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Inhaltsverzeichnis

primo loco
Ein Arzt als Weichensteller und Erneuerer 3
Titel: OP-Roboter „Da Vinci“
„Minimalinvasiv und äußerst präzise“ 4
Personalia
Dr. Seidel-Kwem neuer Kaufmännischer Vorstand des UKJ 5
Sprechstunde: Periphere Arterielle Verschlusskrankheit
„Lebensstil muss sich ändern“ 6
Vorgestellt: SklillsLab
Venenzugänge legen und Leber tasten lernen 8
Ausbildung
Praktikum im Reich der Mitte 9
30 Jahre Klinik für Innere Medizin
„Das Gute muss dem Besseren weichen“ 10
Diagnostik und Therapie
Erfolgreiche „Blutwäsche“ 12
Personalia
Bundesverdienstkreuz für Prof. Frank Richter 13
10 Jahre Kompetenzzentrum für interdisziplinäre Prävention
Bilanz kann sich sehen lassen 14
Fit sein mit Hartwig Gauder (11)
Weck, was in Dir steckt! 15
Veranstaltungen 16
Service 17
GesundheitsUni Jena
Lebensvernichtende Kettenreaktion 18
Palliativmedizin
Ambulantes Palliativteam dehnt Versorgung aus 19
GesundheitsUni Jena
Hausbesuch einmal anders 20
Vorgestellt: Schwerbehindertenvertretung
Probleme kennen und helfen 21
Diagnostik und Therapie
Jenaer Zahnmedizinstudenten engagieren sich 22
Wenn die Sonne zweimal über einer Geburt aufgeht, beginnt ein Überlebenskampf
für Mutter und Kind 23
Forschung
Biomarkersuche – automatisch 24
„Anschaulich und lehrreich“ 25
„Vorschul-Forscher“ besuchten Placenta-Labor 25
Personalia
HD-TV in 3D aus dem Inneren des Körpers 26
Produktionssteuerung für Gene 27
Ausstellung
Geburtshelfer, Chirurg, Leibarzt, Hochschullehrer 28
Mosaik
Empfehlungen aus der Patientenbibliothek 29
Tradition und Moderne 30
Rätselseite 31

Titelseite: Klinikdirektor Prof. Marc-Oliver Grimm stellt den Operationsroboter „Da Vinci“
vor, der an der Klinik für Urologie seit Januar 2011 im Einsatz ist Foto: FSU

2 Klinikmagazin Ausgabe 1/2011


primo loco

Ein Arzt als Weichensteller und Erneuerer


Prof. Dietfried Jorke zum 85. Geburtstag

Wenn in diesen Tagen bei Debatten um den Wissenschaftler und Hochschul- Initiative „Aktion demokratische Erneu-
die Finanzierung und Umsetzung des lehrer. Beredtes Zeugnis für Letzteres erung der Universität“ mit viel Energie
Klinikumsneubaus die Wellen hoch- sind neben zahlreichen wissenschaft- und Mut ins Leben und machte so die
schlagen, ist dies für einen ein vertrau- lichen Publikationen die 48 Diplomar- Kliniken für Innere Medizin und die Me-
tes Bild: Prof. Dr. Dietfried Jorke, lang- dizinische Fakultät zu einer treibenden
jähriger Direktor des Städtischen Kran- Kraft im Prozess der Erneuerung der
kenhauses und „Bauherr“ der KIM, kann Friedrich-Schiller-Universität nach Jah-
in seinem neunten Lebensjahrzehnt be- ren der realsozialistischen Stagnation.
obachten, wie sich die Bilder gleichen. Dafür verlieh ihm die Friedrich-Schiller-
Denn als die KIM, die „Keimzelle“ des Universität die seltene Würde des Eh-
neuen Klinikums in Lobeda entstand, rensenators, die er ebenso bescheiden
war zwar vieles anders, eines aber trägt wie die vielen anderen Ehrungen,
gleich: die Mittel knapp und die Anfor- die ihm in seinem Leben zuteil wurden.
derungen an ein modernes Krankenhaus
hoch. Das Dilemma mustergültig auf- Neben der Naturwissenschaft haben
zulösen und faktisch nebenbei aus zwei auch Fragen der Medizinethik den Arzt
Krankenhäusern eines zu formen, darin und Forscher Jorke in immer stärker
bestand und besteht die große Leistung werdendem Maße beschäftigt, wovon
des Klinikleiters Dietfried Jorke. sein großes Engagement in der Hospiz-
Entsprechend gilt es, dies an seinem 85. bewegung zeugt. In gleichem Maße
Geburtstag, den er am 19. Februar die- profitierte auch die Thüringer Akademie
ses Jahres beging, zu würdigen. für Ärztliche Weiterbildung von der mit
der Emeritierung frei werdenden Ener-
Foto: Schacke
Mit den in den 70er Jahren getroffenen gie des unermüdlich Tätigen.
Entscheidungen und deren Umsetzung Prof. em. Dr. Dietfried Jorke Wer immer dabei Prof. Dietfried Jorke
ab 1980 in der damals zu den moderns- erleben durfte und darf, ist überwältigt
ten Kliniken des Landes zählenden KIM geboren am 19. Februar 1926 von seiner natürlichen Autorität und
ist Prof. Jorke ein Weichensteller und in Sondershausen Beharrlichkeit bei gleichzeitiger Be-
Wegbereiter der weiteren Entwicklung 1946-1951 Medizinstudium scheidenheit.
des Jenaer Uniklinikums geworden. in Greifswald und Jena
Und das sowohl als Hochschulpolitiker 1952 Promotion in Jena Nicht zuletzt diesen Eigenschaften ver-
als auch als Arzt, Wissenschaftler und 1961 Habilitation „Innere Medizin“ dankt die KIM, die zweifellos als das „Le-
Lehrer. In über 40 Jahren ärztlicher und benswerk“ des Dietfried Jorke bezeich-
wissenschaftlicher Tätigkeit hat Prof. 1975 Professor für Innere Medizin net werden darf, unsagbar Vieles. Und
Jorke für die Entwicklung seines Fach- der FSU viel lässt sich von ihm lernen für die
gebiets, der Inneren Medizin mit Schwer- 1980 Direktor der Klinik für Innere heutigen Kämpfe: Es sind zwar 2011
punkt auf der Internistischen Onkologie, Medizin keine antistatischen Fußböden, um die
Hepatologie und Gastroenterologie 1992 Übergabe der Leitung und wie seinerzeit Prof. Jorke mit Gesund-
Richtungsweisendes geleistet. Ihm ver- Emeritierung heitsministerien gerungen werden
dankt das UKJ die Gründung der sei- muss, sondern Flächen für Forschung
nerzeit ersten Abteilung für Internis- und Krankenbetten. Doch das Entschei-
tische Onkologie an einer Universität, dende ist gleich geblieben: Erfolg kann
die einen wesentlichen Beitrag zur ei- beiten, 52 Promotionen und 8 Habilita- nur haben, wer wie Prof. Jorke höchs-
genständigen Etablierung dieses Faches tionen, die unter der Anleitung und Be- ten Einsatz an den Tag legt, wer eine
geleistet hat. treuung von Prof. Jorke fertig gestellt Sache zu seiner Sache macht.
wurden. Dem Jubilar die Kraft dazu in allen Din-
Seinen Patienten war er in all den Jah- gen, viel Freude und „ad multos annos“.
ren seiner klinischen Tätigkeit ein zuge- Wie sehr seine Persönlichkeit, die von
wandter, hochkompetenter und auf ein der Maxime der Redlichkeit bestimmt Prof. Dr. Klaus Höffken
breites Fachwissen bauender Arzt. Stu- wurde, seine Arbeit an der Universität Prof. Dr. Klaus Benndorf
denten und Forscherkollegen erlebten prägte, wurde in den Wendejahren für das Universitätsklinikum Jena
ihn als engagierten und vorbildgeben- deutlich: Prof. Dietfried Jorke rief die und die Medizinische Fakultät

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Titel: OP-Roboter „Da Vinci“

„Minimalinvasiv und äußerst präzise“


OP-Roboter „Da Vinci“ verbindet die Vorzüge der offenen und
laparoskopischen Operation

Mit dem Roboter, der mit ungelenken


Schritten den OP betritt und seinen
menschlichen Assistenten mit Auto-
matenstimme fragt: „Wo – ist – der
– Pa – ti – ent?“ hat er rein gar nichts
zu tun – „Da Vinci“, der erste Opera-
tionsroboter am Universitätsklinikum
Jena. Er operiert auch nicht selbst. Das
macht nach wie vor der Arzt, doch
der steht während des Eingriffs nicht
mehr am OP-Tisch. Er sitzt an einer
Steuerkonsole mit einem 3D-HD-Bild-
schirm und dirigiert mit speziellen
Handgriffen die Roboterarme, die die
Bewegungen des Operateurs in Echt-
zeit auf die Instrumente übertragen.

Der vierarmige Operationsroboter unter-


stützt die Urologen am UKJ bei der Ent-
fernung der Prostata nach Prostatakar-
zinom, der häufigsten Krebserkrankung
des Mannes. „Minimalinvasiv und äu-
ßerst präzise“, sagt Klinikdirektor Prof. Dr.
Marc-Oliver Grimm, der über mehrjähri-
ge Erfahrungen auf dem Gebiet der uro-
logischen Roboterchirurgie verfügt und Der Operationsroboter „Da Vinci“ wird seit Januar 2011 bei der Entfernung der Prostata
bereits seit 2007 mit einem Vorgänger- nach Prostatakarzinom eingesetzt. Sowohl in der Urologie als auch in anderen Fachgebie-
modell in Dresden gearbeitet hat. ten gibt es zahlreiche weitere Einsatzmöglichkeiten. Foto: Vöckler
Am 24. Januar war „Da Vinci“ erstmals
in Jena im Einsatz. Einem 67jährigen an reich und der Patient war bereits am der Prostata muss der Kamera-Schnitt
einem Prostatakarzinom erkrankten Pa- nächsten Tag wieder auf den Beinen. später auf drei bis vier Zentimeter er-
tienten aus Klosterlausnitz wurden in weitert werden.
einer vierstündigen Operation die Pros- Während der Operation ist der Bauch-
tata und die regionalen Lymphdrüsen Maximale Schonung der Nerven- raum mit einem Gasgemisch gefüllt,
entfernt. Die Operation verlief erfolg- und Gewebestrukturen wodurch sich die Sicht und die Bewe-
gungsmöglichkeiten des Operateurs
„Der Einsatz des OP-Roboters verbindet deutlich verbessern. Durch den leicht
die Vorzüge der offenen und der lapa- erhöhten Druck werden zudem die Ve-
roskopischen Operation, und er kann nen komprimiert, was den Blutverlust im
noch einiges mehr“, betont Prof. Grimm. Vergleich zur offenen Operation um 75
Das hat für die Operateure und die Pati- bis 80 Prozent reduziert. „Die Instrumen-
enten zahlreiche Vorteile. Statt eines 12 te sind beweglicher als die menschliche
bis 15 Zentimeter langen Unterbauch- Hand und lassen sich sogar um die ei-
schnittes sind bei der roboterunterstütz- gene Achse drehen. Damit erreichen wir
ten Operation lediglich ein 12 und drei jede Stelle des Operationsfeldes. Das ist
acht Millimeter kleine Schnitte im Be- ebenso wie das dreidimensionale Sicht-
reich des Nabels für die Kamera und die feld, das wir auf das 10- bis 12fache ver-
Instrumente erforderlich. Zur Bergung größern können, ein großer Vorteil ge-
genüber herkömmlichen laparoskopi-
An einer Steuerkonsole mit einem 3D-HD- schen Operationen und hilft, bei radika-
Bildschirm werden die Roboterarme dirigiert,
die die Bewegungen des Operateurs auf die ler Prostataentfernung die feinen Ner-
Instrumente übertragen Foto: Szabó ven- und Gewebestrukturen maximal zu

4 Klinikmagazin Ausgabe 1/2011


Personalia

Führungskraft zu gewinnen. Sie habe


Dr. Brunhilde Seidel-Kwem neuer in verschiedenen Leitungsfunktionen
großer Kliniken einen Erfahrungs-
Kaufmännischer Vorstand des UKJ schatz erworben, der nun dem Uni-
versitätsklinikum Jena zugute kom-
men werde. „Ich freue mich außeror-
Der Vorstand des Universitätsklini- dentlich auf die Zusammenarbeit mit
kums Jena ist wieder komplett. Zum ihr, sie wird den Vorstand bereichern“,
neuen Kaufmännischen Vorstand hat so Deufel. „Mit dieser Entscheidung
der Verwaltungsrat Dr. Brunhilde Sei- ist der Vorstand des UKJ nun wieder
del-Kwem bestellt. Sie tritt ihr neues komplett und kann gestärkt durch
Amt zum 1. April 2011 an und folgt unsere neue Kollegin die vor uns lie-
darin Rudolf Kruse, der Ende vergan- genden Aufgaben angehen“, sagt
genen Jahres auf eigenen Wunsch Prof. Dr. Klaus Höffken, Medizinischer
aus der Funktion ausgeschieden war. Vorstand und Sprecher des Klini-
Verwaltungsratsvorsitzender Prof. Dr. kumsvorstandes.
Thomas Deufel dankte Kruse für sei- Dr. Brunhilde Seidel-Kwem ist promo-
ne erfolgreiche Tätigkeit am UKJ und vierte Wirtschaftswissenschaftlerin.
wünschte Dr. Brunhilde Seidel-Kwem Sie war seit 1983 in leitenden Funkti-
alles Gute für die vor ihr liegende Ar- onen am Universitätsklinikum Göttin-
beit. gen, am LBK Hamburg sowie in der
Rhön-Klinikum AG tätig. Zuletzt war
Laut Prof. Deufel sei es gelungen, mit Dr. Brunhilde Seidel-Kwem sie Mitglied des erweiterten Vorstan-
Dr. Seidel-Kwem eine hervorragende Foto: Rhön-Klinikum AG des in der Rhön-Klinikum AG. HR

schonen. Wir erreichen damit sowohl Formen der Inkontinenzbehandlung Verfügung. Ende März werden die Gy-
hinsichtlich der Tumorentfernung als eingesetzt werden, und es steht auch näkologen des UKJ ebenfalls mit robo-
auch des Erhalts der Erektionsfähigkeit Operateuren anderer Fachgebiete zur tergestützten Eingriffen beginnen. mv
und der Kontinenz sehr gute Ergebnis-
se“, betont Prof. Grimm und verweist auf
weitere Vorzüge der neuen Operations-
methode, die derzeit bei etwa einem Vier-
tel aller Prostataektomien in Deutsch-
land angewendet wird: Die Komplikati-
onsraten sind geringer, die Patienten
haben weniger Schmerzen und können
– im Vergleich zur offenen OP – schnel-
ler mobilisiert werden. Ein weiterer Vor-
teil ist, dass die Roboterarme auch bei
sehr langen Operationszeiten stets „ru-
hig“ bleiben und sich ein mögliches
leichtes Zittern des Operateurs nicht auf
die Instrumente überträgt.

„Jena ist nach Dresden und Berlin die


dritte urologische Klinik im Osten
Deutschlands, die über einen Opera-
tionsroboter verfügt, und die einzige mit
einem System der neuesten Generation,
das es bisher lediglich an zehn deut-
schen Kliniken gibt“, sagt Prof. Grimm,
an dessen Klinik jährlich etwa 80 Pros-
tataentfernungen durchgeführt wer-
den. Perspektivisch kann das „Da Vin-
ci“-OP-System auch bei Nierenbecken-
anomalien, Harnblasen-, Nieren- und
Nebennierentumoren sowie bestimmten

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Sprechstunde: Periphere Arterielle Verschlusskrankheit

handelt, denn diese Patienten sind am-


„Lebensstil muss sich ändern“ putationsgefährdet und haben zudem
eine deutlich erhöhte Mortalität.“
UKJ-Gefäßzentrum gewährleistet optimale
Diagnostik erfolgt über den
Behandlung von PAVK-Patienten Knöchel-Arm-Index

Die Diagnose der PAVK ist einfach.


