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DAS HOHELIED

von Torsten Schwanke

Übersetzung, Nachdichtungen, Kommentar, verwandte Gedichte

DAS LIED DER LIEDER

Der Sang Schelomohs.


Schulammyth:
Küsse mich mit deines Mundes Küssen. Denn dein Lieben ist besser als Wein.
Die Töchter Jeruschalajims:
Es duften deine Öle lieblich, dein Namen ist wie Balsamen-Salbe ausgeschüttet. Darum lieben dich
die Mädchen.
Schulammyth:
Zieh mich zu dir, so eilen wir. Der König zog mich in sein Zimmer.
Die Töchter Jeruschalajims:
Wir jubeln über dich und freuen uns an dir. Wir erinnern uns an deine Liebe lieber als an Wein. Die
Gerechten lieben dich.
Schulammyth:
Ich bin schwarz und sehr schön, ihr Töchter Jeruschalajims, wie die Zelte Qedors, wie die
Draperien Schelomohs. Schaut mich nicht an, daß ich so schwärzlich bin: die Sonne hat mich so
angeschaut. Meiner Mutter Söhne brennen wegen mir. Sie setzten mich zur Gärtnerin der
Weinberge, aber meinen eigenen Weinberg hab ich nicht gepflegt. - Sprich zu mir, du, den meine
Seele liebet, wo du ruhest, wo du liegst am Mittag, daß ich nicht irren muß bei den Herden deiner
Genossen.
Schelomoh:
Weißt du es nicht, du Schönste der Frauen, so geh hinaus zu den Spuren der Schafe und füttere
deine jungen Ziegen bei den Hirtenhütten. Du, meine Geliebte, bist wie ein Roß vor Pharaos
Wagen. Deine Wangen sind so hübsch mit den Strähnen, dein Hals mit dem Muschelkettchen.
Die Töchter Jeruschalajims:
Wir wollen dir goldene Ringe gestalten mit silbernen Perlentropfen.
Schulammyth:
Als der König sich zu mir wandte, gab meine Narde Aroma. Mein Geliebter ist mir ein Bund
Myrrhe, der zwischen meinen Brüsten ruht. Mein Geliebter ist mir ein Hennastrauch in den
Weinbergen von Eyn Gediy.
Schelomoh:
So schön, meine Geliebte, du bist so schön, so schön bist du. Deine Augen sind Tauben.
Schulammyth:
Sehr schön, mein Geliebter, du bist sehr schön und lieblich. Unser Lager ist grün. Zedern sind die
Balken unseres Hauses, die Bretter Zypressen. - Ich bin eine Rose aus Scharon und eine Lilie im
Tal.
Schelomoh:
Wie eine Lilie zwischen Dornbüschen, so ist meine Geliebte inmitten der Töchter.
Schulammyth:
Ein Apfelbaum unter Waldbäumen ist mein Geliebter inmitten der Söhne. Ich sitze im Schatten
dessen, nach dem mich verlangt, und seine Frucht ist meinem Gaumen süß. Er lädt mich zum
Schaumwein in den Keller. Die Liebe ist seine Fahne über mir. Er ruht mit mir bei Rosinenkuchen
und breitet mich inmitten von Äpfeln. Ach, ich bin elend vor Liebe! Sein linker Arm ruht unter
meinem Haupt, sein rechter Arm umfängt mich. Ich beschwör euch, ihr Töchter Jeruschalajims, bei
den Gazellen oder den Hirschkühen auf dem Lande, daß ihr meine Liebe nicht aufstört noch
aufwühlt, bis sie selber es mag. Da ist die Stimme meines Geliebten. Siehe, er kommt, über die
Berge springt er, über die Hügel hüpft er. Mein Geliebter ist wie ein Gazellenbock oder ein junger
Hirsch. Siehe, da steht er hinter der Mauerwand und starrt durchs Fenster und blickt durchs
Fenstergitter. Mein Geliebter gibt Antwort und spricht mir zu:
Schelomoh:
Erhebe dich, o meine Geliebte, o meine Schöne, und komm! Sieh, es schwand die Regenzeit, die
Schauer vergingen und sind fort. Die Blüten blicken umher auf der Erde, die Zeit ist gekommen, zu
hören ist die Turteltaube im Lande. Die Feige hat Knospen entfaltet, die Weinstöcke geben Aroma
und stehen in Blüte. Erhebe dich, o meine Geliebte, o meine Schöne, und komm! Meine Taube im
Schlupfwinkel, in der Felsspalte, laß mich schauen deine Erscheinung, lauschen deiner Stimme,
denn deine Stimme ist süß und deine Erscheinung ist schön. Fangt uns die Füchse, die kleinen
Füchse, die die Weinberge uns zerstören, denn unsere Weinberge stehen in Blüte.
Schulammyth:
Mein Geliebter ist mein und ich bin sein, er weidet in den Lilien. Wenn der Tag sich aushaucht und
die Schatten fliehen, dann wende dich her und sei gleich einem Gazellenbock, mein Geliebter, oder
gleich einem jungen Hirsch auf den Scheidehügeln von Bether. - In der Nacht, in meinem Bett, da
schaut ich aus nach dem, den meine Seele liebet. Ich schaute aus nach ihm, ich fand ihn aber nicht.
Ich wollte mich erheben und in der Stadt umherstreifen, auf den Plätzen und Straßen Ausschau
halten nach dem, den meine Seele liebet. Ich schaute aus nach ihm, ich fand ihn aber nicht. Es
fanden und sahen mich die Wachtmänner, die in der Stadt umherstreiften. Sahet ihr den, den meine
Seele liebet? Kaum war ich an ihnen vorüber, da fand ich den, den meine Seele liebet. Ich fasse ihn
und lasse ihn nicht und bring ihn zu meiner Mutter in der Mutter Haus, in das Zimmer derer, die
mich einst empfangen.
Schelomoh:
Ich beschwör euch, ihr Töchter Jeruschalajims, bei den Gazellen oder den Hirschkühen auf dem
Lande, daß ihr meine Liebe nicht aufstört noch aufwühlt, bis sie selber es mag. Wer ist sie, die
heraufsteigt aus der Wüste, wie eine Säule Rauches, wie Räucherwerk von Myrrhe und Weihrauch
und aromatischem Puder des Händlers?
Die Garde Schelomohs:
Rund um den Diwan Schelomohs sind sechzig Mächtige von den Mächtigen Jisraels. Schwerter
tragen sie alle, Schwerter, und sind unterrichtet im Kampf. Ein jeder Mann trägt sein Schwert an
seiner Seite, gegen den Terror der Nacht. Der König Schelomoh ließ sich eine Sänfte bauen aus
Holz vom Libanon: die Säulen sind gefertigt aus Silber, die Stützen aus Gold, die Sitzkissen sind
aus rotem Purpur. Geschmückt ist das Innere, liebevoll geschmückt, ihr Töchter Jeruschalajims.
Töchter, kommt heraus und schaut, ihr Töchter von Zion, schaut den König Schelomoh mit dem
Kranze, mit dem ihn kränzte die Mutter am Tag seiner Hochzeit, am Tage des Jubels seines
Herzens!
Schelomoh:
So schön, meine Geliebte, du bist so schön, siehe, sehr schön bist du! Deine Augen unter deinem
Schleier sind Tauben. Deine Haare sind eine Herde junger Ziegen, die am Berge Gilad lagern. Deine
Elfenbeinzähne sind eine Herde geschorener Schafe, die aus dem Wasser heraufsteigen, schön
gepaart, und keines fehlt. Deine Lippen sind eine scharlachrote Linie, dein Mund ist schön. Deine
Schläfen unter deinem Schleier sind Scheiben vom Granatapfel. Dein Hals ist wie Davids Turm,
Davids, gut gebaut: Waffen und tausend Schilde, Waffen und Schilde der Mächtigen hangen daran.
Deine beiden Brüste sind Hirschkühe, sind Gazellen, die in Lilien weiden. Wenn der Tag sich
aushaucht und die Schatten fliehen, wandle ich zum Myrrhenberge und zum Weihrauchhügel. Du
bist schön, o meine Geliebte, ganz makellos! - Vom Libanon, meine Braut, vom Libanon komm, mit
mir vom Libanon, komm herbei vom Gipfel des Amanah, vom Gipfel des Shenyr und Chermon,
von den Lagerplätzen der Löwen und den Bergen der Leoparden. Du hast mir geraubt mein Herz, o
meine Schwester, o meine Braut, mit einem einzigen Blick, mit einer gewissen Halskette deines
Halses. O wie schön ist deine Liebe, meine Schwester, liebe Braut! Dein Lieben ist besser als Wein.
Das Aroma deiner Öle übertrifft alle Balsamdüfte. Deine Lippen, liebe Braut, sind tropfender
Wabenhonig. Milch und Honig sind auf deiner Zunge. Der Duft deines Kleides duftet wie der Duft
des Libanon. O Schwester, o Braut, du bist ein verschlossener Lustgarten, ein verschlossener
Brunnen, eine versiegelte Quelle. Deine Pflanzung ist ein Paradies von Granatapfelbäumen mit
köstlichen Früchten, Henna und Narde, Narde und Safran, Kalmus und Zimt, Weihrauchsträuchern
und Aloe, Myrrhe und allerbestem Balsam. Eine Quelle, eine Welle lebendiger Wasser, die vom
Libanon fließen, bist du. Erwache, Nordwind, und komm, du Südwind, und hauch in meinen
Garten, daß meine Balsamen tropfen.
Schulammyth:
Mein Geliebter, komm in den Garten und iß die köstlichen Früchte.
Schelomoh:
In den Garten kam ich, liebe Schwester, o Braut, in den Garten. Myrrhe und Balsam pflückt ich,
Seim und Waben aß ich, Milch und Süßwein trank ich. - Eßt, meine Lieben, und trinkt, meine
Gefährten, und werdet trunken vor Liebe!
Schulammyth:
Schlafend war ich, mein Herz jedoch war wach. Da war die Stimme meines Geliebten:
Schelomoh:
Öffne, meine Geliebte, o Schwester, o Täubchen, o du Vollkommene! Mein Haupt ist voll Nachttau,
meine Locken voll Nachttropfen.
Schulammyth:
Mein Unterkleid hab ich schon ausgezogen, sollt ichs wieder anziehn? Meine Füße hab ich schon
gebadet, sollt ich sie wieder beschmutzen? - Mein Geliebter streckte seine Hand durchs Loch der
Pforte, meine Inneres war sehr aufgewühlt. Ich erhob mich, meinem Geliebten zu öffnen. Meine
Hände tropften von Myrrhe am Riegel des Schlosses. Ich öffnete meinem Geliebten, tat ihm auf, da
hatte sich abgewandt mein Geliebter, hatte sich abgewandt und war fortgegangen. Meine Seele war
außer sich, als er gesprochen. Ich suchte ihn, ich fand ihn aber nicht, ich rief ihn, aber er gab keine
Antwort. Mich fanden und schlugen die Wachtmänner, die umherstreiften in der Stadt, sie schlugen
mir Wunden, die Wachtmänner auf der Mauer, sie raubten mir meinen Schleier. Ich beschwör euch,
ihr Töchter Jeruschalajims: Findet ihr meinen Geliebten, dann erklärt ihm, daß ich elend bin vor
Liebe, elend!
Die Töchter Jeruschalajims:
Wie ist dein Geliebter inmitten der Lieben, o du Schönste der Frauen? Wie ist dein Geliebter
inmitten der Lieben, daß du uns derart beschwörst?
Schulammyth:
Mein Geliebter ist glühend und frisch, Erster unter Myriaden. Sein Haupt ist reines Gold. Die
Locken seines Hauptes sind gelockt wie Dattelrispen und schwarz wie Raben. Seine Augen sind
Tauben an Wasserbächen, sie sind in Milch gebadet, sie sitzen am Teichrand. Seine Wangen sind
Gartenterrassen, wo Balsam blüht. Seine Lippen sind Lilien, tropfend von fließender Myrrhe. Seine
Hände sind goldene Ringe mit gelbem Jaspis. Sein Inneres ist kunstreich geziertes Elfenbein mit
eingelegtem Lapislazuli. Seine Beine sind Marmorsäulen auf Fußgestellen aus fein geläutertem
Gold. Seine Erscheinung ist wie des Libanons erwählte Zeder. Sein Gaumen ist Süßigkeit, sein
Mund begehrenswert. So ist mein Geliebter, mein Geliebter ist so, ihr Töchter Jeruschalajims.
Die Töchter Jeruschalajims:
Wohin ist denn dein Geliebter gegangen, o du Schönste der Frauen? Wohin hat sich dein Geliebter
gewandt? Wir suchen ihn mit dir.
Schulammyth:
Mein Geliebter ging hinab zu den Gartenterrassen, zu den Blumenbeeten, zu weiden im Garten und
Lilien zu pflücken. Ich bin meines Geliebten und mein Geliebter ist mein, der in den Lilien weidet.
Schelomoh:
Du bist schön, o meine Geliebte, wie Tirzah, herrlich wie Jeruschalajim, mächtig wie
Heeresscharen. Wende deine Augen, wende sie ab, sie wühlen mich auf! Deine Haare sind eine
Herde junger Ziegen, die am Berge Gilad lagern. Deine Elfenbeinzähne sind eine Herde
geschorener Schafe, die aus dem Wasser heraufsteigen, schön gepaart, und keines fehlt. Deine
Schläfen unter deinem Schleier sind Scheiben vom Granatapfel. Sechzig Königinnen, achtzig
Konkubinen, Jungfraun ohne Zahl - aber Eine ist mein Täubchen, meine Vollkommene, der Mutter
reine Tochter, Erwählte ihrer Gebärerin. Töchter sahen sie und lobten sie als Gesegnete, und
Königinnen und Konkubinen rühmten sie. Wer ist sie, die niederschaut wie die Morgenröte, milde
wie der Mond und rein wie die Sonne und herrlich wie der Sternenscharen?
Schulammyth:
In den Park hinab, in den Nußgarten ging ich, dort zu schauen das frische Grün an den Bächen und
ob die Granatapfelbäume blühen und die Weinstöcke treiben. Ich weiß nicht, wie mich meine Seele
setzte aufs Triumphgefährt meines willigen Volkes.
Die Töchter Jeruschalajims:
Komm wieder, komm wieder, Schulammyth! Komm wieder, komm wieder, daß wir dich schauen!
Schulammyth:
Was wollt ihr sehen tanzen Schulammyth den Tanz im Lager von Mahanajim?
Die Töchter Jeruschalajims:
Schön sind deine Füße in den Sandalen, Prinzessin! Deine Schenkel biegen sich wie zwei
Juwelenspangen, Werke der Hände eines Künstlers. Dein Schoß ist ein runder Kelch, dem nie der
Mischwein mangelt. Dein Leib ist ein Weizenbündel, umkränzt von Lilien. Deine beiden Brüste
sind zwei Zwillinge von Rehen oder Gazellenkitzen. Dein Hals ist ein Elfenbeinturm. Deine Augen
gleichen den Teichen von Heschbon am Tor von Bath Rabbym. Deine Nase gleicht dem Türmchen
auf dem Libanon, der sein Antlitz wendet gen Dammaseq. Dein Haupt gleicht dem Karmelberge.
Die Haare deines Hauptes sind Purpur, ein König liegt in deinen Locken gefangen.
Schelomoh:
O wie schön und süß bist du, o freudenreiche Liebe! Deine hohe Gestalt gleicht der Dattelpalme.
Deine Brüste gleichen den Trauben des Weines. Sprach ich: Die Dattelpalme will ich ersteigen, ihre
Rispen fassen. Deine Brüste seien mir Trauben des Weinstocks, der Duft deines Hauches sei mir
Duft von Äpfeln und dein Gaumen mir wohlschmeckender Wein, der weich dem Geliebten eingeht,
die Lippen des Schlafenden lieblich bewegt.
Schulammyth:
Ich bin meines Geliebten, sein Verlangen ist nach mir. - Komm, Geliebter, wandeln wir aufs Feld
und schlafen unter Henna! Früh auf zu den Weinbergen, da zu schauen, ob der Weinstock gedeiht
und die Granatapfelbäume blühen. Dort will ich dir Liebe geben. - Die Liebesäpfel geben ihr
Aroma. Vor unserm Tor sind viele köstliche Früchte, mein Geliebter, aufbewahrt hab ich dir frische,
vorjährige hab ich dir aufbewahrt. - Ach wärest du mein Milchbruder, der am Busen meiner Mutter
gesogen! Fänd ich dich draußen, ich wollt dich küssen, und niemand dürfte mich verachten. Ich
wollt dich führen und bringen ins Haus meiner Mutter, die mich unterwiesen. Ich wollt dich tränken
mit würzigem Wein und dem Süßmost meiner Granatäpfel. - O, sein linker Arm liegt unter meinem
Haupt, sein rechter Arm umfängt mich.
Schelomoh:
Ich beschwör euch, ihr Töchter Jeruschalajims, daß ihr meine Liebe nicht aufstört noch aufwühlt,
bis sie selber es mag.
Die Brüder der Schulammyth:
Wer ist sie, die heraufkommt aus der Wüste und sich an den Geliebten anlehnt?
Schelomoh:
Unterm Apfelbaume hab ich dich aufgeweckt: deine Mutter hat dich dort empfangen, deine Mutter
hat dich dort empfangen und geboren. Drück mich wie ein Siegel an dein Herz, mich wie ein Siegel
an deinen Arm. Liebe ist mächtig wie der Tod, und Eifersucht ist grausam wie die Hölle. Der Liebe
Flamme flammt wie eine lichte Flamme Gottes!... Auch viele Wasser können die Liebe nicht
auslöschen, noch Ströme sie ertränken. Gäbe ein Mensch auch allen Reichtum seines Hauses für die
Liebe, so wär das doch verachtenswert.
Die Brüder der Schulammyth:
Unsere Schwester ist klein und hat noch keinen Busen. Wie sollen wir tun der Schwester, wenn der
Tag der Werbung kommt? Ist sie eine Mauer, bauen wir einen silbernen Mauerkranz auf ihr; ist sie
eine Pforte, riegeln wir sie zu mit Zedernbalken.
Schulammyth:
Ich bin eine Mauer, meine Brüste sind Rundtürme. Ich ward in seinen Augen eine, die Frieden fand.
Schelomoh besitzt einen Weinberg in Baal-Hamon, und er gab den Weinberg an die Gärtner. Jeder
Mann bekommt für die Früchte tausend Silbermünzen. Mein Weinberg ist vor mir. Dir, Schelomoh,
tausend Silbermünzen; zweihundert den Gärtnern der Früchte.
Schelomoh:
Im Garten Wohnende, lauschen laß mich deiner Stimme, auch die Gefährten hören auf sie.
Schulammyth:
Eile, mein Geliebter, und sei wie ein Gazellenbock oder ein junger Hirsch auf den Balsambergen!

KOMMENTAR ZUM LIED DER LIEDER

Das Lied der Lieder.

Das Lied der Lieder ist das Lied der Lieder in dem Sinne wie die Bibel das Buch der Bücher ist. In
dem Lied der Lieder ist die ganze Gottesliebe, die sich in der Heiligen Schrift offenbart, wie in
einem Tropfen konzentriert, und dieser Tropfen ist eine Perle. Die Juden nennen das Hohelied auch
das Allerheiligste. So wird es verglichen mit dem Tempel Salomos: Die ganze Heilige Schrift ist das
Heiligtum, aber das Hohelied ist das Allerheiligste, in welches der Hohepriester nur einmal im Jahr
treten durfte und den Namen Jahwes aussprechen. Origines, der Kirchenlehrer, der als Erster die
christliche Auslegung des Hohenliedes gab, sagte: Selig ist, wer in das Heiligtum eintritt, aber
glückseliger ist, wer in das Allerheiligste eintritt! Und Johannes vom Kreuz, der das Hohelied zum
Zentrum seiner Mystik machte, bat an seinem Sterbebett den Priester: Lies mir nur das Hohelied
vor, das ist genug.

Der Sang Schelomohs.

König Salomo hat diese Gedichte gedichtet. In seiner Jugend hat König Salomo das Hohelied
gedichtet, dann hat er die Weisheit Salomos als Bräutigam geschrieben, dann hat er als reifer Mann
die Sprüche gedichtet und in seinem Alter hat er den Prediger Salomo geschrieben. Alle diese
Werke zeigen seine Liebe zur göttlichen Weisheit. Man sagt, diese Gedichte des Hohenliedes hat
König Salomo zu seiner Hochzeit gedichtet. Einige vermuten, Sulamith, die Braut, sei Abischag
von Schunem, die allerschönste Jungfrau, die man für den alten König David finden konnte. Andere
vermuten, dass Salomo es für die Tochter Pharao gedichtet hat, die er sich zur Frau genommen hat.
Wieder andere vermuten, dass er es für die Königin von Saba gesungen hat, als sie ihn besuchte, um
seine Weisheit kennen zu lernen. Manche halten die Gedichte für eine Sammlung altisraelitischer
Liebeslieder oder Hochzeitslieder. Manche vergleichen sie mit den altbabylonischen Gedichten, die
zum Hieros Gamos, zur Heiligen Hochzeit von Himmelsgott und Erdgöttin gesungen wurden.
Andere vergleichen diese Gedichte mit altägyptischen Liebesliedern. Dass diese Liebesgedichte von
Salomo stammen, ist aber allegorisch zu verstehen, denn Salomo bedeutet: Der Friedefürst. Und der
wahre Friedefürst ist der Messias, das ist Jesus. Gott selbst ist der Gott des Friedens. Und so ist
dieses Lied Salomos das Lied des Gottes des Friedens an seine Braut, das Lied des Friedefürsten
Jesus an seine Braut.

Küsse mich mit deines Mundes Küssen.

Die Juden sagen, der Kuß Gottes ist die Erkenntnis Gottes. Die christlichen Philosophen sagen, dass
Christus die Form der Seelen ist, wie die Seele die Form des Leibes ist. Alle Seelen sind geschaffen
in dem Urbild Christus. In dem Augenblick der Empfängnis, da aus Mannessamen und Frauen-Ei
und der ehelichen Liebe der neue Leib eines neuen Menschen gebildet wird, haucht Gott die Seele
als Formprinzip dieses neuen Leibes ein. Und diese Einhauchung der Seele, die im Bild und
Gleichnis Christi aus dem Nichts von Gott geschaffen worden ist und nun eingehaucht wird, diese
Einhauchung als wird von den Philosophen als ein Küssen bezeichnet. Die Seele wird von Christus
in den Leib geküsst. So empfehlen die Mystiker diese Meditation: O Mensch, besinne dich zurück
und bewege dich geistig in den Augenblick hinein, da Gott deine Seele im Bild und Gleichnis
Christi geschaffen hat aus dem Nichts und sie im Hauch des Heiligen Geistes deinem Leibe
eingeküsst hat, und so empfange in deiner Meditation erneut diesen Kuß Gottes, diesen Kuß Christi,
diesen Kuß des Heiligen Geistes. Und darum, weil unsere Seelen geschaffen sind von einem Kuß
Gottes, darum grüßen wir auch alle die Geschwister und Genossen des Glaubens mit dem Kuß der
Liebe, mit dem geschwisterlichen Kuß, wie es der Apostel Paulus in seinen Briefen immer betont.
In der Urkirche wurde tatsächlich vor der Kommunion der Friedenskuß ausgetauscht. Die
Kirchenväter warnten nur vor solchen Brüdern, die den Glaubensschwestern mehr als einen
Friedenskuß geben wollten. Dann führte man Metalltäfelchen ein und küsste die Metalltäfelchen.
Heute geben sich die Christen vor der Kommunion die Hand und nur in Zeiten der Influenzen hüten
sie sich vor einem Händedruck. Ursprünglich ist aber, dass wir den Kuß Gottes, den wir alle
empfangen, geschwisterlich miteinander teilen und so eine Gemeinschaft des Küssens werden.

Denn dein Lieben ist besser als Wein.

Was ist das Gute des Weines? Denn wenn Gottes Liebe besser ist als der Wein, dann ist der Wein
gut, aber die Liebe Gottes ist noch besser. Der Psalmist sagt: Gott hat den Wein zur Freude der
Herzen geschaffen. Nachdem die Sintflut abgelaufen war, baute Noah dem Herrn einen Altar und
baute als erstes den Wein an. Benedikt erlaubt in seiner Ordensregel den Mönchen den Wein, aber
in Maßen. Christus als der Messias Israels hat auf der Hochzeit zu Kana sechs Tonnen mit
allerbestem Wein gefüllt. Nämlich die Juden erwarteten für die Heilszeit des Messias, wie die
Rabbinen prophezeiten, einen Überfluß von Wein. Der Messias Jesus bezeugt mit seiner
Verwandlung von Wasser in Wein, das mit ihm nun die messianische Heilszeit angetreten ist und
dass er selbst der verheißene Messias Israels ist. Der Wein ist aber nur ein Zeichen, nämlich für die
Freude, wie der Psalmist sagt, für die Erlösung, die der Messias bringt. Im Dionysoskult wurde der
Gott des Weines auch der Kummerbrecher und Sorgenlöser genannt. Der Wein ist ein Heilszeichen
des Erlösers, und seine Erlösung bringt jubelnde Freude. Der Wein kann trösten als
Kummerbrecher, so ist der Messias auch der Trost der ganzen Welt. Der Wein kann inspirieren, so
ist der Heilige Geist die inspirierende Geistigkeit Gottes. Darum sagt Paulus auch: Sauft euch nicht
voll Wein, sondern lasst euch vom Heiligen Geist inspirieren. Der Heilige Geist ist ja die Liebe
Gottes, und diese Liebe Gottes ist es in noch viel größerem Maße als der Wein, die uns Freude
schenkt, uns tröstet, den Kummer bricht, die Sorgen löst, jubeln lässt, inspiriert und entgrenzt und in
Ekstase versetzt. Man könnte den Vers auch so übersetzen: Deine Liebe ist berauschender als der
Wein! Denn in den Sprüchen Salomos sagt der Weise über die Göttliche Weisheit: Berausche dich
an ihren Brüsten allein! Wir sollen uns also berauschen an der Göttlichen Liebe! Welcher Christ
aber wird beim Wein nicht an das Mahl des Herrn denken? So wie der Messias bei der Hochzeit von
Kana Wasser in Wein verwandelte, so verwandelt der Heilige Geist beim Mahl des Herrn den Wein
in Blut Christi. Man könnte den Vers also auch so übersetzen: Denn dein Blut ist besser als Wein!
Blut und Liebe bedeuten insofern dasselbe, als dass Christus seine Liebe zu uns im Äußersten darin
beweisen hat, dass er zu unserer Rettung vom ewigen Tod sein Blut vergossen hat. Im Blut ist das
Leben, heißt es bei Moses. Christus gab sein Blut, sein Leben hin für uns und bewies uns damit
seine Liebe, die uns vom ewigen Tod erlöst. Und dieses selbe Blut des Erlösers dürfen wir im Mahl
des Herrn, in der mystischen Kommunion als einen geistlichen Trank empfangen, und in diesem
Blut ist Christi Leben, und in diesem Blut ist Christi Liebe. Auch insofern dürfen wir uns an der
Liebe berauschen, dass wir sein Blut im Sakrament der Liebe als geistlichen Trank (spriritual drink)
empfangen.

Es duften deine Öle lieblich, dein Namen ist wie Balsamen-Salbe ausgeschüttet. Darum lieben dich
die Mädchen.

In der Übersetzung wird mit dem Wortspiel von Namen und Balsamen das hebräische Wortspiel
von shem und shemen (Name und Salböl) ausgedrückt. Was ist aber das Salböl in der Heiligen
Schrift? Gott gab Mose die Anweisung einer speziellen Mischung des Salböls, mit dem dann die
Priester, Propheten und Könige gesalbt wurden. Diese Salbung war ein äußeres Zeichen, dass der
Heilige Geist für eine bestimmte Aufgabe und eine bestimmte Zeit auf den Priester, Propheten und
König herabkommt. Das Salböl bezeichnet also die Salbung mit dem Heiligen Geist. Inwiefern aber
sind Salbung und Name identisch? Insofern als Jesus der Gesalbte ist, sein Name ist der Gesalbte,
hebräisch Messias, griechisch Christus. Er ist der Gesalbte, denn auf ihm ruht in seiner ganzen Fülle
der Heilige Geist. Er empfing die Salbung des Heiligen Geistes bei seiner Taufe im Jordan, als er
sein öffentliches Wirken begann. Christus ist vom Heiligen Geist gesalbt zum Priester, der sich
selbst zum Opfer bringt für die Erlösung der Menschen von ihrer Sünde, er ist der Prophet, der in
Vollkommenheit das Herz des liebenden Vaters offenbart, er ist der König, dem alle Macht auf
Erden und im Himmel gegeben sind, und Jesus ist der Name über allen Namen. Und weil er der
Gesalbte des Heiligen Geistes ist, weil er der Messias ist, darum lieben ihn die Mädchen. Die
Mädchen sind die Gemeinschaft der Jünger und Jüngerinnen, die in Jesus den Messias lieben, den
König, Priester und Propheten, den Gesalbten, den Erlöser des Menschengeschlechts. Darum lieben
sie Jesus, weil er gekommen ist, die Menschen und die ganze Schöpfung zu retten. Wir sehen diese
Mädchen, die den Messias lieben, im Evangelium dargestellt. Da ist die öffentliche Sünderin, die
Jesus die Füße wäscht mit ihren Tränen und die Füße Jesus trocknet mit ihren langen Haaren. Da ist
Maria von Bethanien, die eine Karaffe voll kostbarer Narde vergeudet, um Christus vor seinem
Begräbnis zu salben. In diesen beiden Szenen, die im Mittelalter zusammengefasst wurden zu dem
Mädchen Maria Magdalena, einer Sünderin, die den Messias als ihren Geliebten salbt mit ihren
Tränen der Reue, in diesen Szenen, die von vielen als erotisch empfunden wird, ist der Messias
nicht nur König, Priester und Prophet, sondern der Bräutigam, und die Mädchen bilden seine
Kirche, seine Braut. Noch eins ist aber zu sagen zur lieblichen Salbung: In Antiochia nannte man
die Jünger Jesu zuerst Christen. Christen sind die, die zum mystischen Leib Christi gehören.
Christus ist das Haupt und sein Leib ist die Kirche, die Christen sind Glieder des Leibes Christi.
Und als solche, als zum Leib Christi gehörig, heißen sie Christen, also wie Christus: Gesalbte.
Darum werden die Menschen, wenn sie im Bad der Wiedergeburt, das ist das Sakrament der Taufe,
in den Leib Christi eingegliedert werden, auch mit Chrisam-Salbe gesalbt und später im Sakrament
der Firmung erneut mit Chrisam-Salbe vom Bischof gesalbt und so mit Heiligem Geist ausgerüstet,
um im Leib Christi ein heiliges Volk von Priestern, Propheten und Königen zu sein. Eins will ich
noch erwähnen: Die Juden sagen: Lies nicht, darum lieben dich die Mädchen, sondern lies mit
veränderten Vokalen: darum lieben sie dich bis zum Tod. Und daher kam es, dass Juden in den
Konzentrationslagern der Nationalsozialisten in die Gaskammern gingen mit diesem Vers auf den
Lippen: Darum lieben dich die Mädchen, lies: Darum lieben sie dich bis zum Tod.
Zieh mich zu dir, so eilen wir.

Zieh mich zu dir, oder zieh mich dir nach, das bedeutet, Gott zieht uns zuerst an, die Initiative zur
bräutlichen Liebe geht von ihm aus. Jesus sagt, dass niemand zu Jesus kommen kann, es sei denn,
der Vater ziehe ihn. Der Vater zieht uns zu Jesus. Der Glaube ist keine Errungenschaft des
Menschen, sondern ein unverdientes Geschenk Gottes. Gott offenbart sich. So sagt Jesus, dass
niemand den Sohn kennt als allein der Vater und dass niemand den Vater kennt als allein der Sohn
und eben jene, denen der Sohn den Vater offenbart. Glaube ist nur die gehorsame Annahme der
göttlichen Selbstoffenbarung. So unterscheiden die Theologen zwischen den Religionen der Welt
auf der einen Seite und der Selbstoffenbarung Gottes auf der anderen Seite. Gott hat sich selbst
offenbart, zuerst dem jüdischen Volk, das der Herr auserwählt hatte, Empfänger seiner Offenbarung
zu sein. So erzählen die Juden, dass der Herr seine Tora – seine Weisung – den Griechen angeboten
habe, aber als die Griechen hörten: Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib, da sagten die
Griechen: Wir wollen diese Tora nicht. Dann bot der Herr seine Offenbarung, seine Tora den
Ägyptern an. Aber als die Ägypter hörten: Ich bin der Herr, dein Gott, du sollst keine andern Götter
neben mir haben, da wollten die Ägypter die Tora nicht. Dann bot der Herr seine Tora den Kindern
Israel an und die Kinder Israel sagten: Ja, wir wollen alles tun, und nun, Herr, rede! Gott hat mit
Israel einen Bund geschlossen, aber er verhieß einen neuen und ewigen Bund, den er nicht nur mit
Israel allein schließen wollte, sondern mit Israel und allen Völkern, und das ist der Bund im Blute
Christi. Die Religionen der Heiden sind die Suche des Menschen nach einer höchsten Gottheit und
nach dem Wesen dieser Gottheit. Aber in der jüdisch-christlichen Tradition ist es die Suche Gottes
nach dem Menschen, denn Adam versteckte sich hinter einem Busch und Gott rief: Adam, wo bist
du? Der Herr dagegen sagt: Hier bin ich! Ich bin da! So geht also die Initiative zum Bund der Liebe
von Gott aus, er offenbart sich, der Mensch gehorcht der Offenbarung Gottes. Nicht darin besteht
die Liebe, dass wir Gott geliebt haben, sondern Gott hat uns zuerst geliebt, sagt die Schrift. Wer
aber erfahren hat die Offenbarung Gottes in Christus und wer auf dieses Liebesangebot wie Maria
sein Ja-Wort als Antwort gegeben hat, der eilt dem Herrn nach. Der Herr geht voraus und wir folgen
ihm auf seinem Weg: Durch Kreuz und Auferstehung zur himmlischen Herrlichkeit. Der Bund des
Menschen mit Gott in Christus erfordert eine Nachfolge Jesu, ja, eigentlich eine Imitation Jesu. In
der Imitation Christi eilt der Jünger dem Meister nach und gelangt an das Ziel des Glaubens, die
himmlische Herrlichkeit und die Seligkeit der Seele und die Anschauung Gottes und das
himmlische Hochzeitsmahl. Dazu ist Jesus uns in den Himmel vorangegangen, dass wir – wenn er
uns zieht – so eilen wir ihm nach! Ich denke, dieser Vers ist ein schöner Vers für eine gute
Todesstunde. Menschen, die eine Todeserfahrung gemacht haben und doch ins Leben zurückgekehrt
sind, beschreiben es so, dass ihre Seele aus dem Körper herausgesogen wurde – zieh mich dir nach
– zieh mich zu dir! So eilen wir! Und wohin? Das beschreibt der nächste Vers.

