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Gesamtverband Deutscher antikommunistischer

Vereinigungen
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Der Gesamtverband Deutscher antikommunistischer Vereinigungen e. V., auch


Antikomintern genannt, war ein Zusammenschluss von Organisationen, der in Reaktion
auf die 1919 von Lenin gegründete „Kommunistische Internationale“ (Komintern) nach der
nationalsozialistischen „Machtergreifung“ im Oktober 1933 gegründet wurde.

Sitz des Gesamtverbandes war bis 1937 (neben anderen NSDAP-Organisationen) das
1933 beschlagnahmte Gebäude der „Dr.-Magnus-Hirschfeld-Stiftung“ (Institut für
Sexualwissenschaft) in Berlin, Beethovenstraße 3 / In den Zelten 10 und 9a.

Zielsetzung
Die Antikomintern sollte den Propagandafeldzug des nationalsozialistischen Deutschen
Reiches gegen die Sowjetunion koordinieren.

Die Nationalsozialisten erhofften sich durch eine Verstärkung der antisowjetischen


Propaganda und den Ausbau des Bildes von Deutschland als Bollwerk, das Europa vor
dem Bolschewismus verteidigt, im Ausland Sympathien.

Die Initiative zur Gründung ging vom Reichsministerium für Volksaufklärung und
Propaganda aus. Ziel des „Gesamtverbandes“ war es, alle Organisationen, Verbände und
Personen, die gegen den sowjetischen Kommunismus eingestellt waren, im „ideellen
Kampf“ (Zitat aus dem Satzungsentwurf) zusammenzuschließen.

Vorsitzender Adolf Ehrt


Am 7. September 1933 wurde Adolf Ehrt erster Vorsitzender des Gesamtverbandes.
Finanziert wurde die Tätigkeit der Organisation vollständig vom Propagandaministerium.
Leiter des Referats Anti-Komintern im Reichsministerium für Volksaufklärung und
Propaganda war Eberhard Taubert.

Aufgrund eines Machtkampfes mit dem Außenpolitischen Amt der NSDAP (Leiter: Alfred
Rosenberg, Leiter der Ostabteilung: Georg Leibbrandt) und eines Erlasses von Reinhard
Heydrich legte Ehrt am 17. März 1937 sein Amt nieder.

Nach Kriegsende war Ehrt, wie auch andere Mitglieder des ehemaligen Wirtschaftsstabes
Ost des Oberkommandos der Wehrmacht, für den britischen Secret Intelligence Service zu
Wirtschaftsangelegenheiten der Sowjetunion tätig. 1956 wurde diese Arbeitsgruppe mit der
„Organisation Gehlen“ zusammengefasst, bei der Ehrt bis zu seiner Pensionierung blieb.

Aktivitäten
Der „Gesamtverband Deutscher Antikommunistischer Vereinigungen e. V.“ beobachtete
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und übersetzte beispielsweise in der Sowjetunion erscheinende Presse und
Rundfunksendungen, sammelte Berichte von dortigen Gewährsleuten, Meldungen von in-
und ausländischen Nachrichtenagenturen (von der Deutschen Nachrichtenbüro GmbH
bekam sie vertrauliches Rohmaterial), v. a. über die Verwaltung, Wirtschaft und Kultur der
Sowjetunion, die Komintern und die alliierten Kriegsgegner.

Der Verband gab außerdem verschiedene Rundschreiben (z. B. „Antikomintern-


Nachrichtendienst“, auch in anderen Sprachen, z. B. über den Spanischen Bürgerkrieg)
und zahlreiche antikommunistische und -jüdische Druckschriften heraus, mehrere davon in
Zusammenarbeit mit dem „Institut zur Erforschung der Judenfrage“.

1933 erschien in einer Auflage von 250.000 Exemplaren eine Schrift von Adolf Ehrt über
den Reichstagsbrand („Bewaffneter Aufstand! Enthüllungen ueber den kommunistischen
Umsturzversuch am Vorabend der nationalen Revolution“), der diesen in Verbindung
brachte mit einem von ihm gefälschten Aufstandsplan, in den angeblich auch die
Sowjetunion verwickelt gewesen sei.

Im gleichen Jahr wurde die englische Übersetzung "Communism in Germany"


veröffentlicht. Der Vertrieb in den U.S.A. wurde finanziert von der National Civic Federation,
einem im Jahr 1900 von Ralph Easley gegründeten konservativen "think-tank".

Größte Verbreitung (Auflage über 2 Millionen Exemplare) fand das Buch Der verratene
Sozialismus von „Karl I. Albrecht“ (ein Pseudonym für Karl Matthäus Löw, ein zu den
Nationalsozialisten übergelaufener höherer Funktionär der Sowjetunion).

