betrachtet werden
kann.
Diese Grundidee, die durch empirische Studien Elliott’s gewonnen
wurde, wird heute durch Erkenntnisse der Chaosforschung
untermauert. Der Vater der modernen Chaostheorie Benoit

11
Mandelbrot analysierte Phänomene der Natur, entdeckte und
beschrieb die dort vielfach anzutreffende fraktale Struktur und
formulierte das Prinzip der Selbstähnlichkeit als Ordungsstruktur des
Kosmos mathematisch. Peters entdeckte chaotische, fraktale
Strukturen im Kapitalmarkt ohne direkten Bezug auf die Elliott-Wave-
Theorie zu nehmen. Auch die nationalökonomische
Konjunkturtheorie kennt die Idee von Zyklen im
Wirtschaftsgeschehen, wie z.B. in den Arbeiten von Kontratieff und
Schumpeter.
Von der Grundidee her ähneln sich demnach Chartanalyse,
Technische Analyse und Elliott-Wave-Theorie. Allerdings ist nur die
Elliott-Wave-Theorie in der Lage, künftige, auch langfristige
Formationsabfolgen mit einem Horizont bis zu mehreren Jahrzehnten
vorherzusagen, was einen entscheidenden Vorteil für den Anwender
darstellt. Zahlreiche „Fetische“ der Chartanalyse, wie z.B. die
Schulter-Kopf-Schulter-Formation, Wimpel und Flaggen oder das
Doppeltop, wie auch Widerstands- und Unterstützungszonen sind
kompatibel mit der Elliott-Wave-Theorie, werden von dieser allerdings
besser erklärt. Insofern ist die Elliott-Wave-Theorie im Sinne des
kritischen Rationalismus eines Karl Popper der klassischen
Chartanalyse als Theorie überlegen.
Wenngleich die Aussagen der Elliott-Wave-Theorie grundsätzlich
unabhängig von einer zeitlichen Konstante sind, so sind die
Prognoseergebnisse bei mittel- und langfristigen Analysen präziser
als auf Grundlage von Intradaykursen. Diese Erfahrung deckt sich mit
Erkenntnissen der Chaosforschung, die ebenfalls zum Ergebnis
kommt, daß sich die Struktur des Makrokosmos zwar im
Mikrokosmos fraktal widerspiegelt, dort allerdings partiell von
„Noise“, chaotischen Strukturen, überlagert wird.
Elliott unterscheidet Zyklen unterschiedlicher Ordnung, deren Länge
von mehreren Jahrhunderten bis zu wenigen Minuten reichen und
sich in Ihrer Struktur ähneln, ineinander verschachtelt sind.
Ein kompletter Grundzyklus (gleich welcher Betrachtungsordnung)
besteht aus 2 Basiswellen, einer Impulswelle und einer
Korrekturwelle. Die Impulswelle besteht - eine Stufe tiefer ins Detail
gehend - aus fünf Wellen, von denen drei aufwärts, zwei
abwärtsgerichtet sind, die Korrekturwelle aus drei Wellen, von denen
zwei abwärts, eine aufwärts gerichtet ist.
Während Impulswellen (vor allem im Bullmarket) relativ problemlos
zu handhaben sind, ergeben sich bei der Behandlung von
Korrekturwellen zum Teil erhebliche Schwierigkeiten, da eine Vielzahl
unterschiedlichster Korrekturformationen unterschieden werden, die
sich zu Beginn ihrer Entwicklung zum Teil gleichen und so die wahre
Natur einer Korrekturwelle nur schwer bzw. sehr spät fixiert werden

12
kann. Fehlprognosen unter Verwendung der Elliott-Wave-Theorie
entstehen zumeist durch Fehlinterpretationen von Korrekturwellen,
Verluste durch zu frühes Einsteigen in den Markt, bevor eine
Korrekturwelle eindeutig als abgeschlossen betrachtet werden kann.
Ein kompletter Zyklus besteht also aus insgesamt 8 untergeordneten
Wellen. Die Zahlen 1 (ein Zyklus), 2 (Impuls- und Korrekturwelle), 3
(Grundstruktur der Korrekturwelle), 5 (Grundstruktur der Impulswelle)
und 8 (Summe der Unterwellen der Impuls und Korrekturwelle)
stellen Bestandteile der Fibonacci-Zahlenreihe dar, die resultiert,
wenn man ausgehend von 0 und 1 das nächste Reihenglied durch
Addition der beiden vorhergehenden bildet: 0,1,1,2,3,5,8,13,21,34, 55
usw. .
Bildet man jeweils den Quotienten einer Fibonacci-Zahl mit ihrem
nachfolgenden Glied, so konvergiert dieser Quotient gegen den Wert
0,618, bildet man den Kehrwert, so resultiert die ebenfalls wichtige
Fibonacci-Relation 1,618. Dividiert man eine Fibonacci-Zahl durch
ihren übernächsten Nachfolger so konvergiert dieser Quotient gegen
0,382 (Kehrwert 2,618); eine Division durch den drittnächsten
Nachfolger führt zum Quotienten 0,236.
Diese Fibonacci-Relationen stellen häufig hervorragende Hinweise
für das Größenverhältnis einzelner Wellen zueinander zur
Verfügung und erlauben so im sich fortschreitenden Entwickeln einer
Welle Aussagen über voraussichtliche markante Wendepunkte im
Kapitalmarkt, z.B. das Kursziel von Aufwärtsbewegungen und
maximales Korrekturpotential bei Abwärtsbewegungen sowie das zu
erwartende Niveau von unteren Wendepunkten in der
Kursentwicklung.
Von der Grundidee her ist die Elliott-Wave-Theorie erst in zweiter
Linie als Prognoseinstrument, sondern vielmehr als Theorie zur
Analyse massenpsychologischer Phänomene konzipiert. Dies kommt
auch in der wichtigen Aussage zum Ausdruck, daß sich die
Wellenstruktur nicht in einer linear-konstanten zeitlichen Dimension
entfaltet. Dies bedeutet für den Anwender, daß zwar hervorragende
Prognosen für das Punkteausmaß einer Bewegung erstellt werden
können, Prognosen über den Zeitpunkt des Eintreffens eines
bestimmten Punktestandes aber nur unter Vorbehalt und mit sehr
großer Vorsicht zu befolgen sind.
Der Anwender sollte nicht den Fehler begehen, exakte
Punktprognosen, schon gar nicht in Intraday-Betrachtung
erstellen zu wollen. Ebenso setzt die Elliott-Wave-Theorie eine
große Marktbreite mit entsprechendem Umsatzvolumen im
zugrundeliegenden Titel voraus (siehe auch "Datenbasis"), da sich
sonst keine massenpsychologischen Effekte darstellen können. Die
Stärke der Elliott-Wave-Theorie liegt im Aufdecken des möglichen