Der König zog mich in sein Zimmer.

Der König zog mich in seine Kammer, in sein Brautgemach. Der König bereitet, wie Jesus in seinen
Gleichnissen vom Himmelreich es beschreibt, eine Hochzeit für seinen Sohn. Der Königssohn ist
der Bräutigam, er zieht seine Braut in seine Kammer, das ist sein Brautgemach. Das Brautgemach
ist der Himmel, da das himmlische Hochzeitsmahl stattfindet. Die Braut ist die Neue Jerusalem, die
Braut des Lammes. Die Braut ist die Kirche, die in der Vollendung als triumphierende Kirche mit
dem Bräutigam Christus die himmlische Hochzeit vollzieht. Aber das Brautgemach ist auch die
Seele. Teresa von Avila beschreibt ja die innere Seelenburg, ein Schloß, welches sieben Kammern
hat, die immer tiefer in der Seele liegen, in der untersten oder innersten Kammer lebt – wie Meister
Eckard sagen würde – das Seelenfünklein, das Bild Gottes, welches dieser einzigartigen Seele als
Original eingeboren ist. Teresa von Jesus beschreibt es als die Gegenwart Gottes, die wie ein lichter
Kristall erscheint. Hier findet die Hochzeit statt, die mystische Hochzeit der Seele in der innersten
Kammer der Seelenburg mit dem innewohnenden Gott. Gott ist ja, wie Augustinus sagt, der Seele
innerlicher als sie es sich selbst ist. Der Koran sagt: Gott ist uns näher als unsere Haut. Gott ist also
dem Menschen innerlicher als es sein Ich ist und so begegnet die Seele, die sich auf dem Weg nach
innen begeben hat, im tiefsten Innern dem lebendigen Gott als Bräutigam, der im Brautgemach des
inneren Himmels auf die Braut wartet, um die Hochzeit zu zelebrieren, die mystische Vereinigung
der Seele mit Gott. Und wer das erfährt, der erfährt mitten in den dunklen Nächten und mitten an
dem Kreuz schon einen Himmel auf Erden, nämlich die liebende Union der Seele mit Gott. In
dieser Liebesvereinigung kann die Seele sehr weit kommen, aber es bleibt doch ein letzter Schleier
zwischen der Seele und Gott. Johannes vom Kreuz sagt, dass schon sechs Schleier vom Antlitz der
göttlichen Liebe gesunken sind, aber der siebente und letzte Schleier kann erst im Augenblick des
Todes hinabsinken und darum ruft der Mensch voll Sehnsucht zur göttlichen Liebe: Reiße rasch den
letzten Schleier herunter! – Man kann das ganze auch unter einem anderen Blickwinkel betrachten.
In der jüdischen Mystik der Kabbala ist Gott der ewige König, der eine Tochter hat, das ist die
Jungfrau Tora oder die göttliche Weisheit. Der König will für seine Tochter, die Prinzessin, eine
Hochzeit bereiten. Er lädt den Schriftgelehrten, den Weisen ein, mit der himmlischen Prinzessin die
Hochzeit zu feiern. Die himmlische Prinzessin zeigt sich ab und an in dem Palast des Königs und
ermutigt den Weisen so, nach ihr zu streben. Wenn der Weise mit der göttlichen Weisheit näher
vertraut worden ist, so gehen sie eine Verlobung ein. Salomo, der Dichter des Hohenliedes, sagt in
seinem Buch der Weisheit: Ich habe die Schönheit der Weisheit liebgewonnen und suchte, sie als
Braut heimzuführen. Es ist aber die Jungfrau der himmlischen Weisheit, die den Weisen heimführt.
Und so sagte die Jungfrau Sophia zum Mystiker Jakob Böhme: Jetzt, solange du auf Erden weilst,
sind wir verlobt, aber wenn du im himmlischen Paradies bist, so vollziehen wir die Ehe und ich
schenke dir meine Perle.

Wir jubeln über dich und freuen uns an dir. Wir erinnern uns an deine Liebe lieber als an Wein. Die
Gerechten lieben dich.

Wir jubeln über dich und freuen uns an dir: Das Evangelium ist die Freudenbotschaft der göttlichen
Kaisers Christus und es besagt: Das Himmelreich ist nahe, glaubt an das Evangelium, der
Bräutigam ist gekommen und lädt alle ein zur Hochzeit. Wir sind von Gott zum Glück geschaffen,
aber nicht unbedingt zum irdischen Glück. So sagte die Jungfrau Maria in Lourdes zur jungen
Seherin: Ich kann Ihnen nicht versprechen, Sie in dieser Welt glücklich zu machen, aber in der
kommenden! Wir sind nicht unbedingt für das zeitliche Glück geschaffen, aber zu einer ewigen,
immerwährenden Glückseligkeit. In seinen Leiden im Gefängnis erfährt der Philosoph den Trost der
Philosophie. Die Philosophie erscheint als eine junge schöne Frau und sagt: Das Böse, das du
erleidest, ist eigentlich nichts, du bist berufen zum Höchsten Gut, zur ewigen Glückseligkeit. Der
geliebte Dichter Dante sagt in seiner göttlichen Komödie, dass im Paradiese Gottes die Engel und
die Heiligen lachen und tanzen! Die Freude, die uns in Christus verheißen ist, beginnt aber schon
auf Erden. Aber, Maria sagt: Das Gebet ist kein Spaß! Freude im Sinne Christi ist kein Spaß der
Welt, kein lauter Gaudi, sondern wahres Gaudium, nämlich, wie ein evangelischer Lieddichter sagt:
Freude in allem Leide. Ein Priester sagte einmal: Es ist leicht, Halleluja zu rufen, wenn alles gelingt
im Leben, aber dann, wenn man mit Christus am Kreuze hängt und Anteil hat an den Leiden Christi,
dann Halleluja zu singen, dann Freude in allem Leide zu haben, das ist die christliche Freude, das
ist eine Freude, die einen auch am Totenbett nicht verlässt, wenn alles Irdische einen verlässt, dann
bleibt diese Freude und zwar in Ewigkeit. Und was heißt: Wir erinnern uns an deine Liebe lieber als
an den Wein? Der Wein steht für alle irdischen Freuden, alles, was uns auf Erden ergötzen kann.
Aber stärker berührt uns im Innern die Erinnerung an die Begegnungen mit der Liebe Gottes. Denn
alle irdischen Freuden sind vergänglich, die Liebe Gottes bleibt. Selbst wenn das höchste Maß des
Unglücks erreicht ist, menschlich gesprochen, kann die Seele sich noch an die Liebe Gottes
erinnern. Ich denke an Johannes vom Kreuz, er wurde von falschen Brüdern, lauen Christen, in ein
dunkles Loch gesperrt. Alle irdischen Freuden waren fern von ihm, aber er erinnerte sich an die
Liebe Gottes, an die Liebe, die Christus ihm erwiesen hat, als er am Kreuz für ihn starb! – Die
Gerechten lieben dich! Ja, Jesus sagte einmal, dass er das Licht der Welt ist, aber die Böses tun, die
hassen das Licht, denn sie wollen nicht, dass ihre bösen Taten vom Licht aufgedeckt werden. Die
Psalmen und die Weisheitsliteratur des Alten Testaments unterscheidet zwischen den Frevlern und
den Gerechten oder den gottlosen Toren und den frommen Weisen. Die Frevler hassen das Licht, die
Gottlosen hassen Gott, die Toren hassen die göttliche Weisheit. Aber wer sind die Gerechten, die
Gott lieben? Im Neuen Testament heißt es: Abraham glaubte Gott und das wurde ihm zur
Gerechtigkeit angerechnet. Luther sagt, die Gerechtigkeit kommt aus Gnade durch Glauben, denn
im Vertrauen auf Christus verleiht uns Christus seine eigene Gerechtigkeit vor Gott. Im Glauben an
den Sohn Gottes werden wir von Christus gerechtgemacht. Abraham lebte diesen Glauben, als er
sich auf das Wort des Herrn hin von seinem Vater und seiner Familie trennte und ins Ungewisse
zog. Und als er dann den verheißenen Sohn Isaak, das Lachen, bekommen hatte, da hing er mit
ganzer Vaterliebe an seinem Sohn, aber auf Gottes Wort hin war er bereit, den Sohn dem Herrn
zurückzugeben. Dieser Glaube an das Wort des Herrn, dieser Glaube, der ein Gehorsam war, der
wurde Abraham zur Gerechtigkeit gerechnet. Josef, der Bräutigam Mariens, wird in der Heiligen
Schrift als Gerechter bezeichnet. Er liebte Gott, er folgte den Weisungen des Herrn, die ihm durch
Engel im Traum übermittelt wurden, und er liebte den Sohn Gottes und Mariens wie sein eigenes
Kind. Platon beschreibt den Gerechten so: Er verwirklicht die vier Kardinaltugenden Klugheit, Mut,
Mäßigung und Gerechtigkeit. Der Mensch besteht aus Geist und Seele und Leib. In seinem Geist
wird der gerechte Mensch die Klugheit verwirklichen. In seiner Seele oder seinem Herzen wird er
den Mut verwirklichen. In seinem Leib wird er die Mäßigung oder Keuschheit verwirklichen. So
wird er in seiner ganzen Person die Gerechtigkeit verwirklichen. In der Heiligen Schrift aber ist ein
Gerechter der, der den Weisungen Gottes gehorcht, die Gebote Christi hält, und dieser wird Gott
und Christus lieben. So sagt Jesus: Wer mich liebt, der hält meine Gebote.

Ich bin schwarz und sehr schön, ihr Töchter Jeruschalajims, wie die Zelte Qedors, wie die
Draperien Schelomohs. Schaut mich nicht an, daß ich so schwärzlich bin: die Sonne hat mich so
angeschaut.

Hier spricht die Braut Christi, die Kirche: Ich bin schwarz und schön oder ich bin schwarz, aber
schön! Hören wir nicht immer wieder von den Feinden der Kirche Christi die Litanei der Sünden
der Christen? Und haben sie nicht oft sogar recht? Wenn es Priester oder Mönche gibt, die Kinder
sexuell missbrauchen, dann ist die Braut schwarz, schwarz von der hässlichsten Sünde! Papst
Johannes Paul der Große hat im Millennium das große Schuldbekenntnis der Kirche gesprochen für
alle Verfehlungen der Söhne und Töchter der Kirche. Das sind die schwarzen hässlichen Flecken
der Kirche. Die Kirche ist ein Lazarett der Sünder. Und dennoch sagt die Braut Kirche: Aber ich bin
schön! Sie ist schön, weil Christus sie gestiftet hat. Christus ist der neue Adam, der die Ursünde
Adams sühnt am Kreuz. Wie Gott dem Adam, als er schlief unterm Baum, die Rippe entnahm und
seine Braut Eva bildete, so nimmt Gott aus der Rippe Christi, als er entschlafen war auf dem Holz
des Kreuzes, als Blut und Wasser aus seiner Seitenwunde flossen, die Braut Christi, die neue Eva,
die Kirche. Christus ist das Haupt und die Kirche ist sein mystischer Leib. Augustinus sagt: Das erst
ist der ganze Christus, das Haupt Christus und der mystische Leib Christi. Wie aber beschreibt die
Kirche ihre Schönheit? Ich bin schön wie die Zelte Qedors, wie die Draperien Schelomos. Qedor
war ein arabischer Wüstenstamm und hatte schwarze, aber schöne Zelte. Die Draperien oder
Teppiche Salomos waren schwarz, aber schön. Einige übersetzen auch statt Draperien Salomos: wie
der Pavillon von Salma. Die Kirche stellt sich hier als ein Zeltheiligtum oder als der Tempel
Salomos vor. Die Zelte Qedors mögen aber auch auf die arabische Liebesmystik verweisen. Im
Islam gibt es eine Mystik, die oft in Auseinandersetzung mit der islamischen Orthodoxie stand, da
Allah als der Liebling bezeichnet wurde und die Vereinigung mit Gott verglichen wurde mit dem
Weinrausch. Aus diesen Gründen hat man den persischen Liebesdichter Hafiz die mystische Zunge
genannt. Auch der Islam enthält ja Elemente der Offenbarung durch seine Aufnahme
alttestamentlicher und neutestamentlicher Offenbarungsinhalte. So gibt es bei den Muslimen, wie
Johannes Paul der Große sagte, echten Glauben. Vor allem aber in der islamischen Mystik, die eine
Liebesmystik oder Brautmystik ist, gibt es große Ähnlichkeiten zur christlichen Brautmystik. Wenn
die Kirche schön ist wie der Pavillon Salmas, so denke ich auch an die fernöstliche Liebesmystik.
Mir ist zum Beispiel das Liebesgedicht eines koreanischen buddhistischen Mönches bekannt, der
seine Seele als Nonne und mystische Braut Buddhas verstand, wobei Buddha für ihn
gewissermaßen die göttliche Weltseele war, die er in sinnlichen Liebesversen besang.. Auch in
Indien in der Bhakti-Mystik, das heißt der Liebesreligion, gibt es das große Gedicht von Jayadeva,
das Gita-Govinda, da die Seele in ihrer Liebesvereinigung mit Gott dargestellt wird als die Hirtin
Radha im Liebesspiel mit Krishna befindlich. Die Kirche ist also die Braut, die schön wird durch
die Liebe des Geliebten. Das sie aber schwarz ist, das kommt von der Sonne, von der Welt. Aber die
Kirche fordert auch alle ihre Gegner auf: Schaut mich nicht an, dass ich so schwarz bin! Starrt doch
nicht nur, ihr Feinde der Kirche, auf die schwarzen Sünden der Christen, sondern öffnet eure Augen
auch für die Schönheit der Braut, die eine große Schatzkammer der Heiligkeit und Weisheit ist und
eine feurige Geliebte des göttlichen Bräutigams!

Meiner Mutter Söhne brennen wegen mir. Sie setzten mich zur Gärtnerin der Weinberge, aber
meinen eigenen Weinberg hab ich nicht gepflegt.

Meiner Mutter Söhne brennen wegen mir, oder sie zürnen mir. Der Herr spricht zum Propheten
Jeremia: Hüte dich vor dem Haus deines Vaters und vor deinen Brüdern, denn sie zischen hinter dir
her. Auch wenn sie freundlich mit dir reden, traue ihnen nicht! Jesus sagt: Des Menschen Feinde
werden seine eigenen Hausgenossen sein. Salomo sagt in den Sprüchen: Besser ein Freund in der
Ferne als ein Bruder in der Nähe. Was taten die Brüder Sulamiths? Sie setzten sie zur Hüterin ihrer
Weinberge, das heißt, der Weinberge der Brüder. Sulamith sollte sich verzehren in der Aktion der
Nächstenliebe. Aber ihren eigenen Weinberg hat Sulamith nicht gehütet. Was ist der Weinberg?
Jesaja sagt: Ich singe ein Lied für meinen Geliebten, er hat einen Weinberg. Der Weinberg ist die
Braut. Jesus erzählt das Gleichnis vom Weinberg und seinen Pächtern, der Besitzer des Weinberges
wird kommen und die Ernte einfordern. Der Weinberg, das verstanden die Pharisäer, ist Israel,
Israel als die Braut des Herrn. Sulamith hat ihre eigene Brautschaft mit dem Geliebten nicht
gepflegt. Sie hat sich verzehrt in Aktionismus für die Nächsten, in selbstaufopferungsvoller
Nächstenliebe hat sie sich verausgabt. Die Menschen haben ihre Hilfsbereitschaft gesehen und sie
schamlos ausgenutzt. Die Braut hoffte, wenn sie den Nächsten dient, werden die Nächsten sie
lieben. Aber bald stand sie ausgebrannt da und kraftlos, denn man hatte sie ausgebeutet und nun war
sie leer. Ein Christ diente einer Kranken und räumte ihr die Wohnung auf, aber er hatte keine Kraft
mehr, seine eigene Wohnung aufzuräumen. Sulamith hat ihren eigenen Weinberg nicht gehütet. Ein
Christ wollte eine Heidin zu Christus führen und besuchte sie so oft, dass er keine Zeit mehr fand,
zum Mahl des Herrn zu gehen. Sulamith hat ihren eigenen Weinberg nicht gehütet. Der Weinberg ist
das innere Leben in Gemeinschaft mit Gott. Ein weiser Mönch sagte: Wenn du in deiner Kindheit
zu wenig Mutterliebe empfangen hast, wirst du sehr empfänglich sein für das Bedürfnis der
Anderen nach Mutterliebe, nach Fürsorge und Geborgenheit. Aber du stehst in der Gefahr, dein
eigenes Herz zu verausgaben für die andern und dich selbst nicht zu hüten. Du musst lernen, zu dir
selbst wie eine Mutter gut zu sein und dir auch deine eigene Geborgenheit schaffen. Sulamith warnt
uns: Hüte deinen eigenen Weinberg! Pflege deine Beziehung mit Gott! Nur die Liebe, die du von
der absoluten Liebe empfängst, kannst du als Nächstenliebe an die Andern weiterschenken.

- Sprich zu mir, du, den meine Seele liebet, wo du ruhest, wo du liegst am Mittag, daß ich nicht
irren muß bei den Herden deiner Genossen.

Rede, Jesus, tu uns kund den Weg zum Leben, damit wir nicht bei den andern Göttern suchen
müssen, bei Krishna oder Buddha, bei Diana oder Aphrodite, damit wir nicht bei der Sexgöttin die
Erfüllung suchen oder beim Geldgott die Sicherheit und das Glück, damit wir nicht eine Rasse oder
eine Klasse zum Höchsten Gut ernennen, damit wir nicht den jugendlichen Köper oder asketische
Speisevorschriften zu unserm Kult machen. Zeige uns, Jesus, wo du ruhst, wo du wohnst, wo wir
dich finden können. Laß dich finden in der Kirche, wo du ruhst, damit wir dich nicht nur in der
Natur oder nur im Buch der Bücher suchen. Zeige uns den Weg zu dir, zu deinem Ruheplatz, denn
wir wollen dort Ruhe für unsere Seelen finden, wo du ruhst, auf dass wir ruhen an deinem Herzen
und du ruhst in uns. Denn unsere Seelen, wie Augustinus sagt, finden keine Ruhe, bis wir die Ruhe
in Gott finden.

Weißt du es nicht, du Schönste der Frauen, so geh hinaus zu den Spuren der Schafe und füttere
deine jungen Ziegen bei den Hirtenhütten.

Weißt du aber nicht, o Seele, die du Gott suchst, wo Gott zu finden ist, so geh zu den Hirten, zu den
Pastoren, den Priestern Christi. Denn wie willst du glauben, wenn dir das Evangelium nicht
gepredigt wird? Und was soll gepredigt werden als das Wort Gottes? Und wo wird das Wort Gottes
gepredigt? Es wird gepredigt in der heiligen Liturgie der Kirche, im Wortgottesdienst. Aber das
Wort Gottes wird dort recht gepredigt, wo es in dem selben Geist gepredigt wird, in dem es verfasst
worden ist, nämlich in dem Geist der einen, heiligen, apostolischen und katholischen Kirche, die auf
Petrus gebaut ist und deren Ikone Maria ist. Wo die Christen sich versammeln, dort sind die Spuren
der Schafe, dort sollst du deine Zicklein, das sind deine ungeordneten Neigungen, weiden, bei den
Hirtenhütten, bei den Priestern der heiligen Kirche, dort sollst du die Taufe empfangen, dort sollst
du die Salbung mit Heiligem Geist empfangen, dort sollst du die Absolution erlangen, dort sollst du
den Leib des Herrn empfangen, dort sollst du die Krankensalbung empfangen, dort sollst du das
Weihesakrament oder das Ehesakrament empfangen, dort sollst du in der göttlichen Liturgie das
Wort Gottes im Geiste der Apostel empfangen. Diesen Weg weist dir der Geliebte, weil er dich
liebt, denn in seinen Augen bist du die Schönste der Frauen. Deine Schönheit kommt nicht aus
deiner Tugend, sondern sie liegt in den Augen des Geliebten. Weil der Bräutigam dich mit
grenzenloser Liebe anschaut, darum bist du schön in seinen Augen. Du bist so schön in seinen
Augen, dass er bereit ist, für dich zu sterben. Aber wisse, wenn du betest, wirst du noch schöner
werden in seinen Augen, so wie die Blumen schön sind, wenn der Schnee geschmolzen ist. Füttere
deine jungen Ziegen bei den Hirtenhütten: Feiere die Heilige Messe andächtig und ehrfürchtig mit
und empfange in einer mystischen Kommunion als Seelenspeise Leib und Blut und Seele und
Gottheit Christi und nähre so das ewige Leben in dir!

Du, meine Geliebte, bist wie ein Roß vor Pharaos Wagen.

Meine Freundin gleicht einer Stute, das mag manchem anstößig erscheinen. In der antiken
Liebespoesie ist es nichts ungewöhnliches. Darum zitiere ich hier Anakreon und zwar in der Form,
wie Puschkin ihn nachgedichtet hat: „O du junge wilde Stute, / Ehre des kaukasischen Stalls, / Was
jagst du herum, du Gute? / Deine Zeit kommt ebenfalls; / Schau nicht scheel mit scheuen Blicken, /
Wirf die Beine nicht umher, / Auf des Hügels breitem Rücken / Springe nicht so kreuz und quer. /
Warte nur, bald gehst du leise / Unter mir, wie ich es will, / Und in abgemessnem Kreise / Schreitest
du im Zaume still.“

Deine Wangen sind so hübsch mit den Strähnen, dein Hals mit dem Muschelkettchen. Wir wollen
dir goldene Ringe gestalten mit silbernen Perlentropfen.

Muschelkettchen mit goldenen Ringen und silbernen Perlenschnüren trägt die Jungfrau – nämlich
die Perlenschnur des Rosenkranzes. Der Heilige Geist hat seiner Braut, der immerwährenden
Jungfrau Maria, ein Muschelkettchen der Schönen Liebe um den Hals gehängt, goldene Ringe der
mystischen Vermählung angelegt und eine silberne Perlenschnur des immerwährenden Gebetes um
den Arm geschlungen. So erscheint die Jungfrau, die Unbefleckte Empfängnis, in Lourdes, in einem
langen seidenweißen Kleid, aus dem weißen Schleier quellen die kastanienbraunen Locken,
gegürtet ist sie mit einem meerblauen Gürtel und um den Arm geschlungen hält sie den Rosenkranz.
In Fatima erschien die Königin des heiligen Rosenkranzes und forderte auf, täglich den Rosenkranz
zu beten, zur Abwendung eines neuen und noch schrecklicheren Weltkrieges. Und wenn heute
Menschen guten Willens den Dritten Weltkrieg verhindern wollen, so sollen sie nicht Steine
schmeißen, sondern den Rosenkranz beten. Papst Johannes Paul der Große nannte den Rosenkranz
sein Lieblingsgebet und sagte: Es ist wie bei einem Liebhaber, der nicht müde wird, den Namen der
Geliebten auszusprechen. Er zitierte auch den Dichtergott Dante: Wer zu Gott fliegen will, der
nehme die Flügel der heiligen Jungfrau! In Fatima lehrten die drei Seherkinder auch die Kurzform
des Rosenkranzes: Ave Maria, Amen!

Als der König sich zu mir wandte, gab meine Narde Aroma. Mein Geliebter ist mir ein Bund
Myrrhe, der zwischen meinen Brüsten ruht. Mein Geliebter ist mir ein Hennastrauch in den
Weinbergen von Eyn Gediy.

Der König Christus wandte sich an Martha, aber Martha hatte keine Zeit, der Weisheit des Königs
zu lauschen, sie war überbeschäftigt im Haushalt. Der König wandte sich an Maria und Maria
wählte das Eine, das Notwendige, sie lauschte der menschgewordenen Weisheit. Dieselbe Maria
von Bethanien war es, die Jesus salbte mit einem Glas voll Nardenöl, im Wert des Jahreslohnes
eines Arbeiters. Judas Iskariothes, der ein Dieb war, nannte es Verschwendung, aber Jesus sagte:
Die Armen habt ihr allezeit bei euch, aber mich habt ihr nur jetzt. Sie hat mich für mein Begräbnis
gesalbt. Wo immer man das Evangelium predigt in der ganzen Welt, wird man auch über das
predigen, was Maria von Bethanien tat, als sie ihr kostbares Nardenöl an mich verschwendete. -
Mein Geliebter ist mir ein Beutel voll Myrrhe. Das erinnert an die drei Magier aus Morgenland, die
zur persischen Priesterklasse gehörten und weise Männer waren, sie schenkten dem neugeborenen
König der Juden Gold, Myrrhe und Weihrauch: Gold, weil er der König war, Myrrhe zur Verehrung
seiner Passion und Weihrauch zur Anbetung seiner Gottheit. Myrrhe, wenn es zerrieben wird, duftet
süß. So Christus, der König, wenn er zerrieben wird am Kreuz, so bringt er uns den Duft des ewigen
Lebens. Dass dieser Beutel mit Myrrhe nun zwischen den Brüsten der Freundin ruht, besagt, dass
der Gekreuzigte an ihrem Herzen ruht. So heißt es im Stabat Mater des Jacopone da Todi: Mater
Dolorosa, präge uns die Wunden deines Sohnes in unser Herz ein! Warum aber ist der Geliebte ein
Hennastrauch? Mit Henna färbten sich die Frauen die Haare rot, mit Henna malten sie sich
Ornamente auf die Haut. Henna war ein Schönheitsmittel. Der Geliebte, nämlich der wie Myrrhe
zerriebene Gekreuzigte, der mit Nardenöl gesalbte Begrabene, der ist ein Schönheitsmittel für die
Braut, denn die Verdienste seines heiligen Leidens geben ihr die Schönheit wieder in den Augen
Gottes, jene Unschuld der paradiesischen Schönheit oder reinen Nacktheit, die Eva im
Paradiesgarten besessen hat, die sie aber wegen jener hochberühmten Feige verscherzt hatte. Statt
Hennastrauch kann man auch Zypertraube sagen, denn auf Zypern wurde der Gott Adonis verehrt,
der starb und auferstand, und Adonai ist der wahre Adonis, der nicht jedes Jahr wieder stirbt und
aufersteht mit den Zyklen der Natur wie Adonis, sondern Adonai starb einmal und erstand einmal
von den Toten, und dies für alle Geschlechter aller Menschen aller Zeiten.

So schön, meine Geliebte, du bist so schön, so schön bist du. Deine Augen sind Tauben.

Die Braut-Kirche hatte in ihrer Demut gesagt: Ich bin schwarz, aber schön. Der Bräutigam aber sagt
als ein leidenschaftlicher Liebhaber in seinem weißglühenden göttlichen Eros: Du bist schön, meine
Geliebte, siehe, du bist schön! Maria ist das Urbild, die Ikone, das Ideal der Kirche. Gott grüßte sie
durch den Engel mit den Worten: Ave gratia plena! Gratia plena, das heißt, die du voller Gnade bist
und keine Sünde ist in dir, aber es heißt auch, die du voller Grazie bist und bist vollkommen
anmutig! Chaire Kecharitomene heißt auch: Freue dich, du Liebreizübergossene! Maria wird von
der Kirche auch Spiegel der göttlichen Schönheit genannt, und zwar als die Makellose ist sie allein
der fleckenlose Spiegel der göttlichen Schönheit. Darum heißt sie auch: Tota pulchra perfectissima,
du ganz vollkommene Schönheit! Wir hören aber auch in den überschwänglichen Worten des
Bräutigams eine ganz leidenschaftliche Liebe, ein Entzücken an der Schönheit der Jungfrau! Sie,
die das Meisterwerk Gottes ist, ist auch die Jungfrau Jerusalem, das Entzücken der Menschheit, die
Wonne der ganzen Welt! Und warum sind ihre Augen Tauben? Die Taube galt in den
altorientalischen heidnischen Mythologien als Vogel der Liebesgöttin. Die Taube ist ein Symbol der
ehelichen Treue und des leidenschaftlichen Liebesverlangens. Das Gurren der Turteltaubenpaare im
Frühling, ihr Picken und Schnäbeln, ihr Flügelschlagen im Liebesspiel, bei dem sie die
Fichtenwipfel krachen lassen, ist ein Symbol für eine eheliche, treue, aber auch zärtliche und
leidenschaftliche Liebe. Die Braut schaut mit den Augen voller Liebe auf den Bräutigam, weil er sie
zuerst so angeredet: Siehe, du bist so schön, meine Geliebte, du bist so unglaublich schön! Ich
kannte einmal eine Christin, die alles, was sie von Maria wusste, zusammenfasste in dem einen
Satz: Sie ist so unglaublich schön! Die Taube ist auch ein Symbol des Heiligen Geistes, denn als
wie eine Taube kam der Heilige Geist auf Jesus herab, sanft, wie das sanfte Säuseln Gottes,
friedlich, zärtlich, liebevoll und auf stille Art feurig. Maria ist die Braut des Heiligen Geistes und als
solche ist sie der Tempel des Heiligen Geistes, ja, manche sagen kühn, sie ist quasi eine
Menschwerdung des Heiligen Geistes, und als solche ist der Heilige Geist zu ihrem eigenen Geist
geworden, und sie schaut gewissermaßen mit den Augen des Heiligen Geistes, mit den Augen der
sanften, treuen, zärtlichen, liebevollen und auf reine Art feurigen Liebe.

Sehr schön, mein Geliebter, du bist sehr schön und lieblich. Unser Lager ist grün. Zedern sind die
Balken unseres Hauses, die Bretter Zypressen. –

Sehr schön bist du, göttliches Kind, kleiner Menschensohn, Jesulein von Nazareth! Wir schauen
dich gerne an im Bilde des Prager Jesulein und können uns nicht satt sehen, denn so war deine
Schönheit – majestätisch, lieblich, goldig, strahlend! Du lebtest unter der Obhut der Mutter und des
Pflegevaters und lerntest von dem Pflegevater das Zimmermanns-Handwerk. Mit Brettern hast du
ein Bett gebaut, mit Brettern und Balken von Zedern und Zypressen. Im Garten hast du gespielt und
in deinem Spiel unter den Augen des himmlischen Vaters war der Garten mit den Lilien des Feldes
dir ein wiedergefundenes irdisches Paradies. O Paradies! O Paradies! So jauchztest du und so
jubelte deine Seele. Und der Christ in gottloser Zeit, in der die Menschen lieblos und geistlos sind
wie vor der Sintflut, der sieht die Strahlen der Sonne über dem Garten und es rauschen die Wipfel
der Fichten und es singen die Lerchen und es gurren die Tauben und der Christ gurrt über der
Weisung des Herrn und aus allem ruft die absolute Liebe ihm zu: O liebe mich! Ich, die absolute
Liebe, ich will von dir, von dir und allen, geliebt sein!

Ich bin eine Rose aus Scharon und eine Lilie im Tal.

Die Rose ist die Blume der Liebe. Die rote Rose ist die Blume der blutigen Passion Christi. Die
weiße Rose ist die Blume der Reinheit Mariens. Die Scharonwiese ist eine Blumenwiese in Galiläa.
Maria ist die weiße Rose von Galiläa. Maria ist die Rosa Mystica. Die Mystische Rose sah Dante
im Himmel, sie war das Paradies. Das Paradies ist der Schoß Mariens. In der mystischen Rose sind
die Seligen und Heiligen angeordnet nach dem Grad ihrer Glückseligkeit, entsprechend dem Grad
ihrer Gottesliebe auf Erden. Und die Lilie im Tal, das ist die reine Jungfrau in ihrer Demut. Die
Kabbalisten sagen, die Lilie sei ein Symbol für die Gottesliebe der Heiligen, denn der Kelch der
Lilie sei sehr tief, so sei auch die Gottesliebe der Heiligen auf Erden sehr tief. Manche übersetzen
statt Lilie auch mit Blütenzwiebel, ein Zeichen für mangelnden poetischen Geschmack. Wo die
Lilie die reine Jungfräulichkeit und Keuschheit anzeigt, zeigt die Blütenzwiebel die Fruchtbarkeit
an. Der Heilige Geist ist fruchtbar, zwar zeugt er keine vierte Göttliche Person, aber er ist fruchtbar
in Maria, da er in Marien jungfräulichem Schoß das Haupt Christus bildet und auch den mystischen
Leib Christi, alle seine Glieder. Manche übersetzen Rose auch mit Narzisse, aber in der römischen
Ökumene ist die Narzisse befleckt durch die Überlieferungen des Ovid, da der Jüngling Narzissus
durch seine grenzenlose Eigenliebe in eine Narzisse verwandelt wurde. Dagegen in der persischen
Liebespoesie ist die Narzisse die Blume des Liebesverlangens. Andere übersetzen Rosen und Lilien
mit Lotosblumen. Die wuchsen auch am Ufer des Nil, der Leviathan lag darin. Die Lotosblume oder
Lotos Nymphäa spielt in der indischen Mythologie eine große Rolle, sie ist dort die Blume der
Brautseele, da sie im schlammigen Teich der Sünde wächst, aber oberhalb des Schlamms blüht und
somit ein Symbol ist für die spirituelle Reinheit, die sich aus der Befleckung der Welt erhoben hat
zur reinen Vermählung mit dem göttlichen Geist. So ist Maria natürlich die wahre Lotosblume von
Indien, denn sie ist die Unbefleckte, die von keinem Makel der Erbsünde und von keiner
persönlichen Sünde weiß und ganz rein ist und ganz offen für die Vermählung mit dem Heiligen
Geist.

Wie eine Lilie zwischen Dornbüschen, so ist meine Geliebte inmitten der Töchter.

Wie eine Lilie zwischen Dornbüschen oder wie eine Lilie unter Nesseln oder wie eine Rose unter
Dornen, so ist meine Geliebte Maria unter den Töchtern, den Frauen der Menschen. Denn Maria ist
gesegnet unter den Frauen, sie ist die Gnadenvolle, sie ist die Unbefleckte, frei von allem Makel der
Erbsünde und frei von aller persönlichen Sünde, sie ist die Makellose, die Allgebenedeite.
Verglichen mit der Schönheit Mariens sind alle sterblichen Frauen hässlich. Verglichen mit der
unschuldigen Taube Maria sind alle sterblichen Frauen Schlangen und Skorpione. Verglichen mit
der keuschen Lilie Maria sind alle sterblichen Frauen Stacheln der Sünde. Verglichen mit der Rose
der Liebe, der Rose ohne Dornen, sind alle Frauen spitze und scharfe Rosenstacheln. Maria ist die
Ohnegleiche. Heinrich Seuse berichtet in seinem Büchlein der Ewigen Weisheit, dass er in seiner
Minnesehnsucht viele Minnedamen umworben hat, aber alle waren für ihn wie schmerzliche
Rosenstacheln, die ihn durch ihre Lieblosigkeit, Kälte, Gleichgültigkeit und Herzenshärtigkeit nur
verletzt hatten, bis zu ihm seine ewige Minneherrin, die Ewige Weisheit sprach: Ich habe dich vor
allen diesen falschen Minnedamen bewahrt und dich errettet aus den Schmerzen, die ihre Stacheln
dir zugefügt hatten, weil ich dich für mich wollte, ich selbst, die Ewige Weisheit, wollte deine
wahre und einzige Minneherrin sein, ich, die Rose ohne Dornen, rosa sine spina!

