Beruflich Dokumente
Kultur Dokumente
DE
#1 #3 #5
1 1 . JUNI 2. JUNI DIE KRISE HEISST
JUZ MARALDO BESETZT! NECKAR5 BESETZT! KAPITALISMUS!
#1
HELLO, MYNAMEIS…
In den letzten Mon-
aten sind zwei
größere Besetzun-
gen in Darmstadt
und Bensheim von
in Bensheim
geräumt, das »Jukuz Maraldo« wurde
schon nach 4 Stunden von Ein-
satzkräften geräumt. Einmal mehr
haben die Repressionsorgane bew-
iesen, dass wir uns stärker vernetzen
besetzt.
TEXT VON DEN BESETZER_INNEN
müssen, um unser volles Potenzial (JUZMARALDO.BLOGSPORT.DE)
viele Jugendliche, seit Jahren mit der geräumt, gab es aus Solidarität einen
Stadt Diskussionen führen. Das existie- weiteren Grund die Besetzung durch zu
rende Jugendzentrum in Bensheim ist führen.
durch seine Lokation vollkommen unzu- Da noch nicht sicher ist wie lange
reichend. Allein durch seine geringe die Besetzung gehalten werden kann,
Größe bietet es Jugendlichen keine Mög- wird ein Programm gemeinsam erarbei-
lichkeit mit Konzerten, Partys und tet. Geplant ist schon, in den nächsten Nach der Räumung des Jukuz Maraldo
einem ausreichend großem Café sich Tagen eine Daueraustellung zu »Gretel am 1 1 .06.201 0 fand am Samstag,
frei zu entfalten. Zudem sind die Ju- Maraldo – Edelweißpiraten« einzuriche- den 1 9.06.201 0 ab 1 5:00 Uhr eine
gendlichen durch eine Glasfassade, ten. Zudem soll es Vorträge zum Kundgebung vor dem Objekt statt. Die
einer dauerhaften Überwachung von Thema Veganismus, Drogen und das Nachbarn wurden bei Kaffee und Ku-
Außen ausgesetzt. Da es auf den soge- Benutzungshandbuch des Juz geben. chen zum Dialog eingeladen. Dabei
nannten Jugendforum zu keinen befrie- Mindestens einmal Täglich gibt es wurde von den dort anwesenden
digenden Resultaten kahm und die Ju- gegen Spende eine vegane Vokü. Au- Hausbesetzer_innen und Sympathi-
gendlichen immer mit dem Mangel ßerdem wurde eine eigene Zeitung ge- sant_innen auf das Grundproblem,
eines geeigneten Objektes hin gehalten staltet und gedruckt. Die BenutzerIn- einer fehlenden Anlaufstelle für Ju-
wurden, haben sich Jugendliche zu nen sind dazu aufgerufen das Jugend- gendliche in ihrer Freizeit, aufmerk-
einem Bündnis zusammengeschlossen. zentrum mit zu gestalten. sam gemacht. Im Zuge der Aktion
Dieses Bündnis beschloss, sich selbst wurden Zeitungen, Flyer und Infoma-
um eine Lokation zu kümmern. Als » juzmaraldo.blogsport.de terial, welche von dem Besetzer_in-
dann in Darmstadt die Neckarstraße 5 nenkollektiv erarbeitet wurden, ver-
teilt. Trotz des massiven Polizeiaufge-
bots verlief die Veranstaltung friedlich
und verleiht der Forderung der Ju-
gendlichen aus Bensheim und Umge-
bung nach einem selbstverwaltetem
Jugend- und Kulturzentrum wieder
mal mehr Nachdruck!
STREIFENWAGENBEI
HAUSDURCHSUCHUNGAN-
GEGRIFFEN
Am Abend des 23. Mai wurden zwei
Streifenwagen in Sossenheim
beschädigt. Der entstandene Schaden
wurde von der Polizei mit €1 500 bezif-
fert. Die beiden Streifenwagen waren
während eines Einsatzes (Wohnungs-
durchsuchung) in der Robert-Diß-
mann-Straße geparkt. Als die
Die Zeitung des Besetzer_innen- Beamt_innen gegen 21 :1 5 Uhr wieder
kreis des Jukuz Maraldo. zu ihren Fahrzeugen zurückkamen,
weiter auf #3
#3
2. Juni: Haus
stellten sie fest, dass bei einem Wa-
in Darmstadt
besetzt.
gen beide Außenspiegel abgetreten
waren und bei dem anderen die Wind-
schutzscheibe und eine weitere
TEXT VON DEN BESETZER_INNEN
Scheibe eingeschlagen worden war. (NECKAR5.BLOGSPORT.DE)
Der Polizei fehlt es auch weiterhin an
Hinweisen.
