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DAS BUCH DER ODEN

von Torsten Schwanke

TOCHTER ZION

ELEGIE

(für Paula Grensemann, heimgegangen am 21.1.1993)

Gott, der die Welt erschaffen, der Herr über Himmel und Erde,
Durch den Einen Menschen schuf Er das Menschengeschlecht,
Daß sie Ihn suchen sollten, ob sie Ihn finden und fühlen:
Mitten unter uns ist, Meister und Friedefürst, Gott!
Denn in Ihm alleine leben und weben und sind wir:
Alle in Einem vereint: Alles in Allem ist Gott!
Er gebietet aber nun dem Menschengeschlechte:
An der Welt Enden tut - nah ist das Himmelreich - Buß!
Er hat einen Tag bestimmt, da will Er richten den Erdkreis
Durch einen Menschen, den Er dazu bestimmt hat. Wir stehn
Fest auf dem Felsen Seines uns gebotenen Glaubens:
Er hat vom Tod, vom Tod Seinen Geliebten erweckt!

Heute hört ichs. Wir können uns freun, daß die Seele erlöst ist.
Du fragtest: Ist er da? Ist er das wohl, der da singt?
Und du dachtest: Er hat mich ja am Heiligen Abend
Mit dem heiligen Kuß - Liebe sei alles - geküsst.
Bringe mir die Botschaft von der Auferstehung der Toten!
Warst du der Stern, bei dem Pol, den ich am Himmel gesehn?
Jetzt war dein Namenstag der Tag deiner Grablegung. Christus!
Sieh, im Lampion Licht... Aber du, Leben, du lebst!
Dessen sei gewiß: Wer im Glauben an Jesus entschlafen,
Wird zu Jesus geführt, drum hat der Tod keine Macht.
Möge Gott dich mit Seiner heißen Liebe durchströmen,
Gebe Er dir die Frucht von Seinem lebendigen Baum!

Unser Herr erweise an euch Barmherzigkeit, wie ihr


Taten den Toten und tatet den Lebenden auch.
Unser Herr erweise an euch Barmherzigkeit, daß ihr
Findet eure Ruh einst in der heiligen Stadt.
Wo du stirbstm da sterbe ich auch, da sei ich begraben.
Christus, Dein Volk ist mein Volk, Dein Gott ist meiner!
Liebe, geschehe Dein Wille! Nicht der Tod soll uns scheiden.
Wo ist dein Stachel, Tod? Du bist verschlungen vom Sieg!
Gehe nicht auf einen anderen Acker als Meinen,
Gehe nicht fort von Mir, spricht zu der Seele der Herr.
Laß mich ruhn zu Deinen Füßen, lieber Erlöser,
Gehe doch ein zu mir, küsse mich, ich hab Dich lieb!

Du warst im Traum bei mir, ich dachte des Morgens, noch träumend:
Hagebutten, wie schön! fein blüht ein grünlicher Wall,
Zarten Blattes sind weiße und rote Blüten wie Kelche,
Wohlgeruch duftend, voll von goldenen Samen die Frucht.
Ich hab geweint viel Tränen. Aber du lebst ja, du lebst ja!
Rascheln des Laubes im Wind, hinter der Schulter, bist du's?
Ja, ich denke, du bists. Ich hab begeistert gerufen:
Heilig, heilig bist Du, heiliger, heiliger Herr!
So durchtönte im Leid mich Jubel seraphischer Engel.
Christus wurde erweckt! Lazarus wurde erweckt!

Draußen bei dir im Garten steht ein Falterbaum, um die


Blüten, die lila blühn, lobsingt der Schmetterlingschor.
Da erkenn ich besonders den roten Schmetterling mit dem
Blauen Augenpaar auf seine Flügel getupft.
Nicht anfassen dürfe man jene, sonst streife man ihre
Feine Farbe ab, oh, sei sie schimmernd bewahrt.
Das ist die Art wohl, wie einkommt ein himmlischer Bote
In des Mädchens Bereich, so ist es lieblich und heil.
Schön zu schauen ists, wenn im Frühlingslichte die Falter
Leis umschweben den Baum, wo sich die Sonne ergießt,
Wo Gewölke von Duft vorüberschweben den Sinnen,
Wo das erstaunte Ohr Anbetung Gottes vernimmt.

Sei getreu bis zum Tod, und Ich geb dir die Krone des Lebens!
Wer überwindet, dem geb Ich von dem Lebensbaum Speis!
Wer überwindet, dem geb Ich von dem verborgenen Manna
Und einen weißen Stein, und auf dem weißen Stein
Ist ein neuer Name geschrieben, den kennt, wer empfängt ihn!
Wer überwindet und hält bis ans Ende Mein Werk,
Dem geb ich Macht über Heiden, Ich will ihm den Morgenstern geben!
Wer überwindet, dem geb Ich ein linnenes Kleid!
Wer überwindet, den will Ich schaffen zum Pfeiler im Tempel
Meines Gottes, der Stadt, die vom Himmel her kommt!
Wer überwindet, dem geb Ich, mit Mir auf dem Throne zu sitzen,
Wie auch Ich Mich gesetzt auf Meines Vaters Thron hab!

Ist es so, daß Gott seine Stimme verborgen im Wetter?


Weil die Stimme uns sonst nicht zu ertragende wär?
Die wir schon vom Blick eines Engels beinah vergehen?
Doch wer hörte je tönen die Stimme von Gott?
Stürme wehen ums Haus, das ist wie Flötenspiel, Stürme
Branden um das Haus, dröhnen ins bange Gefühl.
Bäume rauschen im Wind, das ist wie rauschende Meere,
Wind umrauscht mir das Haupt, tönt durch den ängstlichen Sinn.
Hab keine Angst, meine Seele! Es sei eine englische Stimme.
Zeichen und Wunder wird, was sie bespricht an Natur.
Von der wahren Sonne der Liebe, die war am Anfang,
Nacht wird erleuchtet. Ich soll die Erweckung verstehn.
Heute ists mir aufgegangen. Das war wie eine Erstehung
In dem inneren Sinn. Heiligtum, du bist nun frei,
Wandelst in Schönheit über den Wolken in heimlichem Lichte.
Stille Seligkeit! Hab ich dich eben geahnt?
Abgestreift hast du eben alle unsre törichten Krücken,
Du hast die Reinheit jetzt, dich mit dem Himmel ergänzt.
Schon hast du aufgetan die lichten Augen des Herzens.
Meere von Wonne sind dein! Du gehst durchs himmlische Tor!
O, im Reiche des Meisters ist immerwährender Friede!
Hier ist der Abglanz davon, der ist ein wahrer Genuß.
Später sehen wirs alle: der Schöpfer lebt im Geschöpfe,
Im gesegneten Leib wohnte der göttliche Geist.

Ich fiel auf die Knie, auf mein Angesicht nieder,


Und ich betete an, rief mit dem flammenden Herz:
Herr und Gott! O, laß mich sein Dein würdiger Diener,
Leit mich auf Deinem Weg, bleibe fürs Leben bei mir.
O, allmächtiger Gott! Auf Dein Wort hin entstanden die Welten.
Und Du wurdest ein Mensch, unter uns, heiliger Gott!
O, allgnädiger Gott! Du bist wahr und gut und gedenkst mein.
O, mit der liebsten Stimm' riefst Du den Stein zu Dir her.
Gott von Ewigkeit, bist Du mir als der Menschensohn nahe,
Nimm mich fest an die Hand, daß ich das Himmelreich find.
Jesus! Du bist schön und süß und der Eine Geliebte!
Christus! Du lieber Herr! Paula nimm Du in Dein Reich!

Einst eine Fürstin, nun eine Witwe, Jerusalem. Siehe,


Ob es einen Schmerz gibt, wie den meinen, ich wein,
Tränen laufen mir aus den Augen die Wangen hinunter,
Doch die Tröstung ist fern. Ich bet das Trauergebet.
Ach, daß man an den Alten keine Barmherzigkeit übte,
Priester ehrte man nicht, ehrte den Feiertag nicht.
Ach, es sitzen die Jünglinge bei dem Saitenspiel nimmer,
Und es sitzen die Ältesten nimmer im Tor.
Unser Ende kam, unser Ende ist nun gekommen,
Unsere Tage sind aus. Das ist das Ende der Zeit.
Aber Du, Gott, bring uns zurück zu Dir, daß wir wieder
Heimkommen, daß wir dann dort immerdar wandeln im Geist!

Wir sind nicht trunken, sondern Gott hat den Geist ausgegossen,
Auch der Weissagung Geist ist eine Gabe von Gott.
Wundersam sollen eure Jünglinge sehen Gesichte,
Manch prophetischen Traum haben die Alten geträumt.
Auf des lebenden Gottes angenommene Kinder
Soll zu jener Zeit heiß sich ergießen der Geist.
Wunder geschehen zu jenen Tagen oben am Himmel,
Zeichen auf Erden, Blut, Feuer und Nebelgewölk.
Wer den Namen Gottes anruft, der wird gerettet
Vor der verzehrenden Glut, über das Feuer hinaus.
Wer im Geist des Erlösers bleibt und wirkt bis zum Ende,
Wird auf immerdar liebliche Seligkeit sehn.

Ostmals hat mich als Kind begeistert dein glänzender Spiegel,


Das war ein Spiegel mit spieglichten Flügeln begabt,
Die konnten zugefaltet sein, daß der Spiegel verborgen,
Aufgefaltet wars ein spieglichtes Triptychon da.
Und wenn die Flügelspiegel den Spiegel spiegelten wieder,
War man mehrfach darin, stand man vervielfältigt da,
Stand sich selbst im Rücken und sah sich ins eigene Antlitz.
Und man entging sich nicht, wundersam kam man hinein.
Ach, ist mit menschlichem Herze im Kristalle das Kommen,
Im sich spiegelnden Raum, linnenen Saumes zu sehn?
Lieblichkeit und Barmherzigkeit wird mir folgen zum Ende,
Dort im himmlischen Haus werde ich immerdar sein.

Heute hört ichs. Wir können uns freun, daß die Seele erlöst ist.
Du fragtest: Ist er da? Ist er das wohl, der da singt?
Und du dachtest: Er hat mich ja am Morgen des Abschieds
Noch gehalten im Arm, sah schon im Traum meinen Tod.
Bringst du mir die Botschaft von der Auferstehung der Toten?
Nimm dies an. Wer im Glauben an den Messias entschlafen,
Wird zu Jesus geführt, immerdar himmlisch zu sein.
Möge Gott dich immer mit lieblicher Liebe durchströmen,
Gebe der liebe Gott Frucht dir vom lebenden Baum.
Jesus! Du bist schön und süß und ihr Einer Geliebter!
Christus! Du lieber Herr! Paula nimm Du in Dein Reich!

JAKOB

Gott, gib den himmlischen Geist mir! Von Beerscheba Jakob


Machte sich auf den Weg nach Haran, kam an die Stätte,
Wo er blieb über Nacht, da war die Sonne untergegangen.
Er nahm einen Stein und legte sein Haupt auf den Stein hin.
Siehe, da sah er im Traum eine Leiter auf Erden
Stehn, die leuchtend hinastieg, die reichten oben zum Himmel.
Auf der Lichtleiter stiegen auf und nieder die Engel.
Aber oben erschienen ist Gott und sprach so zu Jakob:
Worauf du ruhest, dies will Ich dir und den deinen zueignen;
Dein Geschlecht soll zahlreich werden wie Staub auf der Erde,
Sand am Meere, du wirst dich breiten von Westen gen Osten;
Durch dich werden die Menschenkinder gesegnet auf Erden;
Siehe, Jakob, Ich mit mit dir und will dich behüten,
Wo du hinziehst, und will dich wieder heimführen schließlich;
Denn Ich gehe nicht von dir, bis Ich alles erfülle,
Wundersam alles tu, sowie Ich dir zugesagt habe.
Als nun Jakob von seinem Schlaf erwachte, da sprach er:
Dort ist Gottes Haus, und dort ist die Pforte des Himmels!
Jakob stand früh am Morgen auf und nahm jenen Stein, den
Er zu seinem Haupte gelegt, und richtetet jenen
Stein auf zu einem Steinmal und goß Öl oben drüber.
Jakob hieß dieselbe Stelle: Gotteshaus: Beth-El.
Vorher aber ward Lus geheißen die heilige Stätte.
Jakob tat ein Gelübde und sprach so: Wird mit mir Gott sein
Und mich wohl behüten auf meinem Weg, de ich gehe,
Und mir Brot zu Speise geben und Tücher zu Kleidung
Und mich in Frieden wieder heim zum Vaterland bringen,
So soll der Herr mein Gott sein! Das aufgerichtete, jenes
Aufgerichtete Steinmal soll ein Gotteshaus werden.

Da machte Jakob sich auf den Weg und ging in das Umland,
Das im Morgen liegt, und sah, und sieh, da war eine
Quelle. Siehe, drei Herden Schafe lagen dabei, denn
Von der Quelle pflegten sie die Herden zu tränken,
Und ein schwerer Stein lag auf der Quelle, zu sammeln
Pflegten sie dort die Herden und den Stein von der Quelle
Abzuheben, um dort die Herden Schafe zu tränken,
Daraufhin taten sie bei der Quelle wieder den Stein vor.
Siehe, da kam Rahel mit den Schafen geschritten,
Jakob sprach: Es ist noch hoher Tag, ist die Zeit nicht,
Einzutreiben das Vieh, so tränkt und weidet die Schafe.
Doch die Hirten der Schafe sprachen: Wir können es nimmer,
Erst wenn schließlich unsere Herden zusammengebracht sind
Und wir zusammen den schweren Stein von der Quelle zur Seite
Schieben, die Schafe zu tränken. Jakob sprach noch mit ihnen,
Da kam die schöne Rahel herbei mit den Herden der Schafe,
Denn sie hütete täglich die Schafe. Jakob sah Rahel,
Trat hinzu und schob den Stein von der Quelle zur Seite,
Tränkte die Schafe. Jakob winkte Rahel und weinte...
Rahel ging hin. In der Mittagsstunde sah Jakob die Schönste.

Rahel ging hin und sagte es ihrem Vater, als aber


Der es vernommen, da lief er heiter Jakob entgegen.
Jakob hatte Rahel liebgewonnen. Er sprach so: Ich will dir
Sieben Jahre dienen. Ihr Vater sprach: Besser, ich gebe
Dir sie, als einem Fremden; bleibe bei mir. Und so diente
Jakob um Rahel sieben Jahre. So liebgewonnen hat Jakob Rahel!
Dann ging Jakob zu Rahel ein in inniger Liebe.
Gott gedachte Rahel, erhörte sie, da wurde sie schwanger,
Und sie gebar ein Kind und ward froh und schimmerte milde.

DAVID

Gott, Du erweist die Gnade dem Gesalbten,


Stärk mich, sende aus Zion mir die Hilfe,
Führe mich hinauf zur strömenden Quelle,
Du bist mir trostreich.

O, weil du liebtest, hat dich Gott gesalbt, mit


Öl, wie niemanden deinesgleichen, lieblich
In den Elfenbeinpalästen erfreu dich
Saitenspiel, Schöne.
Myrrhe sind deine Kleider, lauter Myrrhe,
Sieh, im goldenen Schmuck die Königstochter
Stillen Geistes, schöne Jungfrau, geiert mit
Bernstein vom Meere.

Wisse, du Tochter, hold dein Ohr mir neige,


Denk nicht mehr an dein Volk und Haus der Heimat,
Sanft der König hat Verlangen nach deiner
Himmlischen Reinheit.

Tyrus und Sidon kommen mit Geschenken


Zu der perlengeschmückten Königstochter.
Schwebend ziehn sie ein mit Jubelschall in die
Zimmer der Liebsten.

Siehe, vom Zion kommt die Morgenröte,


Ihre Glorie kommt vom Berge Zion,
Die du gibst von Milch und Honig dem Erben,
Der ich so schmachte!

WEISHEIT SALOMOS

Kyrius Christe! Laß mich dienen der heiligen Weisheit,


Laß mich der Heiligen voller Wonne ein Heiligtum bauen,
Siehe, die Weisheit ist ein Geist voll Liebe zum Menschen!
Von dem Geiste des Herrn ist erfüllt der unendliche Erdkreis,
Der das All umfasst und herzt, weiß von jeglichem Worte.
Gott hat den Menschen zu einem unvergänglichen Leben geschaffen
Und zum Abbild seines eigenen göttlichen Wesens.
Stark sei die Hoffnung, daß ein frommes Leben belohnt wird
Und die Ehre dem tadellosen Menschen gegeben.
Die Gerechten zur Zeit ihrer Heimsuchung werden
Aufleuchten und wie Funken überm Stoppelfeld steigen!
Die Gerechten werden leben in Ewigkeit, denn der
Herr ist selber ihr Lohn, und der Höchste wird für sie sorgen.
Darum werden sie einst das Reich der Herrlichkeit von dem
Herrn des Lebens und eine schöne Krone erhalten.
Wer das Heilige heilig hält, wird werden geheiligt.
Sie ist für wahr ein unerschöpflicher Schatz für die Menschen,
Die sie erwarben, erhielten die Freundschaft des heiligen Gottes.
Sie ist ein Hauch der göttlichen Kraft, die heilige Weisheit,
Und ein reiner Strahl der lichten Herrlichkeit Gottes,
Des Allmächtigen! Sie ist ein Abglanz des ewigen Lichtes,
Reiner Spiegel des göttlichen Wirkens, Bild seiner Schönheit.
Gott, o Herr des Erbarmens! ich bitte Dich: Gib mir die Weisheit!
Sende sie von dem Thron Deiner Herrlichkeit, daß sie mir ratend
Stehe zur Seite, daß ich Dein Wohlgefallen erkenne.
Sie wird mich bei meinem Werk mit Besonnenheit leiten
Und mich behüten zu Deiner Herrlichkeit, glaub ich.
LIEBE SALOMOS

Küsse mich mit dem Kusse deines Mundes,


Deine Liebe ist lieblicher, als Wein ist,
Seh ich deine Taubenaugen, so bin ich
Trunken von Liebe!

Wohlgeruch sind mir deine Salben, eine


Ausgeschüttete Salbe ist dein Name,
Du bist zwischen meinen Brüsten ein Bündel
Duftende Myrrhe.

O, Tochter Zion, zu dem Myrrheberge


Wollt ich wallen, zum Weihrauchhügel wollt ich.
Du bist schön wie die süften Düfte vom Hermon,
Sulamith, Liebste!

Tu mir auf, meine Reine, meine Eine,


Meine Taube, o Rose ohne Dornen.
Denn mein Haupt ist voller Nachttropfen, meine
Haare voll Nachttau.

Fließende Myrrhe troffen deine Hände,


Und mein Innersten wallte dir entgegen.
Ach, ich liege in den Haaren gefangen,
Seele der Sehnsucht.

Unter dem Haupte liegt mir deine Linke,


Und wie sanft tut mir deine Rechte! Tu mich
Wie ein Siegel auf dein Herz! Mein Quelle
Strömt in dein Innres.

JESUS UND MARIA MAGDALENA

Jesus, von Bethlehem, Messias Gottes,


War dereinst in Bethanien im Hause
Eines Mannes namens Simon, und mitIihm
Waren die Jünger.

Da trat Maria voller Schönheit zu Ihm,


Ein Glas kostbares Salböl in den Händen,
Goß es auf das Haupt dem einen geliebten
Sohne der Gottheit.

Der sprach: Maria tat an Mir ein Gutes,


Da sie Salböl auf Meinen Leib gegossen,
Wahrlich, dieses tat sie nach der Bestimmung,
Für Mein Begräbnis.

Drei Tage später ist Maria mit zwei


Fraun zum Grab des Verschiedenen gegangen,
Hatten bei sich köstlich duftende Öle,
Um Ihn zu salben.

Da war der schwere Stein vom Grab gehoben,


Wo ein schimmernder Engel saß, der sagte:
Ihr sucht den Messias, Er ist nicht hier, Er
Ist auferstanden!

Der Messias erschien Maria, sie ging


Und verkündete seine Auferstehung
Den Aposteln, die da weinten. Sie sprach: Der
Herr ist erstanden!

JUNGFRAU ISRAEL

Israel! wie lieblich sind deine Brüste,


Ähnlich dem Gebirge Baschan die Brüste,
Wo einst Magdalena ihr Höhlenleben
Wie der schönen Himmlischen eine wohl in
Einsamkeit lebte.

Und dein Schoß ist himmlisch in Bethlehem, ist


Dort in einer "Zuflucht" geheißnen Krippe,
Wo im Licht des Bethlehemsterns geboren
Hat die Jungfrau meinen Messias, Heiland,
Jesus, den Christus!

Wie der See Genezareth ist dein Auge,


Wo Messias über die Wasser wie ein
Weißer Schleier wandelte und die Winde
Stillte und beruhigte Wellen, welche
Glühten im Morgen.

Aber wie dein anderes Auge schimmert,


Ists das Wasser Semachonitis, wo die
Flüsse fließen, Ströme der Tränen; aber
Erst die Leidenstränen, dann Freudentränen,
O bei Gischala!

Deine süßen Lippen des Mundes sind wie


Nazareth, wo einst an dem Tisch geredet
Mit Maria himmlisch ihr Sohn von Kana,
Wo in Wein das Wasser gewandelt hatte
Christ Nazarenus!

An die Füße spült dir das Salzmeer oder


Tote Meer, da ist an den Ufersäumen
Eine Palmenstättem Tamar geheißen,
Wo die hohen Palmbäume sind bei dutzend
Quellen des Wassers.
Aber von dem Haupte die Haare fließen
An der Seite hin wie im Morgen Wellen
Von dem Galiläischen Meer, wo einstmals
Von den Fischen der Messias den Felsen
Petrus berufen.

Deine weichen rötlichen Wangen sind wie


Jene Burg im Aufgang der Sonne mit der
Nase elfenbeinernem Turm der Zinne
Auf dem festen steinernen Wall der Stätte
Schöner Magdala.

Aber deine fragenden Brauen sind wie


Betsaida. War dies der Ort nicht von dem
Petrus und der leidenden Schwiegermutter,
An dem See Genezareth schön gelegen,
Wie auch der Boote?

Deine Ohren sind mit den lichten Locken


Wie die Städte Tyrus und Sidon, die zum
Mittelmeer hin offen sind, und wo oftmals
Feingewoben purpurnes Tuch geworden,
Harfen ertönten.

Deine eine Hand ist, wie Nächstenliebe,


Holde auf Samarien, wo der Brunnen
Jakobs ist. Dem Menschensohn schöpfte Wasser
Eine Samariterin, und der Juden
König sprach Danke.

Aber deine andere Hand ist, Liebe


Gottes, bei Judäa gelassen ruhend.
Da ist Myrrhe, lauterste Myrrhe, deine
Hand sehr sanft entgegengekommen einer
Seele im Tore.

Hebron ist dein Knie, deine Schulter Karmel,


So hast du gebetet, die Last getragen.
So hast du zu Abba gefleht im Ölhain,
Warest wie im Schlaf, und dann gingest du zu
Deinem Karfreitag!

Deine Lenden gürtetest du mit goldnem


Gürtel einst bei Dor an dem Mittelmeere.
Aber deine lange Nabelschnur ist die Schlange
Messingfarbnen Jordans, wo seine Taufe
Jesus empfangen!

O, die Maid Jerusalem ist dein Kreuz, ist


Wie das Mark des Menschensohns, wie die Seele
Des Messias, Christus der Liebe, Jesus!
Sieh, da ruht ein Steinchen von Zion in der
Göttlichen Liebe!

VOM NACHTIGALLENBERG

Zu dem Berge der Nachtigallen trage der Genius


Meine Seele, geschwind hinan zu Ephesos' Felsen.
Da ist das Haus der Mutter Jesu, der Kreuzweg zum Grabe,
Da Maria neun Jahre gelebt, gestorben, begraben!
Darum ist jetzt ein großes Fest auf dem heiligen Berge,
Allezeit singen die Mädchen: Gegrüßet seist du, Maria!
Tanzen der Reigen auf dem Berge der Mutter Maria,
Weitere wallen zu Zimbeln den schmalen Eselspfad aufwärts,
Streichen die Schwanenlyra bei dem Taufbecken leise,
Welches mit Wasser gefüllt in den Schoß der Erde gelassen.
Da ist die letzte Wohnstatt der seligen Mutter Maria,
Mutter Jesu! Da ist eine bescheidene Hütte,
Die ist von schattenspendenden hohen Platanen umgeben.
Innen ists frischer Dämmer. Durch der Vorhalle Pforte
Ist ein Weg in den dämmernden Raum, auf dem Eckstein gegründet.
Feingewirktes Linnen, Scharlach, blauer und roter
Purpur, dies verhüllt das Geheimnis, Teppiche schweigen.
Kerzen auf Leuchtern mit Kelchen wie Mandelblüten erhellen
Dieses Gebäude wie Dämmerung kommenden Tages!
O wie berührt die Seele am Berg zur Taufe die Quelle!
Wie die Schafe gekommen zu immerwährendem Leben,
Wandelten Seelen vorüber und sangen die Psalmen der Lilie:
Grüße der Auserwählten, erhabener Schwester und Herrin!
O du bescheidenes Haus, in dem Maria gestorben,
Wie bist du lieblich, wo der Hain Ortygia dämmert.
Da wird geschehn die leibliche Auferstehung Mariens,
Die dann die Himmelfahrt antritt an dem Tage des Himmels,
Wo das Sternbild der Jungfrau niedergefallen zur Erde.
Sei dies Segen den gläubigen Seelen, den lieblichen Schwestern.

Jetzt mit den Genius Hilfe in Makedoniens Kavala,


Sing ich die Hafenstätte Neapolis. Da sind die Fischer,
Die an dem Tage getaucht ins Meer die einfachen Netze,
Jetzt an der Mole die Fische bieten; da gibts auch des Landes
Früchte, die goldene Quitte und die rote Granate,
Violette Trauben und die grüngewellten Salate.
Dort am bevölkerten Hafen Neapolis' endete einst die
Via Egnatia, die Philippi durchquerende Straße.
Paulus und Silas und Timotheus kamen vorzeiten
Nach Philippi, der Stadt. Da lernten sie Lydia kennen,
Eine Purpurhändlerin aus der Stadt Thyatira,
Der in Lydien gelegenen Stadt der Weber und Färber,
Nahe der persischen Königsstraße von Susa nach Sardes.
Da ward Purpur bereitet und geschickt in die Ferne;
Mehr wert als Gold war das Rot der Purpurschnecke mit Honig;
Purpur zu tragen war aber vorbehalten dem Kaiser.
Wohl geschickt war Lydia, die nach Philippi gekommen,
Um in der römischen Militärkolonie zu eröffnen
Ihren Purpurhandel zur vollen Blüte. Im Hafen
Von Neapolis war sie gesiedelt, da war die Straße
Als Verbindung von der Ägäis zur Adria günstig,
Wodurch Byzanz und Roma enger zusammengerückt sind.
Da ging Lydia auch zum Theater am Ausgang des Ortes,
Sie besah den Faustina- und Antonia-Tempel,
Auch das heidnische Heiligtum Bendis', thrakischer Göttin,
Und besah sich einmal ein dionysisches Festspiel.
Aber die stadtbekannte Persönlichkeit Lydia hatte
Auch Geschäfte zu tun nach Persien und nach Ägypten,
Gallien und Britannien, bis zur erhabenen Roma,
Auch zu den Inseln und den anderen Mittelmeerländern.
Um sie waren Schiffsbauer, Schafzüchter, Färber,
Weberinnen und Pflückerinnen der weißlichen Wolle.
Aber als Paulus kam zur gottesfürchtigen Schönen,
Öffnete Gott ihr das Herz, so daß sie aufmerksam lauschte.
Als sie und alle aus ihrem Haus die Taufe empfangen,
Sagte Lydia: Wenn ihr gewiß seid, daß ich nun innig
Glaube an Jesus Christus, kommt in mein Haus, da zu wohnen.
Und sie drängte herzlich Timotheus, Silas und Paulus.
Gerne nahmen die jüdischen Wanderprediger ihre
Gastliche Freundschaft in Anspruch und blieben in Lydias Wohnung.
Manchesmal wandelten sie zusammen zum Flusse Gagitas,
Wo sie und andere Frauen heimlich beteten: Gott! Mensch!
Gib die Erkenntnis, die den Verstand übersteigt (wie Maria
Magdalena gesagt, die Vielgeliebte des Christus).
Manchesmal saßen sie einmütig in dem Innenhof ihres
Hauses. Da gingen aber verleumderische Gerüchte,
Daß sie zusammenkämen im Haus zu Orgienfeiern.
Da ging die Rede: Sie trinken Blut aus geweihten Gefäßen
Und verspeisen den Leib ihres Gottes, der selber es wollte
Hingeben ihnen, der Er sich selber opferte ihnen!
Da saßen Paulus, Silas und Lydia aber in Eintracht
Lang zusammen auf seidenen Kissen und sprachen vom Glauben,
Gingen umher im Garten am Haus, besprachen die Hoffnung,
Einmütig waren sie da zusammen in geistlicher Liebe.
Aber Paulus und Silas wurden des Tags auf der Straße
Überfallen, anschließend wegen Unruhestiftung
Hinter Schloß und Riegel gebracht. Da brachen die Mauern
Von dem gesandten Erdbeben, und der vulkanische Grundstein
Tat das Tor des Gefängnisses auf. Zu Lydia kamen
Paulus und Silas. Die Thyatirerin gab ihnen Briefe
Mit an die griechischen Freundinnen, mit nach Thessaloniki.
Später schrieb Paulus: Es ist nur recht, daß ich liebevoll denke,
Denn ich habe euch in mein Herz geschlossen. Gott weiß es,
Wie ich mich nach euch sehne mit der herzlichsten Liebe,
Wie auch Jesus, der Christus und Heilige Gottes, zu euch hat!
Alle Heiligen grüßen euch; die aus dem Hause des Kaisers.
Lydia grüßt, die kaiserliche Hoflieferantin,
Die mir so manches Mal von ihren Gaben gesandt hat.
Mir fehlt jetzt nichst mehr, seit ich vom Herz des Epaphroditus
Eure herzlichen Gaben empfangen der geistlichen Liebe!

Doch da gab es nicht nur die Purpurhändlerin, sondern


Auch Evodia und Syntyche, christliche Schwestern,
Die dort mit Stratonike und Klemens und andern Geschwistern
(Und mit der Magd mit dem Wahrsagegeist) die Gemeinde gebildet.
Paulus schrieb über Evodia und Syntyche: Die Namen
Stehen im Buch des Lebens! der er zugleich sie ermahnte:
Einmütig seid zusammen, und euer gemeinsames Beten
Soll nicht behindert werden. Es waren die Männer und Frauen
Eins in der Liebe Gottes, im Gebet an den Wassern
Goldnen Flusses Gagitas, an den Felsen Hilippis.
Da war der treue Gefährte Szyzygos, da war Syntyche,
Und Evodia ging mit der Purpurhändlerin manchmal.
Onias hatte mit Jason auch die Worte gewechselt,
Welche Demosthenes vor dreihundert Jahren geredet:
Dirnen dienen zur Lust und Konkubinen zur Pflege
Unsres Körpers, die Gattin als Gebärerin einer
Nachkommenschaft und treue Hüterin sittlichen Hauses.
Aber Syntyche sprach zu Evodia einst diese Worte:
Hörten wie jüngst nicht von den Geschehen in Thessaloniki,
Wo die Männer die Frauen sich untereinander gewechselt?
Meinten sie etwa, dazu hätte befreit sie der Christus?
Haben wir Freiheit doch, aber nicht zum Mantel der Bosheit!
Daraufhin redete sanft Evodia folgende Worte:
Haben Maria und Junia denn die Freudige Botschaft
Ganz vergeblich gepredigt? Wir sind doch Eines in Christus,
Ob wir nun Mann oder Frau sind, ist Eines, ob Grieche, ob Jude.

Jetzt will ich wieder nach Ephesos auf den Schwingen des Geistes
Eilen, wo an der Marmorstraße Priska gewandelt,
Die sich erfreute am Lied der Lerche am dämmernden Himmel.
Sie ging gemessenen Schrittes vorüber der Untren Agora,
An der Bibliothek vorüber, den Weg der Kureten.
Dann begab sie sich flugs zum Nachtigallberge, von wo sie
Weithin sah, die Stadt und das Land und das wogende Meer sah.
Sie gedachte der Heimat am Schwarzen Meere, in Pontus,
An die blühenden Tabakfelder, die Nüsse und Kirschen,
An die Weinberge, Ölbaumhaine, den flammenden Dornbusch,
An das Blöken der Schafe, an die friedlichen Pferde,
An das Elternhaus und an die mütterliche Gemeinde.
Da vernahm sie als Kind, was in den mosaischen Schriften
Aufgezeichnet, im Psalter, in Weisheitslehre, Propheten.
Später hatte sie sich verlobt mit dem Jüngling Aquila,
Der war benannt nach dem Adler, jenem König des Äthers;
Der auch als goldener Adler mit ausgebreiteten Flügeln,
Blitzbündel in den Krallen, den römischen Heeren voranflog.
Bald nach der Hochzeit hatten die beiden Pontus verlassen,
Um in Italien glücklich zu sein. Sie schlossen in Rom sich
Gläubigen Sinnes an der Synagogengemeinde.
Kaiser Claudius hatte im neunten Jahr der Regierung
Gegen die Juden ein Edikt erlassen, so daß sie
Wieder nach Griechenland übersiedelten, wo in dem Hafen
Von Korinth sie vorübergehend Unterkunft fanden.
Da kamen sie auch bald in die kleine Christengemeinde.
Chloe und ihre Leute, Fortunatas und Silas,
Stephanas, Achaikus, Timotheus, Paulus der Jünger,
Sowie andere Männer und Frauen zählten zum Leibe.
Phoebe kam, Diakonin im korinthischen Hafen,
Schließlich dazu und wurde Priskas Vertraute und Freundin.
Drei Tage blieb Pricilla in Ephesos mit dem Vertrauten,
Bis sie nach Rom aufbrachen. Am letzten griechischen Tage
Ging sie den schmalen Treppengang zwischen Hauszeilen wieder
Von dem Nachtigallberge hinunter. Zerbrochene Säulen,
Die herabgefallenen Marmorsimse, die Trümmer
Der zerstörten Prachtbauten rührten sie schwer an der Seele.
Sie ging die Kuretenstraße, blieb einen Augenblick vor dem
Weihestein des Hermes stehen, des Sohnes der Maja,
Ging dann weiter bis zu den Ruinen des Hadriantempels
Mit dem Amazonenfries, sie schalt die Diana,
Und sie sang so: Größer ist Gott als die Göttinnen alle!

Wolken umhüllten die Berge, weiße Schleier im Nebel


Hingen in grünliche Täler, und es troffen die Himmel.
Da war Laodikeia gelegen, die ruhmvolle Stätte,
Viel gerühmt für die Hahnenkämpfe. Da mußte ich weinen.
Da war am Haus der Weinstock zum dritten Stockwerk gewachsen,
Überwölbte die Balustrade in luftiger Höhe.
Aber im Jahre, da der Apostel Petrus gekreuzigt,
Wurde Laodikeia durch ein Beben vernichtet,
Später wieder erbaut in neuer herrlicher Schönheit.
Nahe Laodikeia lag die phrygische Siedlung
Der Kolosser, denen Paulus brieflich gepredigt:
Wir vernahmen von eurem Glauben an Jesus, den Christus,
Und von der Liebe, die ihr zu allen Heiligen heget.
Auch bei euch trägt das Wort des Evangeliums Früchte,
Seid ihr vernommen habt den Ruf der göttlichen Gnade.
In Kolossae und Laodikeia lebten zwei Mädchen:
Nympha die eine, wahrlich an Schönheit gleich einer Nymphe,
Appia hieß die andere, eine glühende Christin.
Alle Geschwister in Laodikeia empfingen die Grüße,
Nympha und die Gemeinde in ihrer geheiligten Hütte.
Appia war die Vertraute Philemons und die Mutter
Des Archipuus. Nympha war eines griechischen Mannes
Anvertraute, der nicht zur Christengemeinde gehörte.
Von Kolossae begab sich Appia jetzt mit dem Briefe
Richtung Laodikeia, Nympha das Schriftstück zu bringen.
Da war das Flüsschen Lykos geschwollen von Regen,
Aber sie ritt am Ufer entlang auf fliegendem Pferde,
Konnte es kaum erwarten, Nympha das Schriftstück zu geben.
Kaum hatte sie das Anwesen ihrer Freundin erreicht und
Einer hellenischen Magd den nassen Umhang gegeben,
Zog sie schon den Brief aus der Tasche und reichte ihn Nympha:
Wisset, ihr Lieben, ich hab einen schweren Kampf zu bestehen,
Der ich in Asien jüngst in solche Bedrängnis geraten,
Daß ich zu sterben mich sehnte! Ein Gewinn ist mir Sterben.
An Eunike und Lois in Lystra hab ich geschrieben:
Anständig mögen sich kleiden die Frauen; nicht goldene Flechten,
Perlen und kostbare Tücher seien ihr Schmuck, sondern die im
Innern verborgene Seele tue die Werke der Gnade.

Nahe dem Wasser Kopru, am Rand zimtfarbener Berge


Ist die lykaonische Stätte Lystra gelegen,
Da die Christinnen Lois und Eunike zuhause.
Nah war die Via Sebaste, die Königsstraße, an der sich
Derbe und Ikonion fanden. In Lystra nun lebten
Sowohl die lykaonischen Ureinwohner als Bauern,
Als auch die Griechen als besitzende obere Klasse.
Aber die Juden, wie sonst auch in der Diaspora, wahrten
Ihren Glauben und führten danach ihr gesetzliches Leben.
Kelten sind da, Germanen, Teutonen, die tragen viel Waffen,
Roms Beamte leben mit ihren Familien friedlich
In den Häusern, bedient von afrikanischen Sklaven
Und arabischen Sklavinnen orientalischer Schönheit.
Opfer brachten die Lykaonier viel ihrer Göttin,
Und die Griechen verehrten vor allem Zeus und Athene,
Und die Römer riefen zu Jupiter, riefen zu Venus,
Aber die Juden hielten ihrem Herrn, Gott Jahwe, die Treue!
Aber die Christen glaubten an Christus, an den Erlöser!
Paulus und Barnabas, jetzt angekommen in Lystra,
Wurden von Lois und ihrer Tochter Eunike empfangen.
Zwar war Eunikes Anvertrauter ein heidnischer Grieche,
Aber er wehrte nicht den Begeisterungen der Christin.
Lois war alt und wartete auf den Tag des Messias,
Und Eunike war fromm und glaubte dem lebenden Heiland,
Und so wurde ihr Sohn Timotheus gläubig erzogen,
Der sich in früher Jugend anschloß den Jüngern Jesu.

Phoebe ging so melodisch wie die Tochter der Hymne


Zum korinthischen Hafen Kenchrea, der Grenze der Fluten.
Sie gedachte in schwesterlicher Liebe zum Nächsten
Allen den süßen Glaubensgenossinnen herzlicher Neigung:
Chloe, der schlummernden Hirtin an dem Hange der Seele;
Junia, bräutlichen Herzens und mit goldnen Sandalen;
Priska, die von der Weisheit geküsste Erbin der Alten;
Damaris, eine Dienerin brandender Wasser der Liebe;
Klaudia, in dem Lobpreistanze von phrygischer Anmut;
Und Tryphäna, mit ihrer würdig-herrlichen Demut;
Und Tryphosa mit ihrem tränenglänzenden Antlitz;
Persis, der Morgensonne gleich über bebenden Bergen;
Und Olympas, mit luftigem Schleier und goldenem Gürtel;
Julia, maiensüße Tochter des himmlischen Königs;
Und die Mutter des Rufus, die war eine Mutter dem Paulus;
Rhode, die Petrus das Tor auftat, die Magd der Maria;
Und Tabita, die auch Gazelle geheißen, aus Joppe;
Und die Frau des Simon Petrus (ich kenn nicht den Namen);
Und dessen Schwiegermutter, einst vom Heiland geheilte;
Lydia aus Philippi, doch in tyrischem Purpur;
Und Evodia, schön wie vor dem Sündenfall Eva;
Und Syntyche, vom Los erkoren zur Botin der Freude;
Nympha, die in Kolossae einst empfangen die Taufe;
Appia, die in Laodikeia den Weg ging der Liebe;
Lois, zitternde Sängerin der verheißenden Psalmen;
Und Eunike, Miutter Timotheus, sie war aus Lystra;
Thekla, deren Blöße von einer Flamme verborgen;
Schließlich Maria, die so sehr liebliche Mutter Messias'.
Sie gehörten zur Gemeinde der Heiligen Jesu!