Ein Apfelbaum unter Waldbäumen ist mein Geliebter inmitten der Söhne. Ich sitze im Schatten
dessen, nach dem mich verlangt, und seine Frucht ist meinem Gaumen süß.

Christus ist ein Apfelbaum, der herrliche Äpfel der Unsterblichkeit bringt. Aber Krishna, Buddha
und Mohammed sind nur unfruchtbare Bäume, die keine Frucht bringen. Krishna lehrt: Du musst
viele Male wiedergeboren werden, auch als Pflanze oder als Tier, bis du alle deine Sünden abgebüßt
hast. Buddha lehrt: Du musst dich selbst vernichten, bis du zum Nichts geworden bist, dann bist du
erlöst von deiner Existenz. Mohammed lehrt: Ihr müsst euch wie Sklaven vor dem
furchteinflößenden Herrn niederwerfen und zittern, ob ihr gerettet werdet. Aber Christus starb für
alle Menschen am Kreuz und bietet allen das ewige Leben an, wenn sie es nur annehmen wie die
Kinder ein Geschenk annehmen. Christus ist ein Apfelbaum. Adam stand unter dem Apfelbaum in
Eden und ließ sich von Eva den Apfel (malum) reichen und mit dem Apfel des Übel (malum). Und
so kam der Tod in die Welt. Aber Maria ist der Lebensbaum des neu eröffneten Paradieses, sie ist es,
die den Namen Eva in das Ave umgewandt hat, und sie reicht Jesus den Apfel der Liebe, Maria ist
der Lebensbaum und Christus ist die Lebensfrucht. Und so sitzen wir in dem Schatten Mariens, des
Lebensbaumes, und empfangen Christus, die Lebensfrucht, als Speise in der Eucharistie und wer
den Leib Christi, der Leibesfrucht Mariens, empfängt, der empfängt das ewige Leben. Wohin, sagt
Petrus, als die andern Jünger Christus verlassen, weil Christus gesagt hat: Mein Fleisch ist eine
wahre Speise, und als Christus die Apostel fragte: Wollt auch ihr mich verlassen, da sagte Petrus:
Wohin sollten wir sonst gehen? Du allein hast Worte des ewigen Lebens. Und diese Frucht des
Lebensbaumes, die Jesus selbst ist, ist süß meinem Gaumen, denn der Name Jesu ist süßer als
Honig! Was ist süßer als Honig, fragte Simson, und Meister Eckard sagte: Süßer als Honig ist die
Idee des Honigs.

Er lädt mich zum Schaumwein in den Keller. Die Liebe ist seine Fahne über mir. Er ruht mit mir bei
Rosinenkuchen und breitet mich inmitten von Äpfeln.

Er lädt mich zum Schaumwein in den Keller, denn Jesus ist der Schenke der arabischen Mystik, der
uns als unser Liebling in das Weinhaus lockt und uns dort berauscht mit dem Wein seiner Liebe.
Darum schrieb Hafiz, dass er das Weinhaus dem Kloster und der Moschee vorzieht, denn im
Weinhaus ist der Schenke, der uns den feurigen Wein seiner feurigen Liebe einschenkt. Die Liebe
ist das Wirtshausschild. Wie andere Schenken vielleicht zum goldenen Löwen heißen oder zum
jungen Fuchs, so heißt dieses Weinhaus „Zur Liebe“. Was ist dieses Weinhaus? Es ist die von
Christus gegründete Kirche der Apostel, da der Wein in Blut Christi verwandelt wird und als
spiritueller Trank ausgeschenkt wird. Dort wird in den puren Wein ein Tropfen Wasser gemischt, in
die ungemischte Gottheit Christi wird unsere Menschheit gemischt, damit wir so eins mit Christus
werden, wie das Wasser und der Wein sich vermischen – unauflöslich! Man übersetzte den Vers von
der Liebesfahne über der Geliebten auch so: Er ordnet die Liebe in mir! Das gab den Begriff von
der Ordnung der Liebe. Die rechte Ordnung der Liebe ist es, Gott zuerst und über alles zu lieben,
und dann den Nächsten wie sich selbst. Wenn ein Mann eine Frau mehr liebt als er Jesus liebt, so ist
die Ordnung der Liebe gestört. Wenn Menschen Frösche retten, aber es erlauben, Leibesfrüchte im
Schoß ihrer Mutter zu ermorden, so ist die Ordnung der Liebe gestört. Wenn ein Aufseher im
Konzentrationslager der National-Sozialisten seinen Schäferhund liebt, aber die Juden verabscheut,
so ist die Liebe nicht in Ordnung. Es ist aber der Bräutigam, der in der ihm verbundenen Seele die
rechte Ordnung der Liebe wieder herstellt, die durch die ungeordneten Begierden gestört worden
ist.

Ach, ich bin elend vor Liebe!

Ach, ich bin krank vor Liebe! Wer das je erfahren hat, das er als Mann krank vor Liebe zu einer
Frau war, der weiß, dass er als Liebeskranker mit dem Gedanken an die Geliebte aufwacht, dass er
jede Stunde des Tages an sie denkt, dass er sich unaufhörlich in ihre Nähe sehnt, dass er mit dem
Gedanken an die Geliebte einschläft und im Traum von der Geliebten träumt. Er ist von beständiger
Sehnsucht nach der Vereinigung mit der Geliebten erfüllt. Er verehrt sie als sein höchstes Ideal, er
findet ihre Seele die schönste der Welt und ihren Körper den reizendsten der Welt. Alle ihre Worte
sind ihm heilige Sprüche der Weisheit, und was sie liebt, das liebt er auch. So geht es auch der
Braut des Hohenliedes: Die Brautseele schläft mit dem Gedanken an Gott ein, sie träumt von Gott
prophetische Träume, wenn sie erwacht, beginnt sie mit der heiligen Schriftlesung und dem
Morgengebet, den ganzen Tag über denkt sie an Gott und grüßt ihn in vielfältigen Stoßseufzern, sie
legt sich nicht schlafen, ohne gebetet zu haben und den Tag mit einem Wort der Schrift
abgeschlossen zu haben. Sie ist in beständiger Sehnsucht nach der mystischen Kommunion und
empfängt jeden Tag auf geistliche Weise den Leib des Herrn und ist in freudiger Hoffnung auf die
ewige Hochzeit mit Gott im Himmel. Was Gott verabscheut, das verabscheut auch sie, und was Gott
liebt, das liebt auch sie, und das Wort Gottes in der Heiligen Schrift ist ihr eine unerschöpfliche
Quelle der Weisheit.
Sein linker Arm ruht unter meinem Haupt, sein rechter Arm umfängt mich. Ich beschwör euch, ihr
Töchter Jeruschalajims, bei den Gazellen oder den Hirschkühen auf dem Lande, daß ihr meine
Liebe nicht aufstört noch aufwühlt, bis sie selber es mag.

Eine spanische Mystikerin schreibt in ihrem Buch „Die Mystische Stadt Gottes“: „Bei diesen
Ängsten erlitt Maria Ohnmachten, die ohne Zweifel tödlich gewesen wären, wenn Gott sie nicht
gestärkt und am Leben erhalten hätte. Zur Belohnung für dieses treue, liebevolle Mitleiden befahl
unser gütigster Heiland den Engeln, seine Mutter zu beschützen und zu trösten. Manchmal befahl er
ihnen auch, ihr jene Loblieder zu singen, die sie selbst zu Ehren seiner Gottheit und Menschheit
verfasst hatte. Zuweilen hielt der Herr selbst seine Mutter in den Armen und ließ sie in neuem
Lichte erkennen, dass das unheilvolle Gesetz der Sünde samt deren Wirkungen auf sie keine
Anwendung finde. Manchmal wurde sie, während sie in den Armen ihres Sohnes ruhte und die
Engel ihr voll Verwunderung Loblieder sangen, in hohe Ekstasen versetzt, in denen sie neue und
gewaltige Gnadeneinflüsse der Gottheit empfing. Da war denn nach den Worten des Hohenliedes
die Einzig-Auserwählte, die Vollkommene, auf die Linke, das heißt auf die Menschheit ihres
Sohnes gelehnt und von der Rechten seiner Gottheit umfangen. Da beschwor ihr liebevollster Sohn
und Bräutigam die Töchter Jerusalems, seine Geliebte nicht aus dem Schlafe aufzuwecken, bis sie
selbst es wolle. Da staunten die höchsten Geister und verherrlichten sie als die Gebenedeite unter
allen Geschöpfen.“

Da ist die Stimme meines Geliebten. Siehe, er kommt, über die Berge springt er, über die Hügel
hüpft er. Mein Geliebter ist wie ein Gazellenbock oder ein junger Hirsch. Siehe, da steht er hinter
der Mauerwand und starrt durchs Fenster und blickt durchs Fenstergitter. Mein Geliebter gibt
Antwort und spricht mir zu:

Ich kenne einen Christen, der einmal pilgerte zu seiner fernen Geliebten, die er sich zur Braut freien
wollte. Er wanderte weite Weg und durchzog dunkle Wälder und kam über grüne Hügel. Da legte er
sich nahe dem Haus der Geliebten auf einem grünen Wiesenhügel schlafen und träumte von der
Geliebten (und die Geliebte träumte in jener Nacht von ihm, dass sie sich seit Millionen Jahren
kennen), und als der Mann erwachte, stand eine Hirschkuh neben ihm und vom Rand des
Fichtenwaldes röhrte der Hirsch. So ist der Vers zu verstehen. Unsre Sehnsucht nach Gott ist schon
groß, fast reißt sie uns aus unsern Leibern zur himmlischen Ewigkeit, aber Gottes Sehnsucht nach
uns ist so unermesslich, dass der göttliche Sohn den Schoß des göttlichen Vaters in der Umarmung
des Heiligen Geistes verließ und ein Sklave auf Erden wurde, verachtet, verhöhnt, verlacht,
geschmäht, angespuckt, gefoltert und ermordet, alles um seiner Braut willen, die er freien wollte,
die er heimholen wollte in die ewige Paradieslust im Schoß der Gottheit! So groß ist die Sehnsucht
des Bräutigams nach seiner Braut, dass er den Liebestod freiwillig auf sich nimmt, für sie stirbt, um
ihr das ewige Leben in Glückseligkeit zu schenken. Nicht darin besteht die Liebe, dass wir Jesus
geliebt haben (und wie armselig ist unsere kleine Liebe doch so oft), sondern darin besteht die
Liebe, dass Jesus uns zuerst geliebt hat! So kommt er zu uns und steht vor der Tür und klopft an:
Wer meine Stimme hört und mir die Pforte seines Herzens aufmacht, zu dem werde ich eingehe und
ich und der himmlische Vater werden in ihm Wohnung nehmen und Mahl mit ihm feiern.

Erhebe dich, o meine Geliebte, o meine Schöne, und komm! Sieh, es schwand die Regenzeit, die
Schauer vergingen und sind fort. Die Blüten blicken umher auf der Erde, die Zeit ist gekommen, zu
hören ist die Turteltaube im Lande. Die Feige hat Knospen entfaltet, die Weinstöcke geben Aroma
und stehen in Blüte.
O Zeit des Frühlings! Vierzehnter Nissan! Tag, an dem die Schöpfung erschaffen wurde durch das
Wort Gottes! Tag, an dem Israel aus Ägypten geführt wurde! Tag, an dem Jesus von Maria geboren
wurde! Tag, an dem Jesus als Opfer für die gesamte Menschheit starb! Der Frühling, sagte eine
jüdische Dichterin, Prinz Jussuf, ist der Glaube Gottes, der immer wieder in die Welt kehrt. Der
Frühling, sagte Hölderlin, ist Gottes Melodie. Im Frühling ist Maria Verkündigung, da Maria mit
ihrem Ja zu Gott die Schuld Evas tilgte und der neue Adam Jesus geboren wurde, da das Paradies
wieder geöffnet wurde. Der Frühling ist Pessach, Befreiung aus der Sklaverei der Sünde, des
Teufels und des Todes durch das Blut des Lammes. Der Frühling ist Ostern, Auferstehung, da feiern
wir wieder fröhliche Urständ! Stehe auf vom Schlafe, Geliebte, erhebe dich von den Toten, denn
Christus ist dein Licht! Der Frühling ist die Zeit der Auferstehung, da die Regenschauer vergangen
sind, denn Gott hat alle Tränen von unseren Wangen abgewischt wie eine Mutter ihren Sohn tröstet!
Der Frühling ist die Zeit der Auferstehung, da die Stimme der Turteltaube zu hören ist im Lande,
das Lied der Liebe, da die Schöne Liebe alles in allen ist! Die Feigen haben Knospen entfaltet, und
Jesus sagt: Wenn ihr die Wehen der letzten Zeit seht, Kriege und Naturkatastrophen und Hunger,
Epidemien und Seuchen, dann erhebt eure Häupter, denn eure Rettung naht! Denn wie die Feige
Knospen entfaltet, so wisst ihr, dass der Sommer vor der Tür steht, der Sommer der himmlischen
Wonne, der Sommer der Gnadensonne Christi, der Sommer des Paradieses, der Sommer des Ozeans
der Schönen Liebe, der Sommer der himmlischen Hochzeit!

Erhebe dich, o meine Geliebte, o meine Schöne, und komm! Meine Taube im Schlupfwinkel, in der
Felsspalte, laß mich schauen deine Erscheinung, lauschen deiner Stimme, denn deine Stimme ist
süß und deine Erscheinung ist schön.

Der Bräutigam nennt seine Braut: Meine Schöne, meine Taube! So nannte auch Heinrich Heine
seine Geliebte: Meine Eine, meine Reine, meine Feine, meine Lilie, meine Rose, meine Taube,
meine Sonne! Und der Bräutigam sagt: Komm heraus aus deinem Schlupfwinkel! Im Garten Eden
ging Elohim mit Adam und Eva in der Abenddämmerung spazieren, aber nach der schlimmen
Geschichte mit der Schlange und der Feige, versteckten sich Adam und Eva vor Gott im Gebüsch
und Elohim rief: Adam, wo bist du? Eva, wo bist du? Komm hervor aus deinem Schlupfwinkel,
meine Taube, komm hervor aus deiner Felsspalte! Laß mich lauschen deiner Stimme! So sagte der
barmherzige Jesus zur mystisch begnadeten Schwester Faustyna: Deine Sprache ist mir lieb! Gott
fordert uns zum Gebet auf! Deine Sprache des Gebetes, meine Braut, ist mir lieb, spricht der
Bräutigam. Therese vom Kinde Jesu sagte: Das Gebet ist eine Königin, die jederzeit Zutritt hat zum
Palast des ewigen Königs! Ja, eine Audienz beim Papst ist sehr schwer zu erreichen, aber eine
Audienz beim König aller Könige, beim Herrn aller Herren, beim Gott aller Götter ist jederzeit zu
erreichen! Ein Stoßseufzer und du bist beim Ewigen! Und fürchte dich nicht, den Ewigen zu
belästigen mit deinen kleinen Nöten, denn du bist mehr wert als viele Spatzen und die Haare auf
deinem Haupt sind vom Vater alle schon gezählt! Sage ihm alles! Lege dich hin vor dem
Allerheiligsten Altarsakrament und erzähle Jesus alles, was dich heute bewegt hat, und der Herr
wird dich trösten, aufrichten, ermutigen und ermuntern und dich erleuchten!

Fangt uns die Füchse, die kleinen Füchse, die die Weinberge uns zerstören, denn unsere Weinberge
stehen in Blüte.

Was sind die Füchse? Wer kennt nicht die Geschichten von Reinecke Fuchs? Er begehrte die Gattin
seines schlimmsten Feindes, des Wolfes Isegrimm, und besprang die Wölfin Gieremund von hinten,
als er sie in eine Spalte gelockt hatte, wo sie feststeckte. Der Fuchs ist listig und begierig. Jesus
erzählte auch Fabeln als ein großer orientalischer Dichter, er sagte: Die Füchse haben Gruben, aber
der Menschensohn hat keine Stelle, wo er sein Haupt niederlegen kann. Und Jesus sagte: Geht zu
Herodes und sagt diesem Fuchs... Die Füchse, die wir fangen sollen, das ist unsere Heuchelei und
unsere Begierlichkeit. Die großen und die kleinen Begierden zerstören den Weinberg, das ist die
Seele der Braut. O Seele, hüte dich vor den Todsünden, die dich von der Gnade Gottes scheiden,
hüte dich vor diesen Füchsen als da sind Mord an ungeborenem Leben und Ehebruch! Aber hüte
dich, o Seele, auch vor den kleinen Füchsen, vor den lässlichen Sünden! Verwechsle lässliche
Sünden nicht mit lässigen Sünden! Aber wenn du eine Sünde begangen hast, so sei nicht zu stolz,
sie einem Priester zu bekennen, der von Jesus selbst die Vollmacht erhalten hat, dich im Namen
Jesus von deinen Sünden loszusprechen. Denn unermesslich ist die Barmherzigkeit des Herrn und
er wird deine Sünde versenken in den Tiefen des Meeres. Als eine Nonne Visionen vom heiligen
Herzen Jesu hatte und sie dies dem Priester mitteilte, wollte der Priester die Nonne auf ihre
Glaubwürdigkeit prüfen und so sagte er: Wenn du mit Jesus sprichst, so frage ihn doch, was ich in
meiner letzten Beichte bekannt habe. Die Nonne fragte Jesus: Was hat der Priester in seiner letzten
Beichte bekannt? Und Jesus sagte: Ich weiß es nicht. Ich habe es vergessen.

Mein Geliebter ist mein und ich bin sein, er weidet in den Lilien.

Ein mittelalterlicher Minnesänger sang: „Ik bin din / Und du bist min, / Des sollt du gewiss sin. / Du
bist beslozzen / In minem herzen. / Verloren ist das slüsselin, / Du muost immer drinne sin.“

Wenn der Tag sich aushaucht und die Schatten fliehen, dann wende dich her und sei gleich einem
Gazellenbock, mein Geliebter, oder gleich einem jungen Hirsch auf den Scheidehügeln von Bether.

Wenn die Nacht hereinbricht, wenn die Nacht der Einsamkeit, der Traurigkeit, der Verzweiflung,
des Nichts hereinbricht, o Herr, dann begegne mir nicht wie ein Panther, der die Gazelle reißt, dann
begegne mir nicht wie eine Bärin, der man die Kinder geraubt hat, dann begegne mir nicht wie ein
Wildstier, wutschnaubend, oder wie ein wilder Eber, aggressiv, sondern begegne mir wie eine
anmutige Gazelle oder ein sanftes Reh! Wenn die Nacht des Todes hereinbricht, o Herr, dann
begegne mir nicht als strafender Richter, nicht als gerechter Herrscher in seinem Zorn, nicht als
Pantokrator, sondern komm zu mir in der Gestalt eines kleinen Kindes! Ich bitte dich, o Christus,
mein Herr und mein Gott, komm in meiner Todesstunde als göttliches Kind zu mir, als
goldgelocktes Jesulein! Die Kirchenväter sagten: Nichts ist so groß wie Gott, denn Gott ist größer
als alles! Aber der heilige Franziskus sagte: Nichts ist so klein wie Gott, denn Gott ist kleiner als
alles! Komm zu mir als kleiner Knabe, mein Gott, wenn der Tag meines Lebens sich aushaucht und
die Schatten der Erde fliehen und die Nacht des Todes über mich hereinbricht!

In der Nacht, in meinem Bett, da schaut ich aus nach dem, den meine Seele liebet. Ich schaute aus
nach ihm, ich fand ihn aber nicht. Ich wollte mich erheben und in der Stadt umherstreifen, auf den
Plätzen und Straßen Ausschau halten nach dem, den meine Seele liebet. Ich schaute aus nach ihm,
ich fand ihn aber nicht. Es fanden und sahen mich die Wachtmänner, die in der Stadt umherstreiften.
Sahet ihr den, den meine Seele liebet?

Dies ist die Nacht der Seele. Die Seele fühlt den geliebten Gott nicht in ihren Leidenschaften, sie
kann ihn nicht mehr denken in ihrem Verstand, selbst der blinde Glaube ist eine Nacht, denn Gott ist
eine dunkle Nacht dem blinden Glauben. Wenn die Seele sich von Gott verlassen glaubt, so sucht
sie verzweifelt den Geliebten! Sie sucht ihn bei den Geschöpfen, aber in ihrer Nacht findet sie den
Geliebten nicht in den Geschöpfen. Sie sucht ihn bei den Wächtern, bei den Gläubigen, bei den
Priestern, aber sie findet Gott nicht bei den Gläubigen, nicht bei den Mönchen und nicht bei den
Nonnen und nicht bei den Priestern. Sie findet Gott nicht in ihren Gebeten, sondern alle Gebete, die
sie zu Gott hinauf schreit, die kehren als scharfe Pfeile in ihr Herz zurück!
Kaum war ich an ihnen vorüber, da fand ich den, den meine Seele liebet. Ich fasse ihn und lasse ihn
nicht und bring ihn zu meiner Mutter in der Mutter Haus, in das Zimmer derer, die mich einst
empfangen.

Erst wenn die Seele ganz von aller anhänglichen Bindung an die Geschöpfe durch die Nacht ihrer
Gottverlassenheit gelöst ist und in die Tiefe der Gottverlassenheit Christi am Kreuz hinabgestiegen
ist und mit Christus verblutet ist am Kreuz und mit Christus gestorben ist durch die scharfe Lanze
und geschrieen hat: In deine Hände gebe ich meinen Geist, und dann hinabgefahren ist mit Christus
in das Reich des Todes und dort gewandelt ist unter den Schatten im Hades, dann erst wird sie mit
Christus auferstehen und dann erst wird sie den Geliebten glücklich umarmen und mit ihm gehen,
wohin? In das Haus der Mutter! Und wer ist diese Mutter? Die Kirchenväter sagten, die Mutter im
Hohenlied ist Gott!

Ich beschwör euch, ihr Töchter Jeruschalajims, bei den Gazellen oder den Hirschkühen auf dem
Lande, daß ihr meine Liebe nicht aufstört noch aufwühlt, bis sie selber es mag.

Lasst, ihr andern Christen und Christinnen, lasst die Seele in ihrer Seelenruhe, in der sie in den
Armen Gottes ausruht von ihren Leiden! Hetzt sie nicht gleich wieder in einen blinden Aktionismus
hinein! Wenn sie lange sich ausgeruht hat in den Liebesumarmung der Mutter, das ist Gott, dann
wird sie von selbst sich wieder in Liebe den Armen und den Kleinen zuwenden und sie mit den
Gaben ihrer Liebe überströmen.

Wer ist sie, die heraufsteigt aus der Wüste, wie eine Säule Rauches, wie Räucherwerk von Myrrhe
und Weihrauch und aromatischem Puder des Händlers?

Wer ist es anders als die Jungfrau Kirche! Der Heilige Geist geht der Jungfrau Kirche auf ihrer
irdischen Pilgerschaft des Tags als leuchtende Wolkensäule voran und des Nachts als brennende
Feuersäule. Die Jungfrau Kirche hat das heilige Salböl aus Myrrhe des Gekreuzigten und Narde des
Heiligen Geistes, die Jungfrau Kirche allein hat den heiligen Weihrauch, das sind die Gebete der
Heiligen, die Tag und Nacht zum Thron des Herrn emporsteigen. Die Heilige Kirche ist es, die zu
jeder Stunde des Tages und der Nacht und um den ganzen Erdball gegürtet Gebete zu Gott
aufsteigen lässt. Die Priester und die Gottgeweihten und viele betende Laien beten Tag und Nacht
Gebete der Anbetung und des Lobpreises, des Dankes und der Bitten und die heilige Jungfrau
Kirche schließt alle Armen und alle Kleinen in ihre Gebete ein, alle Einsamen, alle Leidenden, alle
Kranken, alle Sterbenden und die Toten! Die heilige Jungfrau Kirche betet für die ganze Menschheit
Tag und Nacht auf der ganzen Erde und schließt die ganze Schöpfung in ihre Gebete ein! Sie ist es,
die die Kinder tauft und salbt, die Jünglinge und Jungfrauen salbt mit Heiligem Geist, die in
wundervollen Gottesdiensten den Altar und die Heilige Schrift und die Gemeinde segnet mit dem
kostbaren Weihrauch, die die Kranken und die Sterbenden salbt und die Priester und die Bischöfe
salbt! Die heilige Jungfrau Kirche ist ein herrliches Salböl des Heiligen Geistes, ein Weihrauch der
Gebete der Gemeinschaft der Heiligen, ein Wohlgeruch des Lebens denen, die gerettet werden, und
denen, die verloren gehen, ein Gestank des Todes!

Rund um den Diwan Schelomohs sind sechzig Mächtige von den Mächtigen Jisraels. Schwerter
tragen sie alle, Schwerter, und sind unterrichtet im Kampf. Ein jeder Mann trägt sein Schwert an
seiner Seite, gegen den Terror der Nacht.
Der Diwan Salomos ist der Thron Christi, um seinen Thron sind die Jungfrau Maria, die Engel und
die Heiligen, und alle zusammen führen einen Krieg gegen das Böse. Wie kämpft die Jungfrau
Maria gegen das Böse? Nicht mit dem Schwert in der Hand, sondern mit dem Schwert im eigenen
Herzen! Ihr mystisches Mitleiden mit dem Leiden Christi steht dem Retter bei im Kampf gegen das
Böse. Dies alles sind die Mächtigen Israels, denn Israel ist der Gotteskrieger. Schwerter tragen sie
alle und sind unterrichtet im Kampf. Der Erzengel Michael wird auf allen Bildern dargestellt mit
dem Schwert, mit dem er den Drachen, das ist Satan, durchbohrt. Im zwölften Kapitel der
Apokalypse sehen wir den Erzengel Michael kämpfen gegen den Drachen, die alte Schlange, die
den Messias-Sohn der Jungfrau-Mutter vernichten will. Und wer kennt nicht den heiligen Georg? Er
ist der Patron aller Krieger, denn mit dem Schwert bekämpfte er den Drachen, der die Prinzessin
verschlingen wollte. Was ist aber dieses Schwert? Es ist gewiss nicht eine Atombombe, sondern es
ist das Wort Gottes! Christus erscheint in der Apokalypse und aus seinem Mund geht das Schwert
des Wortes Gottes hervor, das zweischneidige Schwert, das, wie Paulus sagt, die Seele vom Leib zu
scheiden vermag. Jesus brachte nur dieses Schwert, das Schwert des Wortes, das Schwert der
Entscheidung. Mohammed dagegen verbreitete seine Religion mit dem konkreten Schwert des
Krieges, mit menschlicher Gewalt. Welch ein Unterschied zwischen dem Friedefürsten Jesus und
dem Kriegsherrn Mohammed! Unsere Liebe Frau, bitte für die Muslime!

Der König Schelomoh ließ sich eine Sänfte bauen aus Holz vom Libanon: die Säulen sind gefertigt
aus Silber, die Stützen aus Gold, die Sitzkissen sind aus rotem Purpur. Geschmückt ist das Innere,
liebevoll geschmückt, ihr Töchter Jeruschalajims.

Der Thron Salomos wird im Buch der Könige oder im Buch der Chronik so geschildert: Sechs
Stufen führten zu diesem Thron herauf, zu beiden Seiten der Stufen standen insgesamt zwölf
Löwen, der Thron war von Elfenbein und an der Rücklehne des Thronsitzes war ein Lamm
angebracht. Dies ist der Thron des Lammes, die zwölf Apostel stehen zu seinen Füßen. Der Thron
Salomos ist der Thron der göttlichen Weisheit! Wer ist der Thron der göttlichen Weisheit? Es ist die
Mutter Maria, auf deren Schoß sitzt als kleiner Knabe die göttliche Weisheit. O sedes sapientiae!

Töchter, kommt heraus und schaut, ihr Töchter von Zion, schaut den König Schelomoh mit dem
Kranze, mit dem ihn kränzte die Mutter am Tag seiner Hochzeit, am Tage des Jubels seines
Herzens!

Protestanten hörte ich, die sagten zu den Christinnen: Ihr seid alle Söhne in dem Sohn! Und die
Christinnen fragten: Sind wir nicht Töchter? Ja, sag ich, ihr seid Töchter, denn hier im Hohenlied
werdet ihr als Töchter bezeichnet, Töchter in der Einen Tochter, der Tochter Zion, der Kirche,
welche ist die Tochter Gottes! Wer aber ist die Tochter Zion? Und wer ist die Jungfrau Synagoge?
Es ist die Jungfrau Maria von Nazareth, die den Messias Israels geboren hat! Denn das Heil kommt
von den Juden und der Heiland ist geboren ex Maria Virgine! Ein mittelalterlicher Theologe aber
sagte: Wenn Christus der Sohn Gottes ist, wenn Christus nun die Ewige Weisheit ist, ist die Ewige
Weisheit dann die Tochter Gottes? Und die Kirche nennt Maria die erstgeborene Tochter Gottes! Ja,
Tochter des Vaters ist sie, die die Mutter des Sohnes ist und dieselbe ist die Braut des Heiligen
Geistes. Und du, o Christenseele, sagte der Dichter Ben Jonson, sollst wie Maria auch sein die
Tochter des Vaters, die Mutter des Sohnes und die Braut des Heiligen Geistes. So kommt also, ihr
Töchter Zions, ihr Töchter der heiligen Mutter Kirche, und schaut den Bräutigam Christus in seiner
Krone, in seinem Hochzeitskranz! Und welches ist die Krone des Messias? Ist sie eine Kaiserkrone
aus Gold und Edelsteinen? Nein, es ist die Dornenkrone seiner Passion, denn der Tag seiner
Hochzeit, das ist der Tag, an dem er für die Töchter Zions den Liebestod starb, um sie vom ewigen
Tod zu erlösen und zur himmlischen Hochzeit einzuladen! Und wer hat ihm diese Krone verliehen,
die Krone des Bräutigams der Seelen? Das war seine Mutter! Und wie wir schon sagten, ist die
Mutter des Hohenliedes Gott der alleinige und einzige Vater der Liebe!

So schön, meine Geliebte, du bist so schön, siehe, sehr schön bist du! Deine Augen unter deinem
Schleier sind Tauben. Deine Haare sind eine Herde junger Ziegen, die am Berge Gilad lagern. Deine
Elfenbeinzähne sind eine Herde geschorener Schafe, die aus dem Wasser heraufsteigen, schön
gepaart, und keines fehlt. Deine Lippen sind eine scharlachrote Linie, dein Mund ist schön. Deine
Schläfen unter deinem Schleier sind Scheiben vom Granatapfel. Dein Hals ist wie Davids Turm,
Davids, gut gebaut: Waffen und tausend Schilde, Waffen und Schilde der Mächtigen hangen daran.
Deine beiden Brüste sind Hirschkühe, sind Gazellen, die in Lilien weiden.

Maria, du bist die ganz vollkommene Schöne, die tota pulchra perfectissima, die Ikone der
göttlichen Schönheit, der unbefleckte Spiegel der Urschönheit! Deine Augen unter deinem Schleier
sind liebevoll wie Liebestauben, sanft und friedlich und voller Liebe wie der Heilige Geist, der die
Seele deiner Seele ist! Du trägst in allen Erscheinungen deinen Schleier, denn du bist die Braut
Gottes, und das Wesen der Frau ist es, ein Schleier Gottes zu sein und eine Ikone des Mysteriums
Gottes! Deine Haare sind eine Herde junger Ziegen, die den Berg Gilad herabwallen, denn die
Ziege heißt im Hebräischen die Haarige, und deine langen schwarzen Haare gleichen den
schwarzen Haarigen, die herabwallen. Wer die langen schwarzen Haare Mariens sehen will, der
beschaue das nicht von Menschenhand gemachte Bildnis der Jungfrau von Guadelupe in Mexiko!
Die langen Haare sind ein Ausdruck der erotischen Qualität der Braut. So hat die ägyptischen
Liebesgöttin Hathor lange Haare. So zeigt man zwar Paulus, den Brautwerber, mit einem kahlen
Kopf, aber Christus, der Bräutigam, hat immer eine mächtige Lockenmähne und einen vollen Bart,
denn er ist der erotische Bräutigam! Mariens Zähne sind von Elfenbein und keiner der Zähne fehlt,
denn Maria ist unversehrt, ihre Zähne sind frisch gebadet und stehen immer paarweise da. So
kommen ihre heiligen Worte aus einem perfekten, wie Homer sagte, Gehege ihrer Zähne. Die
Lippen sind eine scharlachrote Linie, eine karmesinrote Schnur, und ihr Mund ist lieblich! Ich hörte
einmal einen Madonnenmaler, der sagte, der Mund dürfe nicht zu rot sein, aber die Seher von
Medjugorje fragten die Madonna, ob sie sie küssen dürften? Ja, sagte die Madonna, ihr dürft mich
küssen! Und so geht denn in Frieden, meine Engel, auf Wiedersehen! Mariens Wangen sind rosig
blühend wie die Scheiben vom Granatapfel. Waffen hängen an ihrem Halse, und da erinnere ich
noch einmal an die Jungfrau von Guadelupe, sie eroberte Amerika nicht mit den Waffen der
spanischen Eroberer, sondern mit einem Halskettchen und einer wundertätigen Medaille an ihrem
Hals, denn die Indianer sahen, dass die Jungfrau das Zeichen des Kreuzes an ihrem Halse trug! Und
die Brüste Mariens? Es würde zu weit führen, alles zu sagen, was man von den Brüsten Mariens
sagen könnte! Sie spenden Caritas und Sapientia! Sie spenden Milch den Kindern und starken Wein
den Weisen! Sie spenden das alte und das neue Testament! Und Augustinus sah in einer Vision den
blutenden Christus und die milchspendende Madonna vor sich und wusste nicht, wohin sich
wenden! Und die Theologen des Mittelalters sagten: O Seele, wenn du ins Jüngste Gericht kommst,
dann bitte die Jungfrau, ihre Brüste zu entblößen und zu sagen zu Jesus: Mein Sohn, bei diesen
meinen bloßen Brüsten, an denen du getrunken hast, erinnere ich dich daran, dass diese Seele ein
Mensch von Fleisch und Blut auf Erden gewesen ist und kein reiner Engel! Und Jesus wird auf die
Brüste Mariens schauen und sich für dich, o Seele, beim gerechten Vater verwenden!

Wenn der Tag sich aushaucht und die Schatten fliehen, wandle ich zum Myrrhenberge und zum
Weihrauchhügel.