13
Bevorstehens markanter mittel- bis langfristiger Wendepunkte im
Markt und der Eingrenzung möglicher künftiger Kursentwicklungen
auf eine überschaubare Zahl. Weisen sämtliche antizipierte
Wellenzählungen in eine Richtung, so kann man mit hoher
Wahrscheinlichkeit, ein adäquates Investment vorausgesetzt, mit
Gewinnen rechnen. Kaum zu unterschätzen ist auch das gute,
beruhigende Gefühl, daß aus dem „Wissen“ um die potentiellen
künftigen Marktentwicklungen entsteht, während die Anhänger der
Random-Walk-Hypothese mit der Stange im Nebel des Zufalls
stochern.
Summa summarum ist die Elliott-Wave-Theorie m.E. kein
perfektes, völlig fehlerfrei funktionierendes Werkzeug zur
Kapitalmarktanalyse und -prognose, aber das beste, die derzeit
existiert. Das größte Problem für den Novizen der Elliott-Wave-
Theorie besteht m.E. darin, für wahr zu nehmen, was sich vor seinen
Augen auftut, wenn er historische Kursentwicklungen unter dem
Blickwinkel Elliotts analysiert, die größte intellektuelle Hürde besteht
in der Fähigkeit, in Szenarien denken zu können. Wer, nach dem
Vorbild technischer Indikatorensysteme, auf narrensichere
Handlungsanweisungen hofft, der sollte sich gar nicht weiter mit der
EWT beschäftigen. Ohne geistige und analytische Flexibilität im
Abwägen von Szenarien wird man dem Handwerkszeug nicht Herr.
Nicht verschwiegen werden sollte auch, daß eine Prise Glück nicht
fehlen darf, will man frühzeitig das “richtige” Szenario erwischen.

14
Gesamtzyklus
Basisschema eines Elliott-Zyklus

Ein kompletter Zyklus besteht aus 2 Basiswellen, einer Impulswelle


und einer Korrekturwelle. Klassischerweise wird die Impulswelle des
Grundzyklus außerhalb der Elliott-Wave-Nomenklatur als
„Bullmarket“, die Korrekturwelle als „Bearmarket“ bezeichnet. Bitte
beachten Sie, daß die folgenden Grafiken als “idealisierende”
Beispiele zu verstehen sind.

Fraktale Struktur der Subzyklen

Die Impulswelle besteht - eine Stufe tiefer ins Detail gehend - aus
fünf Wellen,

von denen drei aufwärts, zwei abwärtsgerichtet sind, die


Korrekturwelle aus drei Wellen, von denen zwei abwärts, eine
aufwärts gerichtet ist.

Ist der Haupttrend der übergeordneten Kursbewegung aufwärts


gerichtet, so folgen Impulswellen der Richtung des Haupttrends
nach oben, Korrekturwellen im Bullmarket nach unten. Ist der
Haupttrend (im Bearmarket) nach unten gerichtet, so zeigen die
Impulswellen ebenfalls in Richtung des Haupttrends nach unten,
Korrekturwellen nach oben („Bearmarket-Rallye“).

15
Das Prinzip der Selbstähnlichkeit setzt sich bei einer Verlagerung
der Betrachtungsebene auf jeweils eine Impuls- und eine
Korrekturwelle im fünfgliedrigen Impulswellenzyklus fort (man blickt
quasi mit einer Lupe auf eine Impuls- und Korrekturwelle, im
nächsten Schritt mit einem Mikroskop), wie die linksstehende Grafik
illustrieren soll.
Die Grafik macht die Relevanz der Fibonacci-Zahlenreihe im
Zyklenaufbau deutlich: Die Anzahl der ineinander verschachtelten
Zyklen folgt streng den Fibonacci-Zahlen.

Nomenklatur der Zyklenbezeichnung

Je nach Betrachtungsebene der Zyklen unterscheidet man


verschiedene Zyklenkategorien:
n Grand Supercycle (höchste Kategorie, Dauer im
Jahrhundertbereich)
n Supercycle
n Cycle
n Primary
n Intermediate
n Minor
n Minute
n Minuette
n Subminuette (kleinste Kategorie, Tages- bis Intradaybereich)
Impulswellen werden zur Orientierung üblicherweise mit Zahlen,
Korrekturwellen mit Buchstaben beschriftet.

16
Impulswellen
Hinweis: Sämtliche Grafiken sind als idealtypische Skizzen zu
interpretieren!
Unter Impulswellen, manchmal auch als „motive waves“ bezeichnet,
versteht man in der Elliott-Wave-Theorie Wellen, die in Richtung
des vorherrschenden Haupttrends laufen: Im Bullmarket aufwärts,
im Bearmarket abwärts.

Impulswellen im Bullmarket:

Die Impulswelle eines Grundzyklus gliedert sich in fünf Wellen, drei


aufwärts (Welle 1, 3 und 5), unterbrochen von zwei Korrekturwellen
(Wellen 2 und 4).

Die Impulswelle im Bullmarket ist von allen Elliott-Formationen am


wenigsten problematisch, d.h. Fehlprognosen sind auch für den
geübten Anwendervermeidbar. Einzig das unten zu beschreibende
Phänomen der Extensions und Double Retracements stellt eine
gewisse Fehlinterpretationsquelle dar, insbesondere, wenn Welle 5
hiervon betroffen ist.
Drei zentrale Regeln sind bei der Indentifikation und korrekten
Zählung eines Impulszyklus strengstens zu beachten:
1. Welle 2, die Welle 1 korrigiert, endet immer über dem
Startniveau von Welle 1!
2. Welle 3 ist niemals die kürzeste Welle eines Impulszyklus, oft
aber die längste!

17
3. Welle 4 unterschreitet niemals das Top der Welle 1
Sollte bei der Zählung der Wellen eine oder mehrere dieser Regeln
verletzt sein, so ist die Zählung zu verwerfen und ein alternativer
Zählansatz zu wählen.
Von Regel 3 existiert nur eine Ausnahme: Das Leading Diagonal
Triangle, das als Welle 1 eines Impulses (und alls A einer A-B-C-
Korrektur) auftreten kann. In diesem Falle stoppt Welle 4 im
Kursbereich der Welle 2.
Die Rule of Alternation legt nahe, daß Welle 4 im Regelfall nicht
dem gleichen Korrekturwellentypus wie Welle 2 entspricht.

Failures:

Unter einem Failure versteht man, daß Welle 5 unterhalb oder am


des Top der Welle 3 schließt. Ein Failure kann sowohl im Bull- als
auch im Bearmarket auftreten und ist im Bullmarket sehr bearish, im
Bearmarket bullish zu werten. Failures sind häufig Ursache von
falschen Wellenzählungen, da Welle 4 dann als Teil der Welle A des
Bearmarkets interpretiert werden könnte.

