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strahl von oben leuchtet in ihm die Erkenntnis auf, daß nur
die ganze Welt umwandelt und alle Dinge, selbst die ver- lo
zur Götterwelt gefunden, der ihn, der fortan selbst ein himm¬
lischer Vena , ein himmlischer Seher ist , aus dem Wirrwarr 2.5
ist. So ist die Spekulation des Liedes, wie so- oft im Veda,
Übersetzung.
jubelten die Geschöpfe <der Sonne) entgegen, als sie das Licht
Interpretation.
Schauen; ähnlich ist RV. 10, 82, 1 caJcsus „das geistige Auge,
venas durch „der Liehende", „der Holde" (von van, ven, wozu
Spähens, selbst RV. 10, 123, 6 müssen wir hrda venanto eher 5
als ein „Schauen mit dem Herzen" auffassen als ein Lieben,
das Herz für den Inder seit der vedischen Zeit das Organ des
ist Sürya als vena nicht „der Liebende" (so Ludwig), sondern: i»
heimnis, das größte aller Wunder, nämlich tad, die Welt, die
Prsni, die entweder gemolken wird (z. B. RV. 1,160,3; 6, 48, 22)
oder, wie hier, selbst melkt, ist im RV. wiederholt die Rede.
klärung von vräU ist die des Säyana, der vräli mit prajä^
gleichsetzt. Wir hätten dann den Sinn, daß, wie die Sonne
bhütäni sarve caiva kämäl},. Die Sonne wird also seit ihrem
vor*). — Aber man hat sich mit der Interpretation von vräJf,
aber viel eher die Maruts, die Söhne der Prsni, die beim
svarvido vrdl} auch auf die Priester gehen, die in der Morgen¬
2) Sollte RV. 5, 54, 10 statt svarnarah, das wie eine Glosse zu divo
narah aussieht, svarvidah zu lesen sein?
8) Vgl. z. B. G. K. S. 50 zu RV. 8, 81, 8 Uber die Angiras und Maruts
als , Söhne des Himmels'; RV. 1, 64, 4 und wohl auch 1, 67, 10 sind die
Maruts narah genannt.
Ein schwieriger Hymnus des Atharraveda (II, 1). 37
selbst für Lumina und identifizierten sich kühn mit der Sonne, 5
wie z. B. der Dichter von EV. 4, 26, 1, der sich mit Manu
schon bei der Geburt hinzielt; nach EV. 4, 27, 1 hat der
von der Existenz der Götter Kenntnis erhalten, für uns un- is
ist Sürya, der hier als Vater des Sängers, als Vater der 20
5 pita (so liest die Parallelstelle VS. 32, 9, auch AV. 18, 2, 49)
i.i ähnlich wie Prsni männlich oder weiblich ist, je nachdem sie
Nach RV. 1, 164, 16 und 22 ist pitu? pita der Weltvater, der
Welt bleibt. Wenn es heißt, daß derjenige, der die drei ver¬
Viertel, mit denen nach RV. 10, 90, 3 der Puru§a außerhalb
der Welt ist, während das vierte Viertel die empirische Welt
nur mystisch durch die drei Viertel angedeutet, die für den
heimnis kennt, daß Gott ein „Mensch" (purussa) ist, der wird
3) T. A. 10,1, 4 liest: yas tad veda savituh pitäsat; vgl. auch Mahän.
Up. 1, 16, wo die Atharva-Bezension (ed. Col. Jacob, Bombay 1888, S. 2)
liest: sa pituh pitäsat, die Drävida-Rez. , der Dbussbn (60 Up., S.245)
folgt, hat: ,der Sonne Vater'.
4) mahe päre RV. 1, 71, 5 und RV. 6, 20, 11 ist der Urvater der
Welt, aber noch nicht Brahman als .Großvater'.
40 M. Lindenau.
wird, wird die Väc EV. 10, 125, 7 mit den Worten aham
von pitä, janitä und landhur ebenfalls EV. 1, 164, 33. — Für
vanäni vi&vä, der gleichlautend EV. 10, 82, 3; VS. 17, 27;
32, 10; TA. 10, 1, 4 überliefert ist, ist EV. 8, 21, 4 wichtig,
V. 2, das wir oben (S. 37) auf Brahman bezogen haben , ist
1) Hier sei noch hinzugefügt, daß die drei padäni sicher absicht¬
lich vieldeutig gewählt sind. Von den vielen Möglichkeiten hier nur
eine! Nach G. K. zu RV. 3, 65, 10 sind die trtni padäni in BV. 1, 22, 18;
154, 4 = bhüvanäni in RV. 10, 55, 10c. Beziehen wir ebenso hier die
drei padäni auf die drei Welten , so wäre der pituf pitä der Tote , der
wie die übrigen pituf pitarah in das Brahman eingegangen ist und als
solcher den Luftraum durchdringt und Himmel und Erde bewohnt, wie es
AV. 18, 2, 49 heiSt: ye nah pituh pitaro ye pitämahä ya äviviiur urvanta-
rikfam \ ya äkfiyanti prthivim uta dyäm tebhyah pitrbhyo namasä vidhema.