Was ist der Myrrhenberg und was ist der Weihrauchhügel? Johannes vom Kreuz sagte, der
Myrrhenberg sei das aktive Leben der Nächstenliebe und der Weihrauchhügel sei das kontemplative
Leben der alleinigen Anbetung Gottes.
Du bist schön, o meine Geliebte, ganz makellos! - Vom Libanon, meine Braut, vom Libanon komm,
mit mir vom Libanon, komm herbei vom Gipfel des Amanah, vom Gipfel des Shenyr und Chermon,
von den Lagerplätzen der Löwen und den Bergen der Leoparden.

Ich hatte mich gerade zu Christus bekehrt, als der Geist mir eine frühchristliche Schrift zu lesen
gab, darin der Heimgang der seligen Jungfrau Maria besungen ward. Maria lebte vielleicht sechzig
oder siebzig Jahre lang auf Erden, aber als ihr Heimgang nahte und alle Apostel um sie versammelt
waren, da nahte der himmlische Christus der scheidenden Jungfrau, und es war ihr Seele wie ein
sechzehnjähriges Mädchen, blühend schön! Und es sagte Christus zum Mädchen: Veni sponsa mea!
Komm, meine Braut! Herab vom Libanongebirge, wo die Wölfe der Geldgier leben und die Löwen
der Machtgier und die schwarzen Panther des Lustgier! Komm zu mir in den Himmel! Und so nahm
der himmlische Bräutigam die Jungfrau Maria in einem Kuss von der Erde hinweg und
transformierte sie zur Himmelskönigin!

Du hast mir geraubt mein Herz, o meine Schwester, o meine Braut, mit einem einzigen Blick, mit
einer gewissen Halskette deines Halses.

Du, gläubige Seele, hast dem Gott der Liebe das Herz gestohlen! Sein Herz legt er in deine Hände!
Seinen Leib legt er in deinen Mund! Er nennt dich seine Schwester, er, der Gott ist von Ewigkeit zu
Ewigkeit, nennt dich, die du Staub vom Staube bist und Asche von der Asche, deine Schwester, und
er will dein liebender Bruder sein! Er nennt dich, wie der altägyptische Liebesdichter seine Geliebte
seine Schwester nennt, seine Schwester, seine Braut! Denn wie ein Mönch in der jungen Frau seine
Schwester sehen soll, denn die Schwester liebt man, aber man begehrt sie nicht, so sieht der
Bräutigam in der Seele seine Schwester, denn er begehrt sie nicht mit egoistischer Begierde, um
seine Lust zu befriedigen, sondern er liebt sie mit selbstloser schenkender Liebe, er nimmt ihre
ganze Person, ihre originale Persönlichkeit an! Nun aber nennt er sie Braut, aber in dem keuschen
Sinn einer Schwester-Braut! Er liebt ihre Person, er liebt ihre Art zu denken und zu fühlen, er liebt
ihren Geist, ihre Seele, ihre ganze Erinnerung von der Empfängnis bis zum Tod, er liebt auch ihren
Leib, den er selbst bereitet hat im Schoß ihrer Mutter, im Schoß der Materie, er will ihr einen
auferstandenen Leib schenken! Er liebt sie und zwar in alle Ewigkeit! Und er will sich mit ihr
vermählen! Gott, der allumfassende Geist, der transzendente Ewige, der Schöpfer des Universums,
der Unerforschliche, Namenlose, ganz andere Gott will sich mit dir, der gehauchten Seele,
vermählen, denn Gott ist Liebe und Liebe will die Einigung mit dem Geliebten! Gott liebt dich und
bittet dich um deine Liebe! Gott, dem du das Herz geraubt hast, er wird zum Bettler um Liebe vor
dir! Und er will nicht nur den Glauben von dir, er will nicht nur die Nachfolge von dir, er will nicht
nur den Gehorsam von dir, er will nicht nur dein Gebet und deine Hoffnung, er will Vereinigung mit
dir! Er will in dich eingehen, er will sich mit dir vereinen, und er will, dass ihr in unauflöslicher
Einheit lebt, in einem mystischen Einssein!

O wie schön ist deine Liebe, meine Schwester, liebe Braut! Dein Lieben ist besser als Wein. Das
Aroma deiner Öle übertrifft alle Balsamdüfte. Deine Lippen, liebe Braut, sind tropfender
Wabenhonig. Milch und Honig sind auf deiner Zunge. Der Duft deines Kleides duftet wie der Duft
des Libanon.

Eigentlich müsste man sagen: O wie schön ist deine göttliche Liebe, mein Bruder und mein
Bräutigam Gott! Deine göttliche Liebe ist besser als der berauschende Wein der irdischen Freuden!
Die Salbung deines Geistes ist süßer als der Duft des Frühlings, als das Parfüm der Frauen! Dein
Name, o Jesus, ist süßer als Honig! Dein Wort, o Jesus, ist süßer als die Idee des Honigs! Der Duft
deiner Menschheit ist lieblicher als der Duft der ganzen Welt! – So wäre es angemessen! Aber nun
verkehrt der göttliche Bräutigam die Dinge und schreibt alle seine göttlichen Tugenden der Braut
zu! Er erquickt sich an ihrer Liebe! Gott freut sich an der Liebe des Menschen! Gott berauscht sich
an der Liebe des Menschen! Für Gott ist der Christ ein Wohlgeruch! Seine Lippen, von denen die
Gebete tropfen, sind süß wie Honigmilch für Gott! Das Parfüm der Braut ist für Gott betörender als
der Duft des ganzen Frühlings der Welt! Welch eine Anerkennung der Würde des Menschen, die
Seele darf Partnerin Gottes sein! Und wo Gott der Gegenstand des Entzückens der Seele ist, da ist
die Seele Gegenstand des Entzückens Gottes! Und so sagt der Herr im Propheten Jesaja: Wie sich
ein Mann an seiner Freundin berauscht und sich entzückt an der Schönheit seiner Geliebten, so
entzückt, o Seele, ist Gott von dir!

O Schwester, o Braut, du bist ein verschlossener Lustgarten, ein verschlossener Brunnen, eine
versiegelte Quelle. Deine Pflanzung ist ein Paradies von Granatapfelbäumen mit köstlichen
Früchten, Henna und Narde, Narde und Safran, Kalmus und Zimt, Weihrauchsträuchern und Aloe,
Myrrhe und allerbestem Balsam. Eine Quelle, eine Welle lebendiger Wasser, die vom Libanon
fließen, bist du. Erwache, Nordwind, und komm, du Südwind, und hauch in meinen Garten, daß
meine Balsamen tropfen.

Ein evangelischer Seelsorger sagte einmal über die Männer: Für den Mann ist der Körper der
Geliebten ein Paradies! Und der Dichter Claudel sagte: Die Frau ist für den Mann die Verheißung
des Paradieses, und das ist ihre Gnade! Und es ist auch ihre Gnade, dass die Frau selbst diese ihre
Verheißung des Paradieses nicht selbst erfüllen kann! Die Frau nämlich öffnet den Mann auf Gott
hin. So ist es ja auch von Gott gedacht, der Eva schuf, damit sie Adam eine Hilfe sei, nämlich in
dem Sinne, wie Gott Adams Hilfe ist, so dass Eva dem Manne zu Gott hin hilft! Wer ein Mann ist
und eine Frau geliebt hat, weiß, was Salomo hier sagt: Der Leib der Geliebten ist wie eine
Lilienwiese, ihre Augen sind blaue Veilchen, ihre Lippen sind rote Rosen, ihr Duft ist Moschus oder
Jasmin, ihre Haare sind wie Hennablumen, ihr Schoß ist eine Lotos Nymphäa, sie selbst ist die Rose
am Herzen Gottes! Sie ist ein Garten, die Frau ist ein Garten, und zwar ein Garten Eden, ein
Lustgartenparadies, ihr Leib ist Beth-Eden, ein Freudenhaus! Sie selbst ist die Verheißung des
Paradieses, des wieder gefundenen Gartens Eden! Darum auch Mohammed das Paradies darstellte
als eine Schar von blühend schönen Jungfrauen, liebreizend und zur Liebe bereit! Darum auch der
heilige Grignion von Montfort sagte: Der arme Lazarus, der auf Erden voller Beulen und
Geschwüre war, die von den Hündinnen geleckt wurden, der von den Reichen verhöhnt wurde, der
ruht nach Jesu Worten in Abrahams Schoß! Abraham ist der Vater des Glaubens im alten Bund, aber
im neuen und ewigen Bund ist Maria die Mutter des Glaubens, denn selig ist sie, die geglaubt hat,
was Gott ihr sagen ließ, wie Elisabeth preiste. Darum werden die Erlösten von nun an im Himmel
ruhen im Schoß Mariens! Und Grignion sagte: Wie viel seliger ist doch als im Schoße Abrahams die
Ruhe im Schoß Mariens! Denn Maria ist das Lustgartenparadies, die himmlische Jerusalem, die
mystische Stadt Gottes, in der die Menschen guten Willens selig leben werden!

Mein Geliebter, komm in den Garten und iß die köstlichen Früchte. - In den Garten kam ich, liebe
Schwester, o Braut, in den Garten. Myrrhe und Balsam pflückt ich, Seim und Waben aß ich, Milch
und Süßwein trank ich.

Komm, Geliebter, in deinen Garten! So rief die Jungfrau Israel: Sende, o Herr, deinen Messias zu
deinem auserwählten Volk herab! So ruft die Kirche als Braut Christi: Komm, o Herr, in deiner
eucharistischen Gegenwart auch heute zu uns! So ruft die Seele täglich im Gebet: Komm, o Herr,
und bleibe bei mir! Komm, o Herr, in meine Seele durch deine Gegenwart in der Eucharistie in
meinem Herzen! Und so ruft die Kirche als Braut mit dem Heiligen Geist bis zum Ende der Zeiten:
Komm, o Herr, in deiner Parusie und bringe herauf Friedensreich des Messias! – Und der
Bräutigam antwortet auf dieses Flehen seiner Menschheit und sagt: Ich kam, ich komme und ich
werde kommen, denn ich bin der, der war und der ist und der kommen wird! Ich kam in meiner
ersten Ankunft in Bethlehem, ich komme in meiner mittleren Ankunft in jeder Eucharistie und ich
komme in meiner zweiten Ankunft als der Richter der Lebenden und der Toten bald wieder! Und so
wie die Seele zum Herrn sagt: Deine Myrrhe und deinen Balsam will ich pflücken, o salbe mich mit
dem Geist! Deine Honig will ich speisen, o nähre mich mit deinem süßen Wort! Deine Milch und
deinen Wein will ich trinken, o fülle mich mit deinem kostbaren Erlöserblut und mit deiner
auferstandenen Menschheit in der Kommunion! So wie die Seele dies zum Herrn spricht, so spricht
der Bräutigam erneut in einer Verkehrung der Dinge das selbe auch zur Braut: Deine Salbung will
ich pflücken, dein Leben und Beten im Heiligen Geist, deinen Honig will ich speisen, die süßen
Worte deiner Gebete, und deinen Wein will ich trinken, denn – o Wunder, in jeder Kommunion
verzehrt die Braut den Bräutigam, aber – o Wunder, der Bräutigam verzehrt auch die Seele! Lege
auf den Altar der Wandlung deinen Leib und dein Blut, deine Seele und deinen Geist, dein ganzes
Leben, und Christus, den du speisen darfst, wird dich verspeisen und in sich aufnehmen! Ja, kühn
ich, du wirst eine eucharistische Speise für den Herrn, deinen Gott! Goethe dichtete einmal ein
Liebeslied für Charlotte von Stein: „Bin so in Lieb zu ihr versunken, / Als hätt ich von ihrem Blut
getrunken!“ Und dies sagt Christus zu dir, o Seele: Bin so in Liebe zu dir versunken, als hätte ich
von deinem Blut getrunken!

Eßt, meine Lieben, und trinkt, meine Gefährten, und werdet trunken vor Liebe!

Kommt, meine chinesischen Brüder und Schwestern, kommt, meine afrikanischen Brüder und
Schwestern, kommt, meine französischen Brüder und Schwestern, kommt, meine
südamerikanischen und nordamerikanischen Brüder und Schwestern und speiset den Corpus
Christi, das Sakrament der Liebe, und berauscht euch an der Schönen Liebe, berauscht euch an der
Ewigen Liebe! Und wenn ihr euch berauscht an der Ewigen Liebe, dann werdet ihr in heilig-
nüchterner Trunkenheit Propheten und Apostel der Ewigen Liebe zu allen Geschöpfen werden und
werdet ewig jubilieren im Paradies der Ewigen Liebe!

Schlafend war ich, mein Herz jedoch war wach. Da war die Stimme meines Geliebten: Öffne,
meine Geliebte, o Schwester, o Täubchen, o du Vollkommene! Mein Haupt ist voll Nachttau, meine
Locken voll Nachttropfen. - Mein Unterkleid hab ich schon ausgezogen, sollt ichs wieder anziehn?
Meine Füße hab ich schon gebadet, sollt ich sie wieder beschmutzen? – Mein Geliebter streckte
seine Hand durchs Loch der Pforte, meine Inneres war sehr aufgewühlt. Ich erhob mich, meinem
Geliebten zu öffnen. Meine Hände tropften von Myrrhe am Riegel des Schlosses. Ich öffnete
meinem Geliebten, tat ihm auf, da hatte sich abgewandt mein Geliebter, hatte sich abgewandt und
war fortgegangen.

Es ist die Nacht der Seele. Die Seele träumt von der Liebe. Hier sind die erotischen Bilder gehäuft:
Sein Haupt ist voll Nachttropfen – sie hat ihr Unterkleid schon ausgezogen und hat schon gebadet –
der Geliebter legt die Hand ans Loch der Pforte – ihr Schoß drängte ihm entgegen – ihre Hand
tropft von Salbe am Griff des Riegels – alles ist nahe vor der Vereinigung – aber dann ist der
Geliebte fort! Verschwunden! Nun ist sie ganz allein in ihrer Nacht und ruft: Mein Gott, mein Gott,
warum hast du mich verlassen? – Aber wenn die Seele sich von Gott verlassen fühlt, kann es doch
zugleich der Zustand intimster Nähe sein, in Wahrheit, aber nicht in ihren Gefühlen. Die
Gottverlassenheit bereitet die Seele vor auf eine wirklich vollzogene Vereinigung der Seele mit
Gott. Wer die Gottes-Ehe anstrebt, die Unio Mystica, der wird durch die Einsamkeit Christi im
Garten Gethsemane und die Gottverlassenheit Christi am Kreuz selbst hindurchmüssen.
Meine Seele war außer sich, als er gesprochen. Ich suchte ihn, ich fand ihn aber nicht, ich rief ihn,
aber er gab keine Antwort. Mich fanden und schlugen die Wachtmänner, die umherstreiften in der
Stadt, sie schlugen mir Wunden, die Wachtmänner auf der Mauer, sie raubten mir meinen Schleier.

Wenn die Seele sich von Gott verlassen fühlt, dann schreit sie zu Gott, doch alle ihre Gebete
kommen wie Pfeile in ihr Herz zurück. Gott erfährt sie als den schweigenden Gott. Da sie aber nicht
aufgeben kann, Gott zu suchen und einen Beweis seiner Liebe zu erlangen, sucht sie ihn bei den
andern Geschöpfen und fragt ihre Freunde: Hast du Gott gesehen? Wo ist er? Wo kann ich ihn
finden? Aber in der Regel, wenn Gott die Seele durch die Nacht der Gottverlassenheit führen will,
um sie vorzubereiten auf eine intimere Vereinigung, dann schweigen auch alle Geschöpfe, dann
schweigen die Freunde, ja, oft geschieht es, dass das Reden der anderen Gläubigen wie ein Hohn
und Spott für die leidende Seele ist. So ging es auch Hiob mit seinen Freunden. Dann erfährt die
Seele, dass sie bei den Wächtern, bei denen sie Trost gesucht, nur Schläge findet und sie ihr den
Schleier ihrer Brautschaft zerreißen, das heißt, sie mit ihrer Lieblosigkeit vergewaltigen!

Ich beschwör euch, ihr Töchter Jeruschalajims: Findet ihr meinen Geliebten, dann erklärt ihm, daß
ich elend bin vor Liebe, elend!

Nun fleht die Seele noch einmal die andern Christen an: Geht und betet für mich! Meine Gebete
dringen nicht durch die Wolken! Vielleicht erhört der Herr eure Gebete? Ihr seid ja nicht krank und
elend vor Liebe, ihr müsst also im Besitz des Bräutigams sein und könnt so eure große intime
Vertrautheit mit dem Bräutigam dazu verwenden, für mich Fürbitte einzulegen! Und sagt dem
Bräutigam, dass ich krank bin vor Liebe, elend vor Liebe, ja, meine Liebe ist eine Krankheit zum
Tode und ich sehne mich danach, abzuscheiden und beim Herrn zu sein! Ich schreie zum
Bräutigam: Herr, wann sterbe ich, dass ich nicht mehr diese tausend Tode sterben muss?

Wie ist dein Geliebter inmitten der Lieben, o du Schönste der Frauen? Wie ist dein Geliebter
inmitten der Lieben, daß du uns derart beschwörst?

Nun wird aber gerade der Christ, der sich doch von Gott verlassen fühlt, nach seinem Geliebten
gefragt: Wer ist denn der Gott, dem du auch dann noch vertraust, wenn er dich verlässt und dich
krank vor Liebe einsam zurücklässt? Was ist das für ein Gott, den du dir aus den Göttern allen
erwählt hast? Wer ist denn dieser Gott Israels, dass er der alleinige Gott sein soll? Was ist er denn
mehr als die hunderttausend hinduistischen Götter? Wer ist denn dieser Messias, wegen dem du
liebeskrank bist, dass du ihn so sehr suchst in deiner Gottverlassenheit? Sag uns, was das für ein
sonderbarer Gott ist, dass du sogar bereit bist, ihn zu lieben, selbst wenn er dich zur Hölle auf Erden
verdammt!

Mein Geliebter ist glühend und frisch, Erster unter Myriaden. Sein Haupt ist reines Gold. Die
Locken seines Hauptes sind gelockt wie Dattelrispen und schwarz wie Raben. Seine Augen sind
Tauben an Wasserbächen, sie sind in Milch gebadet, sie sitzen am Teichrand. Seine Wangen sind
Gartenterrassen, wo Balsam blüht. Seine Lippen sind Lilien, tropfend von fließender Myrrhe. Seine
Hände sind goldene Ringe mit gelbem Jaspis. Sein Inneres ist kunstreich geziertes Elfenbein mit
eingelegtem Lapislazuli. Seine Beine sind Marmorsäulen auf Fußgestellen aus fein geläutertem
Gold. Seine Erscheinung ist wie des Libanons erwählte Zeder. Sein Gaumen ist Süßigkeit, sein
Mund begehrenswert. So ist mein Geliebter, mein Geliebter ist so, ihr Töchter Jeruschalajims.

Mein Gott ist der Gott aller Götter! Mein Gott ist die Urschönheit, die Quelle alles Schönen! Der
Messias ist der Schönste unter allen Menschensöhnen! Nur die göttliche Schönheit kann mich noch
retten! Was für eine Schönheit kann allein mich noch retten? Die göttliche Schönheit, die auch das
Leiden umarmt! Prinz Jussuf, der Dichter sagte: Könnte ich Gott einmal schauen, nur den Mond an
Seiner Hand! Und Teresa von Avila sah einmal in einer Vision Gott den Herrn und sagte: Ich wäre
bereit, bis zum Ende der Zeit alle erdenklichen Leiden zu erleiden und tausend Leben voller Leiden
zu leben, um nur noch Einmal diese Hand Gottes zu sehen!

Wohin ist denn dein Geliebter gegangen, o du Schönste der Frauen? Wohin hat sich dein Geliebter
gewandt? Wir suchen ihn mit dir.

Welche Ironie! Die von Gott verlassene Seele hatte sich doch an ihre Freunde gewandt, dass die
Freunde ihr sagten, wo der Bräutigam sei! Aber jetzt sagen die Freunde zur gottverlassenen Seele:
Wenn einer weiß, wohin Gott gegangen ist, so bist du es! Suche du den verborgenen Gott, so wollen
wir mit dir suchen. Wenn ihn einer findet, dann bist du es!

Mein Geliebter ging hinab zu den Gartenterrassen, zu den Blumenbeeten, zu weiden im Garten und
Lilien zu pflücken.

Und tatsächlich, die Seele, von Gott zur Ehe auserwählt, sie weiß, wohin der Geliebte gegangen ist.
Er kam herab in den Garten, er stieg vom Himmel, vom Schoß des Vaters, verließ seine göttliche
Glückseligkeit, um einzukehren in den Garten der Braut und in den Blumen zu weiden. Wahrlich,
da ist er wieder! Er will sich an ihr weiden! Er will sich weiden an den Tautropfen ihrer Tränen, an
den Rosen ihres blutenden Herzens, an den Lilien ihrer Entsagung, an den Veilchen ihrer
Erniedrigung, an den Lotosblumen ihrer spirituellen Liebessehnsucht! Sie wollte sich an ihm
weiden, den sie so lange vermisst hat! Aber er wollte sich auch an ihr weiden! Er nennt sie: Mein
Augapfel! Meine Augenweide! Meine Augenlust! Ich will mich an deiner Liebe berauschen!

Ich bin meines Geliebten und mein Geliebter ist mein, der in den Lilien weidet.

Und jetzt sind die Seele und ihr Gott wieder vereint in dem Ostergarten ihrer Liebeseinheit! Jetzt
wird die geprüfte Freundin von ihrem Geliebten wieder umfangen! Und jetzt, nach den
schrecklichen Qualen der Verlassenheit – und wer weiß, was der Herr gelitten hat in dieser Zeit? –
sind sie noch tiefer vereint, so dass sie sagen kann: Totus tuus ego sum! Ich bin ganz dein mit allem,
was ich bin und habe! Und du bist mein! Du bist nicht nur der Gott aller Götter, sondern du bist
auch mein Gott! Und so lieben sie sich und das Lamm weidet in der Lilienaue.

Du bist schön, o meine Geliebte, wie Tirzah, herrlich wie Jeruschalajim, mächtig wie
Heeresscharen.

Maria, du bist schön wie die Stadt der Anmut, schön wie die Stadt des Friedens, du bist die
mystische Stadt Gottes, du bist die himmlische Jerusalem! Du bist mächtig wie Heeresscharen,
darum nennen wir dich unsere Heerführerin und Siegerin in allen Schlachten Gottes! Wie kämpft
die Armee Mariens? Der Diktator Stalin spottete: „Wie viele Divisionen hat denn der Papst?“ Was
aber tat der Papst Pius XII? Er weihte die Menschheit dem Unbefleckten Herzen Mariens! Was tat
der Papst Johannes Paul II? Er weihte die Völker des russischen Landes dem Unbefleckten Herzen
Mariens! Und was tat die blaue Armee Mariens? Sie schmuggelte in das kommunistische Reich
Bibeln und Ikonen! Und so wurde der Kommunismus zu Fall gebracht! Maria, Siegerin in allen
Schlachten Gottes! Wir sind deine Soldaten, deine Miliz, Maria! Und du gibst uns fünf Steine in die
Steinschleuder, um gegen Goliath den Riesen zu kämpfen: Die Eucharistie, das Gebet, die Bibel,
die Beichte und das Fasten.

Wende deine Augen, wende sie ab, sie wühlen mich auf! Deine Haare sind eine Herde junger
Ziegen, die am Berge Gilad lagern. Deine Elfenbeinzähne sind eine Herde geschorener Schafe, die
aus dem Wasser heraufsteigen, schön gepaart, und keines fehlt. Deine Schläfen unter deinem
Schleier sind Scheiben vom Granatapfel.

Christus spricht zur Seele: Deine Augen wühlen mich auf! Ich bin ganz betört von deiner
Schönheit! Ja, wahrlich, Christus ist zum Narren seiner Liebe geworden! Er, die göttliche Weisheit
selbst, ist zum göttlichen Narren geworden aus Liebe zu dir, o Seele! Was anderes ist es als göttliche
Torheit, sich ans Kreuz schlagen zu lassen, und dir die Himmelspforte zum Paradiese
aufzuschließen? Und so soll es auch deine höchste Weisheit sein, ein wahrer Narr in Christo zu
sein!

Sechzig Königinnen, achtzig Konkubinen, Jungfraun ohne Zahl - aber Eine ist mein Täubchen,
meine Vollkommene, der Mutter reine Tochter, Erwählte ihrer Gebärerin. Töchter sahen sie und
lobten sie als Gesegnete, und Königinnen und Konkubinen rühmten sie. Wer ist sie, die
niederschaut wie die Morgenröte, milde wie der Mond und rein wie die Sonne und herrlich wie die
Sternenscharen?

Menschlich gesprochen ist der Messias Jesus im Himmel wie König Salomo in seinem Harem! Alle
Jungfrauen, Bekenner, Märtyrer, Apostel und Propheten sind seine Bräute, alle sind sie Jungfrauen
in der einen heiligen Jungfrau Kirche, der himmlischen Jerusalem, die Hochzeit feiert mit dem
Bräutigam Jesus! Aber Eine ragt aus allen heraus, und das ist die Jungfrau Maria, Jungfrau der
Jungfrauen, Königin der Propheten und Königin der Apostel, Königin aller Heiligen und Königin
der Engel! Sie ist die Eine, die auserwählt wurde von ihrer Mutter, nämlich dem himmlischen Vater,
die Allgebenedeite zu sein, mehr gesegnet als alle anderen Frauen! Und diese Jungfrau Maria ist die
wahre Morgenröte oder Aurora, die dem Aufgang der Sonne der Gerechtigkeit, nämlich Christus,
vorausgeht, sie ist die apokalyptische Frau, die auf dem Monde steht, gekleidet in das Licht der
Sonne, gekränzt mit einem Kranz von zwölf Sternen! Und diese allerseligste Jungfrau Maria wird
von allen Söhnen und Töchtern der wahren Kirche von Generation zu Generation selig gepriesen,
wie sie es selbst in ihrem Magnifikat prophezeit hat.

In den Park hinab, in den Nußgarten ging ich, dort zu schauen das frische Grün an den Bächen und
ob die Granatapfelbäume blühen und die Weinstöcke treiben.

In den Nussgarten ging ich, das deuten die jüdischen Mystiker der Kabbala so, dass der Nussgarten
den Thron Gottes bezeichnet. Denn die Weisen verglichen das Innere einer Walnuß der Thronvision
des Propheten Hesekiel.

Ich weiß nicht, wie mich meine Seele setzte aufs Triumphgefährt meines willigen Volkes.

Maria wird von ihrem willigen Volk, von ihren gläubigen Kindern, auf den Triumphwagen gesetzt
und in tiefster Devotion und gebührender Hyperdulie verehrt. So sehen wir die katholischen Völker
wetteifern in der Verehrung der Gottesmutter.
Komm wieder, komm wieder, Schulammyth! Komm wieder, komm wieder, daß wir dich schauen! -
Was wollt ihr sehen tanzen Schulammyth den Tanz im Lager von Mahanajim?

Wir wollen Sulamith tanzen sehen den Hochzeitstanz im Doppel-Lager! Das Doppel-Lager ist
Mahanajim am Jabbok, wo Heerscharen Engel lagern. Denn Sulamith tanzt den Tanz der Engel!
David tanzte nackt vor der Bundeslade den heiligen Tanz! Rumi mit Derwischen tanzte noch auf
den Gräbern in dem Glauben an die Auferstehung! Nach Dante tanzen und lachen die Heiligen und
die Engel im Himmel! In den Isis-Mysterien spricht man von dem Schleiertanz der Göttin der
Weisheit, die mit sieben Schleiern verschleiert ist und im Schleiertanz (wie Salome vor Herodes)
Schleier um Schleier ablegt. Und Johannes vom Kreuz sprach von der verschleierten Gottheit, die
Schleier um Schleier ablegt, die göttliche Liebe behält den letzten Schleier um, und der Liebhaber
der göttlichen Liebe bittet um einen baldigen Tod, da dann der letzte Schleier fällt, und so sagt der
brennende Liebhaber der göttlichen Liebe: Reiße rasch den letzten Schleier herunter!

Schön sind deine Füße in den Sandalen, Prinzessin! Deine Schenkel biegen sich wie zwei
Juwelenspangen, Werke der Hände eines Künstlers. Dein Schoß ist ein runder Kelch, dem nie der
Mischwein mangelt. Dein Leib ist ein Weizenbündel, umkränzt von Lilien. Deine beiden Brüste
sind zwei Zwillinge von Rehen oder Gazellenkitzen. Dein Hals ist ein Elfenbeinturm. Deine Augen
gleichen den Teichen von Heschbon am Tor von Bath Rabbym. Deine Nase gleicht dem Türmchen
auf dem Libanon, der sein Antlitz wendet gen Dammaseq. Dein Haupt gleicht dem Karmelberge.
Die Haare deines Hauptes sind Purpur, ein König liegt in deinen Locken gefangen. O wie schön und
süß bist du, o freudenreiche Liebe! Deine hohe Gestalt gleicht der Dattelpalme. Deine Brüste
gleichen den Trauben des Weines. Sprach ich: Die Dattelpalme will ich ersteigen, ihre Rispen
fassen. Deine Brüste seien mir Trauben des Weinstocks, der Duft deines Hauches sei mir Duft von
Äpfeln und dein Gaumen mir wohlschmeckender Wein, der weich dem Geliebten eingeht, die
Lippen des Schlafenden lieblich bewegt.

Schön sind deine Füße in den Sandalen, Fürstentochter! Ein Seher sah einmal die Madonna und
kniete vor ihr nieder und bat sie inbrünstig, ihr die Füße küssen zu dürfen. Die Madonna lächelte
und er küsste ihr inbrünstig die Füße. – Dein Schoß ist ein runder Kelch, dem nie der Mischwein
fehlt! Ein Dichter übersetzte einmal: Dein Becken ist wie ein Becher... Mariens Schoß enthielt ja
Christus, und Christus vergoss sein Blut für uns, und dieses heilige Blut wird uns im Kelch des
neuen und ewigen Bundes gereicht zur Kommunion, und es ist ein Mischwein, denn in den
göttlichen Wein wird ein Tropfen menschlichen Wassers gegossen, so dass sich Gottheit und
Menschheit unauflöslich vermischen. Dein Leib ist ein Weizenbündel, umkränzt mit Lilien! Ich
kenne einen Christen, der einmal mit einem kleinen Knaben an einem goldenen Weizenfeld
spazieren ging. Am Rande des Weizenfeldes blühte weiße Schafgarbe und roter Wildmohn und
blaue Kornblumen, und der Christ sprach zu dem Knaben: Schau, so schön ist Maria! Und der
Knabe sprach: Maria ist wie reines Gold! Deine beiden Brüste sind wie Zwillinge von
Gazellenkitzen! Ja, die Mutter Gottes hat Zwillinge geboren und nährt Zwillinge an ihren
hüpfenden Brüsten, nämlich Christus und den Christen! Dein Hals ist ein Elfenbeinturm! Die
Madonna hat nicht nur einen schlanken langen Schwanenhals, sie ist gewissermaßen der Hals
selbst, denn Christus ist das Haupt der Kirche und die Kirche ist der mystische Leib Christi, aber
die Gottesmutter ist der Hals, durch sie fließen alle Gnaden Christi in den mystischen Leib Dein
Haupt gleicht dem Karmelberge! Ja, der Karmel, sagt man, ist Maria selbst! Die Karmeliter und
Karmeliterinnen sind Mariens bevorzugte Kinder! Sie leben ganz die Kontemplation, das Gebet, die
Mystik des Kreuzes und die Anbetung der göttlichen Liebe! Gut unterrichtet im Glauben ist, wer
Teresa von Avila, Johannes vom Kreuz, Therese von Lisieux und Edith Stein studiert und von ihnen
gelernt hat. Ein König liegt in deinen Locken gefangen! Ja, fesselnd ist die Madonna für Gott und
Gott selbst begab sich in ihre Gefangenschaft. Er, der Geist ist, Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit, ging
ein in den Schoß einer Jungfrau. Deine Brüste gleich den Trauben des Weines! Von Mariens Brüsten
nie genug! Sie ernährt den Sohn Gottes, und Augustinus sagte: Gott wollte Mensch werden, weil er
einmal an den Brüsten einer Frau trinken wollte! Und Mariens Brüste strömten nicht nur die Milch
der göttlichen Liebe dem heiligen Bernhard von Clairveaux in den Mund, sondern auch andere
nährte sie mit dem starken Wein ihrer Brüste! Und so lieben wir die Brüste Mariens mehr als den
Wein, der nachts in uns eingeht und uns schlafen macht und noch im Schlaf vom Lied der Liebe
murmeln.

Ich bin meines Geliebten, sein Verlangen ist nach mir. –

Die menschliche Seele hat sich ganz dem allmächtigen Schöpfer anvertraut, ihrem Herrn, sie ist
sein Eigen. Aber sie weiß auch, wem sie sich anvertraut hat, nämlich dem Gott, der sie liebt. Dieser
Gott ist nicht ein unbeweglicher Gott, der sich von den Menschen anbeten lässt, von den Menschen
geliebt wird, aber selbst nicht lieben würde, wie es der Gott des Aristoteles war. Sondern dieser Gott
ist, wie das Alte Testament sagt, ein leidenschaftlich liebender Gott, ein eifersüchtiger Gott, ja,
sogar, wie die Propheten sagten, ein begehrender Gott, ein Gott, der die Seele liebt und auch von
Verlangen nach ihrer Liebesantwort erfüllt ist. Dieser leidenschaftlich liebende Gott sehnt sich nach
Liebesvereinigung, nach Liebesaustausch, nach Liebeseinheit mit der Seele. Dieser Gott der Liebe
ist Caritas oder Agape, selbstlos schenkende Liebe, ja, aber er ist, wie die Mystiker sagen, auch
Eros, ein begehrender Gott, der zur Einheit mit der Seele drängt.