Extensions:

Jede der Impulswellen (1,3, und 5) kann Objekt einer Extension sein.
D.h. die Impulswelle ist auf der jeweils niedrigeren
Betrachtungsebene nicht fünfgliedrig, sondern neungliedrig, und
entsprechend ungewöhnlich lang, was zu Fehleinschätzungen führen

kann.

Schließt sich an eine fünfte untergeordnete Welle eine nur kurze


Korrekturwelle (Welle 6) und anschließend eine weitere
Aufwärtswelle (Welle 7) an, so ist eine Extension der betreffenden
Impulswelle im Gange, die zwei weitere Wellen nach sich zieht.

18
Regelmäßig ist, wenn überhaupt, nur eine Impulswelle Gegenstand
einer Extension. Sollte Welle 1 extensieren, so kann man davon
ausgehen, daß Welle 3 und 5 normal fünfgliedrig verlaufen werden.

Double Retracements:

m Regelfall wird eine Extension durch ein Double Retracement


korrigiert, was im Falle einer Extension der Welle 5 mit hoher
Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist und zur Ausbildung eines
irregulären Tops führen kann.

Das Ende der fünften Welle wird dann als „Orthodoxes Hoch“
bezeichnet, das durch das zweite Retracement hervorgerufene, oft
über dem orthodoxen Hoch liegende Top als „Irreguläres Top“.
Im Falle einer Extension der Wellen 1 oder 3 wird das erste
Retracement zur Korrekturwelle (2 bzw. 4) und das zweite
Retracement zur Impulswelle 1 der Wellen 3 bzw. 5. Da dies selten
zu Zählfehlern führt, ist lediglich ein Double Retracement der Welle 5
problematisch.
Sollten weder Welle 1 noch Welle 3 Gegenstand einer Extension
gewesen sein, so ist bei der Bestimmung des Endes der Welle 5, und
damit dem optimalen Zeitpunkt short zu gehen, große Vorsicht
geboten, da eine Extension der Welle 5 mit einem anschließenden
Double Retracement und der Herausbildung eines Irregulären Top
nicht auszuschließen ist.

Impulswellen im Bearmarket:

Impulswellen im Bearmarket (im Falle einer dreiwelligen


Korrekturformation die Wellen A und C) sind nicht so
unproblematisch wie im Bullmarket, da unterschiedliche
Korrekturformationen existieren. Im Falle einer fünfwelligen
Unterwelle eines Bearmarkets gelten die Ausführungen für den
Bullmarket vice versa mit der Ausnahme, daß Impulswellen im
Bearmarket selten bis nie Gegenstand einer Extension und eines
Double Retracements sind. Diese Ausnahmen sind dem Bullmarket
vorbehalten. Ansonsten sei auf das Kapitel „Korrekturwellen"
verwiesen.

19
Korrekturwellen
Hinweis: Sämtliche Grafiken sind als idealtypische Skizzen zu
interpretieren!
Korrekturwellen, ob im Bullmarket (gegen den Haupttrend nach unten
gerichtet) oder Bearmarket (nach oben gerichtet), existieren in
vielfältiger Gestalt, die im weiteren in einfache, komplexe und
gemischte Typen kategorisiert werden sollen. Die hier dargestellten
Korrekturtypen sind nicht erschöpfend, es existieren weitere
verfeinerte Varianten. Ich verweise auf die Fachliteratur!
Da zu Beginn einer Korrekturwelle nicht mit Sicherheit gesagt werden
kann, welcher Typus sich entwickeln wird, meist erst kurz vor
Abschluß der Korrektur, oder erst in einer neuen Impulswelle
Sicherheit besteht, sind Fehlprognosen und Fehlinvestitionen hier
besonders häufig und die Erstellung alternativer
Wellenszenarien sind für den vorsichtigen Investor Pflicht.

Einfache Korrekturwellen im Bull- und Bearmarket

Einfache Korrekturwellen bestehen aus drei Wellen, die mit A, B und


C benannt werden.

Zigzag

Ein Zigzag besteht aus drei untergeordneten Wellen, von denen im


Bullmarket die Wellen A und C fünfgliedrig und abwärtsgerichtet sind
und Welle B dreigliedrig und aufwärtsgerichtet ist. Ein Zigzag weißt
also eine 5-3-5-Struktur auf. Im Bearmarket gelten die
Wellenrichtungen vice versa.
Zigzags treten oft als Welle 2 eines Bullmarkets auf und korrigieren
nicht selten nahezu die gesamte Aufwärtsbewegung der Welle 1,
häufiger auch 61,8% derselben als Anhaltspunkt. Zigzags können
auch als Bestandteil einer gemischten Korrekturformation auftreten
(siehe dort). Beginnt eine Korrektur mit einer fünfgliedrigen
untergeordneten Welle, dann steht fest, daß die Korrektur sich als

20
Zigzag weiterentwickelt (sofern keine langwierige gemischte
Formation entsteht, die mit einem Zigzag beginnt).

Flat

Ein Flat im Bullmarket als Welle 2 oder 4 weißt eine 3-3-5-Struktur


auf. Auf eine abwärtsgerichtete dreigliedrige Welle A folgt eine
ebenfalls dreigliedrige Welle B, die nahe an das Top der
vorangehenden Impulswelle (1 oder 3) herangeht und schließt mit
einer abwärtsgerichteten, fünfgliedrigen Welle C ab, die in der Nähe
des Tiefs der Welle A endet.
Ein Flat stellt also per saldo eine Seitwärtsbewegung des Marktes
dar. Von einem „Irregular Flat“ (manchmal auch „Running Flat“)
spricht man, wenn Welle B über das Top der vorangehenden
Impulswelle (1 oder 3) hinausgeht und Welle C deutlich oberhalb des
Tiefs der Welle A abschließt. In solche Irregualr Flats (der Name Flat
ist hier eigentlich irreführend) kann die c durchaus bis zu 2,618 mal
so lang sein, wie die a!
Im Bearmarket gelten die Richtungsaussagen vice versa. Klassische
Flats korrigieren oftmals 38,2% der vorangehenden Impulswelle und
können, wie Zigzags, Bestandteil gemischter Korrekturwellen sein.
Von einer dreigliedrigen Welle A kann nicht eindeutig auf ein
Flat geschlossen werden! Erst wenn Welle C sich fünfgliedrig
gestaltet, also sehr spät im Verlauf der Korrekturwelle, kann man
sicher sein, daß sich ein Flat im Abschluß befindet.

21
Komplexe Korrekturwellen im Bull- und Bearmarket

Triangles
Triangles treten in vielfältiger Gestalt, fast ausschließlich als Welle
4 auf und sind im Gegensatz zu den meisten Korrekturformationen
fünfgliedrig (A-B-C-D-E). Jede untergeordnete Welle ist
dreigliedrig, so daß eine 3-3-3-3-3-Struktur vorliegt.