JUGENDLIEBE

DIE MUSE

O, im lichten Gewand, wallender Locken, so


Standest lächelnd du da, lasest aus einem Buch
Mir harmonische, schöne
Lobgesänge im grünen Hain.

Dir bewahren will ich Gutes in meiner Schrift,


Treu bewahren; vom Wahn schrecklich entstellt; jedoch
Scheint dein himmlisches Leuchten
Durch die Dämmerung auf mein Lied.

Ja, ich dichtete, wie Rosen erblühn im Schnee...


Aber fortwarfs der Wahn, warf es ein Taumelnder
Mit dem Abfall der Lügen
In verzehrenden Feuers Pfuhl.

LIEBE IM WEISSEN KLEID


In dem Winter lagst du, schneeweiß verhüllt, am Grund
Meines Traumes, doch du schliefst nicht, du lächeltest.
Nun, nun seh ich dich wieder
Schweben, Muse, wie einst im Mai.

Liebe Träumerin, du Blüte im Mai, du Licht!


Dir allein trag ich die silbernen Zweige zu,
Wandle singend auf deinen
Spuren, Liebe im weißen Kleid.

ROSENAUSSTREUENDE

Die du so mich entflammt, Rosenausstreuende!


Hast, wie Schnee, deine Hand mir auf das Haupt gesenkt,
Bist erschienen im Dunkeln
Freudeleuchtender Augen mir.

Deine schneeweiße Hand führte in höhern Raum


Meine Seele. Verzeih, ich war besinnungslos:
Deine Schrift muß ich retten
Aus des läuternden Feuers Glut.

Menschen fassen es nicht, was du mir bist, du Maid,


Ich ja selber auch kaum; aber in tiefster Not
Sind die Zweifel verweht wie
Staub im Sturm. Und was blieb, bist du.

PHÖNIX

Weißes Einhorn im Hain, Liebe, bewahre du


Meine Seele, daß ich nicht wie der Hase end
Auf dem Wege verblutend,
Überrollt von des Schicksals Rad.

Aber, Liebe, du lebst! Sonne der Liebe scheint!


Auf dem Hügel im Wald seh ich den Schleier wehn.
Reich die Traumhand, daß wir den
Morgen sichten, du Meeresstern!

Fand das Manuscript nicht den Bestimmungsort?


Ward Papyrus entflammt, steigt aus der Asche auf
Neu der Phönix der Liebe
Und Gesang grüßt der Liebe Licht!

ANRUFUNG

Deine Tochter, o Gott, tanzend beim Sternenfest,


Führ sie liebendem Sohn, deinem geliebten Sohn
Zu, der trunken von Wassern,
Singt der Liebe den Rosenkranz!

LÜTETSBURGER PARK

Sieh, ein steinerner Kelch in dem verträumten Park!


Ach, mein Weißes, von Zeit trübe verdunkelt, ward
Rings umschlungen vom Moose.
Ward mein Süßes mir Bitterkeit?

Doch entrückt aus der Zeit hier im verträumten Park,


Hier von Marmor den Kelch liebenden Augs zu sehn,
Wie blüht mir da im Herzen
Eine purpurne Rose auf!

Welch ein Name ist dein! Köstlicher ist der Trank,


Der da schlummert im Kelch, als wilder Bienen Seim:
Tau, vom Auge der Liebsten,
Wie die Mohnmilch des Traumes rein.

AM SCHWANENTEICH VON NORDEN

Wir sind ja kaum noch Lebende, Schatten bloß,


Das Kleid gewirkt von Tränen, das offne Herz
Hält sich nicht in sich. Alle diese
Pfade sind Pfade des Schattenreiches.

Ihr schwarzen Schwäne, weilt in Venedig ihr?


Aufs Neue gründelt ihr in der schimmernden,
Des Wasserspiegels andrer Seite:
Ewig dort sein mit der Liebe Herz!

Doch feindlich ist die Zeit. O, erhebt das Haupt,


Im Aug bewahrt der Lilie Lächelblick,
Um Sonne betet mit der Primel,
Fernher wird singen die blaue Blume.

IM VORFRÜHLING

Alles erblühte, drüber schwebten bunteste Falter,


Eine Blüte aus Licht sagte die Freude mir an.
Eine Gestalt, im Traume schwebend, im innersten Raume,
War im reinen Getränk und in dem frommen Gesang
Und in dem duftenden Strauß, den mir ein Freund überreichte.
Da verhieß mir der Lenz kommender Liebe Tag!

IN NORDDEICH

Feines, Lichtwolken Stäubendes, wirbelndes Weißes,


Bäume am See verschönend zu heiligen Kirchen.
Gang am schweigenden Deiche, tosendes Rauschen
Tiefen dunklen Meeres. Des Liebenden Schauen.
Vögel, spürend das bebende Wehen des Herzens.
Schnee, zum Himmel aufgestiegenes Meer, du!

IN BORDEAUX

Überm lilanen Strauch schwebte ein Licht hinan...


Aber mir ist es schwer, aufwärts zu steigen. Da
Ist ein Duften von Blüten,
Die, von Tränen benetzt, erblühn.

Hauchst du, Leuchtende, mir in den verweinten Sinn?


Dir allein schreib ichs auf. Siehe der Tod ist so
Traurig. Und wo ist Tröstung?
Kommt ein heiliger Geist herbei?

TRAUM

Von der Erde löste ich mich, ward leichter und leichter,
Schwebte hinauf durch die Nacht zum schimmerndsten Sterne,
Der da freudig erglänzte von einer anderen Sonne.
Mich dem Sterne nähernd, da werd ich jünger und jünger,
Und ich lande auf einem Felde weichesten Flaumes.
Um mich sind grüne Haine. Das Licht vom seligen Lichte
Fühl ich in mich strömen. Ich höre ein leisleises Singen.
Siehe, da kommt ein himmlisches Mädchen, bunt ist ihr Mantel,
Und sie fragt mich: Folgst du mir nach in die Bereiche der Freude?
Und ich erheb mich und schwebe mit ihr in fernere Landschaft,
Transparente Wohnungen dort, wie aus Honigduft, Früchten,
Avocado und Jujube. Das himmlische Mädchen
Spricht: Du mußt noch begreifen lernen Unendlichkeit in dir.

HÖHE

O dein Lächeln, so voller Ernst, deine fächelnden Hände,


Breiten die Himmel mir, der ich aufschau, aufschau und seh dich.
Reich mir die Hände, hinaufzurollen den Stein. Auf der Höhe
Deines Schimmers erreichen mich Schwingen einsamer Vögel.
Dort ins Wolkenbett liegt gebettet der Tod, der mein Bruder,
Schaut uns freundlich an, o Geliebte, die wir wie Kinder.
Küss den weißen Stein zu neu erwachendem Leben,
Daß wir gemeinsam fliegen mit weißen, goldenen Flügeln!

AN DIE ABGESANDTE VOM STERN DER PHANTASIE

Über träumenden Kreisen ein lichtes Gewand und ein Schleier.


Welche sind Widerhall deinem alldurchatmenden Wesen.
Andere flattern nur blind umher, von Ehrgeiz beflügelt.
Von Planet zu Planet schreit ich, folgend der heiligen Liebe.
Gebe mein Ich nicht bei jedem Wächter ab, aber schon hat es
Alldurchatmende himmlische Liebe mit sich genommen.

Wundergefährtin, wo ist das Land deiner Jugend, wo Heimat?


Welchen der Sterne liebst du, welcher Himmel ist Heimat?
Sind dort grüne Alleen und Gärten, die du durchwandelst,
Edelsteinpaläste wie unbeschreibliche Tempel,
Und am Saum des kristallenen Meeres im weißen Gewande
Singest du, die du zur Lyra die ewige Liebe bejubelst?

MIRJAM-LEBEN

Da der schwarze Tod in mein Leben eintrat


Mit der lieben heiligen Schwester Sterben
Und ein weher Schmerz meine Seele fasste
Eisiger Hände,

Kam mir, wie ein Bote des Liebeshimmels,


Wunderliebe Nachricht von einem Herzen,
Das in meinem Herz mit Gedenken wohnte
Altfrommer Zeiten,

Da der süße Morgenstern mir in meinem


Herzen aufging lieblich wie Rosenblüten.
Jene Zeiten atmeten goldne Ruh des
Liebenden Vaters.

Nun aus ihrer Einsamkeit rief mich eine


Stille Turteltaube der Himmelsliebe.
Und der Schwester englischer Gruß ward meiner
Seele zum Troste.

Ja, sie sprach von Liebe, von Schwesterliebe


Zu dem armen Bruder Poet, der traurig
Liebe nur in fernfernen Himmel dachte.
Aber die Schwester

Gab Gefühl von Liebe, die auf der Erde


Zwischen zweien einsamen Herzen möglich
In dem Geist verbindender wahrer Liebe
Himmlischen Vaters.

2
Vater, wolkiger Traum, lieblicher Alter an
Tagen, Nächten des Sterns, Nächten des Mondenscheins,
Süße Seele der Welten,
Hör des Schweigenden Beten an!

Vater, Opfer der Welt, blutendes Lammesherz,


Selbst das Schlachtopfer uns, die wir dir opfern Lob,
Dank und Ehre und Rühmung!
(Sieh die Kerze auf dem Altar.)

Vater, liebendes Herz! Wie wirst du abgelehnt


Von den Herren der Welt, vornehmen Damen und
Toten Priestern der Tempel.
Dennoch sei dir gesungen Lob!

Vater, Hirte der Welt, heiliges Vaterherz!


Mit dem ängstlichen Schaf gehst du zum Lebensquell,
Gibst Erquickung der Seele
Und des Leibes Erneuerung,

Vater, führest das Schaf Wiesen des Lebens zu,


Wo der schwankende Halm ruht in dem linden Wind
Und wo unter dem Himmel
Weit verbreitet des Lebens Grün.

Vater, heilige Schutz-Engel sind deine Macht,


Die wie Weisheit und Licht Liebe ergießen in
Deiner Kinder verzagte
Herzen, welche den Engeln traun.

Vater, siehe dein Kind, das ich besingen will,


Sankta Miriam sieh, siehe Sankt’ Agnes an,
Meine Schwester der Seele,
Hauch du ihr Liebe ins heilge Herz!

Mutter, sprich du das Wort heiliger Liebe aus,


Gib die Antwort dem Reich unseres Königs du,
Seines Reiches Vollendung
Bist in Liebe, o Mutter, du!

Rose will ich dich stets nennen in meinem Lied,


Wie dein Töchterlein auch blutrote Rose ist.
Sieh den Dornenkranz, Rose,
Wie er Rosenkranz wurde dir.

Mütterlicher und süß-balsamduftender Trost


Meiner Seele, o Trost weiblichen Traumes mir
Von der Schönheit des Himmels,
Mir mit deinem rotroten Mund.
Bete, Mutter, zum Herz, heiligen Himmelreichs,
Klag und flehe und ruf Gnade du in mein Herz
Und der heiligen Tochter
Banges, zärtliches, heilges Herz!

Deine Schönheit, o Frau, Schönheit der Frauen sei.


Reinheit, Heiligkeit, Gott-Seligkeit, Sanftmut und
Zarte Zierde der Seele,
Wie du inwendig Gott gefällst!

Sie die Taube im Nest, wie sie sanftmütig ruht


In des Lebensbaums Grün unter dem reinen Licht
Blauer Himmel der Tage,
Sorg fürs Küken, denn nun ist Nacht!

Sieh die Sperlingin süß, wie sie in Liebe spielt


Unter Linden im Gras, süß wie ein Minnesang,
Wie das Küken sie küsset,
Liebend, wie eine Mutter liebt!

Aus dem Willen des Herrn, welcher ein Vater ist,


Ward geboren das Kind, das ich besingen will:
Mirjam, Mirjam, o Mirjam,
Schöne Tochter des Himmels du!

Im Materieschoß, tief in der Erde Schoß


(Wie die Heilige Schrift spricht in poetschem Ton)
Ward bereitet ihr Körper
Und mit Geist angehaucht von Gott!

Und sie schaute, erst blind, balde das Licht der Welt,
Welches lieblich und süß Schimmer gab dem Gesicht.
Mirjam, Mirjam, o Mirjam,
Deine Augen so himmelschön!

Aber traurig sie weint, daß sie den Schoß verließ,


Der sie mütterlich barg, ferne dem Leid der Welt;
Kälte, Einsamkeit, Dunkel
Nun statt Ruhe im Heimatschoß.

Süße Milchmutter du mit der entblößten Brust,


Gabst der Tröstungen Milch für ihrer Seele Durst
Und den Hunger nach Liebe.
Lob der Milchmutter reichen Brust!

Und im Reinigungsbad Segen ward ihr zuteil,


Ihrem heiligen Haupt mit dem goldblonden Flaum.
(Später wollt sie erstatten
Dieses Segens verliehnes Pfand.)

Doch am wichtigsten war an der Geburt des Kinds,


Daß im Mutterschoß schon, ja vor der Schöpfung Tag -
Mirjam, Mirjam, o Mirjam -
Wahrlich, du wardst erwählt von Gott!

In dem Tempel des Herrn sie schon mit drei vernahm,


Als drei jahre sie alt, Miriams Lebensgang,
Wie das Mädchen am Nilstrom
Zwischen blühendem Lotos stand,

Und wie Miriam sah goldenes Schilf am Strom,


Am unheiligen Nil, Vater Ägyptenlands,
Und den Behemot schlummern
Zwischen blühendem Lotos da;

Die Prinzessin vom Land Mizraim sah sie da


Stehn am goldenen Schilf, baden im gelben Nil,
Da sie auffand im Schilfkorb
Mose, Retter von Israel.

Und sie hörte mit drei Jahren im Haus des Herrn


Von der Miriam auch, die ihrem Jesuskind
Mutter war und in Liebe
Fromm anbetende Loberin.

Sie sah Miriam auch unter dem Kreuze stehn


Mit dem blutenden Herz, heiliger Tränen Salz.
Fühlte irgendwer Schmerzen
Wie der heiligen Mutter Schmerz?

Sie sah Miriam auch, die war aus Magdala,


Die zum heiligen Grab ging mit der Salbung Öl,
Wie im Hain sie sich freut, den
Auferstandenen Herrn zu sehn!

Mit drei Jahren beschloß, heilig-ernst, jenes Kind,


Diesen heiligen Fraun liebend zu folgen auf
Ihrem Weg mit der Wahrheit,
Dem lebendigen Gottessohn!

Mirjam, Mädchen mit gold-glänzendem Weizenhaar,


Ging im schweigenden Wald, bis zu dem Lindenbaum,
Wo im Herzen sie ruhte,
Ewig-heiliger Liebe Herz.
Und da brachten ihr stolz Männer vom edlen Park
Rote Rosen der wahr-haftigen Liebe mit
Purpurn blutenden Herzen
Und mit sündigem Dornenkranz,

Andre brachten der Maid Lilien, keusch und weiß,


Wie die heiligen Jung-fraun des Legendenbuchs,
Die so herrlich erhaben,
Edel waren und schlank und stolz.

Einer brachte ihr da nicht von dem Wiesenmohn,


Wiesenkerbel mit weiß-schäumendem Blütenkranz,
Glockenblumen und Veilchen,-
Einen Grashalm gab er der Maid.

Einen Grashalm gab er ihr in die zarte Hand


(Und besah ihren Arm, der war so schön, so wie
Einstmals Romeo Julias
Schönen Arm einer Schwanin glich).

Mirjam war ihm ein Gras-Halm in der Wüste Staub,


Ein Versprechen des Hains ewigen Lebens und
Wunder holdester Demut,
Die dem Wind sich bescheiden neigt.

Da er also sie fand, flog eine Taube Flug,


Flog den rauschenden Flug, wonnigen Gurrens Laut,
Eine turtelnde Taube,
Die ein Grüßen der Minne war.

Lob dem König, dem Herrn seines gerechten Reichs


Wahrer Liebe und Lust ewig am lieben Gott,
Den die Engel lobpreisen,
Als die göttliche Majestät!

Lob dem Bräutigam, der lieblich und zart und lind


Und mit zärtlichem Laut Schönheiten offenbart
An der Seele des Mädchens,
Die ihn ewiglich lieben wird!

Lob dem heiligen Geist wahrhafter Liebe, o


Sanftes Wehen im Wind grünenden Grashalms, der
In dem Lustgarten blühet
Ewig heiliger Liebeslust!

Damit grüßte sie süß-lieblich das Bruderherz,


Der ein trauriger Freund der melancholischen
Schwester war, die ihn zärtlich,
Zärtlich liebte mit Schwesterlieb.

Mirjam dichtete zart traurige Oden, die


Ängstlich sagten ihr Herz, ihr melancholisches,
Das so zitternd vor Sehnsucht
Nach der himmlischen Liebe Glück!

Er auch dichtete zart traurige Oden, die


Ängstlich sagten sein Herz, sein melancholisches,
Das so zitternd vor Sehnsucht
Nach der himmlischen Liebe Glück!

Und des Bruders Gemüt pries ihre Schönheit ihr:


Wizengolden dein Haar, leuchtender Tag dein Aug,
Süß dein Mund wie die Minne,
Süß sangst du das Marienlied.

Den holdseligen Gruß, heilige Mirjam, dir!


Denn beim Heiligen ward Gnade gefunden, in
Gottes heiligem Herzen,
Jesu Herzen, für dich, mein Herz!

O Begnadete du, du von dem Herrn geliebt,


Liebe Dienerin du heiligen Königs, der
Dir sein Süßherz will schenken
Und des ewigen Lebens Lust!

Siehe, dir im Gemüt, dir in dem Geiste ward


Und am weiblichen Leib Liebe des Herrn zuteil,
Der mit süßester Zartheit
Küsst im heiligen Geiste dich!

Überwallende Flut heiliger Liebe ward


Und sie segnende Huld göttlicher Heiligkeit
Dir im Tode des Liebsten
An dem heiligen Kreuz geschenkt!

In dir wurde gezeugt Heiliges, als dein Herz


Ward vom Heiligen Geist wiedergeboren, da
Du das Wasser des Wortes
Nahmest dürstender Seele an.

Darum nennen wir dich heilige Dienerin,


Gottes heilige Magd, Braut eines Bräutigams,
Der die himmlische Liebe
(Wie auch mir) dir geschenkt im Tod.

Siehe, aber er lebt! Vater und Sohn und Geist


Sind bemüht um dein Herz! Ich bin der Bote nur,
Der den heiligen Gruß dir
Mit der Liebe des Himmels bringt.

Mirjam, wie du den Geist heilig empfangen hast,


Sagen kann ich es nicht, ist ein Geheimnis mir.
Doch vom Vater und Sohne
Kam die Liebe dir in dein Herz.

Siehe, Wahrheit ist er, Führer zur Wahrheit dir,


Der balsamischen Hauch dir, in der bösen Welt,
Sendet, wo dich der Zeit Geist
(Wie auch mich) mit der Bosheit quält.

Und wo Fröste und Eis, klägliche Dunkelheit,


Karge Einsamkeit dich, Zittern und Bangen quält,
Kommt er heiliger Stärke,
Gibt dir Mut und die stille Kraft.

Wo zum Schweigen vor Gott scheint alle Welt verdammt,


Ist er Wort und Gebet, süßestes Seufzen dir.
Und im Liebesgesange
Sagt er dir deine Seele aus.

Lob dem Heiligen Geist, der wie ein Schatte kam,


Wie ein Schatten aus Licht. Mitten in Todesnacht
Kommt der Engel des Herrn, die
Balsamstaude des Trostes dir.

Er gestaltet in dir täglich das Jesuskind,


Das im Herzen dir reift, dir in der Einsamkeit,
Kälte, Winternacht, Elend,
Leben (ach) in der fremden Welt.

Schöne Augen aus Licht, Leuchtglanz und Leben hat


Und vollkommene Lieb, lieblich, der gute Geist,
Innewohnender Geist, im
Herzen dir, und in Jesu Herz.

10

Ich erwarte mit dir heiliger Nächte Stern,


Da der schimmernde Glanz kommt mit dem sanften Kuß
Eines wunderlieb märchen=
Haften Traumes der Freiheit uns.

Ich erwarte mit dir Träume von Liebesüß


Und der Mutter des Monds mit dem besternten Kind.
Zauberblumen erblühen
Beim mondsteinernen Brückenfluß.

Ich erwarte mit dir Liebe, die Liebe ist,


Wunderlieblichen Traum, köstlicher Bäume Frucht
Voll von goldenen Sternen,
Duftend jenseits von Zeit und Welt.

Ich erwarte mit dir Reigentanz schöner Fraun,


Ganz gewoben aus Tau, keusch wie die Schwester Mond,
Wenn hebräische Harfen
Tönen träumereich in die Nacht.

Ich erwarte mit dir Lachen in Seligkeit,


Wo der Apfel des Glücks spielt in der weißen Hand
Und die Flüsse so rauschen
Wie Geheimnis der Ewigkeit.

Ich erwarte mit dir freudiger Tränen schnee=


Weißes Meersalz und Gischt, Jubel der goldenen
Lippen, Lilienrosen,
Und ein blühendes Angesicht.

Ich erwarte mit dir Apotheose des


Schmerzes, dessen blutrot-perlender Rosenkranz
Ist gewunden um eine
Menschenstirn wie ein Dornenkranz.

11

Wie verloren sind wir mitten in dunkler Nacht,


Welche Einsamkeit schwebt mitten in lauter Welt
Uns um unsere Herzen,
Keine Herberge in der Zeit.

Welche Wehen der Zeit, da schon das Neue will


Aus der Seligkeit Glanz Ahnungen schenken und -
Mitten, mitten im Schmerze -
Seine Süße bereiten dir.

Ruht die Seele im Schoß Gottes des Vaters doch,


Wie das heilige Kind auf der Madonna Schoß
Saß und seliglich lachte,
Lachte, freute sich, weinte leis.

Und der Schutzengel dein rauscht mit den Schwingen sanft,


Sanft dir; schrecklich der Nacht. Träumender Harfeton
Haucht vom rosigen Munde
Deines Engels ein Kyrie.

In den Nächten jedoch bangen so viele sehr


Vor dem schrecklichen Tod, vor dem Vergehn der Zeit
Und dem Ende. Du aber
Hörst die Botschaft des Engels wohl:

Lobe, lobe den Herrn, lobe mit Lobegold


Deines goldnen Gemüts! Siehe, wir knien und flehn
Zu der Kindlichkeit Christi,
Seiner heiligen Sohnschaft Thron:

Du warst Kind und bedroht, tief in der Angst der Zeit,


Der Verlorenheit kamst, darbend, du Lieblicher.
Darum fühlst du mit Mirjam,
Die dein Lächeln ersehnt, o Gott!

12

Ich kann sterben, o Gott, weil ich den Heiland kenn!


Nun kann kommen der Tod und mit der Sense mähn,
Denn mein Weizen des Lebens
Wird vom Heiligen eingebracht.

Ich kann sterben, o Gott, weil ich den Heiland kenn!


Nun kann kommen die Nacht und mich bedecken dann
Mit dem tiefschwarzen Mantel
Ihrer Königin Ewigkeit.

Ich kann sterben, o Gott, weil ich den Heiland kenn!


Nun kann kommen der Schmerz mit seinem goldnen Schwert,
Das sich bohrt in die Seele.
Mich schreckt nie mehr die letzte Pein.

Ich kann sterben, o Gott, weil ich den Heiland kenn!


Nun kann kommen der Angst schrecklicher Stundenschlag
Mit dem todkalten Herzschlag;
In mir duftet die Ewigkeit.

Ich kann sterben, o Gott, weil ich den Heiland kenn!


Nun kann kommen das Weh ewigen Abschieds von
Der vergänglichen Erde,
Jene Stund wird mir Hochgenuß.

Ich kann sterben, o Gott, weil ich den Heiland kenn!


Es wird kommen der Graus schrecklichen Ungewiß
Allen Zweiflern an Gott und
Armen Schuldigen. Ich werd sein.

Ich will sterben, o Gott, seit ich den Heiland kenn


Und will leben mit dir balde im Paradies
Unaussagbarer Liebe
Voller Wonnen der Ewigkeit!
13

O, das Morgenland! Träumendes Tibet lieb


Mit Himalayas Schnee weiß wie ein Adler, der
Kreist in blauenden Himmeln,
Offen schaut in der Sonne Aug,

Die verbotene Stadt, von den Unsterblichen


Eremitisch bewacht, welche von Tau und Duft
Leben zwischen den Bergen,
Zwischen einsamer Herzen Fels,

Der so unbeirrt ragt hoch auf dem Ararat,


Wo die Arche noch schläft, bis von dem Euphrat her
Babylonische Sintflut
Flut wie Flammen der Sonne strömt,

Wie das Strömen von Gold östlichen Morgensterns


Wüsten Persiens süß, süß wie die Milch des Mohns,
Und wie Rotwein erquicket,
Der wie Blut des Propheten rauscht,

Welcher tanzend und nackt seinen verlorenen


Gürtel wieder vom Strom Edens zurückholt durchs
Wildbachtal mit dem Jabbok,
Wo der Engel des Herrn zur Früh

Einst mit Israel rang. O und der Jordan fließt,


Von dem Wüstenland trennt Land der Lebendigen
Aus drei Quellen gespeist der
Tau der Taufe des Glaubenden.

Schließlich Bethlehems Nacht mit dem Kometenschweif


Und der Könige drei, welche die Wanderschaft
Zu dem heiligen Ende
Führten, bis zum Mariensohn.

14

Mirjam, Kinder sind süß, ja, und sie wolln im Schoß


Pochen leis an den Bauch, rufen der Mutter zu:
Siehe, ich bin lebendig!
(Wehe dem Töten der Embryos!)

Mirja, birg dich im Feld wogenden Weizengolds


(Gold wie Weizen dein Haar blüht auf dem weißen Arm).
Nimm den Sohn mit dir, ruhe,
Träume, berge dich, herze sanft.

Dann wird Feigenfrucht reif, reif wie der Sonne Süd,


Voll und fruchtbar sich dir neigen auf einen Wink
Lieben Sohnes, er ist ja
Saft der Feige und Feigenfleisch.

Alle Götter der Welt, Schönheit und Macht und Geld,


Stürzen, wenn du mit fest glaubendem Herzen nahst,
An dem Herzen den Sohn mit
Vollmacht Heiligen Geistes wahrst.

Geld und Macht und Genuß raubt sich die Welt, doch du
Wende Räubern das Herz, wend mit des lieben Sohns
Schönheit, Reichtum und Liebe
Missionarisch die Herzen um.

Sieh ein spielendes Kind, wie es von Engeln des


Herrn im Himmelreich wird lieblich begleitet in
Allem Spielen und Wachsen
In der Weisheit vom lieben Gott.

Bist du mütterlich nicht und so gesinnt wie die


Mutter unseres Herrn? Siehe, sie wob am Rock
Christi, den er am Kreuze
Trug und sah zu der Leidenden.

15

In Ägypten der Welt elende Sklaverei


Unterjochte das Herz, bitterer Sünde Lust
Grausam peinigte meine
Seele schwer mit dem Wahn der Welt.

Und ich sehnte mich sehr, sehr nach der Freiheit Land,
Wo des jubelnden Weins prächtige Traube reift
Und die Milch und der Honig
Wahrer Liebe in Fülle strömt.

Also zog ich, wie du, Mirjam, mit unserem


Heiland hoffnungsvoll aus, ging durch das Wüstenland,
Wo die Stacheln und Dornen
Blutig ritzten die Seele mir,

Wo mich täuschte, ein Wahn, Fata Morganas Bild,


Wo der irrende Traum narrte mit Hoffnungstrug.
Meine Seele ward öde,
Und der Heiland schien ferne mir.

Dann zerquälte das Herz Einsamkeit. Todesnacht


Schien der herrlichste Tag, welkende Kümmernis
Nagte zäh an der Seele,
Der die Hoffnung verloren schien.

Nur das Rauschen des Quells, heiligen Geistes Trost,


Und der Palmbäume Hain, liebenden Gottes Wort,
Trugen treu mir die Seele
Weiter über die Zeit hinweg.

Schließlich naht wohl das Land, göttlich verheißenes,


Wo das Leben beginnt, freudige Seligkeit,
Ewges Leben mit Jesus
In des Heiligen Heimatstadt.

16

Ach wo ist denn der schön-lächelnde Menschensohn?


Wohin ist die so sanft tröstende Wesenart
Mit dem Lieben entschwunden?
Mirjam, siehe, ich find ihn nicht!

Großer Ängstlichkeit Nacht fällt in das Herz mir ein,


Da verschwunden der Sohn Gottes aus meiner Sicht.
Und ich suche und flehe,
Aber hohl kommt der Hall zurück.

Meine Schwester (wie einst Abraham Sarah hieß)


Sieh, mein Herz ist verzagt. Ist es das deine auch,
Weil im Fragen und Suchen
Leer die Stimme dir wiederkommt?

Kennst du auch diesen Schwall täglicher Kümmernis,


Da der lächelnde Trost göttlicher Liebe dir
In der Ferne verschwunden
Ist und nimmer gefunden wird?

Groß im Herzen die Angst, daß all das Leid umsonst


Und Geborgenheit fern und all die Lieblichkeit
Jenes herrlichen Sohnes
Unsre Seele nicht mehr berührt!

Hat der ewige Gott ihn doch aus unsrer Sicht


Uns genommen! Und wir bitten und flehen nun,
Einmal wieder zu schauen,
Der die Freude den Herzen war.

Mirjam, siehe, du wirst finden den Gottessohn


In dem ewigen Haus Gottes des Vaters, wo
Er die Weisheit ergießet
Wie der ewigen Liebe Strom!

17

Mirjam, siehe, ich geh, geh in die Dunkelheit.


Halt die Seele dir treu, treu zu des Vaters Herz
Und gedenke auch meiner
In Gebeten von Tag und Nacht.

Helfen kannst du mir nicht, auch mir kein Trost mehr sein,
Da die Seele dir selbst wehklagt dein eignes Leid,
Und vollendet dein Herz mir
Gibt die Kraft nicht zum Überstehn.

Mirjam, außen ist hell, innen verworfen die


Schöne Welt und das Volk, dem ich gesungen die
Liebe Gottes des Vaters;
Sie verachten die Heiligkeit.

Galle wird mir gereicht, bittere Galle mir


Tiefer Einsamkeit, wo ich doch der Freude Wein
Und der Liebe Berauschen
Mit der dürstenden Seele sucht.

Weh! verlassen von Gott und seinem süßen Trost


Und der göttlichen Kraft und der Glückseligkeit,
Winden schwärzliche Wolken
Mir sich schattend um mein Gemüt.

Und vor elendem Schmerz und vor Verlorenheit


Und Gefallenheit all, all dieser leiblichen
Wünsche, Sehnsucht, Verlangen,
Muß mir bluten das wehe Herz.

Schließlich will ich den Tod, Mirjam, die Todesnacht


In der Schatten Gewalt, aber von Gott erhellt
Kommt, o Mirjam, die süße
Freude ewigen Lebens bald!

18

Eine weinende Frau bin ich, o König mein,


Und ich bet, daß dein Reich komme mit süßem Trost
In die bangende Seele
Der umnachteten Dienerin.

Oh, die Träne, sie tropft, mir auf der Wange Weiß
Tropft sie blutig und heiß, bis auf die Lippe mir,
Die die Wehklagen schluchzet
Um das bittere Kreuz - mein Herr!

Sieh, verloren bin ich, elend Gefangene


In des Todes Gewalt und seiner tiefen Nacht!
All mein Sehnen, o König,
Ist es, mit dir den Tod zu sehn!

Wenn in schrecklicher Nacht, fern von der Lebenden


Eitlen Freude und Glück, blutig dein Königsherz,
Will ich auch mich begraben
In der ewigen Nacht mit dir!

Ruh am traurigen Herz, König, o süßer Sohn


Gottes, einmal nur laß die mir gestorbenen
Lieben Lippen mich küssen,
Küssen all meine Trauer fort!

Du, gehangen am Kreuz, bist meiner Seele Tod!


Ich hing mit dir am Kreuz, ja, und ich starb mit dir!
Und mit deinem Erstehen
Wird mein Leben erstehen auch.

Mirjam heiß ich, die Süß-Bittere, ich bin die,


Die du innig geliebt! ja mit dem Tod am Kreuz
Hast du innig geliebt die
Süße, bittere Mirjam, mich.

19

Besser ist ja der Tag, da dir das Ende kommt,


Als der Tag der Geburt (salomo sagte so).
Denn das Jammertal oder
Tal der Tränen ist Elends voll.

Manche Kümmernis brach mitten ins Herz hinein,


Großer Einsamkeit Nacht schattete das Gemüt,
Seufzer flossen und Tränen
Strömten über das Antlitz hin.

Der Dämonen Gewalt lockte zur Sünde und


Innewohnender Schuld narrte uns Welt und Fleisch.
Oftmals suchten wir Hilfe
Bei dem rettenden Blut des Herrn.

Stets zu tragen das Kreuz - elendste Schmachgestalt -


Ward uns manchmal zu schwer. Seufzen und Klagen drang
Vor den Thron des Geliebten.
Half er uns immer mit seiner Kraft?

Treu bewahrte das Herz in den Versuchungen


Der allmächtige Gott, Glauben bewahrte er
Und lebendige Hoffnung
Auf den ewigen Trost dereinst.

Mirjam, siehe, wenn dir kommt deines Todes Tag,


Sinken dir in das Herz göttliche, heilige
Apostolische Worte
Von dem kommenden Auferstehn.
Die petrinische Kraft und die paulinische
Weisheit sind dann mit dir, und es wird mit dir sein
Johanneische Liebe
Jesu, der deinen Tod dir starb!

20

Hallelujah dem Tag, da aus der Gräber Meer


Alle Frommen erstehn und die Lebendigen
Gott entrückt in die Wolken
Zur Versammlung der Heiligen!

Hallelujah dem Tag, da unser Retter kommt


Mit der heiligen Schar ewiger Engel, da
Zu dem Ton der Posaune
Jubel, Jubel in Lüften jauchzt!

Hallelujah dem Tag, da in dem Preisgericht


(Wenn das Feuer verzehrt jegliches Werk aus Stroh)
Die Belohnungen Gottes
Jeder Fromme empfangen wird!

Hallelujah dem Tag, da zu dem Hochzeitsmahl


Mit dem Bräutigam schön kommt die erweckte Braut
Ohne Flecken und Falten,
Seine Jungfrau ganz makellos!

Hallelujah dem Tag, da in des Meisters Arm


Mirjam ewiglich ruht, ruht an dem süßen Herz
Jesu, der sie geliebet
Je und je und sie an sich zog!

Hallelujah dem Tag, da von des Meisters Mund


Fließen wird wie ein Strom ewiger Liebe Lust
Mit der Süße des Kusses
Eines heiligen Bräutigams!

Halleujah dem Tag, da, in dem Angesicht


Gottes, Herrlichkeit schaut Mirjam, von Gott erlöst
Zu der ewigen Liebe
Und Glückseligkeit Paradies!

21

Wenn du vor mir durchs Tor, seligen Todes Tor


Schreitest, betend zu Gott, laß mir als Pfand zurück
Von dem träumenden Haupt ein
Weizengoldenes Frauenhaar;

Und als weiteres Pfand, die deine kleine Hand


Marianisch gespielt, deine Gitarre, die
Sang, die Gnade gefunden,
Melancholisch im Ton a-moll;

Und die Geige, die du spieltest mit süßem Weh,


An die Schulter gelehnt ihren Violenleib,
Als ob du einen Lieben
Voller Grazie tröstetest;

Und in himmlischem Blau und in Schneeweiß dein Hemd,


Das gehangen so schön um deinen weiblichen
Leib, vom Schöpfer geschaffen,
Blaue Lilie Scharons du;

Und das rosige Band hölzerner Perlen, das


Mit dem silbernen Kreuz dir um das Handgelenk
Jesuanischer Andacht
Hing in herzlicher Frömmigkeit;

Und die Bibel, die dir Weisung und Trosteswort


War, vom Geiste belebt, mit den Bemerkungen,
Deiner Lebenserfahrung
Denkmal, Herzenserfahrungen;

Und die Lyrik, die du zärtlich gedichtet hast,


Wie ein Zittern der Angst, einsame Dunkelheit,
Glaube, Hoffnung und Liebe
(Wie ein Gürtel Mariens) mir.

22

Weil du ewigen Tod kanntest als letzten Feind


Und gedürstet dein Herz, voller Lebendigkeit
Froh zu sein, darum wirst du
Tragen ewigen Lebens Kranz.

Weil du Schwermut gekannt und die vertrauerte


Melancholische Nacht weinender Einsamkeit,
Darum wirst du gekränzt mit
Freude, Freude, die ewig währt.

Weil du Sterblichkeit, ach, Krankheit, Vergänglichkeit,


Welken müden Gemüts littest, darum wirst du
Tragen blühende Kränze
Lebenslustiger Ewigkeit.

Weil du betend gekämpft, ach, mit der Sünde Macht


Und dämonischer Wut in den Versuchungen
Und der Welt, darum wirst du
Tragen Kränze der Heiligkeit.
Weil du sehr dich gesehnt nach der Vollkommenheit
Dieser Erde, die fiel und ward entwürdigt vom
Fluch der Häßlichkeit, darum
Trägst du himmlischer Schönheit Kranz.

Weil dich wenige nur kannten, so wie du bist,


Letztlich Einer dich nur kannte, so wie du bist,
Darum wirst du dereinstmal
Tragen Kränze des wahren Ruhms.

Weil du traurig geweint, ach, die Armseligkeit


Dieser Welt dich geschmerzt, die nicht die Liebe kennt,
Gott zu lieben und dich, so
Kränzt dich Gott mit der Liebe Kranz!

EVELINISCHE ODEN

WIEDER VERLIEBT!

Lang hab ich gebrannt in den roten Feuern


Heißer Liebesleidenschaft, doch vergeblich,
Denn du wiesest lächelnd zurück den Mann ver-
Schlossenen Herzens.

Nieder sank ich flehend zu deinen Füßen,


Deinen Namen schreibend auf Himmelstafeln,
Nannte, Evi, dich mein erkornes ewges
Mädchen von Eden.

Doch du riefest: Dichter, ich lieb dich nimmer,


Lieb dich nimmer, liebe dich nimmer, nimmer!
Du erschlugst mein Herz und ich starb in weher
Marter der Minne!

Doch erbarmte himmlische Jungfrau gnädig


Meiner sich, zu Lebzeiten durft der Beter
In den Himmel, leidenschaftsloser Liebe
Lebend zur Jungfrau.

Sieh, da kamst du, lächelnd, so süß, so reizend,


Riefest mich, besuchtest mich in den Nächten,
Schautest reizumschimmert, vertrautest weinend
Mir deine Tränen.

Weh mir! wieder flammt mir durch meine Nerven


Feuer der verzehrenden Liebessehnsucht,
Meine Seele träumt sich in Liebesszenen
Törichter Hoffnung.
EROTISCHE PHANTASIEN

Du, wenn ich erwache, gedenk ich dein, da


Überfällt mich süßeste Lust der Liebe,
Und ich schließ die Augen und seh dich innen
In meiner Seele.

In der Seele lebt mir im Licht dein Garten,


Da du wandelst, reizend bekleidet, Süße,
Nur mit Evas Feigenblatt, transparenter
Duftender Seide.

Seh ich deinen schneeigen Busen, seh ich


Deiner Brüste bräunliche Schönheitsflecken,
Deine Hüfte schwenken und strahlend deinen
Zierrat der Venus.

In mir lebt die Insel auch, da wir gingen,


Liebste, Mann und Frau für drei schöne Tage,
Da du gingest nackender Beine in dem
Schlüpfer zu Bette.

Seh dein Schlafgemach, da ich Wächter wache


Deiner Einsamkeit, deiner Ängste Engel,
Darf dich sanft entkleiden, in schöner Blöße
Liebend erkennen.

Alles nur ein Traum! Doch der Traum viel schöner


Als was Fleisch und Wirklichkeit je geboten,
Wenn du hast in himmlischen Liebesspielen
Dich hingegeben.

FREUNDSCHAFT

Kalt ist, die ich liebte einst, die mich liebte,


Fremd, die deine Freundin ist, fremd und kühl. Ich
Leide an der Kälte der Welt und sehn mich
Nach deiner Nähe.

Weine deine traurigen Tränen, Liebe,


Und vertrau mir all deine Ängste an und
Laß mich schaun das freundliche Lächeln deiner
Freundschaft, o Freundin.

