Redewendungen
K leicht
verständliche
Bedeutungserklärungen,
Wörterbuch der deutschen Idiomatik
K Einblickein Sprach- und
Kulturgeschichte durch Mehr als 10 000 feste Wendungen,
ausführliche Herkunfts- Redensarten und Sprichwörter
erläuterungen,
K Unentbehrlich auch K Anwendungsbeispiele und
für fortgeschrittene Belegzitate zur Erweiterung
Deutschlerner und und Bereicherung des
-lernerinnen Wortschatzes.
www.duden.de
ISBN 978-3-411-04114-5
22,99 1 (D) • 23,70 1 (A)
9 783411 041145
4.
Auflage 11
D11.S001004→BI→Ebook.pod 1
150727 13:42:19 a.patzschewitz a.patzschewitz
Duden Band 11
D11.S001004→BI→Ebook.pod 2
150727 13:42:19 a.patzschewitz a.patzschewitz
1. Rechtschreibung
2. Stilwörterbuch
3. Bildwörterbuch
4. Grammatik
5. Fremdwörterbuch
6. Aussprachewörterbuch
7. Herkunftswörterbuch
8. Synonymwörterbuch
9. Richtiges und gutes Deutsch
10. Bedeutungswörterbuch
11. Redewendungen
12. Zitate und Aussprüche
D11.S001004→BI→Ebook.pod 3
150727 13:42:19 a.patzschewitz a.patzschewitz
Duden
Redewendungen
Wörterbuch der deutschen Idiomatik
4., neu bearbeitete und aktualisierte Auflage
Duden Band 11
Dudenverlag
Berlin
D11.S001004→BI→Ebook.pod 4
150727 13:42:19 a.patzschewitz a.patzschewitz
Redaktionelle Bearbeitung
Dr. Werner Scholze-Stubenrecht (Projektleiter)
Angelika Haller-Wolf
Das Wort Duden ist für den Verlag Bibliographisches Institut GmbH
als Marke geschützt.
X Duden 2013
Bibliographisches Institut GmbH, Mecklenburgische Straße 53, 14197 Berlin
Während sich der Mensch in der Bautechnik erst seit der Mitte des 20. Jahr-
hunderts verstärkt der Fertigbauweise bedient, verwendet er in der Sprache
von jeher vorgefertigte Bauteile. Wir verknüpfen beim Sprechen und Schrei-
ben nicht nur einzelne Wörter zu Sätzen und Texten, sondern gebrauchen
auch bestimmte Wortgruppen und ganze Sätze in immer derselben Weise:
dann und wann; tote Hose; nur Bahnhof verstehen; Eulen nach Athen tragen;
ach, du kriegst die Tür nicht zu!
Charakteristisch für solche sprachlichen Fertigteile ist, dass sie der Form
nach recht stabil sind. Im Allgemeinen können ihre Bestandteile nicht oder
nur begrenzt verändert oder ausgetauscht werden. Außerdem ist ihre Bedeu-
tung meist nicht oder nur schwer aus den Bedeutungen der einzelnen Wörter
zu erkennen; die Verbindung der Einzelteile ergibt eine neue Gesamtbedeu-
tung: das Kind mit dem Bade ausschütten ist nicht wörtlich zu verstehen, son-
dern heißt »überstürzt handeln«, und ein goldener Handschlag ist eine
»großzügige Abfindung«.
Die deutsche Sprache verfügt wie andere Sprachen auch über einen gro-
ßen Bestand solcher Fertigteile, und ständig werden neue geprägt. In den
letzten Jahren wurden zum Beispiel die folgenden allgemein gebräuchlich: in
trockenen Tüchern sein; die Kuh vom Eis kriegen; unterste Schublade; den Ball
f lach halten; lass stecken! Für alle, die ihre sprachliche Ausdrucksfähigkeit
verbessern wollen, aber auch für alle Deutsch Lernenden ist es deshalb uner-
lässlich, sich mit dem Bereich der festen Wendungen vertraut zu machen.
Vor allem die Umgangssprache ist gekennzeichnet durch ihren Reichtum
an bildhaften Redewendungen; aber auch die gehobenere Standardsprache
bedient sich vorgefertigter Ausdrücke, gelegentlich greift sie dabei auf das
Lateinische oder andere Fremdsprachen zurück: coram publico; stante pede;
last, not least; cherchez la femme! Die uns heute geläufigen Wendungen sind
in den verschiedensten Lebensbereichen entstanden und viele beziehen sich
auf Vorstellungen, Bräuche und Lebensumstände aus vergangenen Jahrhun-
derten, bilden also eine sprachliche Brücke zu kulturellen und gesellschaft-
lichen Verhältnissen, die uns häufig schon sehr fremd geworden sind. So geht
jemanden in die Schranken fordern auf die mittelalterlichen Ritterturniere
zurück, Spießruten laufen stammt aus dem früheren Militärwesen und den
Stab über jemanden brechen aus dem Rechtswesen alter Zeit.
Dieses Duden-Wörterbuch verzeichnet die heute geläufigen und über-
regional bekannten Redewendungen, Redensarten und Sprichwörter der
deutschen Sprache. Es gibt ihre Bedeutung an und illustriert ihren Gebrauch
mit Beispielen und einer Vielzahl von Zeitungs-, Literatur- und Internet-
belegen. Wo gesicherte oder plausible sprachhistorische Erkenntnisse vor-
liegen, erklärt das Wörterbuch die Herkunft der Wendungen; es beschreibt,
worauf sie sich ursprünglich bezogen und was sie zunächst bedeuteten, und
verweist so auf ihren volkskundlichen und kulturgeschichtlichen Hinter-
grund.
Das Wörterbuch ist nach Hauptstichwörtern alphabetisch geordnet. Ein
umfassendes Verweissystem soll nicht nur das Auffinden der einzelnen Wen-
dungen erleichtern, sondern auch dazu anregen, weiterzublättern und Ent-
deckungen zu machen und damit einen der interessantesten Bereiche der
deutschen Sprache besser kennen zu lernen.
Die Dudenredaktion
Inhalt
Wörterverzeichnis A – Z 25
Quellenverzeichnis 891
➔
9 Einleitung – Was sind Redewendungen?
morphologische Veränderung: Männer, Wör- dung mit dem Namen einer bekannten
ter schöpferischen Persönlichkeit heißt das
In allen diesen Fällen werden kompetente Adjektiv spät so viel wie »in seinen letzten
Sprecher des Deutschen die Wortfolge als Lebens- und Schaffensjahren stehend«. Höl-
nicht richtig oder zumindest als unüblich derlin kann in diesem Kontext nicht durch
empfinden. Sie werden in der Regel sofort die Briefträger oder Großvater ersetzt werden;
»eigentliche« Form ein Mann, ein Wort asso- dagegen wäre dies durch Goethe oder Shake-
ziieren und die abgewandelten Formen speare durchaus möglich. Es gibt also eine
höchstens als Sprachspielereien, als gewollte ganze Wortklasse, die durch bestimmte
Abweichungen von der üblichen Ausdrucks- Bedeutungsmerkmale charakterisiert ist, mit
weise akzeptieren. der das Adjektiv spät im oben genannten
Zu beachten ist, dass die beschriebenen Sinne ohne Einschränkung der Ersetzbarkeit
Operationen bei festen Wendungen keines- verknüpft werden kann.
wegs grundsätzlich unzulässig sind. Attribu- Ähnliches gilt für das Verb bellen, das in sei-
ierung ist zum Beispiel möglich bei Wert auf ner konkreten Bedeutung in der Regel den
etwas legen (großen Wert auf etwas legen). Handlungsträger Hund erwarten lässt – die-
Diskontinuität und Permutation sind vor sen aber wieder als ganze Wortklasse, deren
allem bei verbalen Wendungen in weitem Elemente austauschbar sind: Der Hund/
Maße zulässig, etwa bei Kohldampf schieben Pudel/Rüde/Jagdhund/Dackel Waldi bellt.
(wir schieben seit Tagen Kohldampf ). Auch Die feste Wendung kennt solche Möglichkei-
morphologische Veränderbarkeit, zum Bei- ten der Austauschbarkeit nicht. Der Satz
spiel bei blinder Passagier (die blinden Pas- Mich laust der Affe! ist zum Beispiel nicht
sagiere), ist vielfach nicht ausgeschlossen. abwandelbar zu Mich laust der Gorilla! oder
Dagegen ist Kommutation in der Regel nicht Mich laust das Affenweibchen!
oder nur in begrenztem Umfang möglich.
Für die Fügung wie aus dem Ei gepellt gibt es 2.2 Verben mit Präpositionen
zwar die Variante wie aus dem Ei geschält, Abzugrenzen sind feste Wendungen auch
aber wie aus dem Hühnerei gepellt entspricht von den – besonders im Fremdsprachenun-
nicht dem allgemeinen Sprachgebrauch. Die terricht wichtigen – Verknüpfungen von Ver-
Kommutations- oder Ersatzprobe ist daher ben mit bestimmten Präpositionen. Das
in den meisten Fällen das sicherste formale Wort glauben zum Beispiel kann im Deut-
Mittel der Abgrenzung von festen und freien schen ein präpositionales Objekt mit der Prä-
Wendungen. position an haben (Er glaubt an Geister). Da
die Bedeutung von an etwas glauben nicht
2. Grenzgebiete ohne Weiteres aus den Bedeutungen von an
und glauben zu erschließen ist (an bezieht
2.1 Nur teilweise eingeschränkte sich ja im Allgemeinen auf räumliche oder
Ersetzbarkeit
zeitliche Verhältnisse), könnte man diese Art
Vergleichbar mit festen Wendungen, aber von Verbindungen gemäß unserer Anfangs-
deutlich von diesen abzugrenzen, sind Wort- definition zu den festen Wendungen rech-
gruppen, deren Besonderheit der Sprachwis- nen. Berücksichtigt man aber, dass die
senschaftler Eugenio Coseriu als »lexikali- Bedeutung einer Präposition ohnehin oft nur
sche Solidarität« bezeichnet hat. Ein Beispiel schwer exakt einzugrenzen ist und dass in
ist der späte Hölderlin in einem Satz wie Der den meisten dieser Verbindungen das Verb
späte Hölderlin hat keine Liebesgedichte nicht oder nur wenig von seiner gewöhnli-
mehr geschrieben. Nur in attributiver Verbin- chen Bedeutung abweicht, dann erscheint es
sinnvoller, diese Fälle von den Redewendun- Proben als relativ stark veränderbar erweisen
gen auszunehmen und stattdessen dem (weiß wie ein Schwan, weiß wie frisch gefalle-
Bereich zuzuordnen, den die Sprachwissen- ner Schnee, wie Schnee so weiß). Eine strenge
schaft als Rektion des Verbs bezeichnet. Man schematische Grenzziehung ist hier aber
beschreibt das Verb glauben danach als ver- kaum möglich; der Grad der idiomatischen
knüpfbar mit einem Dativobjekt (Ich glaube Festigkeit kann in Fällen wie schnell wie der
ihm), einem Akkusativobjekt (Ich glaube die Blitz oder hungrig wie ein Wolf unterschied-
Geschichte), einem Objektsatz (Ich glaube, lich eingeschätzt werden.
dass es wahr ist) und schließlich einem prä-
positionalen Objekt aus an + Akkusativ (Ich 2.4 Funktionsverbgefüge
glaube an böse Geister). Ebenso unscharf ist die Abgrenzung der fes-
ten Wendungen im Bereich der sogenannten
2.3 Formelhafte Vergleiche Funktionsverbgefüge. Das sind Verbindungen
Eine weniger eindeutige Abgrenzung der fes- eines von einem Verb abgeleiteten Substan-
ten von den freien Wortgruppen gibt es im tivs mit einem Verb, das in dieser Verbindung
Bereich der Vergleichsformeln. Freie Ver- seine eigentliche Bedeutung verliert. Die
gleichsbildungen (sie war stark wie ein Pferd, Bedeutung der Funktionsverbgefüge ent-
er schnaufte wie eine Dampflokomotive usw.) spricht in der Regel mehr oder weniger der
sind in unbegrenzter Zahl möglich. Einige Bedeutung des Verbs, von dem das Substan-
der möglichen Vergleiche sind aber so häufig tiv abgeleitet ist: eine Entscheidung treffen
im Gebrauch, dass sie formelhaft geworden heißt so viel wie »entscheiden«, zur Vertei-
sind und heute als Redewendungen gelten lung gelangen bedeutet »verteilt werden«.
können. Gelegentlich bleiben sie als Verglei- Mit bestimmten Verben lässt sich aber eine
che auch dann noch in der Sprache lebendig, große Zahl solcher Fügungen bilden, zum
wenn im Lauf der Sprachentwicklung ihre Beispiel mit bringen (zur Verteilung bringen,
einzelnen Elemente an Verständlichkeit ein- zur Entfaltung bringen, zum Abschluss brin-
büßen. Warum zum Beispiel das Wort Boh- gen usw.), sodass wegen der nur wenig
nenstroh die Eigenschaft dumm verdeutli- begrenzten Austauschmöglichkeiten nicht
chen soll, ist heute nicht mehr auf Anhieb zu generell von festen Wendungen gesprochen
erkennen. Zur Erklärung der festen Ver- werden kann.
gleichsformel dumm wie Bohnenstroh sein Von vielen Sprachkritikern und Sprachpfle-
muss man einige Zeit in der Sprachge- gern werden Funktionsverbgefüge als unnö-
schichte zurückgehen. Dabei stößt man auf tige, den Text lediglich aufschwellende
die ältere Form grob wie Bohnenstroh sein, Nominalisierungen angesehen. Auch wenn
die auf arme und ungebildete Menschen sie in bestimmten Fällen durchaus bedeu-
bezogen wurde, die sich ihre Schlafstatt nicht tungsdifferenzierende Funktion haben kön-
auf richtigem Stroh bereiten konnten, son- nen (etwas in Ordnung bringen ist nicht
dern mit dem härteren, gröberen Kraut der unbedingt dasselbe wie »etwas ordnen«),
Futterbohne vorliebnehmen mussten. Erst in gelten sie als charakteristisch für eine
späterer Zeit wurde grob durch das heute papierne, vom Kanzleistil geprägte Aus-
gebräuchliche dumm ersetzt. drucksweise.
Im Gegensatz zu solchen festen Vergleichs-
formeln gehören stereotype Vergleiche wie 2.5 Feste Attribuierungen
weiß wie Schnee oder zart wie Samt nicht Eine weitere notwendige, aber nicht immer
zum engeren Bereich der festen Wendungen, eindeutige Grenzziehung betrifft die Gruppe
da sie sich bei Kommutations- und anderen der festen Attribuierungen (Verbindungen
aus Adjektiv und Substantiv). Während tote deutschen Sprecherinnen und Sprechern
Hose, heißes Eisen oder blinder Passagier, bei geläufig oder weniger geläufig sind. Gelegent-
denen mindestens ein Element nicht aus- lich werden auch Redewendungen anderer
tauschbar ist (in blinder Fahrgast hat blind Sprachen ins Deutsche übersetzt; Lehnwen-
eine andere Bedeutung als in blinder Passa- dungen dieser Art sind zum Beispiel im sel-
gier), zum Bestand der festen Wendungen ben Boot sitzen (nach dem englischen be in
gerechnet werden, gibt es zahlreiche Fälle the same boat) oder das süße Leben (nach
wie armes Würstchen, in denen beide dem italienischen la dolce vita).
Bestandteile ersetzbar sind (armes Kerlchen,
armes Schwein usw. und kleines Würstchen, 2.8 Redensarten, Sprichwörter und Zitate
lächerliches Würstchen usw.) und die des- Eine letzte große Gruppe, die zu den Grenz-
halb nicht als feste Wendungen im strengen gebieten der festen Wendungen zählt, bilden
Sinne anzusehen sind, obwohl sie häufig Redensarten, Sprichwörter und Zitate
intuitiv diesem Bereich zugeordnet werden. (»geflügelte Worte«). Diesen Wortgruppen
Sehr häufig finden sich feste Attribuierungen ist gemeinsam, dass sie im Gegensatz zu den
in den Fachsprachen (zum Beispiel ohmscher festen Wendungen in der Regel als selbst-
Widerstand oder schweres Wasser), bei ständige Sätze (mit einem Verb in der Perso-
Eigennamen (wie Wilder Kaiser oder Süd- nalform) gebraucht werden. Zu den Redens-
deutsche Zeitung) und bei namenähnlichen arten rechnen wir zum Beispiel du kriegst die
Fügungen (etwa Roter Milan oder Heiliger Tür nicht zu! oder wer‘s glaubt, wird selig, zu
Abend). Eine umfassende Berücksichtigung den Sprichwörtern, die meist eine praktische
der letztgenannten Fälle würde allerdings Lebensweisheit bildhaft zum Ausdruck brin-
den Rahmen eines allgemeinsprachlichen gen, gehören der Krug geht so lange zum
Nachschlagewerks sprengen. Brunnen, bis er bricht oder wes Brot ich ess,
des Lied ich sing und zu den Zitaten auch
2.6 Routineformeln du, mein Sohn Brutus oder es ist etwas faul
Auch bei Routineformeln, bei Wortgruppen, im Staate Dänemark.
die für bestimmte alltägliche oder immer (Eine ausführliche Sammlung und Darstel-
wiederkehrende Sprech- oder Schreibsituati- lung der geläufigen deutschen Zitate bietet
onen typisch und formelhaft geworden sind, der Band 12 der Dudenreihe mit dem Titel
ist es schwer, eine genaue Trennungslinie »Zitate und Aussprüche«.)
zwischen festen Wendungen und freiem
Wortgebrauch zu ziehen. Grußformeln wie 3. Wie lassen sich Redewendungen
guten Tag und auf Wiedersehen zum Beispiel klassifizieren?
haben einen höheren Grad von Festigkeit als
Wie bei vielen sprachlichen Erscheinungen
rhetorische Formeln wie ich habe die Ehre
ist eine streng systematische Klassifikation
und das große Vergnügen … oder Handlungs-
auch bei den Redewendungen nur bedingt
anweisungen wie keine heiße Asche einfüllen
möglich. Drei verschiedene Ansätze sollen
oder der Nächste bitte!
im Folgenden kurz charakterisiert werden.
2.7 Fremdsprachige Wendungen
3.1 Teilidiomatische und vollidiomatische
Aus fremden Sprachen übernimmt das Deut- Wendungen
sche immer wieder nicht nur einzelne Wör-
Redewendungen lassen sich grob in zwei
ter, sondern auch Fügungen und Wortgrup-
Klassen unterteilen, wenn man den Grad der
pen. Beispiele hierfür sind last, not least oder
Idiomatizität betrachtet, das heißt, wenn
in medias res, die je nach Bildungsgrad den
man überprüft, in welchem Maße die Einzel- Beispiele hierfür zeigt das folgende Schema:
bedeutungen der Wörter einer Wendung
1 Syntagmen
hinter der Gesamtbedeutung zurücktreten.
1.1 nominal
Bei das Kind mit dem Bade ausschütten zum
1.1.1 Subjekt – Otto Normalverbraucher ist
Beispiel ist die Bedeutung »zu radikal vorge-
wieder konsumfreudiger geworden.
hen, mit dem Schlechten zugleich auch das
1.1.2 Objekt – Sie hatten im Krieg all ihr Hab
Gute verwerfen« völlig unabhängig von den
und Gut verloren.
freien Bedeutungen der Wörter Kind, Bad
1.1.3 attributiv – Er hat ein hieb- und stichfes-
und ausschütten. Bei fressen wie ein Scheu-
tes Alibi.
nendrescher dagegen oder bei sich einen Ast
1.1.4 prädikativ – Wir tranken viel und hastig
lachen hat jeweils ein Bestandteil ( fressen,
und waren bald blau wie die Veilchen.
lachen) seine freie Bedeutung behalten; sol-
1.2 verbal – Du darfst die Entscheidung nicht
che Fälle könnten deshalb als teilidiomati-
auf die lange Bank schieben.
sche Wendungen bezeichnet werden, im
1.3 adverbial – Unsere Tochter hat alle Prüfun-
Gegensatz zu den vollidiomatischen.
gen mit Glanz und Gloria bestanden.
3.2 Wendungen in bestimmten 1.4 präpositional – Sie dürfen in Anbetracht
syntaktischen Funktionen der Umstände mit einem milden Urteil
rechnen.
Unter funktionalem Aspekt ist eine differen-
2 selbstständige Sätze – Jetzt ist der Bart
ziertere Einteilung der festen Wendungen
ab!
möglich. Zunächst kann grob zwischen satz-
wertigen und nicht satzwertigen Redewen- Allerdings lässt sich eine große Zahl von
dungen unterschieden werden: Sie können Wendungen mehreren dieser Untergruppen
erstens als feste syntaktische Verknüpfungen zugleich zuordnen. Otto Normalverbraucher
(Syntagmen) in der Funktion eines Satzglie- kann zum Beispiel ebenso in der Objekt- wie
des stehen, zweitens als Sprichwörter, Zitate, in der Subjektrolle gebraucht werden, hieb-
Redensarten oder Routineformeln selbst- und stichfest ist nicht nur attributiv, sondern
ständige Sätze in einer spezifischen Text- auch prädikativ einsetzbar.
funktion bilden. Die erste dieser beiden
Gruppen lässt sich noch weiter unterteilen: 3.3 Die Struktur der festen Wendungen
Feste syntaktische Verknüpfungen können Unabhängig von ihrer Funktion lassen sich
innerhalb des Satzes nominal, verbal, adver- feste Syntagmen auch nach ihrer Struktur zu
bial und präpositional fungieren. Nominale bestimmten Typen zusammenfassen. Hier
Syntagmen kann man zusätzlich nach ihrer gibt es zum Beispiel die schon unter 2.5
Verwendung als Subjekt, Objekt, Attribut angesprochene Gruppe der festen attributi-
oder Prädikat in weitere Klassen unterglie- ven Fügungen wie tote Hose, kein Schwein,
dern. das Auge des Gesetzes oder des Pudels Kern.
Weiterhin haben die festen Vergleichsfor-
meln (vgl. 2.3) eine deutlich erkennbare spe-
zifische Struktur, zum Beispiel abgehen wie
ein Zäpfchen, überflüssig wie ein Kropf oder
wie von der Tarantel gestochen. In ihrer
Struktur auffällig sind auch die sogenannten
Paarformeln wie rank und schlank, weder
Fisch noch Fleisch, auf Gedeih und Verderb,
bitten und betteln oder ab und zu. Die wahr-
scheinlich größte Gruppe bilden die verbalen überregional geläufig sind. Verstärkt berück-
festen Wendungen wie die Kuh vom Eis krie- sichtigt wurden dagegen die gängigsten
gen, jmdn. im Regen stehen lassen oder den Wendungen des österreichischen und
Ball flach halten. schweizerischen Deutsch.
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Hausmann/Oskar Reichmann/Herbert ebenenbeschreibung von Phraseologismen.
Ernst Wiegand/Ladislav Zgusta (Hrsg.): In: Deutsch als Fremdsprache 6/1986.
Wörterbücher. Ein internationales Hand- Wotjak, Barbara: Rede-»Wendungen« und
buch zur Lexikographie (Handbücher zur »Wende«-Reden. In: Deutsch als Fremd-
Sprach- und Kommunikationswissenschaft sprache 28/1991.
5,3). Berlin/New York 1991.
Scholze-Stubenrecht, Werner: Phraseologis-
men im Wörterbuch. In: Gisela Harras
Gnaden stehen oder voll des süßen Weines dung meist nur allgemein als landschaftlich
sein. (landsch.) markiert.
Wendungen, die für eine ungezwungene, all-
tägliche Sprache charakteristisch sind, wie 2.4 Weitere Gebrauchsmarkierungen
wir sie in Kneipengesprächen, auf dem Wendungen, die als Papierdeutsch
Sportplatz oder bei sonstigen nicht formel- (Papierdt.) gekennzeichnet sind, gelten als
len oder geschäftsmäßigen Gelegenheiten im typisch für eine bürokratische, unlebendige
vertrauten Freundes- oder Bekanntenkreis Ausdrucksweise. Zur Amtssprache (Amts-
gebrauchen, werden als umgangssprachlich spr.) gehören durch gesetzliche oder behörd-
(ugs.) markiert, zum Beispiel jmdn. an die liche Vorschriften vorgegebene Ausdrücke.
Luft setzen oder die Schulbank drücken. In bestimmten Berufsbereichen gebräuchli-
Einige Wendungen werden vorwiegend im che Wendungen erhalten Angaben wie
Familienkreis, bei miteinander vertrauten (Bergmannsspr.) oder (Seemannsspr.). Mar-
Menschen gebraucht. Diese sind als familiär kierungen wie scherzhaft (scherzh.), abwer-
( fam.) eingestuft, wie zum Beispiel jmdm. tend, verhüllend (verhüll.) oder veraltend
nichts abgucken oder Frau Holle schüttelt die geben in entsprechenden Fällen weitere Hin-
Betten. weise zum angemessenen Gebrauch der
Mit den als salopp gekennzeichneten Wen- Wendungen.
dungen verbindet sich meist eine gewisse
Schroffheit oder ein deutlicher Mangel an 2.5 Bedeutungsangaben
Feingefühl. Diese Stilebene liegt zwischen Die kursiv gedruckten Bedeutungsangaben
der Umgangssprache und der derben Aus- geben in knapper Form wieder, was üblicher-
drucksweise; Beispiele sind die Augen auf weise gemeint ist, wenn eine Wendung
null stellen oder sich vom Acker machen. gebraucht wird. Die Bedeutungsangabe kann
Als derb gelten Wendungen, die einer groben ein Synonym, eine Umschreibung oder eine
und gewöhnlichen Ausdrucksweise zuzu- Gebrauchserklärung sein, zum Beispiel:
rechnen sind, zum Beispiel jmdm. am Arsch
vorbeigehen oder in der Scheiße stecken. das Zeitliche segnen sterben
Einige wenige noch gröbere Wendungen sind
als vulgär markiert. wo gehobelt wird, bei energisch durch
da fallen Späne geführten Maßnahmen
2.3 Regionale und nationale Besonderheiten kann man nicht viel
Die im gesamten deutschen Sprachraum Rücksicht nehmen
sowie in Deutschland überregional
so jung kommen Ermunterung, bei
gebrauchten Redewendungen erhalten keine
wir nicht mehr einem geselligen
explizite Markierung. Überwiegend nur in
zusammen Beisammensein noch
Österreich oder in der Schweiz geläufige For-
zu verweilen, noch
men werden mit (österr.) beziehungsweise
weiterzufeiern
(schweiz.) gekennzeichnet. Bei Wendungen,
die sich innerhalb Deutschlands einer
2.6 Beispiele und Belege
bestimmten Region zuordnen lassen, steht
Beispiele für den typischen Gebrauch einer
eine entsprechende Angabe wie (nordd.),
Wendung sind vor allem für Deutsch Ler-
(berlin.) oder (südd.). Kann die regionale Ver-
nende eine wichtige Hilfe. Sie ergänzen die
wendung nicht auf einen bestimmten Mund-
abstrakten Bedeutungsangaben durch kon-
artraum eingegrenzt werden, ist die Wen-
kretes Anschauungsmaterial. Darüber hin-
aus werden in diesem Wörterbuch die meis- leitungen werden in der Regel nicht angege-
ten Wendungen auch durch einen oder meh- ben.
rere Belege veranschaulicht, das heißt durch
wörtlich zitierte Stellen aus Büchern, Zeitun- 2.8 Verweise
gen, Zeitschriften und Internettexten mit Zu den am Ende eines Haupteintrags aufge-
genauen Quellenangaben. Gibt es zu einer führten Verweisstichwörtern vgl. Abschnitt I,
Wendung sowohl Beispiele als auch Belege, 1.2.
steht zwischen beiden zur Abgrenzung ein
Punkt auf mittlerer Zeilenhöhe. 3. Abkürzungen
Zu den Belegen aus gedruckten Publikatio-
Abk. Abkürzung
nen stehen die ausführlicheren bibliografi-
Amtsspr. Amtssprache
schen Angaben im Anhang des Wörterbuchs
(S. 921 ff.); bei den Belegen selbst wird eine bayr. bayrisch
Kurzform in runden Klammern angegeben, Bergmannsspr. Bergmannssprache
zum Beispiel: berlin. berlinisch
(Döblin, Berlin 378) steht für »Alfred Döblin, bes. besonders
Berlin Alexanderplatz, Seite 378«. bildungsspr. bildungssprachlich
(SZ 16. 4. 1998, 8) steht für »Süddeutsche BM Berliner Morgenpost
Zeitung vom 16. 4. 1998, Seite 8«. BNN Brandenburgische
(Spiegel 21, 2004, 205) steht für »Der Spiegel, Neueste Nachrichten
Nr. 21 des Jahres 2004, Seite 205«. Börsenw. Börsenwesen
Fehlt bei einem Zeitungs- oder Zeitschriften- bzw. beziehungsweise
beleg die Seitenangabe, so geht der Beleg auf
CCI clima commerce
eine elektronisch gespeicherte Version der
international
betreffenden Quelle ohne Seitenangaben
christl. christlich
zurück oder die Seitenangabe war aus ande-
ren Gründen nicht zu ermitteln. DÄ Deutsches Ärzteblatt
Die Fundstellen für Belege aus dem Internet dgl. dergleichen
werden durch eine verkürzte Angabe der d. h. das heißt
Internetadresse dokumentiert. dichter. dichterisch
Die in diesem Wörterbuch verzeichneten Druckerspr. Druckersprache
Belege sind keine sprachhistorischen Erstbe-
eigtl. eigentlich
lege, sie dienen allein dem Nachweis, dass
engl. englisch
und wie die betreffenden Wendungen in der
etw. etwas
deutschen Gegenwartssprache gebraucht
werden. fam. familiär
FAZ Frankfurter Allgemeine
2.7 Herkunftserklärungen Zeitung
Eine Raute (◆) kennzeichnet die zu einer Filmspr. Filmsprache
Wendung angegebene Herkunftserklärung. Fliegerspr. Fliegersprache
Solche Erklärungen finden sich vor allem FR Frankfurter Rundschau
dort, wo sich der Wortlaut der Redewendung
Gastron. Gastronomie
nicht ganz oder nicht wenigstens weitge-
Gaunerspr. Gaunersprache
hend von selbst erklärt. Sprachwissenschaft-
geh. gehoben
lich ungesicherte oder sehr zweifelhafte Her-
iron. ironisch
A
leeren: Du bist ja so still, musst du mal Aa A
machen? Mami, der Junge hat Aa in die
.
Sandkiste gemacht! Wir waren alle viel
zu brav in der grauen DDR. Weil uns stän-
M
ab
25
abarbeiten – Abbruch
26
abdrehen – Abflug
♦ Die seit dem ausgehenden 19. Jahrhun- zu Abend essen: Die Abendmahlzeit ein- A
dert belegte Wendung ist eine scherz-
hafte Abwandlung der folgenden, die aus
dem Bauwesen stammt.
nehmen: Habt ihr schon zu Abend geges-
sen?
↑ spät, ↑ Tag.
M
Abfl
etw. auf Abbruch verkaufen: etw. zum abendfüllend: nicht abendfüllend sein
Abriss[wert] verkaufen: Die beiden Häu- (ugs.): eher langweilig sein, auf die Dauer
serblocks konnten nicht mehr saniert wenig Interessantes bieten: die Wiederho-
werden und wurden deshalb auf Abbruch lung alter Witze ist nicht abendfüllend. .
.
verkauft. Viele Kirchen wurden samt Beschleunigung hat sinnvolle Aspekte,
Einrichtung auf Abbruch verkauft oder in immer nur die Entdeckung der Langsam-
Tabaklager und Fabrikationshallen umge- keit zu beschwören ist nicht abendfüllend
wandelt (taz 27. 12. 2004, 4). (Zeit 21. 9. 2005, 24).
abdrehen: ↑ Gas, ↑ Geldhahn, ↑ Gurgel, Abendmahl: das Abendmahl auf etwas
↑ Luft. nehmen (veraltend): etw. beschwören kön-
abdrücken: ↑ Herz, ↑ Luft. nen: Sie ist dabei gewesen, darauf nehme
Abend: bunter Abend (veraltend): Abend- ich das Abendmahl. Auf seine Unschuld
veranstaltung mit heiterem, abwechs- können wir das Abendmahl nehmen.
lungsreichem Programm: Zum Abschluss ♦ Man führt die Redensart auf die soge-
der diesjährigen Feriensaison veranstaltet nannte »Abendmahlprobe«, ein mittelal-
die Kurverwaltung einen bunten Abend terliches Gottesurteil, zurück, wobei ei-
.
im Bürgerhaus. Bald wurden die Tanz- nem Beschuldigten eine geweihte Hostie
abende durch »bunte Abende« ergänzt in den Mund geschoben wurde. Konnte er
(Leonhard, Revolution 178). diese herunterschlucken, war seine Un-
Heiliger Abend: [Tag und] Abend des schuld bewiesen; blieb sie ihm hingegen
24. Dezember: Am Heiligen Abend gab es im Hals stecken oder musste er sie wieder
erst ein gutes Essen und dann die Besche- von sich geben, war er der Schuld über-
rung für die Kleinen. Ein Heiliger Abend führt.
ohne Besuch der Christmette war für abends: ↑ Bürgersteig.
Großmutter undenkbar. Abendstunde: ↑ Schreck.
es ist noch nicht aller Tage Abend: es aber: aber, aber!: nicht doch!, was soll
kann sich noch vielerlei ändern: Noch ist das?: Aber, aber! Wer wird denn gleich so
nicht aller Tage Abend. Noch ist er ja böse werden!
nicht verurteilt (Th. Mann, Budden- ↑ hallo, ↑ wenn, ↑ wo.
brooks 376). abessen: bei jmdm. abgegessen haben
guten Abend: Grußformel am Abend: Gu- (ugs. , bes. ostmd.): bei jmdm. nicht mehr
ten Abend, liebe Hörerinnen und Hörer, erwünscht, beliebt sein: So ein unhöflicher
wir begrüßen Sie zu unserer Sendung Mensch! Der kommt uns nicht mehr ins
»Musik bis Mitternacht«. Haus, der hat bei uns abgegessen.
er usw. kann mich am Abend besuchen ♦ Das Verb »abessen« in der Bedeutung
(salopp): mit ihm usw. will ich nichts zu von »die Mahlzeit beenden« ist in dieser
tun haben: Meine Freundin hat mich jetzt Wendung übertragen gebraucht.
schon das dritte Mal versetzt, die kann abfahren: ↑ Zug.
mich mal am Abend besuchen. abfingern: ↑ Arsch.
♦ In dieser Wendung steht »am Abend Abflug: den/einen Abflug machen (ugs.):
besuchen« verhüllend für die derbe Ab- fortgehen, verschwinden: Sei so gut und
weisung »am Arsch lecken«. mach ’nen Abflug. Die Einführung war so
am Abend wird der Faule fleißig: wer schlecht, dass wir sofort wieder einen Ab-
eine Arbeit aus Bequemlichkeit zunächst .
flug gemacht haben. Entweder läuft die
nur vor sich her schiebt, der muss, wenn Suche zu schleppend, oder die Verant-
der Termin näher rückt, an dem sie erle- wortlichen haben Angst, die Modenschau
digt sein soll, besonders viel arbeiten. könne wieder den Abflug machen, wenn
27
abfrieren – ablaufen
28
ablegen – Abschied
Man beschuldigte ihn, machte ihm Vor- Gleichnis vom armen Lazarus und vom
würfe, aber er ließ das alles an sich ablau- reichen Mann (vgl. Lukas, Kapitel 16, Vers
fen wie das Wasser am Entenflügel. 20 ff.). Der arme Lazarus wurde nach sei-
↑ Bein, ↑ Fuß, ↑ Hacken, ↑ Horn, ↑ Rang, nem Tode von den Engeln in Abrahams
↑ Schuh, ↑ Schuhsohle, ↑ Uhr. Schoß getragen, wo er, geborgen und
ablegen: ↑ Rechenschaft. glücklich, keine Not mehr leiden musste.
ablehnen: ↑ Angebot. in Abrahams Wurstkessel (salopp): [als
ablesen: ↑ Auge. noch nicht Geborener] im Himmel: Zu die-
abmalen: da möchte ich nicht abgemalt ser Zeit befand sich besagter Klugschei-
sein (ugs.): dort möchte ich auf keinen Fall ßer noch in Abrahams Wurstkessel (www.
sein: Er schwärmt immer von seinem Wo- lesebuch.net/briefwechsel, 7. 12. 2000).
chenendhaus im Norden – in so einer Abrede: etw. in Abrede stellen (Papierdt.):
gottverlassenen Gegend möchte ich nicht etw. bestreiten, abstreiten: Er hat seine
abgemalt sein! Mittäterschaft in Abrede gestellt. Die
abmelden: [bei jmdm.] abgemeldet sein Verhafteten stellen in Abrede, an der Ver-
(ugs.): jmds. Wohlwollen verloren haben, schwörung beteiligt gewesen zu sein. .
von jmdm. nicht mehr beachtet werden: Und ich stellte nicht in Abrede, dass der
Wer sich unkollegial verhält, der ist in der Kuchen drei Viertel der Fläche des Kü-
.
Abteilung abgemeldet. Wenn einer chentischs einnahm (Kunze, Jahre 19).
säuft, ist er bei mir abgemeldet (Kirst, abreden: ↑ Ohr.
08/15, 484). Abreise: ↑ kalt.
↑ Verpflegung. abreißen: ↑ Kopf.
Abnahme: Abnahme finden: sich verkaufen abrennen: ↑ Hacken.
lassen: Die modischen Sonnenbrillen fan- absägen: ↑ abschneiden, ↑ Ast, ↑ Hose.
den reißende Abnahme. Absatz: sich auf dem Absatz umdrehen/um-
abonnieren: auf etw. abonniert sein: wenden; auf dem Absatz kehrtmachen:
1. etw. abonniert haben: Ich bin seit zwei spontan umkehren: Als er unter den Gäs-
Jahren auf diese Zeitschrift abonniert. ten seine frühere Frau entdeckte, drehte
2. (ugs.) etw. immer wieder erreichen, er- .
er sich auf dem Absatz um. Dumont
leiden o. Ä.: Die kubanischen Boxer waren hatte auf dem Absatz kehrtgemacht und
jahrelang auf Olympiamedaillen abon- winkte schon im Gehen (Gaiser, Jagd 58).
.
niert. Im Juni gewann die Kinderkunst- abschieben: ↑ Altenteil.
werkstatt den 1. Preis beim Europa-Ju- Abschied: Abschied nehmen: 1. sich vor ei-
gendwettbewerb der Stadt Königstein, ner längeren Trennung verabschieden: Er
einen Preis, auf den sie seitdem fast abon- hatte von niemand Abschied genommen,
niert ist (FR 22. 2. 2001, 2). aber Mathilde wusste, dass er gegangen
abputzen: ↑ Mund. war (Seidel, Sterne 172). 2. einem Toten
abquatschen: ↑ Ohr. den letzten Gruß entbieten: Die Auf bah-
Abraham: [wie] in Abrahams Schoß (ugs.): rung erfolgt am Sonnabend ... , damit die
sicher und geborgen: Bei mir bist du si- Bevölkerung von dem Verstorbenen Ab-
cher. Wie in Abrahams Schoß (Degener, schied nehmen kann (Schädlich, Nähe
Heimsuchung 87). Also, hier kannst du 180).
schlafen wie in Abrahams Schoß. Hier aus Abschied und Traktanden fallen
kann die Bombe neben dir einhauen, Udo, (schweiz.): nicht in Erwägung gezogen
da merkst du nichts (Reitz, Heimat 3, 56). werden, als Verhandlungsgegenstand weg-
Rock ’n’ Roll aus allen Fugen und Ritzen fallen: ... Kandidaten aus kleineren Län-
und der Besucher ... fühlt sich im Knei- dern fielen zum Vornherein aus Abschied
29
abschießen – abspenstig
30
abspielen – Abwesenheit
hört, ihm zusteht, hergibt, dem anderen den Test nicht macht, dann müssen sie A
abtritt: Die angeheiratete Verwandtschaft
setzte alle Hebel in Bewegung, dem leibli-
chen Alleinerben die Millionenerbschaft
eben zum Internisten gehen« (www.
spiegelonline.de 41, 1997).
♦ Die Wendung ist eine Lehnüberset-
M
Abwe
.
abspenstig zu machen. Jetzt will die zung der in den Sechzigerjahren des
Deutsche Bahn der BVG ... auf dem Klage- 20. Jahrhunderts im Englischen aufge-
wege die Buslinien abspenstig machen kommenen Phrase »to vote with one’s
(www.oetv-berlin.de). feet«.
abspielen: da/hier spielt sich nichts ab abstoßen: ↑ Horn.
(ugs.): das kommt nicht infrage, daraus Abtrag: jmdm. , einer Sache Abtrag tun
wird nichts: Vor den Ausfahrten darf (geh.): jmdm. , einer Sache schaden: Die
nicht geparkt werden, da spielt sich harmlose kleine Affäre wird ihrer Popu-
nichts ab. Hier spielt sich gar nichts ab, larität keinen Abtrag tun. Eine nachge-
für ein Picknick ist es viel zu kalt! wiesene Steuerhinterziehung könnte
Abstand: mit Abstand: bei Weitem: Er ist auch einem so mächtigen Mann in der
mit Abstand der beste Sprinter in Eu- Partei Abtrag tun.
.
ropa. Die mit Abstand bedeutendsten abtreten: ↑ Bühne.
Zuckerproduzenten sind Indien und Bra- abwarten: abwarten und Tee trinken
silien mit 20 beziehungsweise 17 Millio- (ugs.): warten wir erst einmal ab: Abseh-
nen Tonnen jährlich (Zeit 16. 10. 2002, bar sei schon jetzt, dass kapitalgestützte
29). Stiftungen schon allein durch geringere
von etw. Abstand gewinnen: etw. Unan- Dividenden in Mitleidenschaft gezogen
genehmes, Belastendes innerlich verarbei- werden. Kurz: Es bleibt für Kulturleute
ten: Es war für mich ein schlimmes, trau- nichts außer abwarten und Tee trinken –
riges Jahr. Ich will jetzt vor allen Dingen und sich schon mal auf rauere Zeiten ein-
Abstand gewinnen (www.stern.de, 21. 11. zurichten (taz 25. 3. 2009, 16). Abwarten
2001). und Tee trinken. In einem halben Jahr
von etw. Abstand nehmen (geh.): von et- kann man vielleicht schon Sachen ma-
was absehen: »Darf ich Eure Majestät bit- chen, die heute noch nicht gehen (Fal-
ten, von diesem Plane Abstand zu neh- lada, Jeder 52).
men?« (Benrath, Konstanze 117). ♦ Die Herkunft dieser Wendung ist un-
abstehen: ↑ Bein. klar. Angeblich war sie ursprünglich eine
absteigend: ↑ Ast. Mahnung an ungeduldige Kranke, Kräu-
Abstellgleis: jmdn. aufs Abstellgleis schie- tertee zu trinken und auf die Heilung zu
ben (ugs.): jmdn. seines Einf lusses, Wir- warten.
kungsbereiches berauben: Die Zeit, wo Se- Abwasch: ↑ Aufwasch.
nioren sich einfach aufs Abstellgleis Abwechslung: die Abwechslung lieben
schieben lassen, scheint zunehmend (ugs.): häufig die Liebhaber, die Freundin-
.
vorbei zu sein. ... ein makaberer Deal nen wechseln: Mein Freund liebt die Ab-
zwischen CDU und SPD, der die PDS- wechslung.
Fraktion im Stadtrat aufs Abstellgleis Abweg: auf Abwege geraten: vom rechten
schieben soll ( Junge Welt 2. 8. 1999). Lebensweg abkommen; im Begriff sein,
Abstimmung: Abstimmung mit den Füßen sittlich herunterzukommen: Ich wusste
(ugs.): Entscheidung für oder gegen etw. nicht, dass mein Bruder auf Abwege gera-
durch Hingehen, Weggehen oder Fernblei- ten war.
ben: Abstimmung mit den Füßen: Zehn- abweichen: ↑ Pfad.
tausende Kunstinteressierte stürmten in Abwesenheit: durch Abwesenheit glänzen
der »langen Nacht« ihre Museen (Ober- (iron.): durch Abwesenheit unangenehm
main-Tageblatt 16. 11. 1999). Den Betrof- auffallen: Mehrere Abgeordnete glänzten
fenen selbst bleibt ... nur die Abstimmung auf dem Empfang durch Abwesenheit. .
mit den Füßen ... »Wenn der Gynäkologe In einer Gesellschaft, in der der Staat
31
abwinken – Achsel
32
acht – ad acta
33
Adam – Adel
34
Ader – ad usum Delphini
Kronprinz gehabt haben, und jedes wurde oculos demonstrieren, wie sehr die Belas-
mit einem einträglichen Posten bei Hofe tung des Sees durch Schadstoffe zuge-
.
versorgt – Adel verpflichtet! Nobile: nommen hat.
Weil alter Adel verpflichtet. Mit dem Adresse: sich an die richtige Adresse wen-
Jahrgang 1997 tritt der Vino Nobile di den (ugs.): sich an die zuständige Stelle
Montepulciano aus dem Schatten des wenden: Gassner mahnt die Bürger, sich
Chianti Classico (Sonntagszeitung 9. 4. an die richtige Adresse zu wenden: Für
2000). Klagen und Schadensersatzansprüche
♦ Die Redensart ist die wörtliche ber- seien Land und Ministerium für Wirt-
setzung der französischen Maxime »nob- schaft und Verkehr zuständig (FR 7. 9.
lesse oblige« aus Pierre Marc Gaston Duc 2000, 5).
de Lévis’ 1808 erschienenen »Maximes et [bei jmdm.] an die richtige Adresse gera-
réflexions sur différents sujets de morale ten/kommen (ugs. iron.): von jmdm.
et de politique«. scharf abgewiesen werden: Ich sollte ihm
Ader: jmdn. zur Ader lassen (scherzh.): seine Hemden waschen und seine Socken
jmdm. mit List oder Geschick unverhält- stopfen, während er sich mit einer ande-
nismäßig viel Geld abnehmen: Die Bur- ren amüsierte – da war er bei mir an die
schen haben mich gestern beim Skat- richtige Adresse geraten!
abend ganz schön zur Ader gelassen. [bei jmdm.] an die falsche/unrechte/ver-
♦ Die heute bildliche Redewendung be- kehrte Adresse kommen/geraten; [bei
zieht sich auf die früher übliche medizini- jmdm.] an der falschen/unrechten/ver-
sche Praxis, Kranken zur vermeintlichen kehrten Adresse sein (ugs.): bei jmdm. auf
Heilung eine Ader zu öffnen und Blut ab- eine den positiven Erwartungen entgegen-
zulassen. gesetzte Reaktion stoßen; scharf abgewie-
↑ Blut. sen werden: »Dass eins klar ist, Herr
ad hoc (bildungsspr.): aus dem Augenblick Schenk. Wenn Sie ’n Denunzianten brau-
heraus [zu einem bestimmten Zweck]: Ein chen, sind Sie bei mir an der verkehrten
Wörterbuch kann unmöglich alle ad hoc Adresse« (Bieler, Bär 95).
gebildeten Zusammensetzungen des ↑ erste.
.
Deutschen verzeichnen. Zweieinhalb- ad usum Delphini (bildungsspr.): für die
tausend Teilnehmer kamen zu einem ad Jugend, den Schulgebrauch überarbeitet
hoc einberufenen Teach-in (Nuissl, Hoch- [und von als anstößig empfundenen
schulreform 61). Stellen gereinigt]: Der Verlag hat eine
Adieu: ↑ Ade. Reihe lateinischer und griechischer
ad infinitum (bildungsspr.): unbegrenzt, bis Klassiker ad usum Delphini herausge-
ins Unendliche: Die Aufzählung seiner geben.
Verbrechen ließe sich mühelos ad infini- ♦ Die neulateinische Fügung heißt wört-
.
tum fortsetzen. ... natürlich wird sich lich übersetzt »zum Gebrauch des Dau-
niemand ad infinitum gegen diplomati- phins« und bezieht sich auf die für den
sche Beziehungen zu dem großen Nach- Unterricht des französischen Thronfol-
barn im Osten wehren (Dönhoff, Ära 215). gers bestimmten Texte antiker Klassiker.
ad libitum (bildungsspr.): nach Belieben: Im Auftrag des Erziehers des Dauphins
Wir können einige Beispiele aus der deut- wurden von dem Historiker und Theolo-
schen Geschichte ad libitum herausgrei- gen J. B. Bossuet (1627–1704) und dem
fen. Sie dürfen diese bung ad libitum Philologen und Theologen P. D. Huet
wiederholen, solange Sie sich dabei nicht (1630–1721) alle moralisch und politisch
überanstrengen. fragwürdigen Stellen aus diesen Texten
35
Advocatus Diaboli – Affe
36
affenartig – Ahnung
sich zum Affen machen (ugs.): sich lächer- ♦ Bei dem Wort »gogo« handelt es sich A
lich machen, sich blamieren: Politiker, die
sich zum Affen machen, wirken noch
lange nicht volksverbunden (SZ 15. 5.
um eine scherzhafte Verdoppelung der
ersten Silbe des altfranzösischen Wortes
»gogue« (= Scherz).
M
Ahnu
37
ahnungslos – à la bonne heure!
38
à la carte – allgemein
Zeit das Richtige getan!«, woraus sich die und jedem nur noch pazifistische Ma- A
heutige Bedeutung der beifälligen Zu-
stimmung oder bewundernden Anerken-
nung herleitet.
chenschaften sah (Musil, Mann 1249).
[sie] nicht alle [beisammen]haben: (ugs.
abwertend) nicht recht bei Verstand sein:
M
allg
à la carte: (Gastron.) nach der Speisekarte Seit er vom Gerüst gestürzt ist, hat er sie
[selbst zusammengestellt], nicht als festes nicht mehr alle. Bei Rot über die Kreu-
Menü: Im Pensionspreis ist ein Abendes- zung! Ich glaube, die hat nicht mehr alle
sen à la carte inbegriffen. Das Menü sagt beisammen.
mir nicht zu, ich möchte lieber à la carte vor allem: hauptsächlich, besonders: Es
bestellen. nach eigenen Wünschen, Vor- geht vor allem darum, kein Aufsehen zu
stellungen: Die Pensionierung à la carte .
erregen. Vor allem der alte Leonardo
ist heute für viele Wirklichkeit (Basler ließ an den Aussagen ... kein gutes Haar
Zeitung 26. 7. 1984, 7). ( Jens, Mann 97).