Zunächst muss lediglich der ABI, der

Die Schmerzen sind bereits nach ei-


ner kurzen Gehstrecke unerträglich
und zwingen immer wieder zu Pau-
sen. Erst nach 300, später nach 200,
schließlich nach 100 Metern. Um die
Beine kurzzeitig zur Ruhe kommen zu
lassen und die Beschwerden vor neu-
gierigen Blicken zu verbergen, blei-
ben viele Betroffene vor den Auslagen
der Geschäfte stehen. „Bei der so ge-
nannten Schaufensterkrankheit han-
delt es sich um die Periphere Arteri-
elle Verschlusskrankheit, eine schwe-
re Durchblutungsstörung der Bein-
arterien“, sagt Dr. Stefan Betge, Ober-
arzt an der Abteilung Angiologie der
Klinik für Innere Medizin I des Uni-
versitätsklinikums Jena.

„Die Periphere Arterielle Verschluss-


Oberarzt Dr. Stefan Betge während einer Untersuchung der Halsschlagader Foto: Szabó
krankheit – PAVK – gehört zu den arte-
riosklerotischen Erkrankungen. Lange Übergewicht, Bluthochdruck und Dia- Knöchel-Arm-Index (engl.: Ankle-Bra-
Zeit ging man davon aus, dass sie aus- betes mellitus gehören zu den Hauptri- chial-Index) bestimmt werden. Dabei
schließlich durch Gefäßverkalkungen sikofaktoren der Peripheren Arteriellen wird der Blutdruck am Knöchel und am
und degenerative Prozesse entsteht. Verschlusskrankheit. Ganz besonders Arm gemessen. „Üblicherweise ist der
Heute wissen wir, dass die Plaquebil- aber das Rauchen, das „Gift“ für die Blutdruck am Knöchel etwas höher, ist
dung auch durch chronisch-entzünd- Gefäße ist und das Risiko einer PAVK dies nicht der Fall, weist das auf eine
liche Reaktionen hervorgerufen wird“, vervierfacht. Entsprechend groß ist die Durchblutungsstörung der Beine hin.
erläutert Oberarzt Betge. Zahl der Raucher, die in Oberarzt Betges Auf diese Weise lässt sich die PAVK
Sprechstunde kommen. „Wenn unsere bereits diagnostizieren, wenn der Pati-
Vor allem Ältere sind betroffen Behandlung nachhaltig sein soll, müs- ent noch nicht unter den typischen
sen die Patienten ihren Lebensstil än- Symptomen leidet. Bei einem ABI von
Auch wenn mitunter bereits 40jährige dern. Sie müssen das Rauchen aufgeben 0,9 und kleiner liegt eine behandlungs-
an der Peripheren Arteriellen Verschluss- und ihr Gewicht reduzieren, außerdem bedürftige Erkrankung vor“, erläutert
krankheit leiden, sind ganz besonders müssen der Blutdruck bzw. der Diabetes Stefan Betge. Die Deutsche Gesellschaft
ältere Menschen betroffen. „Von den gut eingestellt sein. Erst dann macht es für Angiologie will erreichen, dass die
über 70jährigen etwa jeder Fünfte“, sagt Sinn, mit der Behandlung zu beginnen“, Bestimmung des ABI als hausärztliche
Dr. Betge. Fast zwei Drittel dieser Pati- sagt der Gefäßspezialist und fügt hinzu, Leistung anerkannt wird, um mit dieser
enten leiden zudem an lebensgefähr- dass dies selbstverständlich nicht für ebenso einfachen wie kostengünstigen
lichen Verengungen der Herz- oder Hirn- Patienten gilt, die zusätzlich eine Veren- Messung noch mehr Patienten mit Ste-
gefäße, was zum Herzinfarkt oder zum gung der Herzkranzgefäße oder der Hals- nosen der Blutgefäße möglichst früh-
Schlaganfall führen kann. Deshalb wer- schlagader haben. „Hier besteht akuter zeitig zu erkennen. „In unserer Angio-
den bei Patienten, die mit einer Ver- Handlungsbedarf, diese Stenosen müs- logischen Sprechstunde wird der ABI in
engung der Beinarterien in die Klinik sen umgehend beseitigt werden. Auch Ruhe und unter Belastung gemessen.
kommen, auch Ultraschalluntersuchun- Nekrosen, schwere Gewebeschädigun- Danach erfolgt die exakte Lokalisierung
gen des Herzens und Duplexuntersu- gen, oder Ulcera, offene Stellen an den der Verengungen. Während hier früher
chungen der Halsschlagader durchge- Unterschenkeln oder Füßen, werden fast immer eine Röntgenuntersuchung
führt. sofort mittels Katheter oder Bypass be- oder Kernspin-Angiographie durchge-

6 Klinikmagazin Ausgabe 1/2011


Sprechstunde: Periphere Arterielle Verschlusskrankheit

führt wurde, erfolgt dies heute überwie- Zentimetern mittels Katheter zu eröff- Herzinfarkt oder Schlaganfall zu vermei-
gend mittels Ultraschall. Diese Unter- nen und mit einem Stent, einer Gefäß- den“, erläutert Dr. Stefan Betge, der die
suchung ist ebenso aussagekräftig aber stütze, zu versorgen, gelingt dies heute enge interdisziplinäre Zusammenarbeit
wesentlich kostengünstiger und erspart selbst bei Verschlüssen von 20 bis 25 von Angiologen, Gefäßchirurgen, Radi-
dem Patienten unnötige Belastungen, Zentimetern Länge. Das ist möglich, weil ologen, Diabetologen, Wund-, Schmerz-
weil weder eine Kontrastmittelgabe er- wir über verschieden große Ballons so- und physikalischen Therapeuten im Ge-
forderlich ist, noch eine Strahlenbelas- wie flexible Stents verfügen, die wir bei fäßzentrum des UKJ hervorhebt. „Darüber
tung entsteht“, erläutert Dr. Betge. Zu- der Stabilisierung der Becken-, Ober- hinaus haben wir in den letzten Jahren
dem verkürzt sich der Aufenthalt in der und Unterschenkelarterien benötigen, in Jena und Umgebung ein funktionie-
Klinik, wo neben den Bein- und Becken- weil diese bei jeder Bewegung des Beins rendes Netzwerk der ambulanten Ver-
arterien auch die Herzarterien und die erheblich mechanisch beansprucht sorgung von Patienten mit PAVK auf-
Halsschlagader untersucht werden, von werden“, erklärt Dr. Betge. „Kann mit- gebaut.“
fünf bis sechs auf etwa drei Tage. tels Katheter nicht geholfen werden, ist
in vielen Fällen eine Bypass-Operation In wöchentlichen Patientenkonferenzen
Medikamente, Katheterbehandlung erforderlich. Mitunter ist es aber auch diskutieren Angiologen, Gefäßchirur-
und Bypass-Op möglich, die Verkalkung unter lokaler gen und Radiologen die jeweils beste
Betäubung aus der Leisten- oder Bein- Therapie für jeden PAVK-Patienten. Dazu
Das Ziel der PAVK-Therapie ist die Wie- arterie zu entfernen und diese danach gehören auch Hybrid-Eingriffe, bei de-
derherstellung einer normalen Durch- wieder zu verschließen. Nach dem Ein- nen ein Teil der verengten Gefäße ope-
blutung. In leichteren Fällen ist das mit griff müssen unsere Patienten im Rah- rativ und ein anderer mittels Katheter
Medikamenten und Gehtraining mög- men der Sekundärprophylaxe dauerhaft versorgt wird. „Gemeinsam analysieren
lich, in schwereren sind eine Katheter- cholesterinsenkende und blutgerin- wir auch die Ergebnisse und damit die
behandlung oder eine Bypass-Opera- nungshemmende Medikamente ein- Qualität unserer Arbeit. Das geschieht
tion erforderlich. „Während es noch vor nehmen, um die Entstehung von weite- im Katheterlabor unserer Klinik sowie im
zehn Jahren schwierig war, periphere ren Gefäßwandschäden und arteriellen Rahmen der gemeinsamen Patienten-
Gefäßverschlüsse von mehr als drei Gerinnseln und damit einen möglichen konferenzen“, betont Oberarzt Betge. mv

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Vorgestellt: SklillsLab

Venenzugänge legen und Leber tasten lernen


Medizinstudenten trainieren im SkillsLab ärztliche Fertigkeiten

Was du mir sagst, das vergesse ich. und trainieren können. „Die Idee ist fan- Lab. Die Oberärztin an der Klinik für An-
Was du mir zeigst, daran erinnere ich tastisch, ich hätte mir das SkillsLab schon ästhesiologie und Intensivmedizin und
mich. Was du mich tun lässt, das ver- für mein Studienjahr gewünscht.“ Die Urte Mille vom Studiendekanat der Me-
stehe ich. Studierenden der Fachschaft Medizin dizinischen Fakultät entwickelten ge-
(Konfuzius, chinesischer Philosoph, 5. Jh. v. Chr.) machen sich seit Jahren stark für ein sol- meinsam das Konzept für dieses studen-
ches Trainingszentrum. Wibke Lütz be- tische Trainingszentrum.
Das am Universitätsklinikum Jena neu treut jetzt gemeinsam mit sechs Kommi- Das Arzt-Patienten-Gespräch in schwie-
eingerichtete SkillsLab bietet den Me- litonen den klinischen Untersuchungs- rigen Situationen ist Gegenstand eines
dizinstudierenden Übungskurse für kurs, in dem die Teilnehmer die in der Kommunikationskurses, den Dr. Swet-
ärztliche Fertigkeiten in Diagnose, The- Vorlesung behandelten einzelnen Unter- lana Philipp aus dem Institut für Medi-
rapie und Kommunikation. Engagier- suchungsabschnitte üben können, um zinische Psychologie entwickelt hat und
te Mitarbeiter verschiedener Kliniken fit zu sein für das Stationspraktikum. von studentischen Tutoren und Schau-
und Institute konzipieren zusammen spielpatienten durchführt wird. Bei der
mit Tutoren die Kurse. Das Kursange- Selbermachen, nicht nur Zuhören Erarbeitung des Kurses standen die Chef-
bot wird nach den Bedürfnissen der und -sehen ärzte der Abteilung Palliativmedizin, PD
Studierenden weiter ausgebaut und an Dr. Winfried Meißner und PD Dr. Ulrich
das Curriculum angepasst. Die Medi- Studierende trainieren im SkillsLab in Wedding, beratend zur Seite. „Das Ge-
zinische Fakultät investiert in das stu- kleinen Gruppen einfache, aber auch spräch mit dem Patienten - fragen, zu-
dentische Trainingszentrum 300.000 komplexe ärztliche Fertigkeiten. Der hören, gemeinsam entscheiden – ist die
Euro. Fokus der Ausbildung in einem Skills- Grundlage für das Vertrauensverhältnis
Lab liegt auf dem „Selbermachen“, nicht zwischen Arzt und Patient, für die Diag-
„Und vergesst nicht, Euch die Zunge auf Zuhören oder Zusehen. „Mit ihren nose und für von beiden getragene The-
’rausstrecken zu lassen“, Wibke Lütz Kenntnissen aus dem theoretischen Stu- rapieentscheidungen. Es ist wichtig,
führt vier Medizinstudentinnen im fünf- dium und den im SkillsLab erlernten dass angehende Ärzte Kommunikation
ten Semester vor, wie eine Patientenun- praktischen Fähigkeiten können unse- üben und sich bewusst sind, wo ihre
tersuchung beginnen sollte. Sie selbst re zukünftigen Kollegen optimal auf den Stärken und Schwächen sind“, so die
studiert im siebenten Semester und ar- Unterricht am Patientenbett und die Psychologin Swetlana Philipp.
beitet als Tutorin im SkillsLab der Medi- Praxiseinsätze vorbereitet werden. Die- Ein Pilotkurs zum Thema „Händehygie-
zinischen Fakultät. Seit diesem Winter- se Kompetenzen geben den Studieren- ne“ entstand in Zusammenarbeit mit der
semester bietet dieses Übungszentrum den Sicherheit, und davon profitieren Klinikhygieneärztin Dr. Ute-Helke Do-
fakultative Kurse an, in denen die Stu- Patienten und Studierende“, beschreibt bermann. Er richtet sich an Studierende
dierenden ärztliche Fertigkeiten lernen Dr. Katrin Pahlke das Hauptziel des Skills- jeden Semesters, insbesondere aber an

Dr. Katrin Pahlke (M.) und Urte Mille (r.) bereiten mit dem studen- Selbermachen statt Zuschauen: Unter der Anleitung von Wibke Lütz (r.)
tischen Tutor Peter Ernst einen neuen Kurs vor, in dem der Ausku- üben Studentinnen das Abtasten der Leber Fotos: von der Gönna
lationstrainer, ein Phantom zum Abhören üben, eingesetzt wird

8 Klinikmagazin Ausgabe 1/2011


Ausbildung

Studierende der Vorklinik als Vorberei-


tung auf das Pflegepraktikum. Nach ei- Praktikum im Reich der Mitte
nem Theorieteil zur Rolle der Händehy-
giene bei der Vermeidung von Infektio- Zehn Jenaer Medizinstudenten absolvieren
nen und der Unterbrechung von Infek-
tionsketten üben die Kursteilnehmer Famulatur an der Xinxiang Medical University
Händewaschen, Händedesinfektion und
das Ausziehen der Handschuhe. Eine UV-
Checkbox ermöglicht die unmittelbare
Kontrolle der einfachen, aber höchst wir- Mitte Februar reisten neun Studierende Hochschule in Xinxiang, das mit seinen
kungsvollen Maßnahme zum Schutz der der Humanmedizin und eine Zahnme- 5,5 Millionen Einwohnern im chinesi-
Patienten und zum Selbstschutz vor dizinstudentin aus Jena nach Xinxiang schen Maßstab als Provinzstadt gilt.
Krankheitserregern. in der chinesischen Provinz Henan, um „Ich bin neugierig auf die medizinische
Außerdem werden Kursmodule zum An- an der dortigen Medizinischen Hoch- Versorgung und den klinischen Alltag
legen eines venösen Zugangs an Phan- schule ein sechswöchiges ärztliches in Xinxiang, und vor allem darauf, die
tomarmen und ein Ultraschallkurs ent-
wickelt. Weitere Phantome, an denen
Injektionen, chirurgische Nahttechni-
ken und Wiederbelebungsmaßnahmen
geübt werden können, sind bestellt und
werden in neuen Kursen im Frühjahrs-
semester eingesetzt. Die Mehrzahl der
Kurse leiten studentische Tutoren, so
genannte peer teacher, die die Klein-
gruppen mit maximal sechs Studenten
betreuen. „Die Tutoren werden direkt von
den erfahrenen Klinikern geschult, die
die Kurse entwickeln, und müssen in ei-
ner Lehrprobe ihr Können nachweisen“,
betont Urte Mille. Inzwischen kann das
SkillsLab auf 18 Tutoren zurückgreifen.