O ich hoff, du hegst einen Herzenswinkel,


Da ich wohne, daß du mich etwas lieb hast.
Sieh, ich lieb dich! Liebe macht warm mein Leben,
Wenn auch vergeblich!
HERZLIEB

Du, unsterblich lebst du in meiner Seele,


In den Himmel werd ich dich mit mir nehmen,
Unauslöschlich steht dein Name geschrieben
In meinem Herzen!

In der Bibel les ich von dir: Ich lieb dich!


Spricht der Herr, du Mutter des Lebens! Auch im
Herz Mariens find ich für dich, o Evi,
Zärtliche Liebe!

WALLFAHRT

Ach! auf Knieen wallfahren möcht ich, möchte


Auf zerschundnen blutigen Knien zu dir wall-
Fahren, an dem traurigen Hain vorbei der
Seufzenden Bäume,

Silberteiche einsamer Schwäne lang und


Weiden melancholischer Mutterkühe,
Bis in deinen blühenden Garten mit den
Kränzen der Rosen,

Dort vor deinen Füßen mit roten Nägeln,


Deinen schlanken Fesseln zusammenbrechen,
Dann im Tod hinaufschaun an deines Leibes
Elfenbein-Tempel,

Seufzend voller Liebe den Geist verhauchen!


Fiele dann ein Strahl deiner Himmelsschönheit,
Sonne meiner Seele, auf mich, so würd ich
Selig erstehen!

HERBST

Herbst; das Laub färbt schön sich an bunten Bäumen,


Lebensbaum, du gehst mit den Jahreszeiten,
Auf die braune Wolle fällt braunes Haar dir,
Mutter des Lebens!

Deine Augen strahlten vor Hoffnungsfreude,


Deine Augen blendeten nicht den Seher,
Da die feinen schwarzbraunen Wimpern sanft die
Augen verschleiert.

In die Arme nahmst du den vielgeliebten


Sohn, mit ihm zu kuscheln, zu nuscheln, lieblich.
Ach ich wollte auch mich in deinen warmen
Armen verbergen.
Von dem Sohne nahmest du küssend Abschied,
Doch mich rührte nichtmal als Freund dein Händchen.
Als du gingest, setzte dein Sohn sich zu mir,
Lauschte den Märchen.

Oh die Nacht wie dunkel! der Dichter einsam!


Stets vergeblich Liebender! ward er Beter:
O Maria, sei mir wie Evi - aber
Liebend, Geliebte!

MARIANISCHE LIEBE

Manchmal wein ich: Menschliche Liebe fehlt mir!


Auch verließ mich mitten zur Nacht Maria,
Ließ mich gottverlassen so bitter weinen
Bittere Tränen.

Morgens fleh ich weinend zu Jesus - da kommt


Auch Maria wieder zu mir, die liebe
Mutter, Frau und Königin, und sie sagt mir:
Toto, ich lieb dich!

Und da denk ich, Evi, an dich und lieb dich,


Will dir sein ein Zufluchtsort, will mit ganzem
Herzen für dich da sein, bereit, dir meine
Liebe zu geben.

GEISTIGER KUSS

Evi, allersanfteste, allersüßte


Junge Mutter, vielmals geliebte Schönheit!
Als ich von dir schied, du mein Himmelsmädchen,
Sah ich dein Lächeln -

Deinen roten Himbeermund, Himmelsbeere!


Süßer wars als jeder geküsste Kuß wär.
Und ich küsste blauen Oktoberhimmel
Schwärmender Küsse!

RAHEL

Ich bin Jakob, der mit dem Engel kämpfte


In der Morgenröte. Mein Weib ist Lea,
Praktisch ist die Lea, zuhaus auf Erden.
Aber die Rahel!

Rahel mein mit leuchtenden Augentiefen


Ist begegnet Tiefen der Seele, Rahel
Ist mir die Bevorzugte! Gott im Himmel
Segne mir Rahel!

MUTTER

Meine Mutter zeigte mir nicht, was Mutter


Heißt. An dir, du liebende Evi, lern ich,
Was da wahre Mutterschaft ist: totale
Liebe zum Kinde!

Solche Mutter bist du: Ich wollt, ich wäre


Auch dein Sohn, warmherzige Mutter Evi,
Möchte dir im Herzen und in den Armen
Ruhen als Kleiner!

Ja! so ist die zärtliche Mutter Gottes,


Solche milde, gütige, süße Mutter!
Dieser Mutter möcht ich für alle Zeiten
Ganz mich vertrauen!

Gottes Weisheit, Schöpferin allen Lebens,


Kommt zum gottesfürchtigen Weisheitssucher
So wie eine Mutter - wie du - und so wie
Eine Geliebte!...

Darum sei gesegnet, geliebte Freundin,


Tief, um deines heiligen Herzens willen,
Von der lieben Mutter der Mütter und der
Ewigen Weisheit!

EVIS HIMMEL

Lieber Gott, im Himmel gibts Wein, das weiß ich,


Laß doch auch den Teestrauch in Eden wachsen,
Denn ich möchte Tee trinken mit der heilgen
Evi in Eden!

Heilge Evi, wohn ich in deinem Herzen?


Holt dich Gott ins Himmelreich, nimm mich mit dir!
Du, ich hab dich gern, meine liebe Freundin -
Du mich auch? sag doch!

VEREHRUNG

Auf der Wippe standest du hoch erhoben,


In den Himmel ragend, du blaue Blume,
Liebesgöttin, Königin meines Herzens -
Ich dir zu Füßen!
Im Café mit Blick auf Kanal und Weide
Deine weiße Hand auf dem weißen Teetisch -
„Küssen“ nennen Israels Liebesdichter
„Neshikah“, Evi!

DES SOHNES ZÄRTLICHKEIT

Liebste, du hast viel mit dem Sohn geturtelt,


Daß er ganz zur Zärtlichkeit wurde, Liebste,
Sitzt auf meinen Schultern - ich trag den Kosmos -
Streicht meine Haare,

Und wir sehn das Jesuskind in den Armen


Allerreinster Mutter und sehn die Engel,
Er tut auf die Lippen und trinkt den Tropfen
Wassers voll Wunder,

Wirft sich in den Schoß mir, umarmt mich innig,


Redet Kindersprache von Kinderfreuden,
Ich streich seine Pfirsichwange und schau die
Asien-Augen

Und die Wangen Asiens - ganz die Mutter:


Schöner Sohn! Ich sehe zur Mutter: weh mir!
Allzu schön bist du! und ich glaub, ich werde
Sterben an Schönheit!

GEBET

O Maria, himmlische Mutter, Herrin,


Nimm in deinen Schutzmantel meine Evi,
Schenke du ihr inneren Frieden, schenk ihr
Innere Freude!

Bade sie im Meer des Erbarmens Gottes,


Salbe sie mit göttlicher Liebe, kleide
Sie mit Jesu Zärtlichkeit, schmücke sie mit
Gnaden des Geistes!

Führerin der englischen Himmelsscharen,


Stell ihr einen streitbaren Engelsfürsten
An die Seite, daß er erkämpfe ihr den
Weg in die Freiheit!

Engel mögen, Heilige für sie beten,


Beten Eva, Evelin, Magdalena
Und ihr guter Schutzengel und, Maria,
Bitte für Evi -

Daß ihr Gott, der wohnt ihr in ihrem Herzen,


Schenke ihr das ewige Leben, Leben
Voller Glück und Liebe im Paradies als
Braut des Geliebten:

DIE FRIEDENSKÖNIGIN

DIE JUNGFRAU VON GUADELUPE

O Goldene, o Blume der Blumen! Ros’


Der Reinheit in der goldenen Sonne! Gras-
Grün ist dein blauer Sternenmantel,
Lilie der Lieblichkeit, Ros’ Kastiliens!

Vollkommne Schöne, himmlisches Ebenbild,


Ikone dieses Zeitalters, Jungfraun-Stern,
O Großes Zeichen, o Madonne,
Die du die steinerne Schlange tötest!

Weh mir! ach Stein und Schlange auch ich! ah weh!


Frau! laß mich deine Sichel dem Seraph gleich
Erheben vor der unsichtbaren
Und vor der sichtbaren Welt, Maria!

Das Kommen deines Reiches geht Ihm voran!


Du trittst die Himmelstreppe zu uns herab,
O Königin des Friedens! Kommen
Wird der Messias - - Maranatha!

JEHOWAH IST MEIN BRÄUTIGAM

Jehowah ist mein Bräutigam, ist mein Mann,


Mein Gatte - nur nach Ihm mein Verlangen steht!
Urewig Einer, alles Lebens
Schöpfrischer Quell in der ersten Ur-Nacht!

O Gott des Lichts! O Liebe! O Lebenshauch!


O guter, guter Gott, Du der Wahrheit Gott,
Du Gott in ganz vollkommner Schönheit,
Sabbaoth himmlischer Heeresscharen!

O Vater Jahwe, Abba, mein lieber Gott!


Mein Gott ist der Allmächtige, reich an Huld,
Ist gnädig, gnädig und barmherzig,
Ist in Barmherzigkeit Schoß der Mutter -

Die Ur-Idee der Schönheit in Perfektion


Schuf Gottes Mutter, Unsere Liebe Frau,
Uns Freundin ist die sel’ge Jungfrau,
Schatz meines Herzens die Braut des Ew’gen!

AN EVI

So viel ich schöne Frauen schon sah und seh,


Scheinst du der Holden Holdeste mir zu sein,
Die Lieblichste in meinem Sinne,
Der deine traurige Seele liebhab.

Ja, die vollkommne Schönheit Maria gab


In Mexiko ein himmlisches Wunderbild,
Ein Bildnis ihrer Anmut. Evi,
Du bist am ähnlichsten meiner Herrin!

Ich sag dir das in herzlicher Zärtlichkeit


Und ohne jede wilde Begierde, fühl
Ich wie ein Hirte für sein Schäfchen,
Schwester, für dich, meine Wunderschöne!

AN INKA

Holdsel’ge Seele, Anmutgestaltige,


Du lebst, denn Gott ist lebender Seelen Gott!
Wer glaubt, wird nie und nimmer sterben -
Wo du auch seiest, ich grüß dich, Inka!

Ikone marianischer Anmut du,


Du wohnst in meiner Bibel, im Psalmenbuch.
Die Jungfrau segne dich, Geliebte!
Jesus, dein Bräutigam, liebt dich ewig!

Glücksel’ge Seele, die du mir Segen bist,


Wir leben in der Liebe des Bräutigams!
Du Schwanen-Jungfrau, rein wie Jade -
Ewig wird Gott dich mit Leben kränzen!

AN BERNADETTE

Einst in Lourdes in Zelten der Minneritter,


Unter hohen Kiefern und grünen Bergen
Und den Glocken der Kapelle
Unserer Immaculata Mirjam -

In den südfranzösischen Mitternächten


Die zerrissne Seele litt Seelenqualen,
Qualen! Stern der Magdalena
War ihm der Balsam der Mitternächte.

Liebende in Sommerromanzen liebten,


Wie der junge Perser Johannes Esther -
Die chinesische Madonna,
Mutter der Gnade, hat sie gepriesen;

David von dem Volke von Jahwes Zion


Schöne diamantene Jungfrau liebte:
Stern der schönen Mitternächte,
Eine holdselige Gottestochter!

Junge, unbescholtene, schöne Seele


Trat sie sanft, erbarmungsvoll, gütig, freundlich
Zu dem leidenden Poeten,
Lächelte... zeigte ihm Romas Schönheit.

IN DER SCHENKE

Zimbel und Leier ertönt, schmachtender Stimme Gesang


Von unglücklicher Liebe singt.
Da begrüß ich den Kelch, grüße den goldenen Wein,
Trinke meiner Magdalee zu:
Freundin! du wähltest mich! Wenn ich dereinst dich seh
In dem Garten des Morgensterns,
Will ich küssen, o Frau, dir deinen schaumweißen Fuß!
Grüß die Heiligenkönigin,
Grüß deinen Bräutigam, grüße den göttlichen Herrn,
Dessen Weisheit ich heute mich weih!

Jungfrau Maria, dich grüß heut ich beim Schlürfen des Weins,
Liebste, dir trinke ich maßvoll zu!
Siehe, Liebste, mein Herz, siehe mein Inneres ist
Wie ein heiliger Tempelraum,
Dir vor allen geweiht, ja, und du wandelst darin
In der strahlenden Grazie, Frau!
Nicht wie die Maler dich einst malten, die Engel der Kunst,
Raphael, Michelangelo,
Nicht wie mein dichtender Traum dich in der Seele gemalt,
Sondern wie du dich geoffenbart
In Amerika einst, Schlangenzertreterin,
Apokalyptische Herrin der Welt,
Strahlst du im inneren Licht, Sonne des Herzens, mir auf,
Wandelst die Himmelstrepppe herab.

Schau, ein Mädchen betritt eben die Schenke allein,


Weiß gewandet, mit blonderem Haar,
Von der Seele umschwebt, weibliche Anmut ganz.
Zärtlich blicke ich zu ihr hin,
Schüchtern schaut mir ihr Blick unter den Wimpern zu,
Und ich leere den Kelch auf sie.

GEBET FÜR MIRJAM


O Maria, bitte bewahre Mirjam
Treu in deinem heiligen Herzen, Dame,
Mütterlicher Zärtlichkeit sie begnade,
Immaculata!

Führ an deiner himmlischen Hand die Schwester


Durch das Tal von Disteln und Dornen, Stacheln,
Schütze sie vor Schlangen und Skorpionen
Hier in der Wüste!

Gib ihr alles, was sich ihr Herz wünscht, Herrin,


Was sie sich von dir und von deinem Sohne
Wünscht: die ganze göttliche Liebe und die
Menschliche Liebe!

Grüß sie in der Stille, im tiefen Schweigen,


Fern dem lauten Plappern der Heiden grüß sie,
Grüßt sie vor der Hostia dich, o Jungfrau,
Dich und Messias!

(Mir, o Frau, erhalte den Andachtswinkel


Stets in Mirjams Herzen; ich will sie lieben;
Will mit ihr vereinigt in deinem Herzen
Ewiglich leben!)

HIMMLISCHE HARFE

O die Stadt unsres Herrn möge stets lustvoll sein,


Bei dem rauschenden Quell unter dem Lebensbaum,
Bei orangener Frucht glühend im grünen Laub,
Da die Wohnungen Gottes sind!

Gott, gewähre mir, Gott, Wohnung in deiner Stadt!


Eine Harfe wird dort lehnen an goldner Wand,
Auf dem Diwan, beim Wein, sitzen vorm Blumenstrauß
Heil’ge Dichter versammelt da.

Aus dem Elfenbeinturm freut dich das Saitenspiel,


Aus dem Elfenbeinturm Davids ertönt ein Psalm.
Und da tret ich vom Turm an das kristallne Meer
Zu dem heiligen Lobgesang.

Paradiesische Frau’n singen mein Lied mir vor:


Gatte ist mir mein Gott! singen sie leis mir vor,
Wie auf Erden ich sang Christinnen, soll es dort
Schöner tönen im Himmel mir.

Paradiesische Frau, nimm mich an deine Hand!


Den bezaubernden Mund laß mich besingen dir!
Inspirierender Mund siegle den Dichtermund,
Ros’ der Rosen, o Liebe Frau!

Laß mich den Lorbeerkranz legen vor deinen Fuß,


Deinen Fuß auf dem Meer, welches voll Monden ist,
Leg den Lorbeerkranz du, Magnificat-Sängerin,
Vor die Füße dem ew’gen Gott!

DIE FLUT

Diesen Sommer die Flut stürzte aus Himmelsnacht,


Schleusen taten sich auf, Schleusen des Himmels auf,
Und die sprudelnden Brunnen
Ließen Ströme schwellen zur Flut.

Deiche brachen, das Land lag unter Moderschlamm,


In die Häuser hinein stieg die empörte Flut,
Vieh ertrank in den Wassern
Und viel Menschen starben den Tod!

Sieh, da klagen sie Gott, Gott den Gerechten an,


Die nach Gott nie gefragt, seinen Geboten nicht!
Und vor gottlosen Sündern
Soll sich nun rechtfertigen Gott?

Falsche Götter habt ihr euch in der Zeit gemacht,


Euren sportlichen Gott Herakles tief verehrt,
Aphrodite in Lastern,
Habt zum Kaiser Mammon gekürt!

Über Satan ergeht schließlich das Weltgericht!


Satan, der da die Welt will ins Verderben ziehn,
Satan zieht seine Kinder
In die See aus höllischer Glut!

Noch ist gnädige Zeit, noch ist der Gnade Zeit!


Sieh, die Königin ruft Menschen zur Umkehr auf,
Medjugorje des Friedens
Ruft uns auf zur Liebe zu Gott!

Die verdient das Gericht, hören der Gnade Ruf!


Darum ward auch die Glut Jüngsten Gerichtes uns
Mild zu fließenden Wassern.-
Kauft euch nun die Gnadenzeit aus!

Schaut zur Königin auf, die uns die Hoffnung zeigt,


Weckt den Glauben in euch, göttliche Liebe lebt!
Chinas Märtyrer zeugen,
Wenig fromme Deutsche davon!

Makellosestes Herz göttlicher Mutter! dir,


China will ich dir weih’n, weihen das deutsche Land,
Rußland dir und die Erde!.
Geh nun in die Arche, o Welt!

Wölbt sich über ihr schön Bogen des Friedens doch


Und den öligen Zweig bringt uns der neuen Welt
Gottes Taube, die Jungfrau -
Jesus auf dem Berggipfel steht!

AN DIE WAHRHEIT

Die Deutschen suchen redlichen Sinnes dich,


Sie suchen im Verstand zu ergründen dich,
Und mit Erforschen und Betrachten
Lesen sie Heilige Schriften Gottes.

Die nackte Wahrheit will der Verstand für sich;


Aufklärerische Rationalisten sehn
Doch nur Skelette von Gesetzen,
Kennen des Herzens Geheimnis nimmer!

Denn du, o Wahrheit, liebst das Verschleiertsein


Und hüllst dich in die heilige Schönheit ein!
Byzanz und Roma kennen Schönheit,
Preisen die herrliche Jungfrau selig!

Schau, Wahrheit, ich zur lieblichen Schönheit hin,


Da fühl ich Liebe, fühl ich Begeisterung,
Da ahn ich dein Geheimnis, Wahrheit,
Liebendes Jesusherz, schöne Wahrheit!

AN MIRJAM

In Geduld, in Geduld gehn wir der Liebe Weg.


Liebe göttlicher Art, menschlicher segne uns.
Beten, beten und beten,
Daß den Füßen leuchte ein Licht,

Wollen wir und das Herz achten als Ebenbild.


Sei die Seele uns wert, Gottseele Ahnenden.
Wahrhaft wollen wir immer
Wahrheit sagen, in Liebe nur.-

Fällt dir goldblond das Haar bis in den Nacken und


Ist es blond, doch nicht gold wie bei der Märchenfee,
Bist du Jesus die Schönste,
Die nicht eitel nach Schönheit fragt;

Doch die Schönheit verehrst, Schönheit der Seele liebst,


Daß der Mensch, den du liebst, weih’ sich der Liebe ganz;
Achtest Schönheit der Sprache
In weissagender Poesie,

Wenn du andere auch Dichter verehrst als ich


(Sei der deine geschätzt, schätze den meinen auch);
Schreibe Haikus zur Nacht, des
Tages Summe traumtrunken schon.

Mir nur gebe Ein Wort, das mir die Seele heilt,
Ob ich Dichter noch bin, einzige Leserin,
Dir genehm; deine Seele
Gebe heiliges Echo mir;

Der auch singen dich will, wie du erschienen bist


In der Bilokation goldenen Glorie mir,
Englisch tanzend im Regen
Oder schimmernd um Mitternacht,

Meine Engelin mir, heimisch im Himmelreich,


Meine Kirche (denn sonst kenn keinen Christen ich),
Holde Hirtin dem Schwane,
Die du in mir Heimatrecht hast!

DIE KAISER

Unter Salomo blüht’ Israels Königreich.


Zu der heiligen Zeit Kaiser Augustus’ ward
Uns geboren der Herr, König der Könige uns! -
Griechisch-römische Welt brachte ihm Konstantin dar,
Carolus Magnus das Reich fränkischen Abendlands.
Den Ottonen, dem Schirm marianischer Zeit,
Folgten die Spanier, die weihten Amerika Gott;
Doch die Armada sank!

Aufklärerischer Verstand metzelte nieder den Thron


Und die Revolution brachte den Freimaurer vor,
Der setzte Moskau in Brand. Gegen Thron und Altar
Standen die Bürger auf. Bolschewistische Schar
Schlug Mariens Knecht, russischen Zaren tot.
Da erhob sich das Tier, doppelten Hauptes das Tier,
Deutschlands finstrer Tyrann, Rußlands finstrer Tyrann;
Israel litt und Byzanz!

Pastor Angelicus sprach Christen von Demokratie,


Da die Herrschaft so schlecht oder so gut wie das Volk.
Und das Heil’ge Konzil sprach von vereinigter Welt,
Von der Regierung der Welt. Und Mariens Papst
Sprach von der neuen Kultur, Liebe und Leben sei
Fundament der Kultur, und es weiche der Tod!
(Südamerikas Hirt baute Kommunen auf,
Da der Arme sein Werk schafft für den Armen nur,
Nicht aber Mammon dient!)
Grüßt der Heilige Frau Armut aufs neue nun?
Menschenbrüderlichkeit unter der Lieben Frau
Hoffen die Betenden, ihr, Friedenskönigin, ihr,
Mutter der Muslim, Mutter Amerikas,
Indiens Mutter, die Ruß ward ihrem Herzen geweiht,
Ihr ward geweiht die Welt! Wendet die Welt sich zu
Himmlischer Königin, werden Geschwister sein
Alle Menschen, das Fest wahren Friedens beginnt,
Dantes Weltmonarchie, Universalharmonie
Unter dem Herrn der Herrn!

DIE PRIESTER UND DER POET

Nein, nicht daß sie verstünden den Dichter, nein,


Der von dem Ruf berichtet, ergangenem,
Die hohen Frauen zu verehren
Als die geliebteren Ideale;

Die ausgeschlossen weibliche Welt, die nur


Die greisen Damen väterlich weiden und
Barmherzig ihnen, voller Mitleid,
Tropfen der Gnade des Ew’gen spenden,

Die selbst sich hingegeben dem Ew’gen Wort,


Der intellektuellen Idee von Gott,
Und gehen mit dem Bruder Jesus
Einsame Wege in ihren Pfarren,

Den Freund zu bringen in die Familien, dort


Bei Tee und Kuchen göttliche Liebe zu
Verkünden und dann fortzugehen
Mit einem Gruß an die Muttergottes.

Doch was ist Minne? Nicht die behaglichen,


Die alten Pfarrer, auch nicht die geistigen,
Die jungen Denker, nicht erkennen
Rasend anbetende Dichterliebe,

Verehrung der Marien, in ihnen die


Glorreiche Jungfrau flammend zu lieben, die
Nicht Nonne oder Amme, welche
Herrliche Herrin und Minnedame,

Die ihn erkennt, die liebliche Jungfrau, ruft


Den Dichter zum Altare des Wortes, da
Die Weisheit ihm ein Mahl bereitet,
Ewige Weisheit, die Fleisch geworden!

Da steht der Priester, siehe, von Gott geweiht,


Er macht das Zeichen, faltet die Hände, hebt
Die Arme auf zum Himmel, betet,
Kniet vor dem Lamm, spricht die heil’gen Worte

Und bringt das Herz des Dichters, der Frauen Herz,


Der Liebe Gottes heiliger Weihe dar
Und ruft des Geistes Liebesflamme,
Die da verzehrt das geweihte Opfer,

Und teilt im Namen Gottes die Weisheit aus


Und nährt das Herz mit göttlicher Liebesglut
Und sendet den Poeten zu den
Frauen im Segen der Minne Gottes!

DER SATAN UND DIE SEELE

Und Mauern stellt der Satan der Seele auf


Und undurchdringliche Wände mit böser Macht,
Verdirbt die Freude ihr am Schönen,
Reißt sie in innere Widersprüche

Und lockt sie zu den falschen Propheten fort


Und läßt der Liebe Gottes sie widerstehn
Und macht zum Opfer sie des Hasses,
Hasses auf Menschen und auf den Ew’gen,

Daß sich der Seele Herz dem Gebet verschließt


Und sich verschließt der Botschaft der Königin -
Und doch der Friedensbotschaft Gottes
Liebliche Rede erquickt die Seele,

Denn wer vermag der Jungfrau zu widerstehn?


Das Himmelsbild der Schlangenzertreterin
Steht heilig vor der Seele Augen:
Und vor der Jungfrau wird fliehn der Drache!

AN DIE FREUDE ALLER FREUDEN

Tochter Gottes, Blume des Paradieses,


Nektar und Ambrosia, süßes Küssen
Ist es, dich, o Freude der Freuden, allen
Morgen zu grüßen!

Wandle mir voran an dem dunklen Tage,


Goldne Wolke herrlichen Jubels, wandle
In der Nacht voran mir als Stern und Flamme
Tiefer Beschauung!

Innen wohnst du, Quelle des Jubels, innen,


Schöne Zimbelspielerin allen Preises,
Tänzerin der himmlischen Tänze in der
Freude der Hochzeit!

Bitterkeit verbittert dich nicht, o Süße,


Wermut trübt dich nimmer, o klare Quelle,
Und kein Winter bleicht dich, o rote Rose,
Rot von der Liebe!

Deine Schmerzen, Freude der Freuden, deine


Leiden wirken Hoffnung und Trost und Leben
Quillt aus deinem Schoß und die Auferstehung
Nächten des Todes.

O daß ich dich grüße, daß ich dich küsse,


Jungfrau, meine Quelle des Jubels, meines
Paradieses Garten, aus Gnade Göttin,
Wonne des Ew’gen!

ZUR GEBURT EINES KINDES

Sehr schön ist Judith, schöner Maria noch,


Ganz klein, ist sie die Größte im Himmelreich!
Ich glaub, Sie dankt euch, daß ihr Gottes
Mitschöpfer waret an neuem Leben!

Speist ihr die Jesushostie, segnet sie,


Die durch die Taufe heilige Schwester wird!
Lernt, Kind zu sein, vom lieben Kinde!
Danket der seligen Freude Abba!

AN GOETHE

Viel der Dichter hab ich geliebt, bin dem Griechen der Deutschen
Und dem Reimer gefolgt, dem da der Wohllaut vertraut,
Folgte dem Griechen der Briten und folgte dem Römer der Briten
Und dem Dichter der Fee, englischer Eva Poet,
Dichter glückseliger Donna und dem David der Deutschen,
Überepischem Zug folgt ich, dem Bardensang nach.

Immer aber, mein Alter, kehr ich zu dir und zur Ruhe
Auf dem Diwan beim Wein, lese im Kerzenschein dich
Und genieß deine Lieblichkeit, lieb deine Grazien alle,
Deine Musen, den Gott, der dir geführt dein Genie.-
Vater der Deutschen, wenn du mich hörst im Elysischen Garten,
Gib deinen Genius mir, der da der Weisheit geweiht!

AN DEN SCHLAF

Strengen Denkens müde, der Wahrheitssuche,


Will ich werden Findender. Komme Gnade
Wie einst zu Endymion Luna. Küss mich
Träumer Maria!

Meine Lider senken sich auf die Augen,


Daß ich meine Augen im Innern auftu.
Schlaf, des Todes Bruder, du Himmelspforte,
Laß du mich Gott schaun!

DAS LEBEN

Das Leben ist ein flüchtiger Schatte nur,


Ist eines Träumers vielfach verworrner Traum,
Ist Blume, welche blüht am Morgen,
Aber am Abend zur Erde hinsinkt.

Ein Hauch nur ist das Leben. Sei heiß der Hauch,
Sei glühend er gewidmet dem Wein und Geist
Und hohem Lobe wahrer Schönheit.
Göttliche Liebe vor allem liebe!

Dann wird des Lebens Blume erneut erblühn


Im ew’gen Lenz, der glühende Hauch wird frisch
Im frischen Athem Gottes athmen,
Ewige Freude das Leben schenken!

AN JURI

Ich schrieb antike Oden am Mittelmeer


Einst bei Les-Saintes-Maries-de-la-Mer, da sang
Ich deiner schönen Mutter eine
Sapphische Ode an Aphrodite.

Da riefen wir ein Kind aus dem Himmel, doch


Die Weisheit Gottes wollte es anders, nicht
Ich sollte sein des Kindes Vater,
Aber das Kind doch zur Erde kommen.

Nun bist du da! In himmlischer Schönheit du


Liegst in den Kissen, süßester Säugling du,
Mit lichten Augen eines Engels,
Hast mir im Lächeln mein Herz erobert!

Und nun gehört mein Herz dir! Ich bring dein Herz,
Ein Priester, betend, göttlicher Liebe dar,
Dich segnend mit dem heil’gen Zeichen,
Sing ich dir himmlische Freudenlieder!

Wie wir uns lieben, Liebling! zum Himmel schaun


Und mit den Vögeln fliegen zum Sonnenlicht!
Wie du bin ich ein Kind, vertraue
Gott, der einst sog an Marien Busen.

AN QUENTIN

Am Himmel schweben sah ich ein schönes Bild,


Da eine liebe Mutter ein Kind gebar.
Ihr Sohn war göttlich, war der Retter,
Der uns vom Tod und vom Bösen rettet!

Da kam ein roter Drache, der böse war,


Der fressen wollt’ das göttliche Kind der Frau.
Die Frau floh mit dem lieben Sohne
Und ward verborgen in weiter Wüste.

Da kam der größte Engel, ein herrlicher


Und ganz aus Licht gemachter, mit Flügeln an,
Ein goldnes Schwert in seinen Händen,
Hat er geschlagen den bösen Drachen

Und hat ihn aus dem Himmel geworfen, ja,


Hinab in einen stinkenden Feuerteich!
Da kam die liebe Mutter wieder
Mit ihrem göttlichen Sohn, dem König!

Der Gottessohn nun saß auf dem Königsthron


Und seine Mutter saß ihm zur Seite auch.
Und alle Kinder waren glücklich,
Spielten für immer im Paradiese!

GEBET FÜR DEN PAPST JOHANNES PAUL II.

Abba im Himmel! Christi Stellvertreter auf Erden,


Den sanftmütigen Christus der Erde, unseren Vater,
Petri Nachfolger auf dem Apostolischen Stuhle,
Segne vom Himmel!

Mach ihn zum Garanten und Zeichen der Einheit der Kirche,
Ihn zum Felsen der Einigung Deines christlichen Volkes,
Ihn zu aller gottsuchenden Menschen heiligen Vater
In Deiner Gnade!

Hilf in seiner Schwäche ihm, Friede, Friede auf Erden


Allen den Menschen Deines Wohlgefallens zu künden,
Allen den Völkern des Lebens Freudenbotschaft zu künden,
Göttlicher Weisheit!

Ihm, dem bevorzugten Sohn der himmlischen Mutter Maria,


Mit dreifaltigem Charisma Petri, Johanni und Pauli,
Schenke Deine Kraft und Deine Weisheit in Jesus,-
Jetzt und für immer!
DIE ODE

Sappho sang die lesbischen Anmutmädchen,


Kränzte mit den Rosen der Pieriden
Göttin Aphrodite im bunten Throne:
Oh tot Adonis!

Lesbia gefolgt ist mit heißem Schmachten


Roms Catull, unglücklicher Liebe Sklave,
Lobte Ariadne auf Naxos, lobte
Liber, den Löser!

Lydia und andere Mädchen lobte,


Zucht und Sitte, Landleben, Wein und Armut
Und den Freund Mäcenas Horaz und ehrte
Jupiters Cäsar!

Siehe, in der neueren Zeit der Ode


Muse wählte Hölderlin sich zum Sänger,
Diotimas Liebenden, welcher liebte
Christos, den Heros!

Gottes Offenbarung im Odenfluge


Sang der Welt der deutsche Psalmist, der liebte
Cidli, Klopstocks Liebe, vor allen aber
Vater Jehowah!

AN MIRJAM

Nicht die Wallfahrt nach Lourdes sing ich dir nun, südliches Frankreich nicht,
Da die schneeweiße Ros’ du auf den Fels legtest im Grottenraum,
Sondern Heimreise sing heute ich dir, da du im Wagen saßst
Neben mir, ich nicht schlief, wachte des Nachts, dachte der Wallfahrt nach.

Und du legtest dein Haupt mir auf den Schoß, schliefest gerechten Schlaf:
Im jungfräulichen Schoß lag so der Leib Christi der Pieta!
Schmerzensmutter von Lourdes! Laß mich dir gleich mütterlich gnädig sein!
Sei mir heilig der Mensch, göttliches Bild, Ursakrament von Gott!

Morgens dann in dem Dom Zelebration, Freiburg, ich glaube, wars,


Augen fielen mir zu, sah ich im Geist, wie du mich auferweckt
Mit dem zärtlichsten Schlag, schaute ich auf, sah ich dich betend knien,
Vor der Hostie dich, Engel des Herrn, Führerin mir zu Gott!

DIE HIMMLISCHE MUTTER

„Ich weiß, du bist sehr müde, mein liebes Kind.


Willst du mir folgen bis in das Paradies?
Im Garten scheint das Licht des Lebens,
Siehe, du findest dort Ruh und Liebe,

Dein Herz wird heil, das Menschen verwundet oft.


Sieh, ich bin da. Du siehst mich? Begib dich nun
In meine Arme, Süßer, sauge
An meinen Brüste das Heil der Seele!“

AN REGINE

Freundin! freundlich bist du, suchst du mir ein Geschenk,


Fragst nach meinem Begehr, leiblichem Wohle gar?
Weins genung ist zur Nacht da,
Doch für Bücher ist knapp das Geld!

Welche Bücher ich mag? Neuere Schreiber, ach,


Haben närrisch sich ja Götzen der Zeit versklavt,
Nichts Erhabenes find ich,
Adel nicht im Gestottere!

Wenig Brüder, und ach, auch nur verkannte, hab


Ich in unseren Jahrhunderten, aber leb
Fern der Gegenwart, fern in
Philosophischer Welt Horaz’,

Mit Vergilius fromm, liebevoll mit Ovid,


Klage will ich Catulls hören im Beichtgespräch,
Ehr’ Alkäos und Pindar,
Lieb die lesbische Sappho sehr!

Also weißt du es nun, wes ich mich freu, ich freu


Deiner Freundlichkeit mich, will sie vergelten dir
Mit dem Honig von Maro
Und Gebeten zum Meeresstern!

AN EROS

Zwar kamest du sehr mächtig daher, kein Kind,


Als Jüngling an mit brennender Fackel, warfst
Den Brand in Mark und Bein und branntest
Hitzig das Herz mir zum Aschehaufen -

Und schwangest dich zurück in Cytheres Schoß.


Nun meinst du, Eros, ohne dich könne nicht
Der Sänger singen? Meine Muse
Schaut stillversonnen und lächelt weise

Und weist das Mädchen Philia mir, die sing


Ich mit der Seele Frieden, und mehr noch gar
Als Charis ehre ich die heil’ge,
Göttliche Agape, meine Herrin!

AN CHINA

Mein China, altehrwürdiges Volk! Mein Herz


Ist bei dir, Kind des Himmels! Der Vater gab
Zur Mutter dir die Weisheit Tao,
Weiseste Männer dir zu Propheten!

Der Lieder Buch, der Wandlungen Buch bewahr’,


Bewahre die Gespräche des Meisters dir,
Das Buch von Tao und von Tugend,
Südlichen Blütenlands Mystik hüte!

Das Erbe auch der Strahlenden Majestät


Bewahr’, des Himmelssohnes der Tang (es war
Nie eine Tochter Chinas schöner
Als die tagtäglich in Milch gebadet)!

Bewahre deiner seligen Dichter Schatz,


Das trunkne Lied, den himmlischen Schwung Li Bai’s,
Des ernsten Du Fu und des Dichters,
Der seine Magd hat geehrt als Muse...

Die Guan Yin verehrst du, doch, China, sieh,


Matteo Ricci hat dir geoffenbart
Die wahre Gnadenmutter, wahre
Mutter des göttlichen Himmelssohnes!

Die Jesuiten, Brüder Franziskus’ und


Des Dominikus brachten die Botschaft dir,
Das Lächeln gnadenvollen Gottes,
Himmlischen Vaters, des Himmels Chinas!

Verworfen hast das Kaisertum du, doch dann


Die Freiheit nahm der rote Tyrann dir weg!
Des Himmels fromme Kinder werden
In deinen Mauern nun hingeschlachtet!

Das Opferblut der Märtyrer schreit zum Herrn!


Doch ihr Verdienst wird Freiheit erflehen dir!
Dann wird die Kirche Chinas neue
Weise der Weltkirche Gottes schenken,

Ein engelgleicher Lehrer aus China wird


Konfuzius katholisch beerben, dann
Wirst du auch wieder Dichter haben,
Welche dein Erbe dem Himmel singen,

Der Gnade singen, jadener Jungfrau Lied,


Der reinen Pfirsichblüte des Himmels! - Dann,
O China, kommendes, gedenk auch
Des, der in Deutschland dich liebte, China!

AN DIE EVANGELISCHEN BRÜDER

Brüder, unter euch hielt lang ich mich auf und fand
Tiefe Liebe zum Herrn, Liebe zur Heil’gen Schrift,
Fand ein Streben nach Wahrheit,
Doch auch Feindsäligkeit gegen Rom.

Unter euch hat der Geist heilig gesät den Geist,


Ökumenischen Geist! Heiliger Geist verheißt
Heute allen Gemeinden
Gottes Einigkeit mit dem Herrn!

Unsre Kirche ruft heut Ruah der Wahrheit an,


Denn der Heilige Geist wirke die Einigung!
Menschlich scheint es unmöglich,
Aber Gott will es! und so gelingt’s!

Welche unter euch, ach, schüren die Feindschaft, die


Sie verleumden die Braut, Kirche der Heiligen,
Hure Babel sei Zion -
Torheit ist der Verleumdungsspruch!

Roma wird ihren Schatz, Schriften und Tradition,


Apostolischen Stuhl nimmer verleugnen, nie
Seligpreisung der Mutter
Gottes leugnen, sei ferne das!

Anders gäb sie das Herz christlicher Liebe auf,


Das katholische Herz seliger Zärtlichkeit.
Doch begrüßt sie euch, Brüder,
Um des gemeinsamen Zeugnis’ willen!

Nur den Betern allein kann es gelingen, das


Zum gemeinsamen Mahl alle gelangen einst. -
Apostolisch und heilig
Und katholisch ist Christi Braut!

AN MIRJAM

Der Herbst beginnt. Einst wurde Pierrot gestäubt


Und Colombine barg den Verwundeten
In ihrem Schoß. Wenn nun die Wetter
Kommen, will ich mich bei dir verbergen.

Der Regen prasselt laut an dein Fensterglas.


Ich lieg auf deinem Sopha beim Stofftier da,
Unter der Decke, auf dem Kissen,
Schau in die flackernde Kerzenflamme.

Du spielst mir auf dem Cello Konzerte vor.


Ich schau zum Bild der Jungfrau von Lourdes und tupf
Dir einen Tropfen Wunderwasser
Sanft auf die Stirn unterm blonden Schleier.

Nachtblauer Himmel wölbet sich über uns


Mit den Plejadensternen, versinkenden:
Der mütterliche Mantel hüllt in
Gottes Barmherzigkeit unser Leben.

Dies ist ein Traum. Doch laß mich im Herzen dein,


Geschwisterlicher Liebe entflammten Herz,
Nur immer ruhn und wärme mich mit
Treue der betenden Hirtenliebe!

AN DIE EINSAMKEIT

Schwermutbrütende du, Einsamkeit, wie willst du


Ein lebendiges Wort reden mir in das Herz,
Schattest du meine Kammer,
Wo da find ich der Hoffnung Heil?

Sieh, wie elend ich bin, siehe, wie schwach ich bin,
Mir bekräftigt kein Mensch hier meine Menschlichkeit,
Auch kein blühendes Fleisch macht
Meines Fleisches mich hier gewiß,

Auch kein segnender Mund sagt mir ein Gotteswort,


Auch kein denkender Geist schenkt mir das Geistesglück
Wechselseitigen Zeugens
In der Schönheit Idee; mir ist,

O gewaltige du, Einsamkeit, ist durch dich


Mein verzagteres Herz nur auf sich selbst gestellt.
Bin ich einzig auf Erden?
Wem dann, Seele, singst du dein Lied?