1934 änderte die Komintern ihre bisherige Ausrichtung auf die Sozialdemokratie als
Hauptfeind (These vom „Sozialfaschismus“) und stellte den Nationalsozialismus in den
Mittelpunkt der propagandistischen Aktivitäten. Die antifaschistischen Kräfte sollten sich in
„Volksfronten“ vereinigen und die diplomatische Isolierung der Sowjetunion dadurch
aufheben. Daraufhin verstärkten sich ab Mitte 1934 auch die propagandistischen
Bemühungen der NS-Regierung.

Am 4. August 1934 gründete das Propagandaministerium als Hausverlag der


„Antikomintern“ die „Nibelungen-Verlag GmbH“ (Sitz: Berlin und Leipzig), als Verlagsleiter
fungierte Eberhard Taubert.

Hitler begann ab 1935 (7. Komintern-Weltkongress in Moskau) verstärkt, den


Antibolschewismus zu thematisieren, besonders massiv dann auf den Reichsparteitagen
1936 und 1937.

Geplant war, im Gegenzug einen antikommunistischen Weltkongress durchzuführen. Zur


Vorbereitung gab der Verlag 1936 die Schrift Der Weltbolschewismus: Ein internationales
Gemeinschaftswerk über die bolschewistische Wühlarbeit und die Umsturzversuche der
Komintern in allen Ländern heraus.

1936 gründete Eberhard Taubert die Zeitschrift Contra-Komintern (Chefredakteurin: Melitta


Wiedemann, die Tochter eines russlanddeutschen Kaufmanns, unter Goebbels
Redaktionssekretärin des Angriff).

Ebenfalls 1936 veranstaltete die Antikomintern zusammen mit der NSDAP-Gauleitung


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München-Oberbayern die antibolschewistische Ausstellung „Der Bolschewismus ohne
Maske“ im Deutschen Museum in München, die danach im Reichstag in Berlin als
Dauerausstellung gezeigt wurde. 1938 verlegte man Abrechnung mit Moskau der früheren
KPD-Reichstagsabgeordneten Maria Reese.

Im August 1939 wurden vom Propagandaministerium nach Abschluss des


Nichtangriffspaktes mit Stalin antisowjetische Vorträge, Filme, Presseartikel und Bücher
verboten. Die Antikomintern wurde aufgelöst, die Dauerausstellung im Reichstag abgebaut
und die Zeitschrift Contra-Komintern umbenannt in Die Aktion (Untertitel: „Kampfblatt
gegen Plutokratie und Völkerverhetzung“).

Nach dem Überfall auf die Sowjetunion änderte sich das Verbot wieder: 1941 gab der
Nibelungen-Verlag die Rechtfertigungsschrift Warum Krieg mit Stalin? Das Rotbuch der
Anti-Komintern heraus, obwohl diese gar nicht mehr bestand. Auch andere Schriften der
Antikomintern wurden jetzt wieder in Grossauflagen nachgedruckt. Das Buch von „Karl I.
Albrecht“ z. B. erreichte 1 Million und wurde über die vom Erfolgsautor eigens gegründete
Buchhandlung Antikomintern vertrieben.

Bei den Bombenangriffen der Alliierten Luftstreitkräfte auf die Reichshauptstadt wurde 1943
das Hauptgebäude des Propagandaministeriums, der Fundus der Antikomintern, die
Antikomintern-Buchhandlung und das Büro des Nibelungen-Verlages samt Verlagsakten
zerstört. Am zweiten Verlagssitz Leipzig verbrannten fast alle Bücher. Nur wenige
Aktenbestände des Propagandaministeriums zur Antikomintern sind erhalten und liegen
heute im Bundesarchiv in Koblenz.

Der Verband gründete ferner ein sog. Institut zur wissenschaftlichen Erforschung der
Sowjetunion, das seit 1934 ebenfalls im Nibelungen-Verlag publizierte, z. B. einen
Antikomintern-Dienst bzw. Nachrichtendienst sowie zahlreiche Propaganda-Schriften.

Weblinks
Bestandsübersicht zur Antikomintern des Bundesarchivs Koblenz
Klaus Körner: Eberhard Taubert und der Nibelungen-Verlag. In: Berlinische
Monatsschrift 8/1997 beim Luisenstädtischen Bildungsverein, S. 44–52
Suche im KVK nach Stichwort "Gesamtverband Deutscher Antikommunistischer
Vereinigungen"
Suche im KVK nach Stichwort "Antikomintern"
National Civic Federation Records, 1894–1949 (PDF; 627 kB) at the New York Public
Library

Normdaten (Körperschaft): GND: 254316-3

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