2) Die Götter werden im BV. oft als .Brüder" angerufen, z. B.
RV. 10, 11, 2 Agni, RV. 8, 53, 5 Indra; vgl. dazu Gbassmann, Wb. zum
RV. s. V. bhrätr.
Ein schwieriger Hymnus des Atharvaveda (II, 1). 41
der seinen Kindern ihre Namen gibt und zu dem sie in die
eka, vgl. ßV. 10, 82, 3, wo von Visvakarman die Rede ist,
wofür RV. 10, 82, 3; VS. 17, 27; TS. 4, 6, 2, 2 nämadha lesen,
steckt näma dhä, wozu Geldnee (G. K. zu RV. 10, 82, 3) RV. 10
nur reiner Zufall, wenn Brh. Ar. Up. 6, 4, 25ff. , wo von der
Geschöpfe seine Schüler sind, aber sollte dem anyä nicht zu¬
ihm heißt, daß er der Vater und Erzeuger des Dichters ist.
sehr wohl einen „Vater des Vaters", einen Vater des Welt¬
1) Den Gedanken, dafi der Weise, der Kenner des Veda, uner¬
schaffen ist, von niemand abstammt, haben wir auch Käth. Up. 2, 18.
42 M. Lindenau.
poetisches Gewand und läßt sich von dem Schwung der dich¬
ferner mit RV. 1,115, 3; 3,58, 8. Der Sänger hat als gändharva
wandelt, ähnlich wie RV. 4, 33, 1 von den Rbhus gesagt wird,
der Dichter vom prathamajä rtasya, der hier selbst zum Dichter
der Dichtkunst von Gott verliehen wird, lese ich auch aus
die Anschauung zugrunde, daß Agni, der oft „die Zunge der
gossenen Opfertränke verzehrt (z. B. EV. '6, 52, 18) als inneres
daß dhäsyu eine alte Wortbildung war, die schon zur Zeit
schon deswegen, weil näman und väc fast als synonyme Be¬
Stelle besonders dadurch groß, daß dhäsyu sonst nur als Sub¬
stantiv vorzukommen scheint. Ein solches substantivisches
stellung von Paradoxen ist gerade bei Agni, der als Typus
des Unbekannten Gottes durch das Paradoxon als das irra¬
die so oft als „Stimme" des Agni bezeichnet wird, von der
hier die Rede war. Unter dieser Stimme (väc) des Agni ver¬
leicht sogar noch unser Dichter, der ja auch väcam iva, nicht
nur väcam sagt; wir dürfen das iva, in dem eine gewisse
könnte, das auch oft mit dem Brüllen des Rindes verglichen
1) Weil er selbst die Väc war, die RV. 10, 125, 5 von sich sagt:
akam eva svayam idam vadämi.
2) Da mir hier der Raum mangelt, werde ich an anderer Stelle
weitere Belege bringen.
3) Vgl. Deussbn, Gesch. d. Phil. 1, 1, S. 257 Uber Väc und Om.
4) Vgl. Dbussbn, 60 Up., Index s. v. om.
5) Vielleicht ist auch der Umstand in Erwägung zu ziehen, daS
AV. II, 1 ein Eingangslied ist, vor dem die heilige Silbe om seit der
ältesten Zeit der Atharva-Tradition gleichsam als Überschrift Uberliefert
ist. Trotz der AltertUmlichkeit der Sprache scheint II, I zu den jüngsten
Liedern des AV. zu gehören, wie ja Uberhaupt die sogen. Eingangslieder
meist jüngeren Datums als die übrigen sind. Jedenfalls stehen die philo-
46 M. Lindenau.
Rauschen einmal (RV. 10, 11,6) als väc bezeichnet wird {vi-
Idee gewonnen hätten, nämlich die, daß Agni sich selbst die
gedeuteten Idee, daß Prsni diese ganze Welt aus sich selbst
20 — rtasya tantum (so auch AV. 13, 3, 19) vitatam geht auf
den ausgespannten Faden des Kosmos (rta), der von der Erde
sopbischen Hymnen des AV. der Zeit der ältesten Upanisaden, mit deren
Sprache sie viel gemeinsam haben, nicht allzu fern.
1) AV. 10, 8, 44 haben wir die älteste Erwähnung der .nicht altern¬
den, <ewig)> jungen Weltseele' (Ätman). Es ist falsch, in ätmadä (RV.
10, 121, 2) schon den Begriff des Selbstopfers hineinzulegen.
2) Vgl. auch VS. 8, 61, wo von den 34 Fäden des Opfer» ge¬
sprochen wird.
