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Chefs brauchen Macht | ZEIT ONLINE 27.12.

17, 21'53

[h!p://www.zeit.de/serie/chefsache]
AUS DER SERIE

Chefsache

Führungskräfte

"Chefs brauchen Macht"


Führungskräfte müssen Macht ausüben. Sie dürfen diese aber nicht missbrauchen,
sagt Linda Becker. Der Umgang mit Verantwortung hat sich allerdings verändert.

Interview: Sabine Hockling


1. September 2014, 16:01 Uhr / 11 Kommentare

Als Führungskraft braucht man Spaß am Umgang mit Macht und


Verantwortung, darf sie aber nicht missbrauchen. © Alexandra
Falken / photocase.com

ZEIT ONLINE: Frau Becker, brauchen Führungskräfte Macht?

Linda Becker: Ja, denn ohne sie ist Führen nicht möglich. Wer machtlos ist, kann keine
Veränderungen umsetzen und tritt auf der Stelle. Führungskräfte wären ohnmächtig und
handlungsunfähig. Oft wird Macht aber negativ bewertet. Dabei gibt Macht vor allem die
Möglichkeit zur Gestaltung und beinhaltet eine hohe Verantwortung. Es ist wichtig, dass
Führungskräfte diese zielgerichtet einsetzen und nicht missbrauchen oder selbstherrlich
einsetzen. Wer das tut, verliert die Bodenhaftung. Die Loyalität der Mitarbeiter sowie das
Vertrauen von Kunden und Lieferanten gehen verloren und am Ende bleibt der Erfolg auf
der Strecke.

ZEIT ONLINE: Hat sich der Umgang mit Macht verändert?

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Becker: Ich denke ja. Früher wurde Führungskräften per se aus ihrer Position heraus Macht
verliehen. Heute wird jedoch wesentlich komplexer geführt. Auch haben sich die Strukturen
verändert. Mitarbeiter agieren nicht mehr hierarchisch, sondern wollen Transparenz,
einbezogen und gefragt werden. Chefs können heute gar nicht mehr qua ihrer Hierarchie
durchregieren.

ZEIT ONLINE: Welche Folgen hat ein Führungsstil, der auf Gehorsam, Befehl, Kontrolle und
Strafe setzt?

CHEFSACHE: WIE GEHT GUTE FÜHRUNG?

Wie gelingt gute Personalführung, was zeichnet


einen fairen Chef aus, wie löst man Konflikte mit
Mitarbeitern und was macht Führungskräfte
erfolgreich?

Jede Woche spricht die Journalistin und


Unternehmerin Sabine Hockling [h!p://die-
ratgeber.info/] in der Serie Chefsache
[h!p://www.zeit.de/serie/chefsache] mit
Managementexperten über Führungsfragen. Alle
Folgen gibt es hier.
[h!p://www.zeit.de/serie/chefsache]

Becker: Wer als Führungskraft so agiert, gerät über kurz oder lang aufs Abstellgleis. So ein
Chef kann seine guten Mitarbeiter nicht halten und wird Probleme bekommen, qualifiziertes
Personal zu finden. Mitarbeiter erwarten heute einen modernen und auch empathischen
Führungsstil. Sie wünschen sich Freiräume, um sich entwickeln zu können. Und sie wollen
viel stärker als früher auch eine gewisse Mitbestimmung. Das ist übrigens auch besser für
das Unternehmen. Nur wenn die Beschäftigten sich einbringen, stimmt in der Regel auch
das Gesamtergebnis.

ZEIT ONLINE: Gelten fair agierende Führungskräfte nicht als weniger mächtig?

Becker: Das würde ich so nicht sehen, auch wenn bei manchen vielleicht der Irrglaube
vorherrscht, dass empathische Chefs weniger Kontrolle hätten. Faire Chefs weisen ihren
Mitarbeitern verschiedene Rollen zu, damit jeder einzelne seinen Beitrag leisten kann und so
seinen Wert sieht. Das ist eine besondere Verantwortung.