SALZSTOCKGORLEBENAN-
GEGRIFFEN
In der Nacht vom 2. auf den 3. Juni dem stellte sich im Laufe der
haben wir die Neckarstraße 5 besetzt. Verhandlungen mit der Polizei heraus,
Diese Aktion haben wir durchgeführt. dass sich die Besitzverhältnisse des
Etwa 60 teilweise vermummte Aktiv- um die herrschenden Eigentumsverhält- Hauses kurzfristig geändert hatten. Der
is_innen sind am Pfingsmontag auf nisse praktisch zu kritisieren. indem neue Besitzer war nicht verhandlungs-
das Gelände des Salzstock Gorlebens wir uns leer stehenden Raum aneignen. bereit und behauptete konkrete
eingedrungen, haben gewaltsam zwei Die Aktion begann mit einer Party, Nutzungspläne in naher Zukunft zu
Tore aufgebrochen und sind mit Leit- an der sich im Laufe des Abends um die haben. In dieser Situation sahen wir
ern auf das Pförtnerhaus gestiegen. 1 50 Leute beteiligten. Geplant waren keine Möglichkeiten die Besetzung
Die Verglasung des Hauses wurde mit für die nächsten Tage ein sowohl kul- längerfristig aufrecht zu erhalten. In
Vorschlaghämmern eingeschlagen. turelles Rahmenprogramm, als auch ge- den Verhandlungen mit der Polizei
Anschließend wurde die Zu- meinsames Essen, Vorträge, Diskussion- wurde uns schließlich in Anwesenheit
fahrtsstraße besetzt und eine Bar- en, Filme und Partys. Aus folgenden der Presse garantiert, dass es keine An-
rikade errichtet. Nach knapp zwei Gründen sahen wir uns gezwungen, das zeigen wegen Hausfriedensbruch
Stunden entkamen die Atomkraft- Haus am folgenden Tag wieder zu ver- geben werde und dass wir alle mitgeb-
Gegner_innen der Polizei. lassen. rachten Sachen wieder mitnehmen kon-
Ab halb acht war immer mehr Pol- nten. Zudem garantierte der Ein-
INFRANKFURTWURDE izei vor Ort und verhinderte das Betre- satzleiter der Polizei, dass es morgen
EINELEIHARBEITSFIRMA ten des Gebäudes durch Personenkon- zu Verhandlungen mit dem Oberbür-
ANGEGRIFFEN trollen und Platzverweise, so dass germeister kommen soll, um ein
keine externe Unterstützung der Beset- adäquates Ersatzobjekt zu finden. Al-
zung mehr möglich war. Es konnten lerdings mussten alle Personen in Haus
keine Menschen mehr ins Haus gelan- ihre Personalien abgeben.
gen und allmählich stellte sich ein Man-
gel an Nahrung und Wasser ein. Außer- » neckar5.blogsport.de
Am Montag, den 1 4. Juni gab es Abends eine Diese wurde im Bereich Herrengarten
Infoveranstaltung zur Besetzung der Neckar5 aufgelöst, daraufhin jagte die Polizei ver-
In der Nacht auf den 26. Mai wurde in der Oetinger Villa. In Anbetracht der An- meintliche Teilnehmer_innen durch den Park
die Leiharbeitsfirma »Job AG« in stehenden Verhandlungen und in Angesicht und nahm von einigen die Personalien auf.
Frankfurt angegriffen. Leider erwies der gescheiterten Besetzungen in der Neckar- Dabei wurden auch Platzverweise für die
sich die Verglasung der Filiale als straße und in Bensheim gab es im Anschluss Neckarstraße 5 ausgesprochen.
bruchsicher. noch eine Spontandemo mit etwa 50 Leuten.