Ein schwieriger Hymnus des Atharvaveda (II, 1). 47
Stelle des Opfers trat später die Anbetung, das Gebet, die
die Ideen des Sängers, und so wurde tantu der Faden des
Tod geredet, doch nie von seiner Geburt, so daß er uns ge¬
deve§v ätatalj, (RV. 10, 57, 2), bis zu den Göttern ausgespannt.
auch, und zwar noch unverhüllter, AV. 13, 1, 60: ... tantur
RV. 10, 123, 7 gelesen wird*), ist das betonte kam eng mit
dem dativischen Infinitiv verbunden ; es dient zur Verstärkung
des Dativs des Zweckes und hat die Bedeutung von kämäya
Götter sind nach Öat. 1, 6 aus dem Munde des Prajäpati ent¬
standen, was RV. 10, 90, 12 = AV. 19, 6, 6 von den Brah¬
sich nicht scheut (RV. 2, 12,1), ohne daraus die von den
1) vs. 32, 12 liest statt drie kam: vicrtya; TA. 10, 1, 4; Mahän. üp.
2, 6: vivrtya.
2) Doch wird im Veda schon die Vergänglichkeit des höchsten
Urwesens, soweit es der empirischen Welt angehört, in mystischer, sehr
verschleierter Weise angedeutet , wie es z. B. A V. 13,3,7 vom Rohita
heifit: hhüto bhavisyadbhuvanasya yas patih. Hier liegt m. E. ein Para¬
doxon vor, das bisher von keinem der Ubersetzer richtig erkannt ist;
wir müssen nämlich übersetzen: ,der vergangen <ist und doch> der Herr
der zukünftigen Welt ist'. [Mir mangelt hier der Raum zu weiterer
Beweisführung ; ich werde sie in einer Spezialschrift Uber das Paradoxon
als Darstellungsmittel des Gröttlich-Irrationalen im Rigveda und Atharva¬
veda nachholen.] Auf diese Weise brauchen wir auch den überlieferten
Text nicht zu ändern. Ein ähnliches Paradoxon liegt wohl AV. 10, 7, li
vor, wenn wir tapah als mystische Bezeichnung des Agni, der ja im Veda
in immer neuer Form erscheint, auffassen (Stichwort fUr Agni in v. 10
ist asacca sacca; vgl. oben S. 43; Gtbassmann, Wb. s. v. tapas 4). Der
Ein schwieriger Hymnus des Atharvaveda (II, 1). 49
entstanden sind, ist die von Geldneb zu EV. 10, 82, 5 zitierte
Sinn wäre dann: worin <im Skambha) Agni vergangen <i8t und doch)
die höchste Weltordnung aufrecht erhält. Da nun Skambha = Agni
ist (vgl. RV. 10, 5, 6), hätten wir somit den Gedanken : Skambha hält im
Skambha die höchste Weltordnung aufrecht, d. h. in sich selbst. Wir
könnten hier also wiederum einen Vorläufer der Ätman-Brahman-Idee
erblicken (vgl. oben S. 46). Noch deutlicher würde diese Idee zutage
treten, wenn wir dhärayati a\% Loc. Part, auffassen: „worin (im Skambha)
Agni (= Skambha) <ruht), <(im Skambha), der die höchste Weltordnung
aufrecht erhält", dhärayati kann also grammatisch mit tapalt (als verb,
fin.) oder mit yatra (als Loc. Part.) verbunden werden. Vielleicht wollte
der Dichter durch diese doppelte Konstruktionsmöglichkeit das Irrationale
des Unbekannten Gottes (= Skambha) zum Ausdruck bringen. [Prof.
Gblditbr (mUndlich) faßt wegen Sraddhä in demselben Verse (vgl. RV.
9, 113,2) tal>al^ als Askese auf, dhärayati als Loc. Part, und übersetzt
dieStelle: .Worin die Askese <ruht), wenn sie vergangen ist, <im Skambha),
der das höchste Weltgesetz aufrecht erhält«. — Da tapah Teilbegriff von
karman ist, hätten wir hier, soviel ich übersehe, die älteste Andeutung
vom Fortleben des tarman nach dem Tode. Sollte sich von solchen
Stellen aus, indem man immer mehr hineinlegte, der im Veda nicht
nachweisbare Glaube an die Seelenwanderung gebildet haben? Natür¬
lich ist seine eigentliche Wurzel in volkstümlichen Anschauungen zu
suchen.]
1) gamäne yonau auch RV. 10, 10, 7 = AV. 18, 1, 8, aber in anderer
Bedeutung; vgl. dazu G.K. S. 147; RV. 10, 123,2 tamänam yonim abhy
anvfota vräh weist auf den engen Zusammenhang von AV. 2, 1 und RV.
10, 123 hin (vgl. oben v. 1).
Von I. Scheftelowitz.