Im SkillsLab üben Studenten, aber


auch Ärzte in der Weiterbildung

„Es freut mich sehr, dass wir nun ein


In Vorbereitung ihrer Famulatur in China lernten die Studierenden Mandarin. Der Leiter des
SkillsLab mit einem zukunftsweisenden Sprachenzentrums der Jenaer Universität, Dr. Joachim Boldt, nahm den Kurs in den Abend-
Konzept nicht nur für Studenten, son- stunden kurzfristig zusätzlich in sein Programm. Foto: von der Gönna
dern auch für die Weiterbildung der Ärz-
te zur Verfügung stellen können“, so Praktikum zu absolvieren. Den Kontakt traditionelle chinesische Medizin im Ori-
Prof. Dr. Orlando Guntinas-Lichius, Stu- nach Ostchina vermittelte der Jenaer ginal zu erleben“, beschreibt Markus Lö-
diendekan der Medizinischen Fakultät. Anatomie-Professor Christoph Redies, we, Medizinstudent im 9. Semester, sei-
„Das SkillsLab eröffnet uns ganz neue zwischen dessen Institut und der Xinxi- ne Motivation zum Auslandspraktikum.
Möglichkeiten praktische Fähigkeiten zu ang Medical University seit mehreren „Und natürlich reizt es, das Land und
lehren, zu üben, oder auch Kenntnisse Jahren ein wissenschaftlicher Austausch die Kultur kennen zu lernen.“
aufzufrischen. Der Lernende soll das besteht. Finanzielle Unterstützung erhalten die
SkillsLab mit der Sicherheit verlassen, Austauschstudenten durch die Bundes-
seine erworbenen Fähigkeiten am Pati- „Shèn“, wiederholen die Studenten im vertretung der Medizinstudierenden in
enten selbstverständlich einsetzen zu Chor die Worte von Dr. Joachim Boldt. Deutschland, bvmd. Bei Visum und Stu-
können.“ Seit Beginn des Wintersemesters lernen dienbescheinigungen half das Akade-
Wibke Lütz zeigt noch einmal, wie man die angehenden Mediziner beim Leiter mische Auslandsamt der Universität.
durch leichtes Kratzen über den Ober- des Sprachenzentrums an der Friedrich-
bauch unter Einsatz des Stethoskops die Schiller-Universität die Grundzüge der Eine Fortsetzung des Austauschs ist ge-
Größe der Leber feststellen kann. Dann chinesischen Sprache. Auch wenn sie plant. „Im September des letzten Jahres
versucht sich jede der Studentinnen, bis jetzt „Niere“ auf Mandarin sagen kön- nahm eine Studentin aus Xinxiang an
sie die Geräuschveränderung am Leber- nen, ist die Verständigung hauptsäch- unserer Summerschool teil. Zwei Absol-
rand hört. Die Patientenrolle hat eine lich in Englisch. venten aus Xinxiang arbeiten derzeit in
Kommilitonin übernommen. „Es ist schön In den Kliniken der Xinxiang Medical der Forschung in Jena“, so Professor
zu sehen, wie es ‚klick’ macht“, sagt University wird jedem der Gäste ein stu- Redies. Es gibt auch bereits Anmeldun-
Wibke Lütz, „und wie die Kursteilneh- dentischer Mentor zur Seite gestellt. gen für die nächste Xinxiang-Famula-
mer sicher werden.“ vdG 7000 Studenten zählt die Medizinische tur im Sommer. vdG

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30 Jahre Klinik für Innere Medizin

„Das Gute muss dem Besseren weichen“


Erste Überlegungen, Einrichtungen des Allerdings wurden diese frühen Ideen Ende hatten wir eine Universitätsklinik
Universitätsklinikums Jena nach Lobe- ebenso wenig verwirklicht wie der An- errichtet“, erinnerte sich der langjähri-
da zu verlagern, gab es schon lange fang der 1950er Jahre erneut geforder- ge Direktor der Klinik für Innere Medi-
vor dem Bau der Klinik für Innere te großzügige Neubau des gesamten zin, Prof. Dr. Dietfried Jorke, während ei-
Medizin. Bereits 1912 dachte man Klinikums. Erst als Ende der 1960er Jahre ner Gesprächsrunde mit den ehemali-
darüber nach, das Gesamtklinikum an in Jena rund 400 Klinikbetten fehlten, gen Klinikdirektoren Prof. Dr. Günter
einem Standort zu konzentrieren, und wurde der Bau eines neuen Kranken- Stein, Prof. Dr. Hans Bosseckert und Prof.
zwei Jahrzehnte später entstand sogar hauses beschlossen und Anfang 1971 Dr. Siegfried Müller sowie Erna Hölbing,
die Idee, in Jena eine „Universitäts- als Parteitagsprojekt zur „Chefsache“ er- einer der damaligen Oberschwestern.
stadt“ zu errichten. Auch hier war klärt. Für das moderne 400-Betten-Haus Prof. Jorke, Ärztlicher Direktor und Chef-
Lobeda einer der möglichen Standorte, wurden 40 Millionen Mark zur Verfü- arzt des Städtischen Krankenhauses
sagte der Direktor der Abteilung Hä- gung gestellt. Jena, erhielt im Dezember 1973 vom
matologie und Internistische Onkolo- Oberbürgermeister den Auftrag zur Pla-
gie der Klinik für Innere Medizin II, Universitätsklinik statt nung eines Fachkrankenhauses für In-
Prof. Dr. Andreas Hochhaus, während Städtisches Krankenhaus nere Medizin (FIM). „Drei Wochen spä-
der Festveranstaltung „30 Jahre Kli- ter“, so Prof. Jorke, „legten wir das ge-
niken für Innere Medizin. Rück- und „Wir sollten damals ein neues Städti- forderte Konzept vor, das auch bestä-
Ausblicke“ am 15. Januar 2011. sches Krankenhaus bauen, doch am tigt wurde.“

Lutz Prager (Ostthüringer Zei-


tung) moderierte die Ge-
sprächsrunde mit Erna Höl-
bing, Prof. Günter Stein, Prof.
Dietfried Jorke, Prof. Hans
Bosseckert und Prof. Siegfried
Müller (v. l.) Foto: Schacke

oben:
Die KIM 1988 Foto: Diez

10 Klinikmagazin Ausgabe 1/2011


30 Jahre Klinik für Innere Medizin

Doch so glatt lief es nicht weiter. Zum Prof. Siegfried Müller. Mangel, so Prof. zin seit 1992 kennt. „Die drei Buchsta-
einen fehlten die Erfahrungen im Kran- Günter Stein, herrschte auch an Dialy- ben – in die KIM geht man in Jena seit
kenhausbau und zum anderen hatten segeräten. Erst nach der politischen einigen Jahren auch, wenn eine Gallen-
die Planer und Erbauer des FIM mit den Wende standen diese in ausreichender Op ansteht – stehen für kompetente und
typischen Problemen jener Zeit zu kämp- Zahl zur Verfügung. engagierte Mitarbeiter sowie eine hohe
fen: „1979 stand das Bettenhaus, was Qualität der medizinischen Versorgung.
fehlte, waren die Fenster mit Alumini- Großartige innere Werte der KIM Aus der KIM, die die Behandlungsfälle
um-Rahmen. Die gab es in der DDR nicht, werden bleiben seit 1981 von 5.000 auf 15.000 pro Jahr
aber in Ungarn. Da wir offiziell keine verdreifachte, wird nach der Fertigstel-
Möglichkeit hatten, die Fenster zu kau- Zwei Jahre nach der Klinik wurde lung des zweiten Bauabschnitts das ZIM,
fen, fuhren wir mit einem Koffer ‚bele- schließlich auch das Hörsaalgebäude das Zentrum für Innere Medizin, ein
bender Getränke‘ und einer Schiller-Me- übergeben. „Die Plankommission des neues Herzstück des Universitätsklini-
daille für den Kombinatsdirektor nach Bezirkes hatte eigentlich beschlossen, kums Jena“, blickte der Medizinische
Ungarn. Wir erhielten die Fenster tat- es nicht mehr zu bauen. Doch als man Vorstand in die gar nicht mehr so ferne
sächlich“, freute sich Prof. Jorke. uns das in Gera verkünden wollte, stand Zukunft.
Weit weniger erfreulich waren die Quer- das Gebäude bereits“, schmunzelte Prof.
schüsse aus Gera, die über die norma- Jorke. Als 1985 die Medizinische Poli- Im Fokus des abschließenden Teils der
len Spannungen und Eifersüchteleien klinik aus der Bachstraße nach Lobeda Jubiläumsveranstaltung, die von PD Dr.
zwischen der Universitäts- und der verlegt wurde, waren die Kliniken für In- Eckhard Zinßer (Gesang) und PD Dr.
Bezirksstadt hinausgingen, denn der nere Medizin, die von zwei Direktoren, Hans-Jörg Fricke (Klavier) musikalisch
1. Sekretär der SED-Bezirksleitung war Prof. Dietfried Jorke und Prof. Gerhard umrahmt wurde, standen die Entwick-
wesentlich stärker am Bau seines Kul- Wessel, geleitet wurden, komplett. lung von Krankenversorgung, Lehre,
turpalastes in Gera als am neuen Jenaer „Jetzt muss das Gute dem Besseren wei- Forschung und ärztlicher Weiterbildung
Krankenhaus interessiert. Das hatte zur chen“, betonte Prof. Jorke mit Blick auf in der Jenaer Inneren Medizin. Darüber
Folge, dass immer wieder Mittel aus Jena den Abriss des KIM-Gebäudes im Zuge informierten der Gastroenterologe Prof.
nach Gera „umgeleitet“ wurden, was zu der Vollendung des Klinikumsneu- Dr. Andreas Stallmach, der Nephrologe
weiteren Bauverzögerungen führte. baus. Prof. Dr. Gunter Wolf, der Onkologe
Trotz aller Schwierigkeiten konnte der „Bleiben werden die großartigen inne- Prof. Dr. Andreas Hochhaus, der Pallia-
Neubau, die Keimzelle des modernen ren Werte der KIM, und der gute Ruf bei tivmediziner PD Dr. Ulrich Wedding, der
Universitätsklinikums, nach reichlich den Patienten“, sagte Prof. Dr. Klaus Assistenzarzt Dr. Florian Kricanic sowie
fünf Jahren Bauzeit übergeben werden Höffken, der die Klinik für Innere Medi- Pflegedienstleitung Maria Lasch. mv
– am 11. Dezember 1980, dem „Tag des
Gesundheitswesens“.

Helle Räume und moderne


Patientenbetten

„Mich beeindruckten vor allem die für


damalige Krankenhäuser eher untypi-
schen hellen Räume“, sagte Oberbür-
germeister Dr. Albrecht Schröter. Der
gelernte Krankenpfleger jobbte als The-
ologie-Student des Öfteren in der KIM.
Die Patientenbetten waren das Mo-
dernste, was es zu jener Zeit in der DDR
gab, und auch die medizinisch-techni-
sche Ausstattung war besser als in den
alten Kliniken. Allerdings gab es erheb-
liche Unterschiede zwischen den ein-
zelnen Abteilungen. Gut ausgestattet
war die Jenaer Gastroenterologie, weil
diese, so Prof. Hans Bosseckert, zu den
zehn führenden Einrichtungen des Lan-
des gehörte. Den Kardiologen fehlten
hingegen viele wichtige Geräte, weil es
in Jena keine Herzchirurgie gab. „Zur
Ultraschalluntersuchung mussten unse-
re Patienten deshalb bis Anfang 1990
nach Bad Berka fahren“, erinnerte sich

www.uniklinikum-jena.de 11
Diagnostik und Therapie

Erfolgreiche „Blutwäsche“ thie, einer schweren Herzmuskelerkran-


kung, bei Autoimmun- und neurologi-
schen Erkrankungen. Zunehmend ge-
Apherese entfernt pathogene Bestandteile nutzt wird die Immunadsorption auch
bei onkologischen und hämatologi-
aus dem Blut der Patienten schen Patienten, ebenso in der Geburts-
medizin, wenn der mütterliche Organis-
mus während der Schwangerschaft An-
tikörper gegen die Plazenta und den
Organe werden immer erfolgreicher Die wichtigsten Formen der therapeu- Fötus entwickelt, was unbehandelt ei-
transplantiert, und dazu hat die Entwick- tischen Apherese, die extrakorporal – nen Abort zur Folge hat. „Wir haben vor
lung hoch wirksamer immunsuppressiver außerhalb des Körpers – durchgeführt einigen Jahren gemeinsam mit der Ab-
Medikamente, die das Immunsystem des wird, sind am ITM die Immunadsorption teilung Geburtshilfe der Universitäts-
Organempfängers unterdrücken, ent- und die Plasmapherese. „Damit können Frauenklinik eine solche Behandlung
scheidend beigetragen. Die Abwehr- und pathogene – krankmachende – Be- erfolgreich durchgeführt. Das Neuge-
Abstoßungsreaktionen gegen das neue standteile ebenso schnell wie effektiv borene war gesund und die Mutter, die

Prof. Dr. Dagmar Barz (2. v. r.) mit dem Team der therapeuti- Am Jenaer Apheresezentrum werden an vier modernen Behandlungs-
schen Apherese: Gabi Czernetzki, Oberärztin Dr. Silke Rummler plätzen „Blutwäschen“ durchgeführt Fotos: Szabó
und Anja Krackor (v. l.)

Organ sind in den ersten Wochen nach aus dem Blut des Patienten entfernt bereits zwei Fehlgeburten hatte, berich-
der Transplantation besonders heftig, sie werden“, erläutert Prof. Barz. Beide Ver- tet uns noch heute über die Entwick-
bestehen aber auch danach fort. Um den fahren werden im Gegensatz zur Dialy- lung ihres Kindes“, freut sich Prof. Barz.
Verlust des transplantierten Organs zu se nicht mittels Membran, sondern mit Fast ebenso häufig wie die Immunad-
verhindern, ist deshalb die lebenslange Hilfe einer Zentrifuge durchgeführt. sorption (126 mal) wurde am Jenaer
Einnahme von Immunsuppressiva zwin- Apheresezentrum im letzten Jahr eine
gend erforderlich. Bei der Immunadsorption wird das zen- Plasmapherese (115 mal) durchgeführt.
„Kann dem Patienten mit immunsup- trifugierte und von den übrigen Be- Ein solcher therapeutischer Plasmaaus-
pressiven Medikamenten allein nicht standteilen getrennte Blutplasma über tausch dauert etwa drei Stunden. Auch
geholfen werden und droht die Gefahr zwei Adsorptionssäulen geleitet, wo die dabei wird das Blut der Patienten zen-
einer Transplantatabstoßung, besteht Antikörper gebunden werden. Nach der trifugiert und in seine Bestandteile zer-
die Möglichkeit, die Antikörper mittels „Blutwäsche“ werden dem Patienten legt. Das gesamte separierte Plasma wird
therapeutischer Apherese – ‚Blutwä- das von den Antikörpern gereinigte verworfen und meist durch Frischplas-
sche‘ – zu entfernen und das Transplan- Plasma und die anderen Blutbestantei- ma ersetzt, die anderen Blutbestandtei-
tat so vor irreversiblen Schäden zu le wieder zugeführt. Die Immunadsorp- le werden dem Patienten wieder zuge-
schützen. Bei Patienten mit sehr star- tion erfordert mehrere Einzelbehand- führt. Die Behandlung dient der Entfer-
ken Antikörpern, ist es mitunter sogar lungen von jeweils etwa vier bis fünf nung von hochmolekularen erkran-
erforderlich, diese bereits im Vorfeld der Stunden. Sie wird aber nicht nur bei kungsauslösenden Substanzen, vor al-
Transplantation zu eliminieren“, erläu- Transplantationen vor allem der Niere, lem von Autoantikörpern (IgM), zirku-
tert die Direktorin des Instituts für Trans- der Leber, des Herzens und der Lunge lierenden Immunkomplexen und Kryo-
fusionsmedizin (ITM) am UKJ, Prof. Dr. eingesetzt, sondern auch bei der Be- globulinen. „Daneben bieten wir an
Dagmar Barz. handlung der dilatativen Kardiomyopa- unserem Institut verschiedene weitere

12 Klinikmagazin Ausgabe 1/2011


Personalia

Bundesverdienstkreuz für Prof. Frank Richter


Der Thüringer Minister für Bildung,
Wissenschaft und Kultur, Christoph
Matschie, verlieh am 12. Januar 2011
den Verdienstorden der Bundesrepu-
blik Deutschland an Prof. Dr. Frank
Richter. Die Medizinische Fakultät der
Friedrich-Schiller-Universität gratuliert
ihrem Mitglied zu dieser hohen Aus-
zeichnung. „Mit seiner engagierten
Mitarbeit im Medizinischen Fakultä-
tentag und in verschiedenen Gremien
der Fakultät hat er wesentlich zum
akademischen Leben in der Medizin
beigetragen“, würdigt Prof. Klaus Benn-
dorf, Dekan und Wissenschaftlicher
Vorstand des Universitätsklinikums
Jena, die Verdienste Richters.
Über ein Jahrzehnt stand Professor
Richter dem Dekan der Medizinischen Minister Christoph Matschie (2. v. r.) überreichte die Verdienstkreuze an Prof. Dr. Wolfgang
Fakultät als Wissenschaftlicher Sek- Knorre, Prof. Dr. Frank Richter und Gisela John (v. l.) Foto: Glasser
retär zur Seite. Beim Medizinischen
Fakultätentag der Bundesrepublik des Wortes Geschichte“, so der MFT- ter Hochschullehrer, langjähriger Vor-
Deutschland (MFT) hatte er 19 Jahre Präsident Prof. Dr. Dieter Bitter-Suer- sitzender einer Promotionskommis-
lang das Amt des Schriftführers inne, mann. Darüber hinaus ist Professor Rich- sion und Mitglied des Rates der Medi-
und „schrieb damit im wahrsten Sinne ter ein überaus engagierter und belieb- zinischen Fakultät. vdG

Verfahren der extrakorporalen Aphere-


se an: Photopherese, LDL-Apherese, Im-
munfiltration, Kryofiltration, Erythro-
zytapherese, Leukapherese und Hämo-
dilution“, sagt Dagmar Barz.