ZEIT ONLINE: Ist der Druck auf Führungskräfte stärker geworden?

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LINDA BECKER Becker: Ich glaube nicht, dass der Druck stärker geworden ist,
Linda Becker ist denn auch früher mussten sich Führungskräfte beweisen. Heute
Gesellschafterin und ist die Taktrate allerdings enorm hoch. Manager bekommen oft
Partnerin bei der nicht sehr viel Zeit, um etwas umzusetzen. Zögern Führungskräfte,
LAB Company
[h!p://labcompany.net/de/
haben sie häufig Angst davor, dass die Geschäftsführung nicht
berater/linda-becker]. hinter ihnen und ihren Entscheidungen steht.
Langjährige
Führungserfahrung ZEIT ONLINE: Bekamen Führungskräfte früher mehr Zeit, Dinge
sammelte die auszuprobieren?
Headhunterin in
verschiedenen Becker: Ja, und ihnen war früher auch das Vertrauen von Seiten
Geschäftsfeldsparten der Geschäftsführung oder seitens der Gesellschafter sicher.
eines Dax-30-
Unternehmens im In- und
Manch Führungskraft wird heute schneller verunsichert, denn
Ausland. Sie ist Mu!er von Feedbacks kommen nicht nur direkter im Ton, sondern auch
drei Kindern. unmissverständlicher in der Erwartungshaltung an. Zudem
scheuen auch Aufsichtsräte öffentliche Kritik und lassen die für
das operative Geschäft verantwortlichen Manager zu schnell fallen
SABINE HOCKLING [h!p://www.zeit.de/karriere/beruf/2014-08/risiko-chef-sein-hire-
Sabine Hockling and-fire]. Der Erfolg von eingeleiteten Maßnahmen wie
[h!p://die-ratgeber.info/] Strategiewechsel oder Kulturänderungen erfordert jedoch
war lange selbst Kontinuität und die kommt nur über die Zeit.
Führungskraft in
verschiedenen ZEIT ONLINE: Sollten Dritte Führungskräfte kontrollieren, damit
Medienhäusern. Mit Ulf
sie nicht die Bodenhaftung verlieren?
Weigelt schrieb sie den
Ratgeber Arbeitsrecht
Becker: Hier kommt es auf die Persönlichkeit der Führungskraft
[h!p://www.redaktion-die-
ratgeber.de/referenzen/bu an, denn nicht immer braucht Macht ein Gegengewicht. Jeder
echer]. Seit 2011 ist sie Vorgesetzte sollte sich selbst gegenüber ehrlich die Fragen
Autorin der Serie beantworten: Was würde ich tun, wenn es meine Firma und mein
Chefsache. Jede Woche
spricht sie mit
Geld wäre und wie würde ich wollen, dass mit mir umgegangen
Managementexperten wird? Wer dem entsprechend handelt, der wird sicher auf dem
über Führungsfragen. Boden bleiben. Wichtig ist, dass jeder die Macht über sich selbst
Hockling bloggt mit Tina
und sein Tun behält.
Groll
[h!p://community.zeit.de/u Ich glaube, die meisten Führungskräfte brauchen niemanden, der
ser/TinaGroll] unter
diechefin.net
sie kontrolliert, sondern vielmehr eine Person, mit der sie auf
[h!p://www.diechefin.net], Augenhöhe ehrlich reflektieren können. Daran fehlt es leider. Nicht
das Blog für wenige Entscheider fühlen sich einsam – ehrliches Feedback
Führungsfrauen, über
[h!p://www.zeit.de/karriere/beruf/2012-11/fuehrungskraefte-
Frauen und Karriere.
ehrliches-feedback] gibt es ab einer gewissen Hierarchiestufe nur
selten. Und letztlich müssen Führungskräfte nicht nur offen dafür

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sein, sondern – wenn offensichtlich notwendig – tatsächlich auch lern- und


umsetzungswillig. Dazu gehört auch die erforderliche Portion Empathie und Sensibilität, um
wahrzunehmen, was für Dritte gegebenenfalls längst offensichtlich ist.

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