»Probier's mal mit #4
Gemütlichkeit!« BILD-AUTOMATENMIT
FARBEBEFÜLLT
Bildungsstreikin Bensheim
TEXT VON SHARIFA
Am 6. und 7. Mai wurden in Köln et-
liche BILD-Zeitungs-Kästen mit Farbe
befüllt und beschmiert. Der ausge-
hängte Aufmacher der Zeitung vermit-
telt warum: Gegner_innen der nicht
abreißenden Presse-Hetze aus
Deutschland gegen die Proteste in
Griechenland nehmen darin Bezug auf
einen gemeinsamen europäischen
Kampf gegen die Zertrümmerung des
Sozialen. Sicherlich noch kein Zeichen
eines tatsächlichen gemeinsamen
Aufbegehrens, das weit mehr bedeutet
als ein solidarisches Beistehen, aber
Am 09.06.201 0 trafen sich in Bensheim ich Polizist!« wurden von den Ordnung- wenigstens ein Signal gegen die ekel-
etwa 500 Schüler_innen, um gemein- shüter_innen zwar geduldet, riefen hafte reaktionäre Hetze aus Deutsch-
sam gegen das aktuelle Schulsystem aber schiefe Blicke hervor. land und sicherlich ein herzlicher Gruß
und für bessere Bildung und ein selbst- Von Seiten der unbeteiligten an die Protestierenden und Revoltier-
bestimmtes Leben zu protestieren. Bei Passant_innen gab es geteilte Meinun- enden.
der Demo konnten die Schüler_innen gen. Die Meisten konnten die Position
friedlich ihrem Unmut über das der Schüler_innen nachvollziehen und
Bildungssystem Luft machen und die auch jene, die nicht mit den Forder-
Politik auffordern, sich weiterhin mit ungen der Demoteilnehmer_innen sym-
dem Thema Bildung auseinanderzuset- pathisierten, hielten sich mit der Kritik
zen, und das nicht indem an allen Eck- zurück. Vielleicht auch einfach de-
en und Enden die Gelder gestrichen wer- shalb, weil ihnen selbst kein Argument
den sondern indem das Schulsystem für G8 und Ähnliches einfiel.
grundlegend verändert wird. G8 wurde 2005 eingeführt und
Mit vielen bunten Transparenten bedeutet für die Betroffenen vor allem
und lauten Rufen zogen die Jugend- mehr Leistungsdruck und weniger
lichen durch die Stadt. Erfreulicher- Freizeit. Von Montag bis Freitag ver-
weise waren dieses Jahr vor allem bringen sie bis zu 9 Stunden in der
junge Schüler_innen an den Protesten Schule und danach müssen auch noch
beteiligt und machten lautstark deut- Hausaufgaben gemacht und für
lich, was sie von der Arbeiten gelernt werden. Die Zeit sich
Schulzeitverkürzung G8 halten. Näm- mit Freunden zu treffen und sich ein-
lich gar nichts. fach mal von dem Stress zu erholen ist
Nachdem sich in den Schulen in nicht da, was auch dazu führt, dass das
den letzten Jahren so gut wie nichts ver- Erlernen sozialer Kompetenzen so-
ändert hat, wächst der Ärger der genannter Softskills auf der Strecke
Schüler_innen von Tag zu Tag. Das bleibt. Aber dann wundern Politiker-
musste auch die Polizei erkennen, die _innen sich, warum denn die Jugend so
die Demo begleitete. Zwar verhielten antriebslos und unkreativ ist.
sich die Protestierenden friedlich, je- Ein weiterer Faktor ist, dass der
doch schreckten sie nicht davor zurück Stoff von vormals 9 Jahren jetzt in 8
sich auch über die Polizei lustig zu Jahren erlernt, oder vielmehr kurzzeit-
machen. Rufe wie »Ohne Bildung werde weiter auf #5
#5 ig auswendig gelernt werden muss. Und Wirtschaft. Die Schülerin/Der Schüler
das bei einer Klassenstärke von durch- wird zum Instrument und zur frei han-
schnittlich 23 Schüler_innen. Wie soll delbaren Ware. Ein Handel auf den
FARBANSCHLAGAUFREK- denn da auf den Einzelnen sie/er keinen Einfluss ausübt und kein-
RUTIERUNGSSTANDIN eingeganngen und Lernlücken nach- erlei Mitbestimmungsrecht besitzt. Ver-
LÖHNE haltig beseitigt werden? sucht mensch Einfluss auf den Prozess
Durch den großen Druck fällt das zu nehmen, wird mensch einfach aus-
Lernen noch viel schwerer. Bei G8 kann getauscht. Das ist bei der großen Masse
es also gar nicht um das Wissen gehen, von Schüler_innen kein Problem. Ausb-
dass die Schüler_innen auf ein selbst- ildungsplätze sind Mangelware und
bestimmtes Leben vorbereiten soll, son- viele sind so darauf angewiesen, dass
dern vielmehr darum, die jungen Leute sie jede Bedingung erfüllen. Dass
möglichst früh in die Wirtschafts- mensch dabei als billige Arbeitskraft
prozesse einzubinden und aus- ausgenutzt wird ist offensichtlich.