Singen will ich allein, wie mir mein Herz gebeut!


Weiß denn einer, ob ein kommendes Kind es hört,
Ob es ungehört hinsinkt?
Dunkle Einsamkeit, herzensstill

In des Herzens Gemach hör ich die Königin,


Die vom Hügel mir spricht heiliger Liebe Wort:
„Mensch, ich liebe dich! Liebe
Du mich auch! und sing Gott dein Lied!“

ZUM ELFTEN SEPTEMBER


Die Mörder aus Arabien, voller Haß
Auf alle Christen, und auf Amerika,
Ermordeten vieltausend Menschen,
Menschen, unschuldige! Aber nie wird

Gemeiner Mörder Märtyrer heißen, nie


Ein Hund und Mörder kommen ins Paradies!
(Verabscheun werden ihn die Huri,
Mahomed wendet sich angewidert.)

Du aber auch, Amerikas Herrscher, nicht


Ergreifst du, was dem Frieden dient, willst den Kampf
Von Gut und Böse gar entscheiden
Mit den unmenschlichen Waffenwerken;

Doch Jesu Jünger kämpft nicht mit Fleisch und Blut,


Die Christen kämpfen gegen Dämonen durch
Gebet allein, wir sollen beten,
Wie es der Herr lehrte, für die Feinde.

Die Stunde ist besonderer Gnade Zeit,


Denn in der Herzegowina offenbart
Sich in Marie von Medjugorje
Jesus als König des Friedens, Jesus

Ist Friedefürst! Er lebe, er lebe, wie


Die Sonne ewig! Berge des Libanon,
Ihr sollt den Frieden fruchten! Wann wird
Israel weise und salomonisch?

Wann wird das fromme Volk des Koran das Wort


Vom Frieden, den alltäglichen Friedensgruß,
Ergreifen und dem Zeichen folgen
Unsrer jungfräulichen Mutter Jesu!

Denn Gott ist gnädig, voller Barmherzigkeit,


Der da die Friedenskönigin uns gesandt!
O Mutter der Muslim, Maria,
Jungfrau Jerusalem, wirke Frieden!

Versöhnt euch! Friede! Siehe, schon rief der Papst


Die frommen Beter jeglicher Religion
In das Assissi des Franziskus:
Gott wird erhören Gebet des Friedens!

Zwar Satan will den Krieg, will Vernichtung gar


Der ganzen Menschheit, aller der Schöpfung - Doch
Am Ende triumphiert das heil’ge
Herz der Königin ew’gen Friedens!
AN KLOPSTOCKS SEELE

Ob du nun auf dem Jupiter droben schwebst,


Ob aufgestiegen du schon zur Sonne bist,
Wer weiß das, ob du schwebest bei der
Rose des Himmels, bei dem Altare?

Ja, droben auf dem blühenden Morgenstern,


Auf Orionen, zauberumgürteten,
Da feiren sie, des Lichtes Söhne,
Heilige Feiern der Ewigkeiten!

Sind denn die Freunde alle, die du besangst,


Bei dir, und lebt ihr tiefe Betrachtungen,
Und lebt ihr, bei dem Kelch der Weisheit,
Sänger, den heiligen Hymnen Gottes?

Siehst du nun Miltons seligen Schatten gehn


Bei dem des Mäoniden? erhebet der,
Wenn zu ihm kommt Messias’ Sänger,
Hebet Homer sich von seinem Stuhle?

Hat dir, dies frag ich, Weisheit begehre ich,


Dein Engel Salem Wahrheit dir prophezeit
Von Liebenden in Liebeshimmeln,
Siehest du wandeln Petrark mit Laura?

Ist Meta Cidli heilig dir zugesellt


Und wandelt beide, zärtliche Seelen, ihr
Im ew’gen Freudengarten Evas,
Sulamiths liebliche Lieder lispelnd?

Du ehrtest Sie, die Herrscherin, Richterin,


Die Huld des Höchsten, Gottes Barmherzigkeit!
So bist du selig! Feire Jesus!
Fleh den Messias für deinen Enkel!

REISESEGEN

Baltrum! Sieben Inseln ruhn im ostfriesischen Meere,


Aber die kleinste du, die in dem Perlenkranz gar
Die bescheidenste, ja, verschlafnes Dornröschen genannte.
Mir bist du Heimat. Und hätt einst das Geschick es gewollt,
Wär ich in dir zur Welt gekommen, du Reich meiner Mütter.
Nun begrüße du freundliche Freundinnen mir,
Evelin grüß und Karine grüß und Quentin und Juri!
Mutter, schenke der Schar Ruhe und glückliche Zeit,
Hagebuttengeschmückte, den Kleinen kindliche Freude,
Schenke ihnen des Meers herrlichen Rauschegesang,
In den Dünen bereite ein Bett den Müden und sende
Sanfte Kaninchen vorbei, sage den Träumenden dies:
Alle Schöpfung will spielen vor Gott wie die glücklichen Kinder!
Seliger Meeresstern! strahl deinen Segen des Lichts
Auf die Lieben herab und gib ihnen Ruh von der Mühsal,
Heilige du den Bund liebreicher Freundschaft der Fraun
Und erscheine den Kindern im Traum und zeige den Schatz des
Heiligen Nikolaus, der da fuhr über die See.
- Mag auch Eine gedenken vergangenen Urlaubbs, gedenken
Des Poeten auch, der hier gefunden sein Glück.
Er verehrt den reetdachgedeckten Rundtempel, wünscht sich
Hier ein Stoßgebet zu dem all-liebenden Gott!

AN EVI

Ich sitze in der Schenke und denk der Zeit,


Da Schmerz der Liebe mir mein Gemüt zerriß
Und durch den blut’gen Spalt ich schaute
Tief in die Mitte des Weltalls Gottes -

Und sah den Evelinischen Kosmos, sah


Die Blaue Blume wandeln als Königin
Und stieg auf ihrer Spur zum Throne
Gottes - - vom Blitze getroffen stürzt’ ich!

Ich lag im Staub, da weckte Maria mich,


Sie nahte mit Gefolge von Heiligen,
Von Mystikern und Büßerinnen,
Hob mich hinauf in das Reich der Himmel!

Da schweb ich nun in seliger Ruh, da leb


Ich in der Friedenskönigin Friedensreich
Und liebe voller Zärtlichkeit die
Liebliche Blume des Paradieses!

Ich hab am auferstandenen Leibe noch


Die Spuren meiner Wunden, am Herzen noch
Die Liebesnarbe; sehn’ mich manchmal
Töricht zurück nach den Liebesschmerzen...

AN MARIA

Maria, einst im Maien verlangte ich


Nur dich zu lieben, Einzige, Liebe Frau!
Ich weihte dir die bleiche Traumfrau,
Welche der Träumer dir nachgebildet,

Ich wollte von dem Schatten zu der Idee,


Idee der Schönheit höchster Vollkommenheit!
Da weihte ich mich deinem Herzen,
In deinem Herzen dem Herzen Jesu.
Ich pilgerte zur Grotte, da du dereinst
Erschienen, und verlobte mich an dem Quell
Vorm Sakrament des Tabernakels,
Jungfrau, mit dir, und ward Freund der Weisheit.

Da aber brach die Leidenschaft sich den Weg,


Da glühte ich, da liebt’ ich ein schönes Bild,
Und in Verlangen und Verehrung
Huldigte wieder ich einem Gleichnis.

Fürwahr, die unerwiderte Leidenschaft


Mir rammte einen Pfahl durch des Herzens Fleisch,
Ich lag im Staube unter Tränen
Einsam im nächtlichen Hain der Trauer.

Ich sah das Mädchen sternengekrönt im All,


Mich dorngekrönt am Kreuze! Ich starb! Ich ward
In deinem Schoß begraben, Mutter,
Die du mich salbtest mit deinen Tränen.

Du führtest meine betende Seele in


Das Himmelreich der Heiligen in dem Mai,
Da du im Säuseln schöner Stille
Heiliger Zärtlichkeit zu mir sprachest.

Da, Jungfrau, schien die Sonne des Glücks mir auf


Im Hain der Friedenskönigin.- Schau, ich lieb
Vor allen dich, mein Seelenfriede,
Die du bist Himmel in meinem Herzen!

O nimm des Herzens Schlüssel aus Jesu Hand


Und schließe zu, daß niemand mehr aufschließt, und
Schließ auf und laß mit dir allein mich
Bräutigam sein in dem Brautgemache!

CHARIS

Schau, Geliebte, o Freundin, ich kann dich nimmer vergessen,


Noch heute nach dem schwarzen Schreckenstraum
Zittern mir alle Glieder, ist sehr erschrocken die Seele,
Weil mich der Dämon überwältigt nachts,
Drückte mich, presste den Atem mir ab, ich rief nach der Jungfrau,
Bis mir der Gott erschien als kleines Kind.

Nun aber sitzt mir der Traum in Mark und Gebein und die Seele
Sehnt sich nach warmer Liebe süßem Trost;
Freundin, du könntest mich trösten mit umarmenden Armen
Und süßem Lächeln deines schönen Munds,
Klagte ich deiner Seele die bange Angst meiner Seele,
O Charis, wärst du Licht in meiner Nacht.

II

Ich brauche nie mehr wirklich dich anzuschaun


Und muß nicht werben mehr um die Liebe dein
Und zu dir mit dem Wagen rasen,
Heimkehrend aber durch Wälder schleichen;

Denn du bist mein, mein eigen, im tiefen Herz


Bist du, in meiner Herzkammer eingeschreint,
Dort seh ich deine Götterschönheit
Lächeln unsagbarer Liebesanmut.

III

Charis, keine der Fraun je zu vergleichen dir,


Noch so reizend und schön oder so schwesterlich,
Meine schöneste Schwester,
Du mein inneres Eigentum!

Werk der Augen getan, tu ich nun Herzenswerk.


Nicht mehr werb ich um dich, weil du mein eigen bist,
Meiner Seele Gemahlin,
Frau im Brautbett der Einigung!

Deine Augen sind Stern, lächelndes Himmelreich,


Eine Rose dein Mund, Lilie dein weißer Leib,
Eine Aue der Wonne
Innen in mir, ja, die bist du!

Du mein innerer Trost, innere Freude mein,


Bild der ewigen Frau, göttliche Schönheit du,
Liebe, Herz meines Herzens,
Mir vertraut von dem lieben Gott!

IV

Dein Garten ist ja nicht von der Welt, das Grün


Ist meiner Seele Hoffnung, die Iris blau
Ist eine heimliche Geliebte,
Keuschesten Kelches vorm weißen Falter.

Dein Garten ist ja nicht von der Welt, das Licht


Der Sonne ist das Licht meiner Liebe, schön
Die weißen, roten, goldnen Rosen
Kränzen dich, heilige Schönheit, Charis!
V

Wohl, ich sahe dich, Frau, fruchtbarer Mutterschaft,


Gottesmütterlich dich, Gottesgebärerin,
Einen Kosmos im Schoß, Mutter des Weltenalls,
Große Mutter der Fruchtbarkeit;

Wohl, ich sahe dich, Frau, säugen den kleinen Sohn,


Auf dem purpurnen Bett unter der Decke blau
Du im seidigen Weiß, Göttin mit Gottessohn,
Jungfrau, schwellender Mutterbrust;

Aber seh ich dich, Frau, innen im Herze mein,


Dich von Amor verklärt, Schönste der Frauen, dich,
Bist du meine Begehr, all mein Verlangen du,
Mir erotische Seelenbraut!

VI

In der Nacht, Geliebteste, sah ich deine


Dunkelblaue Blumengestalt auf Sternen
Durch des Universums Gebreite treiben,
Herrin des Weltalls,

Und mich fasste Liebe zu deinem Himmel,


Daß ich bat die ewige Gottheit: Vater,
Oh, ich möchte beten zur schönen Charis:
Herrin der Liebe!

VII

Sind erotische Fraun, schön, so doch schöner du,


All du meine Begehr, schöner, erotischer,
Lusterregender Reize
Reichste Königin meines Fleischs.

Doch das ist nicht dein Sieg, der mich zu eigen gibt
Dir, dein eigen bin ich, weil du mit siebtem Sinn
Liest im Buch meiner Seele,
Ohne Worte verstehst du mich!

VIII

Mond der Mitternacht du, dämmernden Schweigens reich,


Du unendliche Nacht, kosmische Blume blau,
Universum der Seele
Bist dem Sänger der Liebe du!
Mit dem Morgenrot du steigst aus dem Meer der Nacht,
Dunst und Schleier von Tau hüllt deinen Lilienleib,
Rosenarmige Göttin!
Deine Brustspitze mich durchbohrt!

IX

Meine Liebe bist du, weil ich dich nicht begehr,


All mein Frieden bist du, weil ich verzichtet hab,
Weil ich innig dich lieb, ohne zu lieben, lieb,
Du mein himmlisches Ideal!

Weise bist du und schön! Weisheit und Schönheit dein


Ist ein Spiegelbild, rein, makellos, unbefleckt,
Meiner Geistseele Geist, Göttin der Seele mir,
Du Idee aus der Liebe All!

Nur weil Andre neben dich treten, Charis,


Kenn ich dich, du unter den Frauen Schönste,
Die du mit erotischer Vollmacht lehrest,
Tochter der Lieder.

Ist die Jugend liebreizend anzusehen,


Jugend sehr verführerisch anzuschauen,
Scheint mir immer: Jugend ist Torheit, aber
Weisheit ist Charis!

XI

O deine Stimme! Ich bin bezaubert, Charis,


Deine Stimme ist eine Himmelsdichtung,
Nachtigall, du Tochter des Liedes, Charis,
Süß deine Stimme!

O deine Sprache! Ich verehr dich, Charis,


Deine Sprache ist rein wie der Poeten,
Edel und erlesen wie alte Schriften
Ewiger Weisheit!

XII

Sterne, o Sterne! Gleichen Sternbilds, Charis,


Der Geheimnisse Freundin, des Geschlechtes,
Wir geboren, Kalmus im Moor ist unser,
Scorpioweibchen;
Nicht aber unterm selben Mond alleine,
Auch im selbigen Jahr geboren beide,
Jahr der Schlange, wie die Chinesen sagen,
Du meine Schlange;

Siehe, die Handvoll Tage, die uns trennen,


Sind Orions und der Plejaden Nächte,
Da Orion jagte die Siebensterne,
O du Plejade;

Zwillinge sind wir, Kinder Eines Schöpfers,


Eine Mutter des Lebens war uns gnädig,
In das selbe Lebensbuch schrieb der Ew’ge
Unsere Seelen!

XIII

Du hast dich geschrieben in meine Seele,


Nahmst zur Tusche Rosenblut deiner Schönheit
Und zum Kiel den Rosendorn der Begierde,
Schriebst in die Seele,

Schriebst in die unsterbliche Seele, Charis,


Deines Namens Schriftzüge: Liebe heißt du,
Schönheit heißt du, Anmut und Liebreiz ist dein
Ewiger Name!

XIV

Traurig, meine Seele ist traurig, Charis,


Aber deshalb nicht ist die Seele traurig,
Weil du sie nicht liebtest - Ich traure, Charis,
Traurig vor Weltschmerz!

Du bist meine Zuflucht, vor deinem Antlitz


Und vor deinem lieblichen Lächeln, Liebe,
Scheint die Welt mir nicht mehr so bitter, gar so
Bitter, o Süße!

XV

Wir Seelen von dem Schwermutsgeschlecht, und du


Und ich, wir sind vom Schicksal geboren in
Der Nacht der Heiligen und Seelen,
Wandelnd schon lebend im Reich der Schatten!

So seufzen wir im Tränental, schwermutvoll,


Und wandeln nur entgegen der tiefern Nacht,
Wo du mir wirst zur Paradiesfrucht,
Weib meiner Weihnacht, geweiht der Weisheit!

XVI

Schweben will ich ins All, glühn in des Weltalls Herz,


Ob im glühenden Herz find ich die Blume blau
(Einst im Odenwald sah ich
Über deinem Gemache Gott!),

Sehe blauende Nacht, rein wie kristallner Tau,


Funkelnd Schimmer vom Mond, und auf dem fernern Stern
(Nach entfleuchendem Dunkel
Aus der Nacht taucht der Morgenstern)

Seh ich Bäume voll Frucht, Blüten zugleich am Baum,


Goldorangen im Laub, grüne Limonen auch,
Seh dich unter dem Baume
Purer Schönheit im Paradies!

Der lebendige Strom, Wasser des Lebens netzt


Deinen schwebenden Fuß über dem goldnen Pfad,
Durch die perlende Pforte
Strömen wir in der Liebe Licht!

Eins, vereinigt und eins! Wonnegefühl und Lust


Gießt der Geist in den Geist! Gottes Vereinigung
Mit der Seele vereinigt
Herz und Herz der Glückseligen!

DER WEIN

Weil ich verlassen bin und keine Liebe mir leuchtet,


Weil so bitter die Welt, und weil so dunkel die Nacht,
Ruf ich dich, du heiliger Gott in dem irdischen Kelche,
Der du mein strömender Trost, oder bist du nicht mein Trost,
Spende mir Weisheit, Einsicht und erleuchtete Augen,
Denn dein Herz ist aus Blut, Geist bist du, fließender Gott!

Fließendes Licht der Gottheit in dem rosigen Wingert,


Sing und spiel mir zum Tanz, lösche die Traurigkeit aus,
Lösche die Traurigkeit, lösche den Weltschmerz, Elend und Tränen,
Sing den Hochzeitsgesang, tritt in die Kelter mit Kraft,
Laß es spritzen, das Blut deines Herzens, blutende Minne,
Deinen begeisternden Geist, Zunge mit Feuer benetz!
Unterzusinken in meiner dunklen Einsamkeit Becher
Ist des Schicksals Gebot, sei du mein Wegegefährt,
Leuchte mir vor in der Nacht mit deiner rosigen Fackel,
Triefend umranktem Stab, Wanderer du in der Nacht
Mir an der Seite, geleite mich zum seligen Lager,
Wo der Traum mich entzückt, Seele mir lacht in dem Blut!

II

Mein Herz, es ist zerrissen, mein Herz zerriß,


Die Qual, sie trat die Kelter, es spritzte Blut,
Es spitzte Blut, ich trank die Ströme,
Ah! ich betrink mich am Blut und sterbe!

O Tod, gib keine Lethe mir, gib mir Blut,


Des Lebens Blut gib, das ich erlechze, gib
Das Blut des Lebens, gib vom Weine,
Welchen der Heiland vergoß am Holze!

III

Dichter, lad ich dich ein, komm aus dem Schattenreich,


Spann das Feuerpferd an, eile von Mond und Stern
In die Einsiedelei des
Der nicht Bruder zum Trinken hat!

Schenke weder noch Braut, die dir den Gott vertritt,


Wirst du finden bei mir, aber Gespräch, o Freund,
Von der Weisheit und Dichtkunst,
Du bring himmlische Weine mit!

Sind betrunken wir dann, lalle von Liebe dann,


Paradiesfrauen sing oder Triumphgesang
Gloriosa, o Dichter,
Gehst du, schlaf ich getröstet ein.

IV

Wein und Weiber, Weiber und Wein betören


Weise? Wärens Weise, würds sie betören?
Allerliebste Torheit, die Buhlerinnen,
Weibliche Torheit,

Allerliebste Torheit, die Buhlerinnen


Wissen zu betören und - bleiben ferne,
Ferne Torheit! Nah ist allein die Torheit,
Weiser, des Weines!
V

Wie lang noch, Herr, wie lange noch? Großes Leid


Befällt mich diesen Herbst, da der Regen strömt,
Fällt lauter Wasser aus den Himmeln -
Warum denn regnets nicht trockne Weine?

Ich tanzte auf den Straßen, vom Wein benetzt,


Den Weibern allen glühte der Wangen Scham
Und lüstern alle drängten dicht sich
Heiß in dem goldenen Harem, aber

Nun sitze ich allein und die Träne tropft,


Die Träne in den Weinbecher tropft, allein
Sitz ich im Regen vor dem Weine,
Weine und weine allein vorm Weine.

VI

Vielgeliebte, du singst nimmer mein Liebeslied


Einsam dir in dem Bett dämmernden Mondes vor,
So vergeblich erscheint meiner Verliebtheit Lied,
Wem Geliebte, wem sing ich vor?

Wein, mein Tröster und Trost, römischer Dichter schreibt


Mit dem Wein auf den Tisch, schreib ich mein Liebeslied
Mit dem Finger im Wein, schreib auf dem Tisch im Wein,
Schreib, und schlürfe den Rotwein auf.

VII

Ich schreibe, weil die Seele so übervoll


An Leiden bis zum Rand meiner Kehle ist
Und singe, singe um mein Leben,
Ob ich mir irgend noch Trost ersinge!

Ich trinke, weil die Seele so leer, so leer,


So leer, ob noch die Herrliche sie erfüllt?
Die Leere ist dem Gott gewidmet,
Der sich mir einflößt im Rebenblute!

VIII

Komm, ich beschwör dich, Liebe, in tiefer Nacht,


Komm nicht am Tag mit Tagesverpflichtung, komm
Zu mir um Mitternacht, Geliebte,
Komm wie ein Genius aus den Himmeln,
Komm, o Geliebte, trinke den Wein mit mir,
Trink Wein, Geliebte, bis dir die Wange glüht,
Den Becher küsse mit den Lippen,
Küsse, Geliebte, des Mundes Rose!

IX

Schwester! Kluge Jungfrauen trinken immer


Heiße Schokolade in Dichterstuben,
Blättern in Papieren, studieren Dichter,
Dichter! und nüchtern!

Komm du in die Höhle des schwarzen Panthers


Sinnlichkeit, der Jungfrauen reißt, der heißes
Blut wie Wein säuft, trunken vom herben Weine
Trunkener Liebe!

Trinken, Singen im Übermaß -


Singen: Wer sang Gesang meinem Gesange gleich,
Übermäßig und reich und schön,
Von der kommenden Welt schnöde vergessen, wer

Trank und sang so im Übermaß -


Trinken: Trinkt ihr den Wein, einsame Seelen ihr,
Die vergeblich der Liebe denkt,
Wisst, ihr werdet mein Blut trinken im roten Wein!

XI

Früher, Vielgeliebte, stand Gott geschrieben


In den Büchern heiliger Seher, Leben
Dir bekundend, Buße gebietend, Glauben,
Liebste, gebietend.

Heute steht mir Gott in dem roten Weine,


Gott des Blutes, blutender Gott der Liebe,
Gott des Bechers, weinender Gott der Minne,
Herrin, der Minne!

XII

Rot das Morgenrot, rot, rot ist des nachts der Mond,
Rot dein lockiges Haar, rot ist dein Rosenmund,
Rot die Brustspitze, rot, Schamlippe Purpur rot,
Rot mein Blut ist und rot der Wein!
XIII

Was denn blutet im Herz? Ist es der rote Wein?


Ist er süß oder herb? Allzeit von Leiden herb!
Trocken, trocken wie Tränen,
Herb wie Erde im Ernteherbst.

Was denn blutet im Herz? Ist es mein eigen Blut?


Das schwermütige Blut, Melancholei vom Mond,
Blutend, blutend wie Tränen,
Weinend, weinend wie Einsamkeit!

Was denn blutet im Herz? Ist es, o Frau, dein Blut?


Dein Blutsbräutigam ich, Blutsbronnen offen du,
Tauchst du mir aus der Vene,
Morgenröte des Roten Meers?

XIV

Gott, ich bin ein Kelch deiner Gottesfluten,


Schwermutsbecher deiner Glückseligkeiten,
Weinest in mich einsamer Tränen Blutschweiß,
Ich bin dein Kelch, Gott!

Nun ist es an dir, o mein Gott, nun hebe


Du den Kelch zum durstigen Munde, Heiland,
Wenn dich dürstet, Heiland, dich dürstet, trinke
All meine Tränen!

MAGDALENA UND JESUS

JESUS:
Nimm mein Fleisch, o Mirjam, nimms zum Gedächtnis,
Weil ich dich auf all meinen Wegen liebte,
Trink mein Blut mit durstigem Munde, Mirjam,
Meine Granatfrucht!

MAGDALENA:
Ich soll dein Granatapfel sein, o Jesus?
Bin nur eine staubige Wüstenöde,
Da dich der Versucher versuchte, Jesus,
Gras ist mein Fleisch nur!

JESUS:
Will ich doch dein Fleisch, o geliebte Mirjam,
Durch die kleine Hostie dich vergotten!
Denk nicht an die Nichtigkeit deiner Seele,
Du bist mir Göttin!
MAGDALENA:
Oh, gedenk der Einigung in dem Fleische
Benedeiter Hostie ich, so wein ich,
Überlassen heute so ganz mir selber,
Weilst du mir ferne!

JESUS:
Wenn ich ferne weile, geliebte Mirjam,
Nur um die viel näher zu sein, o Freundin,
Geh ich in den Ölgarten deiner dunklen
Einsamkeit, Mirjam!

MAGDALENA:
Schön ist, Jesus, Einsamkeit, bin Gebet ich,
Aber schwarze Isolation der Seele
Ist der Seele Einsamkeit, Jesus, wenn ich
Gott nicht mehr finde!

JESUS:
Sagen auch die Evangelisten, Jesus
Sei im Ölbaumgarten allein im Leiden,
Ist mein Trost, o Mirjam, du leidest mit mir
Tödliche Trauer!

MAGDALENA:
Stern der Wermut, Bitternis-Sterne walten
Über meinem Schicksal, wie Gottes Flüche!
Schon als Kind statt süßester Milch der Mutter
Trank ich den Essig!

JESUS:
Ich nun speis die Galle der Kindheit, Mirjam,
Ich nun trag die Flüche des Schicksals alle,
Der ich nach dem Willen des Vaters leere
Bitterste Becher!

MAGDALENA:
Leere sie, o Jesus, für mich, ich dürste
Nach Orangen, Pfirsichen, Milch und Wasser!
Aber warum, Ewiger, muß ich trinken
Bittere Becher?

JESUS:
Auserwählte Seele, sei glücklich, Mirjam,
Weil ich dich mir einigte in dem Fleische,
Will ich mich dir einigen in den Tränen
Tödlicher Ängste!

MAGDALENA:
Wenn dich der Verräter im Kuß verraten,
Wag ichs nicht, Geliebtester, dich zu küssen,
Unter meinen strömenden Tränen deine
Tränen zu küssen!

JESUS:
Nicht der Kuß ist, Liebe, Verrat an Jesus,
Küsse lieb ich, welche die Liebe küsset.
So, bevor die Stirne mir Dornen kränzen,
Küss meine Stirne!

MAGDALENA:
Aber küsse, Jesus, auch mir die Stirne,
Nicht die Lippen, Jesus, wie andre Männer.
Aber warum kommen wir nicht zum Küssen?
Mußt du so leiden?

JESUS:
Siehe, mit neunschwänzigen Peitschen geißeln
Sie mich, Liebe, gläserne Splitter schneiden
Schmerzlich in mein sündloses Fleisch um deinet-
Willen, Geliebte!

MAGDALENA:
Wie ich es erleide, o Jesus! Selber
Schneid ich mir mit gläsernen Scherben Wunden,
Daß ich eine Bluthochzeit feire, Jesus,
Mit dir alleine!

JESUS:
Deines Blutes Blut bin ich, Vielgeliebte,
Deines Fleisches Wunden geworden, Mirjam,
Ja, ich bin der Schmerz, zu erlösen alle
Selbstische Liebe.

MAGDALENA:
Lieben will ich, lieben, o Vielgeliebter,
Aber diese Leiden nicht mehr ertragen,
Tragen nicht die fürstliche Krone solcher
Dornen im Herzen!

JESUS:
Wie mir alle Dornen zu Rosen werden,
Deinetwillen, denk ich an dich, Geliebte,
Bett ich mich in Stacheln und Disteln, Mirjam,
Gleichwie in Liljen!

MAGDALENA:
Heil, dir werden Dornen zu Rosen, Jesus,
Aber meine Lilien werden Stacheln!
Liebe meine Stacheln, o Dorngekrönter,
Mach mich zur Lilje!

JESUS:
Wirst du nicht zur Lilie, Vielgeliebte,
Denke, daß die Lilien oft so stolz sind!
Du bist Fleisch, die Blume des Grases, die auf
Golgatha blühet!

MAGDALENA:
Alle Frauen sehe ich weinen, Jesus,
Alle seh ich mitleiden deine Leiden,
Alle tröstest du. Warum nur allein mir
Trost nicht zuteil wird!?

JESUS:
Weil ich mehr dich liebe als alle andern!
Wird mir denn die Tröstung zuteil, Geliebte?
Endlos ist mein Leiden, seh ich dich weinen
Trostlose Tränen!

MAGDALENA:
Sollte meine Tröstung dich trösten, Jesus,
Trockne meine Tränen, o Vielgeliebter,
Daß du nicht so leiden mußt, o mein Jesus,
Trostlose Leiden!

JESUS:
Leid ich deine Trostlosigkeiten trostlos,
Werd ich der Erlöser sein und dein Tröster!
Bleibst du bei mir, Freundin, folgst meinen Füßen,
Werd ich dich lösen!

MAGDALENA:
Simon von Kyrene, er trägt dein Kreuzholz,
Aber ich bin, Jesus, zu schwach im Leiden,
Dir dein Kreuz zu tragen, du Sohn des Menschen,
Bitte vergib mir!

JESUS:
Mit dem Leibe weniger muß ich leiden,
Leide schwerste Leiden der Seele, Schwester!
Wer will meine Leiden der Seele leiden,
Um mich zu lieben!?

MAGDALENA:
Löse von dämonischen Seelenschatten
Mein beflecktes Inneres, o mein Heiland!
Lebens-Angst und Schwermut verbittern schmerzlich
Mir meine Seele!

JESUS:
Unter deinen Herzensdämonen leid ich
Mehr als du! Ich stürz in den Staub der Erde!
Du bist Gras, ich aber ein Wurm, der Staub frißt,
Heilige Seele!
MAGDALENA:
Deine Füße wollte ich küssen, Jesus,
Deine Hände küssen, die segensreichen,
Aber deine Menschen durchbohren dir die
Hände und Füße!

JESUS:
Auf das Bett des Kreuzes mich so zu legen
Mit den Liebesleiden des Menschensohnes
Hab ich freien Willens beschlossen, Mirjam,
Für dich zu bluten!

MAGDALENA:
Einen Tropfen deines Erlöserblutes
Lasse von der schöpfrischen Rechten tropfen,
Meine blassen durstigen Lippen netze
Mir mit dem Rebsaft!

JESUS:
O! ein Tropfen meines Erlöserblutes
In die Wüste deines verlornen Herzens
Tropfend, wandelt dir deine Wüste um in
Fruchtbaren Garten!

MAGDALENA:
Eines Gartens Fruchtbarkeit? Meine Wüste
Schreit, wie eine durstige Hindin, Rehbock,
Den der Jäger jagte im Morgenrote,
Traf und erlegte!

JESUS:
Gott hat aus dem Schoß meiner Mutter, Mirjam,
Mich gezogen, mich an der Brust der Mutter
Einst genährt mit Milch – und nun dürst ich, dürste,
Dürste nach Liebe!

MAGDALENA:
Alle meine Liebe will ich dir schenken,
Ist es auch ein Tropfen nur, nur ein Fünklein,
Sieh es an als Meer oder Waldbrand, Jesus,
Gott meiner Liebe!

JESUS:
Komm doch näher, Mirjam, ich glüh vor Sehnsucht,
Daß mich jemand herze nach meinem Herzen,
Ich, von allen Menschen verlassen, brauche
Deine Liebkosung!

MAGDALENA:
Jesus, du der Schönste von allen Menschensöhnen,
Nun von Blut und Wunden entstellt, gar häßlich,
Schönster Jesus, laß mich verzweifelt deine
Füße umfassen!

JESUS:
Weine, weine, Mirjam, zu meinen Füßen,
Ist mir doch, als küsstest du meine Lippen,
Die zerplatzt vom Dürsten nach Liebe, Mirjam,
Stille mein Dürsten!

MAGDALENA:
Wie denn kann ich mehr dich noch lieben, Jesus?
Ärmste aller Armen ist deine Mirjam,
Bin ein Nichts! Die Nichtigkeit meiner Seele
Will dich liebkosen!

JESUS:
O, ich bin so glücklich im Leiden, Mirjam,
Daß ich dir mein Blut, meine Schmerzen schenke,
Schenke dir im Mitleiden einen Bruder:
Siehe Johannes!

MAGDALENA:
Oh, Johannes wagt es nicht, dir am Herzen,
Dir an deinem Busen zu ruhen, Jesus,
In der Ohnmacht stürzt er in treue Arme
Mutter Mariens!

JESUS:
Deine Mutter, Mirjam, und deine Schwester
Ist, die mich geopfert am Kreuz dem Vater!
Sie fürbittet, o Mirjam, für dich zum ewgen
DU, deinem Gotte!

MAGDALENA:
DU, o unergründliche Gottheit! Weh mir,
Jesus ist am Kreuze gestorben, Jesus,
Christus ist am Kreuze gestorben, Christus,
O tot Messias!

(Stille der Nacht.)

MAGDALENA:
Tot ist Glaube, Hoffnung und Liebe! Weh mir,
Wehe, wehe! Was ich vollbring, mein Opfer,
Ist, nur einen Leichnam in Duft zu hüllen,
Duftende Leiche!

JESUS:
Mirjam, Mirjam! Wen bei den Toten suchst du?
Suche in der Lebenden Land das Leben,
Unsichtbares Leben, das unvergänglich,
Sieh du im Menschen!
MAGDALENA:
Wer denn bist du, Mann in dem grünen Mantel,
Mann, bist du ein Gärtner im Todesgarten?
Was ist denn ein Mann, fehlt die Liebe Jesu!?
Oh wo ist Jesus?

JESUS:
Mirjam, Mirjam! Ich bin’s! O Vielgeliebte,
Ich bin mit dir! Ewiges Leben, Mirjam,
Pneuma-Fleisch und heilige Seele geb ich
Meiner Geliebten!

MAGDALENA:
Anzubeten, Jesus, zu deinen Füßen,
Deine Schönheit, Gott im verklärten Fleische,
Darf ichs, kann ichs? Sieh die Verwirrung meiner
Weiblichen Seele!

JESUS:
Ich bin Du, denn Du bist in Mich verwandelt,
Ich bin tiefer Du als Du selber Du bist,
Ich bin Dein, Dein göttliches Du, Geliebte!
Liebe Mich, Mirjam!

ODEN AN DIE DUNKLE NACHT

ERSTER TEIL

Mein Wäldchen, lichter Buchenhain, dunkler Hain


Von immergrünen Kiefern, verschlungene
Waldwege ziehn durch dein Gewölbe,
Mutter Natur, hier durch deinen Tempel.

Wenn mit den Hündchen täglich die Bürger gehn


Und feierabends läuft das Gesundheitsvolk,
Dann meid ich dich, wenn auch die scheuen
Eichhörnchen flüchten vorm Volk der Bürger.

Doch wenn des Nachts ich kehre zu meinem Haus


Von einem frommen Bibelgespräch, allein
Rabbuni Jesus war das Thema,
Liebender Bräutigam Magdalenas –

Empfängst du schweigend mich in dem Heiligtum,


Der Lebensbäume ehrfurchtgebietendem
Dom der Natur, der alten Mutter,
Da mir die Lüfte wie Liebesboten

Erscheinen, da mir predigt die Stille in


Dem holden Glanze goldenen Abendsterns,
Die Mondin schon im Osten anhebt,
Mystisches Schweigen spricht leis: Maria...

Wie oft ich auch am Tage geirrt, die Welt


Mich narrte mit den Zungen der Narretei,
Geschwätz der Toren, Lärm der Wagen,
Alles bewirkt, daß die Seele kranket –

Begeb ich mich allein in dein heiliges


Geweihtes Therapiezentrum, o Natur,
Seh ich das Liebesspiel der Sonne
Zärtlich in Gipfeln der Kronen tanzen,

Seh ich die Blätter zittern empfindungsvoll,


Wie Bibelseiten raschelnd im Geisteswind,
Beschrieben mit der Schrift der Weisheit
Uralt im Blutbuchen-Buch des Lebens,

Kommt in der Hochzeit mystischen Schweigens mit


Des Himmels Liebesflüstern im Lüftchen mir
Der Frieden über die Vernunft in
Meine verwundete Seele, siehe,

Da spricht der Therapeut meiner Seele sanft


Im Wind, der Hauch, der Heiland, von Ruhe mir,
Von heiligen Beruhigungen
Liebesgeflüster die ewge Weisheit.

O Jungfrau, in dem Dunkel der Glaubensnacht,


Da Zweifel meine Seele verzehren, komm,
Zertritt das Haupt der alten Schlange,
Tritt den Verführer dir unter, Jungfrau!

Leg ab das schwarze Trauergewand, o Frau,


Und kleide dich mit Linnen der Heiligkeit
Und deinem gloriosen Golde,
Nimm deine rosigen Perlenschnüre,

Das Muschelkettchen leg an den Schwanenhals,


Den Myrrhebeutel zwischen die Brüste leg,
Den goldnen Ring tu an den Finger,
Der dich den seligen Minnern antraut,

Setz in das schwarze Haar dir das Diadem


Aus lichtem Glanz des siegreichen Morgensterns,
Die Lippen rosig laß erblühen,
Winken die Wimpern der Morgenröte,

Leg deinen bloßen Füßen Sandalen an


Und tanz in den Sandalen den Hochzeitstanz,
O Sulamith von Mahanajim,
Tritt auf das lüsterne Haupt der Schlange!

Vom Monde, Unbefleckte, vom Monde komm,


Im Freudenglanz der herrlichen Sonne komm,
Heerbannerschrecklich wie die Heerschar
Alle Verführungen überwinde!

Die Weisheit hat sich Zion erwählt, ihr Zelt


Steht auf Moria, Jungfrau Jerusalem
Sah Gottes Weisheit, Fleisch geworden,
Jesus, erlösende Weisheit Gottes!

Tu, makelloser Wohnsitz der Weisheit, auf


Die enge Perlenpforte zum Paradies
In deinem Schoße, Jungfrau Mutter,
Meine Erlöserin mit dem Sohne!

Judith komme zu mir, komme am Morgen schön


Mit dem langschwarzen Haar und dem Verführungsblick,
Aus dem neunten der Himmel
Tret sie segnend ans Bett zu mir!

Wohl, glorwürdige Frau! das ist der Frauen Art,


Männern, heiß vor Begier, trennen das Haupt vom Rumpf!
Soll ich also schon fallen,
Judith, sei es von deiner Hand!

Tritt der Schlange aufs Haupt, Judith, mit bloßem Fuß,


Die sich giftspritzend schleicht mir an das Herz heran:
Weiber sollen nicht herrschen,
Herrsche, heilige Frau, in mir!

Schau, ich seh deinen Wink, hör meiner Herrin Geist,


Der mir Weisheit verheißt, weist auf Sophia hin,
Mutter sie und Geliebte,
Wenn am Fenster ich spionier

Vor der Wohnung der Frau Weisheit des morgens früh.


Sie ist immer bereit, mich zu empfangen, mir
Offenbarung zu schenken
Ihrer ewigen Göttlichkeit!
4

Komm trösten, Diva Claramontana! komm


Und schau mit melancholischer Augen Glut
Aus dunklem Antlitz in die Seele,
Königin! einsamen Frauenfreundes.

Der Jahre denk ich, da ich geliebt die Frau


Wie nie zuvor, mehr Anbetung wars als Lust,
Und nie zuvor war so sehr herrlich,
Nahezu göttlich ein Mädchen in mir,

War, was an göttlichweiblichen Wesen nur


Die Menschheit je erdachte, war mir zuletzt
Im Leiden Dea Dolorosa,
Schwarze Madonna, und Nacht, die Mutter.

Auf ihrer Stirn geschrieben stand stets das Nein


Zu mir, ihr Wort: Ich liebe dich nicht! Wie Mord
Im Herzen dauert noch das Echo,
Bis in die nächtlichen Liebesträume,

Da ich sie küsse, oder weit öfter noch


Sie mir ablehnend frostig mit Frauenstolz
Das Herz verwundet wie mit Dornen:
Ich trag am Herzen die Dornenkrone!

Komm, schwarze Schönheit, Madre Dolores! komm


Zum einsamen Verehrer, der Schmerzen Frau,
Der Schmerzen Braut, des Schmerzensmannes
Schmerzlich Vermählte im Bett des Kreuzes,

Komm, schau zu mir: Der Schmerzensmann lebt in mir


Mit dorngekränztem heiligem Antlitz fort
Als Archetypus meiner Seele
In dem Martyrium meiner Minne.-

Ich hör die unaufhörliche Botschaft leis


Sich in der Stille bilden, o Königin
Mit deinem schwertdurchbohrten Herzen:
„Liebling! Du leidest? Ich leide mit dir!