Komm, Geliebter, wandeln wir aufs Feld und schlafen unter Henna! Früh auf zu den Weinbergen,
da zu schauen, ob der Weinstock gedeiht und die Granatapfelbäume blühen. Dort will ich dir Liebe
geben. –

Bevor es vergessen wird: Thomas von Aquin schrieb sein gesamtes Leben lang theologische und
philosophische Schriften, er gilt als der größte Theologe und Philosoph des katholischen
Mittelalters. Als er aber auf dem Sterbebett lag, hatte er eine Begegnung mit Gott, danach sagte er:
Alles, was ich über Gott geschrieben habe, ist Stroh! Gottes Liebe steht im Hohenlied! Gottes Liebe
steht im Hohenlied, ja, nun ist für die Christen die Liebe Gottes eine dreifaltige Liebe: Die erste
Person der Gottheit ist der Liebende, die zweite Person der Gottheit ist das Geliebte, und die dritte
Person der Gottheit ist die Liebe zwischen der ersten und der zweiten Person. Nun sagen aber die
jüdischen Mystiker der Kabbala, dass das Hohelied ein innergöttliches Lied der Liebe sei. Der
Sephirot der Herrlichkeit, das ist Jahwe, liebt den Sephirot der Schechinah, das ist Gottes
Königreich auf Erden. Jahwe liebt die Prinzessin Schechinah, und wie Salomo Sulamith liebt, so
liebt Jahwe seine Prinzessin Schechinah, und wie Sulamith den König Salomo liebt, so liebt die
Prinzessin Schechinah den Herrn der Herrlichkeit, Jahwe. Kann man dann als Christ sagen: So wie
Salomo seine Sulamith liebt und wie Sulamith ihren Salomo liebt, so lieben sie der Liebhaber und
der Geliebte in der dreifaltigen Gottheit? Aber zu unserem Vers: Die Seele will mit dem Geliebten
auf den Weinberg gehen, der Weinberg ist die Kirche, dort will die Seele ihrem Geliebten ihre
Liebe, ihre ganze Liebe geben! Ja, Seele, hast du Christus als deinen Herrn angenommen? Hast du
ihm schon deine ganze Liebe gegeben? Hast du ihm schon die Herrschaft über alles gegeben? Hast
du ihn schon zum Herrn über deine Sexualität gemacht? Hast du ihn schon zum Herrn über dein
Geld gemacht? Ist er der Herr an jedem neuen Tag? Ist er der Herr über deine Zeit? Hast du seine
Herrschaft über deine Sterbeart und deine Todesstunde anerkannt? Ist er der Herr deines ewigen
Schicksals? Gib dich ganz hin und weihe ihm alles!

Die Liebesäpfel geben ihr Aroma. Vor unserm Tor sind viele köstliche Früchte, mein Geliebter,
aufbewahrt hab ich dir frische, vorjährige hab ich dir aufbewahrt. –
Die Braut hat Äpfel aus dem vorigen Jahr und Äpfel aus diesem Jahr für den Geliebten gesammelt.
So sagte Jesus: Wenn ein Schriftgelehrter Jünger des Himmelreichs wird, so ist er wie ein
Hausvater, der aus seinem Vorrat Altes und Neues hervorholt. Wenn ein Bibelkundiger Jünger Jesu
wird (und nicht jeder, der die Bibel liest, ist ein Jünger Jesu), dann bringt er in das Reich Gottes, in
das Königreich des Königs Christus den ganzen Schatz des Alten und des Neuen Testaments ein.
Origenes sagte: Das Alte Testament ist für mich nicht alt, weil ich es in Hinsicht auf Christus lese,
und das Neue Testament schildert keinen historischen Jesus, der vor vielen hundert Jahren lebte,
sondern es ist immerwährende Gegenwart.

Ach wärest du mein Milchbruder, der am Busen meiner Mutter gesogen! Fänd ich dich draußen, ich
wollt dich küssen, und niemand dürfte mich verachten. Ich wollt dich führen und bringen ins Haus
meiner Mutter, die mich unterwiesen. Ich wollt dich tränken mit würzigem Wein und dem Süßmost
meiner Granatäpfel. –

Maria ist die Mutter Christi, das ist allgemein anerkannt, aber Christus hat einen mystischen Leib,
das ist die Kirche, die Gemeinschaft der Christen, die alle Glieder am mystischen Leibe Christi
sind. Christus ist das Haupt und die Kirche ist der Leib. Nun wird aber keine Mutter allein ein
Haupt gebären, sondern die ganze Person. Der Totale Christus aber ist nach Augustinus das Haupt
Christus mit dem mystischen Leib Christi, der Kirche, zusammen. So ist Maria auch die Mutter der
Kirche, Mutter des mystischen Leibes Christi. Wenn wir Brüder und Schwestern Christi sind, dann
ist Gott unser Vater und Maria unsre Mutter. Wenn Christus unser Milchbruder ist, dann werden wir
von den gleichen Brüsten Mariens genährt. Maria nährt uns mit dem Wort Gottes, die eine Brust ist
das alte Testament, die andere Brust ist das neue Testament, Maria nährt uns mit der göttlichen
Liebe, der einen Brust, und mit der göttlichen Weisheit, der anderen Brust. Maria ernährt die Kinder
Gottes mit der Milch der Liebe Gottes und die, die ihre Reife und das Vollalter Christi erreicht
haben, die ernährt Maria an ihrer Brust mit dem Wein der mystischen Vereinigung. Wir sollten alle
ins Haus der Mutter gehen und uns von der Mutter Gottes tränken lassen mit würzigem Wein und
dem Süßmost ihrer Granatäpfel. Dazu ist die Mutter Gottes auch Mutter aller Menschen, dass sie
uns ernährt, wie sie Christus ernährt hat. Und wie der Heilige Geist den Menschen Jesus im Schoß
Mariens gebildet hat, so will der Heilige Geist auch die Christenmenschen bilden im Schoß
Mariens.

O, sein linker Arm liegt unter meinem Haupt, sein rechter Arm umfängt mich. Ich beschwör euch,
ihr Töchter Jeruschalajims, daß ihr meine Liebe nicht aufstört noch aufwühlt, bis sie selber es mag.

Die Seele und ihr göttlicher Bräutigam ruhen in intimer Liebesumarmung. Das ist ein
Vorgeschmack der himmlischen Seligkeit schon auf Erden. Die Seele bittet ihre Freunde und
Freundinnen, sie aus dieser Seligkeit und aus diesem Genießen Gottes nicht aufzustören, bis sie von
selbst aufwacht und von der Liebe des Geliebten gestärkt, gerne auch wieder zu den Geschöpfen
geht. Denn die selige Ruhe im Schoß Gottes und das Genießen der göttlichen Liebe ist noch nicht
alles, sondern die genossene Liebe will überfließen und sich ergießen zu den andern Geschöpfen.

Wer ist sie, die heraufkommt aus der Wüste und sich an den Geliebten anlehnt?

Das Volk Israel war vierzig Jahre in der Wüste, bis es ins Verheißene Land kam. In der Wüste gab
der Herr dem Volk sein Gesetz. In der Wüste wurde das Volk mit Himmelsbrot ernährt und mit
Wasser aus dem Felsen getränkt. In der Wüste machte das Volk intensive Gotteserfahrungen. Der
Prophet Elias ging vierzig Tage durch die Wüste, bis er zum Horeb kam, wo ihm Gott begegnete in
einem sanften Säuseln. Jesus war vierzig Tage in der Wüste und fastete, bevor er seinen öffentlichen
Dienst antrat. In der Wüste ist das Judentum entstanden, in der Wüste ist das Christentum
entstanden. Auch der Islam ist in der Wüste entstanden. Auch der Christ, der sich ernsthaft in die
Schule Jesu begibt, wird durch die Wüste geführt. Diese Wüste ist eine Zeit, da er den Genuß
Gottes verloren hat. Er hat den Geschmack am Gottesdienst verloren. Alle seine Gebete glichen
mehr Schreien, doch der Himmel scheint verschlossen. Keins seiner Gebete, scheint ihm, wird
erhört. Hier ist blinder Glaube gefordert, festhalten an Gott, obwohl man Gott nicht mehr fühlt.
Vielleicht fühlt man sich von Gott verlassen, aber dann ist man mit Christus in der Wüste der
Gottverlassenheit. Wenn die Seele aber aus der Wüste wieder hervorkommt – gelehnt an ihren
Geliebten – wenn sie die Prüfung bestanden hat und im Leiden treu ausgeharrt hat, dann kommt sie
mit einer vertieften Gottesbeziehung aus der Wüste, bereit zu einer neuen Gottesbegegnung, bereit
zu einem segensreicheren Dienst.

Unterm Apfelbaume hab ich dich aufgeweckt: deine Mutter hat dich dort empfangen, deine Mutter
hat dich dort empfangen und geboren.

Johannes vom Kreuz deutet den Vers vom Apfelbaum auf Eva. Eva hat unterm Apfelbaum auf das
Wort des gefallenen Engels gehört, hat Nein zu Gottes Wort gesagt, und so die Sünde und den Tod
in die Welt gebracht. Maria als die neue oder zweite Eva hat auf den Engel Gabriel gehört, hat Ja
gesagt zum Wort Gottes und hat uns das Heil gebracht, nämlich ihren Sohn, den
menschgewordenen Gott. Christus, den neuen Adam, hat seine Mutter Maria, die neue Eva, unter
dem Apfelbaum geboren. So wurde das Paradies, das nach dem Fall Adams und Evas verschlossen
wurde, von der neuen Eva und dem neuen Adam wieder geöffnet, der Weg zum Baum des Lebens
im Paradies Gottes steht wieder offen!

Drück mich wie ein Siegel an dein Herz, mich wie ein Siegel an deinen Arm. Liebe ist mächtig wie
der Tod, und Eifersucht ist grausam wie die Hölle. Der Liebe Flamme flammt wie eine lichte
Flamme Gottes!... Auch viele Wasser können die Liebe nicht auslöschen, noch Ströme sie
ertränken. Gäbe ein Mensch auch allen Reichtum seines Hauses für die Liebe, so wär das doch
verachtenswert.

Die Liebe ist stark wie der Tod – oder, wie man auch sagen kann: Die Liebe ist stärker als der Tod!
Mit diesem Vers auf den Lippen gingen Juden in die Gaskammern der national-sozialistischen
Vernichtungslager. Wie kann man beweisen, dass die eigene Liebe zu Gott so stark ist wie der Tod?
Das beweist sich, wenn man stirbt für Christus, die Märtyrer hatten eine Liebe stark wie der Tod.
Als im ersten Jahrhundert nach Christus ein Jude von den heidnischen Römern gefoltert wurde und
schließlich umgebracht, rief er: Nun kann ich beweisen, dass meine Liebe stark wie der Tod ist!
Und Eifersucht ist grausam wie die Hölle? Meistens übersetzt man: Und die Leidenschaft ist hart
wie die Unterwelt! Aber wieso ist die Leidenschaft hart, wieso ist sie hart wie die Unterwelt? Ich
gestehe, dass ich das nicht verstehe. Es sei, denn, es sei ein Parallelismus zum Vers davor: Die
leidenschaftliche Liebe zu Gott schreckt nicht vor dem Totenreich zurück! Und es ist ja nicht nur
die Liebe des Menschen zu Gott, sondern auch Gottes Liebe zum Menschen ist stark wie der Tod,
schließlich wurde der unsterbliche Gott in Jesus ein sterblicher Mensch, um stellvertretend für alle
Menschen den Tod zu sterben und ihnen so das ewige Leben zu erwirken. Die leidenschaftliche
Liebe Jesu zur Menschheit ließ ihn nicht davor zurückschrecken, nach seiner Kreuzigung in das
Reich der Toten hinabzusteigen und die Toten zu erlösen! Der Liebe Flamme ist eine Flamme
Gottes – und hier steht das einzige mal im Hohenlied der Name Gottes: Jah! Jah offenbarte sich auf
dem Horeb dem Mose als eine Feuerflamme, die im Dornbusch brannte, das war die Flamme der
Liebe Gottes! Die Liebe stammt von Gott, denn Gott ist die Liebe, und die Liebe ist der Weg zu
Gott, und die Seligkeit werden wir uns verdienen durch die Hingabe an die göttliche Liebe! Und die
Ewigkeit wird ein Eintauchen sein in das Meer der Ewigen Liebe, in den Schoß der dreifaltigen
Liebe! Diese Liebe Gottes kann keiner vernichten, kein Teufel und kein Tyrann! Diese Liebe Gottes
kann man sich nicht für Geld kaufen, so wie man überhaupt sich die Liebe Gottes nur schenken
lassen kann, denn darum sollen wir wie Kinder werden, die nichts haben, aber sich gerne
beschenken lassen. Das ist das Evangelium Jesu: Seid wie Kinder und lasst euch beschenken von
der göttlichen Liebe, denn sie will euch das ewige Leben schenken!

Unsere Schwester ist klein und hat noch keinen Busen. Wie sollen wir tun der Schwester, wenn der
Tag der Werbung kommt? Ist sie eine Mauer, bauen wir einen silbernen Mauerkranz auf ihr; ist sie
eine Pforte, riegeln wir sie zu mit Zedernbalken.

Die Braut ist die Kirche, ihre kleine Schwester ist die Synagoge, sie hat noch keine
vollaufgeblühten Brüste, sie ist noch nicht geschlechtsreif, denn sie ist noch nicht bereit, den
Messias als Bräutigam zu empfangen. Sie erwartet einen Messias, der in Zukunft kommen soll,
dabei ist der Messias schon gekommen, der Bräutigam ist schon da! Die Kirche aber hat sich mit
dem Bräutigam verlobt.

Ich bin eine Mauer, meine Brüste sind Rundtürme.

Die Brüste der Braut sind anders als die Brüste ihrer kleinen Schwester. Die Brüste der kleinen
Schwester sind kaum Knospen, aber die Brüste der Braut sind Granatäpfel! Die Brüste der
Madonna werden im Hohenlied mit hüpfenden Gazellenzwillingskitzen verglichen, mit Trauben des
Weines und mit Rundtürmen. Die Brüste Mariens sind prall gefüllt mit Milch, sie sind
unerschöpflich reich, und sie ernähren die Kirche aller Zeiten! Wie wir uns weihen sollen nach dem
Wunsch Gottes dem Unbefleckten Herzen Mariens, so wollen wir uns auch im Besonderen weihen
den Brüsten Mariens.

Ich ward in seinen Augen eine, die Frieden fand. Schelomoh besitzt einen Weinberg in Baal-
Hamon, und er gab den Weinberg an die Gärtner. Jeder Mann bekommt für die Früchte tausend
Silbermünzen. Mein Weinberg ist vor mir. Dir, Schelomoh, tausend Silbermünzen; zweihundert den
Gärtnern der Früchte.

Gott hatte einen Weinberg, den hat er den Israeliten anvertraut, dass sie ihn bebauen. Als Gott aber
seinen Erntegewinn abholen wollte, sandte er seinen Sohn, aber die Israeliten haben Gottes Sohn
wegen Gotteslästerung kreuzigen wollen, darum lieferten sie ihn an die Römer aus und so wurde
der Sohn Gottes gekreuzigt. Er ist aber auferstanden und hat den Weinberg andern gegeben, nämlich
der Kirche aus allen Völkern. Aber es bleibt die Verheißung, dass vor der Wiederkunft des Messias
auch die Israeliten noch den Messias Jesus annehmen werden als ihren Erlöser.

Im Garten Wohnende, lauschen laß mich deiner Stimme, auch die Gefährten hören auf sie.

Der Bräutigam spricht zur Seele: Meine Freundin, die du in deinem Frühlingsgarten der Liebe
wohnst, laß mich hören die Stimme deines Gebetes und die Stimme deines Gesanges, denn, wie der
barmherzige Jesus einmal sagte: Deine Sprache ist mir lieb! Und weil du so viel mit deinem
göttlichen Bräutigam erlebt hast, hören auch deine Freunde auf dich, denn du kannst nicht sagen,
dass du Gott nicht kennst, sondern, wenn du sagen würdest, ich kenne ihn nicht, so würdest du
lügen.
Eile, mein Geliebter, und sei wie ein Gazellenbock oder ein junger Hirsch auf den Balsambergen!

Mein gekreuzigter Christus, du verwundeter Hirsch, eile zu den Balsambergen, den heilenden
Höhen der Auferstehung! Und zieh mich dir nach! – Der Gazellenbock auf den Balsambergen – der
Bräutigam im Schoß seiner Braut! Die Vereinigung ist vollzogen.

DAS ALLERHEILIGSTE

(Das Hohe Lied Salomos in Auszügen,


von der jüdischen Mystik genannt das „Allerheiligste“ der Heiligen Schrift.)

Das Lied der Lieder, Salomo zu eigen.

Du küsse mich mit Küssen deines Mundes,


Weil deine Liebe süßer ist als Wein!
Wie köstlich deiner Salben Duft!
Dein Name ist wie ausgegossne Salbe,
Drum lieben dich die Mädchen!
Zieh mich dir nach! Wir wollen eilen!
Der König führt mich in die Brautgemächer!
Wir wollen jubeln und uns freuen über dich!
Wir wollen deine Liebe preisen mehr als Wein!
Mit Recht ist man verliebt in dich!

Schwarz bin ich und sehr schön,


Ihr Töchter von Jerusalem,
Schwarz wie die Zelte Kedars
Und wie der Pavillon von Salma.
Seht mich nicht an, weil ich so schwarz bin,
Die Sonne hat mich so verbrannt.
Die Söhne meiner Mutter stritten viel mit mir,
Sie setzten mich zur Hüterin der Weinterrassen,
Doch meine eigne Weinterrasse hab ich nicht behütet.
So sag mir, du, den meine Seele liebet,
Wo weidest du,
Wo läßt du deine Herde ruhn am Mittag?
Daß ich nicht als Verschleierte
Bei Herden der Genossen wandeln muß!

Wenn du es weißt, du Schönste aller Frauen,


Dann wandle auf der Schafe Spuren
Und weide deine Zicklein bei den Hirtenzelten!

Der Stute an dem Wagen Pharaos vergleich ich dich,


O meine Vielgeliebte!
Schön sind die Wangen mit den Strähnen,
Dein Hals mit Perlenschnüren!
Wir wollen Ringe dir von Gold und Silbertropfen machen!
Solang der König bei der Tafelrunde weilte,
Gab meine Narde ihren Duft.
Ein Beutel Myrrhe ist mir mein Geliebter,
Der zwischen meinen Brüsten liegt,
Und eine Hennatraube ist mein Vielgeliebter,
Die Hennatraube aus den Weinterrassen von Engedi.

Schau, schön bist du, o meine Vielgeliebte,


Sehr schön bist du!
Und deine Augen sind wie Tauben!

Schau, mein Geliebter, schön bist du und herrlich!


Und unser Lager ist aus frischem Gras,
Die Balken unsrer Hütte Zedern
Und unsre Bretter sind Zypressen.

Feldblume bin ich in den Scharonwiesen


Und bin die Lilie in dem Tale!

Wie eine Lilie unter Dornen,


Ist meine Freundin unter allen Frauen!
Ein Apfelbaum ist unter Waldesbäumen
Mein Vielgeliebter unter allen Männern!
Wie mich verlangt, in seinem Schatten still bei ihm zu sitzen,
Denn seine Frucht ist meinem Gaumen süß!
Er ging mit mir ins Weinhaus,
Da Liebe war sein Zeichen über mir.
O stärkt mich mit Rosinenkuchen,
Erlabet mich mit Äpfeln,
Denn ich bin krank vor Liebe!
Legt er mir unters Haupt die Linke,
Liebkost mich seine Rechte!
So will ich euch beschwören, Töchter von Jerusalem,
Bei den Gazellen und den Hindinnen der Felder:
Stört nicht die Liebe auf
Und macht ihr keine Unruh,
Bis es ihr selbst gefällt!

Die Stimme meines Vielgeliebten!


Schaut her, er kommt!
Springt über Berge, eilig über Hügel!
Mein Vielgeliebter ist wie ein Gazellenbock,
Ein junger Hirsch mein Vielgeliebter!
Da steht er hinter meiner Wand,
Er schaut durchs Fenster,
Er guckt durchs Gitter.
Mein Vielgeliebter spricht zu mir:
Steh auf, o Vielgeliebte, Schönheit, komm!
Denn schau, der Winter ist vergangen,
Der Regen ist vorbei, der Nebel ist dahin,
Die Blumen sieht man in dem Lande,
Die Zeit des Singens ist gekommen,
Der Turteltaube Stimme läßt sich hören
In unserm Lande,
Der Feigenbaum hat erste Feigen ausgebildet,
Die Reben duften in der Blüte.
Steh auf, o meine Vielgeliebte, Schönheit, komm!
O meine Taube in der Felsenspalte,
In dem Versteck der Felsterrassse,
Laß schauen mich dein Antlitz
Und hören deine Stimme,
Denn süß ist deine Stimme
Und lieblich ist dein Antlitz!

Fangt uns die Füchse, fangt die kleinen Füchse,


Die unsre Weinterrassen ruinieren!
Steht doch der Weinberg schon in Blüte!

Mein Vielgeliebter, er ist mein und ich bin sein,


Der in den Lilien weidet.
Wenn sich der Abendwind erhebt
Und wenn die Schatten schwinden,
Dann wende dich, Geliebter,
Gleich dem Gazellenbock und gleich dem Hirsche
Zu Scheidebergen!

Wer ist sie, die heraufsteigt aus der Wüste


Wie eine Feuersäule,
Umwölkt von Myrrhe und von Weihrauch,
Von duftenden Gewürz des Krämers?

Da ist die Sänfte Salomos:


Umgeben sie von sechzig Helden,
Den Helden Israels.
Sie alle tragen ihre Schwerter,
Geübt in Kämpfen.
Ein jeder hat das Schwert in seiner Scheide,
Bereit, zu kämpfen gegen Schrecken in der Finsternis.
Die Sänfte ließ der König Salomo sich machen
Aus Holz vom Libanon.
Die Säulen sind aus Silber,
Die Lehnen sind aus Gold,
Der Sitz aus rotem Purpur.
Ihr Inneres ist eingelegt mit Liebe
Von Mädchen aus Jerusalem.
So kommt herbei und schaut, ihr Töchter Zions,
Schaut König Salomo in seiner Krone,
Mit der ihn seine Mutter an dem Tage seiner Hochzeit krönte,
Dem Tage seiner Seelenwonne!

Schau, schön bist du, Geliebte,


Sehr schön bist du!
Wie Tauben deine Augen,
Die schaun durch deinen Schleier!
Dein Haar ist eine Herde schwarze Ziegen,
Die wallen nieder von dem Berge Gilead!
Die Zähne sind wie frisch geschorne Schafe,
Die steigen aus dem Bad,
Die alle Zwillinge gebären,
Von denen keines ohne Junge ist!
Wie eine scharlachrote Schnur sind deine Lippen,
Dein Reden lieblich!
Ein Spalt in der Granatfrucht,
So schimmern deine Wangen durch den Schleier!
Ein Davidsturm dein Hals,
Gebaut von Elfenbein,
Sind tausend Schilde dran,
Sind Waffen dran von Helden!
O deine Brüste sind Gazellenzwillinge,
Die in den Lilien weiden!
Wenn sich der Abendwind erhebt
Und wenn die Schatten schwinden,
Will ich zum Myrrhenberge wallen und zum Weihrauchhügel!
Ganz schön bist du, vollkommen schön, Geliebte,
O meine Vielgeliebte, Makellose!

Mit mir als Braut vom Libanon,


Ja, komm mit mir vom Libanon!
Schau du herab vom Berge Amana,
Vom Berge Senir und vom Berge Hermon!
Komm von der Löwen Lagerplätzen
Und von den Ebenen der Panther!

Du hast mein Herz gewonnen,


O meine Schwester Braut,
Du hast mein Herz gewonnen
Mit Einem Blick der Augen,
Mit Einem Schmuckstück deines Halsgeschmeides!
Wie schön ist deine Liebe, Schwester Braut!
Viel lieblicher ist deine Liebe als der Wein!
Und deiner Salben Duft ist lieblicher als alle Balsamdüfte!
Wie Honig träufeln deine Lippen, meine Braut,
Denn unter deiner Zunge Milch und Honig fließen!
Und deiner Kleider Duft ist Duft vom Libanon!

Wie ein verschlossner Garten du, o Schwester Braut,


Verschlossne Quelle du, o Brunnen unterm Siegel!
Dein Lusthain ist ein Paradies:
Granaten, süße Früchte, Hennasträucher, Narde
Und Safran, Zimt und Kalmus
Und Weihrauchbäume, Aloe und Myrrhe
Und die erlesensten Gewürze.
Du bist wie eine Gartenquelle,
Bist wie ein Brunnen,
Wie Lebenswasser, welche fließt vom Libanon!
Erwache, feuchter Nordwind, komm, o heißer Südwind!
Laßt meinen Garten duften!
Es sollen strömen seine Wohlgerüche!

Mein Vielgeliebter trete ein in seinen Garten


Und speise seine süßen Früchte!

Ich bin gekommen in den Garten, Schwester Braut,


Ich habe Myrrhe mir gepflückt und Balsam,
Ich habe Wabenseim und Honigseim gesogen,
Ich hab die Milch getrunken und den Wein getrunken!
Speist, Brüder, trinkt,
Berauscht euch an der Liebe!

Wie schön du bist, o Vielgeliebte!


Wie Tirza lieblich, strahlend wie Jerusalem,
Erhaben wie die Fahne in der Schlacht!
Du wende deine Augen ab,
Denn sie verwirren mich!

Dein Haar ist eine Herde schwarzer Ziegen,


Die wallen nieder von dem Berge Gilead!
Die Zähne sind wie Schafe,
Die steigen aus dem Bad,
Die alle Zwillinge gebären,
Ist keines unfruchtbar!
Ein Spalt in der Granatfrucht
Ist deine Schläfe hinter deinem Schleier!
Sind sechzig Königinnen, achtzig Konkubinen
Und Mädchen ohne Zahl,
Doch meine Eine
Ist meine Taube, die Vollkommne,
Die Einzige der Mutter,
Die Auserwählte ihrer Mutter,
Die sie geboren einst!
Die Mädchen sahen sie und rühmten sie als Selige!
Die Königinnen und die Konkubinen haben sie erhoben!

Wer ist sie, die erhebt sich wie die Morgenröte,


So lieblich wie der Mond,
So rein wie Sonnenlicht,
So makellos wie Sternenscharen?

Ich ging zum Walnußgarten,


Zu sehn die Knospen in dem Tal,
Ob schon der Weinstock treibt,
Ob der Granatbaum blüht!

Du wende dich, du wende dich, o Friedensfürstin,


Du wende dich, du wende dich, daß wir dich anschaun können!
Was wollt ihr schauen an der Friedensfürstin?
Den Hochzeitstanz im Doppellager!
Wie schön sind deine Füße in den Schuhn, Prinzessin!
Die Rundung deiner Hüften ein Geschmeide,
Des Künstlers Werk!
Dein Schoß der heilige Kelch,
Dem nie der Süßwein mangelt!
Dein Leib ein Weizenbündel,
Umflort mit Lilienflor!
Die Brüste wie Gazellenkitze,
Gazellenzwillinge!
Dein Hals ein Turm von Elfenbein!
Die Augen dein wie Teiche
In Heschbon an dem Tor Bath-Rabbim!
Dein Näschen wie das Türmchen auf dem Libanon,
Das nach Damaskus schaut!
Dein Haupt wie Karmel!
Das Haar auf deinem Haupte Purpur,
Ein König liegt in deinem Haar gefangen!

Wie schön und lieblich bist du doch,


O Liebe voller Wonnen!
Dein Wuchs ist gleich der Palme
Und deine Brüste sind wie Trauben!
Ich sprach: Ich möchte auf die Palme steigen,
Umfassen ihre Rispen!
O deine Brüste sind wie Trauben an dem Weinstock!
Und deine Atems Duft ist Apfelduft!
Dein Mund wie edler Wein,
Der dem Geliebten köstlich mundet
Und Lippen netzt und Zunge!

Ich, ich gehöre meinem Vielgeliebten,


Nach mir, nach mir steht sein Verlangen!

Komm, mein Geliebter,


Laß uns hinausgehn auf das Feld,
Wir wollen in dem Dorf die Nacht verbringen,
Wir wollen frühe zu den Weinterrassen,
Wir wollen schauen, ob der Weinstock treibt,
Ob aufgegangen sind die Rebenblüten,
Ob die Granaten blühn!
Dort werde dir ich meine ganze Liebe schenken!
Die Liebesäpfel spenden ihren Duft,
An unsrer Tür sind Früchte letzten Jahres
Und frische neuen Jahres,
Mein Vielgeliebter,
Dir hab ich aufgespart die Frucht!

Wer ist sie, die heraufsteigt aus der Wüste,


Gelehnt auf ihren Vielgeliebten?
Ich hab dich unterm Apfelbaum geweckt!
Dort einst empfing dich deine Mutter,
Sie hat dich dort empfangen,
Sie hat dich dort geboren.

Leg wie ein Siegel an dein Herze mich


Und wie ein Siegel mich an deinen Arm!

Die Liebe - Sie ist mächtig wie der Tod


Und Ihre Leidenschaft ist brennend wie das Totenreich!
Denn Ihre Glut ist lauter Feuer,
Sie ist die Flamme GOTTES!

DAS LIED DER LIEDER SALOMOS

1
DIE BRAUT RÜHMT DEN BRÄUTIGAM

O, tränke mich mit Küssen deines Mundes,


Denn süßer als der Wein ist deine Liebe!
Das Düften deiner Salben ist so lieblich,
Wie Salböl ist dein Name ausgegossen,
Drum lieben dich die Mädchen!

Zieh mich dir hinterher und lass uns eilen,


O König, führ mich ein in deine Kammer!
Wir wollen jubeln und uns an dir freuen!
Berauschend wie der Wein ist deine Liebe!
Recht lieben dich die Mädchen!

2
SELBSTLOB DER BRAUT

Bin braun und schön, ihr Fraun Jerusalems,


Wie Kedars Zelt und Salmas Pavillon.
Seht mich nicht an, weil ich so braungebrannt,
Die Sonnenstrahlen haben mich verbrannt.
Die Söhne meiner Mutter grollen mir.
Ich sollte ihren Weinberg hüten, doch
Den eignen Weinberg hab ich nicht bewahrt.

3
DIE GELIEBTE WÜNSCHT EIN RENDEZ-VOUS BEI DER HIRTENHÜTTE

Sag mir, du, den meine Seele liebet,


Wo du weidest, wo du mittags lagerst.
Soll ich einer Vagabundin gleichen,
Schleichen bei den Herden der Genossen?
Weißt du’s nicht, du Schönste aller Weiber,
Folge nur den Spuren meiner Schafe,
Weide deine Zicklein bei den Zelten.

4
LIEBESGEFLÜSTER

Dem Ross am Wagen Pharaos


Vergleich ich dich, o meine Freundin.
Süß deine Wangen mit dem Schmuck,
Dein Hals in langen Perlenschnüren.
Ein goldnes Kettchen mach ich dir
Und häng dran kleine Silberglöckchen.

Der König liegt an seinem Tisch,


Da duftet lieblich meine Narde.
Mein Liebster ist ein Myrrhesack,
Gebettet zwischen meinen Brüsten.
Der Zypertraube gleicht mein Freund
Wie in dem Weinberg von Engedi.

Geliebte, du bist wirklich schön,


Ja, du bist wirklich eine Schönheit!
Mein Liebster, schön und voller Lust,
Ah, grün ist unser Liebeslager!
Die Balken sind von Zedernholz,
Die Latten aber von Zypressen.

5
DIE LIEBENDEN LOBEN EINANDER

Der Scharonwiese Krokusblume,


Die Lilie in dem tiefen Tal,
Du bist die Lilie unter Dornen,
Geliebte in der Mädchen Schar.

Ein Obstbaum unter wilden Bäumen,


Mein Liebster in der Kerle Kreis.
In deinem Schatten will ich sitzen,
Dein Obst schmeckt meinem Gaumen süß.

Er führte mich in seine Schenke,


Die Liebe ist die Fahne sein.
Rosinen gibt er mir und Äpfel,
Ich aber bin vor Liebe krank!

6
SCHMACHTENDER SEUFZER
Seine Linke unter meinem Haupte,
Seine Rechte weiß mich zu liebkosen.
Ich beschwöre euch: Ihr Töchter Zions,
Bei den Hindinnen und den Gazellen,
Weckt nicht auf und stört nicht auf die Liebe,
Bis es selbst gefällt der süßen Liebe.

7
DER GELIEBTE BESUCHT DIE FREUNDIN

Schau, mein Geliebter, grade kommt er nahe,


Eilt über die Gebirge und die Hügel.
Ja, mein Geliebter gleicht dem edlen Hirsche
Und dem Gazellenbock in seiner Inbrunst.
So schaut, schon steht er hinter meiner Mauer.
Ich schaue aus dem Fenster, blick durchs Gitter.
Mein Vielgeliebter spricht erhabner Rede:

Erhebe dich, o meine liebe Freundin,


O komm, o komm, du meine Allerschönste!
Vorbei gegangen ist der harte Winter,
Vorüber ist der Schnee und ist geschmolzen.
In allen Landen sind zu sehn die Blumen,
Gekommen ist die Zeit der Liebeslieder,
Der Ruf der Turteltaube ist zu hören,
Die Feige öffnet ihre jungen Knöspchen,
Die Reben blühn und spenden Duft berauschend.

Erhebe dich, o meine liebe Freundin,


O komm, o komm, du meine Allerschönste!
Mein Turteltäubchen in der Felsenspalte,
In dem Versteck der steilen Wand des Berges,
Laß schaun mich deine strahlende Erscheinung
Und hören lass mich deine helle Stimme,
Denn deine Stimme ist gestimmt harmonisch
Und deine strahlende Erscheinung reizend!

8
SEUFZER DER JUNGEN MÄDCHEN

Ach, fangt die Füchse,


Die kleinen Füchslein,
Die Weinbergwildrer!
Jetzt blüht mein Weinberg!

9
GANZHINGABE DER BRAUT
Du bist mein und ich bin dein,
Weidend auf der Lilienau.
Bis der Wind des Tages weht
Und die dunklen Schatten fliehn,
Komm und tu es, lieber Mann,
Tu’s wie der Gazellenbock
Oder tu es wie der Hirsch
Hoch auf dem gespaltnen Berg!

10
SEHNSUCHTSTRAUM UND ERWACHEN

Auf meinem Bette in der Nacht,


Da sucht ich, den mein Seelchen liebt,
Ich sucht ihn, doch ich fand ihn nicht.
Jetzt steh ich auf, streif durch die Stadt,
Die engen Gassen und den Markt,
Will suchen, den mein Seelchen liebt!
Ich sucht ihn, doch ich fand ihn nicht,
Ich fand die Wächter in der Stadt:
Sagt, Wächter, habt ihr den gesehn,
Den ganz allein mein Seelchen liebt?
Kaum waren erst die Wächter weg,
Da fand ich, den mein Seelchen liebt!
Ich halt ihn fest und lass ihn nicht!

11
BESCHWÖRUNG

Ich beschwöre euch, ihr Töchter Zions,


Bei den Hindinnen und den Gazellen,
Daß ihr nicht erweckt und ihr nicht aufstört,
Bis es selber ihr gefällt, die Liebe!

12
DER HOCHZEITERKÖNIG UND SEIN DIWAN

Was ists, was da aufsteigt aus der Wüte,


Säulen Rauchs vergleichbar,
Süß umraucht von Myrrhe und von Weihrauch,
Apotheker-Düften?
Siehe da, das ist des Königs Sänfte,
Salomos, des Königs.
Sechzig tapfre Helden um die Sänfte,
Israels Gewalten,
Alle tragen Schwerter an den Hüften,
Sie, die Kampfgenossen,
Jeder trägt sein Schwert an seiner Hüfte,
Gegen allen Terror.
Einen Sessel ließ der König machen
Von des Berges Zedern,
Seine Füße machte er aus Silber,
Ganz aus Gold die Lehnen,
Eingelegt mit Ebenholz der Sessel,
Purpurn seine Polster.
Töchter von Jerusalem, betrachtet,
Schaut, ihr Töchter Zions,
König Salomo in seiner Krone,
Seiner Mutter Gabe
An dem Tage seiner Herzensfreude,
Seines Hochzeitsfestes!