zunutzen. Dass Lernen ein Prozess ist, Deswegen werden wir auch in den
der Raum und vor allem Zeit in Ans- nächsten Jahren den Druck weiter er-
Am 1 9. Mai wurde ein Infotruck und pruch nimmt, wird in keinster Art und höhen und nicht länger zusehen, wie
ein Jeep der Bundeswehr kurz vor Be- Weise beachtet. Weder von der Politik uns das System am Ende zerstört.
ginn der Ausbildungsplatzbörse »Step noch von den Verantwortlichen in der
One« auf dem Aqua-Magica-Gelände
von einer größeren Gruppe Aktiv-
ist_innen mit literweise blutroter
Farbe getränkt. Die Fahrerkabine
wurde geöffnet und mit »Feuer-
löschern« unter Farbe gesetzt. Danach
wurden der Auflieger und das daneben
geparkte Militärfahrzeug innen und
außen eingefärbt. Die Reaktion der
Soldat_innen war zurückhaltend. Die
Aktivist_innen konnten die Szenerie
problemlos verlassen. Ein Polizei-Hub-
schrauber kreiste nach 20 Minuten
vergeblich über dem Platz.
Seit nun mehr als 2 Jahren taucht der Kapitalismus selber zerlegt, muss
Begriff der Weltwirtschaftskrise auf. enttäuscht werden. Gerade der Kapital-
Seit nun mehr 2 Jahren wurden Mil- ismus (wie kein anders Wirtschschaft-
liarden an Geldern dafür ausgeben. system vor ihm) kann sich anpassen
Gibt es nun noch eine Krise? Haben wir und verändern. So waren nach dem Fall
sie schon überstanden? Oder kommt des Ostblocks Privatisierungen im öf-
das Böse erwachen noch? Krisen ge- fentlichen Sektor wichtig für das weiter
hören zum Kapitalismus wie der Wein Bestehen. So kann sich der Kapitalis-
zu einem guten Gericht. Immer wieder mus in der »Krise« wieder mit reichen
kommt es zu Wachstumseinbrüchen Staatshilfen zurück lehnen. Also war
auf dem kapitalistischen Weltmarkt. die Krise gar nicht so schlimm? Wenn
Die Hoffnungen vieler, dass sich der weiter auf #6
Milliarden Hilfen für die Autoindustrie Der Demoaufruf des sozialrevolu- #6
und Banken bereit gestellt werden und tionären und antinationalen Krisen-
jetzt Sparpakte geschnürt werden trifft bündnises Frankfurt a.M. zeigt diese
die Hauptbelastung natürlich die Zielsetzung schön auf.
Lohnabhängigen, Schüler_innen, Studi- Hierzu heißt es: »Eine solche, von
erende und Arbeitslose. den Zwängen von Kapital und
Herrschaft befreite Gesellschaft, in der
Gibt es also eine Alternative ? es Wohlstand für alle gibt – nennen wir
sie einmal antiautoritärer oder liber-
Verschiedene linke Parteien und tärer Kommunismus – werden wir aber
Organisationen (wir nennen sie einmal nicht geschenkt bekommen. Wir werden
staatstragende Linke) versuchen durch sie uns Stück für Stück von denen
Forderungen an den Staat die Krise er- erobern müssen, die ein Interesse daran
träglich zu gestalten. Die Hoffnung ist, haben, dass die gegenwärtige Klassen-
dass der Staat zum guten Staat wird gesellschaft auf Basis von Profit,
und endlich den Menschen hilft. Dass Konkurrenz, Ausbeutung und Unter-
diese Forderungen drückung weiter besteht und verwaltet
Träumereien sind, sollte jedem re- wird.