Ich stehe vor verschlossenen Herzen oft


Und poche oft vergeblich ans innere
Geheime Tor zur Herzenskammer,
Aber man weigert mir jede Liebe!

Nur du und ich, Geliebter! wir lieben uns!


Wir sind vereinigt tief in dem Schoß der Nacht!
Im Bett der Leiden blüht die Rose,
Werden die Tränen der Liebe Perlen!“
5

Die Taube zeigt mir Jesus, die Jungfrau mir,


Die kleine Blume, welche den kleinen Weg
Der Liebe wies zum Kinde Jesus,
Heiligem Antlitz des holden Buhlen.

Man nannte das Erotomanie, daß sie


Als Jungfrau all ihr Liebesverlangen ganz
Auf ihren Bräutigam im Himmel
Richtete und in der Seele Tiefe,

Das menschliche Verlangen nach Göttlichkeit


Des über alles ewig Geliebten, der
Ein Ideal ist, eine Gottheit,
Seligkeit schenkender Gott der Liebe –

Doch hierin wurden Eros und Religion


Vereinigt in dem menschlichen Seelengrund,
Erlöser wurde Gottes Eros,
Minnerin wurde die Religiöse.

Der Geist gibt mir das Ablaßgebet zur Hand


Der Lieben Frau vom Karmel. Andächtiger
Verehrer Sankt Mariens bin ich,
Die ich im Himmelreich rühm und feire!

Im Karmel riet die Greisin in Weisheit mir,


Die Wanderung des Glaubens zu wandern mit
Der Lieben Frau, zu Ihrem Jesus,
Jungfrauensklave in Ganzhingabe!

Gedenke ich der Liebfraue schwarzem Haar


Und ihrer schwarzen schimmernden Augen Glut
Und ihres schwarzen Trauerkleides,
Ruf ich die Liebfraue: Schwarze Buhlin!

Für mein Gefühl die süße Gefühlin mein,


Der innern Ehe Lieblingin, Liebe Frau,
Die mir gewiesen Herzensweise
Weise als Spiegel der Gottheit Mutter!

Nun wandle ich im Wald in der Dunkelheit


Des Lebens labyrinthischen Pfad, wo mir
Erscheint die Mutter der Erlösung –
Ähnlich chinesischer Gnadenmutter –

Und reicht gestillt mich still an das Morgenrot.


Maria ruft nach Bethlehem in den Stall,
Wo still die Kuh mit warmem Odem
Anbetung atmet mit Bruder Esel

Und wärmende Geborgenheit gibt das Stroh,


Wo von dem Haar Mariens verschleiert ruht
Die Gottheit in Gestalt des Kindes.
Weinend verlangt es den Mutterbusen

Mariens und die Zärtlichkeit ihres Blicks,


Der voll Vertrauen, Hingabe, Liebe ist.
Ihr Seelenfunke anschaut in dem
Göttlichen Kinde den Seelenfunken.

Ich murmle: O Maria, Maria! sprech


Marien Mutternamen mit Minne still,
Sprech: O Maria, o Maria,
Ave Maria! den Mutternamen.

Dies murmelt ihre Weisheit, Mariens, mir:


Du, Kindlein, lebst in Mutter Marien Schoß!
Schau, meines reinen Schoßes Frucht, das
Göttliche Kind lebt in deiner Seele!

Komm, tröste mich, der heiligen Weisheit Geist,


Mit Gottesworten mystischer Schrift! Ein Lied
Ertönt mir von der Gottesmutter
Machtvoll in weisen Prophetenworten:

Denn eine Löwin bist du, o Mutter, bist


Die Herrscherin im Löwenthron, einen Sohn
Erzogst du, einen starken Löwen,
Mächtig auf Raub geht er, Menschen fressen!

Wohlan denn, meine göttliche Mutter! du


Gibst mir den edlen Löwenstolz, sieh, mein Geist
Ist Priester in der Gottheit Tempel,
Nimmer zu schmähen von Gottvergessnen.

Nun aber sprichst du selber, o Königin


Des Himmels, aus der Sternenwelt mystisches
Trostwort zu meiner trauervollen
Seele vom ewigen Himmelsleben

In deinem Garten, mystische Rose, wo


Du wohnst in einem goldenen Haus von Gott
Mit deinen Lieblingen und Minnern
Unter unsterblichen Kunstgebilden,

In ewiger Natur mit den Seligen,


Und grüßest, Himmelskönigin, liebevoll
Der Gottesweisheit Bräutigame,
Weibliche Liebe der Einen Gottheit!

O Mnemosyne! Gott war in Frankreich einst


Am Wunderborn der Immaculata, da
Ich Pilger auf der Hochzeitsreise
Lag in dem Schoße des Hügeltales

Und flehte meine Dame der Minne an


Und sang als Gottes Troubadour zu der Frau
Maria, meiner Sulamithin,
Die mir erschien in der dunklen Höhle,

Als Offenbarung ewiger Schönheit in


Dem Schoß der Nacht, dem mystischen Schoß der Nacht,
Da makellos wie weißer Marmor
Schaute der Heiligsten schönes Antlitz

Und mit dem Mund Madonna Maria süß


Zum Musenpriester goldenen Mundes mich
Geweiht, im Kusse inspirierte,
Ich mich als Mann der Madonna hingab.

Du, Jungfrau, schwebtest über dem Baume in


Der Sonne über Portugal, Fatima,
Lucia hörte deine Worte:
Weiht euch dem Herzen, dem unbefleckten

Marienherzen, weiht mir die ganze Welt!


Auch Rußland, in der Revolution der Macht
Erlegen roten Drachens, wird sich
Apokalyptischer Jungfrau weihen! –

Doch nicht das allein das apokalyptische,


Das Magnum Signum, Jungfrau im Sonnenlicht,
Bist du und trittst den roten Drachen
Nieder, endzeitlichen Antichristen;

Auch da, wo sich die Hure von Babylon


Ergibt in der unheiligen Hochzeit dem
Weltgotte Mammon, Heilge, siegst du
Schließlich, du himmlische Tochter Zion,

Du Frau des Lammes, die du in letzter Zeit


Herniederkommst in Glorie einer Braut,
Und die sind mit dem Kreuz bezeichnet,
Sammelst im Herzen, im makellosen.

Denn das verhieß der Heilige einst, daß du


Wirst in den letzten Zeiten Apostel dir
In dem Zönakel deines Herzens
Weise erziehen zu treuen Zeugen.

So sagen heut Propheten, es ist die Zeit


Für die Herabkunft Heiligen Geistes und
Der Liebe Pfingsten, da der Jungfrau
Friedensreich anbricht! Drum sprichst du heute

In Medjugorje: Ich bin die Königin


Des Friedens! Betet, betet und schenkt euch mir,
Denn Jesus will euch große Gnaden
Schenken durch mich, aller Menschen Mutter! –

Auch hör ich, o Maria, du heißest auch


Die Frau der Völker, die du Maria bist,
Maria, nun die Frau der Völker,
Königin bist du der schönen Liebe,

Du bist die Rosa Mystica, die der Papst


Verkünden möge bald als die Schmerzensfrau,
Die Miterlöserin mit Christus,
Jungfrau, gekreuzigt am Mutterherzen!

10

Wie der Heilige sprach, Afrikas großer Sohn,


Lebt der glaubende Mensch tief in Marien Schoß,
Wird im Tode geboren
In wahrhaftige Jenseitswelt.

So erscheint mir mein Haus fast wie ein Bienenkorb


Oder, sag ich, ein Schoß bergender Mutter, die
Wird in schönen Ikonen
Meiner Wohnung gefeiert, da

Schaut die Jungfrau herab, Guadelupes Idol,


Auch Sixtina erscheint, göttliches Kind im Arm,
Die Madonna von China
Zur Madonna mit goldner Frucht

Schaut, die Jungfrau, die liebt zärtlich den Menschensohn,


Kündet göttliches Wort: Niemand liebt Gott als den,
Der Sophia im Beischlaf
Beiwohnt – tief in dem Schoß der Nacht

Zeigt Sophia die Brust, nährt den Poeten an


Dar sich bietender Brust, birgt ihn in ihrem Haar
Auf der fruchtbaren Erde
Unterm Vollmond der Sommernacht.

Und im nachtblauen Kleid, glühenden Flügelkleid,


Wohnt im Zentrum des Alls sie in der Welten Kreis,
In des Zodiaks Zone,
Mutter Nacht, mit dem Schlangenstab.

Wie die Mutter, die Nacht, ist ihre mystische


Gegenwärtige Gunst all um den mystischen
Frommen Sohn und Geliebten
Der Jungfräulichen Mutter. Du,

O Sophia, im Schoß mystischer Nacht den Mann


In Barmherzigkeit du birgst ihn und Gnade, der
Aus dem Schoße geboren,
Sterbend heimkehrt in deinen Schoß.

11

Gott Schöpfer wendet mütterlich sich der Welt


In Weisheit zu: Die Schöpferin aller Welt
Ist meine Meisterin und Mutter,
Herrin des Himmelreichs und der Erde.

Die bin ich, die ich bin – ist ihr Namen. Sie
Gab Offenbarung, weisendes Wort im Geist
Der Weisheit, die die Menschen liebet,
Wird zur Erlöserin aller Menschheit

Als menschgewordne Weisheit in unserm Herrn


Messias Jesus, jungfraugeborenem
Erlöser, Gottes Kraft und Weisheit,
Weisheit, gerechtfertigt durch die Werke,

Die Weisheit, die gerechtfertigt durch die Schar


Der Kinder, den Unmündigen offenbart,
Verkannt von Weisen dieser Welt, die
Torheit des Kreuzes ist Gottes Weisheit!...

Den Auferstandnen nannte Sophia man,


Die lang vor den Äonen vorherbestimmt,
Uns Gloria zu sein und Schönheit
Ewigen Lebens in den Äonen

Der Weltvollendung. – Zeiten der Gnade sind


Von Gottes Weisheit allen bereitet, daß
Die Kinder Gottes unter Führung
Heiligen Geistes im Glauben leben,
Getreu dem Geist der Weisheit, der Wahrheit Geist,
Der in der Braut und Jungfrau Ecclesia
Maria preist als Weisheit, nämlich
Heiligen Geistes Gemahlin ist sie

Und Salomonis Tempel und goldnes Haus


Auf sieben Säulen, Elfenbeinturm und Thron
Der Weisheit und der Weisheit Mutter,
Die sie Frau Weisheit ist gleichgestaltet

Allein aus Gnade göttlicher Weisheit, die


In ihr, der Frau, vergöttlicht das Weibliche,
Die Frau des Geists der Gottesweisheit
Umschuf aus Gnade in Gott zur Göttin! –

So führe uns zum heiligen Hochzeitsfest


Ins Brautgemach der Gottheit Dreifaltigkeit
Frau Weisheit, Mutter schöner Liebe,
Weisheit des Heiligen Geists, Maria!

12

Glücklich wahrlich der Mann, welcher der Weisheit Wort


Meditiert im Gebet. Nämlich ein Lebensbaum
Ist die liebliche Weisheit,
Friedensfürstin der Seele sie!

O du göttliche Frau, Weisheit, du Ewige,


Meine Schöpferin du, Mutter und Meisterin!
Deine, Schöpferin, Schöpfung
Sucht in deinem Gesetz die Ruh

Für die Seele in Not, Heilerin, und das Heil


Und den Schirm und den Schutz: Fittiche breite aus,
Nimm Jerusalems Küken,
Mutter, unter die Fittiche!

Liebestaube von Gott, Felstaube in dem Loch,


Gurre Mutterwort warm, laß mich in deinem Nest
Ruhn, dein Taubenei, Weisheit,
Brüte, Mutter, dein Täubchen aus!

Gottheit, ich dein Geschöpf, ich bin von dir geliebt,


Auserwählt von dem Geist ewiger Weisheit bin
Ich dein Bräutigam, Weisheit,
Gottheit, du meine Schwester Braut!

Meine Freundin, du bleibst allezeit bei mir, du


Weißt den heimlichen Sinn, der mir im Herzen wohnt,
Herzenskennerin, Weisheit,
Wissend alle Geheimnisse,
Die den Seelenkeim sieht, welcher ist unverletzt,
Innewohnendes Licht bist du im Seelenkeim,
Innewohnende Göttin,
Frau Erlöserin, du mein Heil!

13

Wie kam zu mir das Glück? Kam es vom Himmelreich,


Aus dem seelischen Grund, fruchtbarer Träume Welt?
Mit der göttlichen Gnade
Rührte an mich die Lebenslust.

Oft des Leidens gewohnt, war in dem Jubel ich


Unbeholfen, ich war ratlos: Wie freu ich mich
Gottesfürchtig am Leben?
Also frug ich Teresa von

Jesus, Avilas Frau Adlerin, die getanzt,


Kastagnetten gespielt abends im Karneval;
Und die heiligen Schriften
Wiesen mich auf den Heiland hin,

Der Gefangne befreit, Blindeste führt ans Licht.


So auf Straßen den Weg führte der Geist des Herrn,
Alma Mater, du locktest
In die Bibliothek den Sohn.

Die ist schwarz, aber schön – in der Historie


Ist jungfräuliche Braut Heiligen Geistes, der
Gottheit Ruach ha kadosch,
Als das weibliche Angesicht

Gottes: Mutter ist Gott, grundloser Urgrund, Schoß


Alles Lebens, ist Frau Weisheit, sich Schenkende,
Ist die Heilige Geistkraft –
Weiblichgöttlich in Unsrer Frau.

Also tanz ich im Glück selig des Nachts im All


Auf der Erde, der Frucht, tanz die Äonen durch,
Gottes Uterus inne,
Sophianischer Seligkeit!

ZWEITER TEIL

Morgens träumt prophetischen Traum der Träumer,


Also träumt ich Zeiten, da heimgegangen
Mein geliebter heiliger Papst Johannes
Paulus der Zweite.

Und ich kniete vorn an der Kirchenpforte,


Eine Volksgemeinde versammelt drinnen,
Sang ich charismatischen Lobpreis für den
Heiligen Vater,

Der des Papstes Nachfolger wird im Amte.


Sieh, da kam mir wandelnd entgegen, leuchtend
In dem weißen Linnen, der Sohn Mariens,
Pius der Zwölfte.

Wo sind die Frauen Gottes, die heiligen


Einwohnungen Sophias, die seligen
Begeisterten in Tänzen
Geistlicher Brautschaft mit Gottes Geiste?

Wo Magdalena, Mechthild, Therese, wo


Die Gleichnisse der Jungfrau Maria, wo
Die weisen Jungfraun Jesu Christi,
Welche allein sind der Schönheit Ruhm wert!

Nachts denke ich an Tirza Baptista, die


Von engelgleicher Reinheit und Anmut war
Und im Martyrium des Heimgangs
Mir die Verehrung der Jungfrau schenkte.

Du warst des Lobes würdig, der Jungfrau gleich


In deiner gottergebnen Jungfräulichkeit,
Im supernaturalen Glauben,
Schwester der Christen, so früh vollendet!

Um deinetwillen pries ich die Lilie


In ihrer unbefleckten Jungfräulichkeit
Als Schwester der Geschwister Christi,
Heilige in dem vertrauten Himmel!

Von Ihr, die aller Lilien Lilie,


Ist mir gekommen Ahnung, wie makellos
Jungfräulich ist die Eine Gottheit –
Dreimal du singst ihr dein Heilig! Tirza.

4
Großmutter, paradiesische Rose rot,
Du bist der Gottesmutter Symbol dem Kind,
Du bist die mütterliche Liebe
Ewiger Gottheit, die meine Mutter!

Geliebte Schwester Jungfrau, du Lilje weiß,


Du strahlst in unbeflecktestem Himmelsglanz,
Bild immerjugendlicher Jungfrau,
Gleichnis Sophias, geliebter Gottheit!

O wie schön, du Lilien-Jungfrau, ist es,


In der Morgenröte zu ruhn am Busen
Deiner reinen Liebe, du Makellose,
Liebe voll Wonne!

Draußen die alltägliche Mühsal wartet,


In der Welt die schmutzige breite Straße,
Da aufreißt der gottlose Drache seinen
Stinkenden Rachen!

Nur was ich liebe, ist mir ein Sakrament,


Die Vielgeliebte war mir ein Sakrament
Der Gottheit, nun sind liebe Kinder
Göttlichen Kindes Realsymbole.

Fröhlich sind sie, die fromm steigen den Berg hinan


Auf den Wegen des Lichts, heiligem Vater nach,
So als ging es dem Mai, Feuer der Liebe zu
Und dem künftigen Freudenreich!

Ich allein bin so dumm, einsam und elend bin


Ich der törichste Mensch, mitten in dichter Nacht
In Spiralen hinab zieht mich die Traurigkeit,
Doch ich liebe die Mutter Gott!

Wie schön der jesuitische Dichter singt


In Liebe, Jakob Balde, der als Poet
Maria singt, die Jungfrau Mutter,
Himmlische Muse und reine Göttin!
Wohl, unbefleckte Göttin, ich preise auch
Dir Dante, deinen Dichterpapst, der verheißt:
Wer sterbend ruft Mariä Namen,
Selig gelangt in die Paradiese!

Zehn Jahre ist es her, da ich sterben wollt,


Und hab seit jener Mitternacht manchen Kelch
Mit giftgem Schierlingstrank geleeret,
Sterbender, ohne zu sterben! Leben

War eines Wiedergängers gespenstisches


Nachtschattendasein, halb in dem Himmelreich,
Halb schmerzreich in dem Fegefeuer,
Das ich auf Erden zu leiden habe!

Ich sterbe! Aber, Jesus, wann sterbe ich,


Auf daß ich nicht mehr sterbe, und leben darf?
Ich schrei nur deinen Namen, Jesus,
Gott, o mein Gott, mich verdrießt zu leben!

10

Manche nennen dich Licht, Frau in der Sonne,


Nennen Morgenrot dich, Mutter der Sonne,
Manche nennen dich Mond, Spiegel der Sonne,
Nennen Morgenstern dich, Botin der Sonne.

Ich nenn, Mutter, dich Nacht, Schwarze Madonna,


In dem nachtschwarzen Haar, nachtschwarzer Augen,
In der Mitternacht nur, dunkelste Mutter,
Als das einzige Licht schimmern die Tränen!

11

Sie singen alle freudig vom Morgenrot


Und nennen dich die Frau in der Sonne Kleid –
Du bist die Sonne, ich der Vollmond,
Mein ist die Mitternacht und das Dunkel!

Ich sehn mich nach der mystischen Nacht allein


Und schwermutsvoll zur Schwarzen Madonna nur
Und geh als Mond in mütterlichen
Nächten allein, denn mein Gott ist dunkel!

12
Wenn ich traure voll Leid, tief in der Mitternacht,
Weint die Schwarze Madonna auch,
Weh mir, über dein Leid, Liebfrau, ich weinen muß,
Wie du über mein Leiden weinst!

Einmal werden des Leids Tränen mir weggeküsst,


Wenn ich Tränen der Freude wein,
Dank ich weinenden Danks einzig der seligen
Lacrimosa die Seligkeit!

13

Seid umschlungen, feirende Millionen,


Jauchz und juble, Menschheit, zum großen Gotte,
In dem Meer der Kerzen wie Sterne in der
Nacht euch vereinigt!

Mich laßt einsam! Eine allein begehr ich


Heimlichtrauter Zweisamkeit: Sankt Maria
In der Liebsten, oder im lieben Kinde
Göttlichen Jesus!

14

Als ich junger Wissender war, besaß


Die Wahrheit ich als Eigentum, felsenfest,
Das Evangelium besaß ich
Und die dogmatische Kirchenlehre.

Nun werd ich alt, nun such ich die Weisheit, doch
Was gibt die Weisheit? Ahnungen nur allein,
Die wie der Hauche Hauch erscheinen
Und sich verflüchtgen in Nacht und Dunkel.

15

Mir erscheint Odysseus ein Seelengleichnis,


Als er einsam mitten im Meereswüten
In der Nacht den Schleier fand Leucotheas,
Die ihn gerettet.

Nacht ist, o Maria, so undurchdringlich,


Satte schwarze Finsternis um die Seele!
Sende du mir, Meeresstern, deines Blickes
Funken der Liebe!

16
Frug Maria ich still, einsam im Kämmerlein:
Welchen Weg soll ich gehn? Rief sie ins Gotteshaus,
Und in Seligkeit brach das
Marianische Reich schon an,

Und als heiliges Wort gab sie zur Antwort mir:


Totus tuus! – Ganz dein bin ich, Maria, dein!
Fraue! Du bist auch mein, die
Totus tuus, o Toto! spricht.

17

Komm in meine Einsamkeit, o Maria,


Fern der Hirten, fern auch der hübschen Nymphen,
Such mich auf in schweigsamer Zelle in der
Nacht der Vermählung,

Da sich meine Seele entblöße gänzlich


Deinem reinen hingebungsvollen Herzen,
Deiner Minne Hingabe senkt mich in die
Gottheit, die bloße!

18

Gott! So gewaltig, mächtig, geheimnisvoll,


Ein Abgrund aller Wundergeheimnisse,
Vernunft und Weisheit übersteigend,
Gott, überwältigend und entgrenzend,

Oh, leg mich in die Arme Mariens und


Vertrau mich ihrem Schleier des schwarzen Haars
Und laß mit Küssen meines Mundes
Küssen Maria mit trunknen Küssen!

19

Ich, Amen, bin ein Monotheist, denn Gott


Ist einzig meine Eine Geliebte, die
Nicht duldet andre an der Seite,
Einzig und einig anbetungswürdig

Ist meine Gottheit, aber Mysterium,


Ist unausforschlich, dunkler noch als die Nacht,
Und nie hob wer die sieben Schleier
Meiner Geliebten, der bloßen Gottheit!

Die unergründlich einige Gottheit ist


Gemäß den Offenbarungen Liebe nur,
Drum ich vermähl mich dem Geheimnis,
Schenk mein Vertrauen der Gottheit Liebe!

20

Ich glaube die lebendige Gottheit, Sie


Ist Liebe! Die Vereinigung in der Nacht
Geschieht in Einsamkeit der Seele
Unter dem Antlitz der Namenlosen.

Ich habe nichts als Innigkeit, nur das Herz


Und meine Gottheit, welche die Liebe ist!
Ich nackt und nackt der Liebe Gottheit –
Eins in erotischer Nacht der Liebe!

DRITTER TEIL

Auf der Terrasse allein, da die Petunien dürsten,


Da die Birke ihr Laub wirft in den Garten, das Gold,
Nach den langen Gesprächen bei dem spanischen Weine
Und der Philosophie Rede von himmlischer Frau,
Saß ich in der erholsamen Mitternacht einsam beim Weine
Und besinnlichem Rauch, sah in das Dunkel hinein.
O wie groß ist die Nacht, so weiblich, geheimnisvoll, trostreich,
Dunkles Gleichnis für Gott, der im Geheimnis der Nacht
Als in dem mütterlichen Mysterium ewigen Schoßes
Sich geheimnisvoll birgt. Siehe, da dünkte mir so,
Daß Maria erschien, die Pforte des Himmels, die Dame,
Die von dem Karmel kam, Gottes Mysterienfrau,
Kam im goldenen Glanz von offener Pforte des Himmels,
Stand vor mir in der Nacht, Mutter, All-Königin, Geist.
Und ich sank auf mein Antlitz vor Madonna Maria,
Sprach: O heilige Frau, wenn ich die Nacht so beschau,
Will es mir scheinen, daß meine Seele, o schwarze Madonna,
Ist vereint mit der Nacht und in dem Dunkel mit Gott,
Und ich erkenne, ich bin allein lebendig gewesen
In Momenten der Zeit, da mir der Ewigkeit Geist
Gab Erfahrung des Eins-Seins mit Gott, so einzig das Eins-Sein
Mit dem Einigen Ein, Gott, ist lebendiges Sein!

Als ich mich einsam fühlte, verleugnet von Menschen,


Fuhr auf geflügeltem Rad ich durch die schweigende Stadt
Und beschaute die Jungfrau von Guadelupe in der Seele.
Über dem Friedhof erschien, sommerlich sonniges Licht
Umgeworfen als Mantel, droben die himmlische Dame.
Und in einer Vision sah ich, der Mandorla gleich,
Mandelförmiger Mandorla gleich aus rosigem Glühen,
Heiliger Mutter Schoß, heilig und makellos rein,
Und im Schoße der göttlichen Mutter erschien mir Messias
In der Mandorla, Licht, schneeweiß sein reines Gewand,
Stand er, wie im reinen Schoß, in der Pforte des Himmels
Mit dem heiligen Kreuz – Schau! schon im Schoß ist das Kreuz!

Wie ich gedürstet nach der Geliebten, Leidenschaft röhrte


Nach erquickendem Trank lauterer Quelle der Frau!
Wie ich, wie Nacht und Mondschein, wie Windhauch und Spiegel des Weihers,
Sehnte mit finsterem Licht nach der Vereinigung mich!
Oh wie mich dürstet nach dem Sakramente des Weibes,
Der jungfräulichen Milch kommuniziertem Getränk
Als dem Weine der Weisheit, eins mit dem Wasser der Einsicht,
Wie ich hungrig verschmacht, Bettler, nach süßestem Fleisch
Der Geliebten, die ist Verkörperung glorreichster Gottheit,
Nach dem mystischen Leib ewiger Weisheit verschmacht
Ich, ein Minner im römisch-patriarchalischen Kultus,
Will, daß Gott mir als Frau hingibt den weiblichen Leib!

Nicht mehr will ich mich sehnen nach dem lieblosen Liebchen,
Die nicht wollte mein Lied hören, der Huldigung Lied.
Irgendeine wunderschöne, doch grausame Göttin
Wohnt in ihrer Gestalt, oder der Pantherin gleich
Spielte sie interessiert mit ihrem verwundeten Opfer! –
Aber ich wende den Blick, schau zur jungfräulichen Magd
Gottes und sehe die Gottesmutter in himmlischer Wohnung
Lächeln zu meinem Lied, voll von der Grazie Huld.
Und die heilige Harfe, zu der sie das Magnificat singt,
Rauscht meine Oden nun schön, eins mit dem sphärischen Ton,
Und die Stimme des Fiat singt meine Oden der Gottheit –
Und ich sehe im Tanz, frei vor der Lade des Herrn,
Den Messias tanzen ekstatisch zu meinen Gesängen!...
So singt der Singschwan im Tod strahlender Schwanin Marie!

Nicht der Erde vermag ich zu trauen, befiel mich die Angst doch,
Daß die Erde der Bahn irr in das Chaos entstürzt!
Göttliche Mutter, du allein bist der ewige Felsen,
Bist das Fundament, darauf der Gläubige baut,
Die du hältst die Erde wie einen Reichsapfel, Mutter,
In bewahrender Hand, die du in Weisheit bestimmst
Anfang und Ziel der Schöpfung und alle die Wandlungen, Weisheit,
Mit der Vorsehung führst, göttliche Liebe, die du
Aus der finsteren Hölle der nackten Angst und des Ekels
Vorm abscheulichen Pfühl mich durch die Jungfrau erlöst,
Mich durch die Unbefleckte erlöst, die gekreuzigt am Herzen,
Miterlöserin ist, die mit der Weisheit am Kreuz
Mich vom Tode erlöst und nun in der einsamsten Stunde
Ist als mystische Braut mir an die Seite gestellt,
Fleisch von meinem Fleisch, die Schönste der Töchter der Menschen,
Die mir in ewiger Huld Gott meine Mutter geschenkt!

Wie kann ich weise werden? fragte einmal ein Schüler


Sokrates, der ihn gepackt, ihn unter Wasser getaucht,
Daß er rang um sein Leben und flehte einzig um Atem,
Bis ihn Sokrates hob: Wie du um Atem gefleht,
Dürste nach Weisheit, und du wirst die Weisheit erlangen! –
Darum dürst ich, dem Hirsch gleich, der nach Quellwasser brüllt,
Nach dem lebendigen Sakramente der Ewigen Weisheit,
Nach dem lebendigen Gott, der in der Weisheit erscheint.
Sie aber spricht, die Weisheit, mit heiligem Worte:
Wie ein lieblicher Kuß seien die Weisungen dir!
Daß du liebst, die dich hassen, daß du haßt, die dich lieben,
Ist dein Unglück, mein Freund. Aber beginnst du Gebet,
So verkündige ich dir mit dem Worte des Engels:
Du bist von Gott geliebt, Liebhaber Gottes, geliebt!

Ewig Seiende, wahre Lebendige, einzig all-eine


Allgottheit Jahwe! Urgrund, Ungrund, Schoß du der Gottheit,
Erste, Schöpferin du der Schöpfungen allen,
Immanent den Schöpfungen, transzendierst du die Schöpfung,
Allumfassende, alleserfüllende göttliche Mutter,
Die du aus Liebe geschaffen hast, überfließender Liebe,
Heißest die schöne Liebe, die allbarmherzige Liebe!
Du bist der Urgrund der Weisheit, heiliger Göttin Sophia,
Die ergossen in Ewigkeit, Alpha und Omega, Mitte
Deines göttlichen Herzens, die da liebhat das Leben,
Weil das Leben in ihr erschaffen, sie selbst ist das Leben,
Ursprung des Lebens und Vollendung, ewiges Leben,
Urbild alles Lebendigen, lautere Quelle der Schönheit,
Inbegriff der vollkommenen Wahrheit und Gutheit und Schönheit,
Höchstes Gut, ergossen in alles Lebendige! Inne-
Wohnende Göttin der Weisheit, in innewohnender Ruach
Alles Lebendige wird beseelt, von dem Geiste der Gottheit,
Alles entflammt von der Inspiration der göttlichen Schönheit,
Alles geläutert, gereinigt, verewigt vom heiligen Feuer
Allerseligster Liebe, die die Herrin der Herzen
Ist und der Zeiten Trösterin mit der Ewigkeit Tröstung,
Herrin, lebendige Liebesflamme, geistige Mutter,
Trösterin, Führerin, Lehrerin, Heilerin, Odem der Weisheit,
Hauch der schönen Liebe, die vergeistigt die Schöpfung
Durch die Künstlerin Weisheit heimgibt der schöpfrischen Liebe –
Ruhm, Anbetung und Weisheit Dir, der dreifaltigen Göttin!

Eine Frau, die still bedenkt die Worte der Lippen


Und sanftmütigen Geists spricht was dem Frieden dient, die
Ist zu loben, vom Schöpfer ist ihre Schönheit und Anmut,
Herzerfreuend dem Mann, daß es ihm prächtig ergeht,
Will sie ihm wohl und wendet sie sich als Spiegel der Tugend
Ihm in Liebe zu, freundlicher Gnade und Huld. –
Aber Vollkommenheiten, Ideen und Tugenden sammeln
Alle im Tempel sich hinter verschlossenem Tor,
Hinter verschlossener Pforte in dem Osten des Tempels,
Das ist die Jungfrau, allein Gott als der ewige Fürst
Teilte den Vorhang und schloß ihn hinter seinem Hindurchgang;
Dir aber sei das Tor Pforte des Herzens zum Heil!
Heil aber will dir spenden, o Mann, die ewige Weisheit,
Die als das höchste Gut reich ist an Gutem und reich
An der Erkenntnis Schätzen, Schönheit, heiligen Worten,
Die erfüllen dein Haus, wenn du der Weisheit dich weihst.
Wenn du der Weisheit dich weihst, dann singe als Sänger im Tempel
Vor dem heiligen Schrein, welcher geborgen das Wort,
Auserlesen aus vielen, allein von der Gottheit begnadet,
Nachts oft einsam allein, einzig der Gottheit vertraut,
Die dir kein anderes Erbe erteilt als den Lobgesang, keine
Frau dir vertraut, denn der Herr ist dir wie Mutter und Braut!

Ich erlaube dir keine Weltflucht in sphärische Himmel


Schöner Einsamkeit. Zwar geb ich Zeit dir und Zeit
Zum Gebet des Herzens, zum betrachtenden Beten
Und zum Studium auch heiliger Schriften. Gebet
Sei dir die Quelle der Kraft, Empfängnis der Liebe der Gottheit.
Aber, Philosoph, suchst du Alleinsein, Poet,
Um dich selbst zu genießen im Wohlempfinden der Weltflucht,
Ist deine Einsamkeit Einsamkeit ohne das Herz
Gottes. Nämlich der Gläubige soll ein Licht in der Welt sein,
Salz, das salzt in der Welt Speise, die fade sonst wär.
Trinke die Gottheit an der Quelle der Kraft und der Weisheit,
Aber geh in die Welt, Jesu Apostel, und zeig
Unfrommen Frauen und ungetauften Kindern die Liebe
Gottes. Sei wie das Lamm, Demut und Sanftmut sei dein.
Denn auch das Licht kam in die Finsternis, aber die Nacht hat
Nicht begriffen das Licht, aber der Christus am Kreuz
Starb aus Liebe zur Welt. So will die Mutter Maria,
Daß du ihr reines Herz trägst in die sündige Welt.
Ruhe wird später genug geschenkt, die ewige Ruhe –
Hier ist das Apostolat göttlicher Liebe dein Dienst!

10

Feindschaft zwischen der Schlange und den Söhnen der Schlange


Mit der heiligen Frau und mit den Kindern der Frau!
Siehe, die Frau ist Siegerin mit den Waffen der Schönheit,
Sie hat sich selbst nicht geschont, sondern den Bösen besiegt
Und ihm das Haupt zertreten mit dem schneeweißen Fuße,
Darum segnet sie auch Gottes erkorenes Volk.
Sie, die gesalbte Königin im verschlossenen Garten,
Bittet den König und Herrn zu sich ins Gartengefild,
Wo sie ihm heiligen Wein anbietet und schmelzende Speise,
Ihn zu bitten fürs Volk, welches auf Erden verbannt,
In den Gefahren der Welt dem Volk ward der Königin Hilfe.
Also baut ihr der Sohn, Königinmutter, den Thron,
Daß sie fleht für die Brüder des Königs um Liebe und Hochzeit.
Auch erscheint sie sehr schön oben auf heiligem Berg,
Evangelistin mit schönen Füßen, verkündet sie Frieden,
Tochter Zion, und spricht: Jahwe ist König und Gott!

11

Gott hat dir meine Seele gegeben, göttlicher Christus,


Nun bin ich völlig dein! Du aber wohnest in mir,
In dir aber ist gegenwärtig die Fülle der Gottheit.
Innerer Christus, o Geist du meiner Innerlichkeit,
Nicht von dieser Welt ist dein Reich, die Welt ist im Argen,
Ganz inwendig dein Reich, König des Herzens, und schön
Und voll Glorie. Aber ich leb in der Welt, ob ich gern auch
Flüchten möcht aus der Welt, immerdar bei dir zu sein.
Aber du sendest mich in die Welt. Bewahr mich vorm Bösen,
Vor dem höllischen Feind, Ich-Sucht und närrischer Welt,
Vielmehr heilige mich im Worte wahrhaftiger Weisheit,
Daß ich Licht in der Welt bin in der Nachfolge dein!

12

Wenn ich dir Leiden schicke, Mitternächte der Seele,


Sei beharrlich, vertrau du auf die Liebe allein
Und verzweifle nicht, denn nie bin ich grausam und böse,
Sondern ewiges Heil schenkt meine Güte und Huld.
Siehe, selbst wenn du mußt durch die Hölle der Angst und des Ekels,
Schau auf mein Angesicht, denk an Gethsemane nur,
An die Trübsal zum Tode und die Todesangst Christi,
So erlöst du der Welt Seelen gemeinsam mit mir.
Denn das weißt du: Größer als den Herrn zu betrachten,
Ist zu leiden am Kreuz, Leidender, eins mit dem Herrn.
Trage geduldig dein Kreuz und denk an die Mütter und Kinder,
Die du inbrünstig liebst, trage dein Kreuz für ihr Heil,
Geh durch die Hölle aus Liebe zu den verlorenen Seelen,
Das ist mehr als ein Kuß, das heißt zu leiden für Gott!
Nun, wohlan denn, erhebe dein Haupt, denn Christus ist in dir,
Schenk den Kindern der Welt Liebe, wie Christus sie liebt!

13

Wohl der Ratgeber spricht: Schau an den Bräutigam Jesus,


Seine Liebe ist Wein, köstlicher selbst als der Wein,
Schau auf die Jungfrau Maria und geh zur Vereinigung Jesu,
Den du im Innern empfängst, wie seine Mutter im Schoß. –
Ach, ich seufze einsam allein im nächtlichen Dunkel,
Da ich schwermütig Wein trinke, den heiligen Trost:
Nicht den bacchantischen Christus schlürf ich mit Lippen der Seele,
Sondern ein Weinstock ist mir meine Königin, sie
Ist die rebenschwangere Freundin mit Brüsten wie Trauben!
Ja, zur sterblichen Frau hab ich gebetet mit Durst,
War in Liebe versunken, als hätt ich vom Blute getrunken
Der Geliebten in Gott, siehe, das weibliche Fleisch
Und das weibliche Blut sei mein eucharistisches Hochfest,
Daß ich im mystischen Weg find die erotische Spur,
Denn wenn ich darf nicht in der Geliebten die Gottheit umarmen,
Sei mir Geliebte Gott – mystisch-erotische Braut!

14

Schau ich im Geiste des Glaubens auf zum Heiligen Antlitz


Christi, des Schmerzensmanns, seh ich mein inneres Selbst,
Seh ich den einsamen Christus in der Kultur des Todes,
Wohl, doch bet ich zum ihm, lösen die Qualen sich nicht,
Wird mir kein Friede, hör ich keine göttliche Stimme,
Bleib ich unerlöst, ach, vom Erlöser, dem Herrn. –
Aber schau ich zur schönen Ikone der Herrin Sophia,
Aller Schönheit Idee, Tugend, Vollkommenheit, Gold,
Bet ich zur Schöpferin, Löserin, Trösterin, ruf ich Sophia,
Mutter und Meisterin, göttliche Mutter und Braut,
Lösen die Qualen sich auf und findet Frieden die Seele,
Denn meine Seele erspürt meine Erlöserin, Sie!

15

Nur ein Gerücht vernahm ich von deinem Namen, Sophia,


Bis ich hinunterstieg tief in das nächtliche Reich
Uralter Mütter, und Mütter allein nicht, Mütter allein nicht,
Und als erotische Braut ahnte die Gottheit im All,
Da mir Beginn und Mitte und Ziel des geschöpflichen Kosmos
War der Gottheit Schoß, den ich begehrt, aber mehr,
Siehe, in dem ich geschwommen bin als selig Erlöster.
Wahrlich, aufgetaucht bin ich bereicherten Sinns,
Und die Offenbarung schien mir Wahrheit im Geiste
(Nicht dem Buchstaben nach) und da erkannte ich dich,
O Sophia, nicht nur den philosophischen Namen –
Wahre Gottheit! Person! Göttliche Mutter und Braut!

16

Gott, mein Gott, erbarme dich, arm bin ich, einsam und elend,
Meine Einsame wirft flehend sich nieder vorm Thron
In den Staub vor der göttlichen Majestät in der Höhe:
Jahwe, o Mutter, o Gott, ewige Mutter, o Gott,
O gekrönte Mutter, laß leuchten dein Antlitz, o Gottheit,
Schöne Liebe, gieß Frieden der Einsamen ein!
Komm und säusle mir Tröstungen zu, o Trösterin Ruach,
In mein verbittertes Herz gieße die Süßigkeit ein,
Heil die Verwundungen, Ruach, mit deiner Salbung Balsamen,
Sprich, o heiliger Geist, Geistmutter, Worte des Heils!
Laß mich anschauen deine Glorie, Christo-Sophia,
Heerscharenführerin himmlischer Ordnungen, Herr,
Himmlischer Harmonieen Alpha und Omega, Centrum,
Gipfel, vollkommener Kreis, leuchtende Säule und Gold,
Göttliche Süße, in deiner Fleischwerdung mystisch Geliebte,
Komm, vergöttliche mich, Christo-Sophia in Gott!

17

Nun also Nacht! und Nacht um Nacht das dichtere Dunkel,


Nun im Leben den Tod, Weisheit, das Sterben der Nacht!
Ohne Kraft mehr der Leib, in Angst verschmachtet die Seele,
Aber im grundlosen Fall fall ich in Gottmutters Hand!