Sobald und erst wenn Welle C sich als dreigliedrig herausstellt, kann
ein Flat ausgeschlossen und auf ein sich entwickelndes Triangle
gesetzt werden. Triangles können auch Element einer gemischten
Korrekturformation sein.

22
Im Bearmarket sind Triangles ebenso als Welle 4 fünfgliedriger
Impulswellen (z.B. in Welle A oder C eines Zigzag oder Welle C eines
Flat) möglich. Ergibt die Wellenzählung ein Triangle als Welle 2, so
ist großes Mißtrauen in die Zählung angebracht, obwohl dies nicht
auszuschließen ist. Triangles werden in der Chartanalyse als Wimpel
oder Flaggen mit der Aussage eingestuft, daß sich der vorangehende
Trend fortsetzen wird. Dies ist dem Elliott-Waver selbstverständlich.

Eine Besonderheit unter den Triangles ist das Ending Diagonal


Triangle, das als 5 eines Impulses (!) oder C einer
Korrekturformation auftrten kann. Tritt ein Ending Diagonal als 5
eines Impulses auf, so hat diese 5 statt der regulären 5-3-5-3-5-
Struktur, die triangletypische 3-3-3-3-3-Struktur.

Double Zigzag

23
Ein Double Zigzag besteht aus zwei kompletten Zigzags (Wellen A
und C), die im Bullmarket abwärtsgerichtet sind und mit einem Zigzag
als Welle B (aufwärtsgerichtet) verbunden werden. Im Bearmarket gilt
die Richtungsangabe wie bei allen weiteren Korrekturen vice versa.
Double Flat
Ein Double Flat besteht aus zwei Flats, (Wellen A und C), die durch
ein Zigzag als Welle B verbunden werden. Es resultiert also eine
siebenwellige Seitwärtsbewegung mit einer 3-3-3-3-3-3-3-Struktur.
Triple Flat
Ein Triple Flat besteht aus drei Flats, die durch zwei Zigzags
verbunden werden. Es resultiert also eine elfwellige
Seitwärtsbewegung mit einer 3-3-3-3-3-3-3-3-3-3-3-Struktur.

Gemischte Korrekturformationen
Gemischte Korrekturformationen entstehen aus der Kombination
mehrerer einfacher Korrekturwellen, wobei das dreiwellige A-B-C-
Prinzip erhalten bleibt. Zwei Beispiele sollen dies illustrieren:

Gemische Korrekturformationen treten häufiger auf der Ebene langer


Zyklen, meist als Welle 4 im Bullmarket auf. Wann immer der
Eindruck aufkommt, daß sich der Markt nicht elliottschematisch
24
zählen läßt, und tendenziell seitwärts läuft, sind die Chancen hoch, in
einer komplexen gemischten Korrekturformation zu stecken.

Interpretationshilfen

Beginnte eine Korrekturwelle mit einer fünfteiligen Welle A, ist diese


immer als Teil eines sich entwickelnden Zigzags, oder einer
übergeordneten Impulswelle zu werten. Alle anderen
Korrekturformationen beginnen dreigliedrig.
Korrekturwellen im Bearmarket (aufwärtsgerichtet), die ungewöhnlich
schwach ausfallen, deuten auf eine massive folgende Impulswelle
nach unten hin (vice versa im Bullmarket) Eine Korrektur eines
mehrmonatigen oder gar mehrjährigen Bullmarkets geschieht nicht in
wenigen Tagen oder Wochen! Sollte daher eine A-B-C-Korrektur in
einer im Verhältnis zum zeitlichen Ausmaß des Bullmarkets auffällig
kurzer Zeit beendet sein, so deutet dies eher darauf hin, daß diese
dreigliedrige Korrektur die Welle A einer übergeordneten,
ausgedehnteren A-B-C-Korrektur darstellt und eine Fortsetzung des
Bearmarkets zu erwarten ist. Hilfestellung können hier Fibonacci-
Zeitrelationen geben. Auf ein Triangle - im Bull- und Bearmarket -
folgt in der Regel ein massiver Ausbruch in die Richtung, die vor dem
Triangle den Trend bestimmte.

Basisregeln
Folgende Regeln müssen zum Teil zwingend beachtet werden, zum
Teil erleichtern sie im Zweifel die korrekte Wellenzählung bzw.
Einschätzung der künftigen Entwicklung:
n Ein Bullmarket ist frühestens nach Abschluß von fünf Wellen
beendet!
n Ein Bearmarket ist frühestens nach Abschluß von drei Wellen
beendet!
n Höchstens eine der Wellen 1, 3 und 5 ist Gegenstand einer
Extension im Bullmarket!
n Extensions im Bearmarket sind extrem unwahrscheinlich!
n Eine Korrekturwelle sollte mindestens 23,6% der Impulswelle
korrigieren
Drei zentrale Regeln sind bei der Identifikation und korrekten
Zählung eines Impulszyklus zu beachten:
Welle 2, die Welle 1 korrigiert, endet immer über dem Startniveau von
Welle 1!
Also: Unterschreitet Welle 2 den Startpunkt von Welle 1, so ist die
Zählung nicht korrekt.
25
Welle 3 ist niemals die kürzeste Welle eines Impulszyklus, oft aber
die längste!
Also: Ist Welle 3 kürzer (Punkteausmaß, nicht Zeit) als Welle 1, so
sollte man sich auf eine Welle 5 einrichten, die noch kürzer sein wird
als Welle 3. Erscheint Welle 3 als die kürzeste der Wellen 1,3 und 5,
so ist die Zählung sehr kritisch zu hinterfragen.
Welle 4 unterschreitet niemals das Top der Welle 1!
Eine Regel, auf die in der Literatur nicht eindeutig in dieser
Strenge verwiesen wird und häufiger Ausgangspunkt für
Diskussionen unter Wavern. Bei Elliott und Beckman heißt es z.B.,
daß Welle 4 das Tief der Welle 2 nicht unterschreiten sollte. Erst
Prechter führte meines Wissens diese Regel als “Muß-Regel” ein. Ich
empfehle zwar grundsätzlich die Einhaltung der strengen Form,
erinnere aber nochmals an die Ausnahme des Leading Diagonal
Triangle in der 1 eines Impulses bzw. A eines Zigzag. In jedem Falle
sollte man einem Wavecount mit einer 4/1-Überschneidung Skepsis
entgegenbringen und nach Alternativcounts suchen.