Alarm: Alarm schlagen: die [öffentliche] ↑ Abend, ↑ Achtung, ↑ Anfang, ↑ Anschein,
Aufmerksamkeit auf etw. Gefährliches, Be- ↑ aufhören, ↑ Banane, ↑ Bein, ↑ Brei, ↑ But-
drohliches lenken: Die Posten schlugen ter, ↑ Christbaum, ↑ dabei, ↑ Ding, ↑ dre-
Alarm, als sich die Kolonne dem Tor nä- hen, ↑ 1 ein, ↑ Ende, ↑ Gold, ↑ grün, ↑ Hemd,
.
herte. Wenn der Virenscanner Alarm ↑ Karte, ↑ Karton, ↑ Lack, ↑ Latte, ↑ Macht,
schlägt, ist der verdächtige Prozess ge- ↑ Mädchen, ↑ Nadel, ↑ niet- und nagelfest,
stoppt, die Gefahr also erst einmal ge- ↑ paletti, ↑ Rang, ↑ recht, ↑ Reihe, ↑ Scheiße,
bannt (ct 2, 2005, 10). ↑ senkrecht, ↑ Tasse, ↑ Waagschale, ↑ Waf-
↑ blind. fel, ↑ Welt, ↑ Wichse, ↑ Zeit.
alea iacta est (bildungsspr.): der Würfel ist alle: jmdn. alle machen/allemachen (Gau-
gefallen (↑ Würfel). nerspr.): jmdn. umbringen: »Wenn du
Alkohol: etw. in/im Alkohol ertränken: etw. mich verpfeifst, mache ich dich alle«,
durch übermäßigen Genuss von alkoholi- warnte der Straßenräuber (BM 11. 3. 1977,
schen Getränken zu vergessen suchen: Er 16).
wollte seinen Liebeskummer im Alkohol ↑ dumm.
ertränken. allein: von allein[e] (ugs.): von sich aus, au-
jmdn. unter Alkohol setzen: jmdn. be- tomatisch: Von allein wäre sie niemals auf
trunken machen: Er widerruft sofort; er- .
die Idee gekommen. In einer solchen
klärt, die Geständnisse seien ihm in der Umwelt, die Spannungen von ganz allein
Voruntersuchung entrungen worden, produziert, genügen zumeist nichtige An-
nachdem man ihn unter Alkohol gesetzt lässe ... (NZZ 1. 2. 1983, 5).
habe (Noack, Prozesse 252). ↑ Flur, ↑ verarschen.
unter Alkohol stehen: unter dem Einf luss allererste: ↑ Sahne.
von Alkohol stehen: Zu Beginn der Be- allerhand: das ist [doch/schon/ja] aller-
handlung darf der Patient auf keinen Fall hand [für ’n Groschen]! (ugs.): das sollte
unter Alkohol stehen. Unter Alkohol ste- man nicht für möglich halten; das ist un-
hende Hooligans randalierten im Stadion. erhört: Das ist doch allerhand, dass aus
all: alles in allem: im Ganzen gesehen, zu- den Toten der Flutkatastrophe jetzt auch
sammengenommen: ... alles in allem war noch politisches Kapital geschlagen
er ein Genie (Koeppen, Rußland 99). .
wird. ... und Bilder an den Wänden,
Adalbert benötigte zu seinen Entschei- nackte Mädels, das ist ja allerhand! (Plie-
dungen ... alles in allem drei Viertelstun- vier, Stalingrad 141).
den (Beheim-Schwarzbach, Freuden 23). allerhöchste: ↑ Zeit.
alles und jedes: jegliches ohne Aus- allgemein: im Allgemeinen: ohne Beach-
nahme: Um alles und jedes muss man tung kleinerer Unterschiede, im Großen
.
sich hier selbst kümmern. Und doch und Ganzen; meistens, gewöhnlich: Die
hatten diesen Diplomaten die Leiden der Behälter sind im Allgemeinen nur für die
Seele ... dahin gebracht, dass er in allem üblichen Belastungen ausgelegt (Tag &
39
allmächtig – alt
40
Altar – Amok
↑ Stiefel, ↑ Tag, ↑ Vater, ↑ Walze, ↑ Wein, sieht«, sagte sie zärtlich (Danella, Hotel A
↑ Welt, ↑ Zopf, ↑ zusammenpassen, ↑ Zu-
stand.
Altar: jmdn. , etw. auf dem Altar der
345).
Alter: ↑ biblisch.
Alter Ego: (bildungsspr.) jmd. , mit dem
M
Amok
Freundschaft/der Liebe/des Vaterlandes man sich ideal ergänzt, eng verbunden ist:
o. Ä. opfern (geh.): jmdn. , etw. für die Da kommt mein Alter Ego. (Psychol.)
Freundschaft/die Liebe/das Vaterland zweites, anderes Ich: Erkennt man im
preisgeben: Sie hat ihren Traum von einer Aussteigen sein eigenes Alter Ego, für
großen Karriere auf dem Altar der Liebe welches die bürgerliche Existenz ... eine
geopfert. lästige Bürde geworden ist? (Pohrt, End-
jmdn. zum Altar führen (geh.): [eine Frau] station 63).
heiraten: Gestern hat er seine langjährige ♦ Die Bezeichnung eines vertrauten
Mitarbeiterin zum Altar geführt. Freundes als »anderes Ich« ist in der la-
Alten: wie die Alten sungen, so zwitschern teinischen Form »Alter Ego« bekannt ge-
auch die Jungen: die [negativen] Eigen- worden und bildungssprachlich bis heute
schaften der Eltern/vorangehenden üblich geblieben. Die Fügung hat ihre
Generationen zeigen sich auch bei den Wurzeln in der Literatur der Antike und
Kindern/nachfolgenden Generationen: kommt sowohl in der griechischen wie
... dadurch gekennzeichnet, dass Beruf auch in der lateinischen Version vor. Als
und Wertvorstellungen von den Eltern Urheber wird in erster Linie der grie-
übernommen werden (»wie die Alten chische Philosoph und Mathematiker Py-
sungen, so zwitschern auch die Jungen«) thagoras (etwa 570–480 v. Chr.) genannt.
(Ettrich, Verhaltensauffällige 24). Wie die alters: seit alters (geh.): seit langer Zeit,
Alten sungen, so summen die Jungen. Die von jeher: Für die Geschichte der Kunst
neue Bundesregierung tritt beim Bundes- interessieren sich die Menschen seit al-
verfassungsgericht so markig auf wie die ters (Bild. Kunst I, 27).
vorige (www.datenschutz-berlin.de, von alters her (geh.): seit langer Zeit, von
16. 12. 1998). jeher: Von alters her gelten Gewitter als
Altenteil: sich auf sein/aufs Altenteil set- besonders einprägsame Naturereignisse
zen/zurückziehen: sich aus Altersgründen (Luzerner Tagblatt 31. 7. 1984, 20).
vom öffentlichen Leben zurückziehen, vor alters (veraltet): vor langer Zeit, einst-
nicht mehr aktiv tätig sein: An deutschen mals: Vor alters stand dort eine Burg.
Schulen steht der größte Generations- Amboss: ↑ flexibel, ↑ Hammer.
wechsel seit 25 Jahren an. Rund die Hälfte Amen: das ist so sicher wie das Amen in
der etwa 800 000 Lehrer ziehen sich in der Kirche/(österr.:) im Gebet (ugs.): das
den nächsten zehn Jahren aufs Altenteil ist ganz gewiss: Darauf, das sei so sicher
zurück (Spiegel 14, 2001, 72). wie das Amen im Gebet, habe man es ab-
♦ Das Wort »Altenteil« in der Bedeutung gesehen (Zauner, Dohlen 17). Es ist so si-
»Anteil am Besitz, den man sich bei ber- cher wie das Amen in der Kirche: Ab 1974
gabe seines Besitztums an den Nachfolger wird das elektronische Hör- und Sehver-
vorbehält«, ist in dieser und der folgen- gnügen erheblich teurer (Hörzu 18, 1973,
den Wendung im übertragenen Sinne ge- 20).
braucht. sein Amen zu etw. geben (ugs.): seine Zu-
jmdn. aufs Altenteil schicken/setzen/ab- stimmung zu etw. geben: Mein Freund will
schieben o. Ä. : jmdn. vorzeitig aus einer auch als Schlachtenbummler mitfahren,
Stellung verdrängen, ihn nicht mehr aktiv wenn seine Frau ihr Amen dazu gibt.
teilhaben lassen: Sein Vater dachte gar ↑ ja.
nicht daran, sich mit 58 bereits aufs Al- Amok: Amok laufen: 1. in einem Zustand
.
tenteil setzen zu lassen. »Helga, ich krankhafter Verwirrung mit einer Waffe
lasse mich nicht aufs Altenteil abschie- umherlaufen und blindwütig töten: Ein
ben.« »Auf die Idee käme keiner, der dich pflichtbewusster Bahnwärter läuft Amok,
41
Amor – Ananas
42
anbeißen – Anfang
die erschreckend schwache Treffer- ten, jmdn. eines anderen belehren usw.:
quote ... doch arg zu denken geben (FR siehe Bein, belehren usw.
19. 1. 2001, 17). ändern: ↑ Hahn.
anbeißen: zum Anbeißen/Anknabbern aus- anders: ↑ kommen, ↑ Tisch, ↑ Uhr.
sehen/sein (ugs.): reizend, überaus anzie- anderthalb: ↑ Schelm.
hend aussehen/sein: Ein Mann zum An- andudeln: sich 〈Dativ〉 einen andudeln
knabbern (Konsalik, Promenadendeck (ugs.): sich betrinken: Warum musst du
160). Was für ein Kind, diese Antje! Zum dir einen andudeln, Mama? Um meine Ju-
Knuddeln, zum Anbeißen (Bastian, Brut gendlichkeit zu unterstreichen (Schnurre,
44). Ich 32).
anbelangen: was jmdn. , etw. anbelangt: aneinander: ↑ vorbeireden.
was jmdn. , etw. betrifft: Was mich anbe- Anfall: einen Anfall bekommen/kriegen
langt, [so] bin ich mit allem einverstan- (ugs.): die Selbstbeherrschung verlieren, in
.
den. Schulz wurde – was den Konsum Wut geraten: Er kriegt wegen jeder Klei-
anbelangte ... – sein weitaus bester Gast .
nigkeit gleich einen Anfall. Aber der
(Kirst, 08/15, 27). Preis war hoch: Ärger mit dem Hauswirt,
anbellen: ↑ Mond. mit den Nachbarn ... Und seine Familie
anbeten: ↑ Kalb. würde schlicht einen Anfall bekommen
Anbetracht: in Anbetracht: im Hinblick auf, (Baldwin [ bers.], Welt 36).
angesichts: In Anbetracht der Lage hat Anfang: aller Anfang ist schwer: wer etwas
jeder volle Handlungsfreiheit (Plievier, beginnen will, muss oft erst einmal be-
Stalingrad 198). In Anbetracht seiner stimmte Schwierigkeiten überwinden: Al-
geistigen Erkrankung war er bloß zu fünf ler Anfang ist schwer, nicht selten wird es
Jahren Zuchthaus verurteilt worden (Nie- dem Neuling noch schwerer gemacht,
kisch, Leben 341). durch verkomplizierte Darstellungen von
anbetreffen: was jmdn. , etw. anbetrifft: Sachverhalten und entsprechend ver-
was jmdn. , etw. betrifft: Was uns anbe- quaste Sprache (ct 26, 2000, 192). ... die
trifft, [so] steht dem Vertrag nichts im übergewichtigen Kinder steigen oft früh-
.
Wege. Ihm war alles, was seinen Dienst zeitig – aller Anfang ist schwer – wieder
in der Wehrmacht anbetraf, scheißegal aus Bewegungsprogrammen aus und kön-
(Kirst, 08/15, 87). nen sich nur schlecht mit dem Schul-
anbieten: ↑ Bier. oder Vereinssport identifizieren (NZZ
anbinden: kurz angebunden: unfreundlich 17. 11. 2004, 47).
und abweisend: Sie war kurz angebunden das ist/war der Anfang vom Ende: der
.
und ging auf nichts ein. »Weil ich mir’s Untergang, der Ruin ist/war nicht mehr
anders überlegt hab’«, antwortete er kurz fern: Mitte März drangen die Truppen in
angebunden (Hilsenrath, Nacht 488). die Außenbezirke ein; das war der Anfang
♦ Die bereits von Luther gebrauchte Fü- vom Ende. Als er auch noch zu trinken
gung bezieht sich ursprünglich wohl auf begann, war das der Anfang vom Ende.
das Bild eines bissigen Hofhundes, der an ♦ Die Redensart beruht auf einem stark
einer kurzen Kette angebunden ist. abgewandelten Zitat aus Shakespeares
Anblick: ↑ Bild. »Sommernachtstraum« (V, 1). Dort heißt
anbrennen: nichts anbrennen lassen: es im englischen Originaltext: »That is
1. (ugs.) sich nichts entgehen lassen (auch the true beginning of our end« (das ist
sexuell): Als junger Mann habe ich nichts der wahre Beginn unseres Endes). Im
.
anbrennen lassen. Einstweilen wollten shakespeareschen Textzusammenhang
sie sich amüsieren, nichts anbrennen las- handelt es sich jedoch um eine scherz-
43
anfangen – Angebot
44
angedeihen – angetan
das man nicht ablehnen könne, eine das Unglaubliche ... künstlerisch plausi- A
Pflicht und eine Ehre (Zeit 7. 6. 2006, 3).
♦ Die Formulierung spielt auf den Film
»Der Pate« an. Darin umschreibt der Satz
bel zu machen (K. Mann, Wendepunkt
313).
angenehm: das Angenehme mit dem Nütz-
M
ange
»ich habe ihm ein Angebot gemacht, das lichen verbinden: etw. , was zu jmds. Nut-
er nicht ablehnen konnte«, dass eine For- zen, Vorteil ist, mit etw. verbinden, was ei-
derung mit der Schusswaffe durchgesetzt nem gefällt, wohltut: Euro-Sprachreisen
wurde. für Führungskräfte. Das Angenehme mit
angedeihen: jmdm. etw. angedeihen las- dem Nützlichen verbinden (www.eso.de).
sen (geh.): jmdm. etw. zuteilwerden las- ... Kolleginnen und Kollegen, die das An-
sen: Er lässt seinen Kindern wirklich eine genehme mit dem Nützlichen verbinden
.
sehr gute Erziehung angedeihen. Zart wollen und in gepflegter Atmosphäre ihr
und aromatisch aber werden Entenmägen Fachwissen erweitern möchten (www.
erst durch die Behandlung, die ihnen der vetmed.de).
Koch angedeihen lässt, zum Beispiel für ♦ Die Redensart geht auf einen Vers
einen Salat von Entenmägen (Zeit 16. 7. (343) aus der »Dichtkunst« des römi-
2003, 55). schen Dichters Horaz zurück.
Angedenken: ↑ selig, ↑ unselig. angeschrieben: ↑ anschreiben.
angegossen: wie angegossen sitzen/pas- Angesicht: im Angesicht (geh.): 1. ange-
sen: genau passen, einen tadellosen Sitz sichts, beim Anblick: Im Angesicht des
haben: Das Kleid sitzt wie angegossen. Todes wollte er sein Gewissen erleich-
Das Kostüm passte [ihr] wie angegos- .
tern. Gehen Sie, was erlauben Sie sich
.
sen. Ich trug lacklederne Reitstiefel im Angesicht des Heiligen Vaters! (Hoch-
vom besten Schuster in Berlin, die wie an- huth, Stellvertreter 173). 2. im Hinblick
gegossen saßen (Fallada, Herr 7). auf: Im Angesicht der Tatsache, dass Sie
♦ Der Vergleich stammt aus der Gieße- unser Ansehen geschädigt haben, schlie-
reitechnik und bezog sich ursprünglich ßen wir Sie aus dem Verein aus. Ge- .
auf die Gussmasse, die sich genau der wiss, die technischen Schwierigkeiten der
Form anpasst. Umlegung werden sehr groß sein, aber
angehen: ↑ Kehricht, ↑ Lehm, ↑ orgeln. was bedeuten sie im Angesicht der Ge-
Angel: etw. aus den Angeln heben: etw. aus schichte (Dönhoff, Ära 66).
dem Gleichgewicht bringen, grundlegend von Angesicht zu Angesicht (geh.): per-
ändern: Ist es wirklich so leicht bei uns, sönlich: Satane sind es ... Ich wollte sie se-
das Recht und die Menschlichkeit aus hen, nur ein einziges Mal, von Angesicht
den Angeln zu heben, ohne dass etwas zu Angesicht! (Frisch, Nun singen 108).
passiert? (Dönhoff, Ära 79). Sie waren zu ↑ Schweiß.
kühler Objektivität gar nicht in der Lage. angetan: es jmdm. angetan haben: jmdn.
Denn hier wurde ja ihr Leben aus den An- ganz für sich einnehmen: Na, der junge
geln gehoben (Thielicke, Ich glaube 105). Tennisstar hat es Ihrer Tochter wohl sehr
aus den Angeln gehen: auseinanderfal- angetan? Ihre schwarzbraunen Augen
len, zugrunde gehen: Er hoffte darauf, hatten es ihm angetan.
dass das Imperium bald aus den Angeln von jmdm. , etw. sehr angetan sein: von
gehen würde. jmdm. , etw. sehr angenehm berührt, be-
↑ Fisch, ↑ Tür. geistert sein: Er war im Allgemeinen von
angelegen: sich 〈Dativ〉 etw. angelegen seinen eigenen Kindern nur wenig ange-
sein lassen (geh.): sich aus innerem An- .
tan. Freunde in Wien, die waren ... sehr
trieb um etw. bemühen, kümmern: Sie ließ angetan von den Festspielen (Danella,
es sich angelegen sein, ihm jeden Wunsch Hotel 298).
.
von den Augen abzulesen. Die Akteure danach/dazu angetan sein, etw. zu tun:
dürften Ähnliches empfunden haben, geeignet, günstig für etw. sein: Was ich
während sie es sich angelegen sein ließen, hier lese, ist durchaus danach angetan,
45
Angriff – Anker
46
Anklage – Anmarsch
vor Anker liegen (Seemannsspr.): mit dabei ein bestimmtes Risiko in Kauf neh- A
dem Anker am Grund festgemacht sein:
Draußen vor der Hafeneinfahrt lag das
holländische Frachtschiff vor Anker.
men]: Milos̆ević hatte Zeit und Gelegen-
heit, noch einen friedlichen Schlussstrich
zu ziehen, doch er hat es drauf ankom-
M
Anma
Anklage: unter Anklage stehen: [vor Ge- men lassen (www.berlinonline.de). Außer
richt] angeklagt sein: Sie sollten die Fra- der Typ gefällt mir dermaßen gut ... , dass
gen des Gerichts durchaus ernst nehmen, ich all meine Zweifel über Bord werfen
junger Mann, schließlich stehen Sie unter und es drauf ankommen lassen würde
.
Anklage! ... sein Brief ... machte sie (forum.lovetalk.de).
ähnlich betroffen, wie es ein Mensch sein Ankratz: Ankratz haben/finden (landsch.):
mag, der ohnehin unter Anklage steht (bes. in Bezug auf weibliche Personen) be-
(Musil, Mann 954). gehrt sein: Maria vom Schlage Marilyn
jmdn. unter Anklage stellen: jmdn. [vor hatte überall Ankratz und sammelte Ver-
Gericht] anklagen: Der Staatsanwalt wird ehrer wie andere Wandteller.
den Verdächtigen unter Anklage stellen, ♦ Die Herkunft dieser im 16. Jahrhundert
sobald eindeutige Beweise vorliegen. aufgekommenen Wendung ist nicht ein-
Anklagebank: auf der Anklagebank sitzen: deutig geklärt. Man sieht sie im Zusam-
angeklagt sein: Er sitzt schon zum dritten menhang mit dem umgangssprachlich
.
Mal auf der Anklagebank. Darüber hin- besonders im Ostmitteldeutschen ge-
aus saßen auf der Anklagebank drei ehe- bräuchlichen Ausdruck »sich ankratzen«
malige Volkskommissare (Leonhard, Re- im Sinne von »sich einschmeicheln« bzw.
volution 41). »sich eine Freundin, einen Freund neh-
jmdn. , etw. auf die Anklagebank brin- men« und hält eine Anspielung auf das
gen/setzen: jmdn. , etw. anklagen, für etw. Kratzen von Hunden oder Katzen für
verantwortlich machen: Er schwor sich, wahrscheinlich, wenn sie hereingelassen
nicht zu ruhen, bis er den Waffenschieber oder auf den Schoß genommen werden
auf die Anklagebank gebracht hatte. . wollen.
Eigentlich wieder so ein Film, der das Mi- ankreuzen: ↑ Kalender.
litär auf die Anklagebank setzt, sich aber ankümmeln: sich 〈Dativ〉 einen ankümmeln
nicht sattsehen kann an den schmucken (ugs.): sich einen kleinen Rausch antrin-
Uniformen vor Gericht (SZ 10. 7. 2004, ken: Erst gucken wir uns das Fußballspiel
37). an, und danach werden wir uns ganz ge-
Anklang: Anklang finden: mit Zustimmung, mütlich einen ankümmeln.
mit Beifall aufgenommen werden: Die Vor- Anlauf: einen neuen Anlauf nehmen/ma-
schläge des Betriebsrates fanden bei der chen: erneut anfangen; einen neuen Ver-
.
Geschäftsleitung keinen Anklang. ... im such machen: Er ist durch die Fahrprü-
Ausland fanden vor allem die Erzeugnisse fung gefallen und wird in sechs Wochen
der Kunstabteilung Anklang (Feuchtwan- einen neuen Anlauf machen. Pak .
ger, Erfolg 100). blieb der ... Satz im Halse stecken. Er
anklopfen: ↑ Petrus. nahm einen neuen Anlauf (Baum, Bali
anknabbern: ↑ anbeißen. 99).
ankommen: es auf etw. ankommen lassen: anlegen: ↑ Daumenschraube, ↑ Hand, ↑ Kan-
vor etw. nicht zurückschrecken, ein be- dare, ↑ Korsett, ↑ Maulkorb, ↑ Ohr, ↑ Zügel.
stimmtes Risiko eingehen: Auf einen offe- Anmarsch: im Anmarsch sein (ugs.): 1. anrü-
nen Bruch können es die Koalitionspart- cken: Die feindlichen Truppen waren be-
.
ner nicht ankommen lassen. Sie wer- reits im Anmarsch auf die Außenbezirke
den es nicht auf einen Kampf mit den der Stadt. 2. sich ankündigen: Als er den
Amerikanern ankommen lassen, sie wer- Eindruck gewonnen hatte, dass die Räte-
den fliehen (Apitz, Wölfe 64). republik im Anmarsch sei, machte er sich
es d[a]rauf ankommen lassen: (ugs.) ab- zum Wortführer (Niekisch, Leben 79). In
warten, wie sich die Dinge entwickeln [und München heiratete er die Kölner Cutterin
47
Annalen – anschaffen
48
Anschein – anschreiben
hig und friedlich haben wollen, wenn Weiterdrehen oder -drücken verhindert.
nicht anders möglich, dann wenigstens anschlagen: ↑ Ton, Tonart.
dem Anschein nach (Wohmann, Ab- Anschluss: im Anschluss an: 1. unmittelbar
sicht 365). nach: Im Anschluss an die Preisverlei-
sich 〈Dativ〉 den Anschein geben: vortäu- hung fand ein Empfang statt. 2. nach dem
schen, so tun: Ihrer Theorie zufolge müss- Vorbild von, in Anlehnung an: Das klein-
ten Sie weniger gesund sein, als Sie sich formatige Bildnis hat ... im Anschluss an
den Anschein geben (Th. Mann, Zauber- die Miniaturen Holbeins stets seine be-
berg 138). Er war einer von jenen drei Ver- sondere Bedeutung gehabt (Bild. Kunst
wandten des Fürsten, die sich den An- III, 14). 3. unter Bezugnahme auf: Im An-
schein gaben, ... von Wichtigkeit zu sein schluss an unseren letzten Brief möchten
(Baum, Bali 56). wir Ihnen mitteilen, dass ...
es hat/ (schweiz. :) macht den Anschein: den Anschluss verpassen: 1. (ugs.) keinen
es sieht so aus, scheint so zu sein: Es hat [Ehe]partner, keine [Ehe]partnerin finden:
den Anschein, als ob wir uns geirrt ha- Anfang vierzig und keinen Lebensgefähr-
.
ben. Es machte den Anschein, als habe ten; sieht so aus, als hätte sie über ihre
dem ... Bauwerk das letzte Stündlein ge- Karriere den Anschluss verpasst. 2. beruf-
schlagen (NZZ 20. 8. 1983, 24). lich hinter der technischen und/oder wis-
anscheißen: ↑ Sieb, ↑ Wand. senschaftlichen Entwicklung zurückblei-
Anschiss: den Anschiss haben (schweiz. , ben, nicht mehr wettbewerbsfähig sein:
derb): keine Lust haben, frustriert sein: Langfristig kommt kein Unternehmer am
Wenn jemand total demotiviert ist und Internet vorbei, wenn er nicht den An-
den Anschiss hat, kann man keine beson- schluss verpassen will (www.elsmann.de).
dere Leistung erwarten. Also mutig voran, damit wir nicht den
Anschlag: etw. in Anschlag bringen (Pa- Anschluss verpassen! Es muss endlich
pierdt.): etw. berücksichtigen, einkalku- Schluss sein mit der Diffamierung der
lieren: Man muss auch die hohen Trans- Gentechnik (www.taz.de, 17. 3. 2000).
portkosten in Anschlag bringen. . anschreiben: bei jmdm. gut/schlecht ange-
... Bekenntnisse, bei denen immerhin in schrieben sein (ugs.): bei jmdm. in gutem/
Anschlag zu bringen ist, dass ich sie frei- schlechtem Ansehen stehen [u. dadurch
willig ablege (Th. Mann, Krull 140). leicht/schwer etw. erreichen können]:
♦ Der Wendung liegt das Wort »An- Sprich du doch einmal mit ihm, du bist
schlag« in der kaufmannssprachlichen .
doch bei ihm gut angeschrieben. Ugan-
Bedeutung von »Kostenvoranschlag« zu- das Präsident, des Krieges wegen bei den
grunde. Geldgebern schlecht angeschrieben, will
bis zum Anschlag (ugs.): bis zur äußersten Frieden (FR 18. 8. 1999, 3). Ich war nicht
Grenze, Erträglichkeit: Ach, wie gern dumm, trotz meiner Jugend, und also war
möchte man resignieren, wenn sich ... he- ich gar bald gut angeschrieben bei mei-
rausstellt, dass im Unterschied zum Tag nen Vorgesetzten (Roth, Beichte 64).
des Einzugs inzwischen alle Zimmer bis ♦ Man verlegt die Herkunft der Wen-
zum Anschlag mit Möbeln gefüllt sind dung gelegentlich vordergründig in den
(SZ 26. 1. 2001, V2). Angestellte großer kaufmännischen Bereich und bezieht sie
Konzerne beklagen, dass sie von überbe- auf das Anschreiben von Schulden und
zahlten Managern bis zum Anschlag aus- Guthaben. berzeugender scheint der Be-
gebeutet werden (VDI 12. 1. 2001, 4). Der zug auf die im Alten wie Neuen Testa-
Chef ist ein von misanthropischem Herz- ment lebendige Vorstellung vom »Buch
rasen geplagter Knorzkopf, misogyn bis des Lebens«, in dem Gott die Gerechten
49
ansehen – Anspruch
50
Anstalten – antrinken
sich in Anspruch nimmt (morgenpost. an etw. Anstoß nehmen: über etw. , was A
berlin1.de, 7. 8. 2001).
Anstalten: [keine] Anstalten machen:
[keine] Absichten zu einem bestimmten
gegen das eigene sittliche Empfinden, ge-
gen den Moralkodex verstößt, Ärger, Un-
willen empfinden, zum Ausdruck bringen:
M
antr
Tun zeigen: Es wurde ... bald drei Uhr, Sie nahm an seinem Benehmen keinen
ohne dass man Anstalten machte, sich zu Anstoß. An einigen Stellen hat die Zensur
Tisch zu begeben (W. Brandt, Begegnun- .
Anstoß genommen. Aber Herr Profes-
gen 230). Sein Gast machte keine Anstal- sor! Nehmen Sie gar an dieser entblößten
ten zu gehen (Strauß, Niemand 183). Brust aus Stein Anstoß? (Andres, Liebes-
Anstand: [keinen] Anstand an etw. neh- schaukel 142).
men: etw. [nicht] für unangebracht oder ↑ Stein.
unangemessen halten: Er war ein unange- anstreichen: ↑ Kalender.
nehmer Mensch, der an allem Anstand Anteil: Anteil an etw. haben: durch Mitwir-
.
nahm. Dieser Schüler besitzt nämlich ken an etw. beteiligt sein: An der Siche-
eine Großmutter, welche keinen Anstand rung des Friedens hatte die UNO damals
nimmt, ihn mit Prügeln zu versehen ... .
nur geringen Anteil. Lesurques aber
(H. Mann, Unrat 88). hat überhaupt nicht den geringsten An-
anstehen: nicht anstehen, etw. zu tun teil an diesem Verbrechen gehabt (Mos-
(geh.): etw. ohne Weiteres, ohne Bedenken tar, Unschuldig 26).
tun: Ich stehe nicht an zu sagen, dass Anteil an etw. nehmen: 1. sich an etw. ak-
ich ... entschlossen war, mich in das tiv beteiligen: Er nahm an dem Spiel kei-
Abenteuer zu werfen (Th. Mann, Krull .
nen Anteil. Sie saß blass dabei, ohne an
284). dem Gespräch tätigen Anteil zu nehmen
etw. anstehen lassen: etw. , was dringend (Musil, Mann 557). 2. sich für etw. interes-
geändert, erledigt usw. werden müsste, hi- sieren: ... als Mensch, der regen Anteil an
nausschieben, nicht in Angriff nehmen: den geistigen Strömungen des Tages
Solche Probleme darf man nicht lange an- nahm (Hildesheimer, Legenden 43). Die
stehen lassen, hier muss sofort gehandelt Frau ... gehörte zu jenen scheinbar bedin-
.
werden. Wenn er es anstehen lässt, gungslos verheirateten weiblichen Wesen,
müssen die Zähne extrahiert werden die glühenden Anteil zu nehmen pflegen
(Wohmann, Absicht 235). an den geschäftlichen oder politischen
anstellen: sich anstellen wie der Ochs Erfolgen ihrer Männer (Kirst, Aufruhr
beim Seiltanzen (ugs.): sich sehr unge- 109).
schickt anstellen: Gib mir mal den Schrau- Anteil an jmdm. , etw. nehmen: Teil-
benschlüssel, du stellst dich ja an wie der nahme, Mitgefühl für jmdn. , etw. zeigen:
Ochs beim Seiltanzen! Sie haben viel Anteil an eurem Schicksal
anstimmen: ↑ Klagelied, ↑ Loblied. genommen (Müthel, Baum 193). ... ich
anstinken: gegen jmdn. , etw. nicht anstin- weiß, dass Sie Anteil an meinem Schüler
ken können (salopp): gegen jmdn. , etw. Pieter nehmen (Seidel, Sterne 167).
nichts ausrichten können: Du kannst Antenne: eine Antenne für etw. haben
doch nicht gegen die da oben anstinken! (ugs.): etw. richtig einschätzen, ein Gespür
(Bredel, Prüfung 103). Alfred war ein ech- für etw. haben: Kinder haben sehr feine
ter Hit, dagegen konnten die ZDF-Schla- Antennen für Ungerechtigkeiten (Hörzu
gerstars nicht anstinken (Hörzu 4, 1974, 41, 1978, 171). ... wenn der Arzt »keine
104). Antenne« für organisch-geistige Zusam-
Anstoß: Anstoß erregen: jmds. Unwillen menhänge hat (MM 13./14. 6. 1979, 16).
hervorrufen: Sein Benehmen hat im Kolle- antreten: ↑ Beweis, ↑ Reise, ↑ Flucht.
.
gium Anstoß erregt. »Ich würde vor al- antrinken: sich 〈Dativ〉 einen antrinken
lem die Farbe wechseln«, sagte Fräulein (ugs.): sich betrinken: Bei den Katholi-
Böttscher. »Die Farbe erregt Anstoß.« schen, sagte er, trinkt sich der Pastor je-
(Roehler, Würde 25). den Morgen einen an mit Wein, aber den
51
antun – Anzug
52
anzwitschern – Appetit
kann ich nicht so aus dem Anzug schüt- deutenden Betrag: Für einen Apfel und A
teln (SZ 8. 9. 1998, 3).
jmdn. aus dem Anzug stoßen (ugs.):
1. jmdn. verprügeln: Soll ich den Kerl aus
ein Ei kann man im Ausverkauf schöne
.
Pullover bekommen. In diesem Park
treibt sich doch nur das Letzte rum – die
M
Appe
dem Anzug stoßen, oder wollen wir ihn tuns für ’n Appel und ’n Ei (Rechy
noch mal laufen lassen? 2. jmdn. erschüt- [ bers.], Nacht 189).
tern, demoralisieren: Wir lassen uns ♦ Die Wendung erklärt sich wohl daraus,
durch die schlechte Konjunkturprognose dass auf einem Bauernhof normalerweise
.
nicht aus dem Anzug stoßen. Die allge- Äpfel und Eier reichlich vorhanden sind
meine Situation ist jetzt schon so weit ge- und keinen großen Wert darstellen. Man
diehen, dass ein einziger unserer Solda- kann diese Dinge also abgeben, ohne da-
ten ein ganzes großdeutsches Regiment von arm zu werden.
aus dem Anzug stoßen kann (Kirst, in den sauren Apfel beißen (ugs.): etwas
08/15, 885). Unangenehmes notgedrungen tun: Wenn
im Anzug[e] sein: sich nähern: Feindliche sich alle drum drücken, muss ich wohl in
Truppen waren im Anzug. Er war davon den sauren Apfel beißen und den Wo-
überzeugt, dass Gefahr im Anzug sei. . chenputz mal wieder alleine machen.
Ende Juli kamen die Ultimaten, und das Apfelmus: ↑ gerührt.
Gewitter, das seit Jahren im Anzuge war, a posteriori (bildungsspr.): nachträglich,
brach los (Niekisch, Leben 30). später: Es war eine Schwäche des Sys-
↑ gucken, ↑ Mann. tems, die sich erst a posteriori herausge-
anzwitschern: sich 〈Dativ〉 einen anzwit- stellt hatte.
schern (ugs.): sich einen Schwips antrin- Apparat: am Apparat verlangt werden
ken: Jeden Abend nach dem Essen hat (ugs. scherzh.): sich rasieren müssen: Sie
sich Großmutter ihre Flasche Kümmelli- musterte belustigt seine Designerstop-
kör neben den Sessel gestellt und sich ge- peln: »Ich glaube, du wirst am Apparat
mütlich einen angezwitschert. verlangt.«
Apfel: der Apfel fällt nicht weit vom ♦ Die Wendung ist hier von ihrem übli-
Stamm/ (ugs. scherzh. :) nicht weit vom chen Bezug auf den Telefonapparat um-
Pferd: jmd. ist in seinen [negativen] Anla- gangssprachlich-scherzhaft auf den Ra-
gen, seinem Verhalten den Eltern bzw. ei- sierapparat umgemünzt worden.
nem Elternteil sehr ähnlich: Die Eltern Appetit: der Appetit kommt beim/mit dem
sind musikbesessen und so ist es die Essen: wenn man erst einmal mit etwas
Tochter – der Apfel fällt nicht weit vom angefangen hat, kommt auch die Lust
Stamm. dazu: Eigentlich hatte er sich nie fürs Ski-
Äpfel mit Birnen vergleichen; Äpfel und fahren interessiert, aber der Appetit
Birnen zusammenzählen (ugs.): völlig ver- kommt beim Essen: Heute steht er jede
schiedene Dinge miteinander vergleichen, freie Minute auf den Brettern.
Unvereinbares zusammenbringen: Durch ♦ Die sprichwörtliche Redensart wird
die Reihung und Gegenüberstellung der auf das Französische zurückgeführt, wo
Arbeiten ergeben sich dabei äußerst inte- sie sich als »L’ appétit vient en man-
ressante Perspektiven ... Jedoch stellt sich geant« in Francois Rabelais’ zeitsatiri-
bald das Gefühl ein, hier würden Äpfel ¸
schem Abenteuerroman »Gargantua und
mit Birnen verglichen (NZZ 18. 7. 2001). Pantagruel« (I, 5; 1535) findet. Der Ro-
Aber wie leicht kann man ... »Äpfel und man wurde erstmals in der ersten Hälfte
Birnen zusammenzählen« und »aus nor- des 19. Jahrhunderts ins Deutsche über-
malen Vorgängen alle möglichen Ver- setzt.
dächte ... zusammenbrauen« (Spiegel 44, guten Appetit!: Wunschformel zur Einlei-
1984, 24). tung einer gemeinsamen Mahlzeit oder
für einen Apfel und ein Ei/für ’n Appel wenn man jmdn. essen sieht: Hat jeder
und ’n Ei (ugs.): sehr billig, für einen unbe- seine Suppe? Also dann, guten Appetit!
53
April – Arbeit
54
arbeiten – ärgern
.
waren Sie bisher in Arbeit? Ob Mann arg: im Argen liegen: sich in Unordnung be- A
oder Frau: man muss in Arbeit stehen,
um Staatsbürgerrecht, ja Lebensrecht
überhaupt zu genießen (Niekisch, Leben
finden; nicht so sein, wie es sein sollte:
Wenn man das Gefühl hat, etwas liegt im
Argen, dann sollte man sich dazu äußern
M
ärge
55
arm – Arm
56
Ärmel
den Hieb oder Stich abzuwehren. Hilfeleistung noch recht deutlich erhal-
jmdm. in die Arme laufen (ugs.): jmdm. ten. Man greift einem Menschen, der zu
zufällig begegnen: Hatte mich mit so viel stürzen oder zusammenzubrechen droht,
Arbeit bei Ulla entschuldigt und wem unter die Arme und fängt ihn auf. Auch
muss ich auf unserem Stadtbummel aus- verletzte Personen birgt man, indem man
gerechnet in die Arme laufen? Ulla natür- ihnen unter die Arme greift.
.
lich! ... wenn sie dem Schlächter in die ↑ Bein, ↑ Kopf, ↑ Morpheus, ↑ Pudding.
Arme läuft, wird sie zwar eine glaubhafte Ärmel: es nimmt jmdm. den Ärmel hinein/
Erklärung finden, aber besser ist es doch, rein (schweiz.): jmd. wird leidenschaftlich
wenn das nicht passiert (Remarque, Obe- ergriffen: Mir nahm es schon bei der ers-
lisk 125). ten Lektüre des Romans den Ärmel hi-
jmdn. einem anderen, einer Sache in die .
nein. Ich habe mich früher nie so ver-
Arme treiben: verursachen, dass sich jmd. liebt ... , und plötzlich nimmt es mir den
zu seinem Schaden jmdm. , einer Sache zu- Ärmel rein, und das, obwohl ich mich da-
wendet: Mit diesen Maßnahmen treibt gegen sträube (www.liebeskummer.ch
man die Jugend den Radikalinskis in die 22. 8. 2007).
.
Arme. Ich habe Alba etwas zu sagen, die Ärmel aufkrempeln/hochkrempeln
das ihr gegen ihren Liebhaber Hass ma- (ugs.): bei einer Arbeit tüchtig zupacken
chen und sie in die Arme dessen treiben wollen: Der Manager gilt laut gängiger At-
wird, der ihn getötet hat (H. Mann, Stadt tribute als einer, der die Ärmel aufkrem-
227). pelt, hart und smart ist (taz 21. 11. 2003,
sich jmdm. , einer Sache in die Arme wer- 12). Wenn alle die Ärmel hochkrempeln,
fen (oft abwertend): sich jmdm. , einer Sa- werden wir uns aus eigener Kraft retten
che ganz verschreiben, hingeben: Er verfiel (Kicker 6, 1982, 10).
dem Alkohol und warf sich dem Laster in leck mich am Ärmel! (salopp verhüll.):
die Arme. In hemmungsloser Sinnlichkeit 1. lass mich in Ruhe! : »Du könntest mal
warf sie sich den Männern in die Arme. ’nen Zahn zulegen bei der Arbeit!« –
Arm in Arm: eingehakt: Arm in Arm mit »Leck mich am Ärmel!« 2. Ausdruck gro-
ihm hatte Konrad Adenauer sich auf ßer berraschung, Anerkennung, Verärge-
Wahlplakaten den Wählern präsentiert rung o. Ä.: Leck mich am Ärmel, das hätte
(Dönhoff, Ära 26). Sie gingen Arm in ich der kleinen Person nie zugetraut! Das
Arm, und er sah glücklich aus (Hesse, ist vielleicht ein Trubel hier, leck mich am
Steppenwolf 28). Ärmel!
jmdn. mit offenen Armen aufnehmen/ ♦ Das Wort »Ärmel« steht hier verhül-
empfangen: jmdn. gern bei sich aufneh- lend für »Arsch«.
men, freudig willkommen heißen: ... dass [sich 〈Dativ〉] etw. aus dem Ärmel schüt-
er ... wieder in seine alte Dienststelle ein- teln (ugs.): etw. mit Leichtigkeit schaffen,
gestiegen ist, dass er mit offenen Armen besorgen: Mein Bruder schüttelt alles aus
empfangen worden ist (Plenzdorf, Le- dem Ärmel, während ich hart trainieren
gende 287). Als Helga ein Jahr lang am Pa- .
muss. Ein einzelner Mensch kann diese
riser Konservatorium studierte, wurde sie Finanzierung nicht aus dem Ärmel schüt-
von den ehemaligen Patienten des cher teln (MM 26./27. 8. 1972, 7).
docteur mit offenen Armen aufgenom- ♦ Die Wendung erklärt sich aus der Tat-
men (A. Kolb, Daphne 15). sache, dass die Ärmel der spätmittelalter-
jmdm. [mit etw.] unter die Arme greifen: lichen Kleidungsstücke oft sehr weit wa-
jmdm. in einer Notlage [mit etw. ] helfen: ren und als Taschen dienten. Man konnte
Wir hatten den jungen Leuten mit 2 000 also tatsächlich ohne Weiteres Geldstü-
57
Armenkasse – Arsch
58
Arsch
Angst: »Jetzt wird den Scheißern in Paris ♦ In der bildlichen Wendung wird ein A
doch der Arsch mit Grundeis gehn!«
(Borrell, Romeo 334). ... wie wird erst sein
Arsch auf Grundeis gehen, wenn hier nor-
physischer Defekt auf einen geistigen De-
fekt übertragen.
den Arsch zukneifen (derb): sterben:
M
Arsc
male Zustände eingetreten sind (Kirst, wenn ich morgen den Arsch zukneife,
08/15, 934). alles verklitschen (Spiegel 52, 1987,
♦ Als »Grundeis« bezeichnet man die 172).
am Boden von Binnengewässern gebil- den Arsch zusammenkneifen (derb): sich
dete Eisschicht, die bei Tauwetter kra- anstrengen, sich zusammennehmen: Es
chend losbricht. Das Rumoren eines Ge- müsse doch möglich sein, im Team für
wässers, das mit Grundeis geht, wird hier Deutschland den »Arsch zusammenzu-
auf das durch Angst ausgelöste Rumoren kneifen« und den »verdammten Egois-
in den Eingeweiden übertragen. Die Wen- mus« zu vergessen (SZ 6. 8. 1999, 35).
dung lässt sich bis in die 2. Hälfte des sich 〈Dativ〉 den Arsch abfrieren (derb):
18. Jahrhunderts zurückverfolgen. unter starker Kälte leiden müssen; völlig
mein Arsch ist doch keine Münzanstalt durchfrieren: Oberbruch ... wurde auf
(derb): so viel Geld habe ich nicht: Dau- dem ganzen kalten Dach gespielt. Bis wir
ernd soll ich dir ’nen neuen Fummel auftraten, froren sich die Eltern auf dem
kaufen, und immer vom Feinsten und Dachboden den Arsch ab (Zeit 41, 4. 10.
Teuersten – mein Arsch ist doch keine 1996, 41). ... dass »200 Menschen sich bib-
Münzanstalt! bernd den Arsch abfrieren« (Spiegel 48,
♦ Die bildliche Redensart ist wohl eine 1990, 41).
Anspielung auf den Esel im grimmschen sich 〈Dativ〉 den Arsch ablachen (derb):
Märchen »Tischlein, deck dich!«, der auf sich sehr amüsieren, heftig lachen: Ich
Geheiß Goldstücke von sich gibt. habe sowohl das Buch gelesen und auch
solang der Arsch in die Hosen passt, wird das Hörbuch gehört und habe mir bei bei-
keine Arbeit angefasst (derb): Redensart, dem gehörig den Arsch abgelacht (www.
mit der man zum Ausdruck bringt, dass ofdb.de, 21. 4. 2007).
man keine Lust hat zu arbeiten. sich 〈Dativ〉 den Arsch aufreißen (derb):
♦ Die Redensart spielt darauf an, dass je- sich anstrengen, um etw. Bestimmtes zu
mandem, dem es schlecht geht und der erreichen: Ich musste mir den Arsch auf-
hungern muss, die Kleider am Leib reißen, um an diese Männer ranzukom-
schlottern. men (Denneny [ bers.], Lovers 147).
den Arsch/Hintern hochkriegen (derb): »Deshalb reißt sich hier für die paar Krö-
sich zu etwas aufraffen, ein Problem anpa- ten, die wir kriegen, auch niemand den
cken: Es wird Zeit, dass ihr mal den Hin- Arsch auf«, sagte der Gefreite (Spiegel 12,
tern hochkriegt und was für euer Examen 1989, 58).
.
tut. Mann, diese Frauen machen mich jmdm. den Arsch aufreißen (derb): jmdn.
vielleicht wütend. Wie schnell die aufge- hart herannehmen, drillen: Dir werde ich
ben. Die kriegen einfach ihren Arsch den Arsch aufreißen, du beschissener
nicht hoch (King [ bers.], Buick 348). Dreckskerl (Simmel, Stoff 267). ... mit den
den Arsch offen haben (derb): nicht nor- bekannten Ausbilderflüchen wie: »Ich
mal, nicht bei Verstand sein: Da machte er werde euch den Arsch aufreißen!« wurde
eine Handbewegung, dass ihr Brot vom Marschalarm gegeben (MM 10./11. 9.
Tisch gefegt wurde. Sie stand auf und 1977, 54).
sagte: Du hast wohl den Arsch offen sich 〈Dativ〉 mit etw. den Arsch [ab]wi-
(M. Walser, Seelenarbeit 276). Als Apel ... schen können (derb): etw. , bes. ein
versicherte, Atomwaffen seien »ihrer Na- Schriftstück, als wertlos, ungültig, nicht
tur nach politische Waffen«, kommen- verbindlich ansehen können: Mit Ihrer
tierte eine junge Christin: »Der hat doch einstweiligen Verfügung können Sie sich
den Arsch offen« (Spiegel 36, 1985, 116). den Arsch wischen, wir ziehen hier nicht
59
Arsch
A .
aus! Mit deinem Antrag ... kannst du Elvis Costello in Wien-Oberlaa ... (Basta
dir den Arsch abwischen (Bieler, Bär 111). 7, 1983, 97).
Arsc ein ganzer Arsch voll (derb): sehr viel: Du ♦ In dieser Wendung steht »Arsch« derb
versäufst hier in der Kneipe dein Geld, für »Ende«, vgl. »am Ende der Welt«.
und zu Hause liegt ein ganzer Arsch voll jmdn. am/beim Arsch haben (derb): jmdn.
unbezahlter Rechnungen herum! Du für etwas verantwortlich machen: Warum
kannst das Feuerzeug behalten, ich habe der Spieß mich bloß dauernd am Arsch
noch ’nen ganzen Arsch voll davon. hat? Aber dich haben sie genauso am
das soll meinen Arsch nicht kratzen Arsch wie mich und jeden (Kuby, Sieg
(derb): das ist mir gleichgültig: Wenn er 152). Und wenn es herauskommt, wen ha-
will, kann er mich aus seinem Testament ben sie dann beim Arsch? Dich oder
streichen – das soll meinen Arsch nicht mich? (Apitz, Wölfe 70).
.
kratzen. Ob Hitler noch lebe? »Das soll sich 〈Dativ〉 etw. am Arsch abfingern/ab-
meinen Arsch nicht kratzen« (Kem- klavieren können (derb): sich etw. leicht
powski, Uns 279). denken, ausrechnen können: Was der Chef
einen kalten Arsch haben (derb): tot sein: zu deinen Eskapaden sagt, das kannste
... als wir ihn ... rauftrugen, hatte er schon dir ja am Arsch abfingern!
’nen kalten Arsch, und im Schauhaus leck mich am Arsch! (derb): 1. lass mich
wollte ich ihn auch nicht mehr sehn (Fr. in Ruhe! : ... verdünnisier dich, geh und
Wolf, Menetekel 319). Wenn ich ihn in leck mich am Arsch (Bamm, Weltlaterne
den Bunker gebracht hätte, dann hätte er 43). Leckt mich doch alle am Arsch,
jetzt schon ’nen kalten Arsch (Apitz, schrie Fänä, riss die Noten vom Boden
Wölfe 96). und lief raus (Degenhardt, Zündschnüre
einen kalten Arsch kriegen; sich 〈Dativ〉 32). 2. Ausdruck großer berraschung, An-
einen kalten Arsch holen (derb): sterben: erkennung, Verärgerung o. Ä. : Leck mich
Wenn wir hier nicht verschwinden, holen am Arsch, der hat mir doch glatt die Vor-
wir uns einen kalten Arsch. .
fahrt genommen! Denn immerhin ist
seinen Arsch verwetten (derb): sich einer dabei – leck mich am Arsch – eine Bun-
Sache sehr sicher sein: Ich verwette mei- desliga-Hinrunde mit 23 Punkten heraus-
nen Arsch, dass die Bayern in der nächs- gekommen (SZ 24. 12. 2002, 44). »30 Feh-
ten Saison wieder Meister werden. Die ler im Diktat, leck mich am Arsch«,
werden sich wieder alle vor der Arbeit murmelt er, als er rauskommt (Zeit 17. 7.
drücken, darauf kannst du deinen Arsch 2002, 61).
verwetten. ♦ Diese Aufforderung, die auch als
keinen Arsch in der Hose haben (derb): »Götz-Zitat« bezeichnet wird, wurde
sich nicht trauen; zu feige sein, etw. durch- wohl nicht zuletzt durch Goethes Drama
zuführen: Es gibt so viele Menschen, die »Götz von Berlichingen mit der eisernen
viel reden, aber keinen Arsch in der Hose Hand« (1771) besonders populär. Darin
haben (SZ 5. 5. 2007, 42). Er frage sich, wa- heißt es im 3. Aufzug: »Sag deinem
rum der Schiedsrichter »keinen Arsch in Hauptmann, vor ihro Kayserlichen Majes-
der Hose« hatte und die Ausführung des tät hab ich wie immer schuldigen Res-
Freistoßes nicht habe wiederholen lassen pekt. Er aber, sags ihm, er kann mich im
(SZ 8. 8. 2011, 30). Arsch lecken.«
am/an den Arsch der Welt (derb): an ei- jmdm. am Arsch vorbeigehen (derb):
nem/einen sehr abgelegen Ort: Mein jmdn. nicht berühren, kaltlassen: Deine
Freund wohnt am Arsch der Welt. Klar, . Vorwürfe gehen mir am Arsch vorbei. .
Mensch, da gibts doch keinen Zweifel, am ... er kümmert sich nicht darum, wie man
Arsch der Welt, das ist die Eifel (Kuby, korrekt miteinander umgeht, der mühse-
Sieg 15). Der kleine Held des letzten TV- lige soziale Aufstieg geht ihm mindestens
»Rockpalasts« kommt jetzt live an den genauso am Arsch vorbei wie die Zukunft
Arsch der Welt: Am 16. November spielt des Regenwalds (Woche 20. 4. 2000, 44).
60
Arschkarte – Art
lautete das Motto. »Denn aus einem ver- sich 〈Dativ〉 in den Arsch beißen [können]
zagten Arsch kommt kein fröhlicher (derb): sich maßlos ärgern: Ich hätte mir
Furz«, so Sven, der auf das Unreglemen- vor Wut in den Arsch beißen können –
tierte, ja Rauschhafte der Studioarbeit ... fünf Richtige, und den Lottoschein nicht
verweist (FR 6. 3. 1999, 114). .
abgegeben! Wenn ich daran denke ... ,
jmdm. in den Arsch kriechen (derb): in könnt ich mich in den eigenen Arsch bei-
würdeloser Form jmdm. schmeicheln, sich ßen (Spiegel 41, 1976, 72).
unterwürfig verhalten: Na, das sind doch jmdn. nicht mit dem Arsch ansehen
solche, die den Behörden in den Arsch (derb): jmdn. seine Missachtung spüren
kriechen (Praunheim, Armee 2 954). lassen: Deine Freundin hat mich schwer
Wenn sie dann sah, was sie gemacht beleidigt, die sehe ich nicht mehr mit
hatte, wollte sie mir immer wieder in den dem Arsch an.
