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VI. Verschiedenes.

Kurz sollen im Folgenden noch die wichtigsten Einzelfunde


erwähnt werden, die bisher keine Stelle gefunden haben.
Von Eisen wurde eine beträchtliche Anzahl mässig grosser
Messerklingen gefunden, ausserdem grosse Nägel,verschiedene
Reste von Beschlag und dergleichen, eine Pfeilspitze, ein
grosser Fingerring, ein Schlüssel. Ein eiserner Haken, offen-
bar die Bekrönung eines Hirtenstabes, passt gut zu dem bäu-
erlichen Charakter des Heiligtums. Eine kleine Doppelaxt von
Eisen (mit Stiel 250mm lang) wird man für inhaltlich bedeut-
sam halten dürfen und mit dem bekannten Symbol des Ixa-
biren in Thessalonike und sonst zusammenstellen.
Die Funde von Stein sind geringfügig. Die gefundenen Re-
ste von Marmorskulpturen sind unbedeutend und spät; eine
römische Gewandfigur ohne Kopf ist das einzige grössere
Stück. Zu erwähnen sind eine Zahl von Kegeln aus Marmor
oder aus hartem, schwarzem Stein, von 60-'18rain Höhe, offen-
bar typische Nachahmungen der in Thon und Bronce bekann-
ten Kreisel (oben XIII S. 427. XV S. 374). Zu nennen sind
auch einige Astragalen,von denen einer aus Bernstein, die an-
deren aus undurchsichtigem hellgrünem oder schwarzem Stein
bestehen.
Natürliche Astragalen (Knöchel) wurden im sehr grosser
Anzahl gefunden; viele derselben sind einfach durchbohrt.
Auffällig ist, dass eine Zahl derselben durch Abschneiden der
kleinen Erhöhungen abgeplattet, und dadurch zum üblichen
Knöchelspiel untauglich gemacht ist. Bei einem Exemplar
tritt dazu Aushöhlung des Inneren und Ausfüllung desselben
mit Blei. An die zu betrügerischem Zweck mit Blei be-
schwerten Astragalen (Blümner, Privaltaltertümer S. 511, 5)
376 DAS KABIRENHEILIGTUM BEI THEBEN

darf man nicht denken, da nicht eine Seite beschwert, son-


dern das ganze Innere ausgegossen ist, auch das Blei 'völlig
sichtbar war; denn die abgeschnittenen Teile sind nicht wie-
der an ihrer ursprünglichen Stelle befestigt gewesen. Es sind
Knöchel vorhanden, die bei einer Breite bez. Länge von 40
und 60mm nur 8mm Dicke haben, die also zum Spiel gar nicht
mehr dienen konnten.Vielleicht rühren diese von den bekann-
ten, mit Astragalen versehenen Peitschen her. Wenn in der
Inschrift, welche die jährlichen Weihgeschenke verzeichnet
(s. u.), neben anderem auch eine Geissei aus Silber vorkommt,
so wage ich doch nicht, ohne weiteres hier einen besonderen
Zusammenhang anzunehmen. Aus Knochen bestehen auch ei-
nige Schreibgriffel, von denen einer oben mit einer kleinen
itbyphallischen Herme geschmückt ist.
Eigenartig und beachtenswert sind die Glassachen, die, wie
die Masse der anderen Funde, mit Ausnahme weniger leicht
abzusondernder Stücke durchweg der älteren Zeit des Heilig-
tums angehören müssen. Es sind vor allem Glasperlen, von
denen an 1500 Stück gefunden sind. Eine geringe Zahl dersel-
ben sind bis zu 35mm grosse, plumpe, meist mit drei Vorsprün-
gen gebildete Perlen aus braunschwarzem, blasigem Glase;
verziert sind dieselben mit weissen oder gelben Spiralen, wel-
che meist in der Zahl von drei die genannten Vorsprünge be-
decken. Diese Spiralen sind aas Glasfäden hergestellt, wel-
che man in eine vorher für sie angebrachte vertiefte Rinne
presste.
Während dies Glas einen untergeordneten, technisch un-
vollkommenen Eindruck macht, zeigt die Masse der anderen
Perlen ein sicheres Können. Es sind kleinere, meist kugelför-
mig oder ringförmig gestaltete Perlen aas lebhaft gefärbtem
Glase, z. T. einfarbig blau, meergrün, hellgrün, gelb, braun-
gelb, weiss, zum weitaus grösseren Teil aber durch einge-
fügte, aus einem grösseren runden Fleck und umgebende an-
ders gefärbte Kreise gebildete ‘Augen’ verziert. Diese Augen
sind nicht aus eingelegten Glasfäden hergestellt, sondern aus
ganzen Lagen des verschieden gefärbten Glases, so dass im
DAS KABIRENHEILIGTUM BEI THEBEN 377

Bruch ein solches Auge übereinander dieselben Farbenstreifen


zeigt, wie in der Oberfläche. Die meisten dieser Perlen beste-
hen aus undurchsichtigem gelbem Glase mit blau und weis-
sen Augen, darnach sind sehr beliebt meergrüne Perlen mit
dunkelblau und weissen Augen, selten ist der Grund dun-
kelblau.
Nach Technik und Aussehn gehören zu diesen Perlen kleine
Köpfe aus buntem Glas, mit Ösen zum Aufhängen versehen.
Das beste Exemplar, 45mm hoch, besteht aus dunkelblauem
Glas, Gesicht, Ohren und Lippen sind aus opakem weissem
Glas aufgesetzt, während Haar, Bart und Augensterne blau
sind. Die anderen, kleineren Köpfe sind viel weniger sorgfäl-
tig geformt. Einer ist meergrün gefärbt mit gelben Augen-
brauen und Bart, mit dunkelblau und weissen Augen ; ein an-
derer ist dunkelblau und zeigt bei gleicher Färbung der Augen
rote Augenbrauen und Bart. Ein Hahn ähnlicher Technik ist
aus dem Kunsthandel in den Besitz der archäologischen Ge-
sellschaft gelangt. Sodann sind Reste grosser walzenförmiger
Perlen mit aufgesetzten bunten Knöpfen und eingesetzten Au-
^en da. Ähnliche Glaswaren sind an verschiedenen Orten
Griechenlands gefunden worden; zur Veranschaulichung ver-
waise ich vor allem auf den von Perrot, Histoire cle l’art III
Taf. 10 abgebildeten Schmuck aus Tharros, der mit den be-
sprochenen böotischen Glassachen wesensgleich scheint. Für
die Ansicht (Perrot S. 825), dass wir hierin ägyptische oder
phönikische, von der ägyptischen abhängige Manufaktur zu
erkennen haben, lässt sich noch der Fund eines kleinen 23min
hohen Figürchens aus sog. ägyptischem Porzellan anführen,
das ebenfalls zum Aufhängen eingerichtet ist. Auch von den
bekannten kleinen Glasgefässchen sind Reste gefunden.

PAUL WOLTERS.

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