Die Rule of Alternation

Es ist höchst unwahrscheinlich, daß in einem Betrachtungszyklus


zwei gleichartige Korrekturformationen in Welle 2 und Welle 4
aufeinander folgen. Beispiele: Ist Welle 2 ein Zigzag, so stehen die
Chancen gut, daß Welle 4 ein Flat, Triangle oder eine gemischte
Formation werden wird. Ist Welle 2 eine scharfe Korrektur, so wird
Welle 4 eher eine Seitwärtsbewegung. Ist Welle 2 eine einfache
Korrekturformation, so sollte Welle 4 eher eine komplexe Struktur
aufweisen.
Die Rule of Alternation ist insbesondere für die Prognose von
wahrscheinlichen Korrekturmustern und deren Korrekturpotential
nützlich.

26
Fibonacci-Relationen
Im zwölften Jahrhundert entdeckte der italienische Mathematiker
Leonardo Fibonacci , dem wir auch die Einführung der arabischen
Zahlen als Ersatz für die unhandlichen römischen verdanken, eine
Zahlenfolge mit bemerkenswerten Eigenschaften, die von esoterisch
veranlagten Elliott-Wavern als die mathematische Struktur der
Harmonie des Kosmos interpretiert wird, da man auf Fibonacci-
Zahlen und -Relationen basierende Strukturen sehr häufig im Makro-
und Mikrokosmos (geometrische Strukturen in Galaxien und der
DNS), der Natur, in der Architektur (Pyramiden), Kunst und Musik,
aber auch in Kursbewegungen an Börsen als Spiegel
massenpsychologischen menschlichen Verhaltens finden kann.
Häufig ist im Zusammenhang mit Fibonacci-Relationen vom
"Goldenen Schnitt" die Rede.

Elliott und seine Epigonen stehen in Ihrer Auffassung, daß der


Kosmos einer, in mathematisch beschreibbaren Strukturen
beschreibbaren Ordnung konstruiert ist, eindeutig in der Tradition der
antiken Pythagoräer und des Positivismus der späten Aufklärung.
Dies kommt auch durch ein pythagoräischen Erkenntnissen
gewidmetes Kapitel in "Nature's Law" zum Ausdruck. Pythagoras,
den jedes Kind aus dem Geometrieunterricht kennt, brachte seine
philosophische Weltsicht mit der Aussage "Alles ist Zahl!" auf den
Punkt.

27
Grundlegende mathematische Eigenschaften der
Fibonacci-Zahlenreihe

Die Fibonacci-Zahlenreihe resultiert, wenn man ausgehend von 0, 1


und 1 das nächste Reihenglied durch Addition der beiden
vorhergehenden bildet: 0,1,1,2,3,5,8,13,21,34, 55, 89, 144, 233, usw.
.
Bildet man jeweils den Quotienten einer Fibonacci-Zahl mit ihrem
nachfolgenden Glied, so konvergiert dieser Quotient oszillierend
gegen den Wert 0,618:
o 1/2 = 0,5
o 2/3 = 0,666
o 3/5 = 0,6
o 5/8 = 0,625
o 8/13 = 0,61538
o 13/21 = 0,6190
o 21/34 = 0,6176
o 34/55 = 0,6182
o 55/89 = 0,6180
o 89/144 = 0,6181
usw.
Bildet man den Kehrwert (dividiert also eine Fibonacci-Zahl durch
ihren Vorgänger), so resultiert (in Konvergenz) die ebenfalls wichtige
Fibonacci-Relation 1,618.
Dividiert man eine Fibonacci-Zahl durch ihren übernächsten
Nachfolger so konvergiert dieser Quotient gegen 0,382 (Kehrwert
2,618); eine Division durch den drittnächsten Nachfolger führt zum
Quotienten 0,236 (sowie dessen Komplement zur 1: 0,764).
Zusammenfassend werden im Rahmen der Elliott-Wave-Theorie
folgende Relationen für besonders wichtig gehalten:
o 0,236
o 0,382
o 0,764
o 0,618
o 1,618
o 2,618
Manche Waver schreiben auch der 0,50 Bedeutung zu, was aber aus
den Fibonacci-Zahlen nicht herleitbar ist.
Diese Fibonacci-Relationen stellen häufig (nicht immer!)
hervorragende Hinweise für das Größenverhältnis einzelner Wellen
zueinander zur Verfügung und erlauben so im sich fortschreitenden
Entwickeln einer Welle Aussagen über voraussichtliche markante
Wendepunkte im Kapitalmarkt, z.B. das Kursziel von
Aufwärtsbewegungen und maximales Korrekturpotential bei
28
Abwärtsbewegungen sowie das zu erwartende Niveau von unteren
und oberen Wendepunkten in der Kursentwicklung zu treffen. Die
Verletzung bzw. der Bruch eines Fibonacci-Retracements ist aber
nicht als K.O.-Kriterium für einen Wavecount zu werten. Vielmehr
sollte man damit rechnen, daß der Kurs nach dem Bruch bis zum
nächsthöheren Retracement steigen wird.

Ausgewählte Anwendungen der Fibonacci-Zahlenreihe


und -Relationen in der Elliott-Wave-Theorie

Längenverhältnisse (Punkteausmaß) von Elliott-Wellen


• Welle 3 ist oftmals 1, 1,618 oder 2,618 (im Falle einer Wave-3-
Extension) mal so lang wie Welle 1 einer fünfwelligen Impulswelle.
• Entspricht Welle 3 dem 1,618- oder 2,618-fachen der Welle 1, so
ist es wahrscheinlich, daß Welle 5 der Länge der Welle 1 entspricht.
• Die Korrekturwellen 2 und 4 korrigieren häufig das 0,236-, 0,382-
oder 0,618-fache ihrer vorausgehenden Impulswelle 1 bzw. 3. Die
gleichen Marken gelten auch für das Korrekturpotential eines
kompletten Bearmarkets. in diesem Zusammenhang spricht man
gerne auch von "Fibonacci-Retracements".
• Sobald Welle 1 eines Bullmarkets abgeschlossen ist kann man
ein häufig zutreffendes Kursziel für den gesamten Bullmarket
anvisieren, indem man das 1,618-fache des Punkteausmaßes der
Welle 1 zu deren Top hinzuaddiert.
Die interne Wellenlängenstruktur von Korrekturformationen (z.B.
Triangles) kann ebenfalls recht gut mit Hilfe von Fibonacci-Relationen
antizipiert werden (auf eine ausführliche Darstellung wird im Rahmen
dieser Einführung verzichtet und auf die Fachliteratur verwiesen)
Zeitliche Aspekte
Jegliche Aussagen über das zeitliche Ausmaß von Wellen sind mit
großer Vorsicht zu genießen, da den Elliott-Wellen fraktale Struktur
ohne konstante Periodizität zuzuschreiben ist. Allenfalls vage
Anhaltspunkte, manchmal zutreffende zeitbezogene Aussagen,
können mit Hilfe der Fibonacci-Zahlen und -Relationen erarbeitet
werden und sollten immer nur als “roter Faden” behandelt werden.
Grundsätzlich gilt: Aussagen über das Punkteausmaß sind
treffsicherer als Aussagen über die Dauer eines Bull- oder
Bearmarkets.
Elliott, der die (hypothetische) Relevanz der Fibonacci-Reihe an den
Börsen entdeckte, ging davon aus, daß markante Punkte im
Kursverlauf, z.B. untere und obere Wendepunkte, an Fibonacci-
Tagen, -Wochen, - Monaten, und -Jahren mit höherer
Wahrscheinlichkeit auftreten, als an Nicht-Fibonacci-Marken.