Arsch kriechen (Ossowski, Bewährung jmdm. mit dem [nackten] Arsch ins Ge-
31). sicht springen (derb): auf jmdn. losgehen,
jmdm./jmdn. in den Arsch treten (derb): ihn physisch bedrohen: Ich dachte, der
jmdn. mit groben Mitteln zu etwas veran- Chef springt mir mit dem nackten Arsch
lassen: Er arbeitet nur, wenn man ihm ab ins Gesicht.
und an kräftig in den Arsch tritt. ↑ Auge, ↑ Blei, ↑ dunkel, ↑ Himmel, ↑ Hoch-
im Arsch sein (derb): nicht mehr zu ge- zeit, ↑ Loch, ↑ Monogramm, ↑ Morgen-
brauchen sein; entzwei, ruiniert sein: stunde, ↑ Pech, ↑ Pfeffer, ↑ Quecksilber,
... dass jemand kommen musste, um das ↑ schleifen, ↑ Zucker.
Ding zu reparieren. Der Boiler war ziem- Arschkarte: die Arschkarte ziehen (derb):
lich im Arsch (Spiegel 9, 1981, 120). der Benachteiligte sein, den Schaden tra-
Deutschland ist im Arsch, da ist für die gen: Als WM-Vierter habe ich die Arsch-
nächsten tausend Jahre nichts mehr zu karte gezogen (Darmstädter Echo 9. 8.
wollen (Fühmann, Judenauto 139). 1997). Trittin hat ja die Arschkarte gezo-
in den Arsch gehen (derb): entzweigehen: gen: Als Grüner ein Umweltminister zu
Die Sicherung ist schon wieder in den sein und immer alles gegenüber der Par-
.
Arsch gegangen. ... drei Abende pro teibasis abrechnen zu müssen – darum
Woche, wo ich zu Hause bleiben muss, beneide ich ihn nicht (taz 20. 6. 2000, 4).
damit die Familiensituation nicht ganz in ♦ Die Wendung geht wohl darauf zu-
den Arsch geht (Rocco [ bers.], Schweine rück, dass früher die Fußballschiedsrich-
46). ter die Rote Karte in der Gesäßtasche tru-
etw. in den Arsch fahren (derb): etw. zu gen.
Schrott fahren: Er setzte sich besoffen ans Arschrunzeln: jmdn. ein [müdes] Arschrun-
Steuer und fuhr den neuen Schlitten von zeln kosten (derb): jmdn. keinerlei Mühe
seinem Alten in den Arsch. kosten: Es liegen ausreichend Versäum-
in den Arsch gekniffen sein (derb): sich in nisse und Straftaten vor, dass es mich nur
einer schlimmen Lage befinden, schlecht ein müdes Arschrunzeln kosten würde,
dran sein: Wenn der Libero auch nicht euch ... dingfest zu machen (Rausch, Zeit
spielen kann, sind wir ganz schön in den 222). Wenn ich aber die Faustskizze hier
.
Arsch gekniffen. Dabei sind die Chan- kriege, wird mich das Anpeilen von Wolf-
cen nicht gerade gleich verteilt ...: Die in hartsburg kaum ein Arschrunzeln kosten
Leipzig sind faktisch in den Arsch geknif- (Piontek, Stunde 78).
fen bei dieser gesamtdeutschen Hampelei Art: ... dass es [nur so] eine Art hat (ugs.):
(taz 12. 9. 1990, 14). wie es kaum besser sein könnte: ... die
sich 〈Dativ〉 etw. in den Arsch stecken Beine haben wir lang von uns gestreckt,
61
Arzt – Ast
62
ata – Atem
mer wieder den Ast absägen, auf dem will mit dir ata gehen!
man sitzt, nur dann kommt man weiter, Atem: jmdm. geht der Atem aus: jmd. ist
nur dann wird man sich weniger langwei- physisch, wirtschaftlich o. ä. am Ende: Ge-
lig, als man es an sich schon in hohem gen Ende des Turniers ging dem Welt-
Maße ist (die.antimaterie.de). .
meister der Atem aus. Sie sollten dar-
einen Ast durchsägen (ugs. scherzh.): laut aus den Schluss ziehen, der Commercial
schnarchen: Mensch, hast du heute Nacht Bank hinter den Aaron- und B.-Läden
einen Ast durchgesägt! gehe langsam der Atem aus (Brecht, Gro-
sich 〈Dativ〉 einen Ast lachen (ugs.): heftig schen 171).
lachen: Franz lachte sich einen Ast, der Atem holen/(geh.): schöpfen: sich zu wei-
Junge nahm die Weiber wirklich ernst terem Tun rüsten: ... ein Investmentban-
(Döblin, Berlin 156). ker bekräftigt, dass Chile zum Ende des
♦ In dieser seit Mitte des 19. Jahrhun- Jahres wieder Atem schöpfen wird, vo-
derts belegten Wendung hat »Ast« die rausgesetzt dass es auf dem Weltmarkt ...
umgangssprachliche Bedeutung »ver- nicht zu neuen Turbulenzen kommt
wachsener Rücken, Buckel«. Die Vorstel- (www.condor.cl). Ich bin wieder in mei-
lung ist also, dass sich hier jemand vor nem Hause, aber nur für einen Augen-
Lachen krümmt. blick, nur um Atem zu holen ( Jens, Mann
auf dem absteigenden Ast sein/sich be- 69).
finden: über den Höhepunkt hinweg sein, einen langen Atem brauchen: für eine
in seinen Fähigkeiten, Leistungen nachlas- Auseinandersetzung, die Lösung eines
sen: Bei den diesjährigen Meisterschaften Problems o. Ä. das nötige Durchhaltever-
ist er schon in der Vorrunde ausgeschie- mögen brauchen, erfordern: Eine Gesamt-
den; der ist auch schon auf dem abstei- verkehrsstudie zeigt ... , dass die Entlas-
genden Ast. Die Firma soll sich auf dem tung der Innenstadt noch einen langen
absteigenden Ast befinden. Atem braucht (NZZ 4. 1. 2003, 12).
♦ Man hat versucht, die Wendung auf einen langen Atem haben, den längeren
den fachsprachlichen Gebrauch von Atem haben: es bei einer Auseinanderset-
»Ast« in der Mathematik und Physik (z. B. zung, einem Wettstreit o. Ä. lange, länger
Ast einer Hyperbel, Ast einer Geschoss- als der Gegner aushalten: Wir wollen
bahn) zurückzuführen. berzeugender doch mal sehen, wer von uns beiden den
ist der Bezug auf die herkömmliche Dar- längeren Atem hat. Die Guerillas haben
stellungsweise eines Stammbaums. Bei .
einen langen Atem. Er besaß einen lan-
Eheschließung zwischen Blutsverwand- gen Atem im Kampf (Gaiser, Jagd 122).
ten kommt die Familie wegen Ahnenver- einen kurzen Atem haben/besitzen:
lusts auf den absteigenden Ast. 1. kurzatmig, asthmatisch sein: Allerdings
sich auf die Äste/ (seltener:) auf den/ei- besitzen sie (= die Elchmenschen) einen
nen Ast hinauslassen (schweiz.): sich auf kurzen Atem, brauchen viele Ruhepausen
ein Wagnis einlassen: Die Tagespresse und können nicht besonders gut sehen
gibt zwar ihre Sympathien für den einen (userpage.fu-berlin.de). 2. kein Durchhal-
oder anderen Kandidaten zu erkennen, tevermögen haben, nur von relativ kurzer
ohne sich jedoch auf die Äste von Progno- Dauer sein: Das Projekt dieser Fusion be-
sen hinauszulassen (NZZ 1965, Bl. 2 230). saß aber einen kurzen Atem und wurde
Sie unterhielten sich ... vortrefflich ... und wegen nicht überbrückbarer Differen-
Ammann ließ sich schon weit auf den Ast zen ... bereits im Herbst abgebrochen
hinaus; auf dem Heimweg im Morgen- (www.bier.ch). Politische Börsen haben ...
grauen ... war die Verlobung nicht mehr einen kurzen Atem (www.neue-ag.de).
63
a tempo – au contraire
64
auf – aufgeschoben
contraire, Verehrtester, uns geht es so gut sie alle drei fröhliche Auferstehung (Aug- A
wie nie! Es gab keinen Anlass zur Eile; au
contraire – man hatte ihnen mehr Zeit
eingeräumt, als sie brauchten.
stein, Spiegelungen 113).
auffahren: ↑ Geschütz.
auffassen: ↑ persönlich.
M
aufg
auf: auf und davon (ugs.): [schnell] fort: Als Aufforderung: Aufforderung zum Tanz
ich mich umdrehte, um ihm zu danken, (ugs.): Herausforderung: Das sogenannte
war er schon auf und davon. Noch in der Friedensangebot war in Wahrheit eine
Nacht wollte sie auf und davon gehen. Zumutung, eine unverhüllte Aufforde-
↑ Borg, ↑ Dauer, ↑ einmal, ↑ Hieb, ↑ Lepschi, .
rung zum Tanz! Sturmwarnung am
↑ neu, ↑ Nimmerwiedersehen, ↑ Probe, Chiemsee. Für einige Surfer und Segler
↑ Sitz, ↑ speziell, ↑ Sprung, ↑ Streich, scheinen die gelben Warnlampen rund
↑ Stutz, ↑ Treue, ↑ Tüttelchen, ↑ um, ↑ Ver- um den See geradezu die Aufforderung
dacht, ↑ Weg, ↑ weiter, ↑ Wiedersehen, zum Tanz zu sein. Immer wieder muss die
↑ Wort, ↑ Zuwachs. Wasserwacht ausrücken (SZ 15. 10. 1997,
aufbekommen: ↑ Mund. 59).
aufbinden: ↑ Bär, ↑ Rute. auffressen: ↑ fressen.
aufblasen: ↑ Schuh. aufführen: ↑ Freudentanz, ↑ Tanz.
aufbrechen: ↑ Ufer. aufgeben: ↑ Geist, ↑ Rätsel.
aufbrennen: jmdm. eins/einen aufbrennen aufgeblasen: ↑ Nachthemd.
(salopp): 1. jmdm. einen kräftigen Schlag aufgehen: wie ein Hefekloß/ein Pfannku-
versetzen: Der Kutscher hatte ihm vor chen/eine Dampfnudel aufgehen (ugs.):
Wut eins mit der Peitsche aufgebrannt. [in kürzerer Zeit] dick, korpulent werden:
2. jmdn. anschießen: Der Förster wollte Seine Frau ist in letzter Zeit aufgegangen
dem Wilddieb eins auf brennen, traf aber wie ein Hefekloß.
.
nicht. Ich träumte, dass ich dich killen ↑ Auge, ↑ Flamme, ↑ Herz, ↑ Kirchenlicht,
wollte, dich einfach abmurksen, dir einen ↑ Knopf, ↑ Kronleuchter, ↑ Laterne, ↑ Licht,
auf brennen wollte, um von dir loszukom- ↑ Messer, ↑ Rauch, ↑ Rechnung, ↑ Seifensie-
men (Amory [ bers.], Matten 174). der.
aufdecken: ↑ Karte. aufgehoben: bei jmdm. , irgendwo gut/
aufdrehen: ↑ Gashahn. schlecht o. ä. aufgehoben sein: bei
aufdrücken: jmdm. einen aufdrücken jmdm. , irgendwo [nicht] in guter o. ä. Ob-
(ugs.): jmdm. einen Kuss geben: Sie war hut sein: Die Kinder sind bei den Großel-
ein bisschen angetütert, ließ sich gehen .
tern gut aufgehoben. Lassen Sie die Er-
und drückte mir unter dem Mistelzweig innerung daran meine Sache sein, bei mir
einen auf (Ruark [ bers.], Honigsauger ist sie wohl aufgehoben (Th. Mann, Krull
391). 257).
↑ Stempel. ↑ aufgeschoben.
Aufenthalt: Aufenthalt nehmen (Papierdt.): aufgelegt: zu etw. aufgelegt sein: in der
eine bestimmte Zeit an einem bestimmten Stimmung sein, etw. Bestimmtes zu tun:
Ort verweilen: Vorübergehend nahm sie in Die Schüler sind mal wieder zu Streichen
.
Berlin Aufenthalt. Bald danach hatte er .
aufgelegt. Zu einem Scherz war sie
ein langes Gespräch mit Rabbi Elimelech, überhaupt nicht mehr aufgelegt (Bastian,
wonach er in Lanzut ... Aufenthalt nahm Brut 152).
(Buber, Gog 99). aufgeschoben: aufgeschoben ist nicht auf-
Auferstehung: [fröhliche] Auferstehung gehoben: das wird zu einem späteren
feiern (iron. od. scherzh.): (von etw. längst Zeitpunkt ganz bestimmt besorgt oder er-
Vergessenem, berholtem o. Ä.) plötzlich ledigt: Wir können den Trachtenumzug in
wieder in Mode kommen, wieder Geltung diesem Jahr nicht durchführen, aber auf-
haben: Das Wunschdenken Achesons ... geschoben ist nicht aufgehoben. .
der Selbstbetrug des John Foster Dulles ... ... zwei Stunden unter Wachtmeister
die Weltfremdheit Kissingers – hier feiern Platzek hätten ihm gut getan. Aber aufge-
65
aufhaben – aufmerksam
66
aufnehmen – aufsteigen
.
schaffen machte. Nimm den Kopf nicht künstlich auf, es ist ja gar nichts A
.
hoch, Rosamund, die Leute werden schon
aufmerksam (Gaiser, Schlußball 145).
aufnehmen: es mit jmdm. , mit etw. auf-
passiert. Du brauchst dich gar nicht
künstlich aufzuregen. Gib mir was Pas-
sendes, oder behalte deinen Krempel
M
aufs
67
aufstellen – Auge
A aufstellen: ↑ Borste.
Aufstellung: Aufstellung nehmen: sich auf-
macht hier im Haus? (H. Kolb, Wilzen-
bach 51). Am Montag kommt er wieder
aufs stellen: Später nehmen zwei Hirten vor ei- vorbei und wird seine Aufwartung ma-
nem Tisch Aufstellung und singen im chen (Langgässer, Siegel 137).
Wechsel (Chotjewitz, Friede 193). Die Aufwasch[en]: das ist ein Auf-
vierte Kolonne ... hat auf der Place des wasch[en]/Abwasch[en]; das geht/das
Victoires Aufstellung genommen (Sie- machen wir in einem Aufwasch[en]/Ab-
burg, Blick 84). wasch[en] (ugs.): das lässt sich alles zu-
aufstoßen: [jmdm.] übel/sauer aufstoßen: sammen erledigen: Wenn ich den Koffer
[ jmdm.] Unbehagen, Ärger o. Ä. verursa- aufgebe, kann ich auch gleich die Fahr-
chen: Dass diese Ausgaben in Zeiten karten besorgen, das ist dann ein Auf-
übel aufstoßen, in denen vor allem im .
wasch. Finanziell besteht also keinerlei
Geldbeutel der Bürger gespart wird, ist Grund, die Pflegeversicherung in einem
den Betroffenen bewusst (FR 15. 1. 1994, Aufwasch mit den anderen Sozialversi-
1). Es ist merkwürdig genug: Nach neun cherungen hektisch zu reformieren (Zeit
Jahren stößt den Deutschen der Krieg 10. 9. 2003, 34).
sauer auf (Tucholsky, Werke II, 266). Die- ♦ Mit »Aufwasch« ist das Geschirrspü-
ses Vorgehen stieß dem Referendumsko- len gemeint, bei dem es nichts ausmacht,
mitee sauer auf (Basler Zeitung 9. 10. wenn noch ein Teller oder Glas mehr ge-
1985, 12). spült werden muss.
aufsuchen: ↑ Boden. aufwecken: ↑ Tote.
auftauchen: ↑ Versenkung. aufweisen: etw. aufzuweisen haben: etw.
Auftrag: etw. [bei jmdm.] in Auftrag geben [zu seinen Gunsten] haben, verfügen: Ha-
(Kaufmannsspr.): etw. [bei jmdm.] bestel- .
ben Sie Referenzen aufzuweisen? ... er
len: Der Stadtrat hatte einen Entwurf für gehörte zu den Erfolgreichen und hatte
eine Neugestaltung des Rathausplatzes in über ein Dutzend Abschüsse aufzuweisen
Auftrag gegeben. Ich habe bei meinem (Gaiser, Jagd 157).
Schneider einen neuen Smoking in Auf- aufwiegen: ↑ Gold.
.
trag gegeben. Er gab dem Zimmer- aufwirbeln: ↑ Staub.
mann einen Zeichentisch und anderes aufzäumen: ↑ Pferd.
Gerät in Auftrag (Hesse, Narziß 377). aufziehen: ↑ Saite.
auftragen: dick auftragen (ugs. abwer- Augapfel: jmdn. , etw. wie seinen Augapfel
tend): übertreiben: Die Handlung war un- hüten: jmdn. , etw. besonders sorgsam be-
geschickt, das Sentimentale dick aufge- hüten: Sie hütete das Liebespfand wie ih-
tragen (K. Mann, Wendepunkt 87). Joseph .
ren Augapfel. Deshalb hütet er den
empfand nicht die dick aufgetragene Bit- Nachwuchsstar wie seinen Augapfel (Ki-
terkeit und Tücke in den Worten der cker 6, 1982, 13).
Frauen (Th. Mann, Joseph 484). ♦ Die Wendung ist biblischen Ur-
♦ Die Wendung bezog sich ursprünglich sprungs. So heißt es z. B. im »Lied Mo-
auf das zu dicke Auftragen der Farbe ses«: »Er (= Gott) umfing ihn und hatte
beim Malen und das zu starke Auftragen Acht auf ihn; er behütete ihn wie seinen
von Schminke. Augapfel« (5. Moses 32, 10).
auftun: ↑ Mund, ↑ Ohr. Auge: das Auge des Gesetzes (scherzh.):
aufwärmen: ↑ Kohl. die Polizei: Das gestrenge Auge des Geset-
Aufwartung: jmdm. seine Aufwartung ma- zes duldete kein Parken auf dem Platz vor
chen (veraltend; noch scherzh.): jmdm. ei- dem Schloss.
nen Höf lichkeitsbesuch abstatten: Er bat ♦ Dieser idiomatische Ausdruck ist
darum, den Damen am Sonntag seine durch Schillers »Lied von der Glocke«
.
Aufwartung machen zu dürfen. Wün- (»... denn das Auge des Gesetzes wacht«)
schen Sie vielleicht auch noch, dass der allgemein gebräuchlich geworden. Die
Herr Offizier Ihnen seine Aufwartung Metapher vom Auge des Gesetzes ist als
68
Auge
»Auge der strafenden Gerechtigkeit« be- hen kann: Vor ihnen liegt, so weit das A
reits bei Autoren der Antike vorgeprägt.
jmdm. gehen die Augen auf (ugs.): jmd.
durchschaut plötzlich einen Sachverhalt,
Auge reicht, fruchtbares Weideland.
die Augen sind größer als der Magen
(fam.): sich mehr auf den Teller tun, als
M
Auge
erkennt Zusammenhänge, die er vorher man essen kann: Na, da waren die Au-
nicht gesehen hatte: Da gingen ihm die gen wohl mal wieder größer als der Ma-
Augen auf: Die beiden kannten sich na- gen.
türlich und wollten ihn hereinlegen. Als ♦ Die Redensart findet sich bereits in ei-
sie ihn für ihre Propagandazwecke ein- ner anonymen Sammlung von 1532 mit
spannen wollten, gingen ihm endlich die dem Wortlaut »Die Augen seyndt weitter
Augen auf. denn der Bauch«.
jmdm. gehen die Augen über: 1. (ugs.) vier Augen sehen mehr als zwei: zwei
jmd. ist von einem Anblick überwältigt: Menschen, die gemeinsam aufpassen, ent-
Am Ende möchten dem Bürger »von so geht weniger als einem [und sie sind weni-
viel Staat ... noch die Augen übergehen« ger gefährdet]: Ich verstehe nicht, warum
(Spiegel 21, 1975, 36). 2. (geh.) jmd. be- du ohne mich dorthin fahren willst, vier
ginnt zu weinen: Den wartenden Frauen Augen sehen doch mehr als zwei.
gingen die Augen über, als die Verschüt- Augen zu und durch (ugs.): das Vorhaben
teten tot geborgen wurden. wird ohne Beachtung von Bedenken, Ein-
♦ In der 2. Bedeutung findet sich die wänden, Widrigkeiten durchgeführt: Die
Wendung bereits im Johannesevangelium alte Bundesregierung habe nach dem
(11, 35), wo es von Jesus beim Anblick des Motto »Augen zu und durch« den deut-
toten Lazarus heißt: »Und Jesu gingen die schen Atommüll ins Ausland verschoben
Augen über.« (SZ 12. 3. 2001, 1).
ganz Auge und Ohr sein (ugs.): genau auf- kleine Augen machen (ugs.): sehr müde
passen: Schon nach wenigen Minuten wa- sein [und die Augen kaum noch offen
ren die Kinder ganz Auge und Ohr und halten können]: Kind, du gehörst ins
folgten gebannt dem Spiel. Bett, du machst ja schon ganz kleine
da bleibt kein Auge trocken (ugs.): 1. alle Augen!
weinen vor Rührung: Und dann die [große] Augen machen (ugs.): staunen,
Schlussszene. Die geht einem unter die sich wundern: Der hat vielleicht Augen
Haut, da bleibt kein Auge trocken. 2. alle gemacht, als ich mit einem Porsche an-
lachen Tränen: Für die fünfteilige Unter- .
kam. Von Helena hatte er sich bereits
haltungsserie ... verspricht man: »Da gestern verabschiedet, und wenn er sie
bleibt kein Auge trocken!« (MM 21./22. 9. jetzt noch einmal besuchte, würde sie
1971, 23). 3. keiner bleibt davon verschont: große Augen machen (Geissler, Wunsch-
... die gehen ran wie Blücher. Da bleibt hütlein 119).
kein Auge trocken (Kuby, Sieg 229). Tem- Augen machen wie ein [ab]gestochenes
peramentgeladene Löwen (= die unter Kalb (ugs.): dümmlich dreinblicken: In fla-
dem Sternbild Löwe Geborenen) kommen granti ertappt, machte er Augen wie ein
auf ihre Kosten! Es bleibt kein Auge tro- abgestochenes Kalb.
cken (Bild und Funk 3, 1967, 51). jmdm. [schöne] Augen machen (ugs.): mit
♦ Die Redensart in ihrer ursprünglichen jmdm. f lirten: Ganz unten am Tisch sa-
ersten Bedeutung ist ein Zitat aus Johann ßen ... Werner, der Ingeborg wieder
Daniel Falks 1799 erschienenem Gedicht schöne Augen machte, und ich (Lentz,
»Paul. Eine Handzeichnung«. Muckefuck 181). Sie habe panische Angst,
jmds. Augen brechen (geh.): jmd. stirbt: von Männern abgewiesen zu werden,
... die Augen wollen brechen, die Welle wenn sie ihnen schöne Augen mache
überschwemmt mich und löscht mich (Hörzu 45, 1970, 145).
dunkel aus (Remarque, Westen 55). [jmdm.] verliebte Augen machen (ugs.):
so weit das Auge reicht: so weit man se- jmdn. verliebt ansehen: Der Oberkellner
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Auge
A machte der Chefin verliebte Augen. . null dreht (Stern 39, 1980, 22). »Der hat
Sie ... machte verliebte Augen, guckte ihn ’nen Abgang gemacht«, »die Augen auf
Auge groß an (Hilsenrath, Nazi 115). null gestellt«, kommentieren die Fixer
das Auge beleidigen: das ästhetische aus der Szene, wenn es einen von ihnen
Empfinden verletzen: Die Farben beleidi- erwischt (Spiegel 23, 1977, 185).
.
gen mein Auge. Die Reduktion der Mit- jmdm. die Augen öffnen: jmdn. darüber
tel bewirkt, dass Langers Botschaften nie auf klären, wie unerfreulich etw. in Wirk-
plakativ sind, nie mit erhobenem Zeige- lichkeit ist: Ich glaube, ich muss dir mal
finger anklagen oder das Auge beleidigen über deinen Freund die Augen öffnen. .
(www.shopart.com). Könnten Sie nicht einmal zu uns kom-
die Augen aufmachen/aufsperren/auftun men und Gerda ein wenig die Augen für
(ugs.): achtgeben, was um einen herum die Unreife von Hans und seinen Gefähr-
vorgeht: Mach die Augen auf, wenn du ten öffnen? (Musil, Mann 309).
über die Straße gehst! Man muss schon ein Auge/beide Augen zudrücken (ugs.):
die Augen auftun, wenn einem bei dem etw. nachsichtig, wohlwollend übersehen:
Skizirkus nichts passieren soll. Der Lehrer hatte noch einmal ein Auge
die Augen aufreißen (ugs.): äußerst er- zugedrückt und so waren sie von der ge-
staunt sein: Eine Kleiderrechnung für 180 fürchteten Strafe glücklich verschont ge-
Rubel hält sie dir unter die Nase. Da wirst .
blieben. ... ich hätte damals Methoden
du die Augen aufreißen ... wirst dich dre- angewendet, bei denen man heute beide
hen und wenden (www.uni-bielefeld.de). Augen zudrücken müsste (H. Weber, Ein-
Er sprang auf, als Goldmund kam, und zug 77).
riss die Augen auf (Hesse, Narziß 274). ein Auge riskieren (ugs.): einen verstohle-
kaum die Augen aufhalten können (ugs.): nen Blick auf jmdn. oder etw. werfen: Er
sich kaum wach halten können: Du hast wusste, dass die Mädchen im Umkleide-
den ganzen Tag für zwei geackert. Was raum waren, und hätte gern ein Auge ris-
Wunder, wenn du kaum noch die Augen .
kiert. Der lässt sich lieber die Eselsoh-
aufhalten kannst! ren abreißen, als dass er ein Auge auf
Augen und Ohren aufhalten (ugs.): auf- Lore riskiert (Kirst, 08/15, 13).
merksam etw. verfolgen: Vielleicht findet kein Auge zutun/zumachen (ugs.): nicht
sich noch ein Ferienjob für dich. Ich werd schlafen [können]: Sie hatte vor Kummer
auf jeden Fall Augen und Ohren aufhal- die ganze Nacht kein Auge zugetan. .
ten. Glauben Sie vielleicht, wir hätten heute
die Augen offen haben/offen halten: Nacht ein Auge zugetan? (Zuckmayer,
achtgeben, aufpassen, damit einem nichts Hauptmann 86).
entgeht: »Die Augen offen halten«, rät ein Auge/ein paar Augen voll Schlaf neh-
folglich die Polizei (www.paragon.de). men (ugs.): ein wenig schlafen: Bevor wir
Man muss die Augen offen haben für den zur nächsten Etappe auf brechen, möchte
vielfältigen Zauber, den die Natur hier ich noch ein Auge voll Schlaf nehmen. .
bietet (Gast, Bretter 73). So versuchen wir ein Auge voll Schlaf zu
die Augen schließen/zumachen/zutun nehmen (Remarque, Westen 33).
(verhüll.): sterben: Was also geschieht mit seine Augen überall/vorn und hinten ha-
den Menschen, die wir geliebt haben, ben (ugs.): alles genau beobachten, damit
wenn sie die Augen schließen? (Thielicke, einem nichts entgeht: Es war nicht viel mit
Ich glaube 184). Mehr hatte der Alte ei- Faulenzen auf dem Bau, denn der Polier
gentlich nie gewollt ... Er konnte ruhig die hatte seine Augen überall. Eine Kinder-
Augen schließen und tat dies vier Monate gärtnerin muss ihre Augen vorn und hin-
später (Thieß, Reich 443). ten haben.
die Augen auf null stellen/drehen (sa- hinten keine Augen haben (ugs.): nicht
lopp): sterben: Ich hatte jedenfalls tierisch sehen können, was hinter einem vor sich
Schiss, dass mein Kollege die Augen auf geht: Entschuldigung, dass ich Sie getre-
70
Auge
ten habe, aber hinten habe ich keine Au- ckigen Kerle geworfen und es auch schon A
gen.
Augen im Kopf haben (ugs.): etw. durch-
schauen, beurteilen können: Ich weiß, was
zu ersten Knutschereien mit ihnen ge-
bracht haben (MM 1. 9. 2004). 2. sich
jmdn. , etw. ansehen: Damit könnte der
M
Auge
mit den beiden los ist, ich habe doch Au- Besucher nicht nur ein Auge auf dieses
.
gen im Kopf ! ... und es ist ja auch wirk- architektonische Kleinod werfen, sondern
lich für jeden Menschen, der Augen im auch den spektakulären Panoramablick
Kopf hat, eine Freude, diese junge Frau auf den Central Park, die Upper West Side
anzusehen (Fallada, Mann 122). und die Hochhauskulisse von Midtown
hast du/haben Sie usw. keine Augen im genießen (NZZ 1. 7. 2004, 45).
Kopf? (ugs.): kannst du/können Sie nicht ♦ In der Bedeutung »die Augen von
aufpassen?: Du hättest mich fast umge- jmdm. nicht abwenden können« findet
rissen, hast du denn keine Augen im sich der Ausdruck bereits in der Bibel. So
Kopf ? heißt es in der apokryphen »Geschichte
Augen haben wie ein Luchs: sehr scharf von Susanna und Daniel« (Vers 8 f.): »Und
sehen und alles bemerken: Der Chefin ent- da sie die Ältesten sahen täglich darin (=
geht nichts, die hat Augen wie ein Luchs. Garten) umhergehen, wurden sie gegen
sich nach jmdm. , etw. die Augen ausgu- sie entzündet mit böser Lust ... und war-
cken/aus dem Kopf gucken/schauen fen die Augen so ganz auf sie, dass sie
(ugs.): angestrengt nach jmdm. , etw. Aus- nicht konnten gen Himmel sehen und ge-
schau halten: Da bist du ja endlich, ich dachten weder Gottes Wort noch Strafe.«
habe mir schon seit Stunden die Augen ein Auge auf jmdn. , etw. haben: 1. auf
nach dir ausgeguckt. Ich habe mir die Au- jmdn. , etw. achten, aufpassen: Die Regie-
gen aus dem Kopf geguckt: kein Taxi weit rung muss auf diese Radikalinskis ein
und breit. .
Auge haben. Aber er vergaß keines-
sich die Augen ausweinen/rot weinen/ wegs, während der nächsten Tage ein
aus dem Kopf weinen: heftig weinen: Auge darauf zu haben, ob zwischen den
Sitzt in ihrem Zimmer und weint sich die beiden Lehrern wieder ein gutes Einver-
Augen aus dem Kopf, das arme Kind. So nehmen bestehe (Hesse, Narziß 17). 2. an
ist das beim ersten Liebeskummer. Das . jmdm. , etw. Gefallen finden: Zum Ge-
Fräulein kann sich nun die Augen auswei- burtstag schenkte er ihr das Armband,
nen um ihren toten Schatz (Hausmann, auf das sie schon lange ein Auge hatte. .
Salut 198). Trotzdem hatte ich den ganzen Abend ein
jmdm. [am liebsten] die Augen auskrat- Auge auf Diemut (Gaiser, Schlußball 183).
zen [mögen] (ugs.): auf jmdn. so wütend nur Augen für jmdn. , etw. haben (ugs.):
sein, dass man ihm am liebsten etwas Bö- jmdn. , etw. ganz allein beachten: Seit dem
ses antun möchte: Sie musste ... sich auch Studentenball hat er nur noch Augen für
gegen seine amourösen Attacken wehren. .
die neue Bibliothekarin. Aber sie hat-
Trotzdem wollte die eifersüchtige ten nur Augen für Grün und Gold und ih-
schwarze Anita ihr die Augen auskratzen ren Chef, der jetzt aus den Lautsprechern
(www.spiegel.de, 8/2000). ... wer mir in zu ihnen sprach (Bieler, Bonifaz 232).
mein Gehege kommt, dem kratze ich ein Auge für etw. haben: das richtige
rücksichtslos beide Augen ... aus (Lang- Verständnis, das nötige Urteilsvermögen
gässer, Siegel 460). für etw. haben: Lass ihn das machen, er
ein Auge auf jmdn. , etw. werfen (ugs.): hat das Auge dafür! Sie hat ein ausgespro-
1. sich für jmdn. , etw. zu interessieren be- chenes Auge für Farben; ihre Kombina-
ginnen: Auf das neue Coupé habe ich tionen stimmen bis in die feinste Nuance.
.
auch schon ein Auge geworfen. Siame- kein Auge von jmdm. , etw. lassen/
sische Zwillinge werden sie inzwischen [ab]wenden: jmdn. unverwandt ansehen,
von allen genannt, auch von Sandra und jmdn. , etw. aufmerksam beobachten: Und
Anke ... , die ein Auge auf die beiden kna- natürlich war auch eine Frau im Spiel,
71
Auge
72
Auge
ßes mit ihr vor, bestimmte Pläne im Auge Hüne, dessen organische Unschuld an der
(Thieß, Legende 116). Disposition und Aufnahmelustigkeit des
jmdn. , etw. im Auge behalten/haben: Töchterchens in die Augen stach
jmdn. , etwas beobachten, in seinem weite- (Th. Mann, Zauberberg 420). Das Mäd-
ren Verlauf, bei den weiteren Aktivitäten chen ... streckte eine Hand aus, deren rote
verfolgen: Die Polizei behielt ihn nach sei- Fingernägel Sartorik in die Augen sta-
ner Entlassung noch einige Zeit im Auge. chen (Sebastian, Krankenhaus 62).
Die Vorstände wollten eine Fusion der einer Sache 〈Dativ〉 ins Auge sehen/bli-
beiden Vereine im Auge behalten. . cken: etw. Unangenehmes realistisch se-
Einstweilen also sollten wir uns auf diese hen und sich dem Betreffenden stellen: Die
Bahn beschränken, denn dabei konnten Besatzung des Jumbos sah der Gefahr ru-
die auf der Veranda sitzenden Erwachse- hig ins Auge. Sie mussten der Wahrheit
nen uns im Auge haben (Bergengruen, ins Auge sehen: Die Firma stand vor dem
Rittmeisterin 262). .
Ruin. Man hat der Regierung in Bonn
in jmds. Augen: nach jmds. Ansicht: In häufig vorgeworfen, sie ... sei nicht bereit,
meinen Augen ist sie eine Heilige. . den Realitäten ins Auge zu blicken (Dön-
... ein ausgesägter Flurboden, ein mit Heu hoff, Ära 85).
gefüllter Keller wären in den Augen der jmdm. zu tief ins Auge/in die Augen se-
Polizei doch recht ungewöhnliche Ge- hen: sich in jmdn. verlieben: Du hast wohl
burtstagsvorbereitungen gewesen (Fal- der neuen Laborantin zu tief ins Auge ge-
lada, Herr 88). sehen?
in jmds. Augen steigen/sinken: bei jmdm. etw. ins Auge fassen: etw. erwägen: Wir
an Ansehen, Achtung gewinnen/verlieren: werden die Verbesserungsvorschläge
Mit dem Doktortitel war ich natürlich in noch einmal ins Auge fassen. Er hatte
den Augen meiner Schwiegereltern eine Scheidung bisher noch nicht ins
enorm gestiegen. Er begann in unseren .
Auge gefasst. Bevor ein Unternehmen
Augen zu sinken, als sich die ersten An- zum Opfer von Viren oder Würmern,
zeichen seiner Labilität zeigten. Rootkits oder Trojanern wird, sollte es re-
jmdm. Auge in Auge gegenüberstehen: gelmäßige Updates von Anwendungen
jmdm. ganz nah gegenüberstehen: De- und Betriebssystemen ins Auge fassen
monstranten und Polizisten standen sich (iX 1, 2004, 27).
Auge in Auge gegenüber. ins Auge gehen (ugs.): übel ausgehen,
ins Auge/in die Augen springen/fallen: schlimme Folgen haben: Ich hatte bei dem
als Merkmal so offensichtlich sein, dass Unfall einfach Glück – das hätte auch
man es nicht übersehen kann, dass es so- .
leicht ins Auge gehen können. Wenn
fort auffällt: Der Qualitätsunterschied der ein junger Mann im Krieg für den Frieden
beiden Teppiche fiel ihm sofort ins wirbt, so kann das leicht ins Auge gehen
.
Auge. Die einfachste, ins Auge fallende (Hörzu 18, 1973, 75).
Einteilung des Waldes ist die nach Nadel- jmdm. nicht in die Augen sehen können:
wald, Laubwald und Mischwald (Mantel, aus Scham oder Verlegenheit jmds. Blick
Wald 24). ... weil die faltigen Gesichter nicht ertragen können: Seit dem peinli-
der berlebenden von einer tiefen Verlo- chen Vorfall konnte er ihr nicht mehr in
renheit zeugten, die umso deutlicher ins die Augen sehen.
Auge sprang, je bunter die Kleider und mit einem lachenden und einem weinen-
fröhlicher die Perücken waren (FR 29. 4. den Auge: teils erfreut, teils betrübt: Da
1994, 9). der Spitzenreiter auch verloren hat, ha-
[jmdm.] ins Auge/in die Augen stechen ben wir die Niederlage mit einem lachen-
73
Auge
74
Augenblick – Augenschondienst
sich bei jmdm. sehen lassen: Wenn der blick zurück sein. Das Taxi wird jeden A
Kerl mir noch einmal unter die Augen
.
kommt, passiert etwas. Dass ich ihr
nicht mehr unter die Augen treten durfte,
Augenblick kommen.
im Augenblick: zu diesem Zeitpunkt, jetzt,
momentan: Es gibt im Augenblick keine
M
Auge
75
Augiasstall – Ausbund
76
ausdenken – ausfressen
31). ... sicher glaubte er, ein Ausbund an sprechen: Sie war jung im Beruf und an-
Männlichkeit zu sein (H. Weber, Einzug maßend und vergriff sich ihren erfahre-
232). nen Kollegen gegenüber im Ausdruck.
ausdenken: da musst du dir schon etwas etw. zum Ausdruck bringen: etw. erken-
anderes ausdenken! (ugs.): damit kannst nen lassen, ausdrücken: Ich wollte damit
du mich nicht überzeugen; was du da zum Ausdruck bringen, dass ich mich
sagst, glaube ich dir nicht: Joseph soll auch für diesen Plan einsetzen werde. .
seine Frau betrügen? Da musst du dir Wie sollte ich ihr gegenüber meine Zunei-
schon etwas anderes ausdenken, für Jo- gung und Dankbarkeit zum Ausdruck
seph leg ich meine Hand ins Feuer. Auf bringen, die ohnegleichen waren? (Kessel
solche plumpen Tricks falle ich nicht her- [ bers.], Patricia 95).
ein, da musst du dir schon etwas anderes [in etw. 〈Dativ〉] zum Ausdruck kommen:
ausdenken. sich [in etw.] ausdrücken, erkennbar sein:
nicht auszudenken [sein]: unvorstellbar Und von allem, was er hatte sagen wollen,
[sein]: Nicht auszudenken, was passiert, blieb nichts mehr als ein mühsames At-
.
wenn er das erfährt! Die Rohre sind al- men, in dem eine große Ratlosigkeit zum
lesamt uralt, nicht auszudenken, was ge- Ausdruck kam (Benrath, Konstanze 127).
schieht, wenn sie brechen (MM 23. 2. In dieser Definition kommt schon zum
2001, 29). Die Mode künftiger Äonen ist Ausdruck, dass zum Waldbegriff eine ge-
offenbar nicht auszudenken, die Kleider wisse Mindestfläche gehört (Mantel,
bleiben angewiesen auf die Antiquiertheit Wald 15).
des menschlichen Körpers (NZZ 21. 12. auserwählt: ↑ berufen.
2002, 70). ausfallen: ↑ Nebel.
Ausdruck: das ist gar kein Ausdruck! ausfindig: jmdn. , etw. ausfindig machen:
(ugs.): das ist viel zu schwach ausge- jmdn. , etw. [nach längerer, schwieriger Su-
drückt: Beschwipst? Das ist gar kein Aus- che] finden: Die Technik macht es mög-
.
druck! Sternhagelvoll war er. Dieses lich, anonyme Anrufer manchmal doch
Gefühl machte uns verrückt. Nervenkit- .
ausfindig zu machen. Nach stunden-
zel war schon gar kein Ausdruck mehr langen Vernehmungen ... waren ihr doch
dafür (Cotton, Silver-Jet 5). noch Einzelheiten ... eingefallen, die es er-
einer Sache 〈Dativ〉 Ausdruck geben/ver- möglichten, die Mordwohnung ausfindig
leihen (geh.): etw. zu erkennen geben, äu- zu machen (Prodöhl, Tod 104).
ßern: Er gab seinem Wunsch Ausdruck, ausfliegen: ↑ Vogel.
.
sie bald wieder zu sehen. Peter gab in- ausfragen: so fragt man die Leute aus:
zwischen der Ansicht Ausdruck, so ein ausweichende Antwort auf jmds. als zu
bisschen Fischgestank möchte er ganz dreist empfundene Frage: Legen Sie Ihre
gern (Hausmann, Abel 21). Er fand nicht Einkünfte mehr in Aktien an, oder kaufen
die rechten Worte, seiner steigenden Ver- Sie Immobilien? – So fragt man die Leute
wunderung Ausdruck zu verleihen (Kirst, aus – das überlasse ich meinem Anlage-
Aufruhr 160). berater.
in etw. 〈Dativ〉 [seinen] Ausdruck finden/ ausfressen: etwas ausgefressen haben
gewinnen: sich in etw. niederschlagen: (ugs.): etwas angestellt, verbrochen haben:
Nur in der lakonischen Klarheit und Die Kinder scheinen wieder etwas ausge-
Kürze fand der griechische Geist reizvol- .
fressen zu haben. Was hatte Töchter-
len Ausdruck (Thieß, Reich 98). Ihren be- chen Nicola, gerade mal neun Jahre alt,
deutendsten Ausdruck gewinnt diese wohl nur ausgefressen, dass sich ihr Papa
Geistesverfassung ... in einem Ideal, das so aufregte und die Mama um Hilfe rief ?
77
Ausgang – aushaken
78
aushalten – ausnehmen
weise eines anderen absolut kein Ver- teilungsleiter war ein kleinlicher, rechtha- A
ständnis: Wenn jemand mit dem Brustton
der berzeugung erklärt, Atomwaffen
seien ihrer Natur nach politische Waffen,
berischer Mann, es war kein Auskommen
.
mit ihm. ... Frau Kempowski ging rüber
zu dem Ollen ... Mit dem war kein Aus-
M
ausn
hakt es bei mir einfach aus. 2. (bei einer kommen nicht (Kempowski, Zeit 138).
Darlegung o. Ä. :) jmd. verliert den gedank- auskratzen: ↑ Auge.
lichen Zusammenhang, weiß plötzlich Auslangen: das/sein Auslangen finden (ös-
nicht mehr weiter: Mitten in der Rede terr.): den Lebensunterhalt bestreiten kön-
hakte es plötzlich bei ihm aus. Es ent- nen: Beide Frauen hatten es dahin ge-
stand eine Pause, die er mit verlegenem bracht, ohne Zuhälter das Auslangen zu
Hüsteln füllte, bis ihm sein Konzept zu finden (Doderer, Wasserfälle 29). Er be-
Hilfe kam. 3. jmds. Geduld ist zu Ende, treibt nebenher eine Landwirtschaft, mit
jmd. verliert die Nerven: »Da hakte es bei der allein er sein Auslangen fände (Zau-
mir aus!«, erklärte Cryns vor Gericht. ner, Maulwurfshügel 56).
Zweimal schoss er auf Wehmer (Bild 8. 5. auslernen: man lernt nie aus: man macht
1964, 2). im Verlauf des Lebens immer neue Erfah-
aushalten: nicht zum Aushalten sein: uner- rungen: Von ihr hätte ich so eine Gemein-
träglich sein: Dieser Lärm ist ja nicht zum heit niemals erwartet – na ja, man lernt
Aushalten! Es ist nicht zum Aushalten, eben nie aus.
was der Mensch für einen Blödsinn von auslöffeln: auslöffeln, was man sich/was
.
sich gibt! Er stank auf zwei Meter so, einem jmd. eingebrockt hat: die Folgen
dass es nicht zum Aushalten war (Chris- seines eigenen/jmds. Tuns tragen: Du
tiane, Zoo 204). konntest ja nicht auf uns hören. Nun
↑ Kopf, ↑ Pferd. müssen wir auslöffeln, was du uns einge-
aushängen: es hängt [bei] jmdm. aus .
brockt hast. Bitte, sollen sie doch aus-
(schweiz. salopp): 1. jmds. Geduld ist am löffeln, was sie sich eingebrockt haben.
Ende: ... schreibt ... in ihrem Wahlmani- Sie haben den tausendjährigen Damm ge-
fest ... , die Forderung nach Erhaltung von gen Asien zerstört (B. Vesper, Reise 465).
genügend Lebensraum sei eine Hysterie, ↑ Suppe.
die bekämpft werden müsse. Als ich das ausmachen: jmdm. etwas/viel/nichts aus-
las, hat es mir endgültig ausgehängt (Bas- machen: jmdm. einige/große/keine Mühe,
ler Zeitung. 25. 8. 1987, 8). 2. jmd. verliert Unannehmlichkeiten bereiten: Würde es
die Nerven: ... und plötzlich hängt’s uns Ihnen etwas ausmachen, das Radio leiser
aus und wir schlagen drein? Nur ja nicht zu stellen? Es macht mir gar nichts aus,
(Walter, Unruhen 172). Ihnen ein paar Brötchen vom Bäcker mit-
↑ Kreuz. zubringen.
aushauchen: ↑ Geist, ↑ Leben, ↑ Seele. Ausmaß: ↑ biblisch.
auskämpfen: ausgekämpft haben (geh. ausmisten: ↑ Augiasstall.
verhüll.): nach schwerem Leiden gestorben Ausnahme: Ausnahmen bestätigen die Re-
sein: Gegen Morgen war alles vorbei; der gel: Einzelfälle, die der Regel widerspre-
Patient hatte ausgekämpft. chen, heben noch nicht unbedingt die all-
auskehren: ↑ Besen. gemeine Gültigkeit der Regel auf: Jeder
ausklinken: bei jmdm. klinkt es aus (ugs.): Student, Ausnahmen bestätigen die Re-
jmd. verliert die Beherrschung, die Nerven: gel, weiß, dass das Erlernte in der Wirt-
Nach fast 80 Minuten ständiger Provoka- schaft nur bedingt verwendbar ist (www.
tion klinkte es bei ihm aus und er ver- tweakpc.de). ... Ausnahmen bestätigen
passte seinem Gegenspieler einen Kopf- die Regel: Die Anredepronomen Sie und
stoß. Ihnen werden weiterhin großgeschrieben
ausklopfen: ↑ Hose, ↑ Jacke, ↑ Wams. (www.korrekturen.de).
Auskommen: mit jmdm. ist kein Auskom- ausnehmen: jmdn. ausnehmen wie eine
men: jmd. ist unverträglich: Der neue Ab- Weihnachtsgans (ugs.): sich in schamloser
79
Auspizium – Ausschluss
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ausschreien – außen
promisse, möglichst unter Ausschluss der 2. sehr sorg fältig gekleidet sein: Er sah aus
Öffentlichkeit, an (Fraenkel, Staat 225). wie geleckt.
ausschreien: ↑ Hals, ↑ Kehle. wie ein Stück Malheur aussehen (ugs.):
ausschütten: sich ausschütten vor Lachen: sehr unglücklich aussehen: Der ertappte
sehr heftig und anhaltend lachen: Die Zu- Sünder sah aus wie ein Stück Malheur.
schauer schütteten sich aus vor La- wie Milch und Blut aussehen: ein sehr ge-
chen. . ber infernalische Intrigen, falls sundes, frisches Aussehen haben: Seine
sie gelungen waren, schüttete man sich Frau sah immer aus wie Milch und Blut.
aus vor Lachen (Thieß, Reich 594). wie drei Tage Regenwetter aussehen
↑ Herz, ↑ Kind, ↑ Kraut. (ugs.): griesgrämig aussehen: Es waren
aussehen: nach [et]was/nicht viel/nichts keine Aufträge eingegangen, und der Chef
aussehen (ugs.): sehr/wenig/gar nicht an- sah wie drei Tage Regenwetter aus.
sprechend, beeindruckend aussehen: In wie eine lebende Leiche/wie ein leben-
das Buch müssen noch ein paar Hoch- der/wandelnder Leichnam/wie eine
glanzfotos, damit es auch nach was aus- Wasserleiche/wie eine Leiche auf Urlaub
.
sieht. Tatsache ist, dass sie mit aufge- aussehen; wie das leibhaftige Elend aus-
stecktem Haar nach nichts aussieht sehen; wie der Tod [von Basel/Warschau/
(H. Mann, Stadt 233). Forchheim usw.] aussehen (ugs.): erschre-
so siehst du aus! (ugs.): das stellst du dir ckend blass und elend aussehen: Was ist
so vor! ; da irrst du dich aber! : Während los mit dir? Du siehst ja aus wie der Tod
du dich amüsierst, soll ich zu Hause blei- von Basel.
ben und auf die Kinder aufpassen? So ♦ Bei dem »Tod von Basel« handelt es
siehst du aus! sich um ein Gemälde, den »Baseler Toten-
sehe ich so/danach aus? (ugs.): kann man tanz«, der im Mittelalter auf eine Wand
das von mir glauben?: Und ich soll ihn ge- der Predigerkirche in Basel gemalt wor-
schlagen haben, sehe ich so vielleicht den war. Die Verbindung von »Tod« mit
.
aus? »Sicher haben Sie selbst eine anderen Städtenamen geht in der Regel
Frau.« »Nein. Sehe ich danach aus?« (Gai- darauf zurück, dass diese Orte mit ver-
ser, Jagd 172). lustreichen Schlachten oder todbringen-
wie das Leiden Christi/wie Braunbier den Seuchen früherer Jahrhunderte in Zu-
und/mit Spucke aussehen (ugs.): sehr sammenhang gebracht werden.
schlecht, elend aussehen: Nach zwei ↑ abschießen, ↑ alt, ↑ anbeißen, ↑ fressen,
durchzechten Nächten sah er aus wie das ↑ küssen, ↑ verboten.
.
Leiden Christi. Wann machst du ei- außen: außen vor bleiben (bes. nordd.):
gentlich Urlaub ... Du siehst aus wie unberücksichtigt bleiben: Die kleineren
Braunbier mit Spucke (Bieler, Bär 215). Probleme müssen zunächst außen vor
wie das blühende Leben aussehen (ugs.): .
bleiben. ... ausschließlich Ärzte,
gesund und jung aussehen: Nach zwei Rechtsanwälte ... spielen die Zentralrol-
Wochen Urlaub siehst du wieder aus wie len, und die Arbeiter bleiben außen vor
das blühende Leben. (Spiegel 16, 1982, 262).
wie ausgeschissen aussehen; wie an die etw. außen vor lassen (bes. nordd.): etw.
Wand gepisst/gepinkelt aussehen (derb): unberücksichtigt lassen: Man kann nicht
sehr blass und elend aussehen: Ich er- verlangen, dass wir die Gesundheit unse-
schrak vor meinem Spiegelbild – ich sah rer Kinder außen vor lassen, wenn es um
aus wie ausgeschissen! den Standort der neuen Sondermülldepo-
wie geleckt aussehen (ugs.): 1. sehr sau- .
nie geht. Man kann doch nicht außen
ber aussehen: Ihre Wohnung sah aus wie vor lassen, dass es da wirklich massive
81
außer – Aussterbeetat
82
aussterben – Axt
gang, zum Verschwinden verurteilen: Die »jmdm. mit einer schnellen (wischenden) A
meisten hatten den Vereinsboss bereits
auf den Aussterbeetat gesetzt. Und.
dann könne die Mutti ... erklären, ... wel-
Bewegung einen Schlag versetzen«.
ausziehen: ↑ Hemd, ↑ Kinderschuh, ↑ Later-
nenpfahl, ↑ Schuh, ↑ Socke, ↑ Stiefel.