Deutlich gestiegen sind angesichts der


Behandlungserfolge in der therapeuti-
schen Apherese vor allem die Anforde-
rungen bei der Herz- und Lungen-Trans-
plantation. Deshalb befinden sich auch
auf der chirurgischen Intensivstation
Apheresegeräte. „Neben Patienten un-
seres Klinikums behandeln wir auch
ambulante Patienten, die aus anderen
Jenaer und Thüringer Einrichtungen
überwiesen werden“, erläutert Prof. Barz.
Die Behandlungen am Jenaer Aphere-
sezentrum, das über vier moderne Be-
handlungsplätze im Institut für Trans-
fusionsmedizin verfügt und an dem
Oberärztin Dr. Silke Rummler und zwei
Schwestern tätig sind, haben im letzten
Jahrzehnt ständig zugenommen. Mit
444 lag deren Zahl 2010 um 30 Prozent
über dem Vorjahr, verglichen mit dem
Jahr 2001 (57) war die Zahl der „Blutwä-
schen“ sogar fast achtmal so hoch. mv

www.uniklinikum-jena.de 13
10 Jahre Kompetenzzentrum für interdisziplinäre Prävention

Bilanz kann sich sehen lassen Hans-Christoph Scholle und verweist


auf die zahlreichen Veröffentlichungen
in nationalen und internationalen Fach-
Enge Verbindung von Theorie und Praxis hilft, zeitschriften – in den letzten zehn Jah-
ren sind mehr als 120 Publikationen,
die Gesundheit Berufstätiger zu erhalten davon 85 in „Peer reviewed journals“,
erschienen – sowie die Nachwuchsför-
derung. Jährlich werden sieben KIP-
Promotionsstipendien vergeben. Seit
„Eigentlich unterscheidet sich unser hörigkeit, berufsbedingte Erkrankungen 2001 wurden 20 Promotionen abge-
Stütz- und Bewegungssystem gar der Haut und der Atemwege sowie die schlossen, von denen eine mit dem Wis-
nicht so sehr von dem anderer Säu- Einflüsse psychomentaler Faktoren die senschaftspreis des Deutschen Olympi-
getiere, und es hat sich seit langem Forschungsschwerpunkte des Kompe- schen Sportbundes ausgezeichnet wur-
auch nicht wesentlich verändert, weil tenzzentrums. Dort arbeiten Wissen- de. Vier Wissenschaftler aus den Reihen
dies wahrscheinlich nicht erforderlich
war. Denn das, was wir als Zivilisa-
tionskrankheiten bezeichnen, gibt es
erst seit etwa 100 Jahren und im heu-
tigen Ausmaß sogar erst seit wenigen
Jahrzehnten – und so schnell kann sich
kein biologisches System an die ver-
änderten Bedingungen anpassen.
Auch deshalb sind Erkrankungen des
Stütz- und Bewegungssystems eines
der zentralen Themen unserer For-
schung“, sagt Prof. Dr. Hans-Christoph
Scholle vom Kompetenzzentrum für
interdisziplinäre Prävention (KIP), das
am 20. Januar mit einem Symposium
sein 10jähriges Bestehen feierte.

Die Initiative zur Gründung des KIP ging


von der Berufsgenossenschaft Nah-
rungsmittel und Gaststätten (BGN) aus, Untersuchung der
Rumpfmuskulatur
die, entsprechend ihrem erweiterten mit dem „Centaur“
Präventionsauftrag „mit allen geeigne- Foto: KIP
ten Mitteln Arbeitsunfälle und Berufs-
krankheiten sowie arbeitsbedingte Ge-
sundheitsgefahren zu verhüten (hat)..., schaftler der Medizinischen, der Biolo- des KIP habilitierten sich, und drei er-
auch mit den Möglichkeiten der For- gisch-Pharmazeutischen und der Sozi- hielten Professuren an den Universitä-
schung“ (SGB VII). „Wir wurden gefragt, al- und Verhaltenswissenschaftlichen ten Jena, Ilmenau und Münster.
ob wir uns daran beteiligen wollen, und Fakultät der FSU Jena sowie des Fach-
ich war der Meinung, dass wir uns en- gebietes Biomechatronik der TU Ilme- Gutes Betriebsklima hilft bei der
gagieren sollten. Unser damaliger Rek- nau und des Arbeitsbereiches Bewe- Prävention von Rückenschmerzen
tor, Prof. Meyn, fand die interdiszipli- gungswissenschaft der Universität Müns-
näre Zusammenarbeit mit Partnern in- ter mit der BGN und deren Praxispart- „Mit je einer obligatorischen und fa-
ner- und außerhalb der Universität so- nern zusammen. Einige dieser Projekte kultativen Vorlesungsreihe, die von Ex-
wie die enge Verbindung von Theorie bilden den Ausgangspunkt für Antrag- perten verschiedener Fachrichtungen
und Praxis ebenfalls sehr interessant stellungen bei der DFG, bei Bundesmi- durchgeführt werden, engagieren wir
und unterstützte das Vorhaben ebenso nisterien sowie bei der Forschungsför- uns auch in der studentischen Aus- und
wie der Klinikumsvorstand“, erinnert derung der Deutschen Gesetzlichen Un- der ärztlichen Weiterbildung. Darüber
sich Prof. Scholle, der gemeinsam mit fallversicherung. hinaus organisieren wir wissenschaft-
dem Leiter des Geschäftsbereichs Prä- „Da wir die Ursachen dieser Erkrankun- liche Veranstaltungen wie die jährlich
vention der BGN, Prof. Dr. Romano gen häufig nicht kennen, muss einer stattfindenden Erfurter Tage zur Präven-
Grieshaber, Sprecher des KIP ist. effizienten Therapie eine interdisziplinä- tion von arbeitsbedingten Gesundheits-
re wissenschaftliche Analyse von ar- gefahren und Erkrankungen“, sagt Prof.
Evidenzbasierte Empfehlungen beitsbedingten Gesundheitsgefahren Scholle, der an der Klinik für Unfall-,
für die Praxis und Berufserkrankungen vorausgehen. Hand- und Wiederherstellungschirurgie
Erst dann können wir evidenzbasierte – des UKJ den Funktionsbereich Motorik,
Neben dem chronischen unspezifischen wissenschaftlich fundierte – Empfeh- Pathophysiologie und Biomechanik lei-
Rückenschmerz bilden die Lärmschwer- lungen für die Praxis geben“, betont tet.

14 Klinikmagazin Ausgabe 1/2011


Fit sein mit Hartwig Gauder (11)

Weck, was in Dir steckt! mal ausgiebig im Bett rekeln und stre-
cken, bevor Sie mit leichter Gymnas-
tik durchstarten. Das macht die Ge-
lenke geschmeidig, heizt den noch
Guten Morgen! Haben Sie gut ge- Untersuchungen haben gezeigt, dass kalten, schläfrigen Muskeln ein und
schlafen? Prima, dann bringen wir Sie derjenige, der gleich nach dem Aufste- macht Sie fit für den Tag.
jetzt in Schwung. Ein 10-Minuten- hen trainiert, weniger gestresst und
Workout vor dem Frühstück macht insgesamt zufriedener ist. Der Früh- Da wir nachts nichts essen, sind un-
nicht nur Körper, Kopf und Kreislauf sportler erlebt nach dem Training sogar sere Kohlenhydratspeicher morgens
munter, es bringt auch seelische Hö- ein wesentlich intensiveres Hochgefühl fast leer. Wer schon vor dem Früh-
henflüge. als der Abendaktive. stück in Wallung kommt, hat die letz-
ten Reserven schnell aufgebraucht,
Sport schon morgens um Sieben? Da Woran liegt das? Die sportliche Früh- und das körpereigene Kraftwerk mo-
läuft bei mir nichts, denken viele. schicht stimuliert unsere Hirnanhang- bilisiert früher als gewöhnlich den
Aber der Frühsport hat jede Menge drüse, bereits morgens verstärkt das Fettstoffwechsel zur Energiegewin-
Vorteile: Sie starten lockerer, gut ge- Glückshormon Serotonin auszuschüt- nung. Das ist gut für die Gesundheit
launt und mit viel mehr Elan in den ten. Zugleich werden Stresshormone (bspw. den Gefäßschutz) und die kör-
neuen Tag. Niemand fordert, dass Sie durch körperliche Aktivität besser in perliche Leistungsfähigkeit.
im Morgennebel fünfmal um die Häu- Schach gehalten. Und, mal abgesehen
ser jagen. Bereits ein leichtes zehn- davon: Es ist natürlich auch ein Super- All dies funktioniert allerdings nur,
minütiges Aufwachtraining bringt die gefühl, vor einem Arbeitstag etwas un- wenn Sie regelmäßig trainieren. Fan-
Durchblutung sanft in die Gänge. Der gestörte Zeit für sich allein zu haben, gen Sie deshalb am besten gleich
Körper erwärmt sich und auch unser um Körper und Seele Gutes zu tun. morgen früh damit an.
Gehirn profitiert. Denn mit dem Blut Während der Nacht verharrt unser Kör- Wetten, dass das Frühstück danach
wird ihm mehr Sauerstoff geliefert – per oft lange in derselben Position. Kein doppelt so gut schmeckt?
wir sind schneller munter und geistig Wunder, dass wir uns beim Aufwachen
fit. etwas steif fühlen. Darum am besten erst Ihr Hartwig Gauder

Die Forschungen des Kompetenzzen-


trums für interdisziplinäre Prävention
mündeten in zahlreichen modifizierten
oder neuen Präventionsempfehlungen
der BGN. Bezogen auf den weit verbrei-
teten chronischen unspezifischen Rü-
ckenschmerz, als dessen Auslöser ne-
ben biologischen Ursachen (z.B. einer
veränderten Muskelkoordination des
Körperrumpfes) auch psychische Fak-
toren wie Unzufriedenheit am Arbeits-
platz identifiziert wurden, heißt das,
dass die Mitarbeiter nicht nur gezielte
sportliche oder physiotherapeutische
Angebote erhalten, sondern auch ein
besonderes Augenmerk auf das Be-
triebsklima gerichtet wird.
„Die enge Verbindung von Theorie und
Praxis ist ein großer Vorzug des KIP und
im deutschen Wissenschaftsbetrieb
keinesfalls die Regel“, sagt Prof. Hans-
Christoph Scholle und ist überzeugt,
dass diesem Jubiläum des Kompetenz-
zentrums weitere folgen werden.
„Die Bilanz des KIP nach zehn Jahren
kann sich jedenfalls sehen lassen“, be-
tonte Rektor Prof. Dr. Klaus Dicke wäh-
rend des Festsymposiums. mv

www.uniklinikum-jena.de 15
Veranstaltungen

Jenaer Lebertag Informationsabende Öffentliche Vortragsreihe an der


für werdende Eltern Friedrich-Schiller-Universität

Das Patientenseminar „Leber- Informationsabende für werdende Ästhetik, Wahrnehmung und


transplantation durch Lebend- Eltern finden an jedem zweiten Natur
spende“ Donnerstag im Monat 19 Uhr im „Neue Entwicklungen einer psy-
Hörsaal und im Kreißsaal der Uni- chologischen Ästhetik“
findet im Rahmen des versitäts-Frauenklinik in der Bach- Referent: Prof. Dr. Helmut Leder
4. Jenaer Lebertages straße 18 statt. Psychologie, Universität Wien
am 30. März 2011 ab 15.30 Uhr Nächste Termine: 11. April, 17.45 Uhr
im Fair Hotel Jena, Ilmnitzer Land- 10. März, 24. März, 14. April, Hörsaal des Instituts für
straße 3, statt. 28. April, 12. Mai Anatomie, Teichgraben 7

Patientenveranstaltungen Eltern- und Babysitterschule der Kinderklinik

Patientenseminar des 6. April, 3. Mai


Interdisziplinären Brustzentrums Erste Hilfe bei Säuglingen und Kindern, Teil 1
Kursleitung: Michael Iffland bzw. Angelika Völkner
13. April
Brustkrebs und Sport 22. März, 13. April, 10. Mai
Studienergebnisse und Tipps Erste Hilfe bei Säuglingen und Kindern, Teil 2
Referent: Dr. Steffen Derlien Kursleitung: Michael Iffland bzw. Angelika Völkner
11. Mai 30. März
Familiärer Brustkrebs Typische Beschwerden im Kindesalter – Wie kann ich mein Kind unter-
Referentin: Dr. Isolde Schreyer stützen?
Kursleitung: Uta Mayer
Beginn jeweils 18 Uhr im
Besprechungsraum des IBZ Die Veranstaltungen finden jeweils von 15.30 Uhr bis 17.00 Uhr im Elternspeise-
Haus 4, Erdgeschoss, Bachstraße 18 raum im Poliklinikgebäude der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin statt.

GesundheitsUni Jena am UKJ

Mittwoch, 31. März Mittwoch, 27. April

Sich selbst helfen Alt = Krank?


Kann Selbsthilfe dabei helfen? Die Pathologie des Alters
Gabriele Wiesner, IKOS Jena Prof. Dr. Iver Petersen
Beratungszentrum für Selbsthilfe Institut für Pathologie

ndvorlesung
Jenaer Abe
s 19 Uhr
Beginn jeweil l 1
um Lo be da /O st , Er la nger Allee 101, Hörsaa
Uniklinik

16 Klinikmagazin Ausgabe 1/2011


Service

Cafeteria
In der Cafeteria in der Magistrale des Klinikums
werden täglich drei Menüs angeboten, darunter ein
vegetarisches. Wir freuen uns auf Ihren Besuch!

Öffnungszeiten:
Montag bis Freitag
8.00 bis 10.30 Uhr und 11.00 bis 16.30 Uhr
(Mittagstisch von 11.00 bis 15.30 Uhr)
Samstag und Sonntag
12.00 bis 16.30 Uhr
Mittwoch bis Sonntag
17.00 bis 20.00 Uhr

Grüne Damen und Herren


„Grüne Damen und Herren“ sind ehrenamtlich im Krankenhaus tätig. Sie nehmen sich Zeit
zum Zuhören, Plaudern, Spielen, Vorlesen und erledigen kleine Besorgungen. Wenn Sie
eine solche Unterstützung wünschen, sprechen Sie bitte die Pflegenden und Ärzte Ihrer
Station an.

Patientenbibliotheken
Die Patientenbibliothek im Klinikum Lobeda hat montags bis freitags von 10 bis 13 und 14 bis
17 Uhr geöffnet, die Patientenbibliothek in der Kinderklinik montags und donnerstags von
9 bis 11 Uhr. Außerdem besteht in den Kliniken für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, für
Psychiatrie sowie für Strahlentherapie und Radioonkologie die Möglichkeit der Buchausleihe.

Klinikseelsorge
Möchten Sie sich von einem Seelsorger betreuen lassen, wenden Sie sich bitte an:
Evangelische Klinikseelsorge: Katholische Seelsorge:
Pfarrerin Christine Alder Bächer, 0151 1710 1493 Pfarrer Norbert Winter
Pfarrer Heinz Bächer, 0151 1710 1492 (036421) 224 36 oder 0177 451 1927

Blutspende
Die Möglichkeit zur Blutspende besteht am Institut für Transfusionsmedizin im ehemaligen
Chirurgie-Gebäude in der Bachstraße 18.
Öffnungszeiten: Montag bis Donnerstag 14 bis19 Uhr und Freitag 8 bis13 Uhr
sowie jeden zweiten und letzten Samstag im Monat 9 bis13 Uhr

Wichtige Ansprechpartner
Kliniksozialdienst am UKJ Ethik-Kommission Zentrale Rufnummern
Leiter Leiterin Geschäftsstelle
Zentrale Klinikum: 9300
Tancred Lasch Dr. Ulrike Skorsetz
Tel.: (03641) 932 02 20 Tel.: (03641) 93 37 75 Empfang Lobeda: 932 08 50
0151 16 35 93 41 Pforte Bachstraße: 93 30 11
E-Mail: E-Mail:
tancred.lasch@med.uni-jena.de ulrike.skorsetz@med.uni-jena.de Öffentlichkeitsarbeit: 93 43 82

www.uniklinikum-jena.de 17
GesundheitsUni Jena

chance 80 Prozent. Allerdings sinkt die-


Lebensvernichtende Kettenreaktion se rapide: Nach vier bis fünf Stunden auf
50 und nach 12 bis 24 Stunden unter
Mehr Kenntnisse über die Sepsis erforderlich 10 Prozent!

