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Mise en Place Department - (dialogue with Philip Horst): IRRTUM Session, GfKFB berlin
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Philip Ursprung : Florian Dombois : Welche Kriterien muss Kunst erfüllen, damit sie als
Forschung
deklariert werden kann? Oder sprechen wir besser von «künstlerischer Forschung»?
Die definitorischen Fragen sind jetzt besonders aktuell, da die staatliche Förderpolitik enger an
den Begriff Forschung geknüpft worden ist. Doch die Auffassungen davon, was Forschung in der
Kunst bedeutet, reichen weit auseinander. Das belegen die folgenden Statements von Florian
Dombois, Professor am Lehrstuhl Y für transdisziplinäre Kunst an der HKB Bern, und Philip
Ursprung, neu gewählter Professor für moderne und zeitgenössische Kunst an der Universität
Zürich. Differenzen gehören zur Dynamik der Forschung. Mit der Gegenüberstellung soll die
Diskussion zum Thema eröffnet, jedoch nicht abgeschlossen werden.
Was halten Sie davon? Sollte man schieben? Sollte man ergänzen, sollte man streichen?
Ihr Florian Dombois
nötig - das gilt ja auch für Biologen oder Neurologen, die ihre Ergebnisse nicht nur in Tabellen
und Bildern, sondern auch mittels der Sprache veröffentlichen. Ein weisses Pünktchen auf
schwarzem Grund mag der´Beweis sein, dass ein neuer Planet enteckt wurde. Ohne Kommentar
versteht dies kein Mensch. Erst dann, erst wenn Sprache ins Spiel kommt, wird daraus eine
«Unternehmung von vielen», wie Sie in Paragraph fünf schreiben. Zu der Überprüfbarkeit von
Forschung gehört natürlich auch die Bewertung. Ich gehe mit Ihnen einig, dass die Qualität eine
zentrale Frage ist. Nur klingt die «Einigung über die Qualitätskriterien», die Sie in Paragraph acht
beschreiben, wie etwas Statisches und nicht wie ein dynamischer Prozess. Die Kriterien für
Qualität sind
zeitabhängig, das sollte man vielleicht noch betonen. Ich bin ganz einverstanden, dass der «State
of the Art» berücksichtigt sein soll, wie sie in Paragraph neun schreiben. Das Rad der Zeit können
auch Künstler nicht zurückdrehen. In Paragraph zehn schreiben Sie: «Die Kunst als Forschung
spielt der wissenschaftlichen Forschung ihre Fragen als Antworten zurück.» Das halte ich für
Unsinn. Denn es setzt voraus, dass die Kunst ein Gegenspieler der Wissenschaft sei. Ich weiss
ebenso wenig, was «die» Wissenschaft ist wie was «die» Kunst ist. Und warum die Künstler sich
spiegelverkehrt mit den Fragen der Wissenschaftler auseinander setzen sollten, ist mir schleierhaft.
Ich kenne eine Handvoll Künstler, die sich ausdrücklich mit naturwissenschaftlichen Themen
auseinander setzen (der erfolgreichste ist zurzeit Olafur Eliasson). Und jeder weiss, dass Albert
Einstein ausgezeichnet Violine spielte. Aber die Vorstellung, dass überhaupt jemand
die Antworten auf die Fragen der Wissenschaft in der Hinterhand bereithalten sollte, ist meiner
Ansicht nach ebenso unhaltbar wie die Ansicht, dass nur Wissenschaft «exakt» vorgehe und klare
Fragen habe. Künstlerische, architektonische, biologische, physikalische oder kunsthistorische
Forschung kostet Zeit und Geld. Es geht darum, den Instanzen, welche dieses Geld verwalten, klar
zu machen, was wir herausfinden möchten, warum wir dies tun möchten und wie lange wir dafür
benötigen. Forschung kann darin bestehen, herauszufinden, wie Geldpolitik funktioniert, um
daraus ein Kunstwerk zu entwickeln, das Funktionieren von Vororten zu verstehen, um daraus
einen Masterplan zu entwickeln, eine seltene Käferart zu suchen, ein
Elementarteilchen zu finden oder den intellektuellen Kontext einer Künstlergruppe zu ergründen.
Von einem gewöhnlichen Auftrag unterscheidet sich dieses Prozedere vor allem dadurch, dass die
Auftraggeber ein höheres Risiko eingehen. Sie wissen nicht, welches Produkt sie erhalten werden.
Aber im Gegenzug haben sie die Chance, dass das Ergebnis unser Bild von der Welt und damit
unsere Wertskala verändern wird.
Ihr Philip Ursprung
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