flektierten Linksradikalen klar sein. Die Wenn wir nicht einfach nur weiter
Schicksalsgemeinschaft der Deutschen Opfer der kapitalistischen Versuche, die
wird nun nicht mehr nur von der Regier- Krise irgendwie abzumildern sein
ungen übernommen sondern tönt von wollen, müssen wir damit beginnen, uns
DGB bis zur Linskpartei hinüber. Beson- selbst zu organisieren. Sonst dulden
ders einige Gewerkschaftsver- wir, dass andere über unser Leben
treter_innen können es sich nicht bestimmen und es gegen uns organis-
verkneifen zusammen mit Chefs den ieren. Wir brauchen Basisgew- Die Feierlichkeiten für das Bestehen
Staat um Hilfe anzurufen (siehe erkschaften der Lohnabhängigen – in der Bundesrepublik finden dieses
Schaeffler oder Opel). Dass diese Schick- Opposition zu den DGB-Gewerkschaften Jahr wieder am 3. Oktober in Bre-
salsgemeinschaft auch gerne an die – in den Betrieben, um uns vor den Zu- men statt. Die Gegeproteste laufen
Volksgemeinschaft im dritten Reich mutungen der täglichen Ausbeutung zu dieses Mal unter dem Motto »Kein
erinnert, ist nicht sehr verwunderlich. schützen und als Schule für die Selb- Tag für die Nation! Kein Tag für
Die Strukturen sind ähnlich. Die Auf- stverwaltung und Hebel, um die Deutschland! «
hebung der Klassen (Arbeiter und Maschine anzuhalten. Wir brauchen Ko-
Produktionsbesitzer_innen) mit dem Ar- mitees und Versammlungen in den » bremen310.hopto.org
gument in der Krise zusammenstehen Stadtteilen und Jugendzentren, um uns
zu müssen ist meistens hinter dem besser vor den zu erwartenden Entmie-
Deckmantel der Standortlogik noch tungen, Strom- und Gasabschaltungen
schön verpackt. Doch der »Wir sind schützen zu können. Wir brauchen selb-
Opel«- Stil ist ein regressives Element stverwaltete Strukturen und Räte in al-
des Kapitlismus besonders deutscher len Bereichen der Gesellschaft, um den
Prägung, was gerne eingesetzt wird. Einfluss von Politik und Bürokratie
Klassenunterschiede sollen im na- Stück für Stück zurück zu drängen und
tionalen Taumel untergehen, wenn der Krisenbewältigung auf unserem
mensch im weltweitenWettbewerb Rücken einen Strich durch die Rech-
steht. nung zu machen. Wir brauchen eine
soziale Revolution weltweit.«
Gibt es nun eine Antwort auf die In diesem Sinn organisiert den
Frage nach dem wie weiter in der Widerstand Antinational
(Post)-Krise? Unsere Utopien wollen Für den Kommunismus
eine Überwindung des Kapitalismus hin
zu einer besseren Gesellschaftsform.
#7
Gonzo: Demo & Partyin
Frankfurt
TEXT VOM GONZO-KOLLEKTIV RHEIN-MAIN
Anarchismus ist religionskritisch, oft in Teilen der Linken ein Konsens. Reli-
genug religionsfeindlich. Aber auch in gionen als die Machtsysteme, die auf
einer freien, anarchistischen Gesell- der Definition von Menschen über
schaft werden Menschen an ver- ihren Glauben basieren, werden aber
schiedene Dinge glauben, auch dort häufig, zumindest in Europa, als
werden Ideen über die Biologie des Bedeutungslos angesehen und ver-
Menschen weiterentwickelt. Sie werden nachlässigt.
irgendwo geboren und aufgewachsen »Ob Mensch an einen Gott glaubt,
sein und dort soziale Bezugspunkte ist Privatsache und deshalb keine Frage
haben. Aber was ein Mensch ist, wie er der Politik.«
gesehen wird, welche Möglichkeiten Dieses Argument kommt regel-
und Chancen er erhält wird nicht mäßig, wenn Anarchist_innen Religion-
hiervon abhängen, sondern vom konkre- en kritisieren.