M
Axt
83
B – Backe
rat versprach, die Axt an diese Miss- saß in fröhlicher Runde bis spät in die
stände zu legen. Man muss die Axt an die Nacht, huldigte dem Bacchus und
B Wurzel der Drogenkriminalität legen. .
schwelgte in Erinnerungen. ... am
♦ Diese Redewendung hat ihren Ur- Abend gab es pro Soldat zwei Flaschen
B sprung in der Bußpredigt Johannes des Bier ... Dafür haben unsere Vorgesetzten
Täufers (Matth. 3, 10): »Es ist schon die Bacchus umso mehr gehuldigt (Spiegel 9,
Axt den Bäumen an die Wurzel gelegt. 1977, 41).
Darum, welcher Baum nicht gute Frucht ♦ Bacchus ist der römische Gott des
bringt, wird abgehauen und ins Feuer ge- Weines, der dem griechischen Dionysos
worfen.« entspricht.
wie eine/wie die Axt im Walde (ugs.): un- Bach: [einen] Bach/[ein] Bächlein machen
gehobelt in seinem Benehmen: Er hat ein (Kinderspr.): urinieren: Papi, Tim hat
Benehmen wie die Axt im Walde. Die-. Bächlein in die Hose gemacht! Der ist
ser Mann mag sich vielleicht wie ein Rü- .
ganz nass! An einer Raststätte legt
pel, wie eine Axt im Walde oder wie ein das ... Auto eine Pause ein. Warum
rauer Krieger benehmen, aber er hat das soll der arme Hund gerade hier zum
Gemüt eines Kindes (Kirst, 08/15, 115). »Bächlein machen«? (www.
verdammte Axt! (ugs.): Ausruf der Verär- redaktion-elternkontakte.de).
gerung oder der Begeisterung: Verdammte den Bach runter sein (ugs.): am Ende sein,
Axt, warum stinkt mein Bügeleisen? . verloren sein: Wenn die Sportkommission
Wow, verdammte Axt, ist das geil, würde am Freitag tagt und du nicht erscheinst,
Lena sagen (SZ 15. 6. 2010, 38). werden sie den Kampf absagen. Dann ist
↑ Scheitel. alles den Bach runter, was ich besitze
(Spiegel 43, 1975, 98).
B
den Bach runtergehen (ugs.): scheitern,
zugrunde gehen, zunichte werden: Dass
dabei Glaubenstreue, Kirchendisziplin
und apostolische Autorität den Bach run-
tergehen, stört unsere verirrten Hirten
84
backen – baden
auf blähen: Alle Welt weiß schließlich, zum Beispiel, die sich gerade in diesen
dass unser Kanzler, der noch 1995 in Ber-
lin der Welt vorbildlichen Klimaschutz
Wochen auf die Olympischen Winter-
spiele in Lillehammer vorbereiten und M
B
M
aus Deutschland versprochen hat, kein deshalb im Blickpunkt der Öffentlichkeit
Ökonom ist und in solchen Fragen immer stehen, würden sich den Schnee am liebs- bade
nur dicke Backen macht (taz 20. 11. 1996, ten backen lassen (FR 6. 1. 1994, 1).
12). Am Dienstag machte CDU-Frakti- etw. gebacken kriegen (ugs.): etw. fertig-
onschef Jens Eckhof in der Bürgerschaft bringen, zustande bringen: Europa, sagt
noch dicke Backen: Davon, dass das Hol- John, da bin ich jetzt etwas vorsichtiger.
lerland Technologiestadtteil werden Erst mal schauen, was die mit ihrem Euro
muss, werde man die SPD auch noch gebacken kriegen (Handelsblatt 6. 6. 1997,
überzeugen (taz 22. 7. 1999, 17). 25). Bleibt abzuwarten, ob Stadt und LOV
etw. an der Backe haben (ugs.): etw. [als das Projekt noch zu diesem Fest geba-
Problem, unangenehme Aufgabe] bewälti- cken kriegen (FR 20. 9. 2000, 1).
gen müssen: Und jetzt hat Everett dieses ↑ Brötchen, ↑ Ei.
Interview mit dem Todeskandidaten an 2
backen: backen und banken (See-
der Backe (Tagesspiegel 29. 4. 1999, 29). mannsspr.): Platz nehmen zum Essen: Alle
Nach Flug-, Geschenk- und Bulettenskan- Mann backen und banken, das Labskaus
dälchen hat der Senat nun auch ein virtu- ist fertig!
elles Problem an der Backe (taz 12. 2. ♦ In der Seemannssprache bezeichnet
2000, 21). »Back« unter anderem den zusammen-
etw. auf einer/auf der linken Backe ab- klappbaren Esstisch. Die Wendung be-
sitzen (salopp): etw. , bes. eine Haftstrafe deutet wörtlich so viel wie »Esstisch und
ohne große Probleme, ziemlich unbeein- Sitzbank herunterklappen«.
druckt hinter sich bringen: Die zwei Jahre Backenbremse: die Backenbremse ziehen
sitze ich doch auf einer Backe ab. (salopp scherzh.): sich (beim Skilaufen)
sich etw. von der Backe putzen können auf das Gesäß fallen lassen und dadurch
(ugs.): die Hoffnung auf etw. aufgeben eine Bremswirkung erzielen: Wenn man
müssen: Noch eine Fünf in Mathe, und du als Anfänger auf einen zu steilen Hang
kannst dir das Studium in Amerika von gerät, zieht man am besten die Backen-
der Backe putzen! Ein Snowboard zu bremse.
Weihnachten? Das kannst du dir von der Backobst: ↑ danken.
.
Backe putzen. Die Sache mit der Di- Backofen: ↑ Einfall.
rektvermarktung seiner Rinder könne er Backschaft: Backschaft machen (See-
sich jetzt wohl »von der Backe putzen«, mannsspr.): das Essgeschirr säubern und
seufzt der junge Landwirt aus Brakel (FR wegräumen: Fertig gegessen? Dann zu-
23. 1. 1997, 3). rück an Deck, hier wird jetzt Backschaft
über beide/ (scherzh.) alle vier Backen gemacht!
grinsen/strahlen: auffallend froh, glück- Bad: Bad in der Menge: unmittelbarer Kon-
lich aussehen/auffallend breit grinsen: Die takt mit einer [wohlmeinenden] Men-
beiden Jungen grinsten über alle vier Ba- schenmenge: Johannes Paul ... wird sich
cken, als die Maus im Briefkasten ver- dem Bad in der Menge seiner Landsleute
schwand. Hast du im Lotto gewonnen? nicht entziehen können (Spiegel 23, 1979,
Du strahlst ja über beide Backen! 118). Offenbar sucht er das Bad in der
↑ au, ↑ Bonbon, ↑ Knopf, ↑ Vaterunser. Menge. Kann nicht genug davon kriegen
1
backen: sich 〈Dativ〉 etw. backen lassen (Strauß, Niemand 174).
(ugs.): sich einen Wunsch nach etw. erfül- ein Bad nehmen: baden: Jeden Abend
len lassen (kommentiert ironisch einen vorm Schlafengehen, nimmt sie ein war-
unerfüllbaren Wunsch): Wenn dir keiner mes Bad mit Lavendelöl.
meiner Entwürfe gefällt, dann musst du ↑ Kind.
.
dir einen backen lassen! Die Skifahrer baden: [bei/mit etw.] baden gehen (sa-
85
baff – Bahnhof
lopp): keinen Erfolg mit etw. haben; mit der Tüchtige soll sich ungehindert entfal-
etw. hereinfallen, scheitern: Ich bin mit ten können: Und der andere Teil, dem ga-
B meinem Plan ganz schön baden gegan-
.
gen. Unsere Gewerkschaft ist jetzt Un-
ben die Sieger die Devise auf den Weg:
freie Bahn dem Tüchtigen (Dönhoff, Ära
baff ternehmer geworden, und da muss sie 52).
sich nach den Methoden der Unterneh- auf die schiefe Bahn geraten/kommen:
mer richten, wenn sie nicht baden gehen auf Abwege geraten; herunterkommen: Da
will (v. d. Grün, Glatteis 278). lebt der Vater da, die Mutter dort, und die
♦ Mit »baden gehen« war ursprünglich Kinder hängen dazwischen. Meistens ge-
gemeint, dass eine Unternehmung oder raten solche Kinder auch noch auf die
Veranstaltung im Freien in wolkenbruch- schiefe Bahn (Hornschuh, Ich bin 53).
artigem Regen endet. 1910 in Paris geboren und als uneheliches
du bist wohl [als Kind] zu heiß gebadet Fürsorgekind bei einer Bauernfamilie auf-
worden!; dich haben sie wohl [als Kind] gewachsen, kam er schon früh auf die
zu heiß gebadet! (ugs.): du bist wohl schiefe Bahn (Bild und Funk 21, 1966, 37).
nicht recht bei Verstand! : Dich haben sie jmdn. aus der Bahn schleudern/werfen:
wohl [als Kind] zu heiß gebadet, mit mei- jmdn. von seiner gewohnten Lebensweise
nem schönen Brief beschwerer einen Na- abbringen, aus dem seelischen Gleichge-
gel in die Wand klopfen! wicht bringen: Der Tod seiner Frau hatte
↑ Schweiß, ↑ Wurm. ihn völlig aus der Bahn geworfen. .
baff: baff sein (ugs.): verblüfft sein: ... na, da ... sein Entschluss, ihr Verhältnis nicht
bist du baff, was? Natürlich, mich schätzt vor einem Standesbeamten zu legalisie-
jeder jünger (v. d. Grün, Glatteis 231). Er ren, warf sie nicht aus der Bahn (Weber,
sei völlig baff gewesen, als er ... wegen Tote 217).
dieser Nötigung Post vom Gericht bekam etw. in die richtige Bahn lenken: dafür
(ADAC-Motorwelt 1, 1987, 41). sorgen, dass sich etw. in der vorgesehenen
Bahn: sich 〈Dativ〉 Bahn brechen: sich oder wünschenswerten Weise entwickelt:
durchsetzen: Er war davon überzeugt, Einer verständnisvollen Lehrerin gelang
dass sich der Sozialismus Bahn brechen es, meine Begeisterung für Musik in die
würde. richtige Bahn zu lenken. Vernünftige An-
einer Sache Bahn brechen: einer Sache sätze waren durchaus erkennbar; es galt
zum Durchbruch verhelfen, Anerkennung nun, das Projekt in die richtige Bahn zu
verschaffen: Er hat dieser Theorie Bahn lenken.
gebrochen. Bahndamm: ↑ Marke.
♦ Beide Wendungen knüpfen an »Bahn« Bahnhof: [immer] nur Bahnhof verstehen
in der alten Bedeutung von »Schneise, (ugs.): nicht richtig, überhaupt nichts ver-
durch Wald oder unwegsames Gelände stehen: Wenn die beiden über Wirt-
gebahnter Weg« an. schaftspolitik sprechen, verstehe ich nur
jmdm. , einer Sache die Bahn ebnen .
Bahnhof. Ich verstand natürlich nur
(geh.): jmdn. , etwas fördern, indem man Bahnhof, weil der ja englisch sprach
die für sein Vorhaben, Vorankommen be- (Spiegel 49, 1979, 89).
stehenden Hindernisse aus dem Weg ♦ Vermutlich geht die Wendung auf die
räumt: Er nahm sich seines Neffen an und Soldaten zu Ende des 1. Weltkrieges zu-
ebnete ihm die Bahn. rück. »Bahnhof« bedeutete für sie »Ent-
freie Bahn haben: alle Schwierigkeiten be- lassung« und »Heimkehr« und war für sie
seitigt haben, ungehindert vorgehen kön- sozusagen das magische Wort. Möglich
nen: Die Finanzierung ist gesichert, die ist auch die Deutung, dass »Bahnhof«
Genehmigungen liegen vor – die Firma hier als Ausgangspunkt einer Urlaubs-
hat freie Bahn für den Bau der neuen Pro- reise gesehen wird und jmds. Gedanken
duktionsanlagen. so beherrscht, dass er für ein anderes
freie Bahn dem Tüchtigen: der Begabte, Thema keine Ohren hat.
86
Bahnschranke – ballern
87
Ballhöhe – Bändel
Ballhöhe: auf Ballhöhe sein: gut informiert, Feuerwehr hatte Großeinsatz am laufen-
auf dem Laufenden sein: Der Mann ist den Band (MM 16. 8. 1971, 6).
B das, was man gemeinhin als umtriebig
bezeichnet. Immer da, wo’s passiert, im-
♦ Die Wendung bezieht sich bildlich auf
das ständig laufende Fließband in Fabri-
Ball mer auf Ballhöhe (taz 21. 1. 2000, 16). ken.
♦ Die Wendung stammt aus dem Fuß- durchs Band [weg] (schweiz.): durchweg,
ballsport, wo sich die Schiedsrichter zwar ohne Ausnahme: Nach jahrelangem
nicht unmittelbar am Ball, aber möglichst Krebsgang ... waren ... erstmals wieder
»auf der Höhe« des Balles, also in dem Qualifikationen wie »sehr befriedigend«
Bereich des Spielfeldes aufhalten sollten, ... zu hören, und das durchs Band weg
von dem aus sie das Ballgeschehen opti- durch den ganzen Konzern (NZZ 1. 9.
mal beobachten können. 1988, 33).
Ballon: [so] einen Ballon kriegen/bekom- ↑ Rand, ↑ zart.
men (salopp): aus Verlegenheit einen ro- 2
Band: Bände sprechen (ugs.): sehr auf-
ten Kopf bekommen: Als er plötzlich schlussreich sein, alles sagen: Dass er
merkte, dass seine Hose offen stand, seine Sekretärin auf Reisen mitnimmt,
.
kriegte er so einen Ballon. ... ich bekam .
spricht doch Bände. Es war ein Ge-
einen Ballon, sobald mir Tulla ... begeg- sicht, das er genau kannte; hier sprachen
nete (Grass, Hundejahre 322). selbst die winzigsten Regungen für ihn
Bammel: Bammel haben: Angst haben: Er Bände (Kirst, 08/15, 816).
hatte einen mächtigen Bammel vor der über etw. Bände schreiben/reden/erzäh-
.
Prüfung. Nach rund 1 000 Auftrit- len können (ugs.): sich eingehend zu etw.
ten als Ansagerin hat Ann Ladiges ein äußern können: Ich kenne die beiden seit
»bisschen Bammel« vor ihrer ersten Live- Jahren; ich könnte dir Bände über ihr Ver-
sendung (Hörzu 5, 1973, 117). Vor der hältnis erzählen!
Zukunft hat die kluge Frau, die der Star- Bandage: mit harten Bandagen kämpfen,
vergangenheit keine Träne nachweint, ringen o. Ä.: hart, erbittert, rücksichtslos
keinen Bammel (Hörzu 28, 1971, 82). kämpfen o. Ä. : Hinter den Kulissen wird
♦ »Bammel« ist eine Bildung zu »bam- mit harten Bandagen gerungen. .
meln«, meint also ein Hin- und Her- Heidi ... hat gelernt, mit harten Bandagen
schwingen, die innere Unruhe. zu kämpfen. Eine Karriere-Frau (Hörzu
Banane: alles Banane (ugs. , bes. nordd.): es 46, 1973, 34). Während um die Tariftreue-
gibt keine Probleme; alles ist so, wie es sein erklärung noch mit harten Bandagen
soll: Alles Banane, Alter, deinem Motor- gerungen wird, hat die Regierung unter-
rad ist nichts passiert! dessen an anderer Stelle bereits Fakten
warum ist die Banane krumm?: unwillige geschaffen (Wirtschaftswoche 11. 1. 2001,
Antwort auf eine mit »warum?« eingelei- 30). Der Kampf um Marktanteile auf dem
tete Frage, die man nicht beantworten will prestige- und margenträchtigen US-
oder kann: Papi, warum hast du denn Markt wird seit jeher mit harten Banda-
schon eine Glatze? – Warum, warum! Wa- gen ausgetragen (Handelsblatt 9. 7. 2002,
rum ist die Banane krumm? 13).
dich/den usw. haben sie wohl mit der Ba- ♦ Man führt die Wendung auf den Box-
nane aus dem Urwald gelockt (ugs.): du sport zurück. Die Hände des Boxers wur-
bist/der ist usw. reichlich naiv: Wie den früher zum Schutz mit Bandagen
kannst du dem Kerl einfach dein Geld ge- umwickelt. Je härter die Bandage, desto
ben? Dich haben sie wohl mit der Banane vernichtender war der Schlag.
aus dem Urwald gelockt! Bändel: jmdn. am Bändel/(österr.:) Bandel
↑ ausgerechnet. haben (ugs. , bes. südd. , schweiz.): jmdn.
1
Band: am laufenden Band (ugs.): unabläs- leiten können, wie man will; jmdn. unter
sig, immer wieder: Mit dem neuen Wagen Kontrolle haben: Er ist seit Jahren ein er-
habe ich am laufenden Band Ärger. Die . folgreicher Geschäftsmann und leitet
88
bange – Bär
zwei Firmen und ein Forschungsinstitut, durch die Bank (ugs.): durchweg, alle ohne
aber zu Hause hat ihn seine Mutter im-
mer noch am Bändel. Seine Freundin hat
Ausnahme: In meiner Einfalt nahm ich
an, die Herren Professoren seien durch M
B
M
ihn ganz am Bändel. die Bank solche Geistesriesen (Zwerenz,
♦ Die Wendung geht auf das Band als Kopf 106). Die Casterots sind durch die Bär
Liebespfand zurück, das seit dem Mittel- Bank halbe Doktoren, pflegt Tante Ber-
alter in Dichtung und Volkslied lebendig narde zu behaupten (Werfel, Bernadette
ist. 426).
bange: ↑ angst. ♦ Die Wendung bezog sich ursprünglich
Bange: Bangemachen (Bange machen) gilt darauf, dass alle, die in derselben Bank-
nicht! (landsch. fam.): nur keine Angst reihe sitzen, sozial gleichgestellt sind und
haben, sich nicht einschüchtern lassen! : keiner irgendwelche Vorteile genießt.
Und wenn er sonst wen mitbringt, Bange- ↑ Stuhl.
machen gilt nicht, ich werde trotzdem banken: ↑ 2 backen.
hingehen. Bangemachen gilt nicht – bei Bankrott: Bankrott machen: 1. zahlungsun-
drei springen wir alle zugleich ins Wasser! fähig werden: Viele Einzelhändler haben
↑ Angst. in den letzten Jahren Bankrott gemacht.
bangen: ↑ hangen. 2. ein angestrebtes Ziel o. Ä. nicht errei-
Bank: eine Bank sein (ugs.): zuverlässig zum chen; scheitern: Er hat mit seiner Politik
Erfolg führen; ein sicherer Erfolg sein: Der Bankrott gemacht.
neu erworbene Mittelstürmer ist eine Bann: der Bann ist gebrochen: eine lange
Bank; seit drei Jahren ist er der Torschüt- unabwendbar erscheinende, scheinbar
.
zenkönig der Liga. »Showpeople« ist schicksalhafte Situation ist beendet: Der
eine Bank als Geburtstags- oder Weih- Bann ist gebrochen. Der Fußball-Oberli-
nachtsgeschenk (Oxmox 6, 1983, 141). gist fährt den ersten Saisonsieg ein
♦ Als eine »Bank« bezeichnen Totospie- (Westdeutsche Zeitung 21. 8. 2006).
ler eine Tippreihe, in der durchgehend jmdn. in seinen Bann schlagen/ziehen:
dasselbe Ergebnis vorhergesagt wird. Wer jmdn. ganz gefangen nehmen, fesseln: Die
eine Bank tippt, ist sich über den Aus- .
Musik schlug alle in ihren Bann. Der
gang eines Spiels völlig sicher. Leser wird in Bann geschlagen, seine Auf-
etw. auf die lange Bank schieben (ugs.): merksamkeit gefesselt (Zwerenz, Kopf
etw. aufschieben, hinauszögern: Der Sta- 117). Es faszinierte mich total, wie diese
tus von Berlin, ein Friedensvertrag, das Stars zehntausende Fans begeisterten
Verhältnis zur DDR, all das sind Fragen, und in ihren Bann zogen (Bravo 5. 11.
die sich nicht mehr auf die lange Bank 2003, 8/9).
schieben lassen (Dönhoff, Ära 145). ↑ 1 Acht.
♦ Die Wendung bezieht sich darauf, dass bannen: ↑ Platte.
früher bei den Gerichten die Akten nicht bar: gegen bar: gegen Geldscheine oder
in Schränken, sondern in langen bank- Münzen: Verkauf nur gegen bar, keine
ähnlichen Truhen auf bewahrt wurden. .
Schecks oder Kreditkarten! Die Rechte
Was dorthin kam, blieb lange unerledigt an seinem Bild sind nur gegen bar zu kau-
liegen, während die Akten, die auf dem fen (Saarbr. Zeitung 5. 10. 1979, 14).
Tisch des Richters blieben, schneller be- in bar: in Form von Geldscheinen oder
arbeitet wurden. Münzen: Sie trug fast zehntausend Euro
auf der Bank/ (österr. :) auf dem/am Ban- in bar bei sich. Zahlen Sie in bar oder mit
kerl sitzen (Sport): Reservespieler sein: Scheck?
Wegen einer leichten Verletzung saß der ↑ Kralle, ↑ Münze, ↑ Tisch.
etatmäßige Libero bei diesem Spiel zu- Bär: da o. ä. ist der Bär los/geht der Bär ab
.
nächst nur auf der Bank. Manninger (ugs.): da ist etwas los, herrscht Stimmung,
wird auf dem Bankerl sitzen (Standard kann man viel erleben: Heute Abend ma-
5. 5. 1998). chen wir eine Party, da ist bestimmt der
89
barbieren – barmherzig
Bär los. Wenn der FC Bayern spielt, geht hatte er mir jetzt einen Bärendienst er-
der Bär ab. wiesen (v. d. Grün, Glatteis 153).
B ♦ Die Wendung bezieht sich wohl auf
den Tanzbären auf Jahrmärkten oder den
♦ Die Wendung fußt auf der la-fontaine-
schen Fabel »Der Bär und der Gartenlieb-
barb Bären, der im Zirkus Kunststücke voll- haber«. In dieser Fabel zerschmettert der
bringt. diensteifrige Bär eine lästige Fliege auf
da o. ä. tanzt/steppt der Bär (ugs.): da, ir- der Nasenspitze seines Herrn mit einem
gendwo ist etwas los: ... aber man fährt Stein. Zwar ist nun die Fliege tot, der
nach Patong Beach, um dort das Nachtle- Gärtner aber auch.
ben zu genießen. Denn da tanzt der Bär Bärenführer: den Bärenführer spielen/ma-
(www.ingrids-welt.de). ... in den Straßen chen (ugs. scherzh.): die Rolle des Frem-
drängeln sich die Menschen, und in vielen denführers übernehmen, jmdn. herumfüh-
neuen Lokalen steppt der Bär (Tagesspie- ren: Wenn wir in Berlin sind, kannst du
gel 14. 2. 2000, 11). Auf dem Strommarkt den Bärenführer spielen.
steppt der Bär (SZ 5. 5. 2000, V 2/1). ♦ Unter einem »Bärenführer« verstand
wie ein Bär (ugs.): in auffallend hohem man früher jmdn. , der mit einem Tanzbä-
Maß, sehr: Er ist stark wie ein Bär. Der ren umherzog.
Matrose schwitzte vor Anstrengung wie Bärenhaut: auf der Bärenhaut liegen (ugs.
ein Bär. abwertend): faulenzen: Also wäre es doch
jmdm. einen Bären aufbinden: jmdm. etw. gelacht, wenn Ihr Sohn ... keine Stellung
Unwahres so erzählen, dass er es glaubt: fände – wenn er wirklich arbeiten und
Uns bindest du keinen Bären auf. Du bist nicht auf der Bärenhaut liegen will
blank. Das ist es. Deswegen willst du (Hörzu 31, 1981, 79).
nicht mehr mitmachen (Cotton, Silver-Jet ♦ Die Wendung beruht auf einer alten
156). übertreibenden Ausschmückung der Le-
♦ Die Wendung – früher auch in der bensgewohnheiten der alten Germanen,
Form »jmdm. einen Bären anbinden« ge- wie sie Tacitus in seiner »Germania«
bräuchlich – geht davon aus, dass es prak- (Kap. 15) schildert. Die Germanen hätten,
tisch unmöglich ist, jmdm. (ohne dass er wenn sie nicht im Krieg oder auf der Jagd
es merkt) einen Bären auf den Rücken zu waren, faul auf Fellen herumgelegen und
binden. den Frauen die Arbeit überlassen.
↑ Fell, ↑ schlafen. barfuß: barfuß bis an den/bis zum Hals
barbieren: jmdn. über den Löffel barbie- (ugs. scherzh.): völlig nackt: Er stand bar-
ren/balbieren: jmdn. in plumper Form be- fuß bis an den Hals in der Küche und
trügen: Die Kerle haben sich doch nur .
kochte. Jede Menge Mädchen – barfuß
»kameradschaftlich« betätigt, um Sie, ih- bis zum Hals (= am Nudistenstrand; MM
ren Unteroffizier, über den Löffel zu bar- 25. 10. 1973, 33).
bieren (Kirst, 08/15, 117). barfuß in den Park gehen (ugs. verhüll.):
♦ Die Wendung nimmt darauf Bezug, Sex ohne Präservativ haben: Barfuß in
dass früher Barbiere alten Männern zur den Park gehen und ihr ein Kind machen!
leichteren Rasur einen Löffel in den Du hast vielleicht Nerven!
Mund schoben, um damit die eingefalle- Bargeld: Bargeld lacht! (ugs.): hier wird
nen Gesichtspartien nach außen zu wöl- nichts gepumpt und nichts gestundet! :
ben. »So«, sagte er und knallte den Teller auf
Bärendienst: jmdm. einen Bärendienst er- den Tisch, »ein Schnitzel, macht zehn
weisen (ugs.): in guter Absicht etw. tun, Franken, der Wein drei fünfzig, bitte sehr,
was dem anderen, zu dessen Nutzen es ge- bitte gleich, Bargeld lacht« (Kuby, Sieg
dacht war, schadet: Entweder hatte mir 328).
jemand durch diese Veröffentlichung barmherzig: barmherziger Samariter:
schaden oder aber helfen wollen. Wenn selbstlos helfender Mensch: Als ich mich
dieser Jemand mir aber helfen wollte, auf dem riesigen Flughafen rettungslos
90
Barmherzigkeit – Bart
91
Bart[auf]wickelmaschine – Bauch
jmdn. umschmeicheln: Sieh dir mal an, Rückflug ... für mich ohne Kosten blieb
wie der dem Chef um den Bart geht. . (ADAC-Motorwelt 2, 1982, 80).
B Denn Macht wurde ja von oben verliehen,
nicht »unten« gesucht und erworben, in-
♦ Das Wort »bass« ist eine alte, unregel-
mäßige Steigerungsform zu »wohl«, die
Bart dem man dem Volk um den Bart ging erst in jüngerer Zeit die Bedeutung
(Dönhoff, Ära 42). Gejubelt wird im Ein- »sehr« angenommen hat.
parteienland China von Staats wegen, Bassgeige: ↑ Aas, ↑ Himmel.
aufs Angenehmste um den Bart gestri- Bau: vom Bau [sein] (ugs.): vom Fach [sein]:
chen sowieso (SZ 30. 12. 2002, 1). Uns kann sie nichts vormachen, wir sind
♦ Die Wendung bedeutet eigentlich »mit .
Leute vom Bau. Was habe er denn da
der Hand um den Bart gehen«, d. h. den für eine Meinung, da er die Kollegen bes-
Bart liebevoll streicheln – eine Gebärde, ser kenne als sie, vom Bau sei, wie man so
die bereits in Homers »Ilias« beschrieben sagen könnte (Fries, Weg 186).
wird. ♦ Die Wendung ist eine verkürzte Form
streiten/das ist ein Streit um des Kaisers der Bezeichnung »Leute vom Bau«, die
Bart (ugs.): um Nichtigkeiten streiten/das vermutlich auf ein 1828 in Berlin uraufge-
ist Streit um Nichtigkeiten: Die beiden führtes Stück »Das Fest der Handwerker«
streiten mal wieder um des Kaisers Bart. zurückgeht.
Ob der Treibstoff ausgereicht oder nicht Bauch: ein voller Bauch studiert nicht
ausgereicht hätte, das ist doch ein Streit gern: ein satter Mensch ist träge und
um des Kaisers Bart. denkfaul: Nach dem Mittagessen ist eine
♦ Des »Kaisers Bart« ist vermutlich ent- zweistündige Pause bis zum nächsten
stellt und umgedeutet aus »Geißenhaar« Vortrag vorgesehen, ein voller Bauch stu-
(= Ziegenhaar), vgl. die lateinische Re- diert nicht gern.
densart »de lana caprina rixari«, eigent- ♦ Die sprichwörtliche Redensart wird
lich »um Ziegenwolle, d. h. um nichts, auch in lateinischer Form (»plenus venter
streiten«. Später bezog man die Wendung non studet libenter«) gebraucht.
auf den Gelehrtendisput um die Bart- sich 〈Dativ〉 [vor Lachen] den Bauch hal-
tracht der deutschen Kaiser. ten (ugs.): heftig lachen müssen: Ich habe
↑ Honig. mir den Bauch vor Lachen gehalten, als er
Bart[auf]wickelmaschine: im Keller läuft/ plötzlich in Unterhosen vor mir stand. .
rasselt die Bart[auf]wickelmaschine (ugs. Diesmal wars aber besonders nett, wir ha-
scherzh.): das ist längst bekannt: Das soll ben uns den Bauch gehalten vor Lachen
ein Gag sein? Da rasselt ja im Keller die (MM 5. 1. 1976, 17).
Bartwickelmaschine! einen dicken Bauch haben (derb):
Barthel: wissen, wo Barthel den Most holt schwanger sein: Sie mit ’m dicken Bauch,
(ugs.): alle Kniffe kennen: »Das Treib- Walterli drin, Roberding mit geschwolle-
haus« ist ein Porträt der herrschenden nen Mandeln ... Das war ein Jahr! (Kem-
Klasse, die schon wieder weiß, wo Barthel powski, Uns 173).
den Most holt (Zeit 22. 3. 1996, 51). [mit etw.] auf den Bauch fallen (ugs.):
♦ Die Herkunft der Wendung ist nicht [mit etw.] scheitern, erfolglos bleiben: Sie
sicher geklärt. Vielleicht stammt sie aus ist schon so oft auf den Bauch gefallen,
der Gaunersprache und ist aus rotwelsch dass sie Angst vor jeder neuen Beziehung
»Barsel« (= Brecheisen) und »Moos« (= .
hat. Sie haben ... keinen Versuch ausge-
Geld) entstellt, bedeutete also eigentlich lassen, mir etwas nachzuweisen, was
»wissen, wo man mit dem Brecheisen an nicht korrekt war. Meistens sind sie da-
Geld herankommt«. mit auf den Bauch gefallen (Spiegel 39,
bass: bass erstaunt/verwundert sein: sehr 1987, 35).
erstaunt/verwundert sein: Ich hatte über- vor jmdm. auf dem Bauch liegen/krie-
haupt nicht mehr an den Schutzbrief ge- chen (ugs. abwertend): jmdm. gegenüber
dacht und war bass erstaunt, als der unterwürfig, kriecherisch sein: Dieses
92
bauen – Baum
Würstchen fühlt sich noch wohl dabei, Gaunersprache und bedeutete ursprüng-
wenn es vor dem Chef auf dem Bauch
kriechen darf ! Wir brauchen keine Staats-
lich »einen einfältigen Bauern, einen
Menschen aus der Provinz, der in Berlin M
B
M
sekretäre, die vor ihrem Minister auf dem zu Besuch ist, überlisten«. Dazu stellt
Bauch liegen, sondern kritische und sich die Bildung »Bauernfänger«. Baum
selbstbewusste Verwaltungsspezialisten. Bauklotz: Bauklötze[r] staunen (ugs.): vor
aus dem Bauch [heraus]: nach Gefühl, in- Staunen sprachlos sein: Da staunst du
tuitiv: Wessen Werk allerdings das Prädi- Bauklötzer, was? Die Zuschauer staunten
kat »Meilenstein« verdient, wurde aus Bauklötzer, als der Dompteur seinen Kopf
dem Bauch entschieden (Spiegel 20, 2000, in den Rachen des Tigers steckte. .
247). Wir machen zwar schon eine Pla- Schulz staunte Bauklötze. War das Vier-
nung, aber dann arbeite ich doch immer bein? (Kirst, 08/15, 518).
auch aus dem Bauch heraus (SZ 30. 10. ♦ Der Ursprung dieser im frühen 20. Jahr-
2002, 43). hundert in Berlin aufgekommenen Wen-
aus dem hohlen Bauch (ugs.): ohne Vorbe- dung ist nicht eindeutig geklärt. Am über-
reitung, ohne sich vorher fachlich orien- zeugendsten ist jedoch die Deutung, dass
tiert zu haben: Wie viel wir genau umge- der ursprünglich berlinische Wortlaut
setzt haben, kann ich so aus dem hohlen »Jlotzen machen« (kurz für »Jlotzoogen«
.
Bauch nicht sagen. Höfer wollte einmal = »Glotzaugen«) war, was allmählich zu
zeigen, wie man ohne ... Vorbereitung, »Jlotzen staunen« abgewandelt wurde und
einfach aus dem hohlen Bauch der schließlich unter Einfluss des bedeutungs-
Menschlichkeit so eine »Talkshow« ... gleichen fränkischen Wortes »Klozzer« zu
macht (Spiegel 41, 1977, 237). der heute üblichen Version mit »Bauklöt-
↑ Auge, ↑ Bein, ↑ Kind, ↑ Laus, ↑ Loch, ↑ Mo- zer« geführt hat.
nogramm, ↑ voll, ↑ Wut. Baum: die Bäume wachsen nicht in den
bauen: ↑ Brücke, ↑ gebaut, ↑ Haus, ↑ Kohl, Himmel: jeder Erfolg hat seine Grenzen:
↑ Luftschloss, ↑ Männchen, ↑ Mist, ↑ Sand, ... meine Gegnerinnen aus aller Welt sor-
↑ Schwanz, ↑ Türke, ↑ Turm, ↑ Wasser. gen schon dafür, dass die Bäume nicht in
Bauer: die dümmsten Bauern haben/ernten den Himmel wachsen (Maegerlein, Piste
die dicksten/größten Kartoffeln: Kom- 90).
mentar, wenn jemand mühelos und völlig der Baum brennt (salopp): die Lage ist
unverdient Erfolg hat: Der Mann konnte sehr bedrohlich [und es muss dringend Ab-
nicht mal eine Bilanz lesen, ist aber mit hilfe geschaffen werden]: Wenn die Kom-
35 schon Wirtschaftsminister geworden – munalwahlen verloren gehen, brennt in
die dümmsten Bauern haben halt die .
der Parteizentrale der Baum. In Sara-
dicksten Kartoffeln! gossa brannte nämlich der Baum, spielte
↑ kalt. die letzte Saison im Uefa-Cup angetretene
Bäuerchen: [ein] Bäuerchen machen (fam.): Equipe doch bis zuletzt gegen den Ab-
(von Säuglingen) aufstoßen: Wenn das stieg (NZZ 22. 6. 2001, 55).
Baby getrunken hat, muss es Bäuerchen einen alten Baum soll man nicht ver-
machen. pflanzen: einen alten Menschen soll man
♦ »Bäuerchen« ist die Koseform von nicht aus seiner gewohnten Umgebung rei-
»Bauer« in der Bedeutung »grober, unge- ßen: Opa wollte nicht mit uns in die Stadt
schliffener Mensch«. ziehen; er meinte, einen alten Baum solle
Bauernfang: auf Bauernfang ausgehen man nicht verpflanzen.
(ugs.): auf leicht durchschaubare Weise Bäume ausreißen [können] (ugs.): Kraft
seine Mitmenschen zu betrügen suchen: und Schwung haben, sehr viel leisten kön-
Wir sind ein seriöses Werbeinstitut, wir nen: Der neue Chef reißt auch keine
versuchen nicht, mit billigen Tricks auf .
Bäume aus. Als ich so alt war. Bäume
Bauernfang auszugehen. hab ich da ausreißen können (Sebastian,
♦ Die Wendung stammt aus der Berliner Krankenhaus 82).
93
Bäumchen – Becher
es ist, um auf die Bäume zu klettern dich« spielen, aber die meisten waren be-
(ugs.): es ist zum Verzweifeln: Es ist, um reits angetrunken und schläfrig.
B auf die Bäume zu klettern; jetzt habe ich
ihn doch tatsächlich wieder verpasst! 3 0
♦ Dieser Wendung liegt das Kinderspiel
»Bäumchen, wechsle dich« zugrunde, bei
Bäum haben wir verloren, es ist, um auf die dem alle Mitspieler außer einem an je ei-
Bäume zu klettern! nem Baum stehen und auf den Ruf des in
♦ Die Wendung veranschaulicht scherz- der Mitte stehenden Spielers hin zu ei-
haft übertreibend, dass jmd. bei starker nem anderen Baum laufen, während die-
Gemütsbewegung, besonders wenn er ser eine versucht, selbst einen freien
wütend ist, »hochgeht«. Baum zu erreichen.
[nicht] auf den Bäumen wachsen (ugs.): Bausch: in Bausch und Bogen: ganz und
[nicht] in großer Menge, Zahl vorhanden gar, im Ganzen genommen, ohne das Ein-
sein: Gilt doch Italien als das Land, wo zelne zu berücksichtigen: Er lehnt alle Re-
nicht nur die Zitronen blühn, sondern formpläne in Bausch und Bogen ab.
auch die Designer gleichsam auf den Bäu- ♦ Die Wendung stammt aus der Rechts-
men wachsen (SZ 5. 7. 2000, 16). Solche und Kaufmannssprache. Sie bezog sich
Persönlichkeiten wachsen nun mal nicht ursprünglich beim Kauf oder Verkauf von
auf den Bäumen (Zeit 36, 27. 8. 1998, 3). Grundstücken auf die Abmessung der Bo-
♦ Die Wendung knüpft vermutlich an denfläche ohne Berücksichtigung der
die verbreitete scherzhafte Redensart »In Ausbuchtungen (= Bausch) oder Ein-
Sachsen, wo die schönen Mädchen auf buchtungen (= Bogen) der Grenzlinie.
den Bäumen wachsen« an. Zugrunde Baustelle: eine andere/nicht jmds. Bau-
liegt die alte verhüllende Vorstellung des stelle sein: ein anderes Thema, Gebiet/
Volksglaubens, dass Kinder auf Bäumen nicht jmds. Interessen-, Wirkungs-, Verant-
wachsen. wortungsbereich o. Ä. sein: Wieder eine
zwischen Baum und Borke stecken/ste- andere Baustelle sind Corps. Sie gelten als
hen/sitzen: sich in einer verzwickten Si- die älteste Form der Studentenverbin-
tuation befinden, in der man nicht weiß, dungen (www.spiegel.de, 22. 6. 2001). Ich
wie man sich angesichts zweier unverein- lasse mir relativ viel vorwerfen, nicht aber
barer Gegensätze verhalten soll: Ich weiß das Wahlprogramm der SPD. Das ist nicht
nicht, ob ich nach Frankfurt gehen oder meine Baustelle (www.gruene-fraktion.
das Engagement in Düsseldorf annehmen de, 23. 2. 1999).
soll. Ich stecke mal wieder zwischen Beamter: ein ruhiger Beamter sein (ugs.):
.
Baum und Borke. Die Abgeordneten ein verträglicher Mensch sein, der ruhig
aber haben vor der nächsten Wahl noch und ohne Ehrgeiz seine Arbeit verrichtet
die nächste Vorwahl zu überstehen, und und sich nicht um die Angelegenheiten an-
die wird von den Getreuen der Partei ent- derer kümmert: Der Neue ist ein ganz ru-
schieden. Sie sitzen also zwischen Baum higer Beamter, mit dem werden wir gut
und Borke: Entweder sie verärgern ihre auskommen.
eigene, meist rechte Parteibasis oder ihre Beantwortung: in Beantwortung einer Sa-
meist viel liberaleren Wähler (taz 17. 12. che (Amtsspr.): (im Schriftverkehr) [als
1998, 10). Antwort] auf ...: In Beantwortung Ihres
♦ Die Wendung bezieht sich bildlich auf Schreibens teilen wir Ihnen mit, dass wir
das Beil, das sich beim Behauen eines zu Verhandlungen bereit sind.
Baumes zwischen Rinde und Holz ver- Becher: zu tief in den Becher geguckt/ge-
klemmt hat. schaut haben (ugs. scherzh.): zu viel Alkohol
↑ Wald. getrunken haben; angetrunken sein: Lautes
Bäumchen: »Bäumchen, wechsle dich« Singen in der Nachbarschaft ließ vermuten,
spielen (ugs. scherzh.): den Geschlechts- dass der freundliche Herr von nebenan mal
partner wechseln: Zu vorgerückter Stunde wieder zu tief in den Becher geschaut hatte.
wollte man noch »Bäumchen, wechsle ↑ Wermutstropfen.
94
bedacht – Beerdigung
95
Befehl – Begriff
im Jahr 1890. In diesem Zusammenhang von Brabant, ihn nach seinem Namen
heißt es in der Autobiografie: »... am und seiner Herkunft zu fragen.
B 29. März verließ ich Berlin unter diesem
Zwange übereilter Räumung meiner
begeben: ↑ Boden, ↑ Gefahr, ↑ Höhle.
begegnen: ↑ Mondschein.
Befe Wohnung und unter den vom Kaiser im begehren: ↑ Herz.
Bahnhof angeordneten militärischen Eh- begießen: ↑ Nase, ↑ Pudel.
renbezeigungen, die ich ein Leichenbe- begleichen: ↑ Rechnung.
gängnis erster Klasse mit Recht nennen begleiten: ↑ Weg.
konnte.« Die heute geläufigen Fügungen begraben: sich begraben lassen können
»Beerdigung« oder »Begräbnis erster (ugs.): versagt haben, keine weitere
Klasse« gehen wahrscheinlich darauf zu- Chance mehr haben: Unsere Mannschaft
rück. kann sich begraben lassen, sie hat aus-
[das] ist nicht meine Beerdigung (sa- .
wärts wieder verloren. Da liegen die
lopp): was da an Unangenehmem zu er- Rosen ... und daneben ein Zettel mit einer
warten ist, geht mich nichts an, betrifft Botschaft von Fritz. »Die Dame sagt, Sie
mich nicht: Wenn du dich unbedingt mit sollen sich begraben lassen. Gruß, Fritz«
den Hooligans anlegen willst – bitte, ist ja (Remarque, Obelisk 72).
nicht meine Beerdigung! sich mit etw. begraben lassen können
auf der falschen Beerdigung sein (sa- (ugs.): mit etw. keine Aussicht auf Erfolg
lopp): 1. am falschen Ort sein, an den be- haben, nichts erreichen können: Mit so ei-
treffenden Ort nicht hingehören: Das ist nem Abschlusszeugnis kannst du dich
gar nicht der Kreuzberger Tuntenball? begraben lassen. Mit einem Studienplatz
Dann sind wir hier aber auf der völlig fal- ist da nichts.
schen Beerdigung! 2. eine irrige Vorstel- da/dort möchte ich nicht begraben sein
lung von etw. haben: Wenn du denkst, der (ugs.): da/dort möchte ich unter keinen
regelmäßige Konsum von Marihuana sei Umständen leben: In diesem Provinznest
ungefährlich, nur weil es eine sogenannte wohnt ihr jetzt? Da möchte ich nicht be-
»weiche« Droge ist, dann bist du auf der graben sein.
falschen Beerdigung. ↑ Hund, ↑ Kriegsbeil, ↑ tot.
Befehl: zu Befehl! (Militär): jawohl, ich Begräbnis: ↑ Beerdigung.
werde den Befehl ausführen: »Zu Befehl, begreifen: das begreife, wer will: diese
Herr Kriegsarzt«, erwiderte ich in dienst- Verhaltens-, Handlungsweise o. Ä. ist mir
fertigem Tone (Th. Mann, Krull 123). Zu unbegreif lich, das verstehe ich nicht, das
Befehl, Herr General! – Zu Befehl, in Wo- ist völlig unsinnig: Er hat für seinen Bru-
roponowo sind die Russen (Plievier, Sta- der immer alles getan, und der hilft ihm
lingrad 193). jetzt nicht. Das begreife, wer will.
↑ Wunsch. Begriff: ein Begriff sein: als Gütezeichen
befehlen: ↑ Gott. bekannt sein: Der Name dieser Sängerin
befinden: ↑ Gesellschaft, ↑ Holzweg, ↑ Irr- ist in der ganzen Welt ein Begriff.
tum, ↑ 1 wiegen. jmdm. ein Begriff sein: jmdm. bekannt,
beflattern: ↑ Hahn. vertraut sein: Untersuchungshaft, Polizei-
befördern: ↑ Freie, ↑ Jagdgründe, ↑ Jenseits, präsidium, Kavalleriestraße, wenn Ihnen
↑ Luft. das ein Begriff ist (Grass, Hundejahre
befragen: nie sollst du mich befragen 434). Ich habe ... von der Gestapo den
(scherzh.): dazu möchte ich mich nicht Auftrag, von dem Kommissar Esche-
äußern: Hast du eine Erklärung dafür, rich ... , wenn der Ihnen ein Begriff ist
woher die Tante plötzlich so viel Geld (Fallada, Jeder 188).
hat? – Nie sollst du mich befragen! im Begriff sein/stehen, etw. zu tun: ge-
♦ Diese Redensart ist ein Zitat aus Ri- rade etw. anfangen, tun wollen: Wir waren
chard Wagners Oper »Lohengrin«. Mit gerade im Begriff aufzubrechen, als drau-
diesen Worten verbietet Lohengrin Elsa ßen ein fürchterliches Unwetter ein-
96
begründen – bei
.
setzte. Er eilte in sein Zimmer zurück, amte hat die alte Frau wie ein Stück
.
fasste den Hut und stand im Begriff, das
Pfarrhaus, so wie er war, zu verlassen
Dreck behandelt. Und bei der Polizei
sind wir ... wie der letzte Dreck behandelt M
B
M
(Langgässer, Siegel 109). worden (Klee, Pennbrüder 43). ... Mario
schwer/langsam von Begriff sein (ugs. erzählt: »Zu Hause behandeln sie mich bei
abwertend): eine schwere, langsame Auf- wie einen Hund« (FR 30. 12. 1999, 2).
fassungsgabe haben: Der neue Kollege jmdn. wie ein Stück Vieh behandeln
scheint ein bisschen schwer von Begriff (ugs.): jmdn. roh und rücksichtslos behan-
.
zu sein. Margarete glaubte ... , die deln: Der Gefangene wurde wie ein Stück
Leute seien gar nicht so böse, sie seien Vieh behandelt. Er war ein Säufer und
verhetzt, dazu ein wenig langsam und Taugenichts, der seine Frau wie ein Stück
schwer von Begriff (Feuchtwanger, Herzo- Vieh behandelte.
gin 102). ↑ Rotz.
begründen: in etw. begründet sein/liegen: Beharrlichkeit: Beharrlichkeit führt zum
sich aus etw. herleiten lassen: Diese Kli- Ziel: wer sich von seinem Vorhaben nicht
maverhältnisse sind in der geografischen abbringen lässt, hat letztlich Erfolg: Seit
Lage des Ortes begründet. Es liegt in der Jahren versucht sie, ihn zu einem neuen
Natur des Menschen begründet, dass er Auto zu überreden – gestern war er end-
auf seinen Vorteil bedacht ist. lich beim Autohändler! Beharrlichkeit
begucken: ↑ innen. führt zum Ziel.
behalten: ↑ Auge, ↑ 1 Heft, ↑ Hinterkopf, behaupten: ↑ Feld.
↑ Kopf, ↑ Nerv, ↑ Oberhand, ↑ Platz, ↑ recht, beherrschen: ↑ Effeff, ↑ Feld, ↑ Szene.
↑ Weisheit, ↑ Wort. Beherrschung: seine/die Beherrschung
behandeln: jmdn. , etw. behandeln/anfas- verlieren: eine heftige emotionale Äuße-
sen wie ein rohes Ei (ugs.): jmdn. , etw. rung, Reaktion nicht mehr unterdrücken
vorsichtig behandeln, mit jmdm. , etw. äu- können; wütend, laut, ausfällig werden:
ßerst behutsam umgehen: Der Trainer Lüthje habe die Beherrschung verloren
dachte gar nicht daran, den Star der und Kohl angeschrien: »Herr Kohl, es
Mannschaft wie ein rohes Ei zu behan- wird nichts geändert« (www.freitag.de,
deln. So ein hoch technisiertes Gerät 24. 12. 1999).
muss man behandeln wie ein rohes Ei. Behuf: zu dem/diesem Behufe (veraltet): zu
jmdn. wie einen dummen Jungen behan- diesem Zweck: ... sie überschütten dich
deln (ugs.): jmdn. nicht ernst nehmen und mit Vokabeln, die sie zu diesem Behuf er-
ihn in entsprechend unangemessener funden haben (Tucholsky, Werke II, 243).
Weise behandeln: Der Gast behandelte behüten: ↑ Gott.
den Ober wie einen dummen Jungen. Ich bei: [ganz] bei jmdm. sein: mit jmdm.
lasse mich doch von Ihnen nicht wie ein [ganz] einverstanden, derselben Meinung
dummer Junge behandeln. sein: Bei der Kritik an diesem formalisier-
jmdn. wie Luft behandeln (ugs.): jmdn. ten, synthetischen Politikverständnis bin
demonstrativ nicht beachten: Find ich fies ich bei Ihnen (Zeit 21. 2. 2007, 6). Hoeneß
von dir, dass du mich den ganzen Abend zeigte sich verständnisvoll und sagte
wie Luft behandelt hast! Sie nahm sich mehrmals »Ich bin ganz bei Ihnen mit Ih-
fest vor, diesen unverschämten Flegel in rer Kritik« (taz 16. 5, 2007, 22). Schlimm
Zukunft wie Luft zu behandeln. Er . genug, dass die Leute seit einiger Zeit da-
machte in Männerbündlerei. Die Studen- von sprechen, »ganz bei Ihnen zu sein«,
tinnen behandelte er wie Luft (Niekisch, wenn sie der Meinung des Gegenübers
Leben 252). sind (SZ 22. 2. 2011, 13).
jmdn. wie ein Stück Dreck/wie den letz- nicht [ganz] bei sich sein (ugs.): nicht bei
ten Dreck/wie einen Hund behandeln vollem Bewusstsein, Verstand sein: Was
(ugs.): jmdn. mit großer Verachtung ent- ist mit dir los, du bist wohl nicht mehr
würdigend behandeln: Der Schalterbe- .
ganz bei dir? Er ist noch nicht ganz bei
97
beibringen – Bein
sich; bei jeder Bewegung schmerzt ihm kein Bein hier (Frisch, Die Schwierigen
der Kopf, und der Marktplatz schwankt 220).