Hygienevorschriften exakt einhalten

Wichtigste Auslöser der Sepsis sind


„Sepsis? Davon habe ich nie etwas ge- Atemwegsinfektionen (vor allem Lun-
hört.“, „Das hat, glaube ich, etwas mit genentzündungen) mit 63 Prozent, ge-
Medizin zu tun…“ Ein kurzes Video mit folgt von Infektionen des Bauchraumes
Antworten einer Zufallsbefragung (25 Prozent), der Knochen und Weich-
stand am Beginn der Jenaer Abend- teile sowie des Gastrointestinal- und
vorlesung „Gefährliche Infektionen – Urogenitaltraktes. „Katheterinfektionen
Vorbeugung und Behandlung“ am 26. auf Intensivstationen, über die Bak-
Januar 2011. terien in die Blutbahn gelangen, sind
ebenfalls gefährlich. Deshalb sollten Ka-
„Auch in der Presse“, so Prof. Dr. Frank theter nur so lange wie nötig im Körper
Martin Brunkhorst, „wird nur selten über des Patienten verbleiben“, sagte Prof.
Sepsis berichtet.“ Entsprechend gering Brunkhorst und verwies auf Medien-
ist das Wissen über diese am meisten berichte, wonach Infektionen, die zu ei-
unterschätzte Krankheit: In Europa und ner Sepsis führen, fast ausschließlich im
den USA liegt der Prozentsatz derjeni- Krankenhaus entstehen und auf man-
gen, die noch nie etwas von Sepsis ge- gelhafte Hygiene zurückzuführen sind.
hört haben, zwischen 80 und 90 Pro- „Es entstehen tatsächlich etwa zwei Drit-
zent. In Deutschland kann immerhin je- tel dieser Infektionen in der Klinik. Al-
der Zweite mit dem Begriff etwas an- lerdings nur etwa jede Siebente auf-
fangen, was auch den Aktivitäten der grund mangelhafter Hygiene, 85 Pro-
Prof. Frank Martin Brunkhorst Foto: Szabó
Sepsis-Experten am Universitätsklini- zent sind unvermeidlich und letzten
kum Jena zu verdanken ist, die seit eini- Sepsis ablesen, bei der zusätzlich meh- Endes den Erfolgen der Hochleistungs-
gen Jahren verstärkt an die Öffentlich- rere Organe betroffen sind. Es kommt medizin ‚geschuldet‘. Denn die meisten
keit gehen. Mehr Wissen über die Sep- zum Multiorganversagen und zum sep- der Polytrauma- oder Krebspatienten,
sis ist auch dringend erforderlich. Eine tischen Schock. „Aufhalten kann man die heute auf der Intensivstation an ei-
von den Jenaer Forschern initiierte na- diese lebensvernichtende Kettenreak- ner unvermeidbaren Sepsis erkranken,
tionale Studie an über 450 Kliniken hat tion nur, wenn schnell Antibiotika ge- wären noch vor 10 oder 15 Jahren be-
gezeigt, dass in Deutschland jährlich geben werden“, betonte Prof. Brunk- reits viel früher an ihren Unfallverlet-
etwa 154.000 Menschen an einer Sep- horst. Geschieht dies innerhalb der ers- zungen oder der Krebserkrankung ver-
sis erkranken und fast 59.000 an deren ten 30 Minuten, beträgt die Überlebens- storben“, betonte Prof. Brunkhorst und
Folgen versterben. Damit ist sie nach der
koronaren Herzkrankheit (92.000) und
dem Herzinfarkt (64.000) die dritthäu-
figste Todesursache.

Rasche Antibiotikagabe nötig

Doch woran erkennt man eine Sepsis?


Wichtigste Symptome sind Fieber oder
eine Untertemperatur von weniger als
36°C, Schüttelfrost, Herzrasen, Luftnot,
Verwirrtheit, eine schwere Beeinträch-
tigung des Allgemeinbefindens, eine er-
höhte Atemfrequenz und Veränderun-
gen im Blutbild. Gerade ältere Men-
schen können jedoch auch eine nor-
male Körpertemperatur haben, was die
Diagnose schwierig macht.
Zur Früherkennung bakterieller Infek-
tionen ganz besonders geeignet ist die
Neu in der Abendvorlesung der GesundheitsUni: Fünf Minuten Bewegung für die
Bestimmung des Procalcitonin (PTC)- Gesundheit. Hartwig Gauder leitete die Übungen für die Arm- und Beinmuskulatur, die
Wertes im Blut. Daraus lässt sich auch nur wenig Zeit beanspruchen und die man überall durchführen kann. Foto: Storsberg
die Wahrscheinlichkeit einer schweren

18 Klinikmagazin Ausgabe 1/2011


Palliativmedizin

forderte zugleich, die Hygienevorschrif- tibiotika sind keine Mittel gegen Fieber, sonal. Ebenso wichtig ist eine Impfung
ten exakt einzuhalten, um die Zahl der sondern hoch potente Arzneimittel, die gegen Pneumokokken, die Lungen-,
vermeidbaren Krankenhausinfektionen viel seltener verschrieben werden soll- Hirnhaut- und Mittelohrentzündungen
weiter zu reduzieren. Das A und O ist ten“, forderte er. verursachen. Neben den bereits Ge-
eine regelmäßige und sorgfältige Des- nannten (die Impfung ist bei Erwachse-
infektion der Hände mit einer alkohol- Auch durch Impfungen kann nen einmalig) sollten auch alle Kinder
haltigen Reinigungsflüssigkeit. man sich schützen (nach dem Impfkalender) immunisiert
Viel zu hoch ist die häufig genannte Zahl werden.
von 100.000 Patienten, die auf Grund Eine Impfung gegen Sepsis gibt es nicht, Besonders gefährdet, an schweren bak-
von Krankenhauskeimen in deutschen dennoch kann man sich durch Impfun- teriellen Infektionen zu erkranken, sind
Kliniken versterben. „Wir gehen von gen schützen. Besonders wichtig ist die Asplenie-Patienten, denen, zumeist
1500 bis 4500 aus“, sagte der Sepsis- jährliche Grippeschutzimpfung, durch nach Unfällen, die Milz entfernt werden
Experte der Klinik für Anästhesiologie die schwere Lungenentzündungen ver- musste. „In Deutschland betrifft das
und Intensivmedizin am UKJ. mieden werden, die den Nährboden für jährlich etwa 8000 Menschen, die un-
Prof. Brunkhorst informierte ausführlich gefährliche bakterielle Infektionen und bedingt geimpft werden müssen, weil
über die zunehmende Verbreitung eine mögliche Sepsis bilden. Geimpft die Milz wichtige Funktionen im Rah-
multiresistenter Keime in Deutschland werden sollten alle Über-60jährigen, men der Immunabwehr hat“, erläuterte
und Europa, die vor allem auf die viel zu Menschen in Alten- und Pflegeheimen, Prof. Brunkhorst. Um den Betroffenen
großzügige Antibiotikagabe im ambu- chronisch Kranke, Personen mit Immun- dabei zu helfen, wurde am UKJ ein As-
lanten Bereich zurückzuführen ist. „An- schwäche sowie das medizinische Per- plenie-Impfpass entwickelt. mv

Ambulantes Palliativteam dehnt Versorgung aus


Abschluss eines kassenübergreifenden Vertrages ermöglicht auch
häusliche Betreuung im Saale-Holzland-Kreis

Seit Jahresanfang stehen die Leistun- bestehende Palliativ-Care-Team unter- beiter zu Palliativ-Care-Fachkräften in
gen des ambulanten Palliativteams des stützt den Hausarzt und die ambulan- eine noch engere Kooperation mit den
Universitätsklinikums Jena nun allen ten Pflegedienste bei der Betreuung un- Universitätsklinikum mündeten. Damit
gesetzlich Krankenversicherten in Jena heilbar Kranker in ihrem vertrauten häus- schärfen wir unser Profil als herausra-
und im Saale-Holzland-Kreis zur Ver- lichen Umfeld, lindert Symptome und gender Anbieter spezieller ambulanter
fügung. In Zusammenarbeit mit dem Beschwerden und gibt auch Hilfestel- Pflegedienstleistungen weiter“, ergänzt
Pflegedienst der Arbeiterwohlfahrt lungen für die Angehörigen. Über 300 Frank Albrecht, Vorstandsvorsitzender
Jena-Weimar können die Ärzte und Patienten wurden bisher durch das der AWO Jena-Weimar e. V.
Schwestern des ersten Thüringer Pal- UKJ-Team versorgt, fast 100 allein im Rund um die Uhr stehen Pfleger und
liativteams damit Schwerkranken am vergangenen Jahr. Mehr als zwei Drittel Ärzte bereit, sind telefonisch erreichbar
Lebensende die Leistungen der Spezi- konnten dank dieser Hilfe bis zum oder kommen zu Hausbesuchen vor Ort.
ellen ambulanten Palliativversorgung Schluss zu Hause bleiben. „Gerade für viele Tumorpatienten und
(SAPV) anbieten. deren Familien ist dies eine große Hil-
Durch den zum Jahresbeginn neu ge- fe“, weiß Dr. Wedding. „Gemeinsam mit
„Der überwiegende Teil der Schwerkran- schlossenen Vertrag zwischen den ge- den Hausärzten und den ambulanten
ken möchte die letzte Lebenszeit gern setzlichen Krankenkassen und dem UKJ Pflegediensten sorgen wir dafür, dass
in seiner vertrauten Umgebung verbrin- stehen die Leistungen des Palliativteams den Patienten trotz fortschreitender Er-
gen“, erklärt PD Dr. Winfried Meißner, jetzt auch allen Bewohnern des Saale- krankung möglichst viel Lebensqualität
Chefarzt der Abteilung für Palliativme- Holzland-Kreises zur Verfügung, unab- erhalten bleibt – dazu gehört eben auch,
dizin am UKJ. „Leider sieht die Realität hängig davon, bei welcher Krankenkas- unnötige Krankenhausaufenthalte zu
jedoch so aus, dass die meisten Patien- se diese versichert sind. „Mit Unterstüt- vermeiden.“
ten im Krankenhaus sterben.“ zung unseres Partners, dem Pflegedienst
Dies zu ändern, ist eines der Ziele einer der AWO Jena-Weimar e.V., können wir Die spezielle ambulante Palliativversor-
speziellen ambulanten palliativmedizi- nun ca. 200.000 Einwohner versorgen“, gung wird in der Regel durch den Haus-
nischen Betreuung, wie sie seit inzwi- sagt dazu PD Dr. Ulrich Wedding, Chef- arzt angefordert, die Verschreibung ist
schen vier Jahren am Universitätsklini- arzt der Palliativmedizin und Onkologe. unbürokratisch und mit keinen zusätz-
kum Jena angeboten wird. Das aus spe- „Wir sind froh, dass unsere Bemühun- lichen Kosten für den Patienten verbun-
ziell geschulten Ärzten und Pflegern gen zur Qualifizierung der AWO-Mitar- den. HR

www.uniklinikum-jena.de 19
GesundheitsUni Jena

Oberarzt Dr. Andreas Odparlik informierte


die Besucher in Anwesenheit von Chefarzt
Dr. Martin Freesmeyer über die vielfältigen
Einsatzmöglichkeiten des PET/CT

geringsten Mengen radioaktiven Jods


– im letzten Jahr benötigten wir für mehr
als 600 Patienten weniger als drei Milli-
gramm – sehr effektiv und fast neben-
wirkungsfrei behandeln“, betonte Dr.
Freesmeyer. Informieren konnten sich
die mehr als 60 Interessierten auch über
die Behandlung und die Aufenthalts-
bedingungen auf der vor einem Jahr er-
öffneten Radiojodtherapie-Station der
Klinik für Nuklearmedizin in der Bach-
straße.
Faszinierend waren die Einblicke in die
nuklearmedizinische Bildgebung und
speziell die Hybrid-Bildgebung mittels
PET/CT, die während einer einzigen Un-
tersuchung sowohl die anatomischen

Hausbesuch einmal anders Strukturen des Körpers als auch die


Stoffwechselprozesse in den Körperzel-
len sichtbar macht. Das Mitte 2009 am
Universitätsklinikum Jena in Betrieb ge-
Eigentlich kommt bei einem Haus- „Angst vor der Nuklearmedizin muss nommene PET/CT gehört weltweit zu den
besuch der Arzt zum Patienten. Nicht niemand haben. Wir arbeiten hier mit modernsten und leistungsstärksten Ge-
so an der GesundheitsUni Jena. Hier kleinsten Mengen radioaktiven Materi- räten und hilft, auch kleinste Tumoren
erhält die Klinik Besuch. als und höchsten Sicherheitsstandards“, und Metastasen sicher zu erkennen und
sagte Chefarzt Dr. Martin Freesmeyer, der präzise zu lokalisieren.
Mit der Nuklearmedizin stellte sich beim in einem Vortrag über die sich stetig
ersten „Hausbesuch“ der UKJ-Gesund- erweiternden Möglichkeiten der nukle- „Wir wollen Ihnen mit der neuen Veran-
heitsUni am 9. Februar ein Fachgebiet armedizinischen Bildgebung sowie die staltungsreihe die Möglichkeit geben,
vor, das sich am Universitätsklinikum Behandlung von Schilddrüsenerkran- hinter die Kulissen der Hightech- und
Jena in den letzten Jahren enorm ent- kungen informierte. „Sowohl die gut- Apparatemedizin zu blicken“, sagte die
wickelt und seine Geräteausstattung artigen Erkrankungen wie Schilddrü- Leiterin der GesundheitsUni, Dr. Sylvia
sowie die damit verbundenen diagnos- senvergrößerungen, Schilddrüsenauto- Sänger, die die Besucher einlud, den Ex-
tischen und therapeutischen Möglich- nomie oder Morbus Basedow, als auch perten auch bei künftigen „Hausbesu-
keiten erheblich erweitert hat. Schilddrüsenkarzinome lassen sich mit chen“ „den Puls zu fühlen“. mv

Szintigramme von höchster Qualität erzeugt die digitale Zum Blick hinter die Kulissen der modernen Hightech- und Apparatemedizin
Ganzkörper-2-Kopf-Gammakamera, deren Funktionsweise lud die Leiterin der GesundheitsUni, Dr. Sylvia Sänger, die Teilnehmer des
die Leitende MTRA Petra Katzemann erläuterte ersten „Hausbesuchs“ ein Fotos: Vöckler

20 Klinikmagazin Ausgabe 1/2011


Vorgestellt: Schwerbehindertenvertretung

Probleme kennen und helfen auf ein anderes Problem legen, die Prä-
vention weiterer Gesundheitsschäden.
„Dafür sind zumeist keine riesigen In-
vestitionen erforderlich, da reichen oft
kleine, aber sehr wirksame Änderungen
am Arbeitsplatz“, ist Christian Rienecker
überzeugt.

Seit mehr als vier Jahren hat das Uni-


versitätsklinikum Jena eine eigene
Schwerbehindertenvertretung (SBV),
die bis Dezember 2009 von Ingrid
Poschmann und zwischen Januar und
Oktober 2010 übergangsweise von
Myriam Dorsch geleitet wurde. Im
Oktober letzten Jahres wurde Uwe
Wiegand zur neuen Vertrauensper-
son gewählt. Er wird von seinen Stell-
vertretern Yvonne Richter, Susanne
Steinbrücker und Christian Rienecker
unterstützt, der ebenso wie Uwe Wie-
gand bereits der ersten Schwerbehin-
dertenvertretung angehörte.