ten Tun der/des Einzelnen. Dies unterschätzt einmal mehr
Um diese Utopie umzusetzen, ist die Bedeutung der Religionen für die
es notwendig die hirarchischen Struk- Aufrechterhaltung der staatlichen
turen, die dem Menschen über Glauben, Machtsysteme. Der Staat braucht die
Sexualität oder Herkunft Chancen zu- Kirche, weil er ohne ihre Zurechtfor-
weisen und ihnen Handlungsräume mung der menschlichen Seele zum
gewähren oder entziehen, zu zerstören. Glauben an die Obrigkeit, zur kritik-
Bezüglich Sexismus, Rassismus losen Hinnahme des Absurden und Ver-
oder Nationalismus besteht zumindest weiter auf #9
#9 nunftwidrigen nicht existieren könnte. Weise angewandt wird, schaffen sich
Die Kirche braucht den Staat nicht, sie Religionen ihre Machtbasis. Die polit-
benutzt ihn nur weil er sie braucht. ische Macht liegt dabei in den Händen
Der Kirche geht es darum, das Ge- derer, die das Auslegungsmonopol
fühlsleben der Menschen in Ihre Gewalt besitzen, den Päpsten, Ayatollahs, La-
zu bringen, den Verstand und die krit- mas, usw.
ische Beobachtung schon von der Ge- Die ganze religiöse Macht basiert
burt in Ihre Bahnen zu lenken. auf Lügen bzw Spekulationen. Z.B. weiß
Gerade dadurch, dass sich Reli- die christliche Kirche natürlich inzwis-
gionen apolitisch geben, können sie die chen aus der wissenschaftlichen, theo-
Aufgabe der Hegemoniesicherstellung logischen Forschung längst, dass und
so gut ausfüllen. Dazu wenden sie den wann welche Teile der Bibel von
Gottestrick an. Durch die Berufung auf Menschen wie geschrieben und umges-
eine höhere Wesenheit, die unsichtbar chrieben wurden und zu welchem
oder zumindest als nicht direkt erfass- politischen Zweck dies Geschah. Das
bar definiert wird, werden die jeweili- Selbe gilt für die anderen Religionen.
Schwupps war die Kirche besetzt. Wie gen politischen Anschauungen als über- Alle großen Religionen haben
am 30. Juli in Stuttgart anlässlich des politisch und übermenschlich verkauft. außerdem in ihrer Geschichte die sys-
geplanten Bundeswehrgelöbnisses im Mit Hilfe des Gottestricks, der in jeder tematische Auslöschung anderer Kul-
»Gotteshaus«. Religion auf die eine oder anderen turen betrieben bzw. legitimiert (Büch-
erverbrennungen / Zerstörung von
Kunstwerken / Massenmorde / Verge-
waltigung usw. z.B. durch die christ-
lichen Missionare bei der Christianis-
ierung Europas). Auch diese Greultaten
wurden und werden umgeschrieben.
Klassisch liefert hierfür das Modell der
MärtyrerIn für den Glauben ein Beis-
piel. Aus den brutalen menschenver-
achtenden Täter_innen wurden so im
Christentum Heilige geschnitzt.
Dennoch gibt es religiöse Grup-
pen, die sich als anarchistisch ver-
stehen. Auf den ersten Blick wirken
diese sympathisch aber wenn Mensch
etwas genauer hinschaut, ergeben sich
Fragen. In Diskussionsforen wird z.B.
mehrmals Abtreibung mit mil-
itärischem Massenmord gleichgesetzt,
eine eindeutig fundamentalistische Po-
sition, die die Selbstbestimmung von
Frauen in Frage stellt und von anarch-
istischer Seite aus völlig untragbar ist.
Den Kampf gegen die Kirche
können wir nur führen, indem wir aus
ihren Gebetsgemeinschaften und Or-
ganisationen austreten, Ihre Staats-
und Kapitalverbundenheit bloßstellen,
den Kirchenboykott fördern und un-
sere Kampfkraft gegen den Staat und
all seine Einrichtungen konzentrieren.
#10
Non à l'OTAN!