B leise (Spoerl, Maulkorb 22).
bei mich/dich bei kommen (westmd.): zu
alles, was Beine hat: alle, die laufen kön-
nen; alle: Alles, was Beine hatte, strömte
beib mir/dir kommen: Sie unterhält sich mit zum Festplatz.
den Jugendlichen über »fairen Handel« Beine bekommen/kriegen (ugs.): ver-
und ruft: »Los, ein Foto, Herr Oberbür- schwinden, gestohlen werden: Rudis
germeister, komm bei mich bei!« (www. Schlüssel haben mal wieder Beine ge-
welt.de 8. 6. 2012). .
kriegt! Helft mal suchen! In der nächs-
↑ Tisch, ↑ weit. ten Zeit drückten wir uns ... immer an
beibringen: ↑ Flötenton. den Weihnachtsbaumverkaufsständen
beieinander: gut beieinander sein (ugs.): herum. Baum auf Baum bekam Beine ...
1. gut genährt, korpulent sein: Seine Frau aber wir hatten noch immer keinen
ist ganz gut beieinander. 2. in gutem ge- (Schnurre, Bart 53).
sundheitlichem Zustand sein: Obwohl die das Bein heben: (vom männlichen Hund
Quacksalberin schon alt war, war sie noch gesagt) Wasser lassen: Fiffi muss an jeder
ganz gut beieinander (Afanasjew Ecke das Bein heben.
[ bers.], Märchen 86). die Beine breit machen (salopp): sich [als
schlecht/nicht recht beieinander sein Frau] zum Sex bereitfinden: Weil ich keine
(ugs.): in einem gesundheitlich schlechten Lust mehr hatte, die Beine breit zu ma-
Zustand sein: Seit seiner Operation ist er chen, bin ich kriminell geworden (Spiegel
nicht mehr recht beieinander. Wir hätten 44, 1989, 102).
euch ja schon lange mal besucht, aber un- sich 〈Dativ〉 die Beine abstehen (ugs.):
sere Mutter ist in letzter Zeit zu schlecht lange stehen und warten müssen: Ich habe
beieinander. mir nach den Eintrittskarten die Beine
nicht ganz beieinander sein (ugs.): nicht abgestanden.
ganz bei Verstand, geistig leicht verwirrt sich 〈Dativ〉 die Beine [nach etw.] ablau-
sein: Sie muss nicht ganz beieinander ge- fen (ugs.): viele Gänge machen, um etwas
wesen sein, als sie den Vertrag unter- zu finden, zu erledigen: Nach diesem Be-
schrieb. rechtigungsschein habe ich mir die Beine
beieinanderhaben: nicht alle/sie nicht abgelaufen. Er hat sich die Beine abgelau-
richtig beieinanderhaben (ugs.): nicht fen, um das gewünschte Buch antiqua-
recht bei Verstand, verrückt sein: Manch- risch zu bekommen.
mal glaube ich, du hast sie nicht alle bei- sich 〈Dativ〉 kein Bein ausreißen (ugs.):
einander. Die Stadtverwaltung will die sich bei etw. nicht sonderlich anstrengen:
Fahrpreise schon wieder erhöhen, die ha- ... schließlich hat son Beamter ooch bloß
ben sie doch nicht mehr richtig beieinan- zwee Beene, und für die paar Pimper-
der. linge, die die verdienen, reißen sie sich
beigeben: klein beigeben: sich schließlich ooch keen Bein aus (Döblin, Berlin 315).
fügen, kleinlaut nachgeben: Geben Sie Nach Eds Meinung kann ihm überhaupt
nicht klein bei, gnädige Frau. Ich bitte nur bei Dreharbeiten etwas passieren.
Sie. Es ist nicht Ihr Stil (Nossack, Begeg- Denn zu Haus, im Londoner Vorort
nung 226). Klein bei gibt er erst, als ein Hampton Court, reißt er sich kein Bein
zynischer Militärpfarrer ihm die Bibel aus (Hörzu 29, 1971, 27).
wegnimmt (MM 26. 8. 1971, 24). jüngere Beine haben (ugs.): besser als ein
♦ Die Wendung meint ursprünglich, Älterer laufen können: Kannst du das
dass man beim Kartenspiel dem Mitspie- nicht erledigen? Du hast doch jüngere
ler nur Karten von kleinem Wert zuspielt, Beine.
weil man keine besseren hat. jmdm. [lange] Beine machen (ugs.):
Bein: kein Bein (landsch. , bes. schweiz.): 1. jmdn. fortjagen: Sie waren wie Brüder
kein Mensch, niemand: Es war Werktag, zu mir. Sie machten jedem Kerl, der mir
98
Bein
dumm kam, lange Beine (Christiane, Zoo braucht sich nicht mehr die Beine in den
103). 2. jmdn. antreiben, sich schneller zu
bewegen: ... Das Vorurteil ... , dass Beamte
Bauch zu stehen (Hörzu 27, 1976, 15).
die Beine unter jmds. Tisch strecken M
B
M
nur arbeiten, wenn man ihnen Beine (ugs.): von jmdm. finanziell abhängig sein,
macht (Woche 14. 11. 1997, 40). »Abfüh- sich von jmdm. ernähren lassen: Arbei- Bein
ren den Mann«, schrie der Obergruppen- ten? Der doch nicht! Der streckt die Beine
führer. »Und macht ihm ein bisschen unter den Tisch seines Alten und genießt
Beine, Kerls!« (Fallada, Jeder 240). das Leben.
jmdm. ein/ (schweiz. :) das Bein stellen: ein/das Bein stehen lassen (Fußball): sein
1. jmdn. durch Vorstellen eines Beines Bein so stellen, dass der [ballführende]
zum Stolpern bringen: Jemand hat mir Gegner darüber fällt: Es gab einen Frei-
das Bein gestellt (Frisch, Andorra 117). stoß, weil der Verteidiger das Bein hatte
Wenn ich erwischt werde, hau ich ab, stehen lassen.
und du stellst denen, die mir nachlaufen, ein langes Bein machen (Fußball): den
ein Bein (Roehler, Würde 55). 2. (ugs.) ballführenden Gegner durch einen Spreiz-
jmdm. hinterlistig Schaden zufügen, oder Grätschschritt vom Ball zu trennen
jmdn. hereinlegen: Wenn Sie nicht auf- suchen: Der Bayernspieler machte ein lan-
passen, stolpern Sie ... über ein Bein, das ges Bein und klärte zur Ecke.
Ihnen ein ... Kollege gestellt hat (Erné, etw. noch am Bein haben (ugs.): etw. noch
Fahrgäste 317). bezahlen müssen, als Verpf lichtung ha-
sich 〈Dativ〉 die Beine vertreten (ugs.): ben: Wir können in diesem Sommer nicht
nach langem Sitzen etw. hin und her ge- verreisen, wir haben noch die Kosten für
hen: Moosbrugger stand auf, vertrat sich die Renovierung am Bein.
die Beine und gähnte (Musil, Mann jmdm. , sich etw. ans Bein binden (ugs.):
1 480). Zwei Herren kamen heraus und jmdm. , sich etw. auf bürden und dadurch
vertraten sich auf dem Flur die Beine (Be- in der Aktivität hemmen: Jetzt will man
cker, Tage 125). ihr auch noch die Materialausgabe ans
kein Bein auf die Erde kriegen (ugs.): Bein binden. Ich habe nicht geahnt, was
nicht entscheidend aktiv werden können, ich mir mit der Vereinsarbeit da ans Bein
keine Möglichkeit zum Handeln bekom- binde.
men: Gegen den Pokalverteidiger kriegt ♦ Wie die Wendungen »einen Klotz am
unsere Mannschaft kein Bein auf die Bein haben« und »jmdm. , sich einen
Erde. Bei den Landtagswahlen haben die Klotz ans Bein binden« nimmt diese wie
Radikalen kein Bein auf die Erde gekriegt. auch die vorausgehende Wendung darauf
♦ Die Wendung stammt wahrscheinlich Bezug, dass dem Vieh auf nicht einge-
aus der Ringersprache und besagt dort, zäunter Weide die Vorderbeine zusam-
dass jemand ständig ausgehoben und ge- mengebunden werden und ein Holzklotz
worfen wird. an die Beine gebunden wird, um es in sei-
die Beine in die Hand/unter den Arm ner Bewegungsfreiheit einzuschränken.
nehmen (ugs.): 1. sich beeilen: Wenn wir Auch Gefangene schmiedete man früher
die Beine unter den Arm nehmen, schaf- an einen Klotz, um ihnen die Bewegungs-
fen wir vielleicht noch den Zug. 2. schnell freiheit zu nehmen.
weglaufen: Die Jungen klingelten Sturm etw. ans Bein binden (ugs. veraltend):
und nahmen dann die Beine in die Hand. etw. aufgeben, einbüßen; auf etw. verzich-
sich 〈Dativ〉 die Beine in den Leib/in den ten: Die früheren Verluste sind jetzt ans
Bauch stehen (ugs.): sehr lange stehen Bein gebunden; man hat sie schon in den
und warten müssen: Im Heidelberger .
letzten Jahren abgeschrieben. Freiwil-
Kunstverein kann sich ... der geneigte Be- lige VP-Helfer ... haben viele Stunden
sucher die Beine in den Bauch stehen Freizeit ans Bein gebunden, manche ...
(MM 21./22. 7. 1979, 68). So thront sie tun das schon seit ... Jahrzehnten (NNN
nun ... auf dem mobilen Untersatz und 26. 9. 1987, 1).
99
Bein
♦ Die bildliche Wendung, die sich bis ins nicht hängen, du kommst schon wieder
Mittelalter zurückverfolgen lässt, bedeu- auf die Beine. 2. sich wirtschaftlich wieder
B tet ursprünglich, dass man sich etwas
nicht zu Herzen gehen lässt und es leicht
erholen: Unser Export muss erst wieder
auf die Beine kommen.
Bein verschmerzt. Im Gegensatz zu der Wen- wieder auf den Beinen sein (ugs.): wieder
dung »jmdm. etw. auf die Seele binden« gesund sein: Carlo hatte so lange bei uns
dringt etwas, was »ans Bein« – oder wie gearbeitet, bis Guido wieder auf den Bei-
es früher auch hieß – »unters Knie« ge- nen war (Erné, Fahrgäste 130). Sobald ich
bunden wird, nicht bis zum Inneren, zum wieder auf den Beinen bin, muss ich zum
Herzen vor. Zahnarzt (Frisch, Homo 244).
jmdm. ans Bein pinkeln (salopp): jmdn. jmdm. auf die Beine helfen/jmdn. [wie-
schmähen, kritisieren: Aber jetzt haben der] auf die Beine bringen (ugs.):
alle die ein schönes Fressen gefunden, die 1. jmdn. , der gestürzt o. ä. ist, wieder auf-
schon immer mal einem wie Grass ans richten: ... der hätte womöglich geglaubt,
Bein pinkeln wollten (taz 25. 8. 2006, 12). ein Wasserguss könne den vermeintli-
auf den Beinen sein (ugs.): 1. (in einer mit chen Simulanten May am ehesten auf die
Stehen oder Umherlaufen verbundenen Beine bringen (Loest, Pistole 24). 2. durch
Tätigkeit) sehr beschäftigt sein, viel unter- moralische, wirtschaftliche o. ä. Unterstüt-
wegs sein: Als Vermessungsingenieur ist zung bewirken, dass jmd. einen Tiefpunkt
.
man viel auf den Beinen. Sein Vater, überwindet, wieder vorankommt: Europa
der Tischlermeister, hatte geschwollene ist kaum mehr auf die Beine zu helfen,
Füße, weil er den ganzen Tag über auf den sein Niedergang und sein Abstieg schei-
Beinen hatte sein müssen (Grass, Hunde- nen unaufhaltsam zu sein (Niekisch, Le-
jahre 378). 2. draußen auf der Straße: ben 148). Wir sind die Einzigen, die eine
Ganz Constantinopel war auf den Beinen, Idee haben. Wir werden auch die Franzo-
um dem vergötterten General zuzujubeln sen wieder auf die Beine bringen (Kuby,
(Thieß, Reich 589). Sieg 336).
auf schwachen Beinen stehen: nicht si- etw. auf die Beine stellen (ugs.): etw. in
cher, nicht gut begründet sein: Eure Argu- bewundernswerter, erstaunlicher Weise
mente stehen auf schwachen Beinen. . zustande bringen: Was der Pädagoge mit
Das zeigt doch jedem Einsichtigen, das rund 30 Schülerinnen und Schülern ... auf
heißt jedem, der keine Zeitung liest, auf die Beine gestellt hat, kann sich sehen
welch jämmerlich schwachen Beinen die lassen: eine umfassende Studie (Spiegel
Anklage steht (Brecht, Groschen 250). 33, 1976, 87).
schwach auf den Beinen sein: 1. durch etw. [wieder] auf die Beine bringen
Krankheit geschwächt sein: Sie hatte vor, (ugs.): etw. [wieder] in einen guten Zu-
nach Sonthofen zu kommen, kam aber stand bringen: Mit hundertprozentigem
nicht weit. Sie war noch recht schwach Einsatz und einem Innovationsschub hat
auf den Beinen (Brecht, Geschichten 154). er die Firma wieder auf die Beine ge-
2. (ugs.) nicht bewiesen, ungesichert sein: bracht.
Die grundlegende These des Aufsatzes ist jmdn. auf die Beine bringen (ugs.): jmdn.
ziemlich schwach auf den Beinen. zur Teilnahme an einer Veranstaltung
sich nicht [mehr]/kaum [noch] auf den o. Ä. veranlassen: Wie bringen wir die
Beinen halten können: vor Müdigkeit, Massen auf die Beine? Immerhin werden
Schwäche o. Ä. nicht mehr/kaum noch ste- wir für die Demo noch ein paar Hundert
hen od. gehen können: Die Frau, die sich Leute auf die Beine bringen können.
selbst kaum auf den Füßen halten kann, sich auf die Beine machen (ugs.): [schnell]
versucht ihn zu trösten und wieder auf- auf brechen: Wenn wir zu Hause sein wol-
zurichten (Strauß, Niemand 101). len, bevor es dunkel wird, müssen wir uns
wieder auf die Beine kommen (ugs.): auf die Beine machen.
1. wieder gesund werden: Lass den Kopf auf einem Bein kann man nicht stehen!
100
Beinbruch – beisammenhaben
(ugs. scherzh.): Aufforderung oder aus, als würdest du schon mit einem Bein
.
Wunsch, ein zweites Glas [Alkohol] zu
trinken: »Nun trink doch noch einen, auf
im Grabe stehen. Von den Ärzten auf-
gegeben, mit einem Bein im Grab, erlitt M
B
M
einem Bein kann man nicht stehen« – wer der bewusstlose Todeskandidat im Koma
kennt sie nicht, die bierseligen Aufforde- die Vision seiner Höllenfahrt (FR 22. 3. beis
rungen bei Feiern im Kollegenkreis (Ta- 1994, 8). Wer kein Brot hat, der leidet an
gesspiegel 12. 11. 1998, 13). Hunger und Unterernährung, der steht
in die Beine gehen (ugs.): 1. die Beine bereits mit einem Bein im Grab (taz 25. 8.
schwerer machen, das [Auf ]stehen und 1989, 8).
Gehen erschweren: Schon nach dem zwei- von einem Bein aufs andere treten: als
ten Glas Johannisbeerwein spürte sie, wie Ausdruck ungeduldigen Wartens oder von
das Gebräu in die Beine ging. 2. zum Nervosität ständig das Standbein wech-
rhythmischen Sichbewegen, zum Tanzen seln: Sie trat von einem Bein aufs andere,
reizen: ... wenn Swing oder Charleston blickte wiederholt auf ihre Uhr, aber die
den Gästen in die Beine gehen, ist das für Ladentür blieb verschlossen.
ihn eine emotionale Bestätigung (Zivil- ↑ aufstehen, ↑ Fliege, ↑ frieren, ↑ Fuß,
dienst 10, 1986, 33). Nicht mehr ganz fit ... ↑ Hund, ↑ Klotz, ↑ Knüppel, ↑ Kopf, ↑ Lüge,
bei der Musik? Hören Sie mal hin, geht ↑ 2 Mark, ↑ Pudding, ↑ schwören, ↑ Storch,
das nicht in die Beine? (Hörzu 51, 1970, ↑ Weg.
53). Beinbruch: das ist [doch] kein Beinbruch!
jmdm. in die Beine fahren: jmdn. stark (ugs.): das ist [doch] gar nicht so
berühren: Die Aufregung über den verun- schlimm! : belkeit und Erbrechen sind
glückten Tag war ihr in die Beine gefah- kein Beinbruch, die Mutter hat Zäpf-
ren (Ossowski, Liebe ist 66). chen ... , das Kind wird ... damit versorgt
♦ In dieser Wendung steht »Bein« in der (MM 14. 1. 1976, 16). ... auf keinen Fall die
sonst weitgehend veralteten Bedeutung Angst der Kinder vor Klassenarbeiten ...
von »Gebein, Knochen«. durch Drohungen verstärken, denn eine
mit beiden Beinen/Füßen im Leben/[fest] Fünf ... ist doch kein Beinbruch (Hörzu
auf der Erde stehen: die Dinge realistisch 19, 1973, 115).
sehen, lebenstüchtig sein: Der Intuitions- ↑ Halsbruch.
typ ... steht oft nicht mit beiden Beinen beisammen: gut beisammen sein (ugs.):
auf der Erde (Ruthe, Partnerwahl 157). Sie 1. gut genährt, korpulent sein: Seine Frau
blieb mit beiden Beinen auf der Erde und ist ganz gut beisammen. 2. in gutem ge-
verpulverte ihr Geld nicht sinnlos (Hörzu sundheitlichem oder geistigem Zustand
14, 1972, 112). sein: Mit Ausnahme dreier Kümmerlinge,
mit einem Bein in etw. 〈Dativ〉 stehen die eingingen, waren die 1928er-Dohlen
(ugs.): etw. fast oder sehr wahrscheinlich körperlich viel besser beisammen als die
erreicht haben: Sie hatte sich gründlich 1927er (Lorenz, Verhalten 47). Unsere
geirrt, als sie glaubte, schon mit einem Nachbarsleute waren samt und sonders
Bein in der Direktionsetage zu stehen. . noch ganz gut beisammen (K. Mann,
Er steht bereits mit einem Bein in der Na- Wendepunkt 60).
tionalliga A (Nordschweiz 74, 29. 3. 1985, beisammenhaben: [sie] nicht alle beisam-
24). menhaben (ugs. abwertend): nicht recht
mit einem Bein im Gefängnis stehen bei Verstand sein: Du hast sie wohl nicht
(ugs.): in Gefahr sein, mit dem Gesetz in alle beisammen, bei dieser Kälte ohne
Konf likt zu kommen: Er hatte schon öfters .
Mantel rumzulaufen? Zum Schluss
mit einem Bein im Gefängnis gestanden. hatte ich nicht mehr alle beisammen. Zwei
Aber diesmal war er zu weit gegangen: Er Jahre hat es gedauert, bis ich mich wieder
wurde geschnappt und klebt nun Tüten. gefangen hatte (Hörzu 16, 1972, 42).
mit einem Bein im Grab[e] [stehen] ♦ In der Wendung steht »alle« für die
(ugs.): dem Tod sehr nahe [sein]: Du siehst fünf Sinne.
101
Beisein – bekannt
↑ Sinn. .
aufreibenderen Beruf als wir. Außer-
Beisein: in jmds. Beisein/im Beisein von dem waren ja auch noch viel mehr Leute
B jmdm. : während jmds. Anwesenheit: Wir
wollen im Beisein der Kinder nicht darü-
arbeitslos, fast alle von Vaters Freunden
zum Beispiel (Schnurre, Bart 33).
Beis .
ber sprechen. In Ihrem Beisein darf ich beißen: nichts zu beißen haben: arm sein,
den ersten Spatenstich tun (M. Walser, Ei- so gut wie nichts zu essen haben: Wenn
che 80). man nichts zu beißen hat, ist einem jede
ohne jmds. Beisein/ohne Beisein von .
Arbeit recht. Ihr Magen liegt brach, sie
jmdm. : ohne jmds. Anwesenheit: Ohne haben nichts zu beißen (Hacks, Stücke
sein Beisein hätte der Plan nicht be- 24).
schlossen werden dürfen. Der Vertrag jmd. beißt [jmdn.] nicht (fam.): (oft er-
wurde ohne Beisein von Anwälten ausge- munternd zu Kindern gesagt) jmd. ist
handelt. nicht gefährlich, vor jmd. braucht man
beiseite: ↑ Scherz. keine Angst zu haben: Geh ruhig zum
Beispiel: sich 〈Dativ〉 ein Beispiel [an .
Opa, der beißt nicht! Na komm doch
jmdm. , etw.] nehmen: jmdm. , einer Sache ran, was ist? Ich beiß dich nicht (Rocco
nacheifern; sich jmdn. , etw. zum Vorbild [ bers.], Schweine 119).
nehmen: Schau mal, wie ordentlich dein ↑ Affe, ↑ Apfel, ↑ Arsch, ↑ Eisen, ↑ Granit,
Bruder seine Hausaufgaben macht – ↑ Gras, ↑ Hintern, ↑ Hund, ↑ Katze, ↑ letzte,
.
nimm dir ein Beispiel! Kapitulieren ↑ Monogramm, ↑ nagen, ↑ Schlange,
gibt es nicht, hat er gesagt. Wir sollen uns ↑ Storch, ↑ Watz, ↑ Zunge.
ein Beispiel an ihm nehmen (Plievier, Sta- Beißzange: ↑ Zange.
lingrad 142). beistehen: ↑ Gott.
ein Beispiel geben: als Vorbild zur Nach- bekannt: bekannt sein wie ein bunter/
ahmung herausfordern: Die Eltern sollten scheckiger Hund (ugs.): überall durch ei-
ihren Kindern ein Beispiel geben und nen zweifelhaften Ruf bekannt sein: Man
nicht bei Rot über die Straße laufen. . schämt sich ja, wenn man einkaufen geht.
... es gehören die Heiligen dazu, die Wun- Du bist schon bekannt wie ein bunter
der getan, die den Märtyrertod erlitten Hund (Gabel, Fix 110).
und den Menschen ein großes Beispiel ge- mit jmdm. , etw. bekannt sein/werden:
geben haben (Hesse, Steppenwolf 176). mit jmdm. , etw. vertraut sein, werden: Sie
mit gutem Beispiel vorangehen: etw. als war mit dem wissenschaftlichen Stoff be-
Erster tun, um andere durch sein Vorbild kannt und konnte in der Diskussion ei-
zu gleichem Handeln anzuspornen: Der .
nige wertvolle Beiträge liefern. ... ich
Chef ging mit gutem Beispiel voran und war noch mit keinem Menschen näher
spendete zweihundert Euro für die Fami- bekannt (Erh. Kästner, Zeltbuch 10). Im
lie des kranken Kollegen. Lass dich durch Hause Fords wurde ich mit Otto bekannt
den Spott deiner Klassenkameraden nicht (Niekisch, Leben 259).
irritieren, geh ihnen mit gutem Beispiel [jmdn. mit jmdm.] bekannt machen:
voran! [ jmdn. jmdm.] vorstellen: Darf ich be-
ohne Beispiel [sein]: noch nie da gewesen, kannt machen? – Herr Meier, das ist Herr
unerhört [sein]: Seine Frechheit ist ohne Müller; Herr Müller, das ist Herr Meier! .
Beispiel! Der Prunk der Innenausstattung ... Zouzou ... machte mich mit den ... jun-
.
war ohne Beispiel. Völkermord, Ver- gen Herrschaften bekannt (Th. Mann,
nichtung, Hass ohne Beispiel (v. Weizsä- Krull 393).
cker, Deutschland 48). jmdn. , sich mit etw. bekannt machen:
[wie] zum Beispiel: [wie] etwa; beispiels- jmdn. , sich über etw. informieren, mit etw.
halber: Eine Frau wie zum Beispiel deine vertraut machen: Ohne Umschweife
Großmutter hätte sich eine solche Be- machte er sie mit dem Zweck seines
handlung niemals bieten lassen. Ein Poli- Kommens bekannt (Bundesbahn 12,
zist zum Beispiel hat einen viel nerven- 1968, 20).
102
Bekanntschaft – Benehmen
etw. bekannt geben: etw. öffentlich mit- digerweise eine Frucht besinnlicher Zei-
teilen, der Allgemeinheit zur Kenntnis
bringen: Sie gaben ihre Vermählung in der
.
ten sein müsse, wird eines Besseren be-
lehrt (Thieß, Reich 42). M
B
M
örtlichen Tageszeitung bekannt. Am beleidigen: ↑ Auge, ↑ Leberwurst.
Morgen des 24. Juni gab ein Anschlag be- Beleidigung: ↑ Auge. Bene
kannt, dass sich alle Komsomolzen zu ei- Belieben: nach Belieben: nach Wunsch, Ge-
ner Sonderaufgabe in der Hochschule zu schmack, Laune; wie man will: Verfahren
versammeln hätten (Leonard, Revolution .
Sie mit dem Geld nach Belieben! Nach
94). Belieben kann man auch ... Fleischreste
etw. bekannt machen: etw. veröffentli- dazugeben (Horn, Gäste 177). Für gewisse
chen, der Allgemeinheit zur Kenntnis brin- Posten werden eben möglichst unprofi-
gen: Der Inhalt des Dokumentes wurde in lierte, sozusagen gestaltlose Figuren ge-
der überregionalen Presse bekannt ge- sucht, die man ... nach Belieben modellie-
.
macht. Ich selbst habe diese Vorschrift ren kann (Dönhoff, Ära 33).
nur flüchtig gelesen und sie meinen Un- bellen: ↑ Blindenhund, ↑ Hund.
terführern deshalb nicht bekannt ge- bemerkbar: sich bemerkbar machen:
macht, weil ... (Noack, Prozesse 187). 1. durch Gesten o. Ä. auf sich aufmerksam
Bekanntschaft: mit etw. Bekanntschaft machen: Wir versuchten uns durch Rufen
machen (ugs. , oft iron.): mit etwas Unan- und Winken bemerkbar zu machen, aber
genehmem in Berührung kommen: Er er hatte nur Augen für seine charmante
hatte schon öfter mit der Polizei Be- Begleiterin. 2. sich zeigen, eine bestimmte
.
kanntschaft gemacht. In der ... Gefan- Wirkung ausüben: Beim Treppensteigen
genschaft ... hätte er ... mit Tigerkäfig und machte sich sein Alter doch schon deut-
Wasserschaukel Bekanntschaft gemacht lich bemerkbar. Heute macht es sich un-
(Spiegel 17, 1976, 126). angenehm bemerkbar, dass früher nicht
bekennen: ↑ Farbe. sparsam genug gewirtschaftet wurde. .
bekleckern: ↑ Ruhm. Der französische Einfluss macht sich in
bekommen: es über sich bekommen [etw. Deutschland bemerkbar (Bild. Kunst III,
zu tun]: sich überwinden [etw. zu tun]: 61).
Selbst wenn ich es über mich bekäme, sie bemüßigt: sich bemüßigt fühlen/sehen/
zu belügen, sie würde es sofort merken. finden, etw. zu tun (geh. , oft iron.): sich
einen Anfall bekommen, es mit der veranlasst, genötigt sehen, etw. [eigentlich
Angst zu tun bekommen usw. : siehe An- berf lüssiges, Unnötiges] zu tun: Er fühlt
fall, Angst usw. sich offenbar bemüßigt, eine Rede zu hal-
bekucken: ↑ Radieschen. .
ten. Das Spiel hatte aufgehört, ohne
Belang: von/ohne Belang sein: von großer/ dass man sich bemüßigt gesehen hätte,
keiner Bedeutung sein: Solche Untersu- Karten und Geld vom Tische zu räumen
chungen sind für das Projekt von Belang, (Th. Mann, Zauberberg 790).
sie sollten unbedingt ausgewertet wer- benehmen: sich benehmen wie eine offene
den. Es ist für mich völlig ohne Belang, Hose (salopp): sich sehr schlecht, rüpel-
welcher Konfession dein Partner ange- haft benehmen: Bei einem meiner ersten
hört. Auftritte im Fernsehen traf ich Madonna,
belasten: ↑ erblich. die sich, unter uns, benommen hat wie ne
belecken: ↑ Kultur. offene Hose (Zeit 8. 11. 2006, 57).
belegen: ↑ Beschlag. ↑ Rotz.
belehren: jmdn. eines anderen/eines Bes- Benehmen: sich mit jmdm. ins Benehmen
seren belehren: jmdm. zeigen, dass er im setzen (Papierdt.): mit jmdm. wegen etw.
Irrtum ist, wie sich etw. wirklich verhält: Kontakt aufnehmen, sich mit jmdm. ver-
Die Briefe, die er in ihrem Schreibtisch ständigen: Man forderte ihn auf, sich mit
fand, belehrten ihn eines anderen. Und . dem Beschaffungsamt ins Benehmen zu
wer annimmt, dass gerade Lyrik notwen- .
setzen. Er entwickelte ihr, dass sich die
103
Bengel – Berg
Bank in diesem Falle wahrscheinlich so- sein: Weil das Unerwartete und Plötzliche
gleich mit ihm ins Benehmen setzen die Wiederkehr Christi kennzeichnen, gilt
B würde (Brecht, Groschen 225).
ein Benehmen wie eine offene Hose (sa-
für uns Christen: Bereit sein ist alles
(www.sanktmichael.de, 24. 5. 2007).
Beng lopp): ein sehr schlechtes, rüpelhaftes Be- ♦ Die Redensart ist ein abgewandeltes
nehmen: ... habe seine Kritiker als Zitat aus Shakespeares Hamlet, wo der
»Zwerge ohne Kulturverständnis« ge- Titelheld im fünften Akt mit den Worten
schmäht, umgekehrt wurde dem Inten- »In Bereitschaft sein ist alles« zum Aus-
danten öffentlich ein Benehmen »wie druck bringt, dass er dem bevorstehen-
eine offene Hose« nachgesagt (SZ 20. 11. den Zweikampf mit Laertes nicht auswei-
2008, 11). chen will, sondern dazu bereit ist, sein
↑ Urwald. Leben aufs Spiel zu setzen.
Bengel: den Bengel hoch werfen ↑ Schandtat.
(schweiz.): [unberechtigte] Ansprüche, bereiten: ↑ Ende, ↑ Kopfschmerz, ↑ Nacht.
Forderungen stellen: Dass Splittergruppen bereuen: ↑ Kreuz.
den Bengel in der Konkurrenz immer et- Berg: der Berg kreißte und gebar eine
was höher werfen können als Parteien mit Maus (geh.): ein großer Aufwand, gewich-
Regierungsverantwortung ... (NZZ 30. 12. tige Ankündigungen, Versprechungen o. Ä.
1986, 4). »270 Franken Mitgliederbeitrag brachten ein lächerliches, unbedeutendes
und 250 Franken Weihnachtsgeschenke ... Ergebnis: Der Berg kreißte und gebar eine
das finde ich eine Unverschämtheit ... « – Maus. Etwa so lässt sich der vorläufige
»Der Junge rechnet das alles ganz naiv zu Höhepunkt im Gezerre um die wirt-
seinen Karrierespesen. Er hätte den Ben- schaftswissenschaftlichen Forschungsin-
gel ja viel höher werfen können!« (Humm, stitute umschreiben (Zeit 31. 1. 1997, 32).
Komödie 20). ♦ Diese Redensart stammt aus der »Ars
♦ Das Wort »Bengel« steht in dieser poetica« des römischen Dichters Horaz.
Wendung in der veralteten, nur noch Mit den Worten »parturient montes, nas-
landschaftlich gebräuchlichen Bedeutung cetur ridiculus mus« (= es kreißen die
von »kurzes Holzstück, Knüppel«. Das Berge, zur Welt kommt nur eine lächerli-
Bild ist noch deutlicher in dem veralteten che Maus) kritisierte Horaz die Dichter,
Sprichwort »Man muss den Bengel hoch die nur wenig von dem halten, was sie
werfen, er fällt von selbst wieder tief«, versprechen.
das dazu ermuntert, seine Ziele nicht von wenn der Berg nicht zum Propheten
vornherein zu niedrig anzusetzen. kommt, muss der Prophet zum Berg ge-
beobachten: ↑ Farbe. hen: einer muss den ersten Schritt tun,
beraten: gut/schlecht beraten sein (ugs.): man kann nicht darauf warten, dass jmd. ,
sich richtig/falsch verhalten: Der Kanzler etw. den eigenen Wünschen entgegen-
wäre schlecht beraten, wenn er die Ver- kommt, sondern man muss die Anstren-
handlungsbereitschaft der anderen Seite gung machen, sich selbst zu helfen: »Der
als Schwäche auslegen würde. . Streit ist weiß Gott keinen Freund-
... schwangere Frauen sind gut beraten, schaftsbruch wert. Wenn sie hartnäckig
wenn sie sich vor dem Wundstarrkampf bleibt, dann muss der Prophet halt zum
schützen lassen (Hörzu 48, 1972, 163). Berg gehen«, sagte er und wählte ihre
berauben: jmdn. nicht berauben [wollen/ Nummer.
mögen]: jmdm. von etwas Angebotenem ♦ Das Sprichwort geht wohl auf eine ori-
nicht zu viel wegnehmen wollen (in Höf- entalische Quelle zurück. Als wahrschein-
lichkeitsformeln): Ich möchte Sie aber nicht liche Quelle verweist die Forschung auf
berauben! Ich beraube Sie doch nicht? die Anekdoten des Nasreddin Hodscha.
Bereich: ↑ grün. Ein türkisches Sprichwort lautet: »Berg
bereit: bereit sein ist alles: man muss auf wandle, Berg wandle; wenn der Berg nicht
das, was zu erwarten ist, gut vorbereitet wandelt, wandle du, Heiliger!«
104
Berlichingen – Berühmtheit
Berge versetzen [können]: nahezu Un- [längst] entkommen, schon weit weg sein:
mögliches vollbringen: Mit Kleinmut kann
.
man keine Berge versetzen. ... beweist
Als die Polizei eintraf, waren die Einbre-
.
cher längst über alle Berge. Irgendein M
B
M
sie doch, dass ein unbeirrbarer Glaube Saukerl hat sie in die Finger gekriegt,
nicht nur Berge versetzt, sondern auch Rauschgift und so, und jetzt sitzt sie da, Berü
ungeduldige Alliierte in Schach zu halten und er ist natürlich über alle Berge (Bald-
vermag (Dönhoff, Ära 44). win [ bers.], Welt 154).
♦ Die Wendung basiert auf der Redens- [noch nicht] über den Berg sein (ugs.): die
art »der Glaube versetzt Berge« und geht größte Schwierigkeit, die Krise [noch
wie diese auf das Neue Testament (1. Kor. nicht] überstanden haben: Wir hoffen,
13, 2) zurück. dass der Patient in zwei bis drei Tagen
jmdm. goldene Berge versprechen: .
über den Berg ist. Ende nächsten Jah-
jmdm. große Versprechungen machen, die res sind wir übern Berg. Dann ist alles be-
man nicht einhalten kann; jmdm. etw. vor- zahlt (Hörzu 37, 1972, 100).
gaukeln: Sie war unerfahren und glaubte ↑ dastehen, ↑ Glaube, ↑ Haar.
an die große Liebe. Er versprach ihr gol- Berlichingen: ↑ Götz.
dene Berge und machte aus ihr ein Häuf- Berserker: ↑ wüten.
.
chen Elend. Das System einer solchen bersten: [bis] zum Bersten voll/gefüllt:
Organisation ist ganz einfach: Jemand übervoll, brechend voll: Morgens vor neun
wirbt ahnungslose Verkäufer an, denen er Uhr waren die Züge immer zum Bersten
goldene Berge verspricht (Handelsblatt .
voll. ... mein Kopf ist bis zum Bersten
31. 10. 1986, 12). gefüllt mit Gedanken (Langgässer, Siegel
♦ Die Wendung geht auf den römischen 356).
Komödiendichter Terenz zurück, der sie berufen: aus berufenem Munde: von kom-
in seinem Stück »Phormio« (I, 2, 18) ge- petenter Seite; aus sicherer Quelle: Den
braucht. Journalisten war aus berufenem Munde
am Berg sein (schweiz.): ratlos sein, nicht mitgeteilt worden, dass der Kanzler das
weiterwissen: In einer Klinik hier macht Kabinett entlassen habe.
man bei Lungenentzündungen jetzt In- viele sind berufen, aber nur wenige sind
jektionen mit Pneumokokken-Serum. Der auserwählt: von den vielen, die etwas er-
Erfolg ist unsicher ... wir sind ganz ein- reichen möchten, haben nur wenige Erfolg:
fach am Berg, ehrlich gesagt (Inglin, Viele fühlen sich berufen, zum Nietzsche-
Schweizerspiegel 582). Jahr etwas beizutragen, aber es sind am
mit etw. [nicht] hinter dem/hinterm Berg Ende eben doch nur wenige auserwählt
halten (ugs.): etw. Wesentliches [nicht] (SZ 26. 9. 2000, 18).
verschweigen: Die Opposition hält mit ih- ♦ Bei dieser Redensart handelt es sich
.
rer Meinung hinterm Berg. Leider aber um ein Zitat aus der Bibel (Matth. 22, 14).
hatte, wie sich nun herausstellte, der beruhen: etw. auf sich beruhen lassen:
Loisl schon vorher in bierseliger Stim- etwa. nicht weiterverfolgen: Die Polizei
mung mit der lustigen und lüsternen will den Fall auf sich beruhen lassen. Ich
Wahrheit nicht hinter dem Berge halten schlage vor, dass wir die Angelegenheit
können (Mostar, Unschuldig 119). Hein- .
vorläufig auf sich beruhen lassen. ... die
zens Streben, sie an ein anderes Leben zu Beschuldigung einfach auf sich beruhen
gewöhnen, ist ihr nun nur noch lästig – zu lassen war doch mit amtlichem
mit dieser Ansicht hält sie nicht hinter Pflichtgefühl nicht zu vereinen (Maass,
dem Berg (Brod, Annerl 131). Gouffé 71).
♦ Die Wendung ist militärischen Ur- Berühmtheit: traurige Berühmtheit erlan-
sprungs und bezog sich auf Truppen oder gen: 1. einen schlechten Ruf bekommen:
Geschütze, die hinter einem Berg dem Es war ein kleines Städtchen im Süden,
Blick des Gegners entzogen waren. das als Versammlungsort rechtsradikaler
[längst] über alle Berge sein (ugs.): Parteien traurige Berühmtheit erlangt
105
berühren – beschlossen
hatte. 2. an ein trauriges, schlimmes Ereig- Zier, doch weiter kommt man ohne ihr
nis erinnern: Noch ahnte niemand, dass (scherzh.): zu große Bescheidenheit ist
B das Hotel als Schauplatz einer Familien-
tragödie traurige Berühmtheit erlangen
hinderlich, wenn man erfolgreich sein will:
»Bescheidenheit ist eine Zier, doch weiter
berü würde. kommt man ohne ihr« – im Berufsleben
berühren: das Berühren der Figüren mit gilt der alte Spruch allemal. Also Schluss
den Pfoten ist verboten (ugs. scherzh.): mit der damenhaften Zurückhaltung?
körperliche Annäherungsversuche sind (FR 31. 5. 1995, 2).
unerwünscht: Sie dürfen unseren Damen bescheißen: ↑ Schlaf.
gern einen Drink spendieren, aber das Be- Bescherung: da haben wir die Bescherung!
rühren der Figüren mit den Pfoten ist ver- (ugs. iron.): Ausruf des Verärgertseins
boten! über eine unangenehme Entwicklung der
Bescheid: Bescheid wissen: 1. Kenntnis von Dinge [die zu vermeiden gewesen wäre]:
etw. haben, unterrichtet sein: Du brauchst Da haben wir die Bescherung! Habe ich
mir nichts zu sagen, ich weiß schon Be- nicht gleich gesagt, wir sollten die Presse
.
scheid. Höfel weiß schon Bescheid. .
nicht informieren. Da haben wir die
Sag, du kommst in meinem Auftrag Bescherung, hieß es in Warschau, kaum
(Apitz, Wölfe 33). 2. etw. gut kennen, sich sind wir der Nato beigetreten, kastrieren
auskennen: Sie weiß in Hamburg genau die deutschen Pazifisten die Allianz (taz
Bescheid, sie hat dort viele Jahre gelebt 16. 9. 2002, 13).
.
und gearbeitet. In Literatur wusste er das ist ja eine schöne/nette/reizende Be-
überraschend gut Bescheid (Niekisch, Le- scherung! (ugs. iron.): Ausruf des ärgerli-
ben 319). Hunde aber wissen mit Men- chen Verwundertseins: Das ist ja eine rei-
schen Bescheid, sie sind ja bei ihnen in zende Bescherung! In die Couch hat auch
die Lehre gegangen (Schnurre, Bart 192). noch jemand mit der Zigarette ein Loch
jmdm. Bescheid sagen: 1. jmdn. benach- gebrannt.
richtigen, von etw. unterrichten: Würden beschissen: beschissen wäre noch geprahlt
Sie den Kolleginnen bitte Bescheid sagen, (derb): äußerst schlecht; so schlecht, dass
.
dass die Sitzung verschoben ist. Ich eine Steigerung nicht mehr möglich ist:
gehe in die Baracke und sage Tjaden Be- Wie gehts denn so? – Beschissen wäre
scheid, damit er verschwindet (Re- noch geprahlt.
marque, Westen 68). 2. (ugs.) eine Bean- Beschlag: jmdn. , etw. mit Beschlag bele-
standung o. Ä. in sehr deutlicher Form bei gen/jmdn. , etw. in Beschlag nehmen:
dem dafür Verantwortlichen vorbringen: jmdn., etw. ganz für sich beanspruchen: Die
Wenn das Zimmermädchen unsere Telefonzellen waren dauernd mit Beschlag
Handtücher morgen wieder nicht wech- .
belegt. Die Mädchen waren oben be-
selt, werd ich dem Personalchef mal Be- schäftigt, und wenn eine runterkam,
.
scheid sagen. Die sollten ihm mal wurde sie gleich von einem der Gäste in
kommen, denen würd’ er schon Bescheid Beschlag genommen (Ott, Haie 15).
sagen (Kempowski, Tadellöser 180). beschlagen: ↑ Pferd.
jmdm. Bescheid stoßen (ugs.): seine Em- beschließen: ↑ Reigen.
pörung über etw. in entsprechend schar- beschlossen: beschlossene Sache sein:
fem Ton dem Verantwortlichen gegenüber endgültig beschlossen sein: Dass die
zum Ausdruck bringen: Den Politikern Mannschaft auch dieses Jahr den Pokal
mal richtig Bescheid stoßen – das tut gut gewinnen wird, ist für die Fans schon
und entlastet (FAZ 7. 12. 1995, 37). Wenn .
längst beschlossene Sache. Die Reno-
ich mich zum Schlechten verändere, dann vierung und der Umbau des Schlossthea-
stoßt mir gehörig Bescheid (Hörzu 3, ters waren ... beschlossene Sache (Da-
1988, 24). nella, Hotel 107).
bescheiden: ↑ Frage. in etw. beschlossen sein/liegen (geh.): in
Bescheidenheit: Bescheidenheit ist eine etw. enthalten sein: In dieser Malerei liegt
106
beschmieren – besiegeln
107
besinnen – Besserung
besinnen: sich eines anderen/eines Besse- sorgt! (Fallada, Jeder 135). 2. (salopp)
ren besinnen: seinen Entschluss ändern: jmdn. geschlechtlich befriedigen: Wir gin-
B Er wollte gerade in die Straßenbahn stei-
gen, besann sich aber in letzter Minute ei-
gen zu ihr, noch immer zu zweit, denn wir
hatten abgemacht, es ihr gemeinsam zu
besi .
nes anderen. Herr Bonmarché ... nahm besorgen (Perrin, Frauen 149). ... besucht
das Schild mit zwei Fingern ab, besann der Berliner einschlägige Etablissements
sich jedoch eines Besseren und hängte es oder lässt es sich auf der Straße besorgen,
wieder an seinen Platz (Langgässer, Siegel je nach Lust und Laune (Spiegel 8, 1990,
367). 97).
Besitz: von etw. Besitz ergreifen/nehmen: ↑ verschieben.
sich einer Sache bemächtigen, sich etw. besser: jmds. bessere Hälfte (ugs.
[gewaltsam] aneignen: Nach und nach scherzh.): jmds. Ehepartner, bes. Ehefrau:
nahm er von allen Sachen seines Freun- Deutlich spüren lässt mancher Ehemann
des Besitz. Die Aufständischen hatten seine bessere Hälfte, dass er Herr im
von den Bergwerken Besitz ergriffen. Haus ... ist (MM 10./11. 6. 1967, 37).
von jmdm. Besitz ergreifen (geh.): sich besser ist besser: seien wir vorsichtig; si-
jmds. bemächtigen: Ein Gefühl der Leere cher ist sicher: Ich sehe mal nach, ob der
.
ergriff Besitz von ihm. Sie vermochte Herd wirklich abgedreht ist, besser ist
das Entsetzen und die Enttäuschung, die besser.
von ihr Besitz ergriffen hatten, nicht aus besser als in die hohle Hand geschissen
ihrer Stimme zu bannen (Sebastian, (derb): besser als gar nichts: »Zwei miese
Krankenhaus 117). Euro hat der mir dafür gegeben, Knick-
etw. in Besitz nehmen: sich etw. [als Ei- stiebel der!« – »Besser als in die hohle
gentum] nehmen: Nach dem Tod des Bau- Hand geschissen!«
.
ern nahm er den Hof in Besitz. Der frei das wäre ja noch besser! (iron.): das
gewordene Platz wurde augenblicklich kommt gar nicht infrage! ; ausgeschlos-
von der nachdrückenden Flut der Ver- sen! : Erst klaut man uns unsere Ideen,
wundeten in Besitz genommen (Plievier, und dann will man uns großzügig zur
Stalingrad 317). Mitarbeit einladen, das wäre ja noch bes-
sich in den Besitz von etw. setzen: sich ser!
etw. [als Eigentum] nehmen, sich einer Sa- das Bessere ist des Guten Feind: etwas
che bemächtigen: Gelang es mir, mich in mag noch so gut sein, es muss weichen,
den Besitz der greehahnschen Archive zu wenn etwas Besseres, Vollkommeneres an
setzen, dann wollte ich ... den Inhalt des seine Stelle treten kann: Aber der ausge-
entdeckten Materials aufteilen (Habe, zeichnete Traber muss, weil auch im Pfer-
Namen 245). ... die Bundesrepublik würde derennsport das Bessere des Guten Feind
nie den Versuch machen, sich mit Gewalt ist, ein wichtigeres Rennen bestreiten (SZ
in den Besitz dieser Territorien zu setzen 13. 8. 2004, 35).
(Dönhoff, Ära 160). ♦ Diese Redensart stammt aus Voltaires
besitzlos: ↑ Neid. »Philosophischem Wörterbuch«.
besohlen: ↑ laufen. Besseres zu tun haben: zu wenig Zeit ha-
besondere: im Besonderen: vornehmlich, ben, um sie mit etw. Bestimmtem zu ver-
besonders: Er interessiert sich für Grafik, geuden: Ich habe Besseres zu tun, als mir
im Besonderen für alte Stiche. den ganzen Abend ihre frustrierten Sprü-
besorgen: es jmdm. besorgen: 1. (ugs.) mit che anzuhören. Hast du nichts Besseres
jmdm. übel verfahren, jmdm. etw. heim- zu tun, als hier herumzustehen?
zahlen: Diesem fiesen Ober habe ich es ↑ belehren, ↑ besinnen, ↑ doppelt, ↑ prüfen,
.
aber gründlich besorgt. Die Sprech- ↑ schlecht, ↑ spät, ↑ Tag, ↑ Teil, ↑ vorbeugen,
stundenhilfe hat den kleinen Enno Kluge ↑ Vorsicht.
auf seinen Platz gejagt, sie geht zurück Besserung: gute Besserung!: Zuspruch für
über den Flur. Dem hat sie es aber be- einen Kranken: »Heuschnupfen?«, nickte
108
Bestand – bestellen
sie verständnisvoll. »Das Problem kenne nicht mehr zum Besten. Es steht nicht
ich. Gute Besserung!«
↑ Selbsterkenntnis, ↑ Weg.
zum Besten mit ihm, kein Verlag will
seine Manuskripte drucken. M
B
M
Bestand: eiserner Bestand: Vorrat, der nur etw. zum Besten geben: etw. zur Unter-
im äußersten Notfall angegriffen werden haltung vortragen: Würden Sie bitte noch best
darf: Im hinteren Teil der Hütte war der ein Lied für unsere Gäste zum Besten ge-
eiserne Bestand an Fleisch- und Gemüse- ben?
konserven gelagert; man musste damit ♦ Mit »das Beste« war ursprünglich der
rechnen, im Winter ein paar Wochen ein- Siegerpreis gemeint. Die Wendung bedeu-
geschneit zu sein. tete also zunächst »etwas als Preis für
zum eisernen Bestand gehören: fester den Sieger in einem Spiel oder Wettkampf
Bestandteil von etw. sein: Das zunächst aussetzen«.
umstrittene Stück gehört heute zum ei- jmdn. zum Besten haben/halten: jmdn.
sernen Bestand des Spielplans. Wir . necken, anführen: Diese Burschen wollten
weisen diesen Satz ... nicht von vornhe- mich mit der Geschichte von der angeb-
rein ab, er gehört sozusagen zum eisernen lich in mich ach so verliebten Kollegin
Bestande der christlichen Konvention doch nur zum Besten haben. Aber .
(Thielicke, Ich glaube 193). plötzlich zweifelte Ulrich, ob Tuzzi wirk-
Bestandteil: sich in seine Bestandteile auf- lich so ahnungslos sei oder sich nur so
lösen (ugs.): auseinanderfallen: Diese stelle und ihn zum Besten habe (Musil,
Schuhe lösen sich auch bald in ihre Be- Mann 803).
standteile auf. ♦ Die Wendung hat ihren Ursprung da-
bestätigen: ↑ Ausnahme. rin, dass man jemanden zum Spaß so be-
beste: der erste/nächste Beste: jeder, der handelt, als ob er der Beste wäre.
kommt, ganz gleich wer; der sich zunächst ↑ Familie, ↑ hoffen, ↑ Hunger, ↑ Jahr, ↑ Kraft,
Anbietende: ... als ob Amelia ein hässli- ↑ lachen, ↑ Ordnung, ↑ Pferd, ↑ schmecken,
ches Nesthäkchen wäre, das man dem ↑ Seite, ↑ Stück, ↑ Weg, ↑ Wissen.
ersten Besten an den Hals wirft (Ruark bestehen: ↑ Feuerprobe.