Am Universitätsklinikum Jena sind


derzeit etwa ca. 270 Schwerbehinderte
(Grad der Behinderung ab 50) und
Gleichgestellte (Grad der Behinderung Engagiert für Schwerbehinderte und Gleichgestellte am UKJ: Uwe Wiegand, Susanne Stein-
mindestens 30 aber weniger als 50) tä- brücker, Christian Rienecker und Yvonne Richter (v. r.) Foto: Szabó
tig. „Das sind ungefähr 5,4 Prozent al-
ler Mitarbeiter und damit etwas mehr schöpft sind oder zu wenig Personal Zu erreichen ist die Schwerbehinderten-
als vom Gesetzgeber verlangt. Wir wol- vorhanden ist“, bedauert Susanne Stein- vertretung telefonisch, per E-Mail oder
len aber möglichst bald wieder die in brücker. über eine Seite im Intranet. mv
der Integrationsvereinbarung von 2007
festgelegten sechs Prozent erreichen“, Eng arbeitet die SBV mit der Betriebs-
sagt Uwe Wiegand, der die Tätigkeit der ärztlichen Ambulanz, dem Betrieblichen
Schwerbehindertenvertretung am Klini- Eingliederungsmanagement und dem Schwerbehinderten-
kum noch stärker in das Licht der Öf- Personalrat zusammen, aber auch mit vertretung am UKJ
fentlichkeit rücken möchte. „Schließlich dem Integrationsamt Gera und den zu-
können wir nur helfen, wenn man uns ständigen Arbeitsagenturen. „Ebenso
Vertrauensperson
als Interessenvertretung der Schwer- mit dem Personalmanagement des Kli-
behinderten und Gleichgestellten kennt, nikums, wo wir die gute und konstruk- Uwe Wiegand
und wir auch deren Probleme kennen. tive Zusammenarbeit der letzten Jahre Tel.: 9 33 081
Deshalb werde ich während meiner vier- fortsetzen und weiter verbessern wol- Mobil: 01754337133
jährigen Amtszeit alle diese Kolleginnen len“, betont Uwe Wiegand, der, persön- Uwe.Wiegand@med.uni-jena.de oder
und Kollegen an ihrem Arbeitsplatz auf- lich oder vertreten durch einen seiner Schwerbehindertenvertretung@med.uni-
suchen.“ Außerdem, so Christian Riene- Stellvertreter, bei allen Vorstellungsge- jena.de
cker, sollen schwerbehinderte Mitarbei- sprächen mit Behinderten anwesend ist
ter, die aus den unterschiedlichsten und darauf achtet, dass Schwerbehin- Stellvertreter
Gründen noch keinen Antrag auf Aner- derte und Gleichgestellte bei gleicher
kennung als Schwerbehinderte gestellt Eignung bevorzugt eingestellt werden. Yvonne Richter
haben, ermutigt werden, dies zu tun. „Wir werden“, so Uwe Wiegand, „auch Tel.: 9 35 122
weiterhin darauf achten, dass die ge- Yvonn.Richter@med.uni-jena.de
Schwerbehinderte und Gleichgestellte setzlichen Bestimmungen eingehalten Susanne Steinbrücker
sind in allen Bereichen des Klinikums und noch mehr barrierefreie und behin- Tel.: 9 32 26 58
tätig. Mitunter erschweren allerdings dertengerechte Arbeitsplätze am Klini- Susanne.Steinbrücker@med.uni-jena.de
Arbeitsverdichtung und steigende phy- kum eingerichtet werden. Das gilt auch
sische Belastung die Beschäftigung von für den zweiten Bauabschnitt des Klini- Christian Rienecker
Menschen mit körperlichen Einschrän- kumsneubaus.“ Tel.: 9 33 585
kungen. „Auch, weil noch längst nicht Noch größeres Augenmerk will die Christian.Rienecker@med.uni-jena.de
alle technischen Möglichkeiten ausge- Schwerbehindertenvertretung künftig

www.uniklinikum-jena.de 21
Diagnostik und Therapie

Mundgesundheitsprogramm der „Special Olympics“


Jenaer Zahnmedizinstudenten engagieren sich
Mehr als 150 Athleten aus Deutschland, „Was Sie hier sehen werden, sind eigent- gender Behandlungsbedarf bestand bei
Slowenien, Italien, Luxemburg und Ös- lich Spitzenwerte für Patienten mit Be- etwa jedem fünften Athleten.
terreich nahmen vom 17. bis 21. Januar hinderungen“, sagt Dr. Imke Kaschke,
an den Thüringer Langlauftagen der Managerin der Gesundheitsprogramme Es gibt also noch viel zu tun. Leider be-
„Special Olympics“ in Oberhof teil. in Deutschland. „Sportler sind immer stehen innerhalb des Berufsstandes
immer noch Defizite im Umgang mit
Patienten mit Behinderungen. Prof. Dr.
Roswitha Heinrich-Weltzien, Leiterin der
Poliklinik für Präventive Zahnheilkunde
und Kinderzahnheilkunde am Zentrum
für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde
des Universitätsklinikums Jena, setzt
sich seit vielen Jahren für eine qualita-
tiv hochwertige zahnärztliche Betreu-
ung von Patienten mit Behinderungen
ein. Sowohl in der Klinik als auch in der
Lehre haben Therapie- und Betreuungs-
konzepte für Menschen mit Behinde-
rung einen festen Platz.

Für die 12 Jenaer Zahnmedizinstuden-


ten war der Einsatz bei den „Special
Erwartungsvoll: Thüringer Wintersportler während der Eröffnung der Langlauftage in Ober- Olympics“ sehr wichtig, hat er doch
hof Foto: Blaschke
dazu beigetragen, Berührungsängste im
Die „Special Olympics“ sind eine vom noch selbst in der Lage, sich die Zähne Umgang mit Menschen mit Behinde-
Internationalen Olympischen Komitee zu putzen.“ Trotzdem können auch sie rung abzubauen, um in der späteren be-
(IOC) offiziell anerkannte und in 170 mit der Mundgesundheit nicht behin- ruflichen Praxis besser auf deren Be-
Ländern vertretene Sportbewegung für derter Menschen nicht mithalten. Das dürfnisse eingehen zu können.
Menschen mit geistiger und mehrfacher zeigen auch die ersten Ergebnisse des
Behinderung, die in diesem Jahr ihr 20- Oberhofer Screenings: 35 Prozent der Dr. Ina M. Schüler
jähriges Bestehen in Deutschland fei- untersuchten Athleten wiesen kariöse Zahnärztin am ZZMK und Regionale
ert. Neben sportlichen Aktivitäten bie- Defekte und 43 Prozent entzündliche Koordinatorin Thüringen für das
ten die „Special Olympics“ den Athleten Zahnfleischerkrankungen auf. Ein drin- „Special Smiles“-Programm
seit 2004 verschiedene Gesundheits-
programme. Dazu gehören „Opening
Eyes“ (Untersuchungen der Augen und
Sehkraft), „Healthy Hearing“ (Hörscree-
ning) und „Special Smiles“ (zahnärzt-
liche Untersuchungen und Anleitung zur
Zahnpflege) und andere.
Zwei Tage lang untersuchten in der Ober-
hofer Skiarena sieben Zahnärztinnen,
vier Helferinnen und 12 Zahnmedizin-
studenten aus Jena die Sportler und
„Schlachtenbummler“ aus Bildungsein-
richtungen für Menschen mit Behinde-
rungen. Sie dokumentierten den Mund-
gesundheitszustand und legten Hand
und Zahnbürsten zu praktischen Putz-
unterweisungen an. Die erhobenen Da-
ten gehen in anonymisierter Form an
die Datenbank des „Center for Disease
Control and Prevention“ (CDC) in den Jenaer Zahnmedizinstudenten bei der Untersuchung der Athleten Foto: Schüler
USA.

22 Klinikmagazin Ausgabe 1/2011


Diagnostik und Therapie

3. Weltkongress der Fistelchirurgen


Wenn die Sonne zweimal über einer Geburt aufgeht,
beginnt ein Überlebenskampf für Mutter und Kind

Geburten ohne medizinischen Beistand


– diese Situation besteht in vielen Re-
gionen der Erde auch heute noch. In
den so genannten Entwicklungslän-
dern sterben jährlich etwa eine halbe
Million Frauen unnötig an den Folgen
von Schwangerschaft und Geburt. Bei
den Überlebenden bleiben oft unver-
sorgte Schäden zurück, die eine Teil-
nahme am gesellschaftlichen und Ar-
beitsleben nahezu unmöglich machen.
Betreuung eines
Geburtshilfliche Fisteln – Verbindungen 14jährigen Tuareg-
Mädchens mit ei-
zwischen Harnblase und Scheide – ent- ner großen Fistel
stehen nach verschleppten Geburten nach fünf Tagen
durch Absterben von Gewebe am Be- Geburtsstillstand
im Nomadenzelt
ckenboden. Oft liegt ein tagelanger Ge- Foto: Mothes
burtstillstand vor, weil der kindliche
Kopf aufgrund eines Missverhältnisses
zum mütterlichen Becken oder wegen und MSF (Ärzte ohne Grenzen) beteili- kologischen Spezialsprechstunde ganz-
Erschöpfung der Mutter im Geburts- gen sich an der Verbesserung der Ver- tags eine Fistelsprechstunde für Frauen
kanal stecken bleibt. Falls die Gebären- sorgung von Fistelpatientinnen mit Pro- an“, erläutert Prof. Dr. Ingo Runnebaum,
de überhaupt eine medizinische Einrich- jekten, Geldern und Organisationsstruk- Direktor der Universitäts-Frauenklinik.
tung erreicht – falls es dort einen Arzt turen. Hier ist auch Dr. Anke Mothes als Ober-
gibt, falls Strom, Wasser, Bluttransfusi- ärztin mit dem Schwerpunkt Urogynä-
onen, Antibiotika usw. verfügbar sind – „In Deutschland stellen sich Patientin- kologie und Beckenbodenchirurgie tä-
überlebt die Frau diese medizinische nen mit Fisteln nach Bestrahlung oder tig. Als Koordinatorin des Jenaer Univer-
Extremsituation vielleicht. Der Preis bei entzündlichen Erkrankungen in hoch sitäts-Beckenbodenzentrums wurde sie
dafür sind oftmals ein totes Kind und spezialisierten Zentren vor. Oft werden zur Weltfisteltagung nach Dakar ent-
ein lebenslanges Stigma: Durch ständi- in die Behandlung weitere Fachspezia- sandt, um neueste Aspekte der Fistelchi-
gen Urin- oder Fäkalabgang endet die listen wie Chirurgen und Urologen ein- rurgie kennen zu lernen. „Wir arbeiten
Frau als sozial Ausgestoßene, kaum fä- bezogen. In Jena bieten wir an jedem seit Jahren eng mit Experten aus aller
hig zu Minimalhygiene, kaum in der La- Donnerstag im Rahmen der urogynä- Welt zusammen“, sagt Oberärztin Mo-
ge, für ihren Lebensunterhalt zu sorgen. thes, die jahrelang als Gynäkologin in
Malawi und 2010 bei Kees Waaldijk,
Nicht nur über Fragen der chirurgischen einem der bekanntesten Fistelchirurgen
Versorgung, sondern auch der Vorsor- der Welt, in Nordnigeria tätig war. „Im
ge und Wiedereingliederung von Fis- Rahmen eines umfassenden Erfahrungs-
telpatientinnen diskutierten ca. 200 Teil- austauschs über Erkrankungen des Be-
nehmer aus 41 Ländern im Dezember ckenbodens wurden verschiedene Ideen
2010 auf dem 3. Weltkongress der Fis- geboren. Dazu gehört die Entwicklung
telchirurgen in Dakar/Senegal. Aufgrund innovativer und zum Teil minimalinva-
der Häufigkeit der Erkrankung in Ent- siver Operationstechniken wie die Mi-
wicklungsländern haben dort tätige nimalversorgung des Gebärmutter-
Ärzte ein großes Erfahrungspotential. vorfalls. Diese Operationsmethode wur-
Auch bedeutende Organisationen wie de auf dem 58. Kongress der Deutschen
FIGO (International Federation of Gyne- Gesellschaft für Gynäkologie und
cology and Obstetrics), WHO (World Geburtshilfe im Oktober 2010 in Mün-
Health Organization), UNFPA (United Ein Geburtstillstand kann zu Gewebsnekro- chen vorgestellt und wird bei aus-
sen im Becken und damit zur Ausbildung ei-
Nations Population Fund), IUGA (Inter- ner Fistel führen, Abb. aus Zacharin „Obste- gewählten Patientinnen an unserer Kli-
national Urogynecological Association) tric Fistula“, Springer nik seit 2010 erfolgreich durchgeführt.“

www.uniklinikum-jena.de 23
Forschung

Biomarkersuche - automatisch Peptide zerlegt, um die Bestandteile


massenspektrometrisch erfassen und
identifizieren zu können. Dabei entsteht
Thüringer Wissenschaftler entwickeln Gerät eine ungeheure Datenmenge, denn ne-
ben der Zuordnung der Elementanalyse
zur Hochdurchsatz-Säulen-Chromatographie zu Peptiden und Proteinen muss die
Auftrennung bis zu den Patientendaten
zurückverfolgbar sein. Bei der Verarbei-
tung der Daten werden die Mediziner
Gemeinsam mit Entwicklern der Je- jekte aufbauen. Ein gemeinsam mit der von den Software-Experten der X-CASE
naer CyBio AG und der X-CASE GmbH in Jena ansässigen CyBio AG konzipier- GmbH in Ilmenau unterstützt. „Wir wer-
in Ilmenau wollen Biochemiker und tes Versuchsmuster soll zu einem Gerät den zur Verwaltung und Auswertung der
Dermatologen des Jenaer Universi- weiterentwickelt werden, das mehrere Daten ein spezifisches integriertes Da-
tätsklinikums eine Forschungsplatt- Trennungsschritte automatisiert aus- tawarehouse entwickeln“, so Geschäfts-
form zur automatisierten Hochdurch- führt und die Ergebnisse erfasst. Wel- führer Dr. Lutz Schmidt.
satz-Biomarkersuche entwickeln. Ge-
testet wird die neue Technologie an
den Proben von klinisch umfassend
charakterisierten Patienten mit Pso-
riasis und Psoriasis-Arthritis.