29
Ausgehend vom Ende einer Impuls- oder Korrekturwelle werden
entsprechende Fibonacci-Zeitmarken in die Zukunft projiziert um
Zeitpunkte markanter Wendepunkte zu prognostizieren.
Fischer geht noch einen Schritt weiter, wenn er die Fibonacci-
Relationen 1,618 und 2,618 in ähnlicher Weise als Multiplikatoren für
die Zeitdistanz zwischen zwei markanten Chartmarken anwendet.
Wer beide Ansätze an historischen Daten einmal ausprobiert, der
wird nicht selten, aber leider eben nicht immer, staunen!
Eine weitere Spezialität von Fibonacci-Analysten, die aber nichts mit
der Elliott-Wave-Theorie an sich zu tun hat, ist die Konstruktion von
"Fibonnacci-Archs", "-Fanlines" und "Zeitspiralen" mit Hilfe der
Fibonacci-Relationen. Interessierte verweise ich insbesondere auf
das Buch von Fischer oder die gute Kurzdarstellung bei
Müller/Nietzer.

Deutlich muß betont werden, daß Fibonacci-Analyse und Elliott-


Wave-Analyse zwei unterschiedliche Methoden, allerdings mit
zahlreichen Berührungspunkten, darstellen. Dies wird auch darin
deutlich, daß Fibonacci-Retracements auch von Chartisten und
Technikern verwendet werden, die sich ansonsten nicht mit EW
beschäftigen.

Datenbasis
Die Erstellung von Elliott-Wave-Analysen stellt vom Grundgedanken
her eine Analyse massenpsychologischen Verhaltens auf
Wertpapiermärkten dar. Dies bedeutet, daß lediglich:
n Aktien-, Renten-, Rohstoffindizes und
n Underlyings mit großer Marktbreite und hohem Umschlag
n Underlyings mit mehrjähriger Kurshistorie seriös analysiert
werden können. Eine Analyse und Prognose für beispielsweise
marktenge Neuemissionen provoziert geradezu Fehlinvestments!
Die Grundlage an historischen Daten kann gar nicht groß genug
sein. Dies bedeutet, man sollte über eine möglichst weit in die
Vergangenheit ragende Kurshistorie verfügen, die nach Möglichkeit in
Tages-, Wochen- und Monats- Open, -High, -Low und -Close
gegliedert sein sollte. Eine Beschränkung auf Tagesschlußkurse ist in
keinem Falle anzuraten und ist häufig verantwortlich für
Fehleinschätzungen.

30
Für den kurzfristig operierenden Spekulanten sind Intadaycharts
unerläßlich, wenngleich ich die Elliott-Wave-Analyse aufgrund
chaotischer "Noise" im Subminuette-Bereich für Daytrader nicht
unbedingt empfehlen kann. Meiner Efahrung nach wächst die
Performance bei Ausdehnung des Investmenthorizonts an.
Darstellungstechnisch bieten sich entweder Barcharts (High, Low,
Close) oder japanische Candlestickcharts an. Point-and-Figure-
Charts sollten in keinem Falle verwendet werden!
Das aus der Chartanalyse bekannte Anlegen von Trendkanälen ist
ein nützliches Hilfsmittel zur Wellenzählung und Abschätzung von
Zielmarken insbesondere im Bullmarket. Für Charts auf Basis von
Tagesdaten bietet sich eine arithmetische Skalierung an, für
längerfristige Charts auf Basis von Wochen- oder Monatsdaten ist
eine logarithmische Skalierung der Ordinate anzuraten.
Verwiesen sei an dieser Stelle auch an ein inzwischen reichhaltiges
Angebot an Elliott-Wave-Software, die die Wellenzählung und -
prognose unterstützen kann. Ich rate allerdings dazu, dem jeweiligen
Programmierer und seinen Elliott-Kenntnissen nicht blind zu
vertrauen, sondern die Software allenfalls ergänzend zur
"Kopfarbeit" einzusetzen. In jedem Falle ist eine fundierte, tief ins
Detail gehende Kenntnis der theoretischen Grundlagen unerläßlich.
Diese Arbeit kann der Computer leider nicht abnehmen.