[ bers.], Honigsauger 233). besteigen: ↑ Pegasus.
für jmdn. ist das Beste gerade gut genug bestellen: nichts/nicht viel zu bestellen ha-
(iron.): jmd. stellt sehr hohe Ansprüche: ben (ugs.): nichts/nicht viel ausrichten,
Armani, Champagner, ein teurer Sport- eine untergeordnete Rolle spielen: Auf un-
wagen – für den karrierebewussten Yup- serem Platz hat der Gegner nichts zu be-
pie ist das Beste gerade gut genug. .
stellen. Ich begriff ... langsam, dass ich
das Beste aus etw. machen: die größt- bei Charlie vorläufig nichts zu bestellen
möglichen Vorteile aus etw. [was gar nicht hatte (Plenzdorf, Leiden 83).
so vielversprechend ist oder zu sein um jmdn. , etw./mit jmdm. , etw. ist es
scheint] ziehen: Die finanziellen Ressour- gut/schlecht usw. bestellt: jmd. , etw. ist
cen waren weitgehend erschöpft, aber mit in einem bestimmten Zustand, einer be-
viel Engagement und Fantasie versuchte stimmten Lage: Um seine Gesundheit ist
die Organisation, das Beste aus den noch es schlecht bestellt. Mit unserer Land-
verfügbaren Mitteln zu machen. Die Lage wirtschaft ist es nicht rosig bestellt. Wie
ist nicht rosig – machen wir das Beste da- ist es in diesem Jahr um den Export
raus! .
bestellt? Es wäre um uns Menschen
mit jmdm. , etw. steht es nicht zum Bes- besser bestellt, wenn wir die Umgangs-
ten: jmds. [ finanzielle, gesundheitliche formen von Löwen hätten (Grzimek, Se-
o. ä.] Situation ist nicht gut; mit etw. sieht rengeti 85).
es recht ungünstig aus: Seit die Banken wie bestellt und nicht abgeholt (ugs.):
ihm weitere Kredite gesperrt haben, steht verloren und ein wenig ratlos: Sie sah aus
es mit seiner Firma nicht zum Besten. Mit .
wie bestellt und nicht abgeholt. Peggys
ihrer Gesundheit steht es schon lange Mann und Sheilas Mann, aus Deutsch-
109
bestimmt – Betrieb
land angereist, stehen herum wie bestellt züglich: Unsere Bemühungen in Betreff
und nicht abgeholt (Hörzu 1, 1974, 8). eines baldigen Vertragsabschlusses waren
B ↑ Haus, ↑ klein. .
erfolgreich. Ich ... gebe bindende Ver-
bestimmt: ↑ Ohr. sprechungen ab in Betreff des morgenden
best bestreuen: ↑ Asche. Tages (Th. Mann, Herr 44).
besuchen: ↑ Abend. Betreiben: auf jmds. Betreiben [hin]: auf
besudeln: ↑ Kot. jmds. Einf lussnahme, Bemühungen hin:
Betracht: außer Betracht bleiben: unbe- Auf Betreiben der Gewerkschaft kam er
rücksichtigt bleiben: Diese Frage bleibt .
in den Vorstand. Helmcke wurde ... vor
.
hier außer Betracht. Schließlich kann Anklageerhebung aber wieder auf freien
nicht außer Betracht bleiben, dass die Fuß gesetzt – auf Betreiben amerikani-
Anerkennung der Zurechnung solcher scher Stellen (Prodöhl, Tod 8).
Leistungsaustauschverbände ... in ande- betreten: ↑ Parkett.
ren Fällen leicht missbraucht werden Betretung: im Falle der Betretung (österr.):
könne (NJW 19, 1984, 1115). im Fall, dass jemand bei einem gesetzwid-
jmdn. , etw. außer Betracht lassen: rigen Verhalten erwischt wird: Wer seinen
jmdn. , etw. unberücksichtigt, unbeachtet Fahrschein in morgendlicher Hektik ver-
lassen; von jmdm. , etw. absehen: Lassen gisst, ... zahlt 520 Schilling im Falle der
wir zunächst einmal seine unerfreuliche Betretung (Die Presse 5. 9. 1995).
.
Vergangenheit außer Betracht. ... es ge- Betrieb: außer Betrieb sein: nicht arbeiten,
lang ihr nicht, das gemeinsam Erlebte au- nicht in Funktion sein: Der Aufzug ist
ßer Betracht zu lassen (H. Weber, Einzug außer Betrieb, wir müssen die Treppe
403). .
nehmen. Sie hatte versucht, Rolf anzu-
[nicht] in Betracht kommen: [nicht] in- rufen, aber vergeblich; das Telefon war
frage kommen, berücksichtigt werden: Er bereits außer Betrieb (Frisch, Stiller 343).
kommt als Vorsitzender nicht in Be- etw. außer Betrieb setzen: den Betrieb
tracht. Kommt denn eine Programmän- von etw. [vorübergehend] einstellen: Die
derung überhaupt noch in Betracht? . Firma musste eine veraltete Heizanlage
Für Herrn Coax kamen die Schiffe der auf Verlangen der Umweltbehörde außer
Herren Brookley & Brookley in keiner .
Betrieb setzen. Schon hab ich berech-
Weise in Betracht (Brecht, Groschen 32). net, dass wir die elektrische Anlage aus
jmdn. , etw. in Betracht ziehen: jmdn. , Geldmangel ... außer Betrieb setzen müs-
etw. berücksichtigen, in Erwägung ziehen: sen (H. Mann, Stadt 169).
Wir müssen bei der Berechnung auch den in Betrieb sein: arbeiten, in Funktion sein:
.
Seitenwind in Betracht ziehen. Fabian Wie lange ist die neue Entschwefelungs-
von Schlabrendorff, der ... als Wehrbeauf- .
anlage schon in Betrieb? ... vor den
tragter genannt wurde, wird dagegen Fenstern hat er Bleche angebracht ... eine
nicht in Betracht gezogen (Dönhoff, Ära Alarmanlage ist in Betrieb, die Türen sind
33). Es wäre ja die schiere Ungezogenheit, mit Riegeln gesichert (Genet [ bers.], Ta-
eine solche Vermutung auch nur in Be- gebuch 256).
tracht zu ziehen (Maass, Gouffé 320). in Betrieb gehen: zu arbeiten beginnen,
betrachten: ↑ Licht. eingesetzt werden: Die Gemeinde ... er-
Betreff: in dem/diesem Betreff (Amtsspr. , richtet ... eine riesige Hauptkläranlage,
Kaufmannsspr.): in dieser Beziehung: In die im Juni ... in Betrieb gehen soll (profil
diesem Betreff kann man nicht von einer 17, 1979, 34). 2011 soll Berlin-Branden-
Radikalisierung der Universitäten spre- burg International in Betrieb gehen (Ta-
.
chen. ... so will ich nur auch in diesem gesspiegel 5. 9. 2006).
Betreff der Wahrheit die Ehre geben und etw. in Betrieb nehmen/setzen: mit etw.
freimütig eingestehen ... (Th. Mann, Krull zu arbeiten beginnen, etw. bei der Arbeit
73). einsetzen: Morgen soll das Kraftwerk pro-
in Betreff (Amtsspr. , Kaufmannsspr.): be- beweise in Betrieb gesetzt werden. Zu .
110
betrübt – Bettelstab
Wochenbeginn wurden die von den deut- mit jmdm. ins Bett gehen/steigen (ugs.):
schen Wissenschaftlern entwickelten Ka-
merasysteme an Bord der Sonden in Be-
mit jmdm. Sex haben: Er wäre mit der jun-
gen Kollegin gern ins Bett gestiegen. . M
B
M
trieb genommen (www.astronews.com, Die (= Männer) wollen mit jedem Mäd-
16. 11. 2006). chen ins Bett gehen, und dann lassen sie Bett
betrübt: ↑ himmelhoch. die anschließend sitzen (Hornschuh, Ich
Betrug: ein frommer Betrug/eine fromme bin 30).
Täuschung: 1. in der Beschönigung eines sich ins gemachte Bett legen (ugs.): seine
unangenehmen Umstands bestehende Existenz ohne eigene Anstrengung auf be-
Selbsttäuschung: Die hundert Meter, die reits vorhandene angenehme Verhältnisse
Brüning sich vor dem Ziel der Tributbe- gründen: Durch Einheirat in den Konzern
freiung glaubte, waren entweder ein hat er sich ins gemachte Bett gelegt.
frommer Betrug oder eine lächerliche ins Bett/zu Bett gehen; sich ins Bett be-
Fantasterei (Niekisch, Leben 197). 2. in geben (geh.); sich ins Bett hauen (ugs.):
guter Absicht erfolgende Täuschung eines schlafen gehen: Wir sind kurz nach 11 Uhr
anderen: Sie hat ihrem Sohn gesagt, sein ins Bett gegangen. Er war total kaputt
Vater sei auf einer Forschungsexpedition und haute sich gleich ins Bett.
ums Leben gekommen – wer wollte ihr ↑ Brot, ↑ Frau Holle, ↑ haben, ↑ Tisch.
diesen frommen Betrug verdenken? Bettel: jmdm. den [ganzen] Bettel hin-
♦ Der Ausdruck ist die wörtliche ber- schmeißen/hinwerfen/vor die Füße
setzung von lat. »pia fraus« und stammt schmeißen/vor die Füße werfen (ugs.):
aus den »Metamorphosen« des römi- jmdm. unmissverständlich zu erkennen
schen Dichters Ovid. geben, dass man nicht mehr für ihn tätig
Bett: das Bett hüten müssen: wegen Krank- sein will: ... und wenn ich einen Treffer
heit im Bett bleiben müssen: Er war nicht lande, werf ich dieser gottverfluchten
recht beisammen, musste oft das Bett hü- Zeitung den Bettel hin ... (Ruark [ bers.],
ten; etwas zehrte an ihm, eine schlei- Honigsauger 262).
chende Krankheit (Feuchtwanger, Erfolg den [ganzen] Bettel hinwerfen/hin-
384). schmeißen (ugs.): aus berdruss o. Ä.
das Bett an/bei fünf Zipfeln packen wol- seine Tätigkeit, sein Amt aufgeben: Im
len (ugs.): mehr erreichen wollen, als mög- Frühjahr 1979, als der Chef des Bundes-
lich ist: Ich glaube, wir wollen das Bett an kriminalamtes ... zum ersten Mal den
fünf Zipfeln packen. Deutsche Meister- Bettel hinwerfen wollte (Spiegel 50, 1980,
schaft, der Pokal und Europapokal, das 24).
ist einfach zu viel für unsere Mannschaft. ♦ »Bettel« gehört zum Verb »betteln«,
mit jmdm. das Bett teilen: 1. mit jmdm. bedeutete zunächst »Bettelei; Zusam-
Sex haben: Wenn eine Wissenschaftlerin mengebetteltes« und ist seit dem 17. Jahr-
und ein Wissenschaftler nicht nur das La- hundert in der heutigen umgangssprach-
bor, sondern auch das Bett teilen, stellen lichen Bedeutung »altes, minderwertiges
sich oftmals Probleme ein. 2. (bes. von Tie- Zeug, Plunder« gebräuchlich.
ren) mit jmdm. im selben Bett schlafen, sich betteln: ↑ bitten.
in jmds. Bett einnisten: Das abgöttisch ge- Bettelstab: an den Bettelstab kommen
liebte Hundchen darf mit Frauchen sogar (veraltend): völlig verarmen: Sein Vater
das Bett teilen. Ich möchte nicht wissen, hatte die Firma in Riga aufgeben müssen
wie viele Milben hier mit dem nichts ah- und war an den Bettelstab gekommen.
nenden Gast das Bett teilen. jmdn. an den Bettelstab bringen (veral-
ans Bett gefesselt sein (geh.): wegen tend): jmdn. wirtschaftlich völlig ruinie-
Krankheit im Bett bleiben müssen: Er ist ren: Seine Spielleidenschaft hatte ihn an
nun schon drei Wochen ans Bett gefes- den Bettelstab gebracht.
selt. Seit ihrem Schlaganfall war sie ans ♦ Mit »Bettelstab« ist der Stab des Bett-
Bett gefesselt. lers gemeint, der Stock, auf den sich ein
111
betten – bewaffnet
kranker oder alter Mensch beim Betteln ben (ugs.): [nach dem Genuss von Alko-
stützte, wenn er seinen Lebensunterhalt hol] zum Schlafen müde genug sein: Nach
B nicht mehr durch Arbeit bestreiten
konnte.
vier bis sechs Bierchen hatte er die nötige
Bettschwere und zog sich zurück.
bett betten: wie man sich bettet, so liegt/ Bettzipfel: nach dem Bettzipfel schielen
schläft man: es hängt von einem selbst ab, (ugs.): sehr müde sein und gern zu Bett ge-
wie man sein Leben gestaltet: Er wollte nie hen wollen: Na, du schielst wohl auch
etwas lernen, und heute lebt er im Ob- schon nach dem Bettzipfel?
dachlosenasyl – wie man sich bettet, so nach dem Bettzipfel schnappen/schielen
liegt man. (ugs.): [durch Gähnen] erkennen lassen,
sich weich betten: sich ein angenehmes dass man sehr müde ist: Geht doch schla-
Leben verschaffen: Mit der Einheirat in fen, Kinder, ihr schnappt doch schon
den Konzern hat er sich weich gebettet. nach dem Bettzipfel!
[nicht] weich gebettet sein: [kein] ange- beugen: ↑ Nacken, ↑ Rücken.
nehmes, leichtes Leben haben: Als Mit- Beute: ↑ Wahnsinn.
glied der königlichen Familie ist sie weich Beutel: tief in den Beutel greifen müssen
gebettet – weicher gehts kaum. Zwei ge- (ugs.): viel zahlen müssen: Wir haben für
schiedene Ehen und seither nur unver- den Hauskauf tief in den Beutel greifen
bindliche Beziehungen: In Liebesdingen müssen. Wenn du in München richtig
ist er nicht weich gebettet. ausgehen willst, musst du tief in den Beu-
↑ Rose, ↑ Ruhe. tel greifen.
bettfein: sich bettfein machen (ugs.): sich ♦ Die Wendung knüpft an die veraltende
zum Schlafen fertig machen: Wir schick- Bedeutung »Geldbeutel« an.
ten sie nach unserem abendlichen Gebet ↑ Loch.
hinauf, damit sie sich die Zähne putzen bevölkerungspolitisch: bevölkerungspoli-
und sich bettfein machen konnten (www. tischer Blindgänger (salopp, meist ab-
geschichtennetz.de). Grünen-Politikerin wertend): jmd. , der keine Kinder in die
Thea Dückert hatte sich gerade bettfein Welt setzt: Denn männliche Homosexu-
gemacht, als sie zurück in die Leipziger elle galten als »bevölkerungspolitische
Straße gerufen wurde (SZ 16. 12. 2003, 2). Blindgänger« (Heinrich Himmler), vom
Bettflucht: ↑ senil. Trieb her ungeeignet, für Deutschland
Bettkante: jmdn. [nicht] von der Bettkante Nachwuchs zu zeugen (taz Magazin 17. 3.
stoßen/schubsen (ugs.): sich jmdm. 2007 IV). Alfred sagte, bei einer Tauffeier
[nicht] sexuell verweigern: Er fand heraus, vom Großvater des Täuflings als bevölke-
dass Männer fast ausnahmslos eine Frau rungspolitischer Blindgänger bezeichnet
von der Bettkante stoßen würden, wenn zu werden, sei nicht hinzunehmen. Das
ein Freund oder Kollege nachts anrufen ist sein Nazi-Jargon, sagte Frau Klapproth
und um eine sofortige wichtige Bespre- ... (M. Walser, Verteidigung 411). Jungge-
chung ... bitten würde (Tagesspiegel 6. 4. sellen sind ohne Lobby. Als bevölkerungs-
1999, 36). So schubst Betty Davis ... einen politische Blindgänger haben sie mehr
übereifrigen Liebhaber im Anti-Love- Nach- denn Vorteile: Bei der Lohn- und
Song gnadenlos von der Bettkante (Zeit Einkommensteuer und bei den Abgaben
18. 5. 2000, 12). Vor die Wahl gestellt, ob für die Sozialversicherung (Zeit 29. 4.
er eher mit Tom Cruise oder mit Nicole 1977, 57).
Kidman eine Nacht verbringen würde, ♦ Zur Zeit des Nationalsozialismus war
sagte er ... : »... ich würde wohl Tom dies ein Ausdruck der oft lebensbedrohli-
Cruise sagen. Aber unter den richtigen che Diffamierung von Homosexuellen so-
Umständen würde ich auch Nicole nicht wie kinderlosen Frauen und Ehepaaren.
von der Bettkante stoßen.« (SZ 20. 9. bewaffnet: bis an die Zähne bewaffnet
1999, 16). sein (ugs.): schwer bewaffnet sein: Sowje-
Bettschwere: die nötige Bettschwere ha- tische Soldaten, die bis an »die Zähne be-
112
bewahren – Bewusstlosigkeit
waffnet« sind, beherrschen zurzeit das den Beweis für seine Unschuld anzutre-
Bild der Prager Straßen (MM 26. 8. 1968,
20). Zwei bis an die Zähne bewaffnete
ten (Mostar, Unschuldig 5).
etw. unter Beweis stellen: etw. beweisen, M
B
M
Jungen im Alter von elf und 13 Jahren tö- erkennen lassen: Mit zwei Toren in der
ten in Jonesboro (Arkansas) nach einem ersten Halbzeit hatte der italienische Bewu
von ihnen ausgelösten Feueralarm vier Stürmer seine Klasse unter Beweis ge-
Mädchen und eine Lehrerin (FR 7. 3. 2001, stellt. Sie suchte eine Betätigung, bei der
38). sie ihre besonderen Fähigkeiten unter Be-
bewahren: ↑ Blut, ↑ Gott, ↑ Kopf. weis stellen könnte.
Bewandtnis: mit jmdm. , mit etw. hat es bewenden: es bei/ (seltener:) mit etw. be-
[s]eine eigene/besondere Bewandtnis, wenden lassen: es mit etw. genug, abgetan
hat es die folgende Bewandtnis: für sein lassen: Wir wollen es diesmal noch
jmdn. , etw. sind besondere/folgende Um- bei einer Geldstrafe bewenden lassen. .
stände maßgebend: Mit diesem Brief hat Warum lasse ich es nicht bei einer schö-
es seine eigene Bewandtnis. Mit seiner nen Freundschaft mit Nina bewenden?
Herkunft hat es folgende Bewandt- (Rinser, Mitte 73).
.
nis ... Nun hat es mit Zauberern inso- Bewenden: bei/mit etw. sein Bewenden
fern eine besondere Bewandtnis, als ih- haben: auf etw. beschränkt bleiben; mit
nen das Töten ausdrücklich untersagt ist etw. genug, abgetan sein: Doch mit Geset-
(Kusenberg, Mal 40). zen allein ... könne es nicht sein Bewen-
bewegen: ↑ Gleis, ↑ Kreis, ↑ Parkett. den haben (Zeit 2. 5. 1986, 3). Aber es
Bewegung: sich in Bewegung setzen: sich hatte bei alledem sein Bewenden nicht,
[in eine Richtung] zu bewegen beginnen: denn Pharao wollt es nun einmal über-
Gezogen von vier kräftigen Kaltblutpfer- treiben (Th. Mann, Joseph 1490).
den, setzte sich der Wagen mit den Bier- Bewerbchen: sich 〈Dativ〉 ein Bewerbchen
fässern in Bewegung. Pünktlich um zehn machen (landsch. , bes. ostmd.): ein be-
Uhr hatte sich der Festzug in Bewegung stimmtes Tun als Vorwand benutzen, um
.
gesetzt. Die Lokomotive schrie hyste- zu erreichen, worum es einem in Wirklich-
risch auf, und der Zug setzte sich ruckend keit geht: Sie hatte die Gruppenunterneh-
in Bewegung (Koeppen, Rußland 14). mungen satt und machte sich ein Be-
etw. in Bewegung setzen: bewirken, dass werbchen, um einmal allein losstiefeln zu
sich etw. zu bewegen beginnt: Mit einem können. Liebe macht erfinderisch und so
einfachen Knopfdruck kann man die machte er sich jeden Tag ein anderes Be-
komplizierte Mechanik der Maschine in werbchen, um sich in der Nähe der neuen
.
Bewegung setzen. Kurze Böen ... stürz- Kollegin aufhalten zu können.
ten durch die Luftspalte und setzten die bewerfen: ↑ Dreck, ↑ Kot, ↑ Schmutz.
Hängelampe in schaukelnde Bewegung bewilligen: jmdm. eins/eine[n]/ein Ding
(Müthel, Baum 116). bewilligen (ugs. iron.): jmdm. eine Ohr-
↑ Hebel, ↑ Himmel. feige geben, einen Schlag, Tritt o. Ä. verset-
Beweis: den Beweis für etw. antreten zen: Als sein Vater von der kaputten
(nachdrücklich): den Beweis für etw. er- Fensterscheibe erfuhr, hat er ihm erst mal
bringen: Hoffentlich kann die Journalistin eine bewilligt. Die Zeitlupe zeigt, dass der
für ihre Behauptungen auch den Beweis Verteidiger seinem Gegenspieler ein ganz
.
antreten. Es ist wohl die höchste Zeit, schönes Ding bewilligt hat.
den Beweis dafür anzutreten, dass ein Bewusstlosigkeit: bis zur Bewusstlosigkeit
Kasernenhof alles andere als eine göttli- (ugs.): so lange, so intensiv, dass eine Stei-
che Institution ist (Kirst, 08/15, gerung kaum möglich ist; bis zur Erschöp-
165). ... seit die Zeiten des Zweikampfes fung, bis zum berdruss: Er übte das
und des Gottesurteils vorüber waren, Stück bis zur Bewusstlosigkeit. Sie spiel-
hatte man es keinem Angeklagten ver- ten keinen Rock und keinen Rap, sondern
wehren können, vor aller Öffentlichkeit bis zur Bewusstlosigkeit Mundartschnul-
113
Bewusstsein – biegen
zen. Er hatte sich zu einem Fitnessfanati- biblisch: biblisches Alter: sehr hohes Alter:
ker entwickelt und pumpte Eisen bis zur Im biblischen Alter von 92 Jahren feierten
B Bewusstlosigkeit.
Bewusstsein: jmdm. zu[m] Bewusstsein
die beiden in geistiger Frische ihre ei-
.
serne Hochzeit. Hundert Jahre alt zu
Bewu kommen: jmdm. klar werden, von jmdm. werden – wer träumt nicht davon. Herr
erkannt werden: Erst später kam uns zum Trost ... hat dieses »biblische« Alter er-
Bewusstsein, wie knapp wir der Gefahr reicht (Hörzu 38, 1978, 71).
.
entronnen waren. Als er später heira- ♦ Diese Fügung geht auf die hohen Al-
tete ... , kam ihm erst ganz zu Bewusst- tersangaben der Erzväter im Alten Testa-
sein, wie vernünftig seine Lebensgewohn- ment zurück.
heiten früher gewesen waren (Musil, biblisches Ausmaß: katastrophales, unge-
Mann 345). heueres Ausmaß: Jetzt verhungern schon
bezahlen: sich bezahlt machen: den Auf- die ersten Kinder in Pakistan – wann end-
wand lohnen: Der Einbau der Klimageräte lich reagiert die Weltgemeinschaft und
.
hat sich bereits bezahlt gemacht. Ein startet eine Hilfsaktion, die dieser Natur-
Unterbodenschutz muss deshalb sehr katastrophe biblischen Ausmaßes gerecht
sorgfältig aufgetragen werden, wenn er wird? (MM 17. 8. 2010, 2). Fast die Hälfte
sich bezahlt machen soll (DM 49, 1965, aller Spanier unter 25 Jahren ist arbeits-
38). Ich habe ... nie daran geglaubt, dass los, die Sozialkürzungen sind von bibli-
Philologie und Kunstgeschichte sich be- schem Ausmaß (SZ 19. 8. 2011, 4).
zahlt machen (Frisch, Homo 203). ♦ Die Fügung nimmt Bezug auf die vie-
als ob es jmd. bezahlt bekäme (ugs.): (in len im Alten Testament geschilderten Ka-
Bezug auf ein bestimmtes Tun) so schnell, tastrophen großen Ausmaßes wie Sint-
viel o. ä. , als ob die Chance dazu nie wie- flut, Heuschreckenplage, Dürre usw.
der käme; ohne sich zu bändigen, zurück- Biege: eine Biege fahren/fliegen/gehen
zuhalten: Die beiden essen, als ob sie’s be- (salopp): ein Stück fahren/f liegen/gehen:
zahlt bekämen. Er erzählt und erzählt, als Mit dieser Sportmaschine würde ich
ob er es bezahlt bekäme. gerne mal eine Biege fliegen. Na, wollen
↑ Geld, ↑ Hosentasche, ↑ Münze, ↑ Tasche, wir noch eine Biege gehen, oder bist du zu
↑ Westentasche, ↑ Zeche. müde?
bezeichnend: ↑ Licht. die Biege machen (salopp): [möglichst
beziehen: ↑ Naht, ↑ Stellung. schnell] weggehen, sich entfernen:
Bezug: auf etw. Bezug nehmen (Amtsspr. , ... kommt der Tag, an dem die konse-
Kaufmannsspr.): sich auf etw. beziehen: quente unwiderrufliche Biege gemacht
Wir nehmen Bezug auf unser Schreiben werden muss. Es kommt der Tag des Ab-
vom ... schieds (Lindenberg, El Panico 31). Die
in Bezug auf jmdn. , etw. : was jmdn., etw. Bullen werden in ca. 10 Minuten vor dei-
betrifft: Es gibt in Bezug auf Nachtkleider ner Haustür stehen, ich würde jetzt
zwei moderne Richtungen: die ultrakurzen schnell die Biege machen, sonst biste weg
und die ultralangen (Dariaux [ bers.], Ele- vom Fenster (members.tripod.de).
ganz 42). Doch in Bezug auf Spengler ... ♦ Das Wort »Biege« ist besonders land-
habe ich mir selbst den größten Vorwurf schaftlich in dem hier zugrunde liegen-
zu machen (Plievier, Stalingrad 257). den Sinne von »Wegbiegung, Kurve« ge-
unter/mit Bezug auf etw. (Amtsspr. , bräuchlich.
Kaufmannsspr.): Bezug nehmend auf etw.: biegen: auf Biegen und/oder Brechen
Mit Bezug auf Ihr Schreiben vom 3. Mai (ugs.): unter allen Umständen, um jeden
teilen wir Ihnen mit ... Preis: Er will auf Biegen oder Brechen bis
Bezugnahme: unter/mit Bezugnahme auf morgen fertig werden. Wir müssen dieses
etw. (Amtsspr. , Kaufmannsspr.): in Bezug Spiel auf Biegen oder Brechen gewinnen.
auf etw. : Unter Bezugnahme auf Ihr es geht auf Biegen oder Brechen (ugs.):
Schreiben vom ... es geht um die Entscheidung in einer ex-
114
Biene – Bild
tremen Situation: Es wird sicherlich auf Schwaches Bild! Ein schwaches Bild: Die
Biegen oder Brechen gehen, wenn wir in
die Kommandozentrale eindringen.
ganze Aktion hat nicht mehr als 120 Euro
an Spenden eingebracht! M
B
M
♦ Die beiden Wendungen gehen von der ein Bild von ... [sein]: auffallend schön,
Erfahrung aus, dass biegsame Bäume und bildschön [sein]: Sie sieht aus wie die Bild
Pflanzen brechen können, wenn man sie junge Loren – ein Bild von einer Frau! .
zu stark [um]biegt. Hinter ihr steht ein Bild von einem Mann.
↑ lachen, ↑ lügen. Schlank, dunkelhäutig ... (Chotjewitz,
Biene: eine Biene machen/drehen (ugs.): Friede 100).
sich rasch [unbemerkt] entfernen: Als ich ein Bild des Jammers (geh.): ein sehr trau-
mich umdrehte, hatte der kleine Gauner riger Anblick: Nach dem Erdbeben bot
schon längst ’ne Biene gemacht. das früher so romantische Städtchen ein
♦ Das Bild der Biene steht hier für das Bild des Jammers. Hungernde und kranke
Abschwirren des Insekts. Menschen säumten die Straßen – ein Bild
Bier: das ist [nicht] mein Bier (ugs.): das ist des Jammers, das auch den abgebrühtes-
[nicht] meine Angelegenheit: Wie ich das ten Journalisten erschütterte.
.
Geld besorge, ist mein Bier. Noch bes- ein Bild/ (auch:) Anblick für [die] Götter
ser als Vorbeugehaft sei eine rechtzeitige sein (ugs. scherzh.): komisch, grotesk
Resozialisierung ... Aber das ist nicht wirken: Es ist ein Bild für die Götter,
mein Bier. Ich bin Polizist und kein Päda- wenn Familie Noth voranschreitet,
goge (MM, 8. 5. 1969, 6). und hinter ihnen unzählige Katzen
♦ »Bier« ist in dieser Wendung eine wie bei einer Prozession (www.
volksetymologische Umgestaltung einer tierschutzverein-franziskushof.de).
Mundartform von »Birne«, vgl. kölnisch Letztlich endet die Kletterei, der Pfad
»dat sönd ding Beäre net« (= das geht verläuft seichter und ich kann mit
dich nichts an). durchgedrückten Knien einigermaßen
etw. wie sauer/saures Bier anbieten/an- voranhumpeln. Sicherlich ein Anblick
preisen (ugs.): eifrig für etw. werben, was für die Götter (yadam.de, 30. 6. 2000).
niemand haben will: In den Kaufhäusern sich 〈Dativ〉 ein Bild von jmdm. , etw. ma-
wurden die Ringelsocken wie sauer Bier chen: sich über jmdn. , etw. informieren
angepriesen. Die Stadt bietet die Frei- und eine Meinung bilden: Ich muss mir
plätze im kommunalen Theater wie sau- erst ein genaues Bild von den Ereignissen
res Bier an. machen, bevor ich dazu Stellung nehmen
↑ bleifrei. .
kann. Nach dem Bild, das ich mir von
Bierkutscher: ↑ fluchen. O’Daven gemacht habe, halte ich es für
bieten: ↑ Blöße, ↑ Hand, ↑ Küche, ↑ Schach, ziemlich unwahrscheinlich (Weber, Tote
↑ Spitze, ↑ Stirn. 212).
Bilanz: Bilanz machen (ugs.): seine persön- [über etw.] im Bilde sein: [über etw.] in-
lich verfügbaren Mittel überprüfen: Wenn formiert, orientiert sein; von etw. eine ge-
wir unseren Urlaub hier um eine Woche naue Vorstellung, den Zusammenhang er-
verlängern wollen, müssen wir erst mal fasst haben: Sind Sie nun im Bilde? Ich
Bilanz machen. bin noch nicht darüber im Bilde, was hier
[die] Bilanz [aus etw.] ziehen: das Ergeb- .
eigentlich vorgefallen ist. Vermutlich
nis von etw. feststellen: Bei ihrer Entlas- sind Sie im Bilde, worüber wir uns zu un-
sung sechs Wochen später zieht die terhalten haben werden (Gaiser, Schluss-
23-jährige Kindergärtnerin Bilanz: Der ball 119).
Traum vom Abitur ist zu Ende (DM 45, ♦ Die Wendung soll aus dem Militärwe-
1965, 8). sen stammen, ursprünglich nur in negier-
Bild: [ein] schwaches Bild! (ugs.): das ist ter Form gebräuchlich gewesen sein und
schlecht, unbefriedigend, enttäuschend! : sich auf taktische und strategische Aufga-
Das Spiel wird nicht live übertragen? ben bezogen haben, für die eine klare
115
Bilderbuch – Binde
Vorstellung der Sachlage fehlte. Erst spä- das Erscheinen des Bildes beim Entwi-
ter erfolgte die bertragung der Wen- ckeln der Platte.
B dung auf den nicht militärischen Bereich.
[nicht] ins Bild passen: den Vorstellungen,
von der Bildfläche verschwinden (ugs.):
1. sich ohne Umstände entfernen, ver-
Bild Erwartungen, die man von jmdm. , etw. schwinden: ... meistenteils ab acht, neun
hat, [nicht] entsprechen: Cheftrainer Mar- sind sie von der Bildfläche verschwunden,
tin Oswald spricht von einem »Muster- weil das ja alles Leute sind, die früh zu
athleten« ... , Hans Flatscher von einem Bett gehen (Aberle, Stehkneipen 90).
»zielstrebigen und professionell« denken- 2. aus der Öffentlichkeit verschwinden und
den Sportler. Nicht ganz ins Bild passt in Vergessenheit geraten: Als kindlicher
hierzu die Anekdote, dass der WM-Dritte Sonnenschein hatte er seinen letzten öf-
von St. Anton anlässlich des Weltcup- fentlichen Auftritt. Dann verschwand er
Starts in Sölden den Start verpasste (NZZ von der Bildfläche (Hörzu 11, 1973, 18).
8. 2. 2000). Zudem will sich das börsenno- Bildung: ↑ Einbildung.
tierte Unternehmen als Medienhaus posi- billig: billiger Jakob (ugs.): Händler, bei
tionieren und hat seit kurzem einen eige- dem die Waren besonders billig sind: Die
nen Verlag ... Ein eigener Sender würde Möbel sehen aus, als kämen sie vom billi-
ins Bild passen (Tagesspiegel 14. 3. 2001, .
gen Jakob. Feature über Marktschreier,
31). billige Jakobs und andere »Entertainer an
jmdn. , sich [über etw.] ins Bild setzen der Verkaufsfront« (Spiegel 14, 1979, 248).
(nachdrücklich): jmdn. , sich [über etw.] ↑ recht, ↑ Ruhe.
informieren: Der General ließ sich von ei- Bimbam: [(ach) du] heiliger Bimbam!
nem Offizier an Ort und Stelle ins Bild (ugs.): Ausruf der berraschung, der Be-
setzen. Er fühlte sich verpflichtet, seine troffenheit: Ach, du heiliger Bimbam,
Vorgesetzten über die Vorgänge ins Bild .
Zollkontrolle! »Ach, du heiliger Bim-
zu setzen. bam!«, schimpfte die Frau in Weiß, als ich
↑ Wort. ihr den Fünfziger reichte (Martin, Henker
Bilderbuch: wie im/aus dem Bilderbuch: ei- 89).
nem Idealbild entsprechend; nicht besser, Binde: jmdm. fällt die Binde von den Au-
schöner vorstellbar, auszudenken: Es war gen (geh. veraltend): jmd. erkennt plötz-
ein Wetter wie im Bilderbuch, warm und lich, was ihm unklar war: Die Binde war
sonnig, aber nicht zu heiß. Sie feierten ihm von den Augen gefallen, seine Nach-
eine Hochzeit wie aus dem Bilderbuch. . barn hatten ihn also denunziert.
Ein Kerl wie aus dem Bilderbuch: eins- [sich 〈Dativ〉] einen hinter die Binde gie-
neunzig groß, breite Schultern (Hörzu 23, ßen/kippen (ugs.): ein alkoholisches Ge-
1982, 120). tränk zu sich nehmen: Sie hatten bis spät
Bildfläche: auf der Bildfläche erscheinen in der Kneipe gesessen, Skat gedroschen
(ugs.): [unvermittelt] erscheinen, herbei- und sich ordentlich einen hinter die
kommen, auftreten: Und dabei hatte noch .
Binde gegossen. Nach sechs kriecht
einer gefehlt; denn der, den man Pi- Reinhold raus, pusselt am Auto, dann
roschka gerufen hatte, war nicht auf der gießt er einen hinter die Binde (Döblin,
Bildfläche erschienen (Hartung, Pi- Berlin 378).
roschka 42). Bei Dohlen und Raben wer- ♦ Die Wendung geht von »Binde« in der
den ... Liebesbeziehungen zu einem heute veralteten Bedeutung »Binder,
gleichgeschlechtlichen Artgenossen so- Schlips« aus.
fort abgebrochen, wenn ein passender jmdm. die Binde von den Augen nehmen/
Geschlechtspartner auf der Bildfläche er- reißen (geh. veraltend): jmdn. etw. plötz-
scheint (Lorenz, Verhalten I, 227). lich erkennen lassen, ihn von seinen fal-
♦ Die Wendung knüpft an »Bildfläche« schen Vorstellungen befreien: Ein Brief
als alten technischen Ausdruck der Foto- seines Freundes hatte ihm endlich die
grafie an und bezog sich ursprünglich auf Binde von den Augen gerissen, und ihm
116
binden – bitte
war klar geworden, wie schändlich man losigkeit, ↑ dann, ↑ dato, ↑ dorthinaus, ↑ er-
ihn betrogen hatte.
binden: ↑ Bein, ↑ Hand, ↑ Klotz, ↑ Nase, ↑ prü-
brechen, ↑ Grab, ↑ Hals, ↑ Puppe, ↑ Stehkra-
gen, ↑ Tüpfelchen, ↑ Vergasung, ↑ weiter. M
B
M
fen, ↑ Rute, ↑ Seele. bisschen: [ach] du liebes bisschen! (ugs.):
Bindfaden: es regnet Bindfäden (ugs.): es Ausruf der berraschung, des Erschre- bitt
regnet sehr stark: Wir können jetzt noch ckens: »Ach, du liebes bisschen, wie sieht
nicht gehen, es regnet Bindfäden. Doch. das hier wieder aus.« Fred liegt inmitten
keine 12 Stunden später regnete es Bind- seiner sämtlichen Spielsachen (DM 45,
fäden. Das erwartete Hoch hatte sich 1965, 41). In den von Ihnen veröffentlich-
statt auf- abgebaut (Hörzu 42, 1972, 80). ten Zuschauerkritiken ist von beschä-
binnen: ↑ Jahr, ↑ kurz. mendem Niveau und Geschmacklosigkeit
Binse: in die Binsen gehen (ugs.): verloren die Rede – ach, du liebes bisschen! (Hörzu
gehen, zunichtegemacht werden: Ein 5, 1974, 107).
Großteil ihres Vermögens ist bei dem ↑ plötzlich.
Börsensturz in die Binsen gegangen. Bissen: jmdm. bleibt der Bissen im Hals
Seine Hoffnungen auf eine Goldmedaille stecken (ugs.): jmd. erschrickt sehr: Mir
.
sind in die Binsen gegangen. Tja, wer blieb der Bissen im Hals stecken, als ich
hätte gedacht, dass eure Ehe so schnell in ihn plötzlich vor mir sah.
die Binsen ginge ( Jaeger, Freudenhaus keinen Bissen anrühren (ugs.): das Essen
241). unberührt stehen lassen: Ich war so aufge-
♦ Die Wendung stammt vermutlich aus regt, dass ich keinen Bissen anrühren
der Jägersprache und bezieht sich darauf, .
konnte. Er ist weiß wie ein Aktenbogen
dass eine getroffene Wildente, die in die und rührt keinen Bissen an (Spoerl, Maul-
Binsen (landsch. = »Schilf«) fällt, für den korb 40).
apportierenden Jagdhund kaum zu fin- jmdm. keinen Bissen gönnen (ugs.):
den ist. jmdm. nicht das Geringste gönnen: Er will
Birne: eine weiche Birne haben (salopp): et- alle in der Mannschaft ausstechen, der
was beschränkt sein: Wie könnt ihr den gönnt seinen Kameraden keinen Bissen.
zum Vorsitzenden wählen, der hat doch jmdm. die Bissen in den Mund/im Mund
.
eine weiche Birne. Die deutsche Linke zählen (ugs.): genau aufpassen, wie viel
ist also nicht 1989 gescheitert, sie arbeitet jmd. isst: Beim Essen aber störst du, weil
noch dran. Wer damals irgendwas in sich du einem wie ein Bernhardiner die Bissen
hat kaputtgehen sehen, der muss ans in den Mund zählst (Remarque, Obelisk
diesseitige Gottesreich geglaubt resp. 198).
eine gehörig weiche Birne gehabt haben ↑ Hund, ↑ Mund.
(taz 26. 4. 2000, 12). bisserl: a bisserl was geht immer (südd.): es
♦ Die Wendung bezieht sich darauf, dass wird sich schon etwas machen lassen [auch
eine weiche Birne nicht mehr ganz in wenn die Umstände eigentlich dagegen
Ordnung, innen faul ist, und spielt mit sprechen]: In kürzester Zeit und mit nicht
der saloppen Bedeutung »Kopf« des Wor- allzu viel Geld ist es ihnen gelungen, ein
tes. anspruchsvolles Programm auf die Beine
↑ Apfel. zu stellen, frei nach dem Motto »A bisserl
bis: bis anhin (schweiz.): bis jetzt, bisher: Sie was geht immer« (SZ 3. 4. 2003, 44).
hat sich bis anhin nur wenig um ihren bitte: na bitte!: das habe ich doch gleich ge-
.
Bruder gekümmert. Der bis anhin un- sagt, das bestätigt mich: Er hat das Geld
bescholtene Geschäftsmann ... (NZZ jetzt doch überwiesen? Na bitte, habe ich
21. 12. 86, 7). .
mir doch gleich gedacht! Na bitte! Die
bis und mit (schweiz.): bis einschließlich: Kommandogewalt liegt in meiner Hand,
Das Gastspiel dauert noch bis und mit oder etwa nicht? (Apitz, Wölfe 240).
Samstag (Vaterland 3. 10. 1968, 11). bitte, bitte machen (fam.): durch mehr-
↑ abwinken, ↑ Arzt, ↑ aschgrau, ↑ Bewusst- maliges Zusammenschlagen der Hände
117
bitten – Blatt
eine Bitte ausdrücken (auf Kleinkinder be- blank: blank sein (ugs.): kein Geld mehr ha-
zogen): Mach schön bitte, bitte. Dann ben: Als Clausing heiratete, fiel auch die
B kriegst du einen Keks.
bitten: bitten und betteln (fam.): inständig
Arbeitslosenhilfe weg. Er war blank
(Rhein. Merkur 18. 5. 1984, 10).
bitt bitten: Wenn die Kinder bitten und bet- ↑ blink, ↑ Hans, ↑ Nerv.
teln, lässt sich die Großmutter immer er- Blase: Blasen werfen: Aufsehen erregen:
.
weichen. Der amerikanische Talkshow- Dieser unvermittelte bergang von einer
König David Letterman bat und bettelte Bewegtheit, die unaufhörlich Blasen ge-
ein gutes Dutzend Mal, um die weltbeste worfen hatte, zu der auf sie folgenden
Tennisspielerin einmal in seinem abendli- bleiernen Stille übte nun einen geradezu
chen Plauderstündchen begrüßen zu kön- körperlichen Stoß aus (Musil, Mann 719).
nen (Tagesspiegel 17. 5. 1998, 20). Blasen ziehen: unangenehme Folgen ha-
ich muss doch sehr bitten! (ugs.): Ausruf ben: Wir wollen nur hoffen, dass dieser
der Entrüstung, des Protests: »Ich muss Zwischenfall keine Blasen zieht.
doch sehr bitten«, sagt er schließlich, »in ♦ Die Wendung bezieht sich vermutlich
meinem Lokal kann man nicht solchen auf die Blasen, die sich z. B. bei Verbren-
Lärm machen« (Remarque, Obelisk 23). nungen auf der Haut bilden, die also mit
Aber nun muss ich doch sehr bitten! unangenehmen Empfindungen verbun-
Wenn das nicht Haarspalterei ist (Maass, den sind.
Gouffé 322). blasen: jmdm. was blasen (salopp): jmds.
[aber] ich bitte Sie! (ugs.): Ausruf der Ansinnen ablehnen: Wenn er noch einmal
Entrüstung, des Protests: Aber ich bitte meinen Wagen haben will, werde ich ihm
Sie, so war es doch gar nicht gemeint. . was blasen.
Ich bitte Sie, wie reden Sie vom Kuss, dem ♦ Die Herkunft der Wendung ist nicht
zartesten Austausch der Welt (Th. Mann, geklärt. Am einleuchtendsten ist wohl die
Krull 410). Deutung, dass es sich dabei um eine ver-
wenn ich bitten darf: bitte (nachdrückli- kürzte und in der Bedeutung leicht abge-
che Höf lichkeitsformel): Hier durch diesen wandelte Form der Wendung »jmdn. den
Gang, wenn ich bitten darf, dann nach Marsch blasen« handelt.
.
links. Aufstehen und ins Büro kom- jmdm. einen blasen (derb): bei jmdm. die
men! Aber leise, wenn ich bitten darf ! Fellatio ausüben: ... ohne Gummi soll sie
(Ziegler, Labyrinth 55). ihm einen blasen (Fichte, Wolli 380).
darf ich bitten?: höf liche Aufforderung ♦ Die Wendung bezieht sich bildlich auf
zum Tanz: Sie spielen unser Lied, Elise – die Flöte, die ein phallisches Symbol ist.
darf ich bitten? ↑ Ahnung, ↑ Hobel, ↑ Horn, ↑ Marsch, ↑ Ohr,
↑ Gehör, ↑ Hand, ↑ Kasse, ↑ Ohr, ↑ Wetter, ↑ Pfeffer, ↑ Schuh, ↑ Trübsal, ↑ Vaterunser,
↑ Wort. ↑ Wind, ↑ Zucker.
bitter: ↑ Kelch, ↑ Pille. blass: ↑ Dunst, ↑ Idee, ↑ Neid, ↑ Schimmer.
bittlich: [um etw.] bittlich werden (österr. Blatt: das Blatt/das Blättchen hat sich ge-
veraltend): [wegen etw.] vorstellig werden, wendet (ugs.): die Situation hat sich ver-
[um etw.] bitten: So wurde sie beim ... Da- ändert: Plötzlich hatte sich das Blatt ge-
menstift ... um Aufnahme als Ehrenstifts- wendet, ich gewann wieder Spiel um
dame bittlich (Qualtinger, Biedermeier- .
Spiel. In wenigen Wochen hatte sich
morde 127). das Blatt gewendet, in Le Creusot begann
blamieren: jeder blamiert sich, so gut er der Hunger umzugehen (Kuby, Sieg 321).
kann (ugs.): er/sie usw. hat sich fürchter- ♦ Die Herkunft der Wendung ist nicht
lich blamiert: In vorgerückter Stunde ver- eindeutig geklärt. Möglich wäre der Be-
suchte er der Gastgeberin zweideutige zug auf das Blatt beim Kartenspiel, d. h. ,
Witze zu erzählen. Na, jeder blamiert ein Spieler, der längere Zeit ein gutes
sich, so gut er kann. Blatt hat, bekommt plötzlich ein schlech-
↑ Innung. tes und umgekehrt. Nicht weniger über-
118
Blätterwald – blau
zeugend scheint jedoch auch der Bezug Schülers, dessen Versetzung gefährdet ist:
auf eine alte Bauern- und Wetterregel zu
sein, die sich auf die Naturbeobachtung
Jeder zweite Gymnasiast in der Bundesre-
publik bleibt mindestens einmal sitzen, M
B
M
stützt, dass um den Johannestag bzw. ein Viertel aller Schüler bekommt jährlich
Veitstag herum die Laubblätter (bes. der einen »blauen Brief« (Spiegel 17, 1975, blau
Silberpappel) sich leicht senken oder zur 176).
Seite neigen. Dieser Zeitpunkt fällt oft ♦ Der »blaue Brief« hat seinen Namen
mit einem Wetterwechsel zusammen. von den blauen Umschlägen preußischer
[noch] ein unbeschriebenes Blatt sein Kabinettsschreiben, mit denen im 19. Jh.
(ugs.): 1. [noch] unbekannt sein: Für die auch Offiziere aufgefordert wurden, ihren
Ermittler war der Tankwart ein unbe- Abschied zu nehmen.
schriebenes Blatt, unbekannt in den Ak- blauer Montag (ugs.): Montag, an dem
ten der Polizei (SZ 22. 9. 2004, 10). 2. noch man der Arbeit fernbleibt: Wenns heute
ohne Kenntnisse, Erfahrungen sein: Dieser spät wird, ist für mich morgen auch mal
Vierbein ist bestimmt kein unbeschriebe- blauer Montag.
nes Blatt ... Der hat es faustdick hinter ♦ Die Herkunft der Fügung ist nicht ein-
den Ohren (Kirst, 08/15, 17). deutig geklärt. Zu den erwähnenswertes-
zwischen jmdn. und jmdn. passt kein ten der zahlreichen Deutungsversuche
Blatt Papier: jmd. ist sich mit jmdm. völlig gehören wohl die folgenden: Der Montag
einig, es gibt keine Differenzen zwischen war nach altem Handwerksbrauch der
ihnen: Der künftige Kanzler und der Par- Tag, an dem die Gesellen freihatten.
teichef betonen zwar unablässig, es passe »Blauer Montag« könnte er in Anlehnung
kein Blatt Papier zwischen sie, aber das an den ebenfalls arbeitsfreien Fasten-
gilt nur für das Atmosphärische und für montag genannt worden sein, an dem
die Geschlossenheit nach außen hin (taz Blau die vorgeschriebene liturgische
30. 9. 1998, 2). Farbe war. Wahrscheinlich ist auch die
kein Blatt vor den Mund nehmen (ugs.): Annahme, dass sich die blaue Farbe auf
offen seine Meinung sagen: ... wie mag sie die im Mittelalter an Sonn- und Feierta-
ihn erst, wenn er sie gereizt hat ... , ge- gen für Handwerker vorgeschriebene
nannt haben, wo sie doch grundsätzlich Kleiderfarbe bezog und diese für den ar-
kein Blatt vor den Mund nimmt (Maass, beitsfreien Montag übernommen wurde.
Gouffé 300). Einleuchtend ist schließlich auch eine
♦ Die Wendung bezieht sich auf eine frü- Deutungserklärung, wonach sich die Fü-
here Theatersitte, der zufolge sich die gung auf das frühere Färbeverfahren mit
Schauspieler ein Blatt als eine Art Maske Waid bezieht. Bei Blaufärbung mit Waid
vor die untere Gesichtpartie hielten, um lag die Wolle sonntags im Färbebad und
für ihre Äußerungen später nicht zur Re- musste den Montag über an der Luft oxi-
chenschaft gezogen zu werden. dieren. Während des zum Bläuen ge-
das steht auf einem anderen Blatt: das brauchten Montags hatten die Gesellen
gehört nicht in diesen Zusammenhang: Freizeit.
Dass es eine Zeit gegeben hat, in der sich blaue Bohnen (scherzh. veraltend): Ge-
die Brüder nicht grün waren, steht auf ei- wehrkugeln: Man kommt ins Gedränge,
nem anderen Blatt (Wilhelm, Unter 93). und schon hat man eine blaue Bohne im
Blätterwald: ↑ rauschen. Arm oder hat die Beine gebrochen (Dö-
blau: blauer Brief (ugs.): 1. Kündigungs- blin, Berlin 203).
schreiben: In der Dienststelle rätselt man ♦ Die Bezeichnung »blau« bezieht sich
herum, wer alles einen blauen Brief be- auf die Farbe des Bleis.
.
kommen könnte. Der blaue Brief mit blaue Jungs (ugs.): Matrosen: Es war wohl
der Kündigung warf sie wieder zurück auf ihr letzter Landgang in Mannheim; wenn
den Lebensstandard von 1950 (Spiegel 16, die blauen Jungs von der »S 66 Greif« am
1967, 73). 2. Mahnbrief an die Eltern eines Sonntag wieder die Anker lichten und
119
Blech
Kurs nehmen auf ihren Heimathafen in steigerungen sollen den hohen Grad der
Rostock-Warnemünde, läuft mit ihnen Trunkenheit ausdrücken. Die Bedeutung
B auch eine mehr als 40 Jahre währende
Tradition aus (MM 11. 10. 2003).
»betrunken« rührt wohl von dem Schwin-
delgefühl des Betrunkenen her, der einen
Blec ♦ Die Farbangabe bezieht sich auf die [blauen] Schleier vor den Augen zu haben
meist blaue Kleidung oder Uniform. glaubt, daher sagte man früher auch »es
blaue Fliesen (DDR ugs.): Westgeld, bes. wird mir blau (heute: schwarz) vor den
die Einhundertmarkscheine der Bundesre- Augen«, wenn man ohnmächtig zu wer-
publik Deutschland: »Mit eurem Hunder- den drohte.
ter. Die heißen bei uns blaue Fliesen. Tau- [jmdm.] das Blaue vom Himmel [herun-
sche blaue Fliesen gegen Duscharmatur, ter] versprechen (ugs.): jmdm. ohne Hem-
verstehste? ...« (Zimmer, Mädchen 79). mungen Unmögliches versprechen: Der
♦ Die Bezeichnung bezog sich auf die Kleine braucht einen, der ihm nicht das
blaue Farbe des Hundertmarkscheins; sie Blaue vom Himmel verspricht, der
diente besonders in Zeitungsanzeigen zur braucht einen, der immer da ist, nicht
Tarnung illegaler Geschäfte mit dem bloß heute (Bieler, Bonifaz 222).
Westgeld. das Blaue vom Himmel [herunter]lügen
das blaue Regal (ugs.): das Meer [als Ort (ugs.): ohne Hemmungen lügen: Lauer
der Abfallentsorgung vom Schiff aus]: Da- sagte, der Koch lüge das Blaue vom Him-
bei sind es nicht nur die Schiffe, die ihren mel runter (Ott, Haie 116).