Etwa 2 bis 3 Prozent der Mitteleuropäer


leiden an Schuppenflechte oder Psoria-
sis. Bei ca. einem Fünftel der Patienten
führt diese Autoimmunerkrankung auch
zu entzündlichen Veränderungen an
den Gelenken, die als Psoriasis-Arthritis
bezeichnet werden. Häufig wird diese
Komplikation erst im fortgeschrittenen Projektmitar-
beiterin Bärbel
Stadium an chronischen Gelenkschmer- Tautkus berei-
zen erkannt, weil typische Frühmarker tet das Gerät
für einen Test-
im Blut fehlen. Ließe sich eine drohen- lauf vor
de Psoriasis-Arthritis durch biochemi- Foto: UKJ
sche Warnzeichen bei Laboruntersu-
chungen frühzeitig feststellen, könnte
das Fortschreiten dieser Erkrankung che Probenzahl dabei bearbeitet wer- Schon jetzt sammeln und dokumentie-
medikamentös verlangsamt oder völlig den muss, wird beim genauen Betrach- ren die Dermatologen der Uni-Hautkli-
aufgehalten werden. Doch bislang ken- ten der Auftrennung deutlich: Die in der nik in einer Biobank Proben von Psoria-
nen die Mediziner keine solchen Bio- Probe enthaltenen Moleküle werden in sis-Patienten und Gesunden, an denen
marker. einem ersten Chromatographieschritt Gerät, Technologie und Software zum
nach ihrer Größe aufgeteilt, 96 Fraktio- ersten Mal zum Einsatz kommen sollen.
„Biomarker sind meist Proteine, deren nen entstehen dabei. Die zweite Auftren- „Da die chromatographische Auftren-
Konzentration auffällig verändert ist“, nung teilt jede dieser Fraktionen anhand nung die Proteine in ihrer nativen Form
erklärt PD Dr. Heidrun Rhode, Bioche- der unterschiedlichen Ladung der ent- belässt, können wir das Verfahren nicht
mikerin am Universitätsklinikum Jena. haltenen Proteine in 35 Teilmengen. Ein nur zur Identifikation von Biomarker-
Um Kandidaten für solche molekularen dritter Schritt differenziert die Inhalts- kandidaten, sondern auch zur Isolation
Hinweise identifizieren zu können, müs- stoffe der über 3000 Teilmengen nach dieser Proteine für weitere molekular-
sen sämtliche biochemischen Bestand- ihrem Glykosylierungsmuster, also nach biologische Tests nutzen“, beschreibt
teile von etlichen Patienten- und Kon- Art, Anzahl und Ort der an die Proteine Prof. Dr. Johannes Norgauer einen we-
trollproben von Gesunden in einem angebundenen Zuckermoleküle. Um sentlichen Vorteil. Am Ende des drei-
standardisierten Verfahren katalogisiert solche Auftrennungen automatisieren jährigen Kooperationsprojektes, das von
und verglichen werden. „Weil wir nicht zu können, kombinieren die Entwickler der Thüringer Aufbaubank und mit EU-
wissen, welche Blume wir pflücken müs- Mikrotiterplatten mit Minichromatogra- Mitteln unterstützt wird, soll nicht nur
sen, mähen wir zunächst die ganze Wie- phiesäulen. „Noch stellen wir diese in eine funktionstüchtige Forschungs-
se und erfassen jeden Halm und jedes Handarbeit her, hierfür arbeiten wir ge- plattform stehen. „Ich bin zuversicht-
Blatt“, veranschaulicht Heidrun Rhode rade an einer neuen Technologie“, so lich, dass wir bis dahin auch einige hei-
das Prinzip. Dr. Rhode. ße Biomarkerkandidaten für einen Früh-
Für genau dieses Problem wollen die Während der gesamten Trennschritte test auf Psoriasis-Arthritis finden kön-
Wissenschaftler eine automatisierte Lö- liegen die Proteine in physiologischer nen“, so der Leiter des Forschungsla-
sung entwickeln. Dabei können sie auf Form vor, erst danach werden sie von bors an der Klinik für Hautkrankheiten.
die Ergebnisse früherer Forschungspro- eiweißspaltenden Enzymen in einzelne vdG

24 Klinikmagazin Ausgabe 1/2011


Forschung

„Anschaulich und lehrreich“ metrie an praktischen Beispielen de-


monstriert.
Die Teilnehmer hatten Gelegenheit, die
„2nd Jena InTReST“ war ein voller Erfolg Versuche überwiegend selbst durchzu-
führen und die Geräte zu erproben, und
das kam sehr gut an. „Alle Kurse wur-
den von den jungen Wissenschaftlerin-

Nachwuchswissenschaftlern einen
Überblick über modernste Techniken
der Reproduktionsmedizin und -for-
schung zu geben, ist das Ziel von „Jena
InTReST“. Das einwöchige Training für
Doktoranden und Post-Docs auf dem
Gebiet der Reproduktionswissen-
schaften entstand 2007 im Rahmen
des Europäischen Exzellenz-Netzwerks
EMBIC und fand im November 2010
seine Fortsetzung.

„Jena InTReST steht für International Trai-


ning in Reproductive Sciences and Tech-
nologies“, erläutert Organisator Prof. Dr.
Udo Markert. 25 Teilnehmer aus 13 Län-
dern Europas, Asiens sowie Nord- und
Südamerikas haben an der Veranstal- Prof. Udo Markert (2. v. r.) mit den Teilnehmern des 2nd Jena InTReST Fotos: Frauenklinik
tung teilgenommen. Kosten entstanden
ihnen nicht, da Teilnahmegebühren, Real-Time PCR-Anwendungen (Poly- nen und Wissenschaftlern evaluiert und
Übernachtungs- und Verpflegungskos- merase Kettenreaktionen). Außerdem ausnahmslos als sehr anschaulich und
ten vollständig durch Sponsoring finan- wurde ein Überblick über den aktuellen lehrreich beurteilt“, freut sich Prof. Mar-
ziert wurden. „Jena InTReST soll künftig Stand der mikroskopischen Techniken kert. Gefallen hat auch das Rahmenpro-
jährlich unter der Schirmherrschaft der vermittelt. Dabei hatten alle Teilnehmer gramm mit einem Besuch des Planeta-
Deutschen Gesellschaft für Reproduk- Gelegenheit, die dreidimensionale Mik- riums und einem Bowling-Wettbewerb.
tionsmedizin stattfinden“, sagt Prof. romanipulation an vitalen Geweben zu
Markert, der das Placenta-Labor der Ab- üben. Mittels neuer nanophotometri- Das „3rd Jena InTReST“ wird Anfang Sep-
teilung für Geburtshilfe am UKJ leitet. scher Geräte konnten zudem DNA-, RNA- tember 2011 stattfinden. Prof. Udo Mar-
und Proteinkonzentrationen gemessen kert wird bei der Organisation und
Neben klinisch relevanten standen auch werden. Schließlich wurden neue Auf- Durchführung erneut von den Co-Aus-
in diesem Jahr verschiedene forschungs- nahme- und Dokumentationssysteme richtern Prof. Jan Krüssel aus Düssel-
orientierte Techniken auf dem Pro- für Elektophoresegele präsentiert und dorf und PD Dr. Tina Buchholz aus Mün-
gramm. Dazu zählten in erster Linie neue die Grundlagen der Durchflusszyto- chen unterstützt. mv

„Vorschul-Forscher“ besuchten Placenta-Labor


Das Placenta-Labor der Abteilung für Geburtshilfe der Uni-
versitäts-Frauenklinik sorgt sich um den wissenschaftli-
chen Nachwuchs. Im Januar 2011 war die „Vorschul-For-
scher-Gruppe“ des Jenaer Katholischen Kindergartens
St. Johannes zu einem Kurzpraktikum zu Besuch.
Neun Kinder haben dabei einen Einblick in das Laborleben
bekommen und konnten bei sonst nicht routinemäßig
durchgeführten, aber dafür sehr spannenden Versuchen
zusehen oder diese selbst ausprobieren. Sie lernten unter
anderem, dass in flüssigem Stickstoff gefrorene Rosen wie
Porzellan zerbrechen oder dass Rotkohlsaft als pH-Indi-
kator dienen kann. Ähnliche Veranstaltungen sollen fol-
gen.

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Personalia

HD-TV in 3D aus dem Inneren des Körpers


Prof. Andreas Gebert auf den Lehrstuhl für Mikroskopische
Anatomie am UKJ berufen

Seit Beginn des Wintersemesters lei- spricht neue Erkenntnisse zum Ablauf der Anatomischen Anstalt der Universi-
tet Professor Andreas Gebert das In- der Immunabwehr oder von Reparatur- tät München und leitete zuletzt eine ei-
stitut für Anatomie II am Universi- prozessen nach kleinen Beschädigun- gene Arbeitsgruppe an der Universität
tätsklinikum Jena. Sein Forschungs- gen. So könnte sie zum Beispiel ein bes- zu Lübeck. Von dort bringt er die Idee zu
schwerpunkt ist die Zwei-Photonen- seres Verständnis von akuten und chro- einem einwöchigen Kompaktkurs Ana-
Intravitalmikroskopie an Schleimhäu- tomie zur Vorbereitung auf das Physi-
ten, um hier Immunprozesse unmit- kum mit, den er auch in Jena etablieren
telbar verfolgen zu können. möchte. Seit Beginn dieses Jahres ist er
in die regulären Lehrveranstaltungen der
Unser Darm leistet Höchstarbeit: Die Anatomie eingebunden. „Wir wollen den
Schleimhaut mit einer Oberfläche von Studierenden mit unserer Erfahrung so
etwa 400 m² und einer Dicke von nur effektiv wie möglich dabei helfen, den
wenigen Dutzend Mikrometern soll zum umfangreichen anatomischen Lernstoff
einen lebenswichtige Nährstoffe in den zu bewältigen. Auf Augenhöhe mit den
Körper aufnehmen und zum anderen Studierenden wollen wir das notwendi-
gewappnet gegen eindringende Krank- ge Grundverständnis schaffen, optimal
heitserreger sein, denn das Innere des auf die Klinik vorbereiten und natürlich
Darmes gehört eigentlich zur Außen- auch auf das Physikum.“
welt. „Im Darmepithel laufen ausgeklü- Professor Gebert entschied sich gegen
gelte Abwehrprozesse ab, die wir mit Prof. Andreas Gebert Foto: privat einen Ruf nach Tübingen und für das
Hilfe einer speziell angepassten Zwei- Angebot in Jena, das auch die berufli-
Photonen-Mikroskopie im lebenden Or- nischen Entzündungen in der Schleim- che Perspektive seiner Frau berücksich-
ganismus beobachten können“, be- haut ermöglichen. tigte. Der passionierte Fotograf, dessen
schreibt Prof. Gebert sein Spezialgebiet. Die In-vivo-Mikroskopie bietet auch Bilder schon Teil großer Ausstellungen
Die Bildsequenzen, die aus den mikros- neue Einblicke in andere Organe und waren, zog mit seiner Familie nach Jena
kopischen Aufnahmen entstehen, sind Gewebe. „Wir können Gewebestruktu- und hofft, im spannenden wissenschaft-
beeindruckend: Wie Passagiere einer ren in Darm, Auge, Haut oder den Atem- lichen Umfeld der Stadt und mit Blick
überfüllten Straßenbahn, die zum Aus- wegen dreidimensional und mit höchs- auf die benachbarte Kulturhochburg
gang drängen, bewegen sich die Lym- ter Auflösung im Zeitverlauf darstellen“, Weimar bald heimisch zu werden. vdG
phozyten durch die innere Deckzell- so der Anatom. Zusätzliche Fluoreszenz-
schicht der Darmschleimhaut und än- markierungen erlauben die Beobach-
dern dabei wie Amöben ständig ihre tung molekularer Prozesse, und durch
Form. Die Mikroskopie-Technik ver- die Nano-Laserchirurgie können einzel-
ne Zellen gezielt manipuliert werden.
Auflösung
„Dieser experimentelle Ansatz bietet
hochinteressante Anknüpfungspunkte „Kreuzgitter“ auf Seite 30
für Kooperationen z. B. mit Immunolo-
gen, Zellbiologen, Gastroenterologen, Waagerecht: Astrachan (36), Repin (19), Tris-
Mikrobiologen und Physikern“, freut tesse (10), Naila (20), Oleat (11), Romane (3),
sich der 48jährige auf neue Projekte in Meiler (35), Danton (14), Sister (33), Note (9),
Idea (27), Lüster (18), Helena (37), Serail (13),
Jena. Auf die Frage, was die Lymphozy- Lenker (28), Moses (23), Zyane (39), Antithese
Zwischen den Zellen der Dünndarm-Deckzell-
schicht (blau) schlängelt sich ein Lymphozyt ten auf ihrem Weg in der Darmschleim- (2), Trike (25), Dauertest (1). Senkrecht (spal-
(gelb) hindurch. Die Zwei-Photonen-Mikro- haut treibt, möchte er gemeinsam mit tenweise): Pronomen (4), Maid (29), Oberon
skopie stellt diesen Bewegungsvorgang (12), Optimist (5), Stau (30), Liebelei (38), An-
erstmals im lebenden Gewebe direkt dar. Aus
Mathematikern und Informatikern nach
einem 3D-Movie von 11 Minuten Länge wur- Antworten suchen. tares (31), Nestor (34), Ortolan (21), Trimm
den sieben Momentaufnahmen mit verschie- (16), Kieme (26), Adresse (7), Altona (22), Ter-
denen Positionen desselben wandernden zett (6), Elentier (32), Hose (17), Dramatik (24),
Lymphozyten überlagert. Durch quantitati- Der in Oldenburg geborene Mediziner Salome (8), Niet (15), Anlieger (40).
ve Analyse dieser Daten soll unter anderem studierte, promovierte und habilitierte
ermittelt werden, wie engmaschig die immu-
sich an der Medizinischen Hochschule „Brief und Marke“ auf Seite 31
nologische Überwachung der Darmschleim-
haut durch Lymphozyten ist. Abb.: Gebert Hannover, arbeitete zwischenzeitlich in 1a, 2b, 3a, 4a, 5b, 6b, 7c, 8a, 9a, 10b

26 Klinikmagazin Ausgabe 1/2011


Personalia

Produktionssteuerung für Gene


Prof. Ralf Mrowka erforscht die Mechanismen der Genregulation

Seit dem Wintersemester hat der Phy- Renin, das maßgeblich an der Regula- dann die eigenen Gene in den Zellen
siologe PD Dr. Ralf Mrowka die neu tion des Blutdrucks und des Salz- sowie aktivieren.“ Da man aus den pluripoten-
eingerichtete Professur für experi- Wasserhaushaltes beteiligt ist, steht im ten Stammzellen prinzipiell jeden Gewe-
mentelle Nephrologie an der Klinik für besonderen Fokus der Forschung in sei- betyp herstellen kann, erhoffen sich die
Innere Medizin III des UKJ inne. Mit ner Arbeitsgruppe. Wissenschaftler von den Ergebnissen
systembiologischen Ansätzen und mo- wichtige Impulse für zukünftige Kon-
lekularbiologischen Methoden unter- zepte für den individualisierten Organ-
sucht er Mechanismen, die die Gen- ersatz.
aktivität steuern. Die Anbindung an die Klinik ist Profes-
sor Mrowka sehr wichtig: „Wenn wir die
Unser Körper gleicht einer Großbaustel- molekularen Mechanismen in der Niere
le. Die menschlichen Organe arbeiten aufklären, dürfen wir die Patienten nicht
Hand in Hand zusammen. Doch manch- aus den Augen verlieren.“ Diese Sicht-
mal geht auch etwas schief. Was pas- weise möchte der 41jährige auch den
siert eigentlich bei Bluthochdruck? Wie Studierenden vermitteln, ab dem kom-
stellt sich unser Körper auf veränderte menden Sommersemester beteiligt er
Umweltbedingungen ein? Die Aktivität sich an den Lehrveranstaltungen im
der menschlichen Gene spielt dabei eine Masterstudiengang Molekulare Medizin.
entscheidende Rolle. Die Synthese der
von ihnen verschlüsselten Proteine wird Prof. Ralf Mrowka Foto: Szabó Der gebürtige Zeitzer ist in Dresden auf-
zielgerichtet forciert, gedrosselt oder gewachsen und hat in Berlin Medizin
gar nicht erst aufgenommen. Im bundesgeförderten Verbundprojekt studiert. In London erwarb er das Inter-
Professor Mrowka beschäftigt sich mit MedSys beschäftigt sich Mrowkas Ar- national Diploma of Imperial College im
der Frage, welche Mechanismen die beitsgruppe außerdem mit pluripoten- Fach „Engineering and Physical Science
Produktion steuern und welche Regeln ten Stammzellen. Vier Gene reichen aus, in Medicine“. Nach seiner Habilitation an
dahinter stehen. „Wann und wodurch um menschliche Hautzellen in das Sta- der Charité leitete er zuletzt eine Arbeits-
welches Gen aktiviert wird, ist nach dium undifferenzierter Stammzellen zu- gruppe „Systembiologie“ am dortigen
der kompletten Entschlüsselung des rück zu versetzen. „Wir versuchen dies Institut für Vegetative Physiologie.
menschlichen Genoms im Jahr 2003 nicht mehr durch das Einschleusen der In seiner Freizeit spielt der zweifache Fa-
eine wesentliche Frage der Biomedizin“, Gene in die Zellen zu erreichen, sondern milienvater gern Gitarre, fotografiert
so Ralf Mrowka. durch kleine chemische Wirkstoffe, die und konstruiert Mini-Helicopter. vdG
Die zentrale Rolle bei der Genaktivie-
rung spielen Transkriptionsfaktoren,
DNA-bindende Proteine, die das Able-
sen des Gens und die Vervielfältigung
der Geninformation als RNA steuern. Um
einem der etwa 25.000 menschlichen
Gene einen Transkriptionsfaktor und
dessen Funktion zuordnen zu können,
bedarf es systembiologischer Methoden
und Hochdurchsatzverfahren. „Mit Hil-
fe systembiologischer Verfahren formu-
lieren wir eine Hypothese, die wir im
Labor nachprüfen“, beschreibt Profes-
sor Mrowka seine Vorgehensweise. Da-
bei stützt sich seine Arbeit auf Daten aus
großen biologischen Datenbanken, in
denen die Aktivität aller Gene unter ver-
schiedensten Bedingungen hinterlegt
ist. Das in der Niere produzierte Enzym