Einbeziehung von Fundamentaldaten

Elliott selbst bezog Fundamentaldaten wie Zinsen,


Unternehmensgewinne und andere mikro- und makroökonomische
Rahmendaten zur kontrollierenden Absicherung einer auf Elliott-
Wellen beruhenden Markteinschätzung mit ein. Dies erscheint
grundsätzlich vernünftig, um gravierende Fehleinschätzungen
vermeiden zu helfen.
Von philosophischer Natur ist sicherlich die Frage, welche
generelle Rolle Nachrichten, fundamentale volkswirtschaftliche-,
politische- oder Unternehmesdaten im Kontext der
Kapitalmarktbewegungen zukommt. Prechter und insbesondere
Beckman sind der Auffassung, daß Nachrichten keinerlei
Kursrelevanz zukommt, sondern die deterministische Natur der
Elliott-Wellenbewegung per se den Kursverlauf, quasi ex ante,
beinhaltet, und gehen einen Schritt weiter, wenn die Spekulation als
Wahrheit vertreten wird, daß Kriege, Krisen, Innovationen usw. in
einem determinierten, durch die Elliott-Wellen beschreibbaren
naturgesetzlichen Prozeßablauf eintreten. Man stelle sich vor, was
die hypothetische Richtigkeit dieser These für die Schar von
Analysten und Börsenberichterstatter bedeuten würde (wenngleich
31
angeblich, auch ohne diese Hypothese zu vertreten, nicht wenige
Börsianer schon lange den Verdacht hegen, daß es sich bei diesen
Spezies um "überbezahlte Taugenichtse" handelt...).
Vertreter der Behavioral Finance vertreten die Auffassung, daß nicht
die Nachrichten an sich die Kurse bewegen, sondern die Reaktionen
der Marktteilnehmer auf diese Nachrichten (John M. Keynes'
Metapher vom Schönheitswettbewerb läßt grüßen) und versuchen
(im Schulterschluß mit Vertretern der Technischen Analyse) mit
Stimmungsindikatoren die psychische Verfassung des Marktes zu
bestimmen, was mehr schlecht als recht gelingt und oft in Aussagen
gipfelt, die qualitativ der Aussage "Auf Regen folgt Sonnenschein!"
gleichzusetzen sind.
Treffsichere Prognosen über das Marktverhalten von Individuen auf
Basis neobehavioristischer S-O-R-Modelle scheitern wohl an einer
mangelhaften Verallgemeinerungsfähigkeit aufgrund der vielfältigen
Heterogenität der Individuen. Auch der Verfasser teilt die
Grundauffassung der Behavioral Finance, allerdings in dezidierterer
Form: Nachrichten gibt es zu jeder Tageszeit, nur die Reaktionen
fallen je nach psychischer Verfassung der Marktteilnehmer mal
stärker, mal schwächer, mal logisch, mal unlogisch aus. D.h. eine
Korrelation zwischen bestimmten Kategorien von Nachrichten und
Kursbewegungen kann zwar statistisch gemessen werden, wird aber
keine vollkommen positiven oder negativen Werte eines geeigneten
Zusammenhangsmaßes ergeben. Sonderbarerweise legen
(zugegeben nicht sehr umfangreiche) empirische Beobachtungen des
Verfassers den zu widerlegenden Schluß nahe, daß Unlogik
(Kostolany wurde sie "Börsenlogik" nennen) oder Logik - je nachdem
- dann im Marktverhalten zu beobachten sind, wenn es die Struktur
der Elliott-Wellen erfordert.
Sollte der Elliott-Wave-Theorie tatsächlich Gehalt zukommen,
bedeuteten diese Überlegungen in der Tat, daß sich der Investor die
zeitraubende und teure Informationsbeschaffung, bis auf die
Beschaffung historischer Kursdaten, sparen könnte. Interessant wäre
in diesem Zusammenhang eine wissenschaftliche Analyse über die
reale Performance verschiedener Analyseparadigmen unter
besonderer Würdigung des Informationskostenaspekts. Ich behaupte,
daß die Fundamentalanalyse nicht gut abschneiden wird.

Einbeziehung charttechnischer und technischer


Indikatoren

Die eine EW-Analyse asichernde Einbeziehung charttechnischer und


technischer Indikatoren zählt in der einschlägigen Literatur nicht
gerade zu den Klassikern, wird aber von Analysten (z.B. Martin
32
Siegert von der LBBW) gerne praktiziert. Inwieweit diese Indikatoren
helfen oder stören, muß jeder für sich selbst entscheiden. Stehen alle
alternativen Indikatoren diametral zum präferierten Wellenszenario,
dann sollte man zumindest kritisch seinen Count hinterfragen, ob
etwaige Zählfehler vorliegen.
Fazit: Ein praktisch anwendbares Handelssystem muß zum
Anwender passen! Weder die Elliott-Wave-Theorie, noch die
anderen Paradigmen sind isoliert gesehen perfekte Instrumente.
Jeder Analyst sollte sich also selbst die Frage beantworten, welche
Kombination aus EW, Fundamentalanalyse und
Technischen/Charttechnischen Größen für sein Empfinden und
Wohlbefinden optimal ist, oder ob er lieber EW-Pur anwenden will.

33
Kritik
Wie der Leser selbst beurteilen kann, ist die Arbeit und Erkenntnis
Elliotts, ganz egal, wie man nun zu ihr stehen mag, bemerkenswert.
Die Elliott-Wave-Theorie stellt den Versuch dar die
Gesetzmäßigkeiten massenpsychologischen Verhaltens an Börsen
mit einem abschließend formulierten Fundus an Mustern und deren
Beziehungen zueinander zu beschreiben.
Eine häufig geäußerte Kritik an der Elliott-Wave-Theorie geht dahin,
daß die Wellenzählungen retrospektiv immer korrekt seien, der
"Waver" in der Gegenwart und für die Zukunft aber genauso häufig
danebenliege, wie bei jedem anderen Paradigma auch , was dem
Vorwurf einer Tautologie gleichkommt. Dies gipfelt manchmal auch
in der symbolischen "Selbstgeiselung" von Anwendern der Theorie,
die Theorie sei richtig, nur sie selbst seien nicht in der Lage sie richtig
anzuwenden.
Der Tautologievorwurf ist m.E. nicht haltbar, denn wenn die Theorie
retrospektiv tatsächlich immer richtig sein sollte, so ist es mit den
verfügbaren Wellenformationen auch möglich den künftigen,
unbekannten Kursverlauf in seinem groben Ablauf, nicht indexpunkt-
und zeitpunktgenau, hinreichend zu antizipieren.
Selbstverständlich ist es theoretisch nicht auszuschließen daß es
Wellenformationen geben könnte, die auf Basis der bisher
verfügbaren Kurshistorien weder für Elliott, noch seine Nachfolger
identifizierbar waren. Das Auftreten nicht ins Schema passender
Wellen, würde aber m.E. der Elliott-Theorie in keinster Weise
schaden, sondern nichts anderes als die Chance zur Verbesserung
der Theorie darstellen (bleibt zu hoffen, daß nicht gerade ich das
"Lehrgeld" dafür bezahlen muß...).
Fehlinterpretationen und Fehlinvestments sind wohl nicht zwingend
systemimmanent, aber nicht auszuschließen, da insbesondere
Korrekturwellen sich in ihren ersten untergeordneten Wellen oft
gleichen und zu frühes Setzen auf eine Karte von der Realität bestraft
werden kann. Der vorsichtige Investor sollte nicht der Versuchung
verfallen, jede Aufwärts- und Abwärtswelle punktgenau reiten zu
wollen! Auch eine unzureichende Datenbasis, z. B. die Beschränkung
auf Tagesschlußkurse oder eine zu kurze Historie, die die korrekte
Einordnung von Wellen in übergeordnete, lange Zyklen verhindert,
sind oft Gründe für falsche Interpretationen der Wellen. Auch ein
“Sich-Verlieben” in einen Wavecount ist mit dem einhergehenden
Verlust an Selbstkritikfähigkeit gefährlich.
In den meisten Situationen bedeutet der Umgang mit der EWT ein
Umgang mit Szenarien, denen allenfalls teilobjektivierte