Müll direkt auf hoher See im »blauen Re- das Blaue vom Himmel [herunter]reden
gal« entsorgen, sondern über die Flüsse (ugs.): sehr viel, pausenlos [von Neben-
gelangen ... gewaltige Mengen in den sächlichkeiten] reden: Von Ulm bis Mün-
Ozean (Handelsblatt 6. 7. 2006, 9). chen hatten wir einen Mann im Abteil,
der Blaue Planet: die Erde: Es könnte ja der das Blaue vom Himmel herunterre-
sein, dass wir das Ende des lebenswerten dete – wir hatten keine Minute Ruhe.
Lebens auf dem Blauen Planeten auch ins Blaue [hinein] (ugs.): ohne klares Ziel,
ohne Atomwaffen schaffen (Alt, Frieden ohne Konzept: Sie wussten nicht, um was
101). es ging, und redeten einfach so ins Blaue
♦ Der »Blaue Planet« wird so genannt, .
hinein. ... , was wir dachten. Nicht ins
seitdem die Weltraumforschung es Blaue hinein dachten, sondern mit einer
möglich macht, die Erde aus dem All zu ganz bestimmten Vorstellung von
betrachten; sie erscheint dann als ein Deutschland vor Augen ... (Dönhoff, Ära
Himmelskörper mit einem bläulichen 15).
Schimmer. ↑ Ärger, ↑ ärgern, ↑ Auge, ↑ Blut, ↑ Dunst,
die blaue Stunde (dichter.): die Zeit der ↑ Fahrt, ↑ grün, ↑ Wunder.
Dämmerung: Lasst uns die blaue Stunde Blech: jmdm. fliegt das Blech weg (ugs.):
im Garten verbringen und dem Gesang jmd. ist äußerst überrascht, verblüfft, em-
.
der Vögel lauschen. Special Effects: pört usw.: Da fliegt dir doch das Blech
Blaue Stunde. Ohne Frage spektakulär weg! Keine Woche vergeht, ohne dass Par-
sind die gestalterischen Möglichkeiten in tygirl Paris Hilton (24) einen Skandal pro-
der Dämmerung (www.agfaphoto.com). duziert! (Bravo 8, 2006, 24–25). Bei dem
blau sein [wie ein Veilchen/wie eine Siebziger- und Achtzigerjahre-Sprach-
Frostbeule/wie eine [Strand]haubitze/ müll, den alle anderen hier fortwährend
wie [zehn]tausend Mann/wie ein Eckhaus absondern, fliegt einem dann allerdings
u. Ä.] (ugs.): [völlig] betrunken sein: Am echt das Blech weg (taz 12. 3. 2009, 14).
Zahltag ist er immer blau wie ein Veil- kein Blech reden (ugs.): keinen Unsinn re-
chen. Als es schon hell zu werden begann, den: Junge, red kein Blech – ich weiß,
kam er blau wie ’ne Strandhaubitze nach dass sich alles ganz anders abgespielt
Hause. .
hat. Er ist weder Essayist noch Politi-
♦ Die scherzhaften Vergleiche und ber- ker. Er schreibt keine Regierungskolum-
120
Blei – Blick
nen und redet kein Blech (taz 29. 12. 2003, jmdn. , etw. kurz ansehen: Der Sanitäter
16).
↑ heilig.
warf einen Blick auf den Bewusstlosen
und winkte sofort eine Tragbahre he-
. M
B
M
Blei: Blei im Hintern/ (derb:) Arsch haben ran. ... statt der Telefonnummer des
(ugs.): nicht aufstehen, nicht auf brechen Restaurants wählt man die Internet-Seite Blic
wollen: Um vier Uhr früh waren die im- und wirft einen Blick auf die Menüfolgen
mer noch bei uns, die hatten mal wieder der Speisekarte (Handelsblatt 14. 2. 2001,
Blei im Arsch. 6).
↑ Morgenstunde. einen Blick hinter die Kulissen werfen/
bleiben: außen vor bleiben, am Ball blei- tun: die Hintergründe einer Sache kennen-
ben usw.: siehe unter außen, Ball usw. lernen: Als ich noch in der Planung arbei-
bleiern: ↑ schwimmen. tete, konnte ich gelegentlich auch einen
bleifrei: bleifreies Bier (ugs. scherzh.): al- Blick hinter die Kulissen tun.
koholfreies Bier: Wegen der Fahrerei einen/keinen Blick für jmdn. , etw. ha-
.
trinkt sie lieber ein bleifreies Bier. Ein ben: jmdn. , etw. sehr gut/nicht beurteilen,
gutes bleifreies Bier ist eins, das nicht den erkennen können: Sie hat absolut keinen
typischen, unangenehmen bleifreien Ge- .
Blick für gutes Design. Es ist die Niere.
ruch und Geschmack hat (www.biertest. Ich habe einen Blick für Krankheiten
online.de). (Hacks, Stücke 266).
Bleifuß: mit Bleifuß [fahren] (ugs.): ständig keinen Blick/keine Blicke für jmdn. , etw.
mit Vollgas [ fahren]: Wenn du immer nur haben: jmdn. , etw. nicht beachten: Die
mit Bleifuß fährst, ist es kein Wunder, Schaufenster waren hell erleuchtet, aber
dass der Wagen 16 Liter auf 100 km die meisten Passanten hatten keinen
schluckt! Bei Viernheim gings auf die Au- .
Blick für die Auslagen. ... da Errico
tobahn und dann mit Bleifuß durch bis zum ersten Mal die Arie ... vortrug, hielt
München. ihn die Schwierigkeit der Atemführung ...
Bleistift: mit spitzem Bleistift rechnen: so im Banne, dass er für die Zuhörer
sehr kostenbewusst sein, Kosten sparen keine Blicke hatte (Thieß, Legende 124).
wollen: Bei allen zusätzlichen Ausgaben jmdn. , etw. keines Blickes würdigen:
müssen wir also mit spitzem Bleistift jmdn. , etw. [bewusst] nicht beachten: Ka-
rechnen, wenn wir nicht in die roten Zah- viar und Hummer wurden von ihr keines
len kommen wollen (www.wkk-online.de, Blickes gewürdigt, sie griff gleich nach ei-
13. 12. 2006). .
nem Drink. ... als er eintritt, bleibt er in
Blick: wenn Blicke töten könnten!: Kom- der Tür stehn. Die Söhne würdigt er kei-
mentar, wenn jmd. jmdn. äußerst feindse- nes Blicks (Werfel, Bernadette 66).
lig ansieht: Wie er sie jetzt wieder an- auf den ersten/auf einen/mit einem
sieht – wenn Blicke töten könnten! Blick: sofort; bei nur einmaligem, kurzem
den bösen Blick haben: durch bloßes An- Hinsehen: Man erkennt auf den ersten
sehen, Betrachten Unheil bringen: Es gibt Blick, dass es sich um ein außergewöhnli-
auch heute noch alte Weiber in Città ches Talent handelt. Mit einem Blick war
morta, die glauben, ich hätte den bösen ihm klar, dass hier eine Fälschung vorlag.
Blick und brächte Unglück (Andres, Lie- Sie wusste mit einem Blick, mit wem sie
besschaukel 29). es zu tun hatte.
einen Blick riskieren (ugs.): vorsichtig, auf den ersten Blick: bei nur f lüchtigem
heimlich hinsehen: Der FKK-Strand war in Hinsehen, ohne [noch ausstehende] ge-
unmittelbarer Nähe des Hotels, und er nauere Untersuchung: Auf den ersten
.
hätte gerne einen Blick riskiert. Bork- Blick schienen die Dokumente echt zu
hausen riskiert einen raschen Blick in das .
sein. Ein Ende weiter rennt eine zweite
Gesicht seines Gegenübers (Fallada, Jeder Gruppe, die auf den ersten Blick ebenso
20). groß aussieht (Grzimek, Serengeti 60).
einen Blick auf jmdn. , etw. werfen: auf den zweiten Blick: bei näherer Be-
121
blicken – Blindheit
trachtung: Wir hielten es für Gold, aber an Bord eines Schiffes oder Flugzeugs ver-
auf den zweiten Blick erwies es sich als steckt hat und ohne Berechtigung mitreist:
B .
poliertes Messing. ... erst auf den zwei- Ein blinder Passagier hat ... einen mehr
ten Blick konnte einem der Verdacht als einstündigen Flug im Radkasten eines
blic kommen, dass die ... Mädchen nicht nur Passagierflugzeuges überlebt (www.
Speisen und Getränke servierten (Ott, berlinonline.de, 25. 11. 2000). Ein Contai-
Haie 89). nerschiff läuft in Lissabons Hafen ein, an
↑ Tellerrand, ↑ Zaun. Bord ein blinder Passagier aus Mocam-
blicken: sich blicken lassen (ugs.): irgendwo bique (www.hh.schule.de). ¸
erscheinen, einen [kurzen] Besuch ma- blinder Eifer schadet nur: mit bereifer
chen: Na, lässt du dich auch mal wieder kommt man nicht zum Erfolg; es ist besser,
.
bei uns blicken! Ich hatte eine Nieder- sich die Dinge in Ruhe zu überlegen: Du
lage erlebt, dort ... konnte ich mich nicht wirst deinen Ärger hinunterschlucken
wieder blicken lassen (B. Vesper, Reise und ihn nicht zur Rede stellen – in sol-
364). chen Situationen schadet blinder Eifer
das lässt tief blicken: das ist sehr auf- nur!
schlussreich: ... haben sie Boris Becker das sieht doch ein Blinder [mit dem
zum erotischsten Mann des Jahres erko- Krückstock]! (ugs.): das liegt doch klar zu-
ren. Das lässt tief blicken. Und zwar in tage! : Die beiden haben doch etwas mitei-
Abgründe, die man so genau nicht er- nander, das sieht doch ein Blinder mit
gründen will ... (www.taz.de, 12. 12. 2000). dem Krückstock!
↑ Auge, ↑ Kulisse, ↑ Stielauge. unter den Blinden ist der Einäugige Kö-
blind: für etw. blind sein: etw. nicht sehen nig: wer wenig kann, ragt dennoch unter
[wollen]; für etw. kein Gespür haben: Denn denen hervor, die noch weniger können.
dieser ziemlich dürftige Legalismus ist ↑ Huhn, ↑ Liebe, ↑ reden.
blind dafür, dass Demokratien nicht nur Blindenhund: da knurrt/ (seltener:) bellt
durch Beschlussvorlagen erkämpft wur- der Blindenhund (salopp): das sieht auf-
den (www2.tagesspiegel.de, 22. 1. 2001). fallend hässlich aus: Diese Länge mit den
Gerade die Global Players haben doch den Teilungsnähten, dem Latz und langen Är-
Bogen raus, Steuern dort zu bezahlen, wo meln, dann in pinkfarbenem Duchesse.
es am billigsten ist, und dort zu leben, Mein Gott, da knurrt der Blindenhund!
wo es am schönsten ist – blind dafür, (www.hobbyschneiderin.net, 14. 4. 2011).
dass sie den Ast absägen, auf dem sie ... die im Fußballsport leider mittlerweile
ihren eigenen Stammsitz haben (www. üblichen knielangen Schlabbershorts,
gruene-fraktion.de). eine Ausstattung, bei der früher der Blin-
sich blind verstehen: hervorragend aufei- denhund geknurrt hätte ... (Bittermann,
nander eingespielt sein: Solche dynami- Wie Walser 137).
schen Kontraste sind nur möglich, wenn Blindgänger: ↑ bevölkerungspolitisch.
Orchester und Dirigent sich blind verste- Blindheit: [wie] mit Blindheit geschlagen
hen (www.omm.de). Drei Fahrer aus zwei sein: etwas Wichtiges nicht sehen, nicht
Nationen, aber aus einem Profiteam, »die erkennen: Ich muss doch mit Blindheit
sich blind verstehen und gut harmonie- geschlagen gewesen sein, als ich ihr diese
ren«, so Ullrich, hatten die Medaillen si- .
Vertrauensstellung gab. Die Bundesre-
cher (people.frcenet.de). gierung in Bonn war ein zweites Mal mit
blinder Alarm: grundlose Aufregung, Blindheit geschlagen, als sie vor 14 Tagen
Beunruhigung: Alles nur blinder Alarm, den Gesetzentwurf für die nächsten Bun-
außer einer Katze war niemand im Gar- destagswahlen verabschiedete (Augstein,
.
ten. Von Januar bis März flogen und Spiegelungen 7).
fuhren die Briten 32 Einsätze – stets war ♦ Die Redewendung findet sich bereits
es blinder Alarm (Spiegel 17, 1966, 123). im Alten Testament, wo verschiedentlich
blinder Passagier: jmd. , der sich heimlich davon berichtet wird, dass Menschen von
122
blink – Blume
Jahwe zur Strafe mit Blindheit geschlagen blöd: ↑ Feldweg, ↑ gucken, ↑ Wasser.
werden, d. h. ihr Augenlicht verlieren (vgl.
1. Moses 19, 11; 5. Moses 28, 28 f. ; 2. Kö-
Blödsinn: höherer Blödsinn: 1. (scherzh.)
Nonsens; Spaß ohne tieferen Sinn: In un- M
B
M
nige 6, 18). serer beliebten Serie »Slapstick, Parodie
blink: blink und blank (ugs. veraltend): vor und höherer Blödsinn« sehen Sie heute Blum
Sauberkeit glänzend: Heute ist Putztag; Abend ... 2. (ugs.) äußerst unsinniges Ge-
bis zum Abend muss in der Wohnung al- rede, Tun: Mit dem Fahrrad will er in zwei
.
les blink und blank sein. »Teller, Gläser Tagen bis nach Sizilien gefahren sein, das
hier im Schrank/Halte immer blink und ist doch höherer Blödsinn!
blank« steht in vorgedruckten verschnör- blond: blondes Gift (ugs. scherzh.): verfüh-
kelten Kreuzstichbuchstaben auf einem rerische Blondine: Das blonde Gift spielt
bertuch, unter dem früher in der Küche die hinreißende Marilyn Monroe (Hörzu
Geschirrtücher verborgen wurden (FR 1, 1979, 31).
11. 12. 1996, 3). Blondine: von hinten Blondine, von vorne
Blitz: wie ein Blitz aus heiterem Himmel Ruine (ugs.): spöttische Bemerkung über
(ugs.): (in Bezug auf etwas Unerfreuliches) eine ältere Frau, die durch elegant fri-
völlig unerwartet, ohne dass man darauf sierte, blond gefärbte Haare von hinten
vorbereitet gewesen wäre: Die Nachricht sehr viel jünger und attraktiver aussieht.
von dem Unglück traf uns wie ein Blitz bloß: ↑ Auge, ↑ Gedanke.
.
aus heiterem Himmel. Mein Gesuch ... Blöße: sich eine Blöße geben: sich bloßstel-
war schon geschrieben, als, wie der Blitz len, sich blamieren: Die Opposition war-
aus heiterem Himmel, der Anruf der Se- tet darauf, dass sich die Regierung eine
kretärin ... bei mir anlangte (Dürrenmatt, Blöße gibt. Ich werde mir doch nicht vor
Grieche 40). .
dem eine Blöße geben! Jetzt haben sie,
wie der Blitz (ugs.): schon im nächsten die Persickes, sich ein bisschen viel Blö-
Augenblick; blitzartig: Wie der Blitz war ßen gegeben (Fallada, Jeder 52).
die Meute bei ihm (Grzimek, Serengeti jmdm. eine Blöße bieten: jmdm. eine Ge-
211). Peter warf die Stange an Deck und legenheit zum Angriff, zur Kritik geben:
holte zusammen mit Abel den Anker Wir werden unseren politischen Gegnern
hoch. ... Muss wie der Blitz gehen, sonst keine Blöße mehr bieten.
kommt man nicht wieder los (Hausmann, ♦ Diese Wendungen sind bertragungen
Abel 32). aus der Fechtersprache und bedeuten
wie ein geölter Blitz (ugs.): blitzartig: Die dort »die Deckung aufgeben und sich da-
Katze war wie ein geölter Blitz auf dem durch der Klinge des Gegners preisge-
.
Schrank. Wie ein geölter Blitz, bald ben«.
hier, bald dort auftauchend, schlängelte Blücher: ↑ rangehen, ↑ sicher.
er sich durch die Großen (Maegerlein, blühen: ↑ Leben, ↑ Veilchen, ↑ Weizen.
Triumph 68). Blume: Blumen sprechen lassen: seine [po-
wie vom Blitz gerührt/getroffen: vor sitiven] Gefühle zum Ausdruck bringen,
Schreck, Entsetzen o. Ä. völlig verstört, er- indem man Blumen schenkt: Lasst Blu-
starrt: ... da sieht man plötzlich keine men sprechen – ein Blumenstrauß sagt
konstruierte Witzfigur mehr ... da spricht .
mehr als tausend Worte. Lass Blumen
aus ihr solche Resignation, Angst und sprechen! Kaufe einen Strauß Rosen und
Trauer, dass man ... wie vom Blitz gerührt binde daraus ein Herz – wirkt garantiert!
im Kinosessel zusammenfährt (www. (Bravo 7, 2001, 12). Wer Blumen sprechen
artechock.de; Hard Rain, Kritik von Th. lässt, sollte es nicht nach westlichem
Willmann). »Du schläfst mit deinem Va- Muster tun ... In Asien schenkt man Blu-
ter!«, und Lydia weicht plötzlich wie vom men immer in gerader Zahl (Handelsblatt
Blitz getroffen zurück (www.jungewelt. 15. 3. 1999, 44).
de, 5. 6. 1998). durch die Blume: andeutungsweise, ver-
↑ Donner, ↑ einschlagen, ↑ potz. hüllt: Ich habe ihm durch die Blume zu
123
Blumentopf – Blut
verstehen gegeben, dass er alt genug sei, dung möglicherweise für den Renom-
.
um sein Geld selbst zu verdienen. Nie- mierblumenstrauß, wie er z. B. Künstlern
B mand, den man durch die Blume ... fragte,
hatte eine Ahnung (Winckler, Bomberg
auf der Bühne überreicht wird. Da die
Wendung jedoch aus Berlin stammt und
Blum 112). Durch die Blume droht man mit dort in vollständiger Form lautet »Damit
Kündigung (Chotjewitz, Friede 162). kannste bei mir keen Blumentopp gewin-
♦ Die Wendung knüpft möglicherweise nen un wenn de 19 trudelst (= würfelst)«,
an die Blumensprache an, in der jede ist der Bezug auf einen wirklichen Blu-
Blume eine symbolische Bedeutung hatte mentopf, den man durch Würfeln an ei-
und selbst etwas Unerfreuliches in Form ner Bude auf dem Rummelplatz gewinnen
einer überreichten schönen Blume ausge- kann, wohl wahrscheinlicher.
drückt werden konnte. Zweifelsfrei Blunzen: [jmdm.] Blunzen sein/werden (ös-
scheint wohl der Bezug auf die soge- terr. salopp): [ jmdm.] völlig gleichgültig
nannte »Redeblume«, eine bereits im sein/werden: Da er in Amerika zu leben
Mittelhochdeutschen bekannte, an stilis- pflegt ... , sind ihm die Dollar-Euro-Ver-
tischen Verzierungen reiche indirekte schiebungen relativ Blunzen (Standard
Ausdrucksweise, die unter dem Begriff 9. 5. 2000, 35). »... Beim Museum am Berg
»Flosculus« (= Blümchen) aus der Rheto- ist es völlig Blunzen, wenn das erst in
rik des Altertums stammte und im fünf Jahren gebaut wird«, meint Schwaig-
17. Jahrhundert zu »Floskel« einge- hofer (APA-Meldung 13. 8. 2000). Aber
deutscht wurde. meine sexuelle Ausrichtung scheint mir
danke/vielen Dank für die Blumen: [oft auch bereits Blunzen geworden zu sein,
ironische] Dankesformel als Antwort auf nicht einmal mit der Frage kann ich mich
eine Kritik oder ein Lob: ber eine Million noch befassen (Nöstlinger, Bonsai 186).
mal pro Monat rufen sie die Seiten der di- ♦ Das im Bayrischen und Österrei-
gi-taz ab. Damit liegen wir bei den über- chischen gebräuchliche Wort »Blunze«
regionalen Tageszeitungen auf Platz 2. oder »Blunzen« bedeutet »Blutwurst«.
Vielen Dank für die Blumen (taz 22. 10 Die Wendung ist also eine Entsprechung
1997). Schließlich war der New Yorker zu »jmdm. Wurst sein«.
selbst einmal kurzzeitig Rockkritiker, wie Bluse: etwas, nichts in/unter der Bluse ha-
er bekennt. »Und das war der albernste ben (salopp): einen, keinen üppigen Busen
Job, den ich je hatte.« Danke für die Blu- haben: Die neue Sekretärin hat ganz
men (FR 7. 8. 1993, 1). Die Times schrieb .
schön etwas in der Bluse. »Du trägst
unserem Eheleben die schlechten Sitten diese Brosche doch nur, weil du nichts in
der britischen Kolonialtruppen zu: Danke der Bluse hast«, beleidigte Herbert J. die
für die Blumen, aber in Wahrheit sind wir Frau ihren Angaben zufolge im Fahrstuhl
keineswegs so tief gesunken (taz 29. 11. (taz 14. 1. 1998, 21).
1999, 10). eine pralle/[satt] gefüllte Bluse haben
↑ schleifen. (salopp): einen üppigen Busen haben:
Blumentopf: mit etw. ist kein Blumentopf »Eine Frau mit praller Bluse und beiden
zu gewinnen/kann man keinen Blumen- Beinen fest auf der Erde: genau mein
topf gewinnen (ugs. , bes. berlin.): mit etw. Typ!«, sagte er augenzwinkernd.
hat man keinen Erfolg, kann man nichts Blut: Blut ist dicker als Wasser: verwandt-
erreichen: Das sind doch völlig unausge- schaftliche Bindungen sind stärker als al-
gorene Ideen, damit kannst du beim Chef les andere: Zwischen uns hats gleich ge-
keinen Blumentopf gewinnen. »Wir . funkt, und ich habe sofort gesagt: Blut ist
brauchen kein besonderes Bühnenbild, dicker als Wasser (MM 21. 9. 1977, 10).
wir haben die Stars.« Besessene Bühnen- ♦ Die Redensart, die als »blood is thicker
bildner können bei ihm keinen Blumen- than water« im Englischen ebenso ge-
topf gewinnen (Hörzu 44, 1972, 24). bräuchlich ist wie im Deutschen, wurde
♦ »Blumentopf« steht in dieser Wen- besonders populär durch Wilhelm II. , der
124
Blut
sich damit seit 1896 wiederholt auf die Blut [und Wasser] schwitzen (ugs.): [in ei-
Verwandtschaft der Throne in Deutsch-
land und Großbritannien berief.
ner schwierigen Situation] in großer Auf-
regung sein, große Angst vor einem Miss- M
B
M
jmdm. kocht das Blut in den Adern: jmd. erfolg, vor einem unangenehmen Ausgang
ist sehr erregt, sehr zornig: Als er die ver- o. Ä. haben: Sie schwitzte Blut und Was- Blut
wüsteten Blumenbeete sah, kochte ihm ser, als die Polizei das Fahrzeug kontrol-
das Blut in den Adern. lierte. Ich habe in der Prüfung Blut und
jmdm. erstarrt/gefriert/gerinnt/stockt .
Wasser geschwitzt. Joan, meine Frau,
das Blut in den Adern: jmd. ist starr vor hat immer Blut und Wasser geschwitzt,
Schreck, ist vor Entsetzen wie gelähmt: dass die Kinder bei den Fotografen nicht
Beim Anblick des angerichteten Blutba- was Fürchterliches anstellten (Hörzu 23,
des erstarrte ihnen das Blut in den Adern. 1975, 23).
an jmds. Händen klebt Blut (geh.): jmd. Blut rühren (ugs. abwertend): eine Ausei-
ist ein Mörder: An den Händen des Dikta- nandersetzung äußerst rücksichtslos füh-
tors klebt Blut. ren: Bei der Grundsatzdiskussion brachen
in jmds. Adern fließt blaues Blut: jmd. ist alte Gegensätze auf, schon bald wurde
adliger Abkunft: Schließlich hat er sich wieder Blut gerührt, obwohl man eine
nie mit seiner bürgerlichen Herkunft ab- faire Diskussion angekündigt hatte.
gefunden und seiner Mutter gleich zwei Blut sehen wollen: eine brutale, blutige
adlige Liebhaber unterstellt, von denen Auseinandersetzung, grausame Strafmaß-
wenigstens einer dafür gesorgt haben nahmen o. Ä. anstreben, fordern: Aus-
soll, dass blaues Blut in seinen Adern schreitungen werden nicht mehr stau-
floss (SZ 19. 11. 1994). nend oder billigend in Kauf genommen.
♦ Diese Wendung und die folgende sind Sie gehören zum festgezurrten Regel-
spanischen Ursprungs (span. sangre azul) werk. Wer mitmischt, will Blut sehen (FR
und bezogen sich ursprünglich auf die 17. 6. 2000, 6). ... die Burgbelagerung samt
westgotischen Adligen, durch deren helle wilder Schlacht der Ritter und Knechte
Haut – im Gegensatz zu der dunkelfarbi- muss sein, sagt Ricny. »Das zieht die
gen Haut der Mauren – die Adern bläulich Leute an. Das Volk will Blut sehen. Das ist
durchschimmerten. leider so« (FR 5. 5. 1997, 9).
blaues Blut in den Adern haben: adliger böses Blut machen/schaffen: Unzufrie-
Abkunft sein: Als Tochter einer holländi- denheit, feindselige Gefühle erregen: bri-
schen Adeligen und eines britischen Ban- gens war es sofort ersichtlich, dass der
kiers hatte Audrey Hepburn, am 4. Mai Vorfall böses Blut im Dorfe machte (Sei-
1929 in Brüssel geboren, tatsächlich del, Sterne 137). ... warum man aber jede
blaues Blut in den Adern (NZZ 22. 1. Konsultierung des Preisüberwachens ab-
1993). lehnt, ist nicht einzusehen. Das schafft
Blut geleckt haben (ugs.): nachdem man bloß böses Blut (Basler Zeitung 2. 10.
sich näher mit etw. befasst hat, Gefallen 2000).
daran finden und nicht mehr darauf ver- kaltes Blut bewahren: sich beherrschen,
zichten wollen: ... sie haben Blut geleckt, kaltblütig bleiben: Man mag einwenden,
sie wissen, wie’s ist, sie werden fordern, dass die EU-Staaten besser kaltes Blut be-
und die Konkurrenz ist geschwächt wahrt hätten, als derart rabiat »Anfängen
(Benn, Stimme 24). Die hat Blut geleckt, zu wehren« (www.dir-info.de, 1. 2. 2000).
sagte Tünnemann, ich kenn doch unser Der Makler verstand, kaltes Blut zu be-
Oma. Paar Tage, dann isse weich (Degen- wahren (Brecht, Groschen 111).
hardt, Zündschnüre 60). ruhig[es] Blut bewahren: in einer kriti-
♦ Die Wendung bezieht sich auf das Ver- schen Situation Ruhe bewahren: ... dass sie
halten von Tieren, deren Angriffsverhal- körperlich jederzeit mithalten kann in
ten wohl durch das Bluten ihrer Opfer der Oberliga und dass sie sich, wenn sie
verstärkt wird. ruhiges Blut bewahrt, spielerisch nicht zu
125
Blüte – bluten
verstecken braucht (www.zvw.de, 2. 10. ins Blut gehen: sich anregend auf jmdn.
2000). übertragen: ... sie (= Musik) muss zuerst
B [nur immer] ruhig Blut!: nur keine Aufre-
gung! : »Ruhig Blut, Alfred«, sage ich.
gespielt und gehört und ins Blut gegan-
gen sein, eh einer daheim in seiner Kam-
Blüt »Keine Botschaft aus dem Jenseits ...« (Re- mer an sie denken ... kann (Hesse, Step-
marque, Obelisk 246). Nun mal ruhig Blut! penwolf 149).
Müssen nicht immer gleich die Flinte ins in seinem [eigenen] Blut schwimmen:
Korn werfen (Hausmann, Abel 105). blutig niedergemetzelt worden sein: Sad-
jmdn. bis aufs Blut quälen/peinigen/rei- dam Hussein erklärte nach Ende des Au-
zen: jmdn. bis zum Äußersten quälen/pei- ßenministergesprächs, im Kriegsfall wür-
nigen/reizen: Ein solch verantwortungslo- den »die Amerikaner in ihrem eigenen
ses, umweltfeindliches Verhalten reizte Blut schwimmen« und Israel würde ange-
.
sie jedesmal bis aufs Blut. ... in Wut griffen werden (Handelsblatt 11. 1. 1991,
und Verzweiflung hat er seinen Kahn- 28).
schiffer, der den Schiffsjungen Bruhn bis etw. mit seinem Blut besiegeln (dichter.):
aufs Blut peinigte, erschlagen (Fallada, für etw. [im Kampf ] sterben: Sie hatten die
Blechnapf 25). Verteidigung der Heimat mit ihrem Blut
jmdm. im Blut liegen/stecken: jmdm. als besiegelt.
Begabung, Neigung angeboren sein: Viele nach Blut lechzen/dürsten (geh.): [aus
Italiener, denen das Lotto und das Rache] töten wollen: Die Schmach musste
Glücksspiel im Blut liegt, sehen den Ak- getilgt werden, das ganze Volk lechzte
tienmarkt nach wie vor als eine Art von .
nach Blut. Kongenial, wie Aubrey
riesenhaftem Casino di Montecarlo (Han- Beardsley die dekadente, nach Blut dürs-
delsblatt 7. 5. 1998, 39). Dass den beiden tende »Salome« von Oskar Wilde illus-
Jungen die Musik im Blut liegt, ist deut- trierte (SZ 29. 1. 1998, 8).
lich zu sehen, wenn man ihnen beim Vor- ↑ aussehen, ↑ Fleisch, ↑ jung, ↑ Mensch,
spielen zuschaut (FR 24. 2. 2000, 1). May ↑ Musik, ↑ Wallung.
hat das Gespür dafür unter dem kleinen Blüte: seltsame/wunderliche Blüten trei-
Fingernagel, dem Jungen steckt das im ben: seltsame/wunderliche Formen anneh-
Blut (Loest, Pistole 35). men: Seine Fantasie treibt oft wunderliche
etw. im Blut haben: für etw. eine angebo- .
Blüten. Das Bemühen, der viel berede-
rene Begabung haben: Die Iren und die ten Politikverdrossenheit zu Leibe zu rü-
Schwarzen, hat John Ford immer wieder cken, treibt zuweilen seltsame Blüten.
erklärt, das sind die Einzigen, die das Eine der bizarrsten ist die Absenkung des
Schauspielern im Blut haben (SZ 28. 3. Wahlalters (Zeit 11, 8. 3. 1996, 8).
2002, 16). Wir Neuseeländer sind die bes- in der Blüte seiner/ihrer usw. Jahre
seren Segler, weil wir diesen Sport im Blut (geh.): in jungen Jahren: Viele Söhne der
haben und weil wir einfach besser kom- Stadt waren in der Blüte ihrer Jahre auf
munizieren (NZZ 1. 9. 2005, 60). .
dem Schlachtfeld gefallen. Der durch-
im Blut/in jmds. Blut waten (geh.): seine aus nicht mehr in der Blüte der Jahre ste-
Gegner massenweise töten, Massen grau- hende Tenor war seinem Charakter nach
sam hinrichten: Die neuen Machthaber ein Buffo, klein und pfiffig (Thieß, Le-
wateten im Blut. Die Junta schlug brutal gende 201).
zurück, der Generalissimo watete im Blut bluten: bluten wie ein [gestochenes]
der Oppositionellen. Schwein (salopp): stark bluten: Der Be-
etw. im Blut/in jmds. Blut ersticken trunkene hatte sich an den Scherben ver-
(geh.): etw. blutig, mit viel Blutvergießen letzt und blutete wie ein Schwein.
unterdrücken: Die Truppen des Diktators ♦ Gemeint ist natürlich »wie ein
erstickten den Aufstand im Blut. Der Schwein, wenn es geschlachtet wird«.
Freiheitskampf der Bevölkerung wurde da bluten einem die Augen (ugs.): das ist
im Blut der Revolutionäre erstickt. sehr hässlich, sehr schlimm anzusehen:
126
blütenweiß – Bockshorn
Wenn man sich diesen Film mit seiner ♦ Die Wendung bezieht sich auf einen
idiotischen Kameraführung ansieht, da
bluten einem die Augen!
alten Brauch der Schützengilden, wonach
der schlechteste Schütze als Trostpreis ei- M
B
M
↑ Herz. nen Bock erhielt.
blütenweiß: ↑ Weste. den Bock zum Gärtner machen (ugs.): Bock
Blutgruppe: dieselbe Blutgruppe haben jmdn. im guten Glauben eine Aufgabe
(ugs.): dieselbe Lebenseinstellung haben übertragen, für die er völlig ungeeignet ist
und daher gut zueinander passen: Inge und der er eher schadet: ... und so ent-
und ich, wir haben dieselbe Blutgruppe. stünde die merkwürdige Situation, dass
[nicht] jmds. Blutgruppe sein (ugs.): einer der Verursacher der Bankkrise mit-
[nicht] nach jmds. Geschmack sein: Also entscheiden würde über Wege aus der
meine Blutgruppe ist er nicht, dieser Not. »Man würde den Bock zum Gärtner
Schaumschläger! Ferien auf Mallorca? machen«, heißt es in der SPD (Handels-
Das ist genau ihre Blutgruppe! blatt 9. 3. 2001, 7). Doch ausgerechnet die
blutig: ↑ Kopf, ↑ Träne. Exmonopolisten sollen nach hierzulande
Blutwurst: ↑ Rache. geltender Rechtslage der neuen Konkur-
Bock: jmdn. stößt der Bock (fam.): jmd. ist renz die Leitungen zu fairen Konditionen
störrisch, trotzig: Unseren Jüngsten stößt überlassen. ... Mit diesem Konstrukt, dem
heute mal wieder der Bock. so genannten verhandelten Netzzugang,
♦ Die Wendung bezieht sich auf das hat man schlicht den Bock zum Gärtner
störrische Verhalten des Ziegenbocks; gemacht (Zeit 15. 3. 2001, 27).
vgl. dazu auch die Bildungen »bocken, ♦ Die Wendung bezieht sich darauf, dass
bockig, bockbeinig«. ein Ziegenbock in einem Garten die
jetzt ist der Bock fett! (ugs.): jetzt ist Pflanzen abfrisst und die Beete zertram-
meine Geduld erschöpft, jetzt reicht es! : pelt.
Das ist die vierte kaputte Fensterscheibe den Bock melken (ugs.): etwas völlig Un-
in drei Wochen – jetzt ist der Bock fett! sinniges tun: Mit der bernahme des ma-
♦ Die Redensart bezieht sich darauf, roden Unternehmens hat der Konzern
dass der fette Bock schlachtreif und die den Bock gemolken.
Wartezeit also vorüber ist. aus Bock (ugs.): ohne eigentlichen Anlass,
Bock/keinen Bock [auf etw.] haben (bes. sondern nur, weil es einem gerade Spaß
Jugendspr.): etw. gut/schlecht finden; zu, macht: »Nur so aus Bock« traten Rocker
auf etw. Lust/keine Lust haben: Wenn in Hamburg einen Mann zusammen ...
man sich den neuen Parteivorstand an- (Spiegel 29, 1974, 38).
sieht, kann man verstehen, warum so ↑ Bolle, ↑ Schaf.
viele Jugendliche null Bock auf Politik ha- Bockshorn: sich nicht ins Bockshorn jagen
ben. Und darauf haben wir jetzt einfach lassen (ugs.): sich nicht einschüchtern, in
.
keinen Bock mehr. »Da hat sie eben ’n Bedrängnis bringen lassen: Lass dich
Bock drauf: Mit ’m Macker schlafen, ohne doch von dem nicht ins Bockshorn ja-
dass einer zwischenkommt ...« (Hörzu 40, gen. Seine angeblichen juristischen
1972, 135). Kenntnisse sind doch nichts als Bluff. .
einen Bock haben (fam.): trotzig sein: Na, Es berührt seine Person nicht, was die
hast du noch einen Bock? Wenn unser beiden machen, und er lässt sich nicht
Junge einen Bock hat, lassen wir ihn ein- ins Bockshorn jagen (Frisch, Gantenbein
fach gehen. 369).
Vgl. »jmdn. stößt der Bock«. ♦ Der Ursprung der seit dem 15. Jh. be-
einen Bock schießen (ugs.): einen groben zeugten Wendung ist nicht sicher geklärt.
Fehler machen: Ich habe bei der Fahrprü- Vielleicht hängt sie mit dem Haberfeld-
fung einen schweren Bock geschossen. Er treiben (eigentlich Ziegenfelltreiben) zu-
hatte, seitdem er als Mechaniker arbei- sammen, einem früher üblichen [nächtli-
tete, schon mehrere Böcke geschossen. chen] Rügegericht, bei dem der beltäter
127
Boden
in ein Ziegenfell gesteckt und umherge- suchen brauche, wieder einmal der Boden
trieben wurde. »Bockshorn« wäre dann entzogen (Quick 47, 1958, 38).
B eine Umdeutung aus bockes hamo »Zie-
genfell«.
jmdm. den Boden unter den Füßen weg-
ziehen: jmdn. der Existenzgrundlage be-
Bode Boden: jmdm. brennt der Boden unter den rauben: Durch die Supermärkte wird im-
Füßen (ugs.): jmdm. wird es [an seinem mer mehr Kleinhändlern der Boden unter
Aufenthaltsort] zu gefährlich: Dem Agen- .
den Füßen weggezogen. Diese These
ten begann der Boden unter den Füßen ist für die Bolschewiken höchst unange-
.
zu brennen. Für alle Juden der Welt sei nehm, da sie ihnen, wenn sie sich durch-
es »angstmindernd«, sagte Konrad, mit setzte, den Boden unter den Füßen weg-
dem Bewusstsein zu leben, dass »es einen ziehen würde (Mehnert, Sowjetmensch
Staat gibt, der sie aufnimmt, wenn ihnen 326).
wieder der Boden unter den Füßen den Boden unter den Füßen verlieren:
brennt« (FR 2. 3. 1998, 7). die [Existenz]grundlage, den [inneren]
jmdm. wird der Boden unter den Füßen Halt verlieren: Wenn er weiter so wirt-
zu heiß (ugs.): jmdm. wird es [an seinem schaftet, wird er bald den Boden unter
Aufenthaltsort] zu gefährlich: Den Gangs- den Füßen verlieren. Nach dem Tod sei-
tern wurde allmählich der Boden unter ner Frau verlor er völlig den Boden unter
.
den Füßen zu heiß. Ein Teil sind weiße .
den Füßen. Hat die Politik Adenauers
Südafrikaner, denen zu Hause der Boden wirklich den Boden unter den Füßen ver-
unter den Füßen zu heiß wird, die aber in loren? (Dönhoff, Ära 108).
Simbabwe ein »erträgliches« Modell der den Boden für jmdn. , etw. [vor]bereiten:
Koexistenz zwischen Schwarz und Weiß günstige Bedingungen, Voraussetzungen
sehen (FR 16. 8. 1993, 6). für jmdn. , etw. schaffen: Als er zurück-
♦ Beide Wendungen beziehen sich da- kehrte, war der Boden für den Sturz des
rauf, dass es bei einem Brand höchste .
Regimes lange vorbereitet. Vor fünfzig
Zeit ist, zu flüchten, wenn der Boden Jahren trafen sich auf Java afrikanische
heiß wird und zu brennen beginnt. und asiatische Führer zur Konferenz von
festen Boden unter den Füßen haben/un- Bandung, die den Boden bereitete für die
ter die Füße bekommen: eine sichere spätere Bewegung der Blockfreien (SZ
wirtschaftliche Grundlage haben/bekom- 22. 4. 2005, 11).
men: Als ihn seine alte Firma wieder ein- [einen] guten/günstigen Boden für etw.
stellte, hatte er endlich festen Boden un- [vor]finden: gute/günstige Vorausset-
.
ter den Füßen. Durch Kredit ... bekam zungen für etw. vorfinden: Gerade in Stu-
er wieder festen Boden unter die Füße dentenkreisen fand er einen guten Boden
(Bieler, Bonifaz 147). für seine umstürzlerischen Pläne vor.
Boden gutmachen/wettmachen (ugs.): den Boden aufsuchen (Boxen): nach ei-
auf holen, Fortschritte machen: Der demo- nem Schlag zu Boden gehen: Bereits in der
kratische Kandidat konnte bei den Vor- ersten Runde musste der Herausforderer
.
wahlen Boden wettmachen. Toini zweimal den Boden aufsuchen.
Pöysti machte zwar gegen Britt Strand- am Boden zerstört [sein] (ugs.): 1. völlig
berg Boden gut, konnte den zweiten Platz erschöpft, ausgelaugt sein: Nach der lan-
der schwedischen Staffel aber nicht mehr gen Fahrt waren wir völlig am Boden zer-
gefährden (Olymp. Spiele 29). .
stört. Es wäre besser, Sie ließen sich
einer Sache den Boden entziehen: einer bestrahlen, aber wenn Sie dabei derart am
Sache die Grundlage nehmen, sie entkräf- Boden zerstört sind, lassen wir das lieber
ten: Mit dieser Erklärung hat die Regie- bleiben (Hörzu 24, 1987, 122). 2. fassungs-
rung allen Gerüchten den Boden entzo- los, bestürzt [sein]: Ich war am Boden zer-
.
gen. Und damit ist der Annahme, dass stört, weil ein Freund sich das Leben ge-
man für alle verschiedenartigen Schand- nommen hatte (SZ 20 9. 2011, 9).
taten vielleicht nur nach zwei Tätern zu ♦ Die Wendung stammt aus der Sprache
128
Bodensee – Bogen
der Kriegsberichterstattung und bezog durch Zauberei vorhanden: Wie aus dem
sich zunächst auf Flugzeuge, die durch
Bomben zerstört wurden, bevor sie zum
Boden gewachsen tauchen die Figuren
rund um den Wagen auf (Ossowski, Flat- M
B
M
Einsatz kamen. ter 105).
[an] Boden gewinnen: sich ausbreiten, zu- durch alle Böden [hindurch] (schweiz.): Boge
nehmen: Auch in Ländern außerhalb des (in Bezug auf etw. , was man durchsetzen,
Ostblocks hatten sozialistische Ideen woran man festhalten will) um jeden
.
Boden gewonnen. Die faschistische Preis, unnachgiebig: Aus diesem Grund
Partei ... vermochte aber als Gegenbewe- appelliert der Beobachter an die Behör-
gung gegen den anwachsenden Kommu- den, ihren Standpunkt den Schulen nicht
nismus rasch an Boden zu gewinnen durch alle Böden hindurch aufzuzwingen
(Fraenkel, Staat 83). (Beobachter 1, 1987, 26).
[an] Boden verlieren: an Einf luss, Macht jmd. würde [vor Scham] am liebsten in
verlieren: Bei den letzten Kommunalwah- den/im [Erd]boden versinken/wäre [vor
len haben die Konservativen Boden verlo- Scham] am liebsten in den/im [Erd]boden
.
ren. Reineboth verlor durch Krämers versunken: jmd. schämt sich maßlos/hat
Sicherheit ... Boden (Apitz, Wölfe 159). sich maßlos geschämt: Sie war ins Fett-
auf fruchtbaren Boden fallen: günstig näpfchen getreten und wäre vor Scham
aufgenommen werden, wirksam werden: .
am liebsten im Boden versunken. Petra
Ihre Worte fielen auf fruchtbaren Bo- möchte im Boden versinken, so peinlich
.
den. Unsere Anregung fiel nicht auf ist ihr Gunnars ungehobeltes Benehmen
fruchtbaren Boden (W. Brandt, Begeg- (Reitz, Heimat 3, 97).
nungen 19). Die damit verbundene ver- zu Boden gehen: (bes. Boxen): niederstür-
stärkte Verherrlichung Lenins fiel auf zen: Nach einer schweren Rechten ging
fruchtbaren Boden (Mehnert, Sowjet- .
der Herausforderer zu Boden. Ein Be-
mensch 308). amter sei zu Boden gegangen und habe
♦ Die Wendung geht auf das Gleichnis daraufhin seine Dienstwaffe gezückt
vom Sämann im Neuen Testament (Spiegel 34, 1981, 32).
(Matth. 13, 8; Markus 4, 8) zurück, wo da- jmdn. zu Boden strecken (geh.): jmdn.
von gesprochen wird, dass die Saatkörner niederschlagen: Mit einem gezielten
auf ganz unterschiedlichen Boden fallen Fausthieb hatte er den Störenfried zu Bo-
können, und wo es heißt: »Etliches fiel den gestreckt.
auf ein gutes Land und trug Frucht.« etw. zu Boden reden (schweiz.): etw.
sich auf schwankenden/unsicheren Bo- gründlich besprechen: Diese Dinge müs-
den begeben: (in seinen Betrachtungen, sen einmal zu Boden geredet werden
Argumentationen o. Ä.) den Boden der (M. W. Lenz, Fahrerin 254).
Tatsachen, des Gesicherten verlassen, un- mit jmdm. zu Boden reden (schweiz.):
sichere Voraussetzungen einbeziehen: Mit sich mit jmdm. gründlich aussprechen:
diesen Theorien begab er sich auf unsi- Wir müssen einmal miteinander zu Bo-
cheren Boden. den reden.
etw. aus dem Boden stampfen: etw. aus ↑ Fass, ↑ Grund, ↑ Handwerk, ↑ Netz, ↑ Pilz,
dem Nichts hervorbringen: Ich kann das ↑ ungespitzt, ↑ voll, ↑ wanken.
Geld doch nicht aus dem Boden stamp- Bodensee: ↑ Ritt.
fen. Sollte er das Beweismaterial aus dem Bogen: den Bogen überspannen: etw. zu
.
Boden stampfen? Also kam man auf weit treiben: Eine weitere Abkehr von der
die Idee, in Peru, und zwar mitten in der paritätischen Finanzierung der Sozialver-
Wildnis, einen völlig neuen Flugplatz aus sicherung ... würde den Bogen überspan-
dem Boden zu stampfen (Cotton, Silver- nen – mit unabsehbaren Folgen für den
Jet 104). sozialen Frieden in Deutschland (www.
wie aus dem Boden gewachsen (ugs.): spd.de, 22. 1. 2001). Der Spieß schaute auf
plötzlich, überraschend [schnell], wie den Oberleutnant ... irgendwie hatten sie
129
böhmisch – Bolle
130
Bombe – Bote
des, durch den der typische Berliner ♦ Die Wendung ist entlehnt aus englisch
Name »Bolle« stellvertretend für den
amüsierfreudigen Mann aus dem Volk
»to be in the same boat«.
jmdn. [mit] ins Boot holen (ugs.): jmdn. M
B
M
wurde. Eine Anspielung auf den bekann- an etw. beteiligen, jmdn. für etw. gewinnen:
testen Berliner Milchgroßhändler und Seine Berater signalisierten, er werde wei- Bote
seine sogenannten Bolle-Wagen könnte tere Investoren ins Boot holen – eine euro-
später hinzugekommen sein. päische Mediengruppe sowie einen zu-
↑ stolz. sätzlichen Geldgeber (Spiegel 5, 2003, 154).
Bombe: die Bombe platzt (ugs.): das schon Bord: etw. über Bord werfen: etw. aufge-
länger erwartete [gefürchtete] Ereignis ben, endgültig fallen lassen: Ich kann
tritt ein: Mit dem Rücktritt des Wirt- meine Grundsätze nicht so einfach über
schaftsministers war die Bombe ge- .
Bord werfen. Greta! ... ich hätte mit dir
.
platzt. Die »Bombe« platzte ... als das zum Plattensee fahren sollen. Alles über
Schweizer Nationalkomitee ... mitteilte, Bord werfen ... und mit dir kommen, ganz
dass dem Bund Deutscher Radfahrer alle egal, was daraus werden sollte (Hartung,
Unterlagen zugegangen seien (Saarbr. Piroschka 35).
Zeitung 27. 6. 1980, 8). ↑ Mann.
mit Bomben und Granaten durchfallen Borg: auf Borg: ohne sofortige Bezahlung:
(ugs.): in einer Prüfung o. Ä. völlig versa- Der Wagen ist natürlich auf Borg gekauft;
gen: Beim Eignungstest waren beide Be- bar hätte sie ihn nie bezahlen können. Er
werber mit Bomben und Granaten durch- war ein Lebenskünstler und Bohemien,
gefallen. dem es nichts ausmachte, ständig auf
↑ einschlagen. Borg zu leben.
Bonbon: sich 〈Dativ〉 ein[en] Bonbon ins Borke: ↑ Baum.
Hemd machen (salopp): sich unnötiger- Borste: seine Borsten aufstellen/zeigen:
weise aufregen, ängstlich sein: Nun mach sich widerspenstig, abweisend gebärden:
dir bloß keinen Bonbon ins Hemd, wenn Gegenüber Journalisten hatte der Erfolgs-
du mal zum Zahnarzt musst. Der macht autor seit jeher seine Borsten aufgestellt.
sich gleich ein Bonbon ins Hemd, wenn er Die Tante war meist sehr freundlich,
mal zum Chef gerufen wird. konnte gelegentlich aber auch ihre Bors-
jmdm. ein[en] Bonbon ans Hemd/auf die ten zeigen.
Backe kleben (ugs.): jmdn. veralbern: Ich böse: ↑ Blick, ↑ Blut, ↑ Ende, ↑ erwachen,
lass mir doch von so einem Schnösel kein ↑ Fluch, ↑ gut, ↑ Maul, ↑ Mundwerk,
.
Bonbon auf die Backe kleben! Einen ↑ Zunge.
Bonbon ans Hemd kleben wollten sie Bosheit: mit konstanter Bosheit: [trotz
Walter Scheel (Hörzu 41, 1975, 53). Hinweises] immer wieder in boshafter
bongen: gebongt sein (ugs.): abgemacht Weise: Nein, das Lernen gehe vor, ich
sein, wie besprochen erledigt werden: Ist hätte ja mit konstanter Bosheit keine
gebongt, morgen früh kommen zwei Schularbeiten mehr gemacht (Kem-
Mann und holen den Kühlschrank ab. . powski, Tadellöser 244).
Eine Busverbindung durch den Schell- Bote: der hinkende Bote kommt nach/hin-
fischtunnel zum Hafenrand ist offenbar terher: das Unangenehme bleibt nicht
so gut wie gebongt (taz 15. 2. 2001, 22). aus, zum Schluss geschieht noch etwas Un-
Boot: im gleichen/in einem Boot sitzen: ge- erfreuliches: Das wäre ja ein großartiger
meinsam in derselben schwierigen Lage Erfolg, hoffentlich kommt der hinkende
sein: Bedenken sollten Sie im brigen, Bote nicht noch nach.
dass wir jedenfalls im gleichen Boot sit- ♦ Die bildliche Redensart spielt darauf
zen (Maass, Gouffé 248). Wir sind nicht an, dass dem schnellen Boten, der die
in der Lage zu kritisieren. Wir sitzen alle gute Nachricht bringt, oft der langsamere
im selben Boot (Ruark [ bers.], Honig- Bote mit der Einschränkung, mit der
sauger 125). Hiobsbotschaft folgt.