13
DER LIEBENDE PREIST DAS SCHÖNE MÄDCHEN

Wahrlich, du bist schön, o meine Freundin,


Wahrlich, du bist lieblich!
Deine beiden Augen sind wie Tauben
Unter deinem Schleier!
Deine Haare gleichen Ziegenherden
Wallend von dem Berge!
Deine Zähne gleichen Frischgeschornen,
Aus der Schwemme steigend!
Alle Mütter haben Zwillingslämmer,
Keine ohne Kinder!
Einer roten Schnur gleich deine Lippen,
Reizend ist dein Mündchen!
Gleich Granatenscheiben deine Wangen
Hinter deinem Schleier!
Und dein Hals ist gleich dem Davids-Turme,
Wie ein Haus voll Waffen,
Tausend Schilde hängen dir am Halse,
Voll von Siegstrophäen!
Deine Brüste gleichen Zwillingskitzen,
Gleichen Zwillingskitzen,
Zwillingskitzen, die in Lilien weiden,
Hüpfenden Gazellen!
Bis die frischen Morgenlüfte wehen
Und die Schatten fliehen,
Will ich wandeln auf dem Myrrhehügel
Und dem Weihrauchberge!
Ganz vollkommne Schönheit bist du, Freundin,
Bist die Makellose!

14
KOMM, GELIEBTE!

Mit mir vom Libanon, o Braut,


Komm doch mit mir vom Libanon,
Vom Gipfel komm des Amana,
Des Senir- und des Hermonbergs,
Vom Lagerplatz der Löwen komm,
Vom Berg der schwarzen Panther komm!

15
DIE SCHWESTER ZAUBERIN

Wie hast du mich verzaubert, meine Schwester,


Wie mir das Herz gestohlen, meine Braut!
Verzaubert hast du mich mit Einem Auge,
Verzaubert mich mit deinem Medaillon!

Wie schön ist deine Liebe, meine Schwester,


Viel süßer deine Liebe als der Wein!
Viel süßer sind die Düfte deiner Salben
Als aller Balsamstauden lindes Öl!

Von Wabenhonig triefen deine Lippen


Und unter deiner Zunge schäumt die Milch
Und deine Kleidchen, meine Braut und Schwester,
Sie duften wie der Wald des Libanon.

16
DIE FREUNDIN IST EIN LUSTGARTEN

Ein verschlossener Garten meine Schwester,


Meine Braut, versiegelt deine Quelle!
Liebe, deines Gartens Triebe bilden
Paradiese purpurner Granaten
Und von allen auserlesnen Früchten,
Cypernblumen, Cypernblumen, Narde,
Zimt und allerlei Gewürzrohr, Süßholz,
Weihrauch, Myrrhe, Aloe und Safran
Und den allerköstlichsten Balsamen!

Meines Gartens Quelle ist ein Bronnen,


Von dem Libanon strömt Lebenswasser.
Fort, du Nordwind! Komm herbei, du Südwind!
Südwind, wehe du durch meinen Garten,
Daß die Düfte meines Gartens strömen!
Mein Geliebter, komm in meinen Garten,
Schmause meine auserlesnen Früchte!

Ja, ich komm in deinen Garten, Schwester,


Pflücke deine Myrrhe, deinen Balsam,
Speise deine Wabe samt dem Honig,
Trinke deine Milch und deinen Süßwein!
Iss, mein Freund und Bruder, trinke maßlos
Und berausche dich an Liebeswollust!

17
NÄCHTLICHER BESUCH

Ich schlief, mein Herz war aber wach,


Da klopfte mein Geliebter an:
Ach tu mir auf, mein Schwesterchen,
O Freundin, Täubchen makellos!
Mein Haupt ist naß vom Tau der Nacht,
Die Locken von den Tropfen feucht!

Hab ausgezogen schon den Rock,


Soll anziehn wieder ich den Rock?
Gebadet sind die Füße schon,
Soll ich sie schmutzig machen noch?

Mein Liebster streckte seine Hand,


Die Rechte durch der Pforte Loch!
Ich war betört von seinem Wort,
Mein Innres wallte auf in mir!
Doch stand ich auf, tat auf die Tür,
Die Hand lag an des Riegels Griff!
Von Myrrhe troff mir meine Hand!
Die Finger troffen von dem Öl!

Schnell tat ich meinem Liebsten auf,


Doch er war schon verschwunden, fort!
Ich sucht ihn, doch ich fand ihn nicht,
Ich rief ihn, doch der Liebste schwieg.

Mich fanden Leute in der Stadt,


Sie schlugen mich, verletzten mich,
Sie nahmen mir den Schleier weg,
Die Wächter an dem Tor der Stadt.

Ihr Töchter von Jerusalem,


Wenn ihr den Freund gefunden habt,
Was sagt ihr meinem Liebsten dann?
Ach, dass ich krank vor Liebe bin!

18
LOBPREIS DES FREUNDES

Was ist dein Freund denn für ein Freund,


Du Schönste aller Frauen?
Was ist dein Freund denn für ein Freund,
Daß du uns so beschwörest?
Mein lieber Freund ist weiß und rot,
Der Erste unter Tausend,
Sein Haupt ist Gold, ist feines Gold,
Und seine Mähne wallend!
Wie Tauben seine Augen sind
An stillen Wasserläufen,
Die milchweiß sind, gebadet sind,
Am Teichesrande sitzen.
Die Wangen sind ein Balsambeet,
Von Wohlgerüchen duftend.
Die Lippen sind wie Rosen, die
Von süßer Narde triefen.
Die Finger Stäbe sind von Gold
Und reich besetzt mit Onyx.
Sein Leib ein Stück von Elfenbein,
Besetzt mit reinen Perlen.
Die Schenkel Marmorsäulen gleich
Auf festen goldnen Sockeln.
Gestaltet wie der Libanon
Mein Freund, wie eine Zeder.
Sein Gaumen ist voll Süßigkeit.
Er ist so ganz aus Wonne!
So ist mein Liebster und mein Freund,
Ihr jungen Mädchen Zions.

Wohin gegangen ist dein Freund,


Du Schönste aller Frauen?
Wohin gewandt hat sich dein Freund,
Daß wir ihn mit dir suchen?

Zum Garten trat mein Liebster ein,


Zu seinen Balsambeeten,
Zu weiden in des Gartens Grund,
Die Lilie dort zu pflücken!
Ich bin ganz sein, er ist ganz mein,
Der in den Lilien weidet.

19
DIE SCHÖNE FREUNDIN

Schöne, meine Freundin, schön wie Thyrza!


Lieblich bist du wie die Tochter Zion!
Herrlich bist du wie ein Heer von Sternen!
Wende deine Augen ab vom Freunde,
Sie verwirren mich, sie sind betörend!
Deine Haare sind wie Ziegenherden,
Die vom Gileadgebirge wallen!
Deine Zähne weiß wie Mutterschafe,
Welche aus dem Bad der Schwemme steigen!
Alle Mutterschafe zwillingsträchtig,
Keine Mutter ohne kleine Lämmer!
Eine Schnitte purpurner Granate
Deine Wange unter deinem Schleier!

20
DIE EINE

Sechzig Königinnen hatte Schlomo,


Achtzig Konkubinen hatte Schlomo,
Ohne Zahl die jungen Mädchen Schlomos!
Einzig meine Taube, meine Reine,
Makellose, einzig ihrer Mutter!
Junge Mädchen sehen sie und rühmen,
Königinnen, Konkubinen rühmen
Und bewundern tief die Eine Schlomos!

21
DIE HIMMLISCHE SCHÖNHEIT DER FREUNDIN

Wer ist jene Schöne, die herabschaut


Leuchtend aus der Morgenröte Fenster?
O Geliebte, schimmernd wie die Luna!
O Geliebte, strahlend wie die Sonne!
O Geliebte, schön wie Sternenscharen!

22
LENZLUST UND LIEBE

Zum Nussbusch stieg ich nieder,


Zu freun mich an den Knospen!
Ob schon der Weinberg blühte,
Ob die Granaten blühten?
Sie schenkt mir ihre Liebe!
Ich kenn mich selbst nicht wieder!
Sie schenkt mir ihre Liebe,
Die Allgebenedeite,
Die Tochter jenes Edlen.

23
DER TANZ DER BRAUT

Dreh dich, dreh dich, Sulamithin,


Dreh dich, dass wir dich bewundern!
Ihr bestaunt die Sulamithin
Bei dem Tanz des Hochzeitstanzes?

Deine Füße in Sandalen


Sind so reizend, o Prinzessin!
Deine schöngewölbten Hüften
Biegen kunstreich sich geschmeidig!

Ah, ein Becher ist dein Becken - - -


Niemals mangle mir der Mischwein!
O, dein Körper ist wie Weizen,
Schön umflort von Lilienblüten!

Deine Brüste gleichen Kitzen,


Wie Gazellenzwillingskitze!
Turm von Elfenbein dein Nacken
Und dein Haupt ist gleich dem Karmel!

Deine Augen sind wie Wasser


Heschbons am Bath-Rabbim-Tore,
Deine Nase gleicht dem Türmchen,
Welches nach Damaskus ausschaut.

Deines Hauptes Haar geflochten


Ist wie purpurrote Flechten
Und ein König liegt gefangen
In der Lockenschlangen Schlingen!

24
DER FREUND WILL DIE FREUNDIN BESTEIGEN!

Schön bist du und ganz holdselig,


Du Geliebte, Wonnevolle!
O dein Wuchs, der gleicht der Palme!
Deine Brüste gleichen Trauben!
Ich die Palme will besteigen,
Greifen nach den Fruchtbeständen!
Deine Brüste gleichen Trauben,
Prallen Trauben fruchtbarn Weinbergs!
Deines Mundes Hauch ist duftend
Wie der frische Saft der Äpfel!
Wein, der schmeichelt meinem Gaumen,
Rotwein, netzt mir meine Lippen!

25
GANZHINGABE DER GELIEBTEN

Ich bin meines Liebsten,


Ich bin sein Verlangen!
Komm, ach komm, Geliebter,
Gehn wir auf die Wiese,
Schlafen auf dem Lande,
Schauen früh den Weinberg,
Ob Granaten blühen.
Dort geb ich dir alles,
Schenk dir meine Liebe!
Liebesäpfel duften,
Vor der Tür die Äpfel,
Alte neben neuen,
Die ich aufgehoben
Dir, o Vielgeliebter!

26
GELIEBTER UND BRUDER

O dass du mein Bruder wärest,


Der an meiner Mutter Busen
Süße Milch getrunken hätte –
Träf ich dich dann auf der Straße,
Küsst ich dich wie einen Bruder,
Dürfte man mich nicht verachten!
Führte dich zu meiner Mutter,
Zu der Frau, die mich geboren,
In der Wohnung meiner Mutter
Gäb ich dir gewürzten Rotwein,
Most der saftigen Granaten!

27
LIEBKOSUNG

Seine Linke unter meinem Haupte,


Seine Rechte weiß mich zu liebkosen!
Ich beschwöre euch, ihr Töchter Zions,
Weckt nicht auf und stört nicht auf die Liebe,
Bis es selbst gefällt der schönen Liebe!

28
ICH BETE AN DIE MACHT DER LIEBE

Wer ist sie, die heraufkommt aus der Wüste,


Sie, die sich lehnt an ihren Vielgeliebten?

Beim Apfelbaume wollte ich dich wecken,


Wo deine Mutter lag in ihren Wehen,
In Wehen jene Frau, die dich geboren.

So drück du an dein Herz mich wie ein Siegel,


Leg mich an deinen Arm wie eine Spange!
Allmächtig wie das Sterben ist die Liebe!
Unwiderstehlich wie das Reich der Toten
Ist die Gewalt der Leidenschaft der Liebe!
Der Liebe Funken sind des Feuers Funken!
Der Liebe Flammen sind die Flammen Jahwes!
Auch große Meere löschen nicht die Liebe
Und Ströme schwemmen nicht hinweg die Liebe!
Gibt einer alle Habe seines Hauses,
Die Liebe eines Herzens sich zu kaufen,
Man würde diesen Mann doch nur verachten!

29
DIE KLEINE SCHWESTER

Wir haben eine kleine Schwester,


Sie hat noch keine großen Brüste!
Was machen wir mit unsrer Schwester
Am Tag, wo Männer um sie werben?

Gleicht sie dem Mauerwall, so bauen


Für sie wir einen Kranz von Silber.
Doch ist sie eine offne Pforte,
Mit Balken wir sie dann verrammeln!

Ja ich, ich bin wie eine Mauer


Und meine Brüste sind wie Burgen!
Ich bin in des Geliebten Augen
Wie eine, die den Frieden spendet!

30
DER WEINBERG

Einst einen Weinberg hatte Salomo,


Der er den Weinberg Gärtnern übergab,
Die Ernte brachte tausend Schekel wohl.

Ja, meinen eignen Weinberg hab ich jetzt!


Die tausend Schekel geb ich Salomo,
Zweihundert gäbe ich den Gärtnern hin.

31
EILE, MEIN GELIEBTER!

Die du wohnest in dem Garten,


Meine Weggenossen lauschen,
Laß uns hören deine Stimme!

Eile, eile, mein Geliebter!


Tu es gleich dem edlen Hirsche,
Tu’s gleich dem Gazellenbocke
Röhrend auf dem Balsamberge!

CHANT D’AMOUR
Moi, Marie,
Je suis Notre Dame Noire,
Et je suis belle,
O filles de Paris,
Comme les tentes des bergères,
Comme les pavillons du roi.

Ne prenez pas garde à mon teint noir:


C'est le soleil qui m'a brûlée.
Les fils de ma Mère Dieu
Se sont irrités contre moi,
Ils m'ont faite gardienne des vignes,
Mais m vigne, à moi,
Je ne l'ai pas gardée.

Dis-moi, ô Josèphe-Marie,
Toi que mon coeur aime,
Où tu fais paître tes brebis,
Où tu les fais reposer à midi.
Car pourquoi serais-je comme une égarée
Près des troupeaux de tes compagnons?

A ma jument
Qu'on attelle aux chars du roi
Je te compare, ô mon amie Marie.

Tes joues sont belles


Au milieu des colliers,
Ton cou est beau
Au milieu des rangées de perles.

Je te ferons des colliers d'or


Avec des points d'argent.

Mon bien-aimé Josèphe-Marie est pour moi


Un bouquet de myrrhe,
Qui repose entre mes grande seins!

Que tu es belle, mon amie Marie,


Que tu es belle!
Tes yeux sont des colombes.

Moi, Marie,
Je suis un narcisse des jardins,
Un lis des vallées.

Les fleurs paraissent sur la terre,


Le temps de chanter est arrivé,
Et la voix de la tourterelle
Se fait entendre dans nos campagnes.
Le figuier embaume ses fruits,
Et les vignes en fleur
Exhalent leur parfum.
Lève-toi, mon amie Marie,
Ma belle, et viens!…

Ma colombe,
Qui te tiens dans les fentes du rocher,
Qui te caches dans les parois escarpées,
Fais-moi voir ta figure!
Fais-moi entendre ta voix!
Car ta voix est douce
Et ta figure est agréable.

Prenez-nous les renards,


Les petits renards
Qui ravagent les vignes;
Car nos vignes sont en fleur.

Mon bien-aimé Josèphe-Marie est à moi,


Et moi, Marie, je suis à lui;
Il fait paître son troupeau
Parmi les lis.

Sur ma couche,
Pendant les nuits,
J'ai cherché Josèphe-Marie,
Celui que mon coeur aime;
Je l'ai cherché,
Et je ne l'ai point trouvé.

Je me lèverai,
Et je ferai le tour de la cité
Dans les rues et sur les places;
Je chercherai Josèphe-Marie,
Celui que mon coeur aime.
Je l'ai cherché,
Et je ne l'ai point trouvé.

Les gardes qui font la ronde dans la cité


M'ont rencontrée:
Avez-vous vu Josèphe-Marie,
Celui que mon coeur aime?

A peine les avais-je passés,


Que j'ai trouvé Josèphe-Marie,
Celui que mon coeur aime;
Je l'ai saisi,
Et je ne l'ai point lâché
Jusqu'à ce que je l'aie amené
Dans la maison de ma Mère Dieu,
Dans la chambre de celle
Qui m'a conçue immaculé.

Qui est celle Marie


Qui monte du désert,
Comme des colonnes de fumée,
Au milieu des vapeurs de myrrhe
Et d'encens
Et de tous les aromates des marchands?

Que tu es belle, mon amie Marie,


Que tu es belle!
Tes yeux sont des colombes,
Derrière ton voile…
Tes cheveux sont comme un troupeau de chèvres,
Suspendues aux flancs
De la montagne des Pyrenées.

Tes dents sont comme un troupeau


De brebis tondues,
Qui remontent de l'abreuvoir;
Toutes portent des jumeaux -
Aucune d'elles n'est stérile.

Tes lèvres sont comme un fil cramoisi,


Et ta bouche est charmante!
Ta joue est comme une moitié de grenade,
Derrière ton voile…

Ton cou est comme la tour d’Avignon


Bâtie pour être un arsenal;
Mille boucliers y sont suspendus,
Tous les boucliers des héros.

Tes deux seins sont comme deux faons -


Comme les jumeaux d'une gazelle -
Qui paissent au milieu des lis!

Avant que le jour se rafraîchisse,


Et que les ombres fuient,
J'irai à la montagne de la myrrhe
Et à la colline de l'encens.

Tu es toute belle, mon amie Marie,


Et il n'y a point en toi de défaut, Immaculée!

Viens avec moi des Pyrenées,


Ma fiancée,
Viens avec moi des Pyrenées!
Regarde du sommet de la montagne,
Des tanières des lions,
Des montagnes des léopards.
Tu me ravis le coeur, Marie,
Ma soeur, ma fiancée,
Tu me ravis le coeur
Par l'un de tes regards,
Par l'un des colliers de ton cou.

Que de charmes dans ton amour,


Ma soeur, ma fiancée!
Comme ton amour vaut mieux que le vin,
Et combien tes parfums
Sont plus suaves
Que tous les aromates!

Tes lèvres distillent le miel, Marie,


Ma fiancée;
Il y a sous ta langue
Du miel et du lait,
Et l'odeur de tes vêtements
Est comme l'odeur du orient.

Tu es un jardin fermé, Marie,


Ma soeur, ma fiancée,
Une source fermée,
Une fontaine scellée.

Tes jets forment un jardin,


Où sont des grenadiers,
Avec les fruits les plus excellents,
Les troënes avec le nard;

Le nard et le safran,
Le roseau aromatique
Et le cinnamome,
Avec tous les arbres
Qui donnent l'encens;
La myrrhe et l'aloès,
Avec tous les principaux aromates;

Une fontaine des jardins,


Une source d'eaux vives,
Des ruisseaux des Pyrenées.

Moi, Marie,
J'étais endormie,
Mais mon coeur veillait.
C'est la voix
De mon bien-aimé Josèphe-Marie,
Qui frappe:
Ouvre-moi, ma soeur, mon amie Marie,
Ma colombe, ma parfaite!
Car ma tête est couverte de rosée,
Mes boucles sont pleines
Des gouttes de la nuit.

Moi, Marie,
J'ai ôté ma tunique;
Comment la remettrais-je?
J'ai lavé mes pieds;
Comment les salirais-je?

Mon bien-aimé Josèphe-Marie


A passé la main par la fenêtre,
Et mes entrailles
Se sont émues pour lui!…

Je me suis levée pour ouvrir


A mon bien-aimé Josèphe-Marie;
Et de mes mains
A dégoutté la myrrhe,
De mes doigts,
La myrrhe répandue
Sur la poignée du verrou!…

J'ai ouvert à mon bien-aimé Josèphe-Marie;


Mais mon bien-aimé s'en était allé,
Il avait disparu.
J'étais hors de moi,
Quand il me parlait.
Je l'ai cherché,
Et je ne l'ai point trouvé;
Je l'ai appelé,
Et il ne m'a point répondu.

Les gardes qui font la ronde


Dans la cité de Paris
M'ont rencontrée;
Ils m'ont frappée,
Ils m'ont blessée;
Ils m'ont enlevé mon voile,
Les gardes des murs.

Moi, Marie, je suis


A mon bien-aimé Josèphe-Marie,
Et mon bien-aimé Josèphe-Marie
Est à moi, Marie!
Il fait paître son troupeau
Parmi les lis.

Tu es belle, mon amie Marie,


Comme Avignon,
Agréable comme Paris,
Mais terrible comme des troupes
Sous leurs bannières.
Détourne de moi tes yeux,
Car ils me troublent!
Tes cheveux, Marie,
Sont comme un troupeau de chèvres,
Suspendues aux flancs des Pyrenées.

Tes dents sont comme


Un troupeau de brebis,
Qui remontent de l'abreuvoir;
Toutes portent des jumeaux -
Aucune d'elles n'est stérile.

Ta joue est comme une moitié de grenade,


Derrière ton voile...

Il y a soixante reines de la France,


Quatre-vingts concubines du roi,
Et des jeunes filles sans nombre!

Une seule est ma colombe,


Ma parfaite, Marie;
Elle est l'unique de sa Mère Dieu,
La préférée de celle
Qui lui donna le jour.
Les jeunes filles la voient,
Et la disent heureuse;
Les reines et les concubines aussi,
Et elles la louent.

Qui est celle qui apparaît


Comme l'aurore?
Belle comme la lune!
Pure comme le soleil!
Mais terrible comme des troupes
Sous leurs bannières!

Reviens, reviens, Marie!


Reviens, reviens,
Afin que nous te regardions!
Qu'avez-vous à regarder la vierge Marie
Comme une danse du marriage?

Que tes pieds sont beaux


Dans ta chaussure,
Fille du roi!
Les contours de ta hanche
Sont comme des colliers -
Oeuvre des mains d'un artiste!

Ton sein est une coupe arrondie,


Où le vin parfumé ne manque pas!
Ton corps est un tas de froment,
Entouré de lis.

Tes deux grande seins, Marie,


Sont comme deux faons!
Comme les jumeaux d'une gazelle!

Ton cou est comme une tour d'ivoire;


Tes yeux sont comme les étangs de Lourdes,
Près de la porte de Pau;
Ton nez est comme la tour d`Eiffel,
Qui regarde de la cité de Paris.

Ta tête est élevée


Comme Lisieux,
Et les cheveux de ta tête
Sont comme la pourpre;
Le roi est enchaîné
Par des boucles!

Que tu es belle, Marie,


Que tu es agréable,
O mon amour Marie,
Au milieu des délices éternelles!

Ta taille ressemble au palmier,


Et tes grandes seins à des grappes!

Moi, Josèphe-Marie, je me dis:


Je monterai sur le palmier!
J'en saisirai les rameaux!
Que tes grandes seins soient
Comme les grappes de la vigne!
Le parfum de ton souffle
Comme celui des pommes.

Et ta bouche
Comme un vin excellent!
…Qui coule aisément
Pour mon bien-aimé Josèphe-Marie,
Et glisse sur les lèvres
De ceux qui s'endorment!

Je suis à mon bien-aimé Josèphe-Marie,


Et ses désirs se portent vers moi, Marie!

Viens, mon bien-aimé,


Sortons dans les Champs Èlysées,
Demeurons dans les villages de la Provence!

Dès le matin nous irons aux vignes,


Nous verrons si la vigne pousse,
Si la fleur s'ouvre,
Si les grenadiers fleurissent.
Là je te donnerai mon amour!…

Oh! Que n'es-tu mon frère,


Allaité des mamelles de ma Mère Dieu!
Je te rencontrerais dehors,
Je t'embrasserais,
Et l'on ne me mépriserait pas.

Je veux te conduire,
T'amener à la maison de ma Mère Dieu;
Tu me donneras tes instructions,
Et je te ferai boire du vin parfumé,
Du moût de mes grenades!

Qui est celle qui monte du désert,


Appuyée sur son bien-aimé?
Je t'ai réveillée sous le pommier;
Là ta Mère t'a enfantée,
C'est là qu'elle t'a enfantée,
Qu'elle t'a donné le jour, Marie.

Mets-moi comme un sceau


Sur ton coeur, Joséphe-Marie,
Comme un sceau sur ton bras;
Car l'amour est plus fort comme la mort!
La jalousie est inflexible
Comme le séjour des morts!
Les ardeurs d’amour
Sont des ardeurs de feu,
Une flamme du JAH!

HEILIGER JOHANNES VOM KREUZ (SAN JUAN DE LA CRUZ)

DIE DUNKLE NACHT

(Lied der Seele von der mystischen Vereinigung mit Gott.)

Im dunkelsten Umnachten,
In Bangnis, und in Liebe heiß entflammt -
Oh dieses süßes Schmachten -
Ging ich hinaus auf Samt.
Das Haus war schon zur Ruh gegangen insgesamt.

Im Dunkel, dem durchwachten,


Auf der geheimen Treppe, scheu versteckt -
O dieses süße Schmachten -
Im Dunkel, unentdeckt,
Das ganze Haus hat sich zur Ruhe schon gelegt.

O Nacht so selig, ja,


In dem Geheimnis, welches mich unsichtbar
Gemacht, als ich nichts sah,
Wo nicht des Meistes Licht war,
Licht dessen, der in meinem Herzen Angesicht war.

Das führte. Übertroffen


Hat es des Mittags Licht. Dorthin sichs wandte,
Wohin ihm ging sein Hoffen.
Er, der mich tief erkannte,
Der Dorthin-, Irgendwohin- und Voraus-Gesandte!

O Nacht, mein Meisterin,


O Nacht, noch schöner als die Zier,
O Nacht, des Morgens! Dir
Geliebter und Geliebte
Ja ineinander sich verwandeln für und für.

Und er ließ mich erblühn.


Er, der mein Schutz, dem ich allein mich gab,
Er schlief - dieweil ich ihm
Geschenk gegeben hab.
Wohl frische Luft gab da des Fächers Zedernstab.

Und als die Luft und als


Die Luft zum Spielen seine Haare fand,
Hat den gebognen Hals
Verwundet seine Hand -
Er mir - bis aller meiner Sinne Summe schwand.

Ich bleib, mich selbst vergessend.


Mein Angesicht an des Geliebten Liebe
Halt ich, ganz still, nichts wissend,
Begier nicht meiner Triebe,
- Dem Geist entschwunden, daß ich untter Rosen bliebe.

SANG VON DER SEELE UND IHREM BRÄUTIGAM

Oh wohin schwangest du,


Geliebter? Wehe, du hast mich verlassen!
Nur Seufzer immerzu,
Wie eine Hindin du
Entflohst - du schlugst mir Wunden -
Ich rief, ich drang dir nach - du bliebst verschwunden.

O Hirten, die ihr standet


Getreu bei euren Herden
Auf Erden
Beim Gipfel: wenn ihr fandet
Den, den ich mir erwähle,
Dann möget ihr erzählen
Ah daß ich schmachte... schmachte..... mir vergeht die Seele!...

Den Liebsten zu empfangen


Wall ich am Ufersaum des Stroms entlang.
Auf Bergen bin gegangen.
Mich narren Blumen nicht im Glanzgeprang,
Kein Löwe, keine Schlangen
Und keine Mauer und kein Mächtiger
Halten mich nimmer auf - denn meine Liebe ist Er!

An di e Kreature n
O Busch und Hain und Wald,
Gepflanzt von meiner Liebe Hand - ins Leben
Gerufen mannigfalt!
Ihr goldengrünen Weizenfelder! Beben
Der Blumenkelche! - Saht ihr Ihn entschweben?

Ant wort der kreat uren


Gaben auf Gaben spendend
Durschweifte er die Haine
So wie ein Vögelein. Und er auf seine
Geschöpfe seiner Augen Schimmer senkend,
Barg er sie ganz in Schönheit, in die Seine.

Die Braut
Ah weh, ah wer vermag
Mich je zu heilen? - Gib dich gänzlich hin!
Und strebe nach Vollkommenheit! - Ich bin
Traurig an diesem Tag:
Ich schmachte und ich klag.
Nie kann mir deine Kunde kurz und dünn
Mir spenden das, was heißt begehrt mein Sinn!

Ja, alle die dein achten,


Die künden von den Strömen deiner Huld
Und mehren nur mein Schmachten!
Unsägliches Umnachten
Läßt mich zusammenbrechen -
Wovon sie stammelnd sprechen.

Wie magst du, Leben, leben


Dem Leben fern, dem Leben?!
Wie, daß du nicht erkaltest in der Liebe?
Wie Todespfeile schweben
Die Gaben dir herbei, dies alles, dies
Was Er dir hinterließ,
Daß seine Liebe
Sich tief in dir entfaltend in dir bliebe.

Hast du gekränkt dies Herz,


Warum läßt du es ungeheilt verschmachten?
Du raubtest dir dies Herz,
Du schätztest dieses Herz,
Ah wie verließest du nur solch ein Schmachten - ?
Willst du, was du dir nahmest, denn verachten?

Daß mir dein Balsam fließ!


Nichts anderes beendet meine Leiden!
Laß meine Augen saugen,
Du Wonne meiner Augen,
An dir alleine will ich meine Augen weiden!

O Quelle kristallklar,
Daß deines Teiches Spiegel lauter mir
Gleich zeige holde Zier
Ah jener Augen! All mein Schmachten war
Nach jenem Licht, das mir
Im Dunkel meines Innern ruhte rein und wahr.

Halt nicht die Augen offen,


Mein Liebster, denn sie treffen mich so sehr!
Der Bräutigam
O Taube hold und hehr,
Komm wieder! Sieh den Hirsch, den du getroffen,
Er röhrt vom Hügel her
Zum Rauschen deines Fluges - Schwingen offen -
Und kühlt sich seiner Glieder braunen Schmer!

Mein Seele seinem Schimmer


Gehört, allein Ihm dienen meine Sinne,
Ich bin kein Hirt und nimmer
Hab ich ein Amte inne,
Nichts tu ich mehr als Ihn zu lieben in der Minne!

Bleib ferne ich den Weiden,


Von euch gesehen nicht, sagt ihr: Von Sinnen
Sei ich, verlorn in Leiden.
Ja, tief versenkt in tiefer Minne Minnen
Verlor ich mich und ließ mich finden innen.-

Im jadegrünen Laube
Die Blauen Blumen in dem Dämmer Tau-be-
Perlt winden wir zu Kränzen,
Aus deiner Blütenhalle, Liebeslaube,
Umrankt von deiner Haare blühendem Lenzen!

Von deiner Lockenspitze!


Die Strähnen sahest du an meinen Wangen,
Auf meines Busens Auen,
In meinen Locken lagest du gefangen!
Mein Auge durfte tief in deine Augen schauen...
Seit du mir wundervoll
Holdselig süß in meine Augen schautest
Mit Glut so minnevoll,
Seit du die Wimpern holde niedertautest,
Mein Aug seit deinem Blick aufschauen soll!

Mich nimmerdar veracht,


Ließ ich mich einmal bräunlich von dir schauen!
In Ruhe mich betracht!
Ließ mir doch dein Mir-huldigendes-Schauen
Holdselige Schönheit auf mich niedertauen.

Den Fuchs, den Fuchs verscheucht


Aus unsers Weinbergs blumenreichen Reben.
Indess wir Rosen feucht
In unsre Haare weben.
Kein Lauscher auf den Bergen, wie mich däucht?

Nordostwind, fort! O komm


O Südwind und entfach die Liebesglut!
In meinen Garten komm,
Der Weihrauch für dich glomm
Und weiden wird die Liebste in der Lilienflut!

Der Bräutigam
Eintrat die Braut und als
Im schönen Garten voller Herzverlangen
Sie neigte hold den Hals -
Ruhig im Glutverlangen -
Auf des Geliebten Arm, der herzt sie jedenfalls.

O unterm Apfelbaum
Ich mich dir Braut verband!
O Traum!
Ich hab dich mir gewonnen,
Gesund wardst du in Wonnen,
Wo deine Mutter Schuld und Schande fand.

Euch gauklerische Vögel,


Panther, und Hindinnen und Hirsche röhrend
Betörend,
Über dem Fluß euch Segel,
Meer, Winde, Berg und Baum
Und euch, ihr Schrecken in der Nacht im Traum,

Euch, euch beschwöre ich beim Leierklang


Und der Sirenen Sang!
Laßt ab, laßt ab vom Drang,
Bleibt fern der Mauer um das Paradies,
Daß meine Braut süß schlummere, so süß...

O ihr Judäas Nymphen,


Solang in Blumen und in Rosenschauern
Es düftet von Parfümen,
Bleibt ferne unsern Mauern,
Ihr möget nicht vor unsrer heiligen Schwelle lauern!

Herzliebster, mein Genügen,


Verbirg dich! Auf, auf zu den Bergen schaue!
Sei du, mein Lieb, verschwiegen!
Schau die Gefährtinnen, schau Magd und Fraue
Und meine Fahrt zu fernen Inseln blaue.

Die gallenlose Taube


Zur Arche kam mit einem Friedenszweig.
Da ward die Turteltaube
Mit ihrem Tauber gleich
Vereinigt an der Quelle in dem grünen Reich.

Einsam des Lebens Fest,


In der geliebten Einsamkeit ihr Nest,
In Einsamkeiten führt
Allein sie ihr Gemahl, der sie nicht läßt,
Der in der Einsamkeit von Liebe ward verzehrt!

Geliebter, laß uns kosen,


Auf daß wir in einander Schönheit finden,
In Hain und Gartenrosen,
Bei Quellenbaches Tosen,
Wir wollen uns ins Herz von grünen Schlingen winden!

Komm, wollen wir uns schnelle


In Felsenhöhlen bergen und versenken,
Fern von des Tages Helle,
Uns tief und tief versenken
Und der Granate Feuchte wird uns tränken!

Die linde Luft umfing


Und du, o süße Nachtigall, lobsing,
Des Haines Schönheit bring
In heiligen Dunkels Meeren
Mit Flammen, die wie Balsamflut verzehren!

Que nadie lo miraba...


Aminadab tampoco parecia...
Y el cerco sosegaba...
Y la cabbalaria
A vista de las aguas descendia...

DIE LEBENDIGE LIEBESGLUT

Lebendige Liebesglut -
Die zarte Wunden beißt
Ah meiner Seele in der tiefsten Mitte!
Du zögerst nicht mehr, gut,
Vollend, daß mir zerreißt
Der Schleier dieses süßen Treffens, bitte!

Versengung, sanft unsäglich!


Verwundung, die mir strahlt!
Oh zarte Hand! Berührung süß und sacht,
Die schmeckt nach Leben ewig,
Die alle Schuld bezahlt!
Du hast den Tod besiegt und Leben gebracht!

O Lampenfeuer klar,
In dessen Glanz und Schein
Der Urabgrund von allem tiefen Denken,
Das blind und dunkel war:
Das nun mit Schönheit, rein,
Schön dem Geliebten Glut und Licht will schenken!