18

Söhnlein, und bist du kraftlos und verschmachtest vor Schwäche,


Will ich dich bergen, mein Kind, an der barmherzigen Brust,
Brechendes Herzens, und will dich tragen wie eine Amme,
Sei nur getrost, mein Lieb, liebt dich die Mutter doch, Gott!

19

O Sophia, Jungfrau Geliebte, im friedlichen Morgen


Voll der Grazie Huld spendest Glückseligkeit du
Meiner Seele im mystischen Garten voll musischer Rosen,
Wo nicht die Schönheit quält – wo deine Liebe erquickt!
20

Blaue Abenddämmerung senkt den himmlischen Frieden


Auf die Krone des Baums, welcher bei Bethlehem steht,
Dort ruht die heilige Jungfrau, und manch ein Wanderer grüßt sie
Als das freundliche Licht menschlicher Ruhe in Gott.

21

Meiner unsterblichen Seele mystische Mutter Maria


Trägt in der Nacht mich im Schoß, wird mich gebären ins Licht.
Meines Lebens göttliche Schöpferin, Göttin Sophia,
Lädt in dem Heimgang mich ein, Hochzeit zu feiern mit Ihr!

22

Wohl, die Weisheit spricht: Es ist die Sehnsucht der Schwermut


Nach dem Troste der Nacht und nach der Mütter Gefild,
Heim in der Mutter Schoß! Ich rufe also die Weisheit:
Gib in der Nacht auch Licht, nämlich der Geist gleicht dem Mond!

23

Stürzte die Erde in kosmischer Katastrophe ins Chaos,


Saugte ins schwarze Loch Antimaterie mich,
Bliebe unsterblich die Seele. Wie aber ewiges Leben?
Bloße Gottheit mit mir in der Vereinigung Bett!

24

Du, Sophia, Schöpferin, Herrscherin aller Äonen,


Du gibst dich körperlich hin mir in der Eucharistie. –
Flüstert die Stimme der ewig Geliebten, der Göttin Sophia,
Innen in mir wie Hauch: Liebhaber, nun sind wir eins!

PYTHISCHE ODEN

AN DIE MUSE

Goldenthronende
Herrin Madonna,
Dir sei mein Singen
Zur heiligen Harfe
Einzig gewidmet!
Dein süßes Hauchen
Und mystisches Wort
Mir stimme die Saiten
Der Schwanenleyer!
Soviel ich umhersah
Bei Frauen auf Erden,
Die Unvergleichliche
Muß ich dich nennen!
Aber daß kunstreich
Sei mein Lobpreis
Und nahe würdig
Sich meiner Fürstin,
Sende vom Himmel
Mir deine Magd,
Die selige Mechthild,
Die Sappho Jesu,
Daß sie helfe
Meinem Genius,
Dich zu singen
Mit reinem Herzen
Und deine Erleuchtung
Von ewiger Weisheit!

GROSSMUTTER

In meiner Kindheit
Meine Großmutter
War die Liebe,
Die große Mutter,
Mutter der Liebe,
Mutter der Weisheit,
Mutter der Stille,
Süße Mutter,
Mutter des Brotes,
Milch und Honig,
Meine Priesterin,
Meine Muse,
Meine Heimat.
Seit geschieden
Sie von der Erde,
Sehn ich mich sehr
Nach meinem Heimgang.
Mit ihrem Heimgang
Bin ich gestorben,
Lebe allein noch
Dem Testamente
Meiner Großmutter:
Unserm Gotte!
SELIGES LIED

Am Morgen erbaut mir


Die ewige Weisheit
Mit Händen Mariens
Die heiligen Treppen
Zum Myrrhenberge
Der glückseligen
Anschauung Gottes!
Dann sendet der Herr mich
Zum Weihrauchhügel,
Ein Vater zu sein,
Ein segnender Vater
Der Freundin Sprößlingen.
Frühling im Lande!
Wir wandern im Walde,
Wir seligen Kinder,
Und breiten die Zweige
Dem Fürsten des Friedens,
Dem kinderliebenden
Jesus Christus!
Der segnet als Sonne
Mit lächelnden Blicken
Die Frau und die Kinder,
Den Dichter und Mönch,
Sind alle wie selig
Im Himmelreiche,
Im tausendjährigen
Friedensreiche
Der schönen Liebe,
Der ewigen Liebe!
(Die Gnaden der Gottheit
Sind alle geflossen
Durch benedeiende
Frauenhände
Der Magna Mater
Madonna Maria,
Der weih ich der Seelen
Glückseligkeit!)

KINDER

Erwachsene Denker
Nannten den Fürsten
Den kleinen Gott
Auf dieser Erde;
Die frommen Denker
Nannten den Menschen
Den kleinen Gott
Auf dieser Erde.
Aber Jesus,
Die ewige Weisheit,
Nennt die Kinder
Götter auf Erden,
Die kleinen Götter,
An die ergangen
Der Segen des Ewgen!
Ein Säugling liebkoset
Allezeit zärtlich,
Ein Kindlein spielt
Im Paradies!
Von Säuglingslippe
Und Kindermund
Tönt oft prophetisch
Der Lobpreis Gottes!
Werdet wie Kinder,
Große zu Kleinen,
Werdet zu Kindern,
Menschen, spricht Jesus,
Werdet zu Göttern!
Jeder Mann
Und jede Frau
Soll Kind der Liebe
Auf Erden sein
Und Gott und Göttin
Im Himmel der Liebe!

DORNRÖSCHEN

Ich träumte am Morgen,


Ich sei Dornröschen,
Im Schlummer Prinzessin,
In tausendjähriger
Ruhe die Seele,
Als wie auf der Insel
Des nördlichen Meeres,
Der Großmutter Insel,
Der Kindheit Heimat,
Dornröschen der Nordsee.
Ist meine Seele
Dornröschen im Schlummer,
Kommt himmlische Liebe,
Mich wachzuküssen!
Mich wachzuküssen,
Sandte der Prinz
Mir, der Erlöser,
Die heilige Mutter,
Die fromme Großmutter
Aus dem Karmel
Im Kleide Mariens.
So von Maria
Mütterlich zärtlich
Wachgeküsset –
Da werden die Dornen
Rosen, Maria,
Wo du gewandelt
Durch Dornengestrüpp,
Die Dornen in Rosen
Verwandelt Maria,
Das Kind unterm Herzen,
Die himmlische Mutter,
Die große Mutter
Der ewigen Liebe!

DIE ZELLE

Als König David


Dem Herrn ein Haus
Erbauen wollte,
Sprach Gott der Herr
Durch Nathan den Seher
Zu David dem König:
Ich selber will bauen
Dir selber ein Haus,
Den Zedernpalast
Dem König von Zion,
Und segnen dein Haus
Mit meiner Gnade,
Sprach der Ewige!
Meine Zelle
Im Einsiedlerkloster,
Dichterhütte
Mit Musendiwan,
Sei mir gegrüßt,
O meine Zelle,
Meine Freundin,
Traute Mutter
Der Kontemplation,
Du treue Geliebte
Der Poesie!
Ich will in dir wohnen
Für lange Zeiten,
Ich will in dir beten,
Du Haus des Herrn,
Du Pforte des Himmels,
Ich will in dir wohnen,
Du Einwohnung Gottes,
Heilige Zelle,
Umarmt von der Stille,
Geküsst vom Frieden,
In deinem Minnebett
Kosen Maria,
In deinem dunklen
Brautgemache
Ruhen im Schoße
Der ewigen Weisheit!

DIE FRAUEN UND MARIA

Ich diente der irdischen


Frauenliebe
Und Frauen um Frauen
Hab ich verherrlicht
Und im Gesang
Verewigt der Liebe!
Aber die Frauen
Waren nicht Göttinnen,
Sondern beleidigten
Ihren Sklaven,
Ob sie ihn morden
Könnten mit Blicken
Kalter Verachtung!
Zum Sterben zumute
(Nicht nur Einmal)
War dem Minner
Zur Mitte des Lebens! –
Aber nun dient er,
Er, der gestorben
Und auferstanden,
Der seligen Jungfrau
Maria mit Minne,
Nicht mehr wandernd
Von Frau zu Frau,
Ein treuer Gemahl
Der Lieben Fraue,
Kein Dichter der irdischen
Frauenliebe,
Sondern der himmlischen
Liebe Dichter.
Ruhe bescherte
Die himmlische Herrin,
Inspirierende
Muse Maria,
Der er zu eigen
Als ihr Sklave,
Sie aber huldvoll
Ist Herrin der Liebe!

ROSE UNTER DORNEN

Die schönen Frauen,


Alle Geliebten,
Angebeteten
Göttinnen – Götzen
Meiner Seele,
Grausame Frauen
Schufen mir Kreuze
Über Kreuze,
Schufen zum Märtyrer
Mich der Minne,
Schickten den Greuel-
Dämon des Selbstmords!
Dornen und Disteln
Die Frauen alle! –
Aber die Eine,
Meine Reine,
Die Makellose,
Meine Geliebte,
Ist die Rose
Ohne Dornen,
Die mystische Rose
Der himmlischen Minne,
Die Süßigkeit
Des Paradieses,
Die liebliche Liebe
Voll Zärtlichkeiten
Der Minneküsse
Und Umarmungen
In dem Minnebett,
Die Erkannte
Der Ganzhingabe,
O Maria!

AN DIE PARADIESMADONNA

Meine Göttin
Und wahre Mutter
Und meine Geliebte
Und meine Muse,
Meine Ruhe,
Meine Heimat,
Mein Paradies,
Madonna Maria!
Wenn ich im Himmel
Im Garten Eden
Meine Hütte
In deinem Garten
Vor deinem Palast
Erbaue einsam
Als dein Minner
Und als Nachtigall
Mystischer Rose,
Dein einsamer Liebling,
O Madonna –
So will ich doch nahe
An meiner Wohnung
(Denn es sind viele
Wohnungen Jesu)
Sehen die Wohnung
Meiner Großmutter
Auch in dem schönen
Rosengarten
Der Mutter Maria,
Der großen Mutter,
Der Großmutter Mutter,
Die selig ist
Im Paradiese!

MARIENS BRÜSTE

Im Jubel der Liebe


Erschuf aus Wollust
Die Dreifaltigkeit
Menschliche Seelen,
Im Paradiese
Die Geliebten!
Aber den Sündern
Zürnte der Zorn.
Aber die Weisheit
Erwirkte Erbarmen
Mit präexistenter
Maria zusammen!
Die nahm die heiligen
Patriarchen,
Des Bundes Erzmütter,
Könige, Dichter,
Seher, Prophetinnen,
An die Brüste!
Als sie, geboren,
Jesus geboren,
Küsste er kindlich
Ihren Busen!
Ihm wurde am Kreuze
Die Brust durchbohrt,
Marien Busen
Vom Schwert durchbohrt,
Geöffnet den Jüngern,
Da flossen die Brüste
Von Barmherzigkeit
Über und Liebe!
So nährst du auch mich
Mit sieben Strömen
Aus unversieglichen,
Reichlich schwellenden
Brüsten, Madonna,
Bis zu dem Tode,
Da ich schaue
Die benedeiten
Brüste Madonnas,
Die Christus tausendmal
Küsst, den Busen
Meiner Geliebten!

MARIA DER SCHRIFT

Am Anfang schuf Gott


Marien Idee,
Die Meere Gottes,
Die Taube der Ruach,
Die Himmelskönigin,
Mutter Erde,
Die fruchtbare Aue
Im Morgenlande,
Die Adama Adams,
Das Leben Evas!
Abraham liebte
Sie in Sara,
Isaak freite
Sie in Rebekka,
Jakob sah sie
In Rahels Augen,
Mose verehrte
Sie im Dornbusch,
David pries sie
Im Hochzeitspsalme,
Salomo sang sie
Im Hohenliede,
Salomo weissagte
Sie als Sophia,
Jesus erwählte
Sie zur Mutter,
Johannes erkor sie
Als seine Mutter
Und erschaute
Sie als Jerusalem
Droben im Himmel,
Paradeis!

SOPHIANISCHE MARIA

Als die Dreifaltigkeit


Schuf im Jubel
Ihrer Liebe,
Schuf sie zuerst,
Vor Himmel und Erde,
Madonna Maria,
Die Schönheit Gottes,
Das Meisterwerk,
Das erste Geschöpf,
Vor Bergen und Hügeln
Und Tälern und Quellen
Ward sie erschaffen
Als Gottes Geliebte!
Oh deine Schönheit
Ist unvergleichlich,
Schöner fast selber
Als die Schöpfung,
Ruf ich dich Göttin!
Gottes Geliebte
Und Mutter der Welt,
Bist du geschaffene
Magna Mater,
Himmelskönigin,
Mütterchen Erde,
Mutter Israels,
Tochter Zion,
Jungfrau Jerusalem,
Tempel Salomos,
Allerheiligstes,
Bundeslade,
Nabel der Erde,
O Maria!

DIE TRINITÄT IN UNION

Die göttliche Mutter,


Die Schöne Liebe,
Sie gebiert
Die ewige Weisheit,
Die Tochter Sophia!
Die göttliche Mutter
Ist die Liebende
Und die Tochter
Ist die Geliebte
Und sie sind eins
In göttliche Liebe,
In der Person
Der göttlichen Liebe,
Welche Geist ist,
Reiner Geist,
Und nicht ein Mann
Und nicht eine Frau,
Nur reine Gottheit!
Die göttliche Mutter
Schafft alles Lebendige
Und die Weisheit
Errettet vom Elend,
Macht Toren zu Weisen,
Macht Tote lebendig,
Macht Menschen zu Göttern!
Die Kraft der Liebe
Liebt in den Menschen
Als göttliche Liebe
Die ewige Weisheit,
Die göttliche Mutter!

DER SERAPH

Komm, heiliger Geist,


Mit deinem Geiste
Küss meinen Geist,
Entzünde das Feuer
Der Gottesliebe,
Du Geist der Weisheit,
Du Geist der Einsicht
Und Erkenntnis!
Schenk meinem Herzen
Das Reinigungsfeuer!
So fleht ich. – Da sah ich
Die Glorie Gottes:
Frau Schechina
Auf weißem Throne,
Von Iris umschleiert,
Das Antlitz wie Jade!
Und Seraphim sangen
Der Gottheit Sanctus,
Sanctus, Sanctus!
Da flog ein Seraph
Zu mir auf die Erde,
Da ich schrie im Gebete:
Ich bin ein Sünder
Mit unreinen Lippen
Und wohne bei Narren
Mit unreinen Zungen!
Da rührte der Seraph
Mit glühender Kohle
Meine Lippen
Und sagte voll Liebe:
Getilgt ist die Sünde!
Dann schnitt mir der Seraph
Den Busen auf,
Das steinerne Herz
Der Brust zu entnehmen,
Ein fleischernes Herz
Wie loderndes Feuer
Mir zu schenken
Aus himmlischer Liebe!
Er schloß mir das Herzfleisch
Mit Herzfleisch Mariens!

SOPHIA IM TRAUM

In des Traumes
Verschneiter Landschaft,
Im weißen Kleide
Erscheint Sophia.
In des Traumes
Tempel des Haines,
In Einsamkeit
Und grüner Stille
Spricht Sophia.
Meine Königin,
Göttliche Frau,
Umsonst die Sorgen
Um närrische Träume,
Du schenkst der Seele
Die Harmonie
Mit deiner heiligen
Weiblichen Weltseele
Durch die Gnade
Deiner Neigung
In der einsamen
Seele Traum.
Dich feiert Natur,
Dich feiert Einsamkeit,
Andachtsstille,
Traum und Gebet.
Heilig, heilig,
Heilig bist du,
O Herrin Sophia!

AN SOPHIA

Gesegnet sei
Der Weihrauchhügel,
Da heilige Mädchen
Und selige Kinder
Zünden den Weihrauch
Auf Kohlen der Liebe
Zur himmlischen Mutter
Im Kleid der Natur!
Geheiligt sei
Der Myrrheberg
Der süßen Einsamkeit!
Gleich dem Hirsch
Mit fliegenden Füßen
Und schmachtender Brust
Will eilen, Geliebte,
Sophia, allein ich
Zu deinem Altar,
O Mutter Schechina,
Auf dem Sinai,
Zu dem Feuer
Im reinen Dornbusch,
Will schauen, Geliebte,
Deine Verklärung
Im Lichtgewande,
Erscheinung der göttlichen
Majestät,
Sophia, droben
Auf dem Tabor!
Du bist die Tochter
Der göttlichen Mutter,
Der schönen Liebe,
O ewige Weisheit,
Dir will ich lauschen
In meiner Seele
Rosengarten,
Geliebte Sophia!

DIE NACKTE SOPHIA

Regina coeli,
Sapientia!
Wie süß du das Feuer
Der Liebe entzündet
Und mich erweckt
Mit Minneküssen,
Mich eingelassen
In deine Gottheit! –
Dann warst du verschwunden.
Ich suchte bei greisen
Vätern die Weisheit
Von deinem Reich,
Bei greisen Müttern
Die Weisheit der Mystik,
Bei heiligen Schwestern
Deine Kindheit,
Bei Bekennern
Deine Erlösung
Von Teufel und Tod,
Ich suchte in heiligen
Schriften das Wort
Der bräutlichen Gottheit,
Ich suchte im Minnen
Der Madonna
Deine Süße!
Aber du bliebest
Verborgen, Sophia,
Bis ich dir lisple:
Entkleide dich ganz
Von Bibel und Dogma
Und Kirchen und Lehren
Und Philosophien
Und allen Künsten
Und komme nackt
In deiner Gottheit
Und gebe mir hin
Die heilige Liebe
In mystischer Einung,
Denn ich bin nackt
Von allem Wissen,
Ein Narr vor Liebe!
So werde du Närrin
Unendlicher Liebe
Und gib dich mir hin
In nackter Gottheit!

AN DIE GÖTTLICHE MUTTER

Göttliche Mutter,
Ich dürste nach Milch
Des Muttertrostes,
Ich finde nur Essig
Der Väterlehren,
Ich schmachte nach Speise
Der Mutterworte
Und finde nur Steine
Der Vätergesetze.
Allein im Traum
In deiner Stille,
In deiner Gottheit
Bin ich gewandelt,
Sophia, Königin,
In den Hainen
Und am Weiher
Deiner schweigenden
Einsamen Liebe!
Nicht Väter noch Mütter,
Nicht Weise noch Dichter
Künden mir, Mutter,
Von deiner Liebe!
Meine Erlöserin
Ist die Liebe
Der ewigen Weisheit,
In göttlicher Einheit
Der göttlichen Mutter,
Die sendet das Feuer
Der ewigen Liebe!
Nun sing ich die Schönheit
Der Jungfrau-Mutter
Als deines Spiegels,
Die spricht mit der Stimme
Mütterlicher
Zärtlichkeiten
Zu dem Kleinen,
In leidenschaftlicher
Ganzhingabe
Die Braut zum Geliebten,
In deinem Namen,
Ewige Liebe!

HOHEPRIESTERLICHES GEBET

Heilige Mutter,
Ich bin auf dem Pfade
Zu deinem Throne,
Ich kehre zur Mutter
Heimgehend heim,
Gekommen von dir,
Aus deinem Schoße,
Zu lieben auf Erden,
Zu lieben als Abbild
Deiner Liebe,
O ewige Liebe!
Die du mir gegeben
Als meine Kleinen,
Die mir vertrauen,
Vertrauen der Liebe
Meines Herzens,
Die will ich dir weihen
In der Weisheit,
O treue Mutter!
Heilige alle
Meine Kleinen
In deiner Liebe
Und Weisheit und Gnade!
Ich bitte dich nicht
Für die Verdammten,
Ich bitte dich aber
Für meine Kleinen,
Die Frauen und Kinder,
Die du mir gegeben!
Laß sie auch dort sein,
Wo ich bin, o Mutter,
In deinem Reich
Der schönen Liebe!
Wenn ich zu dir komm,
O meine Mutter,
Laß bei mir sein
In deinem Himmel
Alle die Meinen,
Alle die Kleinen,
Alle die Lieben,
Im Reich deiner Liebe,
O göttliche Mutter!

TRAUM-KOMMUNION

Das Orgelspiel
Des Himmels wehte
Aus tausend Röhren
Mit Geistesatem
Und baute den Tempel
Der göttlichen Mutter!
Priesterlich weihte
Das weihende Amt
Das heilige Brot,
Den heiligen Wein,
Das heilige Fleisch,
Das heilige Blut
Der göttlichen Weisheit!
Die Versammlung
Im Schoße des Tempels
Von holden Frauen
Und frommen Weisen
War in dem dunklen
Tempel der Mutter,
Der Mutter Abbild
Auf dieser Erde.
Der göttlichen Mutter
Unendliche Gnade
Im Fest der Weisheit,
Im Hochzeitsmahle,
Gab sich selber
In Ganzhingabe
Den Seelen hin,
Den Söhnen der Mutter,
Den Minnern der Weisheit,
Den Töchtern der Mutter,
Den Schwestern der Weisheit,
Die durch das heilige
Liebesmahl
Der Kommunion
Sich innig vereinigten
Mit der Weisheit
Der göttlichen Mutter!
LESBISCHE ODEN

MAGDALENA

Magdalena, du himmelstürmende Wollust,


Des Menschensohnes Erkorene und Geliebte,
Nun kommen selige Ostern
Nicht ohne deine Grüße und Küsse!

Du umschlangest des Vielgeliebten Leib,


Des Bräutigams, der dich noch im Tode geliebt,
Du versüßtest sein Sterben
Mit der flammenden Ganzhingabe!

Jesu Taube, Christi geliebte Braut,


Dir erschien er im Liebesgarten der Seele,
Unter Lilien weidend,
Der Geliebte lispelte: O Maria!

Du brachtest nach Rom und brachtest in die Provence


Das Ei des Phönix, das purpurne Ei des Lebens,
Der Phönix der Lieblichkeit flog
Mit glühenden Flügeln in die Morgenröte

Der Glorie Gottes – aber du ihm nach


Vom Gipfel deiner mystischen Einsamkeit,
Vom französischen Berge
Steigend durch Wolken in den Himmel Gottes!

Zu dem Takte seraphischer Zymbeln tanztest


Du mit dem göttlichen Bräutigam in den Himmel,
Schwester der tanzenden Engel,
Jubelnde Freundin der tanzenden Hierarchien!

DIE MUSE

O mein junges geliebtes braunes Mädchen,


In deinen dunklen Augen will ich mich spiegeln
Und leben in deinen Pupillen
Alle Ewigkeit, meine Vielgeliebte!

Wie mystisch reines Gold deine Aura, Frau,


Du Sonne meines Herzens, du Lichtgestalt,
Uralte Konstellationen
Schmücken deinen mütterlichen Mantel.

Du trägst nicht wie die leichten Närrinnen Röckchen


Bäuerisch hochgeschürzt bis an die Schenkel,
Altadelig edle Dame,
Dein Rock bekleidet dich bis zu den Füßen.
Dein Kleid ist weißes Linnen der Heiligkeit
Mit einem Obergewand gehauchter Gaze,
Bestickt mit Frühlingsblumen,
Kleidsam der Flora von Nazareth.

Du bist die Muse der Künstlerseele


Und des Mannes zärtlich Geliebte du,
Ich gebe dir Kosenamen,
Du sprichst zärtlich, meine Geliebte, mit mir.

DER MUND MARIENS

Dein wundervoller Mund ist geheimnisvoll,


Bezaubernd wie ein Trugbild im Wüstensand,
Der Fata Morgana Kuß,
Und lieblicher als das Lächeln der Mona Lisa.

Dein Mund, Mysterium der Mysterien,


Ist der küssende Mund einer himmlischen Muse,
Philosophische Küsse
Küssend dem Mysten der ewigen Weisheit.

Deine Küsse sind sanfter als der Wein


Von Shiraz, den die Dichtermystiker tranken,
Berauschender deine Küsse
Als der edle Wein beim Hochzeitsmahl!

Betrunken vom Wein deiner Küsse, Madonna,


Muß ich schläfrig noch im Traume murmeln
Marianische Minne,
Als hätt ich von deinem Blut getrunken!

Wer trunken von Liebe, darf schauen im Traum


In einer Audienz die Herrin im Thron,
Sie, die Absolute,
Sie, die heilige Gottheit, die Mutter!

Du erwachst von Wundern der Liebe, Seele,


Und träumest wieder den unendlichen Traum:
In Ewigkeit bist du
Daheim am Herzen der göttlichen Mutter!

STILLENDE MADONNA

Ich sah am nachtblauen Himmel den goldenen Vollmond


Leuchten über der grünen Mutter Erde,
Vom Vollmond Tautropfen troffen
In das duftende Gras der frischen Auen.
Mitten im fruchtbaren Grün des Paradieses
Der neuen Erde unter dem neuen Himmel,
Im süßen Friedensreiche,
Saß die königliche Jungfrau Maria.

Sie thronte beim Nabel der Erde an der Spalte


Im königlichen Kleide von reinem Purpur,
Umflossen von schwarzen Haaren,
Die Gestalt der Mutter glich mächtigem Berge.

Da entblößte Maria ihre Brüste,


Die Trauben glichen, Tauben, Gazellenkitzen,
Aus ihren Brüsten strömte
Wie Tau des Mondes Milch des Trostes.

Da lag an ihrer linken Brust der Herr


In seiner Menschheit, trunken von seiner Gottheit,
An der anderen Brust
Aber lag überglückselig der sündige Mensch!

Die Mutter Maria umarmte beide Söhne,


Ernährte beide mit ein und derselben Milch
Der unverborgenen Brüste,
Mit ein und derselben Glückseligkeit!

MADONNA SULAMITH

Ich schrie in der schwarzen Mitternacht zu Sophia,


Der absoluten Göttin der Liebe und Schönheit:
Frau Weisheit, o Gottheit! schrie ich,
Ich schmachte nach dir in verzehrender Sehnsucht!

Da nahte mir Maria Sulamith,


Da ich mit Haaren voller Nachttropfen stand
Und pochte an ihre Pforte
Und sie mir auftat in der Nacht!

Ihr Inneres war erregt, ihr Herz im Busen,


Das liebende Herz der Taube ohne Galle,
Pochte vor heißer Liebe
Nach dem schmachtenden Vielgeliebten!

„Komm, lege mir die Linke unter das Haupt,


Liebkose mich mit deiner rechten Hand,
Und ruhe als Myrrhebüschel
Zwischen meinen Traubenbrüsten!

Komm, wir schlafen unter den Zyperblumen,


Du gekränzt mit dem Kranz der heiligen Hochzeit,
Ich mit des Schoßes Kelch
Voll mystischen Weins der Vereinigung!“
KOMM, GELIEBTE

Komm, meine Geliebte, meine Schöne, komm,


Du Balsamstaude, du duftender Nardenstrauch,
Komm, makellose Freundin,
Ich verschmachte vor Sehnsucht nach dir!

Komm vom Gipfel der schwarzen Pantherweibchen,


Komm vom Gipfel des Libanon, liebe Braut,
Eile, meine Gazelle,
Komm, geflogen komm mit Flügeln der Taube!

Der Ostwind weht in meine Gartenbeete,


Der Hauch des Frühlings liebkost die Rosenknospen,
Die Nachtigall singt so schmelzend,
Wenn der Tag verhaucht und die Schatten fliehn!

Mit bebendem Busen und Atem von Apfelduft


Und mit stürmischen Seufzerhauchen stürmst du
In meine offenen Arme,
Meine Genossin der Nacht und mein Mond!

Du bist meine himmlische Schenkin, o Jungfrau,


Dein Schoß ist der Kelch, deine Minne der Wein,
Deine Lippen wie rote Rosen,
Berauschender deine Küsse als Rebenblut!

Deine Schenkel gleichen Geschmeidespangen,


Deine Hüften sind Meisterwerke des Künstlers,
Deine Brüste sind Trauben,
Berauschende Trauben der trunkenen Liebe!

Du bist glorreich wie die Tänze der Sterne


Und milde wie der Mondin schimmernde Reinheit,
Du Königin mystischer Nacht
Und Lagergenossin im Brautbett der Minne!

DER SCHOOSZ DER MORGENRÖTE

Ach, die Eitelkeit, einer Heimsuchung Jammer,


Will die Seele verzehren mit Nichtigkeit.
In den Staub dieser Erde
Legt der Mann den Mund und schweigt.

Schweige und dulde deiner Heimsuchung Rute


Und mische deine Tränen dem irdischen Staub,
Und bist du ummauert von Blöcken,
Gedenke, vielleicht ist eine Hoffnung!
Siehe, Gottes Gnade ist immer neu
Und immer zurück kommt seine Barmherzigkeit,
In Gottes Gebärmutter wohnt
Die immerneue Barmherzigkeit.

Gottes Gebärmutter ist an jedem Morgen


Neu erfüllt von universellem Erbarmen,
Aus Gottes Mutterschoß
Strömt jeden Morgen Gottes Gnade!

O Maria, die weisen Mystiker preisen


Dich den heiligen Mutterschoß Gottes des Herrn,
Sie preisen deinen Schoß
Als Gottes ewiges Paradies!

Dein Schoß ist jeden Morgen frisch und neu,


Aus deinem Schoß der glühenden Morgenröte
Erhebt sich jeden Morgen der Glanz
Des ewigen Lichts der himmlischen Liebe!

Ewig jungfräulich, ewig bräutlicher Schoß,


Ewig jungfräulich, paradiesischer Schoß,
Maria, göttlicher Schoß,
Der Seele Glückseligkeit ist in dir!

DOXOLOGIE

O, Sie, sie ist die ewige Glorie Gottes,


Lobpreise sie, so hoch du immer kannst,
Es wird doch nimmer genügen,
Denn sie ist immer noch tausendmal schöner!

Gott schmückte Jungfrau Israel, seine Braut,


Die wurde aber eine Hure des Baal.
Gott freite die Jungfrau Maria,
Die blieb die immerwährende Jungfrau!

Braut Gottes, einzigartig licht und rein!


Braut Gottes, du aber liebst mich Menschensohn!
Was frag ich nach der Dirnen Liebe,
Da mich liebt des Ewigen Braut!

So groß bist du, so unausforschlich groß,


Ich kann nicht anders als dich Göttin nennen,
Aus Gottes Gnade Göttin,
Weil du Gottheit in Gottheit geworden!

Weil Gott ist ewige Liebe, schöne Liebe,


Ist Maria ewige, schöne Liebe,
Die liebt mich mit Ganzhingabe:
Halleluja! Gottes Braut die meine!
Nun also Gott die ewige Liebe ist,
Nun also Gott die schöne Liebe ist,
Madonna, ewige Weisheit,
Wie soll ich meine Gottheit verehren?

Du sprichst, Geliebteste: Mit der kindlichen Liebe,


Du liebe die Gottheit mit der kindlichen Liebe!
Wahrlich, da ich Kind bin,
Ist die Gottheit meine große Mutter!

KREUZIGUNG

(Karfreitag 2005)

In der grünschwarzen Nacht des Weltraums fliegt


Der Marterpfahl durch die schauerliche Stille,
Die Welt verwarf die Liebe,
Die Welt hat die göttliche Liebe getötet!

Aber auf dem Pfahle der Bräutigam


In seines gequälten Fleisches und Blutes Blöße,
Von Dornen der Rosen gekränzt,
Das bleiche Antlitz voll verborgener Schönheit,

Im Sterben ein segnendes Lächeln um die Lippen,


Ein Lächeln wie Salböl fließend durch seinen Bart,
Voller Hingabe schaut er
Zur Braut und seufzet: Anima mea!

In stürmischer Hingabe fliegt die heilige Braut,


Die ewige Psyche des göttlichmenschlichen Eros,
Die ewige Jungfrau Gottes,
Auf dem Pfahl durch den dunklen Kosmos,

In Umarmung und Liebesvereinigung


Mit dem nackten Bräutigam fliegt die Braut
In zerfließender Grazie
Durch die staunend schweigenden Sphären.

Alle Sterne halten den Atem an


Vor ihrem hingebungsvollen Frauenleib
In fließender Seide aus Licht
Und hingehauchter Gaze aus Äther.

Die lichten Gewänder, durchsichtig-undurchsichtig,


Fließen wie fließendes Licht der göttlichen Liebe
Um ihren liebenden Leib
Am Leibe des nackten Bräutigams.

In ihrem Herzen ist das Zentrum des Lichts


Und sieben strahlende Schwerter des ewigen Wortes
Kreuzigen die Madonna,
Deren Liebe mit Christus uns alle erlöst!

DER ZECHER

Ich habe sehr oft mit meinem Herrn gezecht


Im finsteren Keller nächtlicher Einsamkeit,
Hab viel vor Kummer geseufzt
Und darum viel vor Kummer gesoffen!

Mein Herr, ein herrlicher Jüngling, war mein Schenke,


Er schenkte mir ein den herben blutroten Wein
Der trockenen schwarzen Erde
In einen schlichten irdenen Becher.

Er ritzte den Arm sich und tropfte Blut in den Wein


Und wollte mein Blutsbruder sein beim Geheimnis des Weinstocks,
Ich mischte, wie Wasser in den Wein,
Aus meinen Augen die Tränen in den Becher.

Nun, siehe, nun trink ich mit Unserer Lieben Frau


Im Garten, wo wir unter Lilien lagern,
Wir ruhen bei Rosen und Reben
Und heben zur Sonne den goldenen Kelch!

Wie Granatäpfel sind der Herrin Brüste,


Die fließen nicht über von Milch, die strömen über
Durch ein Wandlungswunder
Vom Süßmost der Granatapfelfrüchte!

Der Süßmost schäumt vor überseliger Wonne,


So selig wie meiner himmlischen Schenkin Küsse,
Wenn sie lächelt und bittet:
Geliebter, küsse meinen Kelch!...

AN DIE GÖTTLICHE MUTTER

Einzig in dir, o Gottheit, göttliche Mutter,


Findet meine Seele die ewige Ruhe,
An deinem Mutterherzen
Ist mein Herz geborgen wie ein Kind.

Ich will stille sein und aufschaun zu dir,


Du Zuflucht meiner Seele und meine Heimat,
In beschauender Stille
Findet meine Seele deinen Frieden.

Welchen Menschenkindern kann ich vertrauen?


Welche Menschensöhne können mir helfen?
Allein vertrauen kann ich
Dir, du Gottheit meines Lebens!

Allein in dir ist mein Heil und meine Hilfe,


Treue Mutter, o du heilige Mutter,
Nur in dir ist Ruhe
Und die Macht und Rettung vom Bösen, Mutter!

Eine hohe Erkenntnis hab ich gewonnen


In der Stunde deiner Offenbarung
Und in deinem Worte
Und Erscheinen zweierlei erkannt:

Du bist die absolute Herrscherin,


Die allmächtige Weltenschöpferin,
Und in liebender Gnade
Und Barmherzigkeit meine göttliche Mama!

LIEBESLIED

Scheide das erhaben Göttliche nimmer


Vom ungöttlichen Erdenstoff, der Welt,
Das Göttliche wird verklären
Und Ungöttliches wird vergöttlicht!

Frage nicht nach allen deinen Geliebten,


Ob sie den Samen deines Geistes empfangen,
Deine Geliebte allein
Sei die ewige, einzig lebendige Liebe!

Die ewige Liebe neigt sich zum Geliebten


In allen schönen liebkosenden Zärtlichkeiten,
Die Liebe in aller Liebe
Ist allein deine wahre Geliebte!

So trunken von den himmlischtrunkenen Küssen


Bist du wiedergeliebt von der ewigen Liebe,
Selig in einsamen
Glücksmomenten der Begeisterung du!

Genieße die Glückseligkeit tief im Innern,


Die traute Intimität mit der ewigen Liebe,
Die prägt deiner Seele Seele,
Daß sie fortwirkt in empfänglichen Seelen.

Niemandem mußt du genügen, keinem gefallen,


Als allein der ewigschönen Geliebten,
Der ewigen Liebe selbst,
Sie ergötzt sich an deiner begeisterten Liebe!
VERKLÄRUNG CHRISTI

Der Sohn des Menschen stieg auf den Taborberg


Mit Petrus und den beiden Donnersöhnen,
Der Menschensohn schwebte
Mit den bloßen Füßen über dem Berg.

Das Urlicht des ersten Tages umleuchtete ihn


Und verklärte den Menschen in seine Gottheit,
Die Hagia Sophia
Erschien vor den traumumflorten Jüngern.

Ihr Kleid war lichter als reines Sonnengold,


Die feurigen Flügel berührten die Enden des Alls,
Ihr glühendes Antlitz
Glühte von der Glut der Liebe!

Mose schaute das Feuer am Sinai einst


Im jungfräulichen Dornbusch, dem unversehrten,
In diesem himmlischen Feuer
Fuhr Elia vom Karmel gen Himmel!

Aber in der Herrlichkeit goldenen Wolke


Senkte Gottes Schechina sich hinab,
Die göttliche Einwohnung
Schimmerte um die ewige Weisheit!

Da sprach die Schechina, sprach die göttliche Mutter


Aus der Wolke zu den törichten Menschen:
Jesus, meinem Wohlgefallen,
Sollt ihr vertrauen als ewiger Weisheit!

Da verschwand die Erscheinung, zurück blieb Jesus allein,


Der liebende Mensch schritt nieder vom Berg der Verklärung,
Mondsüchtige Kinder zu heilen
Und auf Kalvaria ganz sich hinzugeben!

DREIFALTIGKEIT

Also preis ich dich, o du ewige Gottheit,


Als Christ, und nicht als Jude oder Muslim,
Aber auf eigene Weise
Sing ich das Mysterium göttlicher Minne.

Sie preis ich, die göttliche Mutter, obere Mutter,


Deren Brüste reichen Rundtürmen gleichen,
Deren Gebärmutter aber
Ist die Quelle der Barmherzigkeit,

Die Schöpferin preis ich, den Weltenschoß des All,


Die ewige Mutter, die heißet Schöne Liebe,
ICH BIN, die Schöne Liebe,
Mein Ein und All und meine Gottheit!

Sie offenbart sich in ihrer ewigen Weisheit


Als Hagia Sophia, die himmlische Braut,
In transzendenter Reinheit
Sophia, in immanenter Liebe,

Die mich erkoren zu ihrem Bräutigam


In femininer Erscheinung der ewigen Weisheit,
Der Madonna Maria,
Die ich brennend liebe in Ganzhingabe!

Aber das Feuer dieser Liebe ist Geist,


Ist heilig, heilig, heilig, ist göttlicher Geist,
Die göttliche Liebe selber
Liebt in mir die göttliche Liebe!

Diese glühende Liebe zur absoluten


Gottheit, der Herrin, ist selber göttliche Herrin,
Meine Herrin, die Geist ist,
Die ewiges Leben schenkt ewiger Liebe!

SALOMONISCHE SOPHIA IM TEMPEL

Die Herrin, die mir zweimal erschienen ist,


Die ewige Herrin, das weibliche Antlitz Gottes,
Der Salomo zweimal erschienen,
Die Herrin Sophia erschien mir im Tempel.

Am hohen Fest der heilgen Dreifaltigkeit


Ist als die Morgenröte der Weltenschöpfung
Sophia herrlich getanzt
In göttlicher Schönheit am Altar!

Sophia nenn ich die dreifaltige Gottheit,


Das einige Wesen der drei Personen der Gottheit,
Die absolute All-Einheit
In dreifaltiger Offenbarung:

Sie ist die Mutter Schöpferin dieser Welt,


Sie ist die Salvatrix Mundi, Fleisch geworden,
Sie ist die heilige Inspiration
Und Führerin in die Fülle der Weisheit!

Und Sie, die Salvatrix Mundi, ist Braut des Frommen,


Die lädt ihn ein zum heiligen Hochzeitsmahl,
Eucharis im Liebesmahl
Ist Sie und lebt in Brot und Wein,

Sie ist die göttliche Frau, die mystische Braut


In ihrer Kommunion und Vereinigung,
Die nackt liegt auf dem Altar,
Sich hinzugeben dem Schriftgelehrten!

Sophia als Dreieinigkeit ewiger Gottheit


Und als mystische Braut der Kommunion
Ist meine Offenbarung,
Wie Sie sich offenbarte im Heiligtum Gottes!

SAPPHISCHE ODEN

SOPHIAS LIEBE

Also redet Jungfrau Sophia morgens,


Wenn der Minner fromm auf dem Lager betet
Zu der süßen zärtlichen Mutter, zu der
Mystischen Jungfrau,

Betend also: Jesus-Sophia, Herrin,


O Sophia, die du geworden menschlich
Im Messias, göttliche Jungfrau, dir nur
Will ich mich weihen!