34
Wahrscheinlichkeiten zugeordnet werden können. Für den
“wundergläubigen Außenstehenden” mögen daher die Aussagen der
EW-Analysten in manchen Situationslagen unbefriedigend sein, da
unbedarfte Geister nicht selten deterministische Punktaussagen
ersehnen (wer täte dies nicht manchmal), wo aber auch mit der EWT
“nur” alternative Szenarien anzubieten sind. Wer allerdings die
unumgängliche Erfahrung mit Szenariendenken gesammelt hat, wird
deren hervorragende Nützlichkeit für reale
Investitionsentscheidungen zu schätzen wissen. Entscheidend ist in
diesem Kontext, nicht ständig - long oder short - im Markt engagiert
zu sein, sondern auch zu wissen, wann man lediglich Kasse
halten sollte, bis die allfällige Alternativenreduktion durch die reale
Börsenentwicklung für akzeptable Chancen-/Risikenverhältnisse
gesorgt hat. “In doubt stay out” ist für einen versierten Waver
niemals als Eingeständnis analytischer Unfähigkeit zu werten,
sondern ist in den Grenzen der EWT begründet, auf die ich
insbesondere bei der Behandlung der Korrekturwellen detailliert
hingewiesen habe.
Sind Elliott-Waver notorische Pessimisten und
Weltuntergangspropheten? Auch dies ein Vorurteil, das häufig
zitiert wird. Alleine ein Blick auf den Grundzyklus widerlegt diese
Aussage eindeutig, denn eine Korrekturwelle korrigiert niemals die
gesamte vorangehende Impulswelle. Vielleicht haben die
berühmtgewordenen “Crashprognosen” Prechters, die sich dann
realiter nicht einstellten, dieses Klischee gefördert, aber fairerweise
muß auch konstatiert werden, daß es Prechter´s
Bullenmarktprognose in den frühen 80ern war, die die EWT populär
gemacht hat. Viele “Klischeenachbeter” vergessen, daß sich ein
Analyst die Welt nicht aussuchen kann, in der er lebt. Und wenn die
Zeichen auf Korrektur oder gar “Crash” stehen, dann stehen sie eben
so. Sein Fähnlein opportunistisch in den Wind der ewig
zweckoptimistischen Börsenberichterstattung und Fondsbranche zu
hängen, wozu der “Haustechniker” der Telebörse neigt, ist
schlichtweg fragwürdig.
Was mich sehr nachdenklich stimmt ist die mitunter militante,
haßerfüllte Demagogie, die von manchen Gegnern der Elliott-Wave-
Theorie, insbesondere im WWW , betrieben wird. Nicht nur, daß
Waver lächerlich gemacht und als geistig nicht zurechnungsfähig
hingestellt werden, nein, es geht bisweilen soweit, daß die Wahl der
Worte an sehr unrühmliche Phasen der jüngeren deutschen
Geschichte erinnert. Wie sind derartige Ausfälle zu erklären? Ist
es der gehobene intellektuelle Anspruch der Analysetechnik, der
manchem seine individuelle eigenen Grenzen aufzeigt? Ist es die
oftmals, nicht der Medienphilosophie folgende, warnende Stimme, die

35
Angst erzeugt, weil das rosarot gemalte Luftschloß des schnellen
Reichtums in sich zusammenzufallen droht? Sind es die für den
Laien kryptischen Analysen, die noch dazu so oft zutreffen, aber
scheinbar völlig unverständlich sind? Eine schwer zu lösende Frage,
mit der sich Psychopathologen eingehender beschäftigen sollten.
In jedem Falle ist es in höchstem Maße erstaunlich, mit welcher
Inbrunst auf die EWT aus allerlei Lagern eingedroschen wird - leider
meist ohne wirklich substanzierte Argumente. Das beliebsteste
(Schein-)argument ist der Verweis auf einen (ganz bestimmten mit
“K”) EW-Analysten, der eine Fehlprognose produziert hat, woraus in
völlig unlogischem Schluß gefolgert wird, daß damit bewiesen sei,
daß die Theorie keine Relevanz besäße. Was mögen solche
Menschen denken, wenn ihr Arzt einmal eine Fehldiagnose stellt? Ist
deswegen die gesamte Medizin nur Humbug, weil ein Vertreter einen
Fehler begangen hat bzw. die Methode in inkompetenter Weise
anwendet? Wer kritisiert einen Acampora, eine Frau Cohen, einen
Thieme und wie sie alle heißen mögen, die ihre Prognosen auch
nicht öfter revidieren, als ein durchschnittlicher Waver, aber diese
wesentlich schwammiger formulieren?
Steckt hinter der EWT mehr, als daß sie ein hervorragendes
Analyseinstrument für Börsenkurse ist? Verbirgt sich hier der
Schlüssel zum Verständnis des Seins?
Ich halte es für gefährlich, in die Theorie mehr
hineinzuinterpretieren als sie in ihrer Essenz beinhaltet.
Versuche - wie sie auch Elliott selbst vorgenommen hat - das
Geheimnis des Universum, eines göttlichen Planes oder Themen
ähnlichen esoterischen Wolkenschieben- und Girlandenschwingens
aus der Theorie zu saugen, diskreditieren den Verfechter solcher
Thesen m.E. als realitätsfremden Scharlatan und Bauernfänger,
derer es auch im WWW diverse gibt. Diese bringen die seriösen
Vertreter der Elliott-Wave-Theorie in Mißkredit und rücken diese in
das Licht einer "religösen Sektengemeinschaft" oder eines
"Geheimbundes".
Verneint man die Existenz universeller, kosmischer Gesetze, die sich
in den Fibonacci-Zahlen mathematisch niederschlagen, so fehlt der
Elliott-Wave-Theorie allerdings jeglicher Erklärungsgehalt, da die
Frage nach dem "Warum" nicht mehr beantwortet wird. Dies ist zwar
für den Wissenschaftler unbefriedigend, für den Börsianer, den es in
erster Linie um die Erzielung von Gewinnen geht, von nachrangiger
bis zu vernachlässigender Bedeutung.

36
Literaturtipps
Folgende Literaturauswahl (in alphabetischer Reihenfolge) halte ich
zur Vertiefung meiner Einführung in die Elliott-Wave-Theorie für
besonders geeignet:
n Beckmann, Robert C.: Elliott Wave Explained - A Real-World
Guide to Predicting & Profiting from Market Turns, New York, San
Francisco usw. 1995 (*)
n Fischer, Robert: Fibonacci Applications and Strategies for
Traders, New York, Chichester usw. 1993
n Frost, A.J.; Prechter, R. R.: Elliott Wave Principle - Key to Market
Behavior, Gainesville, Georgia 1998 (*)
n Müller, Thomas; Nietzer, Harald: Das große Buch der technischen
Indikatoren, Rosenheim 1997 (Hinweis: lediglich Elliott-Wave- und
Fibonacci-Einführung, ansonsten Kompendium der Technischen
Analyse)
n Peters, Edgar E.: Fractal Market Analysis - Applying Chaos
Theory to Investment and Economics, New York, Chichester usw.
1994
n Prechter, R.R (Hrsg.).: R.N. Elliott's Masterworks - The Definitive
Collection, 2. Auflage, Gainesville, Georgia 1996 (*)
(*) Die im Text verwendeten Grafiken und Abbildungen sind diesen
Büchern im Sinne eines Zitates entnommen

37

Das könnte Ihnen auch gefallen