Wie voller Liebe erwacht


Bist du in meiner Brust,
Wo du alleine heimlich wohnest, Liebe!
Durch deinen Hauch entfacht,
Voll Herrlichkeit und Lust,
Erweckst du wundervoll mir meine Liebe!

DER HIRTE UND DIE HIRTIN

(Inspiriertes Poem auf Christus und die Seele)

Ein Hirte, einsam, ohne Glück im Herzen,


Nichts mochte er, nichts machte ihn zufrieden,
Er dachte an die Schäferin hienieden
Mit ganzem Herzen voller Liebesschmerzen.

Nicht Liebesschmerzen machten unermessen


Ihn traurig, auch betrübten nicht die Schmerzen,
Auch wenn er tief verwundet war im Herzen,
Doch traurig war er, weil er ward vergessen.

Doch daß vergessen ihn in ihrem Herzen


Die schöne Hirtin, daß hat ihn bewogen,
Auf fremdem Grund zu leiden schwere Plagen
Mit ganzem Herzen voller Liebesschmerzen.

„Weh dem Unseligen in seinem Herzen,


Der sie abspenstig machte meiner Ehe,
Daß sie nicht Ruhe findt in meiner Nähe,
An meinem Herzen voller Liebesschmerzen!“

Bald stieg er in den Baum und himmelwärts


Er breitete die Arme aus, heiß drängend,
Und starb allein, am Holz des Baumes hängend,
Sein Herz voll Liebesschmerz!

HEILIGE GLOSSE ZU EINEM VOLKSLIED

„Aller Schönheit nie


Mein Herz sich völlig verbindet,
Nur der Einheit, die
Man nur zufällig findet.“

Geschmack an endlichen Dingen


Bewirkt nur, daß er faden
Hunger läßt nach dem Verschlingen,
Ist gutem Gaumen ein Schaden.
Drum allem Süßen nie
Mein Herz sich völlig verbindet,
Nur der Einheit, die
Man durch Gunst nur findet.

Voller Großmut ein Herz


Erkennt keine Grenzen an,
Wenn es weiter reichen kann,
Es sei ihm denn zu schwer;
Nichts macht es zufrieden; Gebet
Und Glaube so hoch sich nicht windet,
Daß es schmeckt, was es nicht versteht,
Was man durch Gunst nur findet.

Wer leidet Liebesklagen,


Vom Göttlichen angerührt,
Andern Sinn in sich spürt,
Seine Sinne versagen;
Wie der, der im Fieber schwindet,
Die sichtbaren Speisen verschmäht
Und hungert nach dem, was er nicht versteht,
Das man durch Gunst nur findet.

Du brauchst dich nicht zu wundern,


Dein Sinn wird dir ganz anders,
Weil die Ursache dieser Wunden
Ist auch so gänzlich anders.
Drum jedes Geschöpf empfindet
Er fremd, das bei ihm steht.
Er schmeckt, was er nicht versteht,
Was man durch Gunst nur findet.

Da der Wille heut


Angerührt ist vom Göttlichen,
Findet er nicht Zufriedenheit
Als allein im Göttlichen.
Da göttliche Schönheit empfindet
Allein der Glaube, seht,
Spürt er sie in dem, was er nicht versteht,
Was man durch Gunst nur findet.

Glühst du in dieser Verliebtheit,


Bereitet es dir Schmerzen,
Nicht mehr Zufriedenheit
Zu finden in geschaffenen Herzen?
Form und Bild sie nicht bindet;
Wenn du ohne Stütze gehst,
Fühlst du fern, was du nicht verstehst,
Was man durch Gunst nur findet.

Denk nicht, dein Innerstes werde


(Das ich so wertvoll finde)
Frieden und Freude finden
Im Genuß dieser Erde!
Über dieser Schönheit befindet
Und allem was wird und ist und vergeht
Sich ein Geschmack, den man nicht versteht,
Den man durch Gunst nur findet.

Wer sich überwinden will,


Sei mehr nach jenem gesonnen,
Was er gewinnen will,
Als was er schon gewonnen.
So werde ich höher steigen,
Mich immer tiefer neigen,
Mich unergründlichem verbinden,
Das kann man durch Gunst nur finden.

Mit allem, was die Sinne


Auf Erden begriffen haben,
Dessen sie werden inne,
Und sei es noch so erhaben,
Mit Ruhm und Schönheit nicht
Mein innerstes Herz sich verbindet:
Nur mit dem Einen, den versteh ich nicht,
Den man mit Glück nur findet.

ROMANZE (nach Psalm 136)

An dem Ufer jenes Flusses,


Den in Babel ich gefunden,
Setzte ich mich hin, die Erde
All mit meinen Tränen tränkend.

Nahm dich auf in meine Seele,


Sion, die ich sehr begehre.
Süß war es, an dich zu denken,
Reicher strömten meine Tränen.

Aus zog ich die Festgewänder,


Zog die Kleider an des Elends.
Hängte in die Trauerweide
Meiner Lieder leise Leier,

Gab sie fort, voll jener Hoffnung


Dessen, was ich in dir hoffte.
Liebe kam, mich wund zu schlagen,
Und mein armes Herz verzagte.

Mög mich die Erinnrung töten,


Die Erinnrung quält mich tödlich!
Warf ich mich in ihre Flammen,
Sie verbrannte mich zu Asche!

Ahmt ich nach den kleinen Vogel,


Der verbrennt in ihrer Lohe.
In mir selber sterbend war ich,
In dir hab ich aufgeatmet.

Dir bin ich gestorben, aber


Dir bin ich auch auferstanden.
Denn das stets an dich gedenken
Gab und nahm mir all mein Leben.

Fröhlich waren all die Fremden,


Wo ich als Verbannter lebte,
Fragten mich nach jenen Liedern,
Die ich einstmals sang in Sion:

Singe Lieder uns von Sion,


Laß uns lauschen wie sie klingen.
Sprach ich: Wie, auf fremder Erde,
Wo ich wein um Sion Tränen,

Kann ich singen jene Wonne?


Ferne unter Sions Sonne
Blieb sie. Müßte sie vergessen,
Freute ich mich nun als Fremder!

Ach am Gaumen möge kleben


Meine Zunge mir, mein Reden
Soll verstummen mir, vergeß ich
Dich im Lande, wo ich lebe.

Sion! bei den grünen Zweigen,


Die ich seh in Babels Reichen,
Sei mir meine Hand vergessen,
Die ich in dir nur verehre,
Nehm ich dich nicht zu Gemüte
In dem allem, was mir Süße,
Bliebe ich bei einer Feier,
Ohne, Sion, dich zu feiern!

Wehe, Tochter Babyloniens,


Du in Weh und Elend wohnend,
Selig ist und benedeiet
Der mir, dem ich mich geweihet,

Der dich strafen muß, du Schlange,


Weil ich Weh durch dich empfangen,
Der wird sammeln seine Kleinen,
Mich auch, der ich um dich weine

Auf dem Felsen - das ist Christus,


Dessentwillen ich mich hingeb!

NEUE HEILIGE GLOSSE ZU EINEM VOLKSLIED

„Ohne Halt und doch mit Halt,


Ohne Licht, im Dunkel lebend,
Alles mir ins Nichts entschwebend...“

Meine Seele ward befreit


Mir von den geschaffnen Dingen,
Über sich hinaus zu schwingen
In ein Leben hoch und weit,
Daß ihr Halt in Gott nur wäre.
Darum spricht sie so vertraut:
Das was ich am meisten ehre,
Meine Seele schließlich schaut,
Ohne Halt und doch mit Halt.

Macht mich auch das Dunkel leiden


In des Lebens Sterblichkeit,
Sind zu schwer nicht meine Leiden,
Wenn ich Mangel Lichts auch leid,
Führ ich doch ein Himmelsleben:
Liebe gibt mir solch ein Leben,
Daß, wächst Nacht um meinen Sinn,
Meine Seele gibt sich hin,
Ohne Licht, im Dunkel lebend.

Liebe kann mich so erlösen,


Daß sie, da ich sie erkannte,
Seis vom Guten, seis vom Bösen,
Alles mir zum Höchsten wandte,
Seele formt sie in sich um.
In der hohen Flamme Prassen -
Fühle ihr Mysterium -
Ohne Spur zu hinterlassen
Alles mir ins Nichts entschwebet.

SCHMERZLICHES LIED DER SEELE SEHNSUCHT NACH GOTT

Ich leb, doch leb ich nicht in mir.


So glüh ist meiner Sehnsucht Herbe:
Ich sterbe, weil ich ach nicht sterbe.

Ich lebe in mir nicht mehr, ich,


Vermag nicht ohne Gott zu leben:
Ohn ihn bin ich auch ohne mich
Und ohne ihn, ist das denn Leben?
Mir Tode tausendfältiglich,
Vergeht mein Sein in Sehnsucht herbe:
Ich sterbe, weil ich ach nicht sterbe.

Zu leben wie ich lebe dort


Ist wie als ob das Sein veralte,
Es ist ein Sterben fort und fort,
Bis ich das Sein in dir erhalte.
Hör, Gott, Gebete mannigfalte,
Der ich mir Frieden nicht erwerbe
Und sterbe, weil ich ach nicht sterbe.

Bin ich ohn deine Gegenwart,


Was für ein Leben hab ich da,
Ist das denn nicht ein Sterben hart
Und arger als ich jemals sah?
O wie mir eine Last geschah,
Da ich so leben muß und sterbe
Und sterbe, weil ich ach nicht sterbe.

Ein Fisch, der aus dem Meere glitt,


Ist doch nicht ohne Tröstung ganz,
Denn in dem Tod, den er erlitt,
Sieht schließlich er des Sterbens Kranz.
Doch welches Sterben gleicht dem Tanz
Mühsamen Lebens, das sich häutet,
Da Leben Sterben mir bedeutet?

O such ich, daß ich Tröstung lecke


Im Schaun des Sakraments in Demut,
Dann ist noch größer meine Wehmut,
Da ich ohnmächtig dich nicht schmecke;
Das macht mir schwerer meine Schwermut,
Daß ich dich schaue nicht, dein Erbe -
Ich sterbe, weil ich ach nicht sterbe.

Und finde ich Geschmack, bin dann


Voll Hoffnung, dich einst anzuschaun,
Dann, da ich dich verlieren kann,
Verdoppelt sich mein Elend, traun,
Ich leb in solchem bangen Graun,
So hoffnungsvoll um Gnade werbe,
So sterb ich, weil ich ach nicht sterbe.

Reiß mich heraus aus solchem Tod,


Du mögest mir das Leben geben.
Mich fessle nicht, o Sabaoth,
In solcher starken Fessel Weben.
Ich leid, ich leid, um dich zu sehen!
Mein Unheil ist vollendet herbe,
Ich sterbe, weil ich ach nicht sterbe.

Mein Sterben täglich ich bewein,


Beklag mein Leben voller Trauern,
Weil es noch immer möchte dauern
Durch all die bösen Sünden mein.
Mein Gott, mein Gott! wann wird es sein,
Daß ich in Wahrheit sagen werde:
Ich lebe, weil ich nicht mehr sterbe!?

NACH TERESA VON AVILA ÜBERS HOHELIED

DIE FREUNDSCHAFT MIT GOTT

Er küsse mich mit Küssen seines Mundes!


Deine Brüste sind berauschender als der Wein!

Spricht die Seele doch zu einer Person


Und sagt: Er küsse mich mit den Küssen seines Mundes,
Und spricht dann gleicherweise:
Deine Brüste sind berauschender als der Wein!
Das übersteigt wohl den Menschenverstand
Und weckt doch in mir eine große
Himmlische Wollust!

Wir sollten uns ruhig freuen,


Daß wir einen solchen wunderbaren Gott haben,
Der, wenn seine Worte ins Deutsche übersetzt werden,
Immer noch nicht verstanden werden kann.

So süße Gnaden
Erweist uns Gott
Im Lied der Lieder von der Liebe
Und gibt die Gnaden zu erkennen,
Die Gott der Seele schenkt,
Jener, die den Gott liebt,
Damit die Seele mit der göttlichen Majestät
Sprechen kann
Und sich erlustigen kann
Und eine noch größere Liebe
Zur göttlichen Majestät
Aus dem Lied der Lieder schöpfen.

Ich hörte einmal einen geistlichen Menschen sprechen


Von den Liebeswonnen
Und lustvollen Ergötzungen der Seele
In der Vereinigung mit der Gottheit,
Daß die alten Nonnen schamrot wurden
Und die jungen Mädchen kicherten albern,
Obwohl er doch, was er von der Liebe sagte
Und von der lustvollen Vereinigung
Des Herrn und seiner Braut,
Am Karfreitag sagte
Und sich gründete auf das Lied der Lieder,
Da musste ich doch staunen.
Das kommt wohl daher,
Dies falsche Schämen und alberne Kichern,
Daß wir so wenig ergriffen sind
Von der göttlichen Liebe,
Daß uns scheint, als könnte einer Seele
Nicht solche Wollust widerfahren
Und als dürfe ein geistlicher Mensch
Nicht erotisch von der Gottheit sprechen.

Wenn aber eine Seele


Ausgezogen die Freuden der Welt
Und sich nackt in Gottes Hände gelegt,
Ganz sich ergeben dem Herrn,
Dann wird die Seele als Braut des Herrn
Von ihrem Gemahl erfahren
Solche süßen Tröstungen,
Solche Ohnmacht,
Solche Trübsal
Und solche tausend Tode
Und auch solche Freuden der Liebe
Und solche göttliche Wollust!

Wundert ihr euch also,


Daß Gott so liebevoll spricht
Und solche liebkosenden Worte gebraucht
Für seine Freundin Seele,
So wundert mich doch noch mehr,
Daß noch mehr als liebevolle Worte zu sprechen
Gott seine Liebe in der Tat erweist!

Wenn ihr nämlich erst einmal erkennt,


Daß Christi Liebe zu uns so groß ist,
Daß er aus Liebe leidet,
Daß er krank vor Liebe ist
Und betrübt bis an den Tod
Und dass er in der Passion seiner Liebe
Den Liebestod für uns stirbt,
Wenn ihr dann erkennt, mit welchen Worten
Erotischer Liebe
Gott zu uns spricht,
Dann müsst ihr wohl staunen
Über solche göttliche Liebe.

Wenn ich mich nun erlustige


An der göttlichen Liebe
Und an den süßen Liebesreden Gottes,
Dann will ich nur eines,
Daß das, was mich erlustigt,
Auch euch ergötze
Mit der selben Wonne der Liebe.

O küsse mich doch mit dem Kusse deines Mundes!

Es mögen wohl die Theologen sagen,


Ich sei ein armer Narr,
Daß ich nicht wüsste,
Mund und Kuß sei allegorisch auszulegen
Und nicht etwa sinnlich zu verstehen,
Darum es auch ratsam sei,
Daß junge Mädchen das Hohelied nicht zu lesen bekommen.
Ich gestehe zu,
Daß die Worte der Schrift
So manche geheime und geheimere Bedeutung haben,
Aber wenn die Seele erst einmal verrückt vor Liebe zu Gott ist,
Wird sie nicht die Deutungen der Theologen suchen,
Sondern sprechen einfach mit den selben Worten,
Mit denen Gott zur Seele spricht:
O küss mich doch mit dem Kusse deines Mundes!

Treten wir nicht immer wieder


Zum Allerheiligsten Altarsakrament?
Mir scheint doch, die geistliche Seele
Bittet in der Kommunion
Um die Vereinigung mit Gott!

Die sinnlichen Worte


Von der sinnlich-erotischen Liebe
Flößen vielleicht manchen Frommen einen Schauder ein,
Doch nicht den verrückten Seelen.
Ist es vielleicht vermessen, Gott,
So von dir zu sprechen?
Aber wenn der Kuß deines Mundes,
O Gott,
Freundschaft bedeutet,
Warum sollte meine Seele nicht begehren
Die Freundschaft mit Gott?
Was soll ich mehr begehren von Gott?
Ich bitte Gott,
Mir mit dem Kusse seines Mundes
Seine Freundschaft zu schenken,
So dass meine Seele sich geliebt weiß
Als geliebte Freundin Gottes!

DIE HEILIGUNG

Wenn eine Seele nicht tot ist,


Sondern lebendige Liebe zu Gott hat,
Dann ist es eine schöne Gnade,
Wenn sie alles, was ihrer Berufung zuwider ist,
Schmerzlich empfindet und ablehnt.
Ah, wie macht sie doch ein schönes Bett
Von dornenlosen Rosen
Und gelben Lilien der mystischen Ehe
Für ihren Gott und Herrn,
Sie, der Gott so große Achtsamkeit eingegeben.
Gott wird es sich nicht versagen,
Zur Seele zu kommen
Und sich mit ihr zu ergötzen,
Ob sie auch manchmal länger auf ihn warten muß.
Was tun die Karmeliter sonst in ihrer Zelle,
Die die Welt verlassen haben?
Wozu sind sie eingeschlossen in ihrer Zelle?
Womit könnten wir besser unsere Zeit totschlagen,
Als in unserer Seele
Eine schöne Wohnung für Gott zu bereiten,
Ein schönes Bett für unsern Bräutigam?
Darum haben die Karmeliter die Gelübde abgelegt.

Habe doch Mitleid mit dir selber


Und sei dir selber barmherzig,
Denn du weißt, dass du nicht aus eigener Kraft
Zur Freundschaft mit Gott gekommen bist.
Solltest du dir mit weniger genügen lassen
Als mit der vertrauten Freundschaft mit Gott?
O Gott, ist es nicht das Beste,
Die Gedanken zu richten
Auf den schönen Liebeslohn
In Ewigkeit?
Und sollte ich mich nicht freuen,
Daß Gott den süßen Liebeslohn
Auch schon auf Erden erteilt,
Wenn man zur Freundin Gottes geworden ist?

Aber wenn du demütig werden willst,


Dann beurteile deine Nächsten nicht so böse.
Es könnte ja gut sein, dass sie besser wären als du,
Wenn sie ihre Sünden beweinten
Und sich gute Vorsätze vornähmen,
Nämlich den ernsten strengen Vorsatz,
Jesus nie mehr zu beleidigen,
Nicht in großen Sünden
Und auch nicht in kleinen Sünden!
Wenn du aber von dir denkst,
Daß du keine großen Frevel begehst,
So nimmst du dir doch die Freiheit
Zu deinen kleinen eigenen Sünden!
Was nützen dir die abgelesenen Psalmen,
Wenn du nicht ganz fein und subtil
Dich um die Reinheit deines Herzen sorgst?

Es gibt wohl Menschen, die sich den Vorsatz nehmen,


Jesus nie mehr zu beleidigen.
Aber meiden sie auch die Versuchung zur Sünde?
Gott hat ihnen schon eine tiefe Andacht geschenkt
Und viele herzerweichende Tränen,
Aber doch wollen sie die Genüsse des irdischen Lebens
Und die Eitelkeiten der Welt nicht missen,
Sondern ein bequemes, ruhiges Leben führen,
Weil sie meinen, sie bräuchten viel Ruhe
Und müssten unbedingt im Frieden leben.

Das ist in jedem Fall ein Wunder,


Wenn die Bequemen in der Tugend verbleiben.
Denn wer sich den irdischen Freuden
Und eitlen Ergötzungen dieser Welt
Nicht ernsthaft entzieht,
Der wird auf dem Weg des Herrn
Leicht lässig und träge,
Und da sind auch mächtige Feinde,
Die uns behindern
Auf dem Weg mit Gott.

So muß ich euch von einem Menschen erzählen,


Der kommunizierte oft
Und lästerte keinen,
War im Gebet voll Andacht
Und liebte die Einsamkeit,
Der Mensch wohnte allein in seinem Haus,
Auch war der Mensch von solcher Selbstbeherrschung,
Daß er sich nicht zum Zorn hinreißen ließ.
Der Mensch sprach nicht Böses über andre,
Fluchte nicht
Und hatte auch die Heirat verschmäht
Und hatte auch viel zu erdulden gehabt
Auf diesem seinem geistlichen Weg.
Da dachte ich: Ein Heiliger!
Da merkte ich aber, dass der Mensch
Nur friedlich war, wenn alle ihn liebten und ehrten.
Sobald man aber seine Ehre angetastet,
So wurde er ziemlich zornig
Und fing sogar zu fluchen an.
Da merkte ich, dass der Mensch
Eine so hohe Meinung von sich selber hatte,
Daß jede Geringschätzung seiner Person
Ihm eine Majestätsbeleidigung schien.
Dann merkte ich, dass dieser Mensch
Auch gern Neuigkeiten von andern Leuten hörte,
Und ich wunderte mich, wie dieser Mensch
Auch nur eine Stunde allein in seinem Hause bleiben konnte.
Darüber hinaus wusste derselbe Mensch
Auch immer, seines Leibes Lüste zu suchen.

Du aber, geistlicher Mensch, sei froh,


Daß der Herr dich in deine Einsamkeit eingesperrt,
Damit der Satan dich nicht versuche,
Denn der Satan versucht sehr stark die Armen,
Die draußen in der Welt zu kämpfen haben.
Es gibt wohl manche Seele,
Die scheint schon zum Himmel zu fliegen,
Sie scheinen schon fast vollkommen,
Es ist auch kein Mensch da, der sie versteht.
Aber der Karmelit in seiner Zelle
Braucht nur der geistlichen Obrigkeit gehorsam zu folgen,
Dieweil der Fromme,
Der in seinem eigenen Hause lebt,
Alles nach seinem eignen Willen tut.

Wo ist denn eine Seele,


Die dem heiligen Petrus ähnlich wäre,
Der sich nämlich nackt ins Meer geworfen,
Um zu Jesus zu schwimmen,
Und andern Heiligen ähnlich wäre,
Die ihre Ruhe und ihr feines Leben aufgegeben,
Um Seelen zu retten!
Die meisten wollen zwar Seelen retten,
Aber dabei auch bequem und ruhig leben.

So sind auch nur wenige in der Welt,


Die in der Frage ihrer Kleidung
Und in der Frage des Brotes und Weines
Auf Gott den Vater allein vertrauen.

Und wenn du nun ein kontemplativer Mensch bist


Und den Menschen nicht helfen kannst
Mit den aktiven Werken der Caritas,
So hast du doch ein heißes Verlangen,
Den geliebten Seelen beizustehen
Mit deinen Tränen und deinem Flehen
Vor dem himmlischen Vater
Und der heiligen Gottesmutter.
Das Gebet hat wirklich Macht!
Wenn es Gott gefällt,
Wirst du mit deinem Gebet den Seelen helfen
Schon zu deinen Lebzeiten
Oder auch nach deinem Tod!
So denke ich an einen Laienbruder,
Der Unsrer Lieben Frau vom Karmel verbunden war,
Der den Seelen zu seinen Lebzeiten diente
Und viele Jahre nach seinem Tode
Erweckte Gott sein Gedächtnis
Und gab ihn den Frommen zum Exempel.
Dafür wollen wir die göttliche Majestät sehr loben!

DER KUSS DER GOTTHEIT

Der Mensch kommt zu einem Frieden,


So dass er es wagen kann,
In die Welt hinauszuziehen,
In den Kampf des Alltags,
Ohne seine Ruhe und seinen Frieden zu verlieren.

Wenn der Mensch erkennt,


Daß er seiner Braut, der göttlichen Weisheit,
An einer anderen Stelle
Mehr und besser dienen kann,
Wird er die Einwände seines Verstandes
Beiseite tun
Und an die gewiesene Stelle eilen.

Weißt du es sicher, o Mensch,


Daß deine Braut, die göttliche Weisheit,
Dich geküsst hat
Mit dem Kuß ihres Mundes?
Du musst es aus der Wirkung erkennen.
Laß dich nicht hindern,
Sondern laß die Weisheit durch dich wirken,
Damit du dieser göttlichen Braut gefällst!
Du sollst nur in ihren Augen schön sein wollen!

Es lässt sich die göttliche Majestät erkennen


An Menschen, denen ihre Gnade teilhaftig wurde,
Denn diese achten die irdischen Güter
Nicht höher, als sie es wert sind.
Auch hat solch ein Mensch
Keine Freunde als allein solche,
Die Jesus lieben.

Diese mystische Vereinigung


Zwischen der Braut und dem Bräutigam
Lehrt tiefere Weisheiten,
Als der rationale Menschenverstand
Mit all seiner Logik erkennen kann.
Darum hält der Mensch
Die Vernunft
Unter den Füßen des Glaubens.

Siehe, wenn eine arme Bauernmagd


Heiraten würde eine großen Kaiser
Und Kinder von ihm bekäme,
Wären ihre Kinder auch
Kaiserliche Hoheiten.
Wenn nun Gott
Der Seele solche Wohltat erweist
Einer solchen Liebesvereinigung,
Dann werden die Kinder der Seele,
Nämlich ihre kraftvollen Werke,
Kaiserliche Hoheiten sein.

O Gottheit des Himmels und der Erde,


Ist es wirklich wahr,
Daß ein Mensch auf Erden schon
Solche himmlischen Wonnen von dir empfängt?
Der Geist spricht doch im Lied der Lieder der Liebe,
Wie die Seele sprechen soll
Mit Gott, dem Gemahl der Seele.
Welche Worte sagt die göttliche Weisheit,
Welche süßen Worte!
Ein einziges dieser Worte der Liebe
Kann genügen, die Seele zu berauschen
Mit den Wonnen der göttlichen Liebe!
Ein Wort vom Geist geschenkt genügt,
Den Menschen mit der Gottheit
Mystisch zu verschmelzen!
Gesegnet bist du, Frau Weisheit!

Deine Worte sind so süß,


O Braut, Frau Weisheit,
Wie kann sie einer übersetzen,
Als wer deine Liebe erfahren hat?
Wenn du aber deine brennende Liebe sendest,
Kann der Mensch das Hohelied wohl übersetzen.

So bitt ich denn von dir, Frau Weisheit,


Nichts als dass du mich küsst
Mit den Küssen deines geheimnisvollen Mundes!

Nichts soll mich hindern zu sagen,


O meine Gottheit, o meine Gloria,
Daß deine Brüste berauschender sind als der Wein!

DIE GÖTTLICHEN BRÜSTE

Ich singe von der süßen,


Lieblichen Liebe
Und von den Ergötzungen göttlicher Liebe,
Wie Gott in der Seele wohnt
In der betenden Ruhe,
Welche vergleichbar ist
Dem Saugen an den göttlichen Brüsten.

Wenn die göttliche Majestät


Einem gottverlobten Menschen
Diese Bitte gewährt,
Solche Freundschaft mit der Gottheit zu führen,
So erlebt der Mensch Wonnen,
Die allein jene glauben werden,
Die es selber erfahren haben.

Der Mensch gerät


In eine göttliche Trunkenheit,
Daß er selbst nicht mehr versteht,
Was er will und was er begehrt.

Wenn die Gottheit


Den Menschen noch mehr begnaden will,
Zieht die Gottheit den Menschen in sich hinein,
Daß der Mensch ohnmächtig wird!
Ihm scheint, er liege in den göttlichen Armen
Und trinke an den göttlichen Brüsten
Die Milch des Trostes
Der Mutterliebe Gottes,
Wo Gott wie eine Mutter
Den Menschen überströmt
Mit Wollust und Wonne
Bedingungsloser Liebe!

Wenn der Mensch von dieser Trunkenheit


Und von diesem Schlaf erwacht,
Ist der Mensch erschüttert
Und wie ein Wahnsinniger,
Der den Verstand verloren hat.
Aber er weiß doch,
Die göttlichen Brüste
Berauschen mehr
Und machen trunkener
Als der dunkelste Wein von Frankreich.
Dem Menschen scheint,
Höher in der Seligkeit
Könne er nicht mehr steigen
Als so in den göttlichen Armen ruhend
Gebettet zu sein auf den göttlichen Brüsten!

So weiß ja auch ein Säugling nicht,


Wie ihm geschieht,
Wenn er noch nicht einmal schreit,
Die Mutter schon kommt
Und legt ihm die Brust in den Mund.

Das ist wirklich die größte Gnade,


Die der Mensch auf Erden schmecken kann.
Mögen sich auch alle Freuden
Des leckersten Fleisches und des teuersten Weines
Und der erotischen Menschenliebe vereinen,
Kommt es doch nicht an die Glückseligkeit heran,
Die der Mensch empfindet,
Wenn er an den göttlichen Brüsten trinkt.

Womit soll ich es sonst vergleichen


Als mit einem liebenden Mutterherzen,
Daß dem geliebten Säugling
Milch von ihrem Herzen gibt?

Das sagte doch der heilige Paulus mir schon oft,


Daß die Leiden dieser Welt,
Alle Leiden dieser kurz bemessenen Zeit auf Erden
Nicht ins Gewicht fallen
Angesichts der Schönheit der himmlischen Wonnen,
Die uns geschenkt werden sollen.

Keine Freude eines Kusses von menschlichen Lippen,


Keine körperliche Zärtlichkeit
Und nicht die Lust des Aktes mit einer Frau
Ist auch nur entfernt so schön
Wie dieses genüssliche Saugen
An den göttlichen Brüsten,
Da die Milch der Mutterliebe Gottes
Berauschender ist als der beste Wein.

Wache wieder auf, meine Seele,


Um der göttlichen Liebe willen,
Wache auf vom Schlaf der Erde,
Freue dich, meine Seele,
Daß die göttliche Weisheit
In ihrer göttlichen Liebe
Den Genuß der Gottheit
Nicht allein aufspart für die himmlische Hochzeit
In der Ewigkeit,
Sondern dich den Genuß der Gottheit
Schon auf Erden genüsslich schmecken lässt.

Die Gottheit zahlt dir den Liebeslohn


Nicht erst im Reich der Ewigkeit,
Sondern schon auf Erden
Belohnt sie dich für deinen treuen Liebesdienst.

DIE GÖTTLICHE TRUNKENHEIT


Jesus Christus führte mich in seinen Weinkeller
Und hat dort die Liebe in mir geordnet.

Erst war der Mensch


Wie ein kleines Kind
Und wurde von der Gottheit
An den göttlichen Brüsten
Ernährt, wie eine Mutter
Ihr Kind mit Milch ernährt.

Aber nun ist der Mensch


Eine Braut geworden
Und Christus ist der Bräutigam
Und führt die Braut in den Weinkeller,
Dort erquickt er sie mit Trauben,
Sie muß dort erkennen,
Wie viel sie für Christus noch zu leiden haben wird.

Aber Jesus Christus hört nicht auf,


Sich der Brautseele hinzugeben.
Christus weiß, dass er
Die Hagia Sophia ist.
Es scheint, als könne er der Seele mehr nicht geben,
Als den Kuß des Mundes
Und die göttlichen Brüste.
Aber nun führt Christus die Brautseele
Zum Weintrinken in den Weinkeller.

Wenn die Seele ruht im Schatten der Gottheit


Wie schlummernd in einer goldenen Wolke,
Was will sie mehr,
Was kann ihr Gott noch geben
Als diese ewige Ruhe?

So gibt Christus der Brautseele dies,


Nämlich solche harten und schrecklichen Leiden,
Daß die Seele schreien muß:
Herr, Herr, ich kann nicht mehr!
O Gott, wie schrecklich ist deine Gnade!
Soviel Gnade, mein Gott,
Um den Preis solcher grausamen Leiden,
Hab ich nicht begehrt!

Und doch, gestärkt durch den wahren Glauben,


Wollte die Brautseele diese Trübsal,
Diesen Feuerofen der Drangsal
Nicht tauschen
Gegen alle Lüste der eitlen Welt.

Darum sagt die Psyche


Zu ihrem göttlichen Eros:
Der König hat mich geführt
In den Keller zum blutroten Wein.

Die Größe dieser Gnade Christi


Ist über die Maßen groß.
Dem einen gibt Christus
Weniger Wein,
Dem andern schenkt Christus voll ein.
Den einen macht Christus
Wenig trunken,
Den andern macht Christus
Bis zum Wahnsinn betrunken
Von den blutigen Gnaden Christi des Gekreuzigten!
Dem einen gibt Christus
Wenig Wein der Andacht,
Dem andern schenkt Christus
So viel starken Wein der Kontemplation ein,
Daß der Mensch schon fast
Entrückt der Erde
Zwischen den himmlischen Schönheiten wandelt.
Dem einen schenkt er einmal
Den Wein der Nächstenliebe ein,
Daß er in großer Kraft und Stärke
Die Liebe Gottes
Zu den Armen und den Kleinen trägt,
Dem einen schenkt er ein andermal
Den Wein der mystischen Weisheit ein,
Daß er die Geheimnisse des Urgeheimnisses
Verzückt in seligen Schauungen ahnt.

Darum führt nämlich Jesus Christus


Die Brautseele in den Weinkeller,
Daß Christus ohne Maß
Den Wein ihr einschenken kann,
Daß sie kräftig trinken möge
Und von allen Weinen Christi kosten möge
Und alle Freuden des göttlichen Rausches
Und der göttlichen Trunkenheit
Genießen möge ohne Maß,
Daß sie trinke von Gottes Wein
Mehr als ihre sterbliche Natur erträgt,
So dass der trunkenen Seele scheint,
Sie sterbe jetzt
Und schwebe im Paradies!
Selig, dreimal selig ist der Tod,
Der einem solch ein Leben im Paradiese schenkt!

DES MINNESANGS ERZVATER


OSCULETUR ME OSCULO

Mich küßt ihr minniglicher Kuß,


Vom Mund ein übersüßer Überfluß!
Der edlen Kreatur ists eine Ehre,
Zu der ich kehre,
Denn ihre Brüstchen sind
Wie Veilchen lind
Und stärker als der Wein
Sind ihre Spezerein.
(Zu ihm will ich mich kehren,
Mein Acker will sich mehren.)
Ihr Obst ist eine süße Speise,
Ihr Name würdig jedem Lob und Preise.
Sie ist aus kaiserlicher Art,
Ist rein und zart,
Wie Diamanten hart.
Drum sind
Mit ihr die Mädchen auch geschwind
Auf Frühlingsfahrt.
Sie sind ihr Hofgesind
Und folgen ihr. Sie ist die werte,
Die schlanke Aarons-Mandelgerte.

EGO FLOS CAMPI ET LILIUM CONVALLIUM

Ich bin die Blume blau


Auf weiter Au
Und Lilie in der Wiese, die erquickt.
Ich bin die Rose
Aus Muttererdenschoße,
Bereit zu wahrer Minne.
Mit ihrem Sinne
Hat sie den Minner angeblickt.
Im Blumengarten wurde er beglückt.
Er kam dahin,
Da lag sie, sein Gewinn.
Des Küssens wurde dort er inne.
Er harrte aus in steter Minne
In jenem Garten.
Dort tat ich auf ihn warten,
Auf ihn, den Zarten,
Mit allem Fleiß und Geist.
Ich räche mich an dem, der’s mir verweist.

EGO COMPERA

Ich bin zur Minne ganz bereit,


Bin eine hohe Maid,
Ein Wunder an erblühter Lieblichkeit
Und nie entweiht!
Wer sie begehrt in Tugend,
Wird neu wie in der Jugend.
Mein Liebster spricht zu mir
Aus Liebe und Begier:
Die Liebe zieht mich ganz zu dir!
So werden wir voll Wonne trunken
Durch deiner Augen Seelenfunken,
Der ist so rein,
Mag reinem Lotos rein entsprungen sein,
Und blüht mit starkem Triebe,
Wenn in dir herrscht die Liebe.
Wir wollen wandeln zu dem Berge
Und üben dort die Minnewerke
Und dort uns freuen,
Soll niemand dort uns drängen, dräuen,
Wir wollen süß und lieblich sprechen.
Wir wollen weiter gehen,
Dort, wo die Rosen stehen
Und Herbstzeitlose
Aus Muttererdenschoße
Zum Lichte brechen.
Wir bangen nicht, ob jemand will sich rächen.
O Liebe, du sollst kommen
Zu deinem eignen Frommen.
Ist Milch und Honig unter meiner Zunge.
Es hat dir deine süße, junge
Geliebte Honigseim behalten,
Sie will dir ihre Wabe spalten!

APERI MICHI

Nun tu mir auf, o Täubchen mein,


Erblühte Rose rein und fein,
Daß ich mag mit dir sein,
Bis kommt des Tages Schein.
Die Nacht neigt sich zu ruhn.
Was Liebe will, das will ich tun.
Zieh mich dir nach mit Wohlduft, Wohlgeschmack.
Ich lauf dir nach, so weit ich es vermag.

DILECTUS MEUS

Mein Freund glüht glühend rot,


Ist heiß vor Liebesnot,
Vor vielen Tausenden erwählt.
Sein Haupt, das ist aus reinem Gold geschält.
Des Minners Leib ist wie die Palme
In ihrer Auen Alme.
Sein Haar ist wunderbar,
Gelockt und schwarz sein Haar...

MANDAGORA

Alraune wollen Düfte senden


Hier in Jerusalem an allen Enden.
Sind neue Liebesäpfel da für jeden Tag.
Ach, ob ich zu dir kommen mag?
Die Liebesäpfel heb ich dir auf, dir,
Ach Vielgeliebter, komm zu mir!
Die Lilie sich voll Lust schon regt.
Heil mir, daß dich die Erde trägt!

DILECTUS MEUS MISIT

Des Liebsten rechte Hand


Hat er durchs Loch gesandt
Und rührte an das Schloß an meinem Tor,
Er, der mich sanft und still erkor.
Mein Leib von seinem Griff erfrischt,
Das Feuer nimmermehr erlischt!
Mein Leib und meine Seele jauchzen,
Vor weher Liebe muß ich seufzen –
Da stand ich auf, ihm aufzuschließen,
Mein Licht und meine Sonne zu begrüßen.
Doch war er fortgegangen.
Da ist mein Herz vergangen!
Nie wurde mir so weh, so weh, als da
Ich nicht mehr den Geliebten sah!

IBO MICHI AD MONTEM

Seht, derenthalben ich mich so verirre


Und wandle nicht zum frommen Berg der Myrrhe!
Ich eine Straße mir empfing,
Die ich zur Rechten ging,
Ging auf den Berg des Libanon.
Wie lieblich sprach dort von
Der Minne mir der Minne Sohn,
Er sprach: Gegrüßet seist du, reine Braut,
Du meines Herzens Traut!
Du meine Nächste, gebe Gott dir Heil,
Laß haben mich an deiner Minne teil!
Nun komm, du auserwählte Braut,
Zur Pforte komm, (du Stille, komm nicht laut),
O komm vom Berge Libanon,
Mein Herz, nun gehen wir davon.
Am Hermon und am Senir wolln wir stehn,
So werden wir nicht irregehn.
Nicht wartend wie die Lilien auf der Erde,
Nicht schweigend wie der Lämmer Herde,
Wo uns der Hirte will erlaben,
Dort wolln wir unser Lager haben.

ERGREDIMINI FYLIE SION

Ihr Töchter von Jerusalem, davon!


Nun naht der König Salomon,
Die Mutter krönte ihren Sohn,
Die Hochzeitskrone ward sein Lohn.
Es ist die Stunde der Vermählung,
So freu dich, Jungfrau der Erwählung,
Am Tag der Freude dein und sein
Und an dem Tag der Ehepflichten dein!

CUM ESSET REX IN ACUBITU

Der König Salomon in dem Palast


In Würde war sein eigner Gast.
Ein Bett dort war,
Das Mädchen ruhte drinnen wunderbar.
Die Narde duftete so frisch,
Da lag der König wie berauscht zu Tisch.
An allen Orten war ihr Duft,
War in Jerusalem und in der Luft.

IN SUNAMITE ET

Nun prüft, wer Sunamithin sei.


Ich sage auch dabei,
Man soll es sagen süß allein.
So ist die Süße, rein und fein.
Nun seht auch, was ihr prüft an ihr,
Das sollt ihr dann beweisen mir.
Wir sehn das Tor am trauten Horte,
Des goldnen Schlosses Pforte.
Wie schön ist schon dein Gang,
Wie schön die bloßen Füße schlank!
Der Hüfte Falten stehn dir schön!
Prinzessin du von Zions Höhn,
Die Lenden dein, die schlanken,
Geschmiedet sind wie Spangen!
Oh der Geliebten Wohlgestalt!
Und dazu Reinheit, Tugend mannigfalt!

SEXAGINTA SUNT REGINE


So spricht der König Salomone:
Ich trag die edle Würdenkrone.
Sind sechzig meiner Königinnen
Und achtzig Nebenminnerinnen
Und junge Minnemädchen ohne Zahl,
Die pflegen gut mich allemal!
Doch Eine ist die Taube mein,
Vollkommen, rein,
Vor allen Jungfraun auserwählt,
Wird nicht den Weibern zugezählt.
Sie ist die vielgeliebte Liebe mein!
Ich möchte immer mit ihr sein!

DILECTUS MEUS

Mein Liebchen ist mir lieb und lieb bin ich auch ihr!
Das könnt ihr glauben mir.
Sie ist zur Minne ganz bereit,
So ist die reine Maid,
Die auf dem Wege mich erquickt,
Sie ist vom schönsten Kranz geschmückt.
Im Chor des Himmels herrscht die Magd –
Der Allgeliebten sei dies Wort gesagt.

PESSULUM HOSTII TUI

Ach der Verschluß an deinem Tor!


Tu auf, Geliebte, die ich mir erkor,
O liebe Turteltaube, liebe Schöne,
Daß ich vor allen Mädchen dich bekröne.
Mein Haar ist von dem Nachttau voll,
Mein Liebchen, ich befinde mich nicht wohl,
Bin von der Trauer Tropfen feucht,
Die Träne mir auf meine Wange schleicht.
Mein Herz ist nur noch eine Wunde,
Denn du verletztest mich im Seelengrunde!
Und wisse dies fürwahr:
Du bist mir eine schreckliche Gefahr!

VOX TURTURIS AUDITA EST

Der Turteltaube Gurren wird vernommen,


In Feldern ist der Frühling angekommen,
Es strahlen Türme von Jerusalem.
Wer da den Sang vernehm,
Der hört von Osten flüstern Frühlingswind,
Der macht das Winterwetter blind.
O Ostwind, hauche durch den Garten mein!
Gewürze duften drein.

ANIMA MEA LAQVEFACTA EST

Ah, meine Seele schmilzt wie Eis,


In jungen Tagen ward ich Greis,
Als süß mein Lieb zu mir gesprochen hat.
Ich hab ihn nicht gesehen in der Stadt.
Ich fand ihn nicht, trotz allen Strebens,
Mein Rufen war vergebens.
Sprach niemand mir von meinem Traut,
Vor Sehnsucht schier vergeht die Braut!
Die Wächter haben mich gefunden
In jammervollen Stunden,
Die schlugen mich, ich mußte schrein,
Sie nahmen mir den Schleier mein.
Ihr Töchter von Jerusalem,
Ist solches Leid mir wohl bequem?
Sagt dem Geliebten, den ich achte,
Daß ich nach seiner Liebe schmachte!

FUGE DILECTE MI

Ei du mein liebes Lieb,


Vor aller Lieb hab ich dich lieb!
Den Balsamberg umschleich,
So wirst du gleich
Den Rehen und den Hinden,
Die Gemse wirst du finden,
Bei breiten Linden wirst du sie erblicken,
Dort wolln wir uns erquicken.

QUO ABIIT DIC MICHI

Wo ist mein Liebster hingegangen?


Ich bitt, laßt mich dahin gelangen.
O schönes, allerschönstes Weib,
An allen Reizen reich dein Leib!
O sag uns, wo er streunt,
Dein Bräutigam, dein Freund,
Daß wir ihn suchen, Magd, mit dir,
So werden wir ihn finden schier.
Mein Freund gegangen ist, wo Luft
Ist voll von Weihrauchduft,
Balsamen von den Lilien fließen.
Dort breche er in Paradiesen
Die Lilien in der Minne Garten.
Dort wird er mich erwarten.
SURGE AMICA MEA

Geliebte, Zeit ists aufzustehn,


Mein Liebchen, du sollst mit mir gehn,
Wir wollen in die Felsenklüfte,
Wir wollen in Gemächer voller Düfte.
Dort zeige mir das Antlitz dein,
Hauch deine Worte meinen Ohren ein.
Denn deine Stimme ist so süße,
Dein Angesicht von Glanz erglänzen müsse.

VOX DILECTI MEI

Mein Lieb hat eine linde Stimme


Ganz ohne Zorn und Grimme.
Er sprach: Tu auf, ich poche an,
Dein Bräutigam, dein Mann,
O Schwester Braut, ganz unbefleckt,
Dein schönes Antlitz ist perfekt!
Wir wollen sein die Frohen,
Nicht fürchten, ob die Neider drohen.
Ich denk an die Magnolienbrüste dein,
Die sind berauschender als Wein.
Geliebte, die Gerechten lieben dich.
Ich will dich, Braut, dein Ja-Wort sprich!

QUAM PULCRA ES

Ah weh, wie zart, wie schön du bist,


Wie schön geschmückt zu aller Frist!
Dein Leib ist einer schlanken Palme gleich,
Wie Trauben deine Brüste reich!
Ist wie der Berg Karmel dein Haupt,
Dein Blick hat mir das Herz geraubt!
Dein Hals ist wie ein Turm von Elfenbein,
O Fraue, siehe, du bist weiß und rein!
Komm zu mir, Vielgeliebte mein,
Laß wandeln uns im Buchenhain
Und schauen ob die Blumen blühen
Und Morgenwolken glühen.
Geliebter Freund, ich geb dir meine Brust
Und meiner Seele Lust!

ISTA EST SPECIOSA

Sie ist die Allerschönste, wunderschön,


Die Schönste, die die Erde je gesehn,
Ist Jungfrau von Jerusalem,
Ist keine andre Frau so angenehm!
Die Jungfraun sahn der Tochter Zion Glanz
Und hielten sie für heilig, heil und ganz.
Sie sahn ihr reines Angesicht
Und liebten mehr sie als das Licht!

IN LECTULO MEO

Die lange Nacht in meinem Bette


Ich suchte den, den lieb ich hätte,
Und fand ihn nicht.
All meine Freuden, ihr entwicht.
Ich suchte ihn und hab ihn nicht gefunden.
Da stand ich auf in dunklen Stunden
Und suchte ihn in allen Gassen,
Da war die Burg verlassen.
Ich suchte den, dem willig meine Seele,
Daß seine Ferne mich nicht länger quäle.

TOTA PULCHRA ES AMICA MEA

Schön bist du, meine Freundin, schön,


Geliebte, höre wie ich stöhn!
Bist ohne Makel gar!
Die Lippen dein sind honigsüß fürwahr!
Ist Milch und Honig unter deiner Zungen
Und ist bei deinem Kuß entsprungen
Des Balsams Fließen,
Kann nimmerdar genug ich das genießen!
Der scharfe Winter und der kalte Regen
Sich schlafen legen.
Die Turteltaube wird gehört,
Der Rehbock schon im Garten röhrt,
Die Lilien leuchten schon mit lichtem Schein
Und Becher fließen über von dem jungen Wein.
Vom Libanon, Geliebte, komm hernieder,
Daß wir uns freuen wieder,
Komm, daß dich meine Minne kröne,
Du mehr als Frauen Schöne!

BOTRUS CIPRI IN ENGADI

Von Zypernwein bin ich betrunken,


Der sich um meinen Minner umgeschlungen.
Hier in Engedi, in dem Weinberggarten,
Erkannte ich den Zarten.
Nichts als Gerechtigkeit
Ist all dein Kleid.
Geliebte, deine Wangen glühen
Wie rote Rosen blühen.
Die Kettchen zwischen deinen Brüstchen lagen,
Die Ketten, die der Minne Töchter tragen.

NIGRA SUM SED FORMOSA

Ich bin die schwarze Jungfrau angenehm,


Ihr Töchter von Jerusalem.
Ein Schatzhaus bin ich in Kedar,
Das Salomonis seines war.
Seht ihr denn nicht, ihr Edelfraun,
Daß ich bin braun,
Von Sonne braun mein Angesicht?
Mein Kleid das Sonnenlicht!

SICUT MALUS

Als süßer Apfelbaum,


Den man im Walde kaum
Und nimmer finden kann,
Preist die Geliebte ihren Mann:
Er, der Geliebte, meine Liebe,
Vor anderen Gerechten meine Liebe,
Er ist der Schatten, den ich stets begehrt,
Ich seh ihn an, er ist mir wert.
Süß seine Frucht ist meinem Munde.
Der König führt mich in der Runde
In eine Kammer ein zum Wein.
So wohl geschah noch nie mir, nein.
Er ordnet in mir seine Minne
Mit Ganzhingabe seiner Sinne.
Die Rose schenkt er mir, an der ich rieche.
O sagt ihm doch, daß ich vor Liebe sieche!
Den Apfel reicht er nicht vergebens,
Der Schönheit Frucht vom Baum des Lebens.
Die Linke des Geliebten mein
Soll unter meinem Haupte sein,
Die Rechte soll mich ganz umfangen.
So ist es in der Minne mir ergangen.

EQUITAVI IN EO

Ich gleich dich der Gerechtigkeit,


Geliebter, dieses Lob sei dir geweiht.
In Salomonis Turm von Elfenbein
Führ ich dich ein.
Ich bring dich zu den Töchtern von Amminadab
Und nach Jerusalem herab.
Mit ihnen wollen wir sehr fröhlich sein,
O Vielgeliebter mein!
DIXT CONCENDAM

Geliebter, ich will singen so:


Bei Palmen sind wir froh,
Dort sind wir hingegangen,
Die süße Wollust zu empfangen!
Ich werde dich liebkosen da
Und zärtlich mit dir spielen, ja,
Ich will mich huldreich neigen dir
Und tun nach deiner Lustbegier!

PULCRA ES

Schön bist du, reine Frucht,


Der Erde schönste Zucht,
Gar sanft, gar allzu schön!
Ich dich vor allen Frauen krön,
Bist eine Burg, Jerusalem,
Wie Sternenscharen angenehm.
O Frau, nun kehre dich zu mir
In wahrer Minne Lustbegier!
Dein langes schwarzes Haar
Hat mich gefesselt gar,
Dein Haar, wie schwarzer Ziegen Herde,
Die wallen nieder an dem Berg zur Erde.
Die Zähne dein sind weiß wie Schnee,
Wie frisch gewaschne Lämmer-Zwillinge.

QUE EST ISTA

Wer ist sie, die so herrlich näher fährt,


Mit reicher Herrlichkeit beschert?
Wie reines Gold sie schien
Und wie ein leuchtender Rubin.
Sie schimmert in der Wüste,
Ach, ich sie kennen müsste.
Wie Weihrauch will sie mich verwirren,
Ein Berg von Myrrhen.

ISTA EST SPECIOSA

Sie ist die Zarte, Schöne, Angenehme!


Die sich ihr gleichen will, daß die sich schäme!
Wer je gesehen ihre Hände,
Der nennt sie rein wie Goldpigmente.
Du bist voll Minne für den Mann.
Wohl dem, der dich erlangen kann.
DILECTA MEA LOQUITUR

Mein Vielgeliebter zu mir spricht,


Ich folg ihm recht und schlicht:
Erhebe dich und komm zu mir
In deiner unbefleckten Zierat Zier.
Der Weinberg blüht schon nach dem Winter,
Es jubeln schon die Minnekinder,
Der Nachtigall Gesang
In meinen Ohren lieblich schon erklang.
Komm du dahin, das bitt ich dich,
Wenn du willst freudig finden mich.

VULNERASTI COR MEUS

Mein Herz und meine Seele ist voll Wunden,


Seit du entschwunden,
O sanfte Schwester, meine Braut,
Nun klag ich laut,
Wird immer schmerzlicher die Wunde,
Hör diese Kunde,
Verwundet bin ich von dem Haar allein
Und deiner Augen Schein.

EGO COMPARABILIS

Ich bin der Minne ganz geweiht,


Bin zu der Minne ganz bereit!
Gefallen mir des Minners Blicke,
So leg ich ihm der Minne Stricke.
Und wer mich jagen und mich fangen will,
Dem spiele ich mein Liebesspiel.
Wenn er mich möchte haben lieb,
So muß er rauben mich als wie ein Dieb.
Tut er mir dann nach meinen Lüsten,
Gar keusch ihn meine Lippen küssten.
Er schließlich wird mein Sieger sein.
Nun prüft das selbst, wie das kann sein.

SICUT LILIUM INTER

Der Lilie unter Dornen


Ich gleiche der Erkornen
Gestalt, die ohne Makel – Heil!
Du lässest haben an Glückseligkeiten teil,
O Reine du, vor allen Frauen klar,
O Fraue, schön und gut und wahr!
FAWUS DISTILLANI

Du bist wie Honig deinem Bräutigam,


O Braut, die Küsse dein sind süß wie Rahm,
Du meine Eine, meine reine Braut,
Vielliebe Vielgeliebte, Herzenstraut!
Und deines Kleides süßer Liebesduft
Berauschend ist wie Weihrauch in der Frühlingsluft!

EMISSIONES

Mein Liebchen ist ein Paradies,


Die Liebe, die da weise ist und süß,
Ist wie des goldnen Apfels Preis,
Des bist du würdig, wie ich weiß.
Der Duft von deinem feinsten Lenzgewand
Ist mir im Innersten bekannt,
Ist Narde Indiens und Myrrhe gar,
O Fraue, dreimal wunderbar!

ECCE TU PULCRA

O neue Eva, Liebe, ach wie schön du bist!


So sanft und süß und schön zu aller Frist!
Du aller Schönheit Überschöne!
Vor allen Lieben ich dich kröne!
O deine Augen, die das Herz mir rauben,
Sind friedlich liebevoll wie Turteltauben!

FONS ORTORUM

O Schöpferin aller meiner Wonnen!


O Ursprung aller Liebesbronnen!
O du des Lebenswasser Fluß
In Überschwang und Überschuß!...

SPIRITUAL WEDDING WITH GOD

TO MOTHER NIGHT

It was a night, no star on heaven was to be seen,


When I with my heart full of the longing of love
(Oh grace! How awesome and beautiful you are!)
Went totally unseen out of my silent house.

In the security of the silent darkness


I went the steps down from my door to the street
(Oh grace! How awesome and beautiful you are!)
My house stood silent in the obscurity of the night.

Joyful night, where I alone in the secret


Stood watching, no man and no woman saw me.
I did not look at any human being,
The only guide I had, was Love in my heart!

Love guided me better than the sun. I knew him!


Love awaited me, where no-one appeared!

II

Mother night has united Love and his nymph!


The beautiful nymph had been transformed into Love!
On the breasts of the nymph –ah – Love lay sleeping!
She caresses the transcendental body of Love!

Soft breezes blew – the nymph caresses his body,


She parted his hair, he wounded her heart by his arrow!
With his finger he made mad her senses!
She abandoned her own soul and forgot her ego!

Love and his nymph lay tenderly breast to breast,


She directs the looks of her eyes to his face.
All things ceased. She went out of her soul.
All her cares are drowned in his fire!

The nymph forgot herself in the bed of roses,


In the bed of thorns united with Love!

ON BURNING LOVE

O living flame of Love who wounds my soul!


O tender wounds of my soul in its deepest centre!
Oppress me, holy Love, if this is your will:
Tear down the veil of your face, O Charity!

Delightful are my wounds like glossy pearls.


O gentle hand of Love! O delicate touch!
I taste the sweetness of eternity!
In killing me you changed my death to life!
O holy lamp of fire of Love in whose splendour
The deepest grotto of my sensual feeling
(Once obscure and blind in spiritual darkness)
Now gives forth a light so warm and clear

To the Psyche, the well-beloved of Love!


Psyche herself become a light from the Light!

II

How gentle and how lovingly, blessed Love,


You wake in my heart, you wake day and night.
In the morning you are a breath of new life
And at midnight you are sweet intimacy.

In the secret of my heart you dwell


Alone, O godly Love, and no one else.
I feel your anthem breathing in my anthem.
Breeze again, breeze again, I sigh!

Your breath is filled with goodness and with glory,


And so you are inspiring my songs of love.
Now my heart and all my senses are swelling
With burning desire, inspired by the God of Love!

Take my swelling heart and transform it totally


That I become a charity in Charity!

LOVE AND PSYCHE

PSYCHE SINGS

Where have you hidden, beloved, your beautiful body,


And left me mourning in my solitude?
You fled like a stag in the forest after wounding me,
I went out calling you, but you were gone.

O pastors in the sheepfolds on the hill,


If by lucky chance you see my beloved,
The holy God of Love whom I love most,
Tell him I am sick of love, I suffer, I die!

Seeking my beloved God of Love,


I will wander to the waterside.
I will not gather crocuses, tulips and roses,
I will not fear the barking dogs on the streets.
I will go beyond strong men and frontiers
Till I find the soul of my beloved.

II

PSYCHE SINGS

Woods, planted by the hand of my beloved,


O ye green meadows full of the leaves of grass,
Green gardens, shining bright with crocus and tulip,
Tell me, has my beloved passed by you?

Pouring out a thousand lovely graces,


He passed this woods and meadows and gardens in haste,
And having looked at the woods and meadows and gardens,
He clothed them all in the cloth of his perfect beauty.

Ah! Whose spirit has the power to heal me?


Do not send me any more messengers!
They can not tell me what I thirst to hear!
Now wholly reveal yourself in evidence,

Reveal the evidence of your godly body


And let me consume the flesh of your godly body!

III

PSYCHE SINGS

All the people who see you tell me marvels,


Tell me thousand graceful things of your beauty,
They wound me and leave me dying in my desire!
Oh, there is I-don’t-know-what in their whispering!

How can life endure without lively love?


I am nearly brought to death by your arrows!
What do I conceive of my beloved?
A wounded heart full of desolation!

You have wounded my heart with wounds of love,


Why don’t you heal my heart with tenderly smiles?
You have stolen my heart out of my bosom,
Why do you leave my bosom so desolate, lonely?

Why do you fail to caress my wounded bosom?


Why do you fail to embrace my lonely body?

IV
PSYCHE SINGS

Take away from me this misery,


No-one else than you can resolve my soul!
May my eyes behold your perfect beauty,
You are the light of my eyes, you are my anthem!

Reveal your presence in the midst of my life!


When I see your beauty, I must die!
The sickness of my heart can be cured only
By the presence of your body and blood!

O fountain of Love! In the silver dew of your face


You may suddenly form the blue-eyed look
Of your eyes I have desired with passion,
Your look I bear in the midst of the depth of my heart!

Do not look further on my body, beloved,


Cause I am bewitched by the charm of the flash in your eyes!

LOVE SINGS

Return, my dove, return, my pigeon!


I was the wounded stag on the hill in the wood,
But now the dove of love is came back to me,
My hot desire is cooled by the breeze of your wings.

PSYCHE SINGS

O my beloved, the mountains and the valleys,


And the blue islands in midst of the ocean,
The mighty rivers, streaming through the vineyards,
The murmur of the love-stirring breezes of Zephyrus,

The deep tranquillity and the trance of the night,


The silent music and sounding solitude,
The dreams at time of the rising dawn at morn,
The vision of love’s union in morning dreams,

All this is united in the supper,


That refreshes and deepens the love of the heart.

VI

PSYCHE SINGS

Catch us the foxes, the little foxes, beloved,


For our southern vineyard is now in flower.
The tulips come out of mother earth in spring-time.
It is sweet to wander in the pine-wood.

Away, you bitter-blasting north-wind of winter,


But come, o south-wind, and blow in my garden!
Breath, o south-wind, and let my fragrance flow,
My beloved will feed amid the tulips.

Stay away, young maidens of the city,


While among the tulip and the crocus
The fragrance of my body spreads its perfume,
Stay away, young girls, in the streets of the city,

O women, do not ask to touch my household,


Where I am together with my beloved.

VII

PSYCHE SINGS

Hide yourself, my beloved friend,


Turn your face to the clouds and do not speak,
Do not look at those strange and cold companions,
They feel not the fire of love in their frozen hearts!

LOVE SINGS

Swift-winged sparrows and robins in the bushes,


Roaring stags on the hills and roes in the woods,
Mountains and valleys and streams in the vineyard,
Ocean and storm and loneliness in the night:

By the golden lyre of Apollo and


The whispering of the Muse, I conjure you:
O world, be silent and touch not the walls of the house,
That my girlfriend may sleep in deeper peace!

O bride of my soul, sleep well and dream something sweet,


Like I have dreamt a dream of your beauty last night.

VIII

LOVE SINGS

The beautiful girlfriend has entered the garden


Of her desire, and she rests in delight,
Laying her goose-neck on the gentle arm
Of her beloved, the soul-mate of her heart.

Beneath the apple tree who stood in flowers


I took you for my own, beloved girlfriend,
And I restore your soul and inner heart
Under the apple tree where your mother conceived you.

PSYCHE SINGS

Our bed of mystical marriage is in flower,


The roaring lions surround our bridal bed,
Purple linen deck our marriage bed
And our chamber is built up in peace.

We are crowned with thousand shields of gold,


We are crowned with the marriage crowns.

IX

PSYCHE SINGS

Following your footsteps, beloved friend,


Young girls run with you the way in the city.
The touch of a spark of light and the wine at night
Is like the flowing balsam of my God.

In the chamber I drink the wine of my friend,


And when I went abroad through all the streets,
I no longer know anything, beloved,
And I lost the community which I was following.

My beloved gave me his motherly breast,


He taught me a sweet and living knowledge and wisdom.
I gave myself to him, keeping nothing back,
I told him all the mysteries of my soul.

I promised to be his soul-mate and mystical bride


And he said: No-one is more beautiful than you!

SONNETS OF LOVE

SONNET I

EVE

Let Josef kiss me with the kiss of his mouth!


His burning love is more delightful than wine!
I want to nip at the brim of the cup of his mouth
And taste his kiss till I become drunken of love!
The fragrance of his perfume is very pleasing,
His erotic perfume wakes my desire!
His name is sweet to me like milk and honey,
No wonder that the women love my poet!

O Josef, take me away with you, come, haste!


O bring me in your chamber, in your bedroom!
The sports of love are waiting for you and me
In the secrets of mysterious Love!

THE YOUNG GIRLS

O Josef, we delight in your love and wisdom,


Your burning love is more delightful than wine!

SONETT II

EVE

My hair is black, young girls, but long is my hair,


My hair is like the hair of the Huris of Eden!
My hair is like the veil of the goddess Isis,
My hair is the veil of the bride who wedded the bridegroom!

My brother is angry about his younger sister,


He says: You shall carry for your household, sister!
But I carry not for the rose in my garden,
The butterfly comes and tastes the rose’s nectar!

O Josef whom I love, O tell me softly,


Where are you slumbering at midday on a couch?
Where do you rest at midnight in a bed?
Where is your soul when you sleep, beloved Josef?

Should I be veiled like a veiled goddess?


Should I search another man in the world?

SONNET III

JOSEF

You are like a horse, beloved, like a mare,


I want to ride on your back and pierce your flanks!
You are so beautiful as Pharaoh’s daughter,
You are mysterious as the veiled Isis!

Your blushing cheeks are beautiful, blushing rose,


Your skin is white as milk and soft as peaches!
I like the silvery earrings in your ears,
I like the string of pearls between your breasts!
I want to make you a marriage-ring of gold
And strive it on the fourth finger of your right hand!
I want to present to you a wondrous medal
Of the Virgin Mary for your neck!

I want to pray with you the rosary


And meditate only “Ave Maria Amen”.

SONNET IV

EVE

While Josef was at his table and eat his bread


And drunk his wine, my perfume spread its fragrance.
My perfume was the perfume of rose’s oil,
So Josef was the wine and Eve the rose!

My beloved is to me a flower,
Sweet smelling, resting between my milk-white breasts!
O rest between my breasts, sweet-smelling flower,
O rest between my breasts, beloved Josef!

My long black hair is red from henna blossoms


And my fingernails are red from henna.
And my beloved is a cluster of vines,
He is the Lord of Wine and I am his vineyard!

Beloved, come and drink the milk of my breasts,


Beloved, come and drink the wine of my lips!

SONNET V

JOSEF

You are so beautiful, my greatly beloved,


You are so beautiful as the Venus of Milo!
Your eyes are soft as doves, the birds of peace,
Your eyes are soft as the pigeons in the oaks!

EVE

How soft you are, o Josef, greatly beloved,


How mild is your wisdom and your charity!
Your poems are charming like magic spells!
Our bed for the sports of love is the garden in springtime!

JOSEF
Our house is build of cedar and cypress
And our bed is decked with whitest linen!

EVE

I am a rose without thorns in the garden of love,


I am a lily, the cup of by bud is deep!

JOSEF

Like a scarlet rose among the thorns


Is my wise woman among the giggling girls!

SONNET VI

EVE

An apple tree among the trees of the forest


Is Josef, wiser than the other men.
Delicious fruits of love are found in his life,
I delight to sit in his cooling shade.

I like to taste the fruit of the kiss of his lips,


His kisses are sweeter than wine to my nipping tongue!
He leads me in his chamber to his banquet,
His banner over me is red hot Love!

Beloved, strengthen me with sweetest raisins


And refresh me with the juice of the apples!
Help me, my God, because I am sick of love,
I fade away in the madness of my desire!

Josef, lay your arm around my waist


And embrace with your tenderly fingers my breasts!

SONNET VII

EVE

My beloved comes, oh look, he comes!


He is hasting, is flying the way in my garden!
He runs with his feet, his anthem is short, he sweats,
He’s coming! Hallelujah! Now he comes!

My beloved is like a stag on the hill,


The forests resound the echo of his roars!
I am like a roe, so tender and soft,
So shy like an hind is my burning desire of lust!

He gazes through my window in the night,


He’s peeping through the window to see my body!
His eyes are thirsty for the glance of my body,
His heart is hungry for the meal of my flesh!

JOSEF

Arise, my darling, like the goddess of morn,


My beautiful one and only, come and love me!

SONNET VIII

JOSEF

See and listen! The death of winter is past!


The newborn sun is shining with power from above!
The newborn daffodil erects its head
And the first birds are singing in the woods!

Wait a little and the crocuses come


And the merry butterflies suck their nectar!
The bees will come soon and make their honeycomb
And roses will blush before the sting of the bee!

The cooing of the doves is heard in the oaks,


The pair of redbreasts soon will build their nest!
The sparrows will play cheerfully on the street,
The young girls show themselves in pretty dresses!

Arise, my darling, like the goddess of morn,


My beautiful one and only, come and love me!

SONNET IX

JOSEF

My cooing dove in the green leaves of the oak,


My pigeon on the top of the living cypress,
Show me your face, the holy face of beauty,
Show me your face, the feminine face of God!

And let me hear your voice, so soft as a flute,


Let me hear your voice, my whispering muse!
Your voice is sweet like honey from the bees,
Your face is lovely like the face of Saint Mary!

EVE

My beloved is mine and I am his own,


He walks on the path of the roses and lilies.
In the evening time, when the sun goes down,
When Venus rises at the horizon, beloved,

You shall roar like a stag on the dewy hill,


That the woods resound the echo of your cry!

SONNET X

EVE

All night long I’m waiting on my bed


And look for the one I love with heart and soul,
But I do not find the one I love,
I will arise from by bed and search for Josef.

I walk through the streets and look for Josef,


I’m searching on the market-place of the city.
The policeman sees how I am searching
As I made my round in the streets of the city.

Mister policeman, have you seen my Josef?


But the policeman did not know my beloved.
Now the policeman is gone away and ah!
There are you, my beloved, my darling Josef!

I will bring you in the house of my mother


And will love you like a younger brother!

SONNET XI

JOSEF

I have in my house a couch of wisdom,


The feet are made of the costly mahagonny,
And the table near the couch is oak,
On the table stands a cup of glass.

When I lay on the couch, I deck myself with the fleece


Of the lamb and deck myself with linen.
The pillows I inherited from my grandmother,
The couch I inherited from my father and mother.

Young beautiful maidens, come and see my house,


Young beautiful maidens, sit on my second couch!
I want to see the beauty of freshest youth!
Come, visit me, ye sixteen years old graces!

See the crown I wear on my wedding-feast!


My mother made the crown for my day of joy!
SONNET XII

JOSEF

How beautiful you are, my Eve, how sweet!


Your eyes are soft as the eyes of cooing doves,
Your hair is like the veil of the goddess Isis,
The black hair flowing down to the top of your breasts!

Your teeth are white as pearls or ivory,


Your anthem is fresh like sugared peppermint,
Your lips, oh sweetest lips, a scarlet rose,
O mouth, you are like a ruby or red wine!

Your breasts are like the ewe of an holy cow,


I want to drink the milk of your motherly ewe!
Your breasts are white like lilies on a mountain,
I’m thirsty for the milk of the lilywhite Lilith!

You’re altogether beautiful in perfection,


You are the most fair female of your sex!

SONNET XIII

JOSEF

You have stolen my heart, my sister, my bride!


You came in the night as a thief and stole my heart!
With the flash of your eyes you’ve stolen my heart,
With the wondrous medal on your necklace!

How delightful is your beauty, my bride,


How pleasing is your tender love, my sister!
I’m drunken from love more than from red wine,
I’m drunken from the fragrance of your perfume.

Your lips, sweet lips, are sweeter than the honey,


Milk and honey are under your caressing tongue!
The fragrance of your clothes is like the fragrance
Of all the spices of Arabia’s market.

You are like a garden locked up, my chaste beloved,


You’re like a fountain of lust and pleasure, my darling!

SONNET XIV

EVE

Away, O north wind of the bitter winter,


And come, O south wind of the lusty summer!
Hot south wind, blow on my garden, blow on my flower,
The kingdom of Love is a kingdom of summer!

Beloved Josef, come into my garden


And pluck the fig from my fig tree and gather the myrtle!
Taste the wine of my pomegranates, beloved,
And taste the juice of