Spricht Sophia: Lieber als andre Frauen,


Törinnen und zänkische Zungen, wähle
Dir die Frau der lieblichen Anmutrede,
Strahlender Schönheit,

Unter deren Zunge wie Milch und Honig


Wohnt der Weisheit ewiges Wort der Weisung,
Die da strahlt in Schönheit der Sonne gleich, der
Kerze im Tempel!

Mich nun liebt der ewige Vater innig,


Ich war sein im Anbeginn aller Schöpfung,
Seine Throngenossin und Vielgeliebte,
Scherzend vorm Vater,

Ich ging aus vom ewigen Vater, strahlend,


Fließend Licht vom ewigen Licht der Gottheit,
Meine Freude ist es, mit lieben Menschen-
Kindern zu spielen!

Mann, nicht du erwähltest Sophia, sondern


Die Sophia erwählte zum Bräutigame
Gottes Sklaven, nun der Vertraute Gottes,
Minner Sophias!
So wie mich der ewige Vater liebet,
Liebt Sophia göttlicher Liebe Toto!
Du sollst nun mit göttlicher Liebe lieben
Kinder der Menschen!

MADONNA

Zärtlich rührt die Jungfrau Maria meine


Seele an, die einsame, stillverborgne,
Und ich schau mit Augen der Seele meine
Jungfrau Maria!

Oh das sagt kein menschliches Wort, Maria,


Wie du voller Grazie, Charme und Anmut,
Sanft, Holdselige, scherzt in Minne! Gib die
Zungen der Engel!

Wie du wandelst vor mir mit bloßen Füßen


Hin und her, o tanzende Sulamithin,
Wie im Hochzeitstanze von Mahanajim,
Meine Prinzessin!

Sprichst du leis: Der ewige Vater weiß wohl,


Daß du eine Mutter brauchst, mein Geliebter,
Drum vertraue du dich mir an, ich bin die
Mutter der Liebe!

Weil ich dir der Schoß bin der Morgenröte,


Sollst du sehen aufgehen auch die Sonne,
Steigen sehn das fließende Licht der Gottheit,
Jesus-Sophia!

O Madonna, jugendlich Schöne, Anmut


Ausgegossen dir auf die Rosenlippen,
Du fürwahr die Schönste der Menschentöchter,
Schöne Madonna,

Eine Göttin über den Frauen bist du,


Eine Göttin bist du, dein Sohn ist Gott mir,
Meine Göttin, Jesus der kleine Gott, das
Lachen des Vaters!

Du bist mein, spricht liebevoll die Madonna,


Du mein Mann, mein Bräutigam und mein Gatte,
Ich will deine Göttin sein, die dich führt zur
Ewigen Liebe!

BOTSCHAFT MARIENS

O geliebter Sohn und Gemahl Mariens,


Deine lichte Lilie lächelt gnädig,
Spricht zu dir der ewigen Weisheit Wort, die
Fürstin des Friedens:

Bete, bete, bete, Geliebter, mit dem


Herzen bete Herzensgebet zur Gottheit,
Dich verwandelt ewige Weisheit dann im
Geiste der Liebe,

Dich verwandelt innig in der Versenkung


Dann der Geist der Seelenerneuerungen,
Du wirst mystisch wiedergeboren in dem
Bade des Geistes,

Dann erschließt der ewigen Weisheit Geist dir


Biblia, die Jungfrau der Weisung Gottes,
In dich schreibt die heilige Schrift den unaus-
Sprechlichen Namen

Und du wirst ein Name des Namens Gottes,


Wenn du meditierend die Weisung murmelst,
Wirst du schwanger, Seele, von dem Geheimnis
Ewigen Wortes.

Dann versammle um dich die Frau und Kinder,


Preise ihnen Gottes- und Menschenliebe,
Mutterliebe Gottes und sieggekrönten
Jesu Erbarmen,

Und erschein als heiligen Geistes Tempel,


Zu den Menschen wandelnder Tempel Gottes,
Liebend die Familie, mein Geliebter,
Weihe Maria!

Dann wirst du ein Lehrer der Religion sein


Und durch deine Worte der Weisheit fließen
Wird zu deiner Frau und den Kindern meine
Minne der Mutter!

MUTTER

Ach im Traum, unzärtliche Mutter, schicktest


Du mich von der Heimat der Kindheit fort, du
Warest nicht mehr Mutter, du warest Frau, ich
Nannte dich Doris,

Auch die Spielgefährtin der Kindheit fand nicht


Trost für die verwundete Kindesseele,
Auch die Freunde störten die Trauer nur mit
Trügrischem Troste.
Aber ich erwache im kalten Morgen,
Da erscheint Sophia mit Feuerflügeln
In der Morgenröte, die lichte Göttin,
Göttliche Mutter!

O du meine Göttin Sophia, du bist


Die geliebte Mutter, du nennst dich selber
Meinen allbarmherzigen Jesus Christus,
Jesus, die Mutter!

Mütterlich die Göttin Sophia redet:


Du ersinnst die Doxologie Sophias,
Singest mir die mystischen Psalmen! Laß die
Irdische Mutter

Dich doch nicht bekümmern, mein Sohn-Geliebter!


Schau, ich nähre dich an den Mutterbrüsten,
Aus den Brüsten fließen der Weisheit Ströme,
Jordan und Ganga!

TROST

Meine Seele, halte dich fromm und rufe


Immerdar zu Gott, der wird dich erlösen.
Mußt du tragen Herzeleid, trag geduldig,
Herzeleid heiligt!

Wenn du mit verbitterter Seele betest


Und den wehen Mund in den Staub legst schweigend,
Wird sich Gott erbarmen, barmherzig, gnädig,
Trocknet die Tränen!

Laß du ab von menschlichem Trost und Hilfe,


Weil sie nur mit Nichtigkeit trösten alle,
Sie sind weise, mit ihnen stirbt die Weisheit,
Nichtige Sprüche

Kränken deine Seele noch mehr als Gott will,


Also schweige, dulde und trag den Kummer!
Siehe, spricht der Herr, dieser Fromme hofft auf
Gott nur alleine!

Da wird sich die Nacht über dich erbarmen


Mütterlichen Trostes, barmherzig, gnädig,
In der Nacht die Weltseele wird, Sophia,
Dein sich erbarmen,

Mütterlich die Weltseele tut den Schoß auf


Und du schwimmst im Urwasser, kleine Seele,
Einig mit der Weltseele, mit Sophia,
Deiner Erlösung!
Du wirst in der Weltseele Seele werden
An dem Herzen Gottes, der großen Mutter,
An dem Herzen Gottes, der großen Mutter
Betest du: Mama!

MEINE GELIEBTE MARIA

Bei den Frauen immer an zweiter Stelle,


Immer nur der Nebenmann oder Hausfreund,
Helfer, Kinderhüter und Weisheitslehrer
Oder der Tröster,

Aber sinkt die Seele mein in den Kummer,


Sitzen Frauen feiernd mit andern Männern,
Sie selbst, die Vertrauteste, ließ allein mich,
Einsam im Leiden.

Aber da erscheinst du, Maria, schwarze


Jungfrau in der Mitternacht, o Madonna,
Weinest mit dem Weinenden, Mutter Weisheit,
Tröstende Mutter!

Frau, zu deinem Throne ist immer Zutritt


Mir gewährt, der Beter ist wie ein König,
Den die Himmelskönigin immer gerne
Gnädig empfänget.

Meine Freundin, einzige Freundin, Jungfrau,


Dir der Erste unter den Männern bin ich,
Ja, ich bin der Einzige deiner Gnade,
Dame der Minne!

Also wenn die Weisheit mir spricht das Trostwort:


Ich, ich will dich trösten wie eine Mutter,
Du wirst an Jerusalems Brüsten saugen
Muttermilch tröstend –

Also, o Geliebte, will Gottes Weisheit,


Daß ich mich als Büschel voll Harz der Myrrhe
Dir allein als ewiger Vielgeliebter
Bette am Busen!

WELTSEELE

Also spricht der Glaube: Wer glaubt, ist niemals


Einsam, denn die Gottheit ist immer bei ihm!
Sie allein kann aufheben deine dunkle
Einsamkeit, Seele!
Also war ich wund an der Kindesseele
Von der Kindheitswunde des Ungeliebtseins,
Da ich einsam betete zu der Gottheit,
Flehte um Liebe!

Also weil im Traum mich zurückgestoßen


Meine Mutter, weint ich um Frauenliebe,
Um die göttlichweibliche Liebe einer
Liebenden Göttin!

Und ich saß auf meinem Balkon zur Mainacht


Und die stille Mitternacht war wie eine
Sanfte und holdselige, liebevolle
Ewige Mutter!

Und der Geist der Mitternacht, Gottes Odem,


Als ein Geist des Friedens, der frommen Stille,
War wie eine Mutter der armen Seele,
Hauchende Ruach!

Und die Nacht erschien mir wie eine Göttin,


Die mich liebt! Die Weltseele wars, die dunkle,
War die schwarze Göttin, Sophia, Seele
Gottes im Weltall!

Denn die Gottheit wohnt in der Schöpfung, Weisheit,


Immanente Mutter, Sophia heißt sie,
Der ich mich als einsamer Minner in der
Mainacht vereinigt!

PROPHETIE

(Muttertag Mai 2005)

Jahwe spricht: Vergißt eine Mutter ihren


Sprößling, den mit Wehen zur Welt sie brachte,
Läßt sie ihre Leibesfrucht, ihre Wehen,
Den sie liebkoste?

Aber – selbst wenn sie ihn vergessen sollte,


Wie die Vogel Straußin im Wüstenlande
Ihre Eier läßt in dem Sande liegen,
Sie ohne Weisheit –

Ich, ich werd dich nimmer vergessen! Mutter


Bin ich, mehr noch Mutter als deine Mutter!
Ich hab dich geschrieben in meine Hände,
Du bist mein eigen!

Siehe, wo sind hin all die stolzen Frauen,


Die dich grausam niedergerrissen haben?
Keine Spur ist da mehr zu sehn von ihnen,
Sie sind verschwunden!

Ich hab dich errichtet, o Tochter Zion,


Die die Kinderlose gewesen, aber
Heute kommen Kinder dir fromm entgegen,
Die dir vertrauen,

Und du fragst: Wer hat mir geborn die Kinder,


Meiner Seele Söhne, wer trug im Schoß sie?
Ehren dich doch Alte im Geist und Ammen,
Weil ich dich segne!

Dich mach ich zum Bringer des Friedens, Bote,


Daß du denen, welche im Dunkel leben,
Licht schenkst aus zerbrechlichem Kelch, der du bist,
Licht meiner Liebe!

(Hab ich deine Mutter verstoßen? Zeig mir


Doch die Scheideurkunde!) Aber du bist
Mein geliebter Sohn! Ich, die Gottheit Mutter,
Ruf dich: Geliebter! - - -

DON JUANS GEBET ZUR HIMMELSKÖNIGIN

O Maria, meine Urgroßmutter


Hat so liebevolle lichte Augen
Und ein solches liebevolles Lächeln,
Segne sie, Herrin!

O Maria, meine liebe Oma


Schenkte mir in meiner Kindheit Liebe,
Stellvertreterin der Gottheit war sie,
Göttliche Mutter,

Darum ich auch Gott als Große Mutter


Liebe und den Herrn als Herrin Weisheit
Und den Geist als Ruach, o Maria,
Großmutter segne!

Meine Mutter, ach Maria Mutter,


Meine Mutter ist ja meine Tochter,
Ihren Mann hat sie geliebt, vergöttert,
Aber sie liebte

Kaum den Sohn, o Wunde meines Lebens,


Ursprung der Vergiftung durch die Süchte,
Ursprung meiner Liebe zur Madonna:
Mutter Maria!

Meine Tante auf der Heimatinsel


Schenkte meiner Seele eine Heimat,
Ein Dornröschen mitten in dem Meere,
Perle des Meeres,

Wo ich auf der Osterfeier selig


War und wo liebkost ward meine Seele
Mit den liebevollsten Kosenamen.
Segne die Tante!

Meine andre Tante aus der Ferne


War mir zugewandt von ganzem Herzen,
Ihre wilden starken Sorgensöhne
Vorbild des Jungen,

Die mit meiner Mutter sich zerstritten


Nach dem Tode meiner Oma, aber
Mich noch ihren lieben Jungen nannte,
Segne sie, Mutter!

Meine dritte Tante litt an Trunksucht,


Erbin sie der Trunksucht ihres Vaters,
Ich nun erbte meines Opas Trunksucht,
O du Geliebte,

Ich auch trinke nichts als Trauertränen,


Ich auch trinke nichts als Blut der Tränen.
Segne meine Tante, laß mich deine
Muttermilch trinken!

Jene Tante weih ich dir, Maria,


Die Großmutters Namen trug als Kindlein,
Sie, die Kleine, die als Kind gestorben,
Tot lag im Kindsbett.

Was verlor sie schon auf dieser Erde?


Sie erkor sich doch das beste Schicksal!
Gut ists, früh zu sterben, aber besser
Wärs, nie geboren!

Meiner Oma Schwester will ich danken,


Die mir ihr Pianoforte schenkte,
Das Klavier aus ihrer Bahnhofsschenke,
Ich hab geklimpert

Anna Magdalena Bachs Etüden,


Hab zumeist das Air geliebt, das süße,
Die Musik und meiner Oma Schwester
Weih ich Maria!

An die Urgroßtante muß ich denken,


In dem kleinen Häuschen am Kanale,
Denke ihres würdigen Gemahles,
Silbernen Greises,

Denke an die süßen Brombeerbüsche


In dem Garten, denk an Tee und Kekse,
Weihe dir die Urgroßtante und den
Alten an Jahren!

10

In dem Kinderwagen lag ich weinend,


Da sich meine erste Liebe neigte
Neugierklug aus lieben Augen schauend,
Lamentationen

Tröstend mit den kindlichreinen Blicken,


Mit dem liebevollen Mädchenlächeln.
Meine Nachbarin, das kleine Mädchen
Weih ich der Jungfrau.

11

O Maria, als am Schwanenteiche


Ich gefüttert Ente hab und Erpel,
Bei den Nymphensittichen und Pfauen
Bei mir ein Mädchen,

Die mit mir im Schlosspark ging spazieren,


Wo dem Waller holde Ruhe wurde
Beim elysischen Gefilde. Mädchen,
Sei mir gesegnet!

12

Meine erste Freundin in der Kindheit


War die Blonde mit den Sommersprossen,
Jüngstgeborene des Architekten,
Süß wie die Biene,

Die in ihrem Garten mir ins Ohr kroch,


Als wir in dem Garten Ping-Pong spielten.
Dieses Kind, das Jura auch studierte,
Weih ich der Jungfrau!

13

Meiner ersten Freundin große Schwester


Weih ich dir, o Hilfe aller Christen,
Die den Knaben eingeladen in die
Biblische Schule,

Daß ich Moses Schwester Mirjam liebte


Und des Pharaonem schöne Tochter
Und den Träumer Josef. O Maria,
Segne die Schwester!

14

Jenes fromme Fräulein will ich ehren,


Jene Jungfrau mit den Silberhaaren,
Die mich Josef, Moses, David lehrte
Herzlich zu lieben,

Josef, den die großen Brüder warfen


In den Brunnen, und den Knaben David,
Der besiegt den Riesen. O Maria,
Segne das Fräulein!

15

Weihen will ich Unsrer Lieben Frauen


Meines Freundes liebevolle Mutter,
Katholikin aus dem fernen Osten,
Schwarz ihre Haare,

Mutter eines Indianerknaben,


Der mit mir gestreift ist durch die Wälder,
Sie ernährte uns mit Trank und Speise.
Segne sie, Mutter!

16

In der Schule macht ich die Bekanntschaft


Mit dem Mädchen mit den blonden Zöpfen,
Tochter eines Fleischers, ihre Brüste
Sind schon gewachsen,

Sanft war sie, wie voller Mutterliebe,


Wie ein Weizenfeld, umsteckt mit Blumen,
Wie ein Weizenbündel ihre Zöpfe.
Segne sie, Mutter!

17

O wie schön mit ihrem Antlitz-Vollmond


Und der Sonne ihres Angesichtes,
Ihren Strahlenaugen, lichtem Lachen
War die Geliebte,

Da zuerst die große Macht des Eros


Spürte ich in ihrem Schlafgemache,
Ob wir sonst auch Schmetterlinge haschten.
Segne sie, Jungfrau!

18

Ach das Kind des Diamantenhändlers


Habe ich geliebt so unbeholfen,
Musste immer sie als Quälgeist necken,
War ich schon damals

Quälgeist schöner Frauen, dass der Vater


Sprach mit meiner Mutter, meine Mutter
Mahnte mich mit ernsten Worten rügend.
Mädchen, ich grüß dich!

19

Schwarz die Locken, schwarz die warmen Augen,


Tochter eines Feuerwassertrinkers,
Sie die indianische Prinzessin,
Ich war der Weiße,

Der sie liebte, den sie liebte, darum


Küssten zärtlich Küsse wir des Mundes.
Diesen ersten Kuß weih ich Maria.
Küss mich, Madonna!

20

Auch das arme Mädchen will ich weihen,


Welche nicht mit Schönheit reich gesegnet,
Aber musikalisch wie die Muse
Von dem Parnassos,

Welche mit mir musizierte: Alles


Was wir brauchen, ist allein die Liebe!
Sie und die Gitarre meiner Mutter
Weih ich Maria!

21

Eine Engelgleiche will ich weihen,


Welche liebevoll die Flasche küsste,
Als ich liebevoll die Flasche küsste,
Küsste die Flasche

So als ob ich einen Engel küsste,


Goldne Locken um das weiße Antlitz,
Lachte sie aus himmelblauen Augen.
Segne sie, Jungfrau!

22

Eine Insulanerin, Madonna,


Weih ich dir, die schlank und hochgewachsen,
Lachenliebende Geliebte, welche
Küsste im Schulhof,

Trotz des Urteils des Lateinischlehrers,


Der uns Cäsars Krieg in Gallien lehrte,
Küsserin ihr Name, denn sie küsste
Himmlisch, Madonna!

23

Mutter der Germanen, Mutter Edda,


Segne diese blonde Heldentochter,
Segne ihre benedeiten Brüste,
Brustspitzen lieblich,

Welche durchs Gewand sich drückten, Jungfrau,


Die mich küsste mit dem Kuß der Muse,
Daß ich schmierte Liebesbriefromane.
Segne sie, Herrin!

24

Jene mit den langen schwarzen Haaren


Und dem makellosen Mondgesichte
Und von Elfenbein den Perlenreihen
Weih ich Madonna,

Sie, die mich zur Politik begeistert,


Ohne Leidenschaft die Venus Russlands,
Keusche Venus Russlands, sei geweiht der
Mutter Maria!

25

Ihre Schwester auch will ich dir weihen,


Die, als ich die große Schwester liebte,
Mich geliebt, die Jüngere der Schwestern
Saß am Piano,

Meditierte auf den weißen Tasten,


Meditierte auf den schwarzen Tasten,
Trug im Herzen zärtlich Jesus Christus.
Segne sie, Mutter!

26

Auch der beiden schönen Schwestern Mutter


Weihe ich der makellosen Mutter
Christi. Christen halten hin die Wange,
Wenn sie geschlagen

Auf die linke Wange, halten Christen


Hin die rechte Wange. Sei von Russland
Bis Amerika das Reich des Friedens,
Fürstin des Friedens!

27

Hoch und schlank die liebevolle Schönheit,


Die mir ihre Pflanzen anvertraute,
Aber ihre Pflanzen wurden von dem
Lamme gefressen,

Welches weidete in meinem Garten.


Glaub mir, Schwester, ich fraß nicht das Grünzeug,
Ja, das Lamm hat wirklich sie gefressen.
Segne sie, Mutter!

28

Jene Mutter auch will ich dir weihen,


Die als Kind der großen Gottesmutter
Hasste zornig Satans Kommunismus,
Grüßte: Pax Christi!

Mit dem Gruß Pax Christi grüßte immer


Diese Mutter, bis sie Satan einfing.
O Maria, rette sie, sie schrie zur
Göttin Diana.

29

Wonneweib mit wonnevollem Busen,


Benedeitem Gottesmutterbusen,
Großen Glocken in der Kirche Gottes,
Läutend zur Liebe!

Darf ich dir die Schulaufgaben schreiben,


Russlands Fabeln dichten dir zur Ehre,
Der ich Wolf bin und den Mond anheule?
Segne sie, Mutter!

30

Dreizehnjährig jung mit roten Haaren


War der kleine Wildfang, meine Wonne,
Meines Freundes Freundin, der ich wollte
Lösen ihr Rätsel,

Doch sie sprach: Ich bin kein Kreuzworträtsel,


Ich bin ein Mysterium! O Mädchen,
O wie gut, noch leben wir auf Erden,
Sei mir gegrüßet!

31

Jene Mutter möchte ich dir weihen,


Die in ihrem Haus mich aufgenommen.
Sei gegrüßt, o Freiheit, meine Göttin,
Hier darf ich leben,

Hier, hier bin ich Mensch, hier kann ich leben,


Leiden, lieben, schöne Lieder singen.
Sei als Herrin hochverehrt die Hausfrau.
Segne sie, Mutter!

32

Auch der Mutter meiner neuen Heimat


Schöne Tochter weihe ich der Jungfrau,
Wirklich eine makellose Schönheit
Weiblicher Wonne!

Viel zu schön für einen Sohn der Erde,


Hört sie gnädig lächelnd das Geständnis,
Daß ich in die Lehrerin verliebt sei.
Segne sie, Jungfrau!

33

Meine Lehrerin will ich dir weihen,


Die mich unterrichtet in der Sprache,
Lehrte mich die ideale Sprache
Geistiger Schönheit,

Lehrte mich den Eros in der Sprache,


Nahm wie eine Mutter sich des Sohnes
Sich des Schülers an in seiner Krisis.
Grüß sie, Maria!

34

Der Tragödie Gretchen will ich singen,


Sie, die flocht die langen blonden Haare,
Sang der Mutter von dem Jesuskinde
Lieder der Weihnacht,

Die ich heimgesucht mit Blei der Lettern


In der Dunkelkammer, sie zu küssen,
Die ich liebte wie ein andres Christkind.
Segne sie, Jungfrau!

35

Ihre junge Schwester will ich singen,


Denn die Tugend hat auch einen Hintern
Und der Hintern hat auch eine Tugend.
Dante erblickte

Beatrice an dem Straßenrande


Und er sang die schöne Dame, ohne
Daß sie feucht geworden wäre. Weihen
Will ich die Schöne!

36

Jene schöne Frau will ich dir weihen,


Lunas Antlitz, nachtschwarz ihre Haare,
Die mich lehrte, dass der Indianer
Gott eine Frau sei.

Sexbesessen diese Indianer


Malen immer Phallus nur und Vulva,
Sterben sie, so liegen sie im Schoß der
Göttlichen Mutter!

37

Ihre Freundin weih ich dir, o Jungfrau,


Die Antigone mir war, die Jungfrau,
Was das Staatsrecht auch gebot, sie folgte
Nur dem Naturrecht.

Das Naturrecht ist das Recht der Götter.


Diese Jungfrau diente nicht den Herrschern.
Diese Jungfrau diente nur der Gottheit.
Segne sie, Jungfrau!

38

Wenn die Frauen Männern sich verweigern,


Legen Männer nieder ihre Waffen.
Bringt der Frauen Keuschheit uns den Frieden?
Friedlich die Frauen

Lächeln und es kommt das Reich des Friedens.


Da sah ich die Jungfrau meiner Seele,
Die Sophia meines neuen Lebens,
Meine Madonna!

39

Jenes Wonneweib will ich dir weihen,


Welche eben aus dem Bad gestiegen,
Trocknend mit dem Badetuch die Glieder,
Wie eine Venus

Zog sie mich nach Prag, zur Stadt der Kaiser,


Prag, die Stadt des Prager Jesuskindes,
Des geheimen Kaisers. Liebe Herrin,
Segne die Schöne!

40

Denken will ich an die liebe Mutter,


Die bei mir mit ihrem Kinde wohnte,
Wie Madonna mit dem Jesuskinde,
Liebende Mutter,

Die mich unterwies im Mutterrechte.


Ich las den Poeten Chiles, Göttin,
Weihe Südamerika der Schwarzen
Jungfrau Maria!

41

Tochter vom elysischen Gefilde,


Göttin Freyheit kehrte heim nach Deutschland
Und das Volk der Dichter und der Denker
Sang das Tedeum!

Großer Gott, wir loben dich! Die Frauen


Und die Männer preisen Gottes Liebe.
Weihen will ich die befreite Nymphe
Dir, Gottes Nymphe!

42

An der Universität der Weisheit


Akademisch und platonisch liebte
Ich die Musen und die Charitinnen,
Melische Nymphen,

Die Studentin dort und die Studentin


Dort, war im elysischen Gefilde
Ich und liebte beide schönen Nymphen:
Danae, Psyche.

43

Als vor mir erschienen diese Schönheit,


Sang die Ode ich an Aphrodite,
Die die Priesterin der Aphrodite
Schickte dem Dichter.

Mit der Priesterin der Aphrodite


Weih ich die Provence der Makellosen,
Mutter schöner Liebe ist Maria,
Fürstin der Liebe!

44

Ihre Freundin auch will ich dir weihen,


Die mir als Kleopatra erschienen,
Die erotische Verführung selber,
Isis im Fleische.

O Maria, diese neuen Heiden


In der Flut des neuen Heidentumes
Weihe ich dir ganz, du Sitz der Weisheit,
Herrin der Weisheit!

45

Jene Frau auch möchte ich dir weihen,


Die der Venus Medici so ähnlich,
Dieser Anima-Gestalt des Mannes,
Traumfrau der Seele!

O wenn sie den Bauchtanz tanzt im Sommer,


Bin ich wie in Salomonis Harem.
Laß dich schauen, Sulamith, im Tanze,
Sulamith, tanzen!

46

Auch die Frau will ich dir weihen, welche


In der Mutter Haus mich aufgenommen,
Wo Ikonen von der Gottesmutter
Tröstlich erstrahlten.

Alle, die erniedrigt und beleidigt,


Finden Tröstung in der Gottesmutter.
Dir, der Gottesmutter, weih ich auch die
Kunst des Theaters.

47

Auch die Töpferin der Großen Mutter


Weihe ich der großen Gottesmutter.
Augen voller mütterlicher Liebe
Schauten zum Dichter,

Welcher mit den kleinen Kindern spielte.


O Maria, all die schönen Mütter,
O Maria, all die lieben Kinder
Will ich dir weihen!

48

Eine Frau, die ernsthaft Gott gesucht hat,


Die gelesen in den Büchern Moses,
Will ich weihen meiner weisen Freundin,
Herrin der Weisheit!

O, ich suchte einst die Große Mutter


Und ich fand die Große Muttergottes,
Fand die Gottheit als die Große Mutter
Ewiger Liebe!

49

Jene Mutter meiner schönen Freundin


Weih ich dir. Ihr Name: Die Geliebte!
Sie war Mutter einer Kindermutter,
Großmutter Enkeln.

O Maria, schenke ihr die Weisheit,


Schenke ihr die süße Gottesliebe!
Weihen will ich sie Sankt Anna, jener
Großmutter Gottes!

50

O Maria, o Maria, Mutter,


O Maria, o Maria, Jungfrau,
Dir allein will ich mich ganz ergeben,
Immaculata!

Ganz dein Eigentum, noch mehr dein eigen


Als ein Sklave, du bist meine Herrin,
Ich der Sohn und du die Große Mutter,
Mutter des Schöpfers!

Du allein bist meine wahre Freundin,


Du allein mir Braut, Verlobte, Gattin,
Gott gab dich mir zur Gemahlin, immer-
Währende Jungfrau!
Führ zur Hochzeit mich im Paradiese,
Zu dem Hochzeitsbett im Garten Eden!
Ewig wir im Liebessakrament die
Liebe erfüllen!

DEA SYRIA

ERSTER TEIL

ERSTE ODE

Es war ein Herr in Syrien, König er


Und Heide, der die Götter verehrte, die
Allkönigin und den Adonis,
Welcher alljährlich den Tod erlitten,

Denn wenn Adonis starb in der Herbsteszeit,


Dann floß vom Berge Libanon rotes Blut
Nach Syrien und alle sahen
Ströme des purpurnen Bluts des Gottes.

Und wenn Adonis starb seinen Tod und war


Ermordet von dem Eber, im Grabe lag,
So heulten alle Klageweiber,
Schlugen sich trauervoll an die Brüste

Und rauften sich das herrliche schwarze Haar


Und so beweinten sie ihren toten Gott,
Adonis aber ist erstanden,
Wahrlich, er ist von dem Tod erstanden!

Lebendig ist gen Himmel gefahren er


Und feierte die heilige Hochzeit dort
Mit unsrer Königin Astarte,
Die auf dem Venusplaneten herrschte.

Der König nun von Syrien ehrte den


Adonis und die Königin, unsre Frau,
Die schöne göttliche Astarte,
Welche die Königin war der Liebe.

Der König hatte schon einen Sohn, als er


Nach seiner ersten Gattin Hinübergang
Ins Reich der Ewigkeit genommen
Sich eine blutjunge neue Gattin.

Und diese neue Gattin mit Namen hieß


Frau Stratonike. Wunderschön war die Frau,
Sie hatte lange schwarze Haare,
Eine gelockte und wilde Mähne,
Die Augen waren hell wie der Abendstern,
Die Lippen eine Perlenschnur rosenrot,
Die Brüste glichen prallen Trauben
Und einem Becher voll Wein ihr Becken.

ZWEITE ODE

Der Prinz, der Sohn des Vaters und Königs, war


Verliebt in seine Stiefmutter, war in die
Frau Stratonike heimlich, aber
Innig verliebt und von ganzem Herzen.

Er sah sie ja auch jeden der Tage und


Was kann die leidenschaftliche Liebe so
Ernähren wie das Sehen jeden
Tag und auch wenn sich die Nächte nahten?

Er sah die schöne Stiefmutter jeden Tag


Beim Mittagstische, wenn sie den Löffel nahm
Voll Honig in den Mund und leckte
Züngelnd den Honig vom Silberlöffel.

Er sah, wie sie den Ehemann schön begrüßt,


Wenn er vom Amte seiner Regierung kam,
Wenn Ehemann und Frau sich küssen,
Zärtlich und keusch auf die Wangen küssen.

Er sah die schöne Stiefmutter auch, wenn sie


Des morgens früh vom Bett sich erhoben hat
Und dann mit schlafverwirrten Haaren
Da stand im reizenden leichten Nachthemd.

Er sah die schöne Stiefmutter auch, wenn sie


Im Bade war, den nackenden Körper wusch,
Er sah sie durch den Schleiervorhang,
Nackt, nur verschleiert vom heißen Dampfe.

Da brannte seine Leidenschaft feuervoll


Und doch versuchte er, diese Leidenschaft
Vor Stratonike zu verbergen,
War sie doch schließlich die Frau des Vaters.

Wie aber sagt das Sprichwort des Orients?


In einer Manteltasche ist leichter zu
Verbergen eine heiße Kohle,
Als man verbirgt die geheime Liebe.

Im Garten seiner Stiefmutter blühte da


Die Iris mit dem schneeweißen Kelch und mit
Den violetten Farbenflecken,
Lockenden Nektar am Blütenstempel,

Die ist Symbol der heimlichen Liebe, ist


Der heimlichen Geliebten Symbol und so
Der Prinz gab Stratonike eine
Iris aus ihrem Adonisgarten.

DRITTE ODE

Nun von der unbefriedigten Liebe ward


Der Prinz ganz krank. Er konnte nicht schlafen mehr
Und saß die Nächte lang beim Weine,
Heulend alleine auf seinem Sofa.

Er mochte nichts mehr essen und trinken nichts


Als nur des Nachts die Unmengen roten Weins
Und fastete und seine Schwäche
Brachte ihn nahe an eine Ohnmacht.

Da er vor seiner Stiefmutter schweigend und


Verstummt erschien, so wusste die Schöne nicht,
Was ihn so krank gemacht und plagte,
Was ihm so grausam sein Herz zerrissen.

Die Freunde dieses leidenden Prinzen nun


Wie jene Freunde Hiobs in Gottes Buch
Mit manchem dummen Ratschlag kamen,
Ja, sie verspotteten fast den Prinzen.

So sagte einer: Wenn dich die Wollust plagt,


So gehe auf des Libanon Gipfel und
Dort wälze dich im Schnee, im kalten,
Dann wird geschmolzen des Fleisches Stachel.

Wenn du nicht auf dem Libanonberge willst


Dich baden in den Schneemassen, sondern willst
In Syrien dich selber heilen,
Wälze in Brennesseln deinen Körper.

Ein andrer Freund vernahm von dem armen Mann,


Dem Prinzen, dass er weine die ganze Nacht.
Da sprach er: Weinst du viele Tränen,
Fehlt dir die Flüssigkeit in dem Körper,

Dann mache eine würzige Suppe dir


Und trinke deine flüssige Suppe oft,
Sonst trocknet dir noch aus der Körper,
Musst du so reichliche Tränen weinen.

Ein Priester sagte: Wende dich an den Arzt,


Ich kann dir da nicht helfen. Die Götter ehrt,
Wer ehrt den Arzt in seinen Leiden.
Heil dir, es segne dich Herr Adonis!

So wusste dieser Prinz schließlich gar nicht mehr,


Wer ihn aus seiner Lage befreien könnt.
Die roten Lippen Stratonikes,
Die ihn verwundet, die könnten helfen!

VIERTE ODE

So also kam der Arzt in des Königs Haus


Und untersuchte sorgfältig dessen Sohn.
Warum war denn so schwach sein Atem?
Warum denn war er der Ohnmacht nahe?

Der Arzt befühlte messend des Kranken Puls


Und hörte horchend auch seine Lunge ab,
Er sah die Galle und die Nieren,
Sorgsam die Leber er untersuchte.

Er nahm vom Kranken Blut in ein kleines Glas


Und untersuchte auch das Urin, jedoch
Es war kein körperliches Leiden,
Welches ihn nahe dem Tode brachte.

Der Arzt war auch ein Seelenarzt, solcher Art,


Daß er den Kranken fragte nach seinem Traum,
Er untersuchte seine Träume,
Deutete alle sie nach dem Traumbuch.

So träumte unser elender Prinz einmal,


Daß einer Iris Blumenstiel steckte in
Kristallner Vase, einer runden,
Bauchigen Vase, und dort erstrahlte.

So träumte unser elender Prinz einmal,


Daß ein Juwel von länglicher Form war in
Dem tiefen Kelch der Iris-Blume.
Alles verstand dieser Arzt der Seele.

Mein sehr verehrter Prinz, sprach der Seelenarzt,


An körperlichen Leiden ich finde nichts,
Mal abgesehen von der Leber,
Weil du zuviel roten Wein genossen.

Auch bin ich voller Sorge, weil allzu kurz


Dein Schlaf ist in den Nächten, du solltest lang
In deinem Bette liegen bleiben,
Schlaf heilt den heftigsten Seelenkummer.

Ich bin jedoch der sicheren Meinung, dass


Du krank vor Liebesleidenschaft bist und dass
Da meine Drogen dir nicht helfen,
Weil deine Droge ein schönes Weib ist.

Ich sage nur, nach meiner Erfahrung ist


Die große Menge purpurnen Weines nicht
Geeignet, wirklich dich zu trösten,
Purpurner Rotwein macht melancholisch.

FÜNFTE ODE

Um nun herauszufinden, in wen der Prinz


Unsterblich und unglücklich verliebt voll Schmerz,
Ließ ihn der Arzt im Krankenbette
In dem Palaste des Königs liegen.

Der kluge Arzt vermutete, dass der Prinz


In eine Dame dieses Palastes sei
Verliebt mit trübstem Liebeskummer,
Darum der Arzt rief die Damen alle.

Nun legte dieser Arzt seine rechte Hand


Aufs Herz des Prinzen, fühlte den Herzschlag so,
Ließ an dem Prinz vorübergehen
Alle die Damen aus dem Palaste.

Die Konkubinen alle des Königs und


Die Dienerinnen alle, die Mädchen jung
Und hübsch und nett und ziemlich niedlich,
Alle berührten des Prinzen Herz nicht.

Die Seherin, die wahrsagte nach dem Los,


Die Priesterin der Göttin Astarte und
Die weisen Damen an dem Hofe,
Alle berührten des Prinzen Herz nicht.

Die jungen achtzehnjährigen Mädchen nicht


Und auch die vierzehnjährigen Knaben nicht,
Nicht philosophische Hetären,
Alle berührten des Prinzen Herz nicht.

Als Stratonike eintrat, die Königin


Und Hausfrau in dem Königspalaste, da
Begann des Prinzen Herz zu rasen,
Hüpfte das Herz ihm im Mannesbusen.

Da flog sein Herz und sprang aus dem Rhythmus auf


Und von der Fieberhitze der Leidenschaft
Das Herz im Busen glich dem Donner,
Trommelte laut wie der Donnerhammer!
Da wusste nun der listige Arzt, von wem
Verzaubert war der Prinz satt an Elend, wer
Ihm seinen Lebensgeist gestohlen,
Welche Geliebte ihn fast ermordet.

Der Arzt besah voll Neugier die Königin


Und dachte: Diese Frau hält das Schicksal des
Verliebten Prinzen in den Händen,
Sie hält das Los über Tod und Leben.

SECHSTE ODE

Da sprach der Arzt zum Könige dieses Wort,


Dies Wort von seinem Königssohn, der im Bett
Da lag mit seinem Liebeskummer
Und schon beinahe den Geist verhauchte:

Mein Herr und mein Gebieter! Der Königssohn


An keinem körperlichen Gebrechen krankt,
Er leidet an dem Leid der Liebe,
Krank ist sein Geist von der Liebeskrankheit.

Und weil die Seele ist ja des Leibes Form,


So wenn die Seele leidet am Liebesschmerz,
So wird der Körper auch erkranken,
Ohnmacht sind nahe und früher Tod gar!

Ich will ganz ehrlich sagen die Meinung des


Gelehrten Arztes: Wenn nicht der Königssohn
Befriedigung der Liebe findet,
Wird er zu frühe die Welt verlassen.

Ich hab herausgefunden, wen euer Sohn


So voller Unglück liebt, o mein Herr und Gott,
Es ist die Gattin eures Arztes,
Ja, meine eigene Frau, die sanfte.

Wenn ich nun denke, dass meine eigne Frau,


Das sanfteste, charmanteste Wesen selbst,
Die Lilie mit dem tiefen Kelche,
Ursache sein soll des frühen Todes,

So bricht mir das mein Herz in der Mannesbrust.


Und doch ich liebe meine charmante Frau,
Die Mutter meiner beiden Töchter,
Wie denn vermöcht ich sie zu verlieren?

Mein König, wenn mein Weib die Musik vernimmt,


Zu der ein Mädchen gerne den Bauchtanz tanzt,
Bewegt sie schön die schlanken Glieder,
Anmutig schön sie bewegt die Hüften.
Und wenn sie müde früh schon am Abend ist,
Verheißt sie eine Liebesumarmung noch
Im Bette ihrem Ehemanne.
Diese nun liebt euer Prinz und Liebling.

Wenn ich ihm meine Gattin nicht gebe, wird


Er an dem Liebeskummer noch sterben und
Ich bin dann schuld an seinem Tode!
O was gebietet mein Herr und König?

SIEBENTE ODE

Der König sagte nun zu dem weisen Arzt:


Ich bitte dich, gib du meinem Königssohn
Zur Ehe deine sanfte Gattin,
Rette du so meinen Sohn vorm Tode!

Zwar ist ein Mann glückselig, wenn er ein Weib


Des Nachts vertraut im Bette genießen darf,
Bei allen Werken der Astarte,
Das macht erst lebenswert dieses Leben,

Doch höher steht bei Göttern die Tugend noch


Und Herr Adonis sagte dies weise Wort:
Das ist die größte Menschenliebe,
Wenn sich ein Mann seinem Freunde opfert!

So bitt ich dich, errette doch meinen Sohn


Und gib ihm deine sanfte, charmante Frau,
Denn sonst verzehrt er vor Begierde
All seinen Lebensgeist und muß sterben!

Ich fordere von dir ja kein Opfer, Mann,


Zu dem ich nicht wär ebenso auch bereit.
So reizend meine Stratonike,
Wär er verliebt in mein liebes Weibchen,

Ich gäb sie ihm, mit großem Bedauern zwar,


Denn keine ist so reizend und so kokett,
Ist so erotisch wie Astarte,
Ach, wenn ich daran nur denke, Lieber!