ERFAHRUNGSBERICHT VON ZEITZEUGE
Im April letzten Jahres fand der NATO-Gipfel in Baden Dort planten wir dann mit anderen Demonstrationsteil-
Baden und Straßburg statt. Tausende Menschen gingen nehmer_innen über die Europabrücke nach Straßburg zu
auf die Straße, um gegen die Feier zum 60-jährigen Be- laufen. Die Brücke war jedoch abgeriegelt, was einen
stehen des Nordatlantikpakts und dessen Kriegspolitik klaren Verstoß gegen das Schengener Abkommen
zu protestieren. Hierzu meine Erfahrungen und darstellt, und jeder der sie zu Fuss überqueren wollte,
Eindrücke: Unsere Gruppe, die lediglich aus vier Person- musste sich einer Ausweiskontrolle inklusive Gepäck-
en bestand, kam um zirka 1 2 Uhr am Baden Badener durchsuchung und Abtasten unterziehen.
Bahnhof an, wo wir uns der ersten Durchsuchung und Hinter der Brücke, nachdem wir anderthalb Stun-
Schikanen der Bullen unterziehen mussten. Nach länger- den in den Kontrollen festhingen uns es mittlerweile
er Diskussion mit einem Bullen, der uns aufgrund eines Abend war, begann die selbe Prozedur erneut nur waren
schwarzen Kapuzenpullovers den Zugang zur Stadt ver- die Bullen diesmal französische. Letztendlich schafften
weigern wollte, kamen wir letztendlich doch zur Demon- wir es nach knapp 3 Stunden in die Straßburger Innen-
stration gegen das NATO-Dinner. Diese wurde jedoch stadt zu gelangen. Dort folgten erneut mehrere Pol-
durch einige, sehr unsinnige, Auflagen der Cops er- izeikontrollen. Tatsächlich hatte die Stimmung in der
schwert. Letztendlich hielten wir, zwar mit erheblich Innenstadt etwas überwachungsstaatliches, allein auf-
weniger Teilnehmern als geplant, was sicherlich der enor- grund der Tatsache dass auf einen Passanten grob
men Repression im Vorfeld und auf der Demonstration geschätzt 3 Polizisten kamen. Letztendlich im Camp an-
zu schulden war, doch noch unsere Demonstration ge- gekommen, stießen wir auf mehrere Barrikaden und her-
gen das Dinner der NATO-Spitze ab. Die schikanösen Be- umliegende Glassplitter und Steine. Diese waren, wie wir
handlungen der Demonstrant_innen seitens der Polizei später erfuhren, die Überbleibsel des geglückten Ver-
sowie das massive Polizei Aufgebot hatten mehr als nur suches eine Polizeirazzia im Camp zu verhindern. Die
einen Hauch von Polizeistaat. Nach der Demonstration Stimmung im Camp war unbeschreiblich. Ein Gefühl des
ging es mit dem Zug weiter, natürlich immer in Beglei- Zusammenhalts, der Solidarität und dem, gemeinsam für
tung unserer Freund_innen in Grün, in Richtung eine gute Sache zu kämpfen, lag über allem.
Straßburg wo am nächsten Tag das eigentliche Treffen
stattfinden sollte.
Da aber rund um Straßburg der Nahverkehr
lahmgelegt war, kamen wir nur bis zur Grenzstadt Kehl. Fortsetzung in der nächsten Ausgabe
Information ist
eine Waffe!
Wenn ihr Infos, Beiträge oder in-
teressante Bilder habt, dann meldet
euch unter anschlag.blogsport.de
oder anschlag@riseup.net! Wir
übernehmen keine Verantwortung
die Sachen abzudrucken.
EIGENTUMSVORBEHALT
Nach diesem Eigentumsvorbehalt ist diese Zeitung solange Eigentum der
Absender_in, bis sie dem/der Gefangenen persönlich ausgehändigt ist.
»Zur-Habe-Nahme« ist keine persönliche Aushändigung im Sinne dieses
Vorbehalts. Wird die Zeitung der/dem Gefangenen nicht persönlich ausge-
händigt, ist sie der Absender_in mit dem Grund der Nichtaushändigung
zurückzusenden. Wird die Zeitung nur teilweise persönlich ausgehändigt,
so sind die nicht ausgehändigten Teile, und nur sie, der Absender_in mit
dem Grund der Nichtaushändigung zurückzusenden.