131
Botschaft – Brautschau
Botschaft: die Frohe Botschaft (christl. einen Braten in der Röhre haben (sa-
Rel.): das Evangelium: Die gute Nach- lopp): schwanger sein: Im Ärger über die
B richt ist die Frohe Botschaft von Jesus
Christus (www.bibleinfo.com). Der Han-
vorbildliche Hausfrau und Gattin ihres
Bruders etwa, die obendrein schwanger
Bots del bringt die Frohe Botschaft schon vor ist, findet sie die treffende Formulierung
dem Fest. Keine großen Preissteigerun- von der Dame mit »einem Braten in der
gen im Weihnachtsgeschäft (www. Röhre« (taz 19. 11. 2005, VI).
berliner-morgenpost.de, 5. 11. 2000). dem Braten nicht trauen (ugs.): einer be-
die Botschaft hör ich wohl (geh. , oft stimmten Sache gegenüber misstrauisch
scherzh.): das klingt nicht sehr glaubhaft, sein: Er hat mir angeboten, sein Teilhaber
ich bin skeptisch: Bis Ostern willst du dich zu werden, aber ich traue dem Braten
in Englisch um zwei und in Mathematik .
nicht recht. Fast jedem Tag mit Kurs-
um drei Noten verbessern? Die Botschaft gewinnen folgt einer mit Gewinnmitnah-
hör ich wohl. men; denn »man traut dem Braten ein-
♦ Bei dieser Redensart handelt es sich fach nicht«, wie es ein Händler treffend
um ein geflügeltes Zitat aus Goethes formulierte (Handelsblatt 16. 6. 1989, 31).
Faust. Die Verszeile lautet vollständig: ↑ Brühe.
»Die Botschaft hör ich wohl, allein mir Bratkartoffel: daher der Name Bratkartof-
fehlt der Glaube.« fel! (ugs.): das ist also der wahre Grund! ;
boxen: ↑ Papst. jetzt verstehe ich! : Daher der Name Brat-
Brand: etw. in Brand setzen/stecken: etw. kartoffel! Die beiden kannten sich also
in zerstörerischer Absicht anzünden: Die schon von früher.
abziehenden Soldaten steckten das Dorf ♦ Die Herkunft der Wendung ist unklar.
.
in Brand. Vorn und achtern am Floß Vielleicht soll damit ausgedrückt werden,
wurden die Natriumbehälter in Brand ge- dass etwas so leicht zu verstehen ist wie
steckt (Ott, Haie 174). die Zusammensetzung Bratkartoffel als
Brandung: ↑ Fels. »gebratene Kartoffel«.
braten: [da/jetzt] brat mir einer einen brauchen: ↑ Freund, ↑ Hand, ↑ jung, ↑ Rich-
Storch! (ugs.): Ausruf großer Verwunde- ter.
rung: Wenn man dreißig und noch nicht Braunbier: ↑ aussehen.
verheiratet oder verlobt ist, brat mir einer Brauner: ↑ ruhig.
’nen Storch, wenn da alles seine Ordnung Braus: ↑ Saus.
hat (Borell, Romeo 70). brausen: sich mit etw. brausen können (ös-
♦ Gemeint ist, dass etwas so erstaunlich, terr. ugs.): mit etw. nicht ernst genommen
ungewöhnlich ist, wie es das Braten eines werden: Mit diesem Vorschlag kannst du
Storches wäre. dich brausen.
↑ Extrawurst, ↑ Taube. ↑ Kehlkopf, ↑ Kinderstube.
Braten: den Braten riechen/schmecken Brautschau: auf Brautschau gehen (ugs.
(ugs.): ahnen, merken, was an Unangeneh- scherzh.): 1. eine [Ehe]partnerin suchen:
mem auf einen zukommt oder wo sich eine Wenn der Bauer keine Frau findet, kann
vorteilhafte Möglichkeit bietet: Die beiden er neuerdings im Internet auf Brautschau
Mitreisenden versuchten den Zollbeam- gehen (www.radioberufe.org). 2. (während
ten in ein Gespräch zu verwickeln, aber der Paarungszeit) ein Weibchen suchen:
der hatte den Braten schon gerochen und Nur im Laufe des Frühsommers, wenn
.
ließ sich das Köfferchen öffnen. Mag- die Männchen äußerst zielstrebig auf
gio war höllisch schlau, er würde den Bra- Brautschau gehen, findet ein kurzes
ten riechen, wenn ihn der Leutnant inter- Treffen zum Zwecke der Paarung statt
viewte (Loest, Pistole 98). Vielleicht rie- (bund-bremen.webmen.de). 3. (Wirtsch.)
chen andere den Braten auch, und viel- [mit dem Ziel einer Fusion oder ber-
leicht sind andere besser angeschrieben nahme] sich um Interessenten bemühen:
als wir! (Fallada, Jeder 14). UCA bietet hier nicht nur die passenden
132
brav – bremsen
133
brennen – Brezelbacken
richt, das zu tun: Ich fahre nicht mit, ich ♦ Alle Wendungen knüpfen an »Bre-
kann mich bremsen. sche« im Sinne von »Loch, das bei einer
B ↑ Schaum.
brennen: wo brennts [denn]? (ugs.): was ist
Belagerung in die Festungsmauer gebro-
chen wird« an.
bren denn los?: Wo brennts denn? Ich bin ja Brett: die Bretter, die die Welt bedeuten
.
schon hier! Wo brennt es? Brauchen (geh.): die Theaterbühne: Seit frühester
Sie Geld für die Rote Mühle? (Remarque, Jugend zog es sie zu den Brettern, die die
Obelisk 208). Welt bedeuten.
brennen wie Zunder: sehr leicht, sehr gut ♦ Diese Wendung ist ein Zitat aus Schil-
brennen: Das Lagerhaus stand in hellen lers Gedicht »An die Freunde«.
Flammen; die antiken Möbel brannten ein Brett vor dem Kopf haben (ugs.): be-
.
wie Zunder. Die gestern erst aufmon- griffsstutzig sein: Bei allem Respekt: Die
tierten Baracken brannten wie Zunder Lösung technischer Probleme ist nun
(v. d. Grün, Glatteis 140). wirklich nicht seine Stärke. Da hat er ein
gebranntes Kind [scheut das Feuer]: jmd., .
Brett vorm Kopf. ... da sieht er auf ein-
der schlechte Erfahrungen gemacht hat mal Machtblöcke und den Chef sieht er
[versucht ähnliche Risiken zu vermei- nicht, da hat er ein Brett vorm Kopf
den]: Nie wieder werden wir auf einen (Männerbilder 151).
politischen Rattenfänger hereinfallen, ♦ Die Wendung geht darauf zurück,
gebranntes Kind scheut das Feuer! In fi- dass früher einem störrischen Ochsen bei
nanziellen Dingen war Vater nach zwei In- der Arbeit ein Brett vor die Augen ge-
flationen ein gebranntes Kind, er vertraute hängt wurde, um ihm die Sicht zu neh-
nur noch auf Sachwerte und Grundbesitz. men.
↑ Baum, ↑ Boden, ↑ 1 Hut, ↑ Kittel, ↑ Luft, das Brett/(auch:) das Holz bohren, wo es
↑ Nagel, ↑ Pelz, ↑ Seele, ↑ sengen, ↑ Sohle, am dünnsten ist (ugs.): sich eine Sache
↑ Zunge. leicht machen: Der ist ein ganz fauler
Brennsuppe: ↑ Wassersuppe. Strick, der bohrt das Brett immer, wo es
Bresche: für jmdn. , etw. eine Bresche am dünnsten ist.
schlagen: sich für jmdn. , etw. erfolgreich ♦ Die seit Lessing belegte Wendung ist
einsetzen: Wir müssen für die Reform- eine Variation des alten Sprichwortes
pläne eine Bresche schlagen. Der Leicht- »Faulheit bohrt nicht gern dicke Bretter«.
athletikverband will für den Nachwuchs wie kommst du denn auf dieses schmale
eine Bresche schlagen und mehrere neue Brett? (ugs.): wie kommst du auf diese un-
Leistungszentren einrichten. sinnige Idee?: Ich soll mit deinem Freund
[für jmdn. , etw.] in die Bresche springen/ was angefangen haben? Wie kommst du
treten: für jmdn. , etw. einspringen, eintre- denn auf dieses schmale Brett?
ten: Wenn du nicht mehr kannst, werde etw. auf einem Brett bezahlen: den Ge-
ich [für dich] in die Bresche springen. . samtbetrag für etw. auf einmal bezahlen,
Wenn inländische und ausländische Kun- bar bezahlen: Bei seiner dicken Briefta-
den nur wenig kaufen, muss der Staat in sche ist das alles kein Problem. Da kann
die Bresche springen (Zeit 6. 6. 1975, 1). man selbst einen 10-Karäter auf einem
sich [für jmdn. , etw.] in die Bresche wer- Brett bezahlen.
fen: für jmdn. , etw. einspringen, eintreten: ♦ Die schon im Mittelhochdeutschen be-
Falls das deutsche Boot nicht an den legte Wendung bezieht sich auf das frü-
Start gehen kann, will sich der Schweizer her übliche sogenannte »Zahlbrett«, auf
.
Achter in die Bresche werfen. Am Ende das man das zu zahlende Geld legte.
könnte durchaus ein völliger, vom Kon- ↑ schwarz, ↑ Stein, ↑ Welt.
gress erzwungener Verzicht ... resultieren, Brezelbacken: das geht [ja] wie’s Brezelba-
es sei denn, der Präsident werfe sich ... cken (ugs.): (in Bezug auf die Ausführung
selber in die Bresche (Nordschweiz 74, einer Arbeit, eines Auftrags) das geht ja
1985, 36). unglaublich schnell! : Die paar Lücken im
134
Brief – Brocken
Zaun sind schnell ausgebessert. Das geht wieso keine großen deutschen Erfolge er-
bei ihm wie’s Brezelbacken!
Brief: jmdm. Brief und Siegel [auf etw.] ge-
wartet (MM 2. 9. 1966, 17).
alles durch die schwarze Brille sehen: al- M
B
M
ben: jmdm. etw. fest zusichern, garantie- les pessimistisch beurteilen: Die Sache ist
ren: Weit wies er die Idee von sich, er nicht leicht, aber sie ist machbar! Du Broc
werde die Justiz bemühen. »Brief und Sie- musst nicht immer alles durch die
gel« wollte er geben, er sei kein »Prozess- schwarze Brille sehen, sonst kannst du ja
hansel« (Spiegel 14, 1975, 22). gleich aufgeben!
♦ Die Wendung geht von »Brief« in der bringen: der/die/das bringt’s [voll]/bringt’s
alten Bedeutung »Urkunde« aus, meint nicht (bes. Jugendspr.): der/die/das ist aus-
also eigentlich »jmdm. Urkunde und Sie- gezeichnet/schlecht: Mit ’ner Harley-David-
gel«, d. h. vollgültigen Rechtsanspruch, son über den Highway rauschen, ich sag
geben. dir, das bringt’s voll! Hab den Film schon
↑ blau, ↑ offen. gesehen; kannste vergessen, der bringt’s
Briefkasten: toter Briefkasten: von Agen- nicht.
ten, Spionen vereinbarte Stelle, an der un- etw. hinter sich bringen (ugs.): mit etw.
auffällig Nachrichten deponiert, ausge- Schwierigem fertigwerden; etw. bewälti-
tauscht werden können: Der im Februar gen: Da hatte Hitler die Abenteuer Auf-
bei der Bedienung eines toten Briefkas- rüstung, Rheinland, Österreich und Sude-
tens an der Peripherie von Washington tenland schon hinter sich gebracht
ertappte FBI-Beamte ... hat nach mehr- (Loest, Pistole 50).
monatiger Haft gestanden, für die Sow- etw. mit sich bringen: etw. zur Folge ha-
jetunion und Russland spioniert zu haben ben, als Nebeneffekt haben: Ihre Krank-
(NZZ 7. 7. 2001, 2). heit bringt es mit sich, dass sie leicht de-
Briefmarke: ↑ platt. pressiv wird.
Brieftasche: eine dicke Brieftasche [haben] es nicht über sich bringen, etw. zu tun:
(ugs.): viel Geld [haben]: Hier machen nur aus Scheu, Rücksichtnahme o. Ä. sich
Leute Urlaub, die eine ganz dicke Briefta- nicht entschließen können, etw. Bestimm-
.
sche haben. ... flegelige Manieren kann tes zu tun: Sie brachte es nicht über sich,
man sich heute nur noch leisten, wenn ihm die Bitte abzuschlagen. Er brachte es
eine dicke Brieftasche sie zudeckt (Re- nicht über sich, ihr die traurige Wahrheit
marque, Obelisk 96). zu gestehen.
Brille: auf der Brille kann man Torf stechen etw. in Abzug bringen, jmdn. auf achtzig
(ugs. scherzh.): die Brillengläser sind stark bringen usw. : siehe Abzug, achtzig usw.
verschmutzt: Siehst du überhaupt noch Bröckchen: Bröckchen lachen/husten
was? Auf deiner Brille kann man ja Torf (ugs.): sich übergeben: Hast du mal einen
stechen! Wischlappen? Der Kleine hat schon wie-
etw. durch eine gefärbte/durch seine ei- der Bröckchen gehustet. Karl ist draußen
gene Brille betrachten/sehen: etw. vor- auf ’m Klo; ich glaub, der muss Bröckchen
eingenommen, subjektiv beurteilen: Er be- lachen.
trachtete die Dinge durch seine eigene Brocken: die Brocken hinwerfen/hin-
Brille. schmeißen (ugs.): aus Verärgerung, ber-
etw. durch die rosa[rote] Brille sehen/ druss [an einer Arbeit] nicht mehr weiter-
betrachten: etw. nur positiv beurteilen; zu machen; resignierend aufgeben: Anfang
optimistisch sein: Im Radio: Goebbels. Er des Jahres überlegte er, ob er »nach 13
sehe unsere Lage nicht durch eine rosa- Jahren im Bundesvorstand die Brocken
rote Brille. Aber: Lieber ein Ende mit hinwerfen« solle (Spiegel 41, 1987, 146).
Schrecken (Kempowski, Tadellöser 464). Arbeit hat mir immer Spaß gemacht –
Leute, die nicht durch die rosarote Brille aber jetzt bin ich drauf und dran, die Bro-
zu sehen pflegen, hatten von den Bahn- cken hinzuschmeißen (Hörzu 37, 1981,
Radweltmeisterschaften in Frankfurt so- 149).
135
brodeln – Bruch
136
Brücke – Bruder
denklich, fiel zu Boden und ging in die Feind nicht in Kämpfe verwickeln soll,
Brüche. 2. nicht länger Bestand haben, zu-
nichtewerden: Weil Bob in Mary nur die
sondern ihm – wenn nötig – sogar Brü-
cken baut, um seine Flucht zu erleichtern. M
B
M
kluge und ironische Journalistin sah, ihre Das sekundär hinzugefügte Adjektiv
Schönheit aber übersah, ging die Ehe vor »golden« unterstreicht diese Regel nur. Brud
einiger Zeit in die Brüche (Hörzu 4, 1974, Brücken/eine Brücke schlagen: eine Ver-
62). bindung herstellen: Der Sport schlägt Brü-
♦ Die Wendung bezog sich ursprünglich cken zu den jungen Völkern Afrikas. .
wahrscheinlich auf das Rechnen und be- Ein Schluck Wein ... ist ein Symbol der
sagte, dass eine Rechnung in die Bruch- Gastlichkeit und schlägt Brücken zwi-
zahlen geht, also nicht glatt aufgeht. Die schen den Menschen (Spoerl, Maulkorb
Bedeutungen »zunichtewerden; entzwei- 67). Mit diesem Holzteilchen ... ist die
gehen« könnten sich dann unter dem Brücke geschlagen vom Angeklagten zum
Einfluss von »Bruch« im Sinne von »Zer- Hammer, vom Hammer zur Tat (Mostar,
brechen; Zerbrochenes« entwickelt haben Unschuldig 62).
(vgl. die folgenden Wendungen). über die Brücke möchte ich nicht gehen:
zu Bruch gehen: entzweigehen, in Trüm- das erscheint mir wenig glaubhaft: Keine
mer gehen: »Ich hatte das ganze Gesicht Sorge, das Benzin wird bis München noch
verplättet gekriegt«, berichtet der ber- gerade reichen. – ber die Brücke möchte
fallene, dessen Brille zu Bruch ging (MM ich nicht gehen. Lass uns an der nächsten
18./19. 3. 1967, 4). Selbstverständlich ging Tankstelle halten.
vieles zu Bruch, und es lässt sich nicht ♦ Die Wendung bezieht sich auf Gellerts
verschweigen, dass manche Menschen Fabel »Der Bauer und sein Sohn«. Der Va-
Streifschüsse erlitten (Kusenberg, Mal ter kuriert seinen Sohn vom Lügen da-
87). durch, dass er ihm erklärt, sie würden
etw. zu Bruch fahren: etw. kaputt fahren: jetzt an eine Brücke kommen, auf der je-
Auf einer nebligen Landstraße hatte er der, der lügt, sich ein Bein bräche. Je nä-
das Motorrad zu Bruch gefahren. . her die beiden der Brücke kommen, desto
... welcher Idiot fuhr ... mutwillig seinen mehr schränkt der Sohn seine Behaup-
Wagen zu Bruch? (Cotton, Silver-Jet 138). tung, er habe einen Hund von der Größe
Brücke: die/alle Brücken hinter sich 〈Dativ〉 eines Pferdes gesehen, ein.
abbrechen: sich von allen bisherigen Bin- Bruder: Bruder Lustig/Leichtfuß/Liederlich
dungen endgültig lösen: Nach dem Kriege (veraltet, noch scherzhaft): lebenslustiger,
brach er alle Brücken hinter sich ab und leichtfertiger Mensch: Er war für ein bür-
.
ging nach Kanada. Sie verlangte von gerliches Leben nicht geschaffen und
ihrem Mann, sofort alle Brücken hinter .
blieb ein Bruder Liederlich. Dem Bru-
sich abzubrechen (Chr. Wolf, Himmel der Leichtfuß auf dem Tanzboden sind
251). keine moralischen Fehltritte nachzuwei-
jmdm. eine [goldene] Brücke/goldene sen (Spiegel 42, 1978, 230).
Brücken bauen: jmdm. das Eingeständnis und willst du nicht mein Bruder sein, so
einer Schuld, das Nachgeben erleichtern: schlag ich dir den Schädel ein: wenn du
Dass die Folter bei besonders Hartnäcki- dich nicht auf meine Seite stellst, be-
gen ... angewandt wurde, ist sicher, doch kämpfe ich dich mit allen Mitteln.
ebenso, dass man ihnen ... oft genug gol- ♦ Diese Redensart ist wahrscheinlich um
dene Brücken gebaut ... hat (Thieß, Reich 1848 in Anlehnung an den jakobinischen
328). Er hatte Willy nicht offen verteidigt, Spruch »La fraternité ou la mort« (= Brü-
aber doch versucht, ihm eine Brücke zu derlichkeit oder Tod) entstanden.
bauen (Leonhard, Revolution 199). unter Brüdern (ugs. scherzh.): unter guten
♦ Die Wendung geht auf eine alte Freunden [gesagt]; ohne bervorteilung:
Kriegsregel zurück, die besagt, dass man Was hast du unter Brüdern dafür be-
einen abziehenden oder flüchtenden zahlt? Das Auto ist in diesem schlechten
137
Brüderschaft – Brust
Zustand unter Brüdern keine dreitausend fallen: etw. bei rechtzeitiger Vorsorge Ver-
Euro wert. meidbares ist passiert: Es gibt viele Dinge,
B ↑ groß, ↑ jeder, ↑ warm.
Brüderschaft: [mit jmdm.] Brüderschaft/
bei denen die Polizei erst tätig werden
kann, wenn das Kind in den Brunnen ge-
Brüd (österr. :) Bruderschaft trinken: [mit fallen ist (Tagesspiegel 2. 1. 2001, 10). Erst
jmdm.] mit einem Schluck eines meist al- werde man als Versuchskaninchen be-
koholischen Getränks die Duzfreundschaft nutzt, und dann, wenn das Kind in den
besiegeln: ... mit eisgekühltem Orangen- Brunnen gefallen sei, dann erst würden
saft tranken wir morgens um halb zwei die Grenzwerte heruntergesetzt (taz 27. 3.
Uhr Brüderschaft (Ziegler, Labyrinth 2001, 22). Wir haben ... das Geld in guten
133). Du lässt dich schließlich überreden, Zeiten zum Fenster hinausgeworfen. Nun
trinkst Bruderschaft mit Hugo, dem Sohn ist das Kind in den Brunnen gefallen und
der Familie (Oberösterr. Nachrichten wir müssen die Suppe gemeinsam auslöf-
27. 12. 1997). feln (Zeit 12. 7. 1996, 1).
Brühe: eine lange Brühe um etw. machen ↑ Krug.
(ugs.): viele unnötige Worte über etw. re- Brunnenputzer: ↑ schuften.
den: Mach doch nicht so eine lange Brühe Brust: Brust an Brust: einander in gerings-
um die paar Kratzer. tem Abstand direkt gegenüber: Sie kämpf-
die Brühe ist oft teurer als der Braten: .
ten Brust an Brust. ... als habe ein Riese
das Drumherum ist oft kostspieliger als ... sich ihr entgegengeworfen und ihr
die eigentliche Sache: Für die spezialange- Brust an Brust Einhalt geboten (Langgäs-
fertigte Innenausstattung des Wagens ser, Siegel 279).
musste ich tief in die Tasche greifen. »Die sich 〈Dativ〉 an die Brust schlagen: Reue
Brühe ist oft teurer als der Braten«, wie es empfinden, sich Vorwürfe machen: Jetzt,
so schön heißt. wo sie ihn zugrunde gerichtet hatte,
brüllen: brüllen wie am Spieß (ugs.): sehr schlug sie sich an die Brust.
laut und anhaltend schreien: Der kleine ♦ Man führt die Wendung auf den Pro-
Junge brüllte wie am Spieß und wollte zu pheten Nahum (2, 8) im Alten Testament
seiner Mutti. zurück, wo es heißt: »Die Königin wird
brüllen wie ein Stier (ugs.): (meist von gefangen weggeführt werden, und ihre
Männern gesagt) lauthals schreien: Der Jungfrauen werden seufzen wie die Tau-
Spieß brüllte wie ein Stier, als er merkte, ben und an ihre Brust schlagen.«
dass man ihn im Vorratsraum eingesperrt sich 〈Dativ〉 etw. an die Brust heften
hatte. (ugs.): das Verdienst an etw. für sich bean-
zum Brüllen sein (ugs.): sehr komisch, spruchen: Wir haben uns nicht wochen-
überaus lustig sein, zum Lachen reizen: Es lang abgestrampelt, damit der Alte sich
war zum Brüllen, als er in einer Panto- den Erfolg allein an die Brust heftet!
mime Ellas erste Versuche auf Roller- schwach auf der Brust sein (ugs.): 1. an-
skates zum Besten gab. fällige Atmungsorgane haben: Seine Frau
gut gebrüllt, Löwe!: das ist treffend kom- war schwach auf der Brust und kränkelte
mentiert, schlag fertig bemerkt: Jörg oft. 2. wenig Geld haben: Kannst du mir
grinste, stieß Karin heimlich an und flüs- mal 50 Euro pumpen? Ich bin ein biss-
terte: »Gut gebrüllt, Löwe ...« (Kranz, chen schwach auf der Brust. 3. über wenig
Märchenhochzeit 9). Kraft, Können o. Ä. verfügen: Da zeigt
♦ Die Redensart ist ein Zitat aus Shake- sich’s, ob einer was kann oder ob er
speares »Ein Sommernachtstraum« (V, 1). schwach auf der Brust ist (Kreuder, Ge-
Dort heißt es »Well roared, lion«. sellschaft 24).
↑ Dummheit, ↑ Kopf, ↑ Scheiße, ↑ Seele. es auf der Brust haben (ugs.): an den
brummen: ↑ Bart, ↑ dumm, ↑ Dummheit, Bronchien erkrankt, lungenkrank sein: Sie
↑ Schädel. sah elend aus und hustete viel, hatte es
Brunnen: das Kind ist in den Brunnen ge- offensichtlich auf der Brust.
138
Brustton – Buch
sich in die Brust werfen (ugs.): sich brüs- Stoff ist gesünder als Alkohol und Ziga-
ten, prahlen: »Aber ehrlich war ich mein
Lebtag«, wirft sich Soubirous in die Brust,
retten«, erklären sie im Brustton der
berzeugung und werden dabei von ernst M
B
M
»und hab immer mehr gegeben als be- zu nehmenden Wissenschaftlern unter-
kommen« (Werfel, Bernadette 113). stützt (MM 7. 8. 1970, 3). Buch
mit breiter Brust: sehr selbstbewusst: Sie ♦ Die Wendung geht auf den Historiker
kommen auf den Rasen und lassen es mit des 19. Jahrhunderts Heinrich von
breiter Brust alle spüren: Wir sind un- Treitschke zurück, der in seinem Aufsatz
schlagbar (NZZ 25. 5. 2003, 33). »Fichte und die nationale Idee« den Aus-
mit geschwellter Brust: voll Stolz: Mit ge- druck »der Brustton tiefster berzeu-
schwellter Brust gab der junge Vater eine gung« prägte.
Lokalrunde nach der anderen aus. Sie Brutus: auch du, mein [Sohn] Brutus? (geh. ,
trug ihr Schulzeugnis mit geschwellter oft scherzh.): also auch du verrätst mich,
Brust nach Hause. lässt mich im Stich?
etw. vor der Brust haben (bes. Sport): ♦ Shakespeare lässt in seinem »Julius
etw. Schwieriges, Unangenehmes o. Ä. vor Cäsar« den sterbenden Titelhelden die la-
sich haben, bewältigen müssen: Die teinischen Worte »Et tu, Brute?« (»Auch
Mannschaft hat noch drei Auswärtsspiele du, Brutus?«) ausrufen. Historisch ver-
.
vor der Brust. Der Finaleinzug ist eine bürgt ist dieser Wortlaut nicht.
Momentaufnahme, da wir den höchsten Buch: das Buch der Bücher: die Bibel: Des
Berg, den wir erklimmen wollen, erst Abends las man andachtsvoll im Buch der
noch vor der Brust haben (MM 13. 4. 2012, Bücher.
12). das Goldene Buch: das Gästebuch einer
[sich 〈Dativ〉] jmdn. , etw. zur Brust neh- Stadt: Der Popstar durfte sich in das Gol-
men (ugs.): sich mit jmdm. , etw. energisch dene Buch Stuttgarts eintragen.
[tadelnd] auseinandersetzen: Mit so ei- ein aufgeschlagenes/offenes Buch für
nem Zeugnis kommt der Bengel bei mir jmdn. sein: jmdm. ganz vertraut und bis
nicht durch, den werd ich mir mal zur in die innersten Regungen bekannt sein:
Brust nehmen. Die Opposition hatte sich Nach vierundzwanzig Ehejahren war ihr
den Referentenentwurf tüchtig zur Brust Mann für sie wie ein aufgeschlagenes
.
genommen. Er hat sich die »Eliteein- Buch. Du kannst mir nichts verheimli-
heiten« der französischen Armee ... zur chen, du bist ein offenes Buch für mich.
Brust genommen (ran 2, 1980, 16). jmdm./für jmdn. ein Buch mit sieben Sie-
einen zur Brust nehmen (ugs.): etw. Alko- geln sein: für jmdn. nicht durchschaubar,
holisches trinken: Die beiden wankenden unverständlich sein, ein Geheimnis blei-
Männer hatten offensichtlich ordentlich ben: Die moderne Malerei ist mir ein
.
einen zur Brust genommen. Eine Buch mit sieben Siegeln. Dieses Stück ist
Gruppe von Schauerleuten hatte nur und bleibt für mich ein Buch mit sieben
rasch im Stehen eine Runde »zur Brust .
Siegeln. Sie werden eine Welt entde-
genommen« (Erné, Kellerkneipe 67). cken, die für die meisten Städter ein Buch
♦ Die Wendung bezieht sich auf das Zu- mit sieben Siegeln ist (Spiegel 18, 1966,
prosten, wobei man das Glas in Brust- 59).
höhe hält, bevor man es leert. ♦ Die Wendung bezieht sich auf die Of-
↑ hinten, ↑ Mutter, ↑ Pistole, ↑ Seele. fenbarung des Johannes (5, 1), wo das
Brustton: im Brustton der berzeugung: Lamm ein rätselhaftes Buch empfängt:
mit voller berzeugung: Er erklärte dem »Und ich sah in der rechten Hand des, der
Polizisten im Brustton der berzeugung, auf dem Thron saß, ein Buch ... versiegelt
.
dass ihm der Wagen gehöre. Im Brust- mit sieben Siegeln.«
ton der berzeugung bringt er Gründe das Buch zumachen/zuklappen/zuschla-
vor, die aber einer Selbsttäuschung ent- gen [können]: mit einer Sache abschlie-
springen (Ruthe, Partnerwahl 37). »Der ßen, seinen Frieden machen [können];
139
Büchse – Buchstabe
eine Sache beenden [können]: Man Euro zu Buche schlugen (SZ 10. 8. 2005,
möchte das Buch zuklappen und endlich 21). Beim Kauf eines Grundstücks schla-
B ein neues Lebenskapitel beginnen! Im . gen die Nebenkosten erheblich zu Buch
Extremfall, also wenn beim Schuldner (MM 4./5. 3. 1967, 41). 2. bei etw. ins Ge-
Büch nichts mehr geht, sagen wir auch, dass wicht fallen: Die Proteste aus aller Welt
wir das Buch zumachen und nicht mehr sind schließlich doch zu Buche geschla-
weiter beitreiben (Handelsblatt 7. 3. 2005, gen.
25). ♦ Der Wendung liegt »Buch« in der
über etw. Buch führen: über etw. genaue, kaufmannssprachlichen Bedeutung von
regelmäßige Aufzeichnungen machen: »Rechnungs-, Geschäftsbuch« zugrunde.
Viele Verbände führen Buch über die Stel- ↑ Nase, ↑ reden, ↑ schlau.
lungnahme einzelner Abgeordneter bei Büchse: die Büchse der Pandora (bil-
den Abstimmungen (Dönhoff, Ära 36). dungsspr.): etw. Unheilbringendes: Würde
Gewitzt durch ihre Erfahrungen, führte die Entdeckung der Kernspaltung zur
sie Buch über die Männer, mit denen sie Büchse der Pandora für die Menschheit
zusammen war (Feuchtwanger, Erfolg werden?
630). ♦ Nach der griechischen Sage, wie sie
wie jmd. , etw. im Buche steht/(schweiz. :) Hesiod überliefert, soll Zeus – Strafe für
wie es im Büchlein/(österr. :) Büchl steht den Raub des Feuers durch Prometheus –
(ugs.): wie jmd. , etw. , es als Musterbeispiel der Menschheit Pandora mit einem Gefäß
gelten kann: Er ist ein Lehrer, wie er im geschickt haben, das alle bel dieser Welt
.
Buche steht. Du bist wirklich ein Idiot, enthielt.
wie er im Buche steht (Hein, Landnahme ↑ Nichtschen, ↑ Sardine.
195). Der Verweigerer und der Unterwan- Buchstabe: am Buchstaben kleben; sich an
derer. Wie’s im Büchlein steht (Morf, Kat- den Buchstaben klammern: etw. überge-
zen 86). nau, allzu wörtlich interpretieren: Wir
♦ Vermutlich ist die Wendung bibli- wollen uns nicht an den Buchstaben
schen Ursprungs und bezieht sich auf den klammern, aber der Vertrag regelt die
40. Psalm (Vers 8), wo es heißt: »Siehe, ich Kostenverteilung ganz eindeutig.
komme, im Buch ist von mir geschrie- sich auf seine vier Buchstaben setzen
ben.« (ugs. scherzh.): sich hinsetzen: Nun setz
sich mit etw. ins Buch der Geschichte dich schon auf deine vier Buchstaben, da-
eintragen (geh.): sich mit etw. unsterbli- mit wir endlich anfangen können! .
chen Ruhm erwerben: Der Fürst war einer Wenn es abends draußen sogar für todes-
der wenigen, die sich mit einem nicht ge- mutige Rotznasen zu kalt und zu dunkel
führten Krieg ins Buch der Geschichte war, saßen wir still in der warmen Stube
eingetragen haben. auf unseren vier Buchstaben (Wilhelm,
über die Bücher gehen (schweiz.): die Unter 19).
Lage überdenken: Brigitte Örtli ... belegte ♦ Die »vier Buchstaben« stehen hier
den 11. Schlussrang und wird nach dieser scherzhaft verhüllend für das Wort
Saison wohl endgültig einmal über die »Popo«.
Bücher gehen müssen (NZZ 6. 2. 1987, etw. bis auf den letzten Buchstaben er-
53). füllen: etw. voll und ganz, ohne Ein-
mit etw. zu Buche stehen (bes. Kauf- schränkung erfüllen: In dieser Branche
mannsspr.): etw. noch bezahlen müssen: gilt es als selbstverständlich, dass ge-
Ihre Firma steht inzwischen mit rund schäftliche Vereinbarungen bis auf den
fünfzigtausend bei uns zu Buche. letzten Buchstaben zu erfüllen sind.
zu Buch[e] schlagen: 1. sich im Etat nie- nach dem Buchstaben des Gesetzes: [ge-
derschlagen: Belastet sei das Ergebnis nau so,] wie das Gesetz es vorschreibt:
erstmals durch die neu eingeführten Nach dem Buchstaben des Gesetzes bin
Mautgebühren, die mit drei Millionen ich zu gar nichts verpflichtet.
140
Bucht – Bude
Bucht: etw. in die Bucht schmeißen (ugs.): Buckel runter, allesamt! (Fallada, Mann
etwas bei eBay versteigern: Wenn die Uhr
dir nicht gefällt, kannst du sie immer
.
67).
jmdm. den Buckel raufsteigen können/ M
B
M
noch in die Bucht schmeißen. Ich hatte sollen (ugs.): von jmdm. einfach nicht
das gleiche Teil zu verkaufen ... Wollte mehr beachtet werden, jmdn. nicht länger Bude
keiner, hab ichs in die Bucht geschmissen belästigen sollen: Ich will nicht mehr mit
(www.boote-forum.de 23. 6. 2010). ihm darüber verhandeln, der soll mir den
♦ Die Wendung entstand aus der ber- .
Buckel raufsteigen. Einmal hörte Jo-
setzung von »Bay« als »Bucht«. seph den Melker sagen, das Vaterländli
Buckel: jmdm./jmdn. juckt der Buckel könne ihm in seiner ganzen Größe, wenn
(ugs.): jmd. fordert durch sein Benehmen es wolle, den Buckel hinaufsteigen
eine Tracht Prügel heraus: Den Kerl juckt (R. Walser, Gehülfe 131).
heut der Buckel, so frech war der schon etw. auf dem Buckel/Rücken haben
lange nicht mehr! (ugs.): 1. etw. hinter sich gebracht, erlebt
sich 〈Dativ〉 den Buckel freihalten (ugs.): haben: Der Wagen hat jetzt auch schon
sich in einer bestimmten Angelegenheit seine 100 000 km auf dem Buckel. Er .
absichern: Er hätte sich auf ein so riskan- hatte bereits über 200 Bundesligaspiele
tes Geschäft nie eingelassen, ohne sich fi- auf dem Buckel (Kicker 82, 1981, 15).
nanziell den Buckel freizuhalten. 2. mit etw. belastet sein: Mit drei Vorstra-
den Buckel hinhalten (ugs.): die Verant- fen auf dem Buckel musst du froh sein,
wortung für etw. auf sich nehmen: Na, da wenn du überhaupt noch eine Stelle be-
werde ich wohl wieder den Buckel hinhal- kommst. Sie haben mehr Schulden auf
ten müssen. Der Architekt muss den Bu- dem Buckel als Haare auf dem Kopf.
ckel hinhalten, wenn es Krach mit dem genug auf dem Buckel haben (ugs.): be-
Bauherrn gibt. reits ein ausreichendes Maß an Aufgaben
einen breiten Buckel/Rücken haben zu erledigen haben: Die Stationsärzte
(ugs.): sich durch Kritik, Anfeindungen können die Auswertung nicht überneh-
o. Ä. nicht aus dem inneren Gleichgewicht men, die haben genug auf dem Buckel.
bringen lassen: Der Chef kann ruhig auf buckelkraxen: jmdn. buckelkraxen tragen/
mir herumhacken. Das stört mich nicht, nehmen (österr. ugs.): jmdn. auf dem Rü-
ich habe einen breiten Buckel. cken tragen/auf den Rücken nehmen und
einen krummen Buckel machen; (auch:) so tragen: Peterle (zerrt Hannes am Är-
den Buckel krumm machen (ugs.): unter- mel): Trag mich buckelkraxen (Schönherr,
würfig sein: Er war ein schleimiger Typ, Erde 19).
der vor jedem Vorgesetzten einen krum- bucklig: ↑ Verwandtschaft.
.
men Buckel machte. Keiner war durch Bude: eine sturmfreie Bude (ugs.): ein Zim-
diese Zeit hindurchgekommen ... ohne mer, eine Wohnung o. Ä. ohne berwa-
den Buckel krumm zu machen (Loest, chung durch Eltern, Vermieter o. Ä.: Als
Pistole 137). ich studierte, war es nicht so einfach, eine
den Buckel voll Schulden haben (ugs.): bezahlbare sturmfreie Bude zu bekom-
sehr verschuldet sein: Wenn man schon .
men. Aber Sonnabendmittag fuhren
den Buckel voll Schulden hat, sollte man sie immer zu ihren Kindern ... und ich
nicht noch ein Kind nach dem anderen in hatte sturmfreie Bude (Kirsch, Panther-
die Welt setzen. frau 75).
rutsch mir den Buckel [he]runter! ♦ In der aus dem Studentenleben stam-
(ugs.): behellige mich nicht weiter [ich menden Fügung ist das Adjektiv »sturm-
werde dich einfach nicht mehr beach- frei« eine bertragung aus dem Militär-
ten]! : Ach, rutsch mir doch den Buckel wesen, wo es in Bezug auf militärische
runter mit deinen Weibergeschichten. Stellungen o. Ä. die heute veraltete Be-
Sag ihm, er kann mir den Buckel herun- deutung »uneinnehmbar« hat.
.
terrutschen! Rutscht mir doch den jmdm. fällt die Bude auf den Kopf (ugs.):
141
Budel – Bulette
jmd. hält es in seiner Wohnung nicht mehr lopp): jmdm. [als Warnung] einen Schlag
aus: Seit zehn Tagen regnet es, und wir versetzen oder ihn mit Worten einschüch-
B können nicht raus – allmählich fällt uns
die Bude auf den Kopf !
tern: Als er frech werden wollte, habe ich
ihm gleich eine vor den Bug geknallt. Weil
Bude jmdm. die Bude einlaufen/einrennen die junge Kollegin sehr ehrgeizig war,
(ugs.): jmdn. immer wieder mit demselben überlegten sie, wie sie ihr eine vor den
Anliegen aufsuchen: Seit Jahren rennt er Bug knallen könnten.
uns mit seinen Verbesserungsvorschlägen ↑ Schuss.
.
die Bude ein. Das fand ich doch ver- bügeln: ↑ gebügelt, ↑ geschniegelt, ↑ Hose.
drießlich. Mir erst die Bude einzulaufen, Buhei: Buhei machen (ugs.): großes Auf he-
und mich dann zu versetzen! (K. Mann, ben von etw. machen: Mensch, macht der
Wendepunkt 241). ein Buhei wegen des kleinen Kratzers an
die Bude auf den Kopf stellen (ugs.): aus- .
seinem Wagen. Ich weiß überhaupt
gelassen feiern: Nach bestandenem nicht, was man wegen dem bisschen
Examen hat sie mit ein paar Freunden die Maulkorb für ein Buhei macht. Morgens
Bude auf den Kopf gestellt. der erste Schutzmann hätte ihn gleich he-
eine Bude machen (Fußballjargon): ein runterholen sollen (Spoerl, Maulkorb 77).
Tor schießen: Aber der braucht halt im- Bühne: etw. über die Bühne bringen/krie-
mer zwei bis drei Versuche, um ’ne Bude gen (ugs.): etw. [erfolgreich] durchführen:
zu machen, und deshalb ging sein Kopf- Falls der Bundesrat keine Einwände gel-
ball knapp daneben. (www.blutgraetsche. tend macht, muss dieser Volksentscheid
de, 31. 3. 2004). Die EM hat nicht so gut bis spätestens 30. Juni nächsten Jahres
begonnen für mich, jetzt habe ich endlich über die Bühne gebracht werden (MM
gespielt, eine Bude gemacht, die Mann- 8. 7. 1969, 5).
schaft steht im Halbfinale – es gibt fast über die Bühne gehen (ugs.): in einer be-
nix Schöneres! (www.zeit.de 23. 6. 2012). stimmten Weise verlaufen, vor sich gehen:
jmdm. auf die Bude rücken (ugs.): Die turbulente Prunksitzung der »Mään-
1. jmdn. , mit dem man etwas zu bereini- zer Fassenacht« geht voluminös wie eh
gen hat, aufsuchen: Wenn wir die Miete und je über die Bühne (Hörzu 8, 1973, 85).
nicht bald zahlen, rückt uns der Hausbe- Die Verhandlung bei meiner Verwal-
sitzer auf die Bude. 2. jmdn. unaufgefor- tungsrechtssache ging ohne meinen An-
dert besuchen: Unmöglich kann ich ihm walt über die Bühne, weil er einfach nicht
auf die Bude rücken und mich dazu in erschien (DM 34, 1965, 49).
verbotenen Glanz kleiden (Zweig, Gri- von der Bühne abtreten/verschwinden;
scha 144). die Bühne verlassen: aus dem Blickpunkt
jmdm. hat es in die Bude geschneit der Öffentlichkeit verschwinden: Er war
(ugs.): jmd. hat Unannehmlichkeiten: Ich seinerzeit mit einem Eklat von der politi-
glaube, deiner Schwester hat es in die schen Bühne abgetreten. Die legendären
Bude geschneit, sie war ziemlich schlecht Chicagoer Gangster hatten die Bühne
drauf heute früh. längst verlassen, als ein kleiner siziliani-
↑ Leben. scher Einwanderer im Rauschgifthandel
Budel: unter der Budel (österr. ugs.): (in Be- von sich reden machte.
zug auf bestimmte knappe oder verbotene von der Bühne [des Lebens] abtreten
Waren) nicht offen angeboten: Nachdem (geh. verhüll.): sterben: ... mit ihren eige-
in vielen Provinz-Tankstellen Blaulichter nen Plänen scheiternd, von Fremden be-
unter der Budel verkauft werden ... (auto trogen, treten sie oft genug von der
touring 8, 1995). Bühne ab (Dönhoff, Ära 8).
♦ »Budel« ist im Österreichischen und ↑ Heu.
auch Bayrischen die Bezeichnung für Bulette: [immer/nur] ran an die Buletten!
»Ladentisch«. (salopp scherzh. , bes. berlin.): Aufforde-
Bug: jmdm. eine vor den Bug knallen (sa- rung, Ermunterung zum Handeln: So,
142
Bund – Bürstenbinder
noch ein Schluck Bier, und dann immer um und ging auf den Elefanten los (Grzi-
.
ran an die Buletten! Auch am Ehrentag
ran an die Buletten (MM 7. 4. 1967, 8).
mek, Serengeti 90).
es zu bunt treiben (ugs.): über das erträg- M
B
M
Mensch, Laumann, hau ab und nix wie liche Maß hinausgehen: Wenn ihr es zu
ran an die Buletten! (Borell, Lockruf 258). bunt treibt, werf ich euch alle miteinan- Bürs
↑ rangehen. .
der raus. Eines Nachts nun trieb es
Bund: den Bund der Ehe eingehen (geh. Wirsich doch zu bunt. Er kam ... tobend
oder scherzh.): heiraten: Im blühenden nach Hause und begehrte Einlass (R. Wal-
Alter von 19 Jahren war die wohlbehütete ser, Gehülfe 23).
Tochter aus reichem Hause mit der Wahl ↑ Abend, ↑ bekannt, ↑ Reihe, ↑ Teller.
ihrer Eltern den heiligen Bund der Ehe Bürger: Bürger in Uniform: Bundeswehrsol-
eingegangen. dat, der seine soldatischen Pf lichten aus
den Bund fürs Leben schließen (geh. oder den staatsbürgerlichen Rechten ableitet:
scherzh.): heiraten: Im US-Bundesstaat Wer nur unter Zwang den Wehrdienst
Maryland können Herrchen und Frau- ableistet – kann der sich als Bürger in
chen mit ihren Lieben den Bund fürs Le- .
Uniform fühlen? Generalleutnant ...
ben schließen (www.stern.de/ Baudissin gilt als der geistige Vater des
wissenschaft, 6. 9. 2006). Leitbildes vom »Bürger in Uniform« (MM
mit jmdm. im Bunde sein/stehen: mit 1. 3. 1967, 2). Der »Bürger in Uniform« lei-
jmdm. verbündet sein: Du stehst mit dem det unter Frustrationen (Basler Zeitung
.
Teufel im Bunde, du alte Hexe! Es 27. 8. 1980, 5).
stellte sich heraus, dass der Besitzer der Bürgerpflicht: ↑ Ruhe.
Luxusjacht im Bunde stand mit ein paar Bürgersteig: hier/da werden abends die
ziemlich miesen Typen (H. Weber, Einzug Bürgersteige hochgeklappt (ugs.):
266). Vielleicht stand sie auch im Bunde hier/da gibt es abends keine Möglichkeiten
mit einem der Polizisten, dem Führer der mehr, sich zu vergnügen: Abends werden
Razzien (Seghers, Transit 76). in unserem Provinznest die Bürgersteige
↑ Dritte, ↑ Hand. hochgeklappt, nach neun Uhr ist nichts
Bündel: sein Bündel packen/schnüren mehr los.
(ugs.): 1. sich zur Abreise fertig machen: Büro: kein Büro aufmachen (schweiz. sa-
Es wird langsam Zeit, dass wir unser Bün- lopp): keine großen Umstände, die Dinge
del packen. 2. seinen Arbeitsplatz aufge- nicht unnötig kompliziert machen: Wegen
ben: Wenn es dir in der Firma nicht ge- der fünf Franken, die er dir noch schul-
fällt, kannst du ja jederzeit dein Bündel det, würde ich kein Büro aufmachen.
schnüren und gehen. bürsten: ↑ Strich.
♦ Mit »Bündel« waren ursprünglich die Bürstenbinder: wie ein Bürstenbinder (sa-
in einem Tuch zusammengepackten Hab- lopp): (in Bezug auf ein bestimmtes Tun)
seligkeiten der wandernden Handwerks- in hohem Maße: Das hättest du hören
burschen gemeint. müssen, geflucht hat der wie ein Bürsten-
jeder hat sein Bündel zu tragen: jeder hat .
binder. Der exzessive Raucher (80 Zi-
seine Sorgen: Ob’s nun die Sorge um die garetten pro Tag) soll selbst im Laden ge-
Gesundheit, die kaputte Ehe oder der ver- qualmt haben wie ein Bürstenbinder
lorene Arbeitsplatz ist: Jeder hat sein (NZZ 13. 7. 2003, 15).
Bündel zu tragen. Bleibt zu wünschen, ♦ Die Fügung hat ihren Ursprung in der
dass sein Rücken stark genug ist. heute veralteten übertragenen Bedeutung
bündig: ↑ kurz. von »bürsten« für »trinken« (= die Kehle
bunt: jmdm. wird es zu bunt (ugs.): jmds. oder das Glas [aus]bürsten), woraus sich
Geduld ist zu Ende: Zum Schluss wurde es wortspielerisch »Bürstenbinder« im
den Zuhörern zu bunt und sie pfiffen den Sinne von »jmd. , der sich aufs Bürsten
.
Redner aus. Plötzlich wurde das dem (= Trinken) versteht« entwickelte. Im
Warzenschwein zu bunt, es drehte sich Laufe der Zeit wurde die Fügung dann
143
Busch – Butter
vom Trinken auf andere Tätigkeiten aus- den sind doch bessre Menschen« be-
gedehnt und in der noch heute lebendi- schließt, endet das Gedicht mit den Wor-
B gen Bedeutung gebräuchlich.
Busch: [bei jmdm.] auf den Busch klopfen
ten: »Und er schlug sich seitwärts ins Ge-
büsche.«
Busc (ugs.): etw. durch geschicktes Fragen zu er- Busen: am Busen der Natur (scherzh.): in
fahren suchen: Kannst du nicht mal bei der Natur, im Freien: Damals brauchte
ihm auf den Busch klopfen, ob er uns bei man noch keine Luxushotels, da wurde
.
dem Plan hilft? Er spielte den Allwis- am Busen der Natur geschlafen.
senden und klopfte doch nur auf den ↑ Schlange.
Busch (Zwerenz, Quadriga 25). Buße: Buße tun (veraltend): seine Verfeh-
♦ Die Wendung stammt aus der Jäger- lungen mit Bußübungen sühnen: Tuet
sprache. Früher schlugen Jäger mit Stan- Buße, meine Brüder, und lasset ab von
gen auf das Gebüsch im Unterholz, um Müßiggang und Völlerei! Wir haben den
das Wild aufzuscheuchen. Zorn des Herrn auf uns herabbeschwo-
mit etw. hinter dem Busch halten: mit ei- ren, wir wollen Buße tun und seine Verge-
ner Äußerung zurückhalten: Der Staats- bung erflehen.
anwalt hatte den Eindruck, dass die Ver- Bütt: in die Bütt steigen (ugs.): öffentlich
teidigung mit irgendetwas hinter dem für etwas eintreten, sich engagiert vor Pu-
Busch hielt. Sie wollte mit ihrer Meinung blikum äußern: Ich wollte die Kollegen
nicht länger hinter dem Busch halten. politisch aufrütteln und bin bei Betriebs-
♦ Die Wendung geht von Busch in der versammlungen immer in die Bütt gestie-
Bedeutung »Buschwerk, kleines Wald- gen (Spiegel 4, 2000, 196–198). Einen ehr-
stück« aus. Im Buschwerk hielten sich lichen, handfesten Schwulen hatten sie
früher Wegelagerer versteckt; vgl. die sich gewünscht, der auch mal in die Bütt
Bildungen »Buschklepper« und »Strauch- steigt für sie und was riskiert dabei (taz
dieb«. Auch Truppenteile hielt man frü- 14. 1. 2011, 20).
her hinter Büschen und Waldstücken ♦ Aus der »Bütt«, einem fassförmigen
verborgen, um sie dann überraschend ins Vortragspult, tragen im rheinischen Kar-
Gefecht zu führen; vgl. die Wendung »mit neval die Redner ihre Spottreden vor.
etwas hinter dem Berg halten«. Butter: jmdm. fällt fast die Butter vom
etwas ist im Busch[e] (ugs.): im Verborge- Brot/ist die Butter vom Brot gefallen (sa-
nen bereitet sich etwas vor: Nun geschah lopp): jmd. ist enttäuscht, entsetzt: Uns
das allerdings ... , als er schon eindeutig fiel fast die Butter vom Brot, als wir den
wusste, dass da was im Busche war (Zwe- Preis hörten. Was ist denn mit dir los, ist
renz, Quadriga 220). Wenn ich anrücke, dir die Butter vom Brot gefallen?
weiß natürlich jeder, was im Busch ist Butter an/bei die Fische!: keine halben
(Hörzu 21, 1973, 30). Sachen! : Jetzt mal Butter bei die Fische
sich [seitwärts] in die Büsche schlagen und den vollen Kaufpreis auf den Tisch
(ugs.): heimlich verschwinden: Die Ge- .
gelegt! Pipa warnte den Verband im
schwister ... hatten sich ... klammheim- brigen davor, erneut mit vagen Ankün-
lich in die Büsche geschlagen und waren digungen zu operieren. Jetzt müsse »But-
sodann spurlos verschwunden (MM 11. 4. ter bei die Fische«, meinte er (FR 18. 12.
1974, 15). Er