Sie sagte gestern, dass sie zur Feier nicht


Die rechten Kleider habe, sie wolle nur
Zuhause bleiben, denn da brauche
Sie ja kein kostbares Kleid zu tragen.

Ich sagte: Über alles geliebte Frau,


In deines Herrn und Königs Palast brauchst du
Kein Kleid, nicht Schmuck und auch nicht Schminke,
Wie dich die Götter erschufen, nackend,

Bist du in meiner Kammer willkommen stets.


Sonst sind die weisen Damen so prüde, ach,
Vertrocknet alte Dattelfeigen,
Philosophierende Scheinzypressen,

Die jungen Mädchen sind ach so keusch wie Schnee!


Wenn Stratonike aber der Königssohn
Begehrte tödlicher Begierde,
Wollt ich sie geben dem Königssohne.

ACHTE ODE

Da sprach der weise Arzt zu dem König dies:


Ich hab euch angelogen, mein Herr und Gott,
Denn euer Königssohn begehrt nicht
Meine charmante und sanfte Gattin,

Sie wär ihm zu charmant und zu sanft und keusch,


Er liebt vielmehr die reizend-erotische
Gemahlin Stratonike, eure
Lagergenossin im Werk Astartes.

Nun tut, was euch das Mitleid befiehlt, mein Herr,


Und gebt ihm eure reizend-erotische
Gemahlin zur Gespielin, siehe,
Sonst muß er sterben den Tod der Liebe!

Der König mit dem Herz voll Barmherzigkeit


Und Liebe zu dem Prinzen, dem Liebling, rief
Die wunderschöne Stratonike,
Ließ auch den todkranken Prinzen kommen

Und sagte zu dem todkranken Prinzen und


Zur reizenden erotischen Ehefrau:
Ich scheide mich von Stratonike,
Göttin Astarte will diese Scheidung!

Ich gebe meine reizend-erotische


Gemahlin meinem Sohne, dem Prinzen, der
Mit höllischer Begierde feurig
Meine Gemahlin begehrt im Wahnsinn.

Du, Stratonike, reizend-erotische,


Du mache glücklich meinen geliebten Sohn!
Ich tret zurück von meinem Amte,
Ja, ich verlaß den Palast des Königs.

Der Prinz, wenn er gesundet vom nahen Tod,


Wenn auferstehen lässt ihn mein süßes Weib,
Soll sein in Syrien der König,
Königin mit ihm sei Stratonike.

Und Stratonike scherzte: Mein Herr Gemahl,


In deinem Alter wenig begehrenswert,
Den Vater liebe ich im Sohne,
Gebe mich ganz hin dem Königssohne.

Der Prinz rief: Auferstanden vom Tode bin


Ich Gott Adonis ähnlich und feire jetzt
Den Hieros Gamos mit der Herrin,
Göttin Astarte, mit Stratonike!

ZWEITER TEIL

ERSTE ODE

Als Stratonike nachts lag in ihrem Bett,


Da schlief ihr Körper, doch war die Seele wach.
Die Träume sind Erinnerungen,
Die sind gemischt mit den Phantasien.

Doch manchmal sprechen Götter zu uns im Traum.


So Stratonike träumte den Traum des nachts,
Da sah sie vor sich eine Göttin,
Herrlich die mächtig erhabnen Brüste,

Die große Göttin ist ihr erschienen nackt


Und sprach zu Stratonike im Traum das Wort:
Ich bin die große Liebesgöttin,
Syrische Göttin sollst du mich nennen.

Ich heiße Atargatis in Syrien


Und bin zugleich die Göttin Derketo und
In Kanaan bin ich die Göttin
Aschera, Göttin Astarte bin ich

Dem Volke der Phönizier, Babylon


Nennt mich Inanna oder auch Ishtar und
Ägypten nennt mich Göttin Isis,
Griechenland preist mich als Aphrodite.

Ich möchte, dass der syrischen Göttin wird


Ein Heiligtum errichtet in Syrien.
Du sollst es bauen, Stratonike,
Bau in Hierapolis meinen Tempel.

Ich will dich überschütten mit Huld und Gunst,


Wenn du als Architektin mein Gotteshaus
Errichtest. Nimm dir einen Helfer,
Bitte Kombabus, dir beizustehen.

Des liebevollen Königs Minister soll


Mit Stratonike reisen in jene Stadt
Hierapolis, mir meinen Tempel
Dort zu errichten zu meiner Ehre.

Geh, tu nun alles, was ich dir sagte, und


Sei ohne Furcht, ich bleibe dein Schutz und Schirm.
Kombabus soll an meinen Brüsten
Seligkeit trinken und Himmelswonne!

Kombabus ist der Göttin Erwählter und


Ein vielgeliebter Liebling der Göttin und
Ein mystischer Verlobter seiner
Göttin Astarte. Und nun, erwache!

ZWEITE ODE

Als nun die junge Königin ihren Mann


Erzählte von dem Traum von der Göttin und
Der Göttin Wunsch nach einem Tempel
Und von Kombabus, der ward benötigt,

Da sprach der junge König zur Königin:


O schöne Morgenröte, geliebte Frau,
Die Sonne heilt mit ihren Flügeln
Uns, ihre hüpfenden kleinen Kälber.

Du schöne Morgenröte, o Mädchen mein,


Du Sonne der Gerechtigkeit, weiß ich doch,
Kombabus ist voll ernstem Tiefsinn,
Einer der einsamen weisen Männer.

Ich rufe meinen treuen Minister gern,


Zu reisen nach Hierapolis, in der Stadt
Der Göttin Gotteshaus zu bauen,
Wie es die Göttin Astarte wünschte.

Die nackte Liebesgöttin Astarte will,


Daß ihr ein Gotteshaus werde aufgebaut,
Kombabus wird es in dem Geiste
Herrlich entwerfen gemäß der Weisheit.

Und wenn Kombabus unserer Göttin Haus


Im Geist entworfen, wie es die Göttin wünscht,
Dann sende ich geschickte Maurer,
Göttin Astarte das Haus zu bauen.

Der König rief Kombabus und sprach zu ihm:


Die schöne Morgenröte, die Königin,
Heil unter ihren Flügeln, Sonne
Voller Gerechtigkeit, o Kombabus,

Sie will mit dir am Orte Hierapolis


Das Gotteshaus erbauen der Königin
Des Alls, der Erde und der Hölle,
Göttin Astarte hat dies befohlen.

So reise, mein Minister Kombabus, mit


Der schönen Morgenröte, der Königin,
Zur Stadt Hierapolis, zu bauen
Unsrer Astarte der Göttin Kirche.

Kombabus sah zur Königin, sah zur Frau,


Zur schönen Morgenröte, der Königin,
Und sagte: Möge mir die Göttin
Heimliche Weisheit und Freude schenken!

DRITTE ODE

Kombabus dachte: Eine so schöne Frau


Wie Stratonike ist sehr gefährlich für
Die Ehre des Ministers, nämlich,
Leicht geht verloren der Ruf der Tugend.

Sie ist so zart und schön wie Susanna, die


In Susa lebte, zärtlich und schön und rein,
Die Alten wollten ihren Schleier
Reißen vom lächelnden Angesichte.

Wenn ich mit Stratonike den Tempel bau,


Als Architektin handelt die Königin,
So werden wohl die Leute reden,
Das ich was habe mit Stratonike.

Und wird dann eifersüchtig der König sein


Und denkt der junge König, die Königin
Sei fleißig nur im Kokettieren,
Droht mir der Tod an dem Marterpfahle.

Wie kann ich sicher sein, dass die Königin


Nicht ruiniert den Ruf meiner Tugend mir?
Ich hasse geile Ehebrecher
Wie auch die Scheidung des Ehebundes.

Da kann ich mich nur selber entmannen, ja,


Wenn ich Eunuch zum Ruhme der Tugend bin
Und als Eunuch der Göttin diene,
Wird mich beschuldigen kein Minister.
Mein bestes Stück, mein Mannesglied schneid ich ab
Und meine beiden Zwillinge schneid ich ab,
Die Hoden voll des Mannessamens,
Keusch will ich leben wie eine Jungfrau.

Ich werde als jungfräulicher Gottesmann


Der jungen schönen Königin dienen wie
Als wär ich ihre Kinderamme
Oder ihr Bruder, ja, ihre Schwester.

Wenn aber mich beschuldigen wird der Hof


Und wird mich bei dem König verklagen und
Mir meinen Ruhm der Tugend rauben,
Sage ich: Siehe, ich bin Entmannter!

Und so gerät die Königin nicht in den


Verdacht, zu kokettieren mit einem Mann,
Wenn in Hierapolis den Tempel
Baut sie der Göttin als Architektin.

VIERTE ODE

Kombabus legte seine Kleinodien


In eine kleine goldne Schatulle und
Trat so zu seinem jungen König,
Betete an seinen jungen König

Und sagte: Majestät, o mein Herr und Gott,


Ich habe hier ein Heiligtum aufbewahrt,
Das diene euch als treuer Zeuge,
Daß ich bin allezeit euer Diener.

Wenn ich nun mit der Königin reise nach


Hierapolis, der Göttin Astarte dort
Den Tempel zu errichten, bitt ich,
König, bewahrt meine Schatzschatulle.

Ich bin des Königs Diener und allzeit treu


Und weil ich bin dem König ein treuer Knecht,
Drum bin ich ein getreuer Sklave
Auch meiner Königin Stratonike.

Wenn jemals Zweifel aufkommen sollte, dass


Ich bin ein treuer Diener des Staates und
Der beiden Majestäten, nämlich
König und Königin, kommen Zweifel

An eurem Knecht auf, dass er dem Vater Staat


Nicht treu gedient, so schaut die Schatulle an,
Und wenn mein Ruf erst ruiniert ist,
Zeugt die Schatulle von meiner Reinheit.
Ich bitte euch, o Majestät, Herr und Gott,
Eröffnet meine goldne Schatulle nicht,
Bewahrt sie einfach unbesehen,
Hebt sie gut auf, o mein Herr und König.

Ich gehe jetzt nach eurem Gebote mit


Der jungen schönen Königin, um das Haus
Der Liebesgöttin zu errichten,
Göttin Astarte belohn den Diener!

Ich hüte eure Königin, o mein Herr,


Ich hüte sie als Heiligtum und als Schatz,
Ich hüte eure Ehre, Herrscher,
Wie auch die Ehre der Frau des Herrschers.

Denn wenn der König ist wie Adonis Gott,


Ist wie Astarte Königin eure Frau.
Ich geb das Beste meines Lebens
Göttin Astarte und Stratonike.

FÜNFTE ODE

Da Stratonike und ihr Minister oft


Zusammen waren bei ihrem Tempelbau,
Die junge Königin erkannte
Bald des Kombabus gelehrte Weisheit.

Die junge schöne Königin dachte sich:


Der Mann ist wie ein Lehrer der Weisheit mir,
Der er erkennt der Götter Willen,
Unsere Göttin Astarte lobpreist.

Ich sehe seine Tugend und Frömmigkeit


Und seh in seinen Augen der Liebe Licht,
Er hat ein Herz voll frommer Weisheit,
Er hat ein schenkendes Herz voll Güte.

Er ist nicht grade schön wie die Jünglinge,


Doch bin ich gerne in seiner Gegenwart,
Er hat so eine sanfte Aura,
Ja, er vermittelt der Götter Liebe.

Er ist so mild und sanftmütig, friedevoll,


Ist ein Orakel göttlicher Weisheit und
Kennt alle Kunst der Architekten,
Ja, ist ein göttlicher Kunsthandwerker.

Ich schätze ihn und in seiner Gegenwart


Schmilzt mir das Herz im Busen und meine Brust
Wird warm und sie gerät in Wallung,
Ja, ich empfinde so was wie Liebe.

Ja, Liebe ist das, mehr noch als Leidenschaft,


Die Liebe wird zur Leidenschaft und ich will
In seinen Mannesarmen liegen,
Möchte mich bergen an seinem Busen.

Doch ist er ja ein treuer Minister des


Verehrten Königs, dient seinem Vater Staat
Und wird die Würde seines Amtes
Wohl nicht erniedern durch Leidenschaften.

Wie kann ich ihm gestehen die Leidenschaft?


Weist er zurück der Königin Leidenschaft,
Muß ich mich schämen bei der Schande,
Das wär für beide doch mehr als peinlich.

Ich werde mich betrinken mit rotem Wein,


Denn wenn Betrunkne Leidenschaft geben kund,
So können sie noch immer sagen:
Das war der Wein, das war ich nicht selber.

SECHSTE ODE

An einem Abend saßen die Königin


Und ihr Minister stille zusammen da
Und tranken von dem roten Weine,
Sehr altem syrischem Traubenblute.

Da sprach die schöne Königin, trunken froh,


Sprach zu Kombabus lächelnd ein liebes Wort:
Kombabus, Bester der Minister,
Weisester aller der Königsmannen,

Ich bin so gerne in deiner Gegenwart,


Und jetzt da ich betrunken vom Weine bin,
Hab ich den Mut auch, dir zu sagen,
Daß ich dich liebe, mein sehr Verehrter!

Ich liebe dich! So einfach gesagt und doch


Ein Wort von großer Tiefe: Ich liebe dich!
Weil ich betrunken bin, so wag ich,
Dir zu gestehen, dass ich dich liebe!

Ich liebe dich mit geistiger Kraft und auch


Mit aller meiner weiblichen Leidenschaft
Und möchte jetzt, betrunken selig,
Küssen und küssen und nochmals küssen!

Ja, mehr noch, ich begehre das Liebesspiel


Und möchte nackt mit dir auf dem breiten Bett
Den süßen Sport der Liebe spielen!
Mach mir ein Kind, du mein Vielgeliebter!

Kombabus schluckte, stockte, errötete


Und sprach zur schönen Königin dieses Wort:
Wenn ich ein Mann wär, meine Herrin,
Gerne ich machte dir dann ein Kindlein!

Doch bin ich nicht ein Mann, ein Entmannter bin


Ich leider, meine Königin, ohne Glied,
Und kann dir die Begierde leider
Männlicherweise nicht völlig stillen.

Kombabus zog die Hose herunter und


Er zeigte seiner Königin, wie ihm da
Das Glied und seine Hoden fehlten.
Weinend die Königin sagte: Weh mir!

O weh mir, weh mir, wehe mir! Die Begier


Wird nicht gestillt mir von dem geliebten Mann!
Und dennoch, ohne Glied und Hoden,
Lieb ich dich schwesterlich, mein Kombabus!

SIEBENTE ODE

Nun Stratonike und ihr Minister oft


Zusammen waren, architektonisch klug
Zu dienen ihrer großen Göttin,
Um ihr das Heiligtum zu errichten.

Nun war Kombabus zwar ein entmannter Mann,


Und als Eunuch auch frei von Begierde und
Geschlechtslos, war er still befreundet
Mit seiner Königin, seiner Herrin.

Die junge schöne Königin aber doch


Empfand die unbefriedigte Fleischeslust
Und so verzehrte sich das Weibchen,
Immer verzichtend, doch unfreiwillig.

Wenn auch der süßen Liebe Erotik nicht


Gesättigt wurde, ach, in der Königin,
So blieb sie dennoch alle Tage
Gern in der Gegenwart ihres Freundes.

Auf diese Weise wurde verwandelt die


Erhitzte Liebesleidenschaft in den Bund
Der Freundschaft zweier guter Geister,
Einig im Dienste an ihrer Göttin.

Und so wie bei der Plage der Leidenschaft,


Wie kluge Freunde sagen, das Beste ist,
Sich einer Arbeit hinzugeben,
Daß man die leidende Lust vergesse,

So fand auch Stratonike, die Königin,


Den Frieden in der Architektur, dem Dienst
Der Göttin, in dem Bau des Tempels,
Den sie errichtete mit dem Freunde.

Wenn sie am Tage architektonisch klug


Gelenkt die Zimmermänner, die Maurer und
Die Meister und Gesellen alle,
Ganz nach dem Plane in ihrem Geiste,

Dann ward sie doch am Abend ein schwaches Weib


Und wenn sie lag allein auf dem Sopha still
Beim roten Blut der Rebentochter,
Sehnte sie sich nach Umarmung dennoch,

Und wenn sie nachts alleine im Bette lag,


So träumte sie wollüstige Träume oft
Vom Mann Kombabus, dem Eunuchen,
Diesem Eunuchen der Liebesgöttin!

DRITTER TEIL

ERSTE ODE

Der König, Stratonikes Gemahl, vernahm


Gerüchte aus Hierapolis, dass sein Weib
Mit dem Minister kokettiere,
Immer mehr hörte der junge König,

Daß sie sehr gerne tanzen ging mit dem Freund


Und leicht bekleidet ihn in dem Bad empfang
Und abends sitze mit dem Manne
Lächelnd und scherzend auf seinem Sofa

Und dass er einmal gar in der dunklen Nacht


Den nackten Rücken seiner Gebieterin
Auf ihrem Bett massierte, knetend
Ihre Verspannungen an den Schultern,

Und da der König dieses Gerücht vernahm,


Zitierte er den guten Minister gleich
Vor seinen Stuhl des Herrn und Richters
Und sprach zum treuen Minister dieses:

Kombabus, mein Vertrauen gehörte dir,


Ich gab dich meiner Königin gerne mit,
Das neue Heiligtum zu bauen
Göttin Astarte, des Reiches Herrin.

Doch du hast mein Vertrauen betrogen, Mann!


Ich hab dich eingesetzt als Verwalter beim
Errichten dieses Heiligtumes,
Unseres staatlichen Heiligtumes,

Und hab dich eingesetzt als den Meister der


Gesellen, jeden Maurers und Zimmermanns,
Ich machte dich zum Architekten
Unseres staatlichen Heiligtumes

Und habe dir des syrischen Staates Heil


Vertraut und meine Königin dir vertraut
Als Dienerin der großen Göttin,
Das aber hast du wohl missverstanden.

Die Ehe eines Königs ist heilig und


Das Ehebett der Königin unberührt
Zu halten, ist der Männer Ehre,
Du aber hast deinen Herrn betrogen.

Und darum spricht der syrische König und


Zugleich das ganze syrische Volk zu dir
Den Urteilsspruch, das Todesurteil!
Sei dir die Göttin Astarte gnädig!

ZWEITE ODE

Kombabus hat das Todesurteil gehört


Und betete zur Göttin Astarte still:
Du unbefleckte Jungfrau, Mutter,
Königin, Göttin, komm mir zu Hilfe!

Er ward geschlagen, wurde gefesselt und


Geführt zu seinem Kreuz auf dem Totenberg,
Wo man der Sklaven viel gekreuzigt,
Viele Rebellen und viel Verbrecher.

Kombabus stand vorm Kreuze und sah hinauf


Und sprach: Gewährt mir noch einen Wunsch vorm Tod,
Lasst noch mal mich den König sprechen,
Denn ein Geheimnis will ich verkünden.

Der König trat zu seinem Minister und


Sprach zu Kombabus: Sünder des Ehebruchs,
Beflecker du des Königsbettes,
Was will Kombabus von seinem König?

Kombabus sprach zum König: Mein Herr und Gott,


Als ich mit Stratonike gefahren bin
Zur Stadt Hierapolis, zu bauen
Göttin Astarte den schönen Tempel,

Da gab ich meinem König zuvor, ihr wisst,


Zu Händen eine goldne Schatulle und
Sprach: Herr, hebt gut auf die Schatulle,
Aber ihr sollt sie nicht öffnen, Herrscher.

Jetzt aber bitte ich meinen Herrn und Gott,


Zu öffnen jene goldne Schatulle und
Zu schauen, was in ihr bewahrt ist,
Leben und Tod nämlich davon abhängt.

Der König ihm gewährte den letzten Wunsch,


Nahm in Empfang die goldne Schatulle und
Tat die Schatulle auf und schaute
Penis und Hoden des treuen Mannes.

So hast du meine Gattin doch nicht befleckt,


Und hättest du gewollt, hättest nicht gekonnt,
So blieb die Gattin unbefleckt und
Darum soll leben mein Freund Kombabus!

Und weiter nichts vom Tode am Kreuz und nicht


Mehr Scham und Schande über Kombabus, nein,
Der König ehrte den Minister:
Göttin Astarte hat ihn gerettet!

DRITTE ODE

Der junge König sprach zu Kombabus dies:


Du bist ein wirklich treuer Minister, der
Die Genitalien eher opfert
Als einen heiligen Bund zu brechen.

Du bist dem ganzen syrischen Volke jetzt


Ein reines Tugend-Vorbild geworden, du
Bist Inbegriff der reinen Treue
Zu dem Gebieterpaar, und der Keuschheit.

In diesen wilden lüsternen Zeiten bist


Du heilige Ikone der Keuschheit, die
Zur Ehre seiner reinen Göttin
Opfert den Penis, die Zwillings-Hoden.

Ich habe solch ein großes Vertrauen nun


Zu dir, dass du zu jeglicher Tageszeit
In dem Palast des Herrn und Königs
Vor mir erscheinen darfst, mein Minister.
Und wenn ich selber speise zu Mittag, darfst
Du auch mit deinem Könige speisen und
Wenn du am Abend zu mir eintrittst,
Sollst du den Rotwein des Königs trinken.

Und wenn ich unterwegs bin im Staatsgeschäft


Und meine schöne Königin ist zuhaus,
So darfst du allzeit sie besuchen
Und ihr berichten nach deiner Weisheit

Von irgend neuen Himmelserscheinungen,


Vom König und vom syrischen Volke und
Dem Volke von Ägypten oder
Was sich ereignet in Jemen-Saba.

Und wenn die schöne Königin ist im Bad,


So bleibe ruhig vor ihrer Türe stehn,
Massiere den verspannten Rücken
Meiner geliebtesten Eheherrin.

Wenn ich selbst und die Königin in dem Bett


Gemeinsam liegen (selten nur kommt es vor)
Und du willst sprechen deinen König,
Ruhig betrete die Bettenkammer.

VIERTE ODE

Kombabus aber schließlich vollendete


Der großen Göttin Heiligtum in der Stadt
Hierapolis, der Göttin Tempel,
Syrischen Göttin Astarte Tempel.

Er stellte auf das Marmorbild einer Frau,


Die wie die Himmelskönigin Juno war
Voll ernster hoheitsvoller Würde
Und mit den lilienweißen Armen.

Er stellte auf das Marmorbild einer Frau,


Die wie die Jungfraungöttin der Weisheit war,
Minerva mit der langen Lanze,
Von Lapislazuli war ihr Auge.

Er stellte auf das Marmorbild einer Frau,


Die wie die süße Göttin der Liebe war,
Wie Venus mit dem großen Busen,
Marmornen Brüsten, gebenedeiten.

Er baute für die syrische Göttin auch


Sehr schön den elfenbeinernen Gnadenthron,
Da sieben Stufen elfenbeinern
Führten zum Gnadenstuhl seiner Göttin.
Zu beiden Seiten dieses sehr schönen Throns
Voll Majestät zwölf goldene Löwen da
Flankierten dieses Thrones Stufen,
Denn sie war Herrin der wilden Tiere.

Ihr Stuhl mit elfenbeinerner Lehne war


Von hinten mit dem goldenen Stier geschmückt,
Ein Sinnbild für den Gott Adonis,
Sinnbild des fruchtbaren Gnadenstromes.

Die Göttin war mit Edelsteinschmuck geschmückt


Und trug ein königliches Gewand von Gold,
Gekränzt mit einer Sternenkrone
War sie die Königin in dem Weltall.

Von wo auch immer jemand geblickt zur Frau,


Der Augen Lapislazuli schaute stets
Mit Mutteraugen voll Erbarmen
Gnädig zum Beter, der zu ihr flehte.

Kombabus ließ den Weihrauch in dichtem Qualm


Aufsteigen in der syrischen Göttin Haus,
So dicht die Wolke war des Weihrauchs,
Keiner mehr konnte die Göttin sehen.

FÜNFTE ODE

Da sprach die Liebesgöttin Astarte dies


Zu ihrem liebevollen Kombabus: Mann,
Ich bin wie eine große Mauer
Und meine Brüste sind runde Türme!

Ich hab dich auserwählt, mein geliebter Mann,


Bevor du mich gewählt als Geliebte hast,
Bevor du mir dein Herz geöffnet,
Bat ich um Einlaß in deine Seele.

Sei sicher, meine Liebe ist grenzenlos


Und eine Flamme Gottes ist meine Lust,
Ich lieb dich mit besondrer Liebe,
Ja, du bist mein und ich bin die Deine.

Daß du bist ein Eunuch für das Himmelreich,


Das ist mein Wille. So hab ich dich bewahrt
Vor sterblicher Verliebtheit, welche
Dornen dir mehr schenkt als Rosenblüten.

Ich habe dich bewahrt vor den Sterblichen,


Vor Frauen, welche schön in der Jugend sind,
Sind halbätherische Geliebte,
Später jedoch sinds Matronen rundlich.

Schau, ich bin sechzehnjährige Jungfrau, bin


Die reine immerwährende Jungfrau, bin
So schlank wie eine Dattelpalme
Und meine Brüste sind Rebentrauben.

Trink dich an meinen mächtigen Brüsten satt,


Dem Kinde tröpfelt Honigmilch meine Brust,
Dem Manne aber flutet Rotwein
Feurig aus meinen gefüllten Brüsten.

Ich habe dich erwählt als geliebten Mann,


Der Liebesgöttin Bräutigam bist du jetzt,
Nicht glücklich bist du wie die Leute,
Sondern glückselig wie Gott Adonis!

Ja, Gott Adonis auch trank an meiner Brust


Den Wein, den ich verwandelt in rotes Blut,
Du nun des Gottes Zwillingsbruder
Ruhst an den Brüsten der Muttergöttin!

Der Tod wird dich erlösen von allem Leid,


Dann kommst du in das ewige Freudenreich.
Adonis ist ja auferstanden,
Dort, Liebling, werden wir Hochzeit feiern!

ODEN VON ANAKREON

EROS

Ich will Helden, Herren singen,


Starker Verse, große Dinge!
Auf, o Muse! Doch die Saiten
Tun so revolutionär,
Wollen nichts als Eros tönen!
Ich zerriss die Saiten alle,
Spannte neue Saiten auf,
Doch auch diese rebellieren.
Neue werden mir gehorchen,
Diese tönen sicher Helden.
Eben ich begann mit Zeus
Und den Göttern, aber Eros
Lachte! Aus der sanften Leier
Kam nur Süßes, inspiriert
Von der Liebe und Begierde.
Helden, Könige, Adieu!
Heldenverse, große Dinge,
Euch Adieu! Nur Eros-Oden
Tönt mein Herz zu meinen Saiten.

SCHÖNHEIT

Allen, die den Äther atmen,


Kraft hat die Natur gegeben.
Bei dem Bau des edlen Stieres
Gab Natur dem Haupte Hörner
Und dem Pferd gab sie die Hufe
Und Geschwindigkeit dem Hasen
Und dem Löwen scharfe Zähne,
Auf der Meeresoberfläche
Lehrte sie die Schuppenschar
Die Kristallsee zu durchjagen.
Und das schattenreiche Wäldchen
Zierte sie mit Tirilieren.
Männern gab sie, stolzen Männern,
Ihre geistige Vernunft.
Was, oh Frau, was blieb für dich
Über von den ganzen Schätzen?
Die Natur gab dir die Schönheit!
Mächtiger als all der Pomp
Und die böse Macht des Krieges!
Feuer hat wohl solche Macht
Wie die Frau, wenn sie erobert.
O sei schön! Die Menschheit liebt dich!
Lächle – und die Welt wird schwach!

AN EINEN MALER

Du, des Rosenfarbentöne


Schaffen können Form und Seele,
Bester Maler! Komm und zeige
Diese wunderschöne Jungfrau,
Welche lebt in weiter Ferne.
Male ihre Locken spielend,
Seidenlocken, irre Ranken,
Und, wenn Malerei das kann,
Ihren Balsam destilliere,
Lass das kleinste Löckchen atmen
Einen Seufzer des Parfüms,
Locken, die gekräuselt fließen
Rötlich auf der Stirne Schnee.
Lass der Stirne Strahlen leuchten
Glänzend weiß wie Elfenbein.
Mach die Brauen ebenmäßig
Steigend in gewölbten Bögen,
Je ein Halbmond zärtlich zitternd,
Nicht sich mischend, nur sich teilend.
Aber hast du warme Funken
Für die Blitze ihrer Augen?
Lass sie streuen blaue Strahlen
Wie in der Athene Blicken,
Süß gemischt mit Licht, das fließt
Hold in Aphrodites Augen.
Auf die Nase, auf die Wangen
Gieße schamhaft Weiß und Rot,
Mische sie, wie wenn es glüht.
Charme kann blicken, Farbe strahlen,
Überlass den Rest dem Traum!
Ja, sie ist es, die ich suche!
Ja, sie lodert, ja, sie lebt!
Gleich beginnt sie auch zu sprechen!

DIE TAUBE

Lieblicher Kurier des Himmels,


Woher und wohin denn willst du?
Streust du doch - dein Ritzel spielt –
Duftstoff auf den ganzen Weg.
Ist es Arbeit? Ist es Liebe?
Sags mir, sags mir, sanfte Taube!

„Mit Anakreons Gelübde


Komm ich, das er schwor Myrtale,
Darauf seines Herzens Charme,
Die errötende Natur
Und das Lächelnde der Kunst.
Aphrodite – er umwarb sie –
Schickte mich zu ihrem Barden.
Er, Anakreon, ist Meister,
Er regiert jetzt meinen Flug.
Da die Briefe, die du siehst,
Schwere Ladung sind auf mir,
Denke nicht, mein Dienst sei hart,
Freudlos Arbeit ohne Lohn.
Lächelnd an des Meisters Tor
Freiheit wartet, wenn ich heimkehr.
Wilde Freiheit nur vergeblich
Lockt mich, wieder wild zu sein.
Kann ein kluges Täubchen kommen
In ein seliger Gefängnis
Als die meinen Fesseln sind?
Über Wald und Feld zu streifen,
Glückes Gast, doch ohne Heimat,
Und das Untere verlassen,
Seinen Kopf stets zu verbergen,
Leicht geschürzt, grob zugeführt –
Ich hab jetzt ein bessres Los:
Leckre Mahlzeit! Weiche Ruhe!
Nun die Schale ist bereit,
Nämlich meines Dichters Mund!
Pflegeschützling, frei von Angst,
Brot schnapp ich von seinen Fingern!
Dann mit üppig vielen Knaben
Spiele ich in seinem Haus!
Wenn der Wein den Mut beflügelt,
Streift mein Flügel sein Gesicht,
Wenn dann Fest und Freude reifen,
Schlafe ich auf seiner Leier!
Das ist alles. Nun, ich eile,
Und wie du nicht wissen kannst,
Werd ich meinen Ritzel tragen!
Ach, ich schwatz wie eine Hausfrau.“

KUMMERBRECHER

Als ich voller Durst mich neigte,


War mein Leiden eingeschläfert!
Diskussionen der Monarchen!
Ich der Glücklichste und Reichste!
Erster ich von allen Männern!
Sorglos überm Becher sing ich,
Phantasie macht mich zum König.
Gib des reichen Krösus Gaben –
Hätte ich denn Lust auf mehr?
Auf dem samtnen Sofa liegend,
Efeu meine Stirn umschlingt,
Meine Seele ist begeistert!
Was sind Könige und Kronen?
Arm seid ihr, ihr Mächtigen,
Hastend zu dem Blut des Krieges.
Lasst mir, lasst mir meinen Weinstock!
Andres Blut vergieß ich nicht
Als das Blut, das Wein einst war.
Breite volle Becher sehen,
Das nur heißt, mich zu besiegen,
Denn ich glaube, es ist weiser,
Als im bösen Krieg zu fallen,
Trinkend untern Tisch zu fallen!

TRINKEN

Ist die Mutter Erde trocken,


Dann trinkt sie des Himmels Regen.
Dann der Tau gibt frisch und herzlich
Jedem Pflanzendurst zu trinken.
Dämpfe, die am Abend schweben,
Sind Getränk den tiefen Hügeln.
Wenn die rote Sonne scheint,
Dann trinkt sie des Meeres Tränen.
Luna auch in bleichen Strömen
Glanz saugt aus der Sonne Pfeil.
Fort mit deiner Nüchternheit,
Denker! Die Natur trinkt immer
Nach dem heiligen Gesetz.
Das Gesetz ist auch das meine.
Ich verpflichte selbst das Weltall
Aufs Gesetz des roten Weines.

GOLD

Lieben ist ein großer Schmerz!


Ungeliebt ist größrer Schmerz!
Aber ach, die schlimmsten Schmerzen:
Liebend nicht geliebt zu werden!
Die Empfindung floh die Erde,
Auch das Feuer des Genies,
Auch der Adel der Geburt.
Himmelstugend kann betören,
Schönheit gnädig ist dem Lächeln.
Ach die Frau will nur das Gold,
Gold ist, was die Frau nur träumt.
Ich vergeb der Dirne nicht!
Nicht vergib der Sünderin,
O gerecht-empörter Himmel!
Wer als Erster tat verehren,
Wessen Herz zuerst sich schmückte
Für den bösen Schmutz des Geldes?
Ach, seit dieser Durst begann,
Tot ist das Gemeinschaftsleben,
Tiefes Fühlen ist entschwunden!
War es die Natur denn selbst,
Die der Liebe Charme besudelt,
Um mit Gold zu provozieren
Alle Völker zu den Kriegen?
Oh das Schlimmste ist von allem:
Gold zerreißt des Minners Herz!

EROS UM MITTERNACHT

Mitternacht. Rund um den Pol


Ward der Kleine Bär gesehen.
Sterbliche, vom Tage müde,
Haben Sorgen weggeschlummert.
Kam ein Knabe zu der Zeit,
Weinend kam in meine Laube,
Weckte mich mit Klageliedern,
Bat, ihn vor der Nacht zu schützen.
Und wer bist du, rief ich laut,
Der mir die Visionen scheucht?
Sanfter Vater, sprach der Knabe,
Nimm mich unter deine Flügel.
Ich hab Angst, ein Knabe einsam,
Wandernd durch die düstre Wildnis.
Kalt der Regen und kein Strahl
Mir erleuchtet meinen Weg.

Ich vernahm des Knaben Leiden,


Hörte bittern Nachtwind wehen.
Seufzend über sein Geschick,
Steckte ich die Lampe an
Und ich öffnete das Tor.
Es war Eros! Dieser Wandrer,
In der Nacht sein Ritzel strahlte.
Ich erkannte ihn am Bogen,
Kannte ihn in meinem Herzen.
Lieb nahm ich ihn an und blies
Aus der Asche auf die Glut.
Drücke du aus deinem Haar
Die Kristalle nur der Frostluft.
In der Hand und an der Brust
Hielt ich seine kleinen Finger.
Jetzt die Glut des Genius
Blies mir alle Ängste weg.
Bitte, sprach der kleine Schelm,
(Als er lachte, bebte ich)
Lass den Bogen mich versuchen,
Durch den Regen ging ich lang,
Dass ich fürchte fast, der Schauer
Hat den Bogen mir verdorben.
Nun das Kind den Bogen spannte,
Von der Sehne flog der Pfeil.
Schnell der Pfeil wie eine Flamme,
Kam in meinen innern Geist.
Und der Knabe sprach: Adieu!
Und er lachte laut und wild,
Zog geflügelt seines Weges.
So Adieu denn, nun ich weiß,
Dass der Regenschauer nicht
Meinen Bogen schlaff gemacht.
Ja, ich kann noch immer schießen,
Wie ich dir dein Herz durchbohrt!

EPIKURÄER

Unter Myrten in dem Schatten


Liege ich im Blumenbett,
Salb mit Salböl mir mein Haupt,
Um mich wachsen rote Rosen.
Was soll ich nun tun als trinken,
Zu entfernen alle Mühen?
Ja, im königlichen Staat
König Eros mich erwartet!
Eros, fülle mir den Becher
Und vermisch Gesang dem Becher,
Voller Witz und Heiterkeit
Stimmen gib und edle Glut,
Gib Gesundheit, Knabenliebe!
Denn das Rad des Lebens flieht
Nicht nur auf robuste Weise,
Sondern auch auf sanfte Weise.
Muss das Rad des Lebens fliehen,
Möge die Bewegung sanft sein.
Warum nicht mit Salböl salben?
Warum nicht den Rotwein trinken?
Schöne Blumen, warum nicht
Sie auf lieben Gräbern pflanzen?
Nichts kann uns der Staub mehr geben
Des Gebeins, das ward zu Staub.
Nach dem Tod begehr ich nichts mehr,
Lass mich jetzt das Leben lieben!
Alle Stoiker sind tot.

CATULL ODEN

S’ ist willkommen, wie einst dem raschen Mädchen


War der goldene Apfel, der, so heißt es,
Lang verschlossenen Gürtel ihr gelöst hat...

Sperling, köstliche Wonne meines Mädchens,


Gerne spielt sie mit dir, hält dich am Busen,
Reicht die Spitze des Fingers dir zum Angriff,
Reizt zu heftigen Bissen dich. Gefällt es
Meiner strahlenden Liebsten, Scherz zu treiben –
Kleine Tröstung für ihre Schmerzen – glaub ich,
Wird die heftige Glut von dir beschwichtigt.
Könnt ich spielen mit dir wie die Geliebte,
Ach, und lindern des Herzens dunklen Kummer!
3

Charitinnen, weint, weint, Eroten, trauert,


Zartbesaitete Menschen alle, trauert!
Nämlich meiner Geliebten Sperling, wehe,
Meines Mädchens Beglückung, ist gestorben,
Den sie mehr noch als ihre Augen liebte!
Er war lieblich und kannte seine Herrin
Als wie meine Geliebte ihre Mutter.
Nimmer floh er von ihrem Schoße, sondern
Hüpfte hierhin und dorthin, sprang und hüpfte,
Immer zwitscherte er vor seiner Herrin.
Jetzt die düsteren Pfade geht er, dorthin,
Woher niemand, so heißt’s, zurückgekommen.
Fluch dir, finsterer Hades, du Verderber
Alles Schönen, so schönen Sperlings Dieb du!
Ach, unseliger Sperling du des Unglücks,
Du bist schuld, dass jetzt meines Mädchens Augen
Rot geschwollen von heißvergossnen Tränen!

Leben wollen wir, Lesbia, uns lieben!


All das Murren der allzu strengen Greise
Gilt uns mehr nicht als Nichts und Eitelkeiten.
Sonnen sinken und auferstehen, aber
Wir, ist einmal erloschen unsres Lebens
Flamme, schlafen im Dunkel ohne Ende.
Gib mir zehntausend Küsse, dann noch tausend,
Hundert, abermals tausend und zehntausend!
Sind Millionen beisammen, o Geliebte,
Sei vergessen die Zahl der Küsse, also
Dass kein Neider mit bösem Blick behexe
Jemals uns, wenn er wüsst die Zahl der Küsse.

Wie viel Küsse von dir genug sind, fragst du,


Liebe Lesbia, oder je genügen?
Nenn des libyschen Sandes Zahl, Geliebte,
Beim Orakel des glutgeplagten Jove
Und dem heiligen Grab des alten Battus
In Kyrene, und sag die Zahl der Sterne,
Soviel Küsse, Geliebte, sollst du küssen!
S’ wär dem Wahnsinn Catulls genug, so reichlich,
Dass Neugierige sie nicht zählen können,
Böse Zungen uns nicht verhexen möchten!
6

Gib, Catullus, die Torheit auf, du Armer,


Was verloren ist, gib du auch verloren!
Einstmals leuchteten lichte Sonnentage,
Als du gingest, wohin dein Mädchen lockte,
Die Geliebte, wie keine je geliebt ward!
Da geschahen so süße Minnescherze,
Die willkommenen, gern gesehn vom Mädchen,
Damals leuchteten lichte Sonnentage!
Doch jetzt will sie nicht mehr! – So woll du nimmer
(Wenn’s gelänge) und jag nicht nach dem Mädchen!
Trag mit männlichem Sinn und steh mit Stärke!
Lebe wohl denn, Geliebte! Schau, Catullus
Wird dich nimmer mehr suchen und umwerben!
Du wirst Schmerzen empfinden, unumworben!
Weh dir, Schreckliche! Welches Leben bleibt dir?
Wer bemüht sich um dich? Wem bist du Schönste?
Wessen Liebste wirst du genannt? Wen lieben?
Wenn dann küssen und wem die Lippen beißen?
Ha, Catullus, steh männlich deinem Schicksal!

Furius und Aurelius, ihr bleibt Catullus’


Freunde, ist in Indien er, wo morgens
Schlägt die W