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Ausstellung

Geburtshelfer, Chirurg, Leibarzt, Hochschullehrer


Ausstellung würdigt Leben und Wirken Johann Christian Starks

„Schon lang entflammte in mir der In deren Zentrum stehen handschriftli- Christian Loders – seit 1778 Professor
heisse Wunsch, meinen Zuhörern … che Aufzeichnungen Starks, die vor 30 der Anatomie und Chirurgie an der Sa-
nicht blos theoretisch, sondern auch Jahren bei Sanierungsarbeiten im Ro- lana – eingerichtet worden.
praktisch und selbst vorm Kranken- mantikerhaus gefundenen worden wa-
bett, nützlich zu werden“, schreibt Jo- ren und jetzt medizinhistorisch ausge- Stark war aber nicht nur Medizinprofes-
hann Christian Stark 1789 im „Tage- wertet sind. Die Dokumente, die im Aus- sor in Jena, er war auch der Arzt Goe-
buch des Herzogl. Jenaischen Klini- thes, Schillers, Herders und Humboldts,
schen Instituts“. Medizinstudenten und er war der Leibarzt der Weimarer
auch mit der ärztlichen Praxis ver- Herzogsfamilie um Carl August und An-
traut zu machen, ist keine Erfindung na Amalia. Deren Sohn, Erbprinz Carl
Starks, im ausgehenden 18. Jahrhun- Friedrich, impfte er bereits 1788 erfolg-
dert war diese Art der Ausbildung aber reich gegen die Pocken, betonte Prof.
noch längst nicht die Regel. Volker Hesse im Eröffnungsvortrag der
Ausstellung. Besonders verdient mach-
Dieses stärker an der Praxis orientierte te sich Stark, dem 1783 eine der damals
Medizinstudium hat ganz gewiss mit seltenen Kaiserschnittentbindungen
zum Aufschwung der Jenaer Fakultät gelang, bei der Mutter und Kind über-
beigetragen, wo es 1789 mehr Studen- lebten, um die Entwicklung der Frauen-
ten als an jeder anderen deutschen Me- heilkunde und die Ausbildung der Heb-
dizinischen Fakultät gab. „An dieser Blü- ammen. Sein 1782 erschienener „Heb-
tezeit unserer Fakultät hatte neben Lo- ammen Unterricht in Gesprächen“ fand
der und Hufeland auch Johann Christi- ebenso wie das1787 begründete „Ar-
Johann Christian Stark (1753-1811)
an Stark einen großen Anteil“, sagte der chiv für die Geburtshülfe Frauenzimmer-
Dekan der Medizinischen Fakultät, Prof. stellungskatalog von Rosemarie Nöth- und Neugeborener Kinderkrankheiten“
Klaus Benndorf, während der Eröffnung lich publiziert wurden, „zeichnen ein be- weit über Jena hinaus Beachtung.
der Ausstellung „Johann Christian Stark eindruckendes Bild vom Wirken des Arz- Doch bereits 1789 gab Stark die Stelle
1753–1811. Geburtshelfer und Chirurg tes und Hochschullehrers Stark, der zu als zweiter Direktor des Accouchierhau-
in Jena – Leibarzt am Weimarer Hof“, im Recht als ein Pionier der akademischen ses auf, was auf das schwierige Verhält-
Foyer der Thüringer Universitäts- und Geburtshilfe und klinischen Medizin nis zu Loder zurückzuführen war und
Landesbibliothek. gilt“, betonte der Geschäftsführende sogar zu einer Teilung der Studenten-
Direktor der Universitäts-Frauenklinik schaft in „Loderianer“ und „Starkianer“
und Initiator der Ausstellung, Prof. Ek- führte, wie Prof. Hesse bemerkte. Erst
kehard Schleußner. 14 Jahre später, nach Loders Weggang
Das ausgestellte geburtshilfliche und aus Jena, den dieser unter anderem mit
pharmazeutische Instrumentarium, die der „Begünstigung des Hofraths Stark“
anatomischen Exponate und die zeit- begründete, wurde Stark Direktor des
genössische medizinische Literatur ge- Jenaer Entbindungshauses.
ben interessante Einblicke in die Medi-
zin um 1800 und das Lebenswerk Starks, Seine Fähigkeiten als Chirurg waren im
der 1781 in der Bachstraße ein Kran- Oktober 1806 gefragt, als Stark und sein
keninstitut gründete, wo jährlich bis zu Neffe, Johann Christian Stark (II), der
600 Patienten behandelt wurden. Auch dem am 11. Januar 1811 verstorbenen
unter Einbeziehung der Studenten, die Onkel auch als Direktor des Accouchier-
Diagnosen stellten, Hausbesuche mach- hauses folgte, die deutschen und fran-
ten und die Ergebnisse ihrer Arbeit sorg- zösischen Verwundeten der Schlacht bei
fältig zu dokumentierten hatten. Jena und Auerstedt versorgten und vom
vielen Operieren „wahrhaft fingerlahm“
Johann Christian Stark, 1753 in Oß- wurden. mv
mannstedt geboren, war seit 1779 Pro-
fessor an der Medizinischen Fakultät Die Ausstellung im Foyer der Thüringer Uni-
und Subdirektor des neu eröffneten Ac- versitäts- und Landesbibliothek, Am Biblio-
Die Ausstellung zum 200. Todestag von Jo-
hann Christian Stark gibt interessante Ein- couchierhauses. Das erste Jenaer Ent- theksplatz 3, ist bis zum 6. August 2011
blicke in die Medizin um 1800 Foto: Vöckler bindungshaus war auf Initiative Justus während der Bibliothekszeiten geöffnet.

28 Klinikmagazin Ausgabe 1/2011


Mosaik

Empfehlungen aus der Patientenbibliothek


Gern möchten wir Ihnen an dieser Stelle Perspektive. Alle sind dabei getragen glücklich zu werden. Pamuks Roman ist
wieder Bücher zur Lektüre empfehlen. von dem (ureigensten amerikanischen) ein Loblied auf das Irrationale, aber auch
Der Blick richtet sich dabei auf zwei äu- Versprechen, dass jeder seines Glückes das Anrührende, das das Gefühl der Lie-
ßerst unterschiedliche Kulturkreise, zum Schmied ist. In der Praxis erweist sich
einen die USA und zum anderen die Tür- dies allerdings als schwierig und alle
kei. Gemein ist beiden Romanen, dass Bemühungen, das eigene Schicksal zu
sie ein äußerst eindrucksvolles Porträt „korrigieren“, scheitern letztlich.
einer Gesellschaft zu zeichnen vermö-
gen und das Unvermögen des Men- Orham Pamuks Buch „Das Museum der
schen aufzeigen, sich aus den Umstän- Unschuld“ ist im Kern eine Liebesge-
den, die ihn geprägt haben und prä- schichte, und zwar eine tragische. Ke-
gen, zu lösen. mal, Sohn eines erfolgreichen türki-
schen Unternehmers und Teil der Istan-
Jonathan Franzen gibt seinem Roman buler Oberschicht, betritt eines Tages
den Titel „Die Korrekturen“ und tatsäch- einen Laden, um dort eine Tasche für
lich ist damit das zentrale Motiv benannt, seine baldige Verlobte zu erstehen und
trifft auf Füsün, eine weitläufige Ver-
wandte aus einfachen Verhältnissen. Aus
der zufälligen Begegnung entwickelt be ausmacht. Vom Menschlich-Allzu-
sich ein Verhältnis, das von Kemal mehr menschlichen bleibt man auch in einem
und mehr Besitz ergreift und sein Leben anderen Kulturkreis nicht verschont.
zunehmend auf den Kopf stellt. Kann er „Das Museum der Unschuld“ ist so auch
sich auf der einen Seite nicht dazu durch- die Möglichkeit, die uns so ferne, aber
ringen, die Beziehung öffentlich zu ma- doch so nahe Türkei aus einer neuen
chen, da er sie nicht für standesgemäß Perspektive kennen zu lernen.
hält, schafft er es andererseits auch
nicht, sich von Füsün zu lösen. Obwohl Beide Bücher können Sie aus unserem
für den jungen Türken eigentlich ein umfangreichen Bestand der Patienten-
sorgenfreies und nicht allzu schweres bibliothek im 1. Obergeschoß der Ma-
Leben vorgezeichnet scheint, manöv- gistrale ausleihen.
riert er sich mit seinem Verhalten in eine
das der Schilderung des Lebens der anscheinend ausweglose Lage, die ihn Gudrun Türk
amerikanischen Familie Lambert zu- letztlich daran hindert, jemals richtig Kulturelle Patientenbetreuung
grunde liegt. Enid Lambert, Mutter zwei-
er mittlerweile erwachsener Söhne und
einer Tochter, wünscht sich, nachdem
sie mit ihrem Mann das Pensionsalter
erreicht hat, nichts sehnlicher, als noch
einmal mit ihren Kindern ein gemeinsa-
mes Weihnachtsfest in ihrem Haus in
einer Stadt des Mittleren Westens zu
verbringen. Ihr Wunsch unterliegt einer
gewissen Dringlichkeit, treten doch bei
ihrem Mann zunehmend die Symptome
einer Demenz auf, die für die Zukunft
nichts Gutes erwarten lassen. Allein die
Familie tatsächlich zu versammeln, er-
weist sich als ein schier unmögliches Un-
terfangen, denn alle drei Kinder leben
mittlerweile ihr eigenes Leben, haben
sich dort jeweils auf ihre Weise verstrickt
und sind dadurch an einer einfachen
Heimreise gehindert. In drei zentralen
Kapiteln schildert Franzen, welchen Ver-
lauf das Leben jedes der Kinder genom-
men hat – jeweils aus deren subjektiver

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Mosaik

Tradition und Moderne


Fotoarbeiten von Anne Günther waren
in der „ganz kleinen Galerie“ am Non-
nenplan schon einmal zu sehen. Damals,
vor mehr als sieben Jahren, verblüffte
sie mit eigenwilligen Landschaftsauf-
nahmen sowie kunstvoll verfremdeten
Frauenbildern und -akten.

Verfremdungen stehen auch im Zen-


trum der aktuellen Ausstellung „Tradi-
tion und Moderne“, die noch bis Ende
März im Foyer des Instituts für Bioche-
mie zu sehen ist.
Inspiriert wurde Anne Günther von al-
ten Fotos und anderen Objekten, die sie Schwarz-weiß- oder der Farbfilm: die
in einem Museum auf Bornholm ent- Dunkelkammer. Ausschließlich dort,
deckte. Bearbeitet hat sie ihre Bilder an ganz ohne Kamera, entstanden auch
einem Ort, ohne den bis vor einem Jahr- einige der ausgestellten Arbeiten, die
zehnt Fotografie undenkbar gewesen bereits bei der Vernissage, ein ebenso
Fotoarbeiten von Anne Günther (l.) sind
in der „ganz kleinen Galerie“ zu sehen wäre, der im digitalen Fotozeitalter aber zahlreiches wie interessiertes Publi-
Foto: Vöckler ebenso „museal“ anmutet wie der kum fanden. mv

30 Klinikmagazin Ausgabe 1/2011


Rätselseite

4. Welche Farben hatten die Uniformen 8. In welchem Jahr wurden die Blaue
der ersten Postreiter? und die Orange Mauritius herausge-
Brief und Marke a schwarz und gelb geben?
b rot und grün a 1847
1. Woher stammt der älteste bekannte c rot und schwarz b 1862
„Brief“, auf dem erstmalig Absender 5. Was wurde zum ersten Mal in der kö- c 1883
und Empfänger vermerkt wurden? niglich-preußischen Postordnung 9. In welcher Stadt wurde 1869 der ers-
a Ägypten von 1710 erwähnt? te deutsche Philatelistenverein ge-
b Mesopotamien a Briefkasten gründet?
c China b Postbote a Heidelberg
2. Wer beauftragte 1490 die Familie Ta- c Posthorn b Dresden
xis, eine regelmäßig verkehrende Post- 6. Wo wurde die Briefmarke „erfunden“? c Hamburg
linie einzurichten? a Frankreich 10. Am Neujahrstag welchen Jahres
a Kurfürst Friedrich der Weise b England wurden Briefmarken mit Wertanga-
b Kaiser Maximilian I. c USA ben in D-Mark und in Euro ausgege-
c Kurfürst Johann Cicero 7. Wo erschien 1849 mit dem Schwarzen ben?
3. Welche Orte verband diese Postlinie? Einser die erste deutsche Briefmarke? a 1999
a Innsbruck und Mechelen a Preußen b 2001
b Regensburg und München b Sachsen c 2002
c Leipzig und Meißen c Bayern (Auflösung S. 26 unten)

Who’s who?
Das Bild der heute Gesuchten zierte die Heft 95, Ausgabe 1/2011
erste Briefmarke der Welt, die One Pen- Herausgeber: Klinikumsvorstand und För-
ny Black, die am 6. Mai 1840 herausge- derverein des Universitätsklinikums Jena
geben wurde. Redaktion: Bachstraße 18, 07743 Jena
Das einzige Kind von Edward von Kent Dr. Matthias Vöckler (voecklers@aol.com)
und Victoria von Sachsen-Coburg-Saal- Helena Reinhardt, Stabsstelle Öffentlich-
keitsarbeit
feld wurde 1819 in London geboren. Dr. Uta von der Gönna, Öffentlichkeits-
Als sie 18 Jahre alt war, verstarb ihr On- arbeit Medizinische Fakultät
kel, König William IV., und weil dieser PD Dr. Michael Hartmann, Direktor der
keine legitimen Kinder hatte, wurde sie sie zudem den Titel „Kaiserin von Indi- Apotheke des Klinikums und Vorsitzender
des Fördervereins des UKJ
Königin. 1840 heiratete sie Albert von en“ – einen Höhepunkt als Wirtschafts- Rita Hoenicke, Pflegedienstleiterin Klinik
Sachsen-Coburg-Gotha, der sie in ihrer und Kolonialmacht. für Kinder- und Jugendmedizin
Regierungsführung unterstützte. Ihre 1901 starb die „Großmutter Europas“ Maria Lasch, Pflegedienstleiterin Klinik
für Innere Medizin, Klinik für Herz- und
neun Kinder heirateten in die verschie- – einer ihrer Enkel war Kaiser Wilhelm II. Thoraxchirurgie
densten europäischen Königs- und – nach einer mehr als 63jährigen Re- Gabriele Stoschek, Büro Medizinischer
Fürstenhäuser. Großbritannien erlebte gierungszeit. Vorstand
während ihrer Herrschaft – 1876 erhielt (Einsendeschluss: 10. April 2011) Layout: Klinisches Medienzentrum
Satz: Matthias Vöckler
Ihre Lösung schicken Sie an die In Heft 94 suchten wir: Druck: Druckhaus Gera GmbH
Redaktionsschluss: 28. Februar 2011
Redaktion KLINIKMAGAZIN August Borsig Dieses Heft wurde überwiegend aus Mit-
Bachstraße 18 teln des Fördervereins und Werbeeinnah-
07743 Jena Manuela Heller aus Jena men finanziert und auf umweltfreund-
lichem Papier gedruckt.
oder an: voecklers@aol.com (Büchergutschein zu 40 €)
Redaktionsschluss nächste Ausgabe:
Unter den Einsendern mit der richtigen Ulrike Bräuning Mitte April 2011
Lösung verlosen wir unter Ausschluss des Jan Fendler Die Beiträge geben Meinungen der Auto-
Rechtsweges einen Büchergutschein im und Katrin Gerstenberger ren wieder und müssen nicht mit der
Wert von 40 € und drei Büchergutschei- (Büchergutschein zu je 10 €) Ansicht der Redaktion übereinstimmen.
Die Veröffentlichung unverlangt einge-
ne im Wert von je 10 €, die von der Jenaer wurden als Gewinner gezogen. sandter Manuskripte liegt im Ermessen der
Universitätsbuchhandlung Thalia ge- Redaktion.
sponsert werden. Herzlichen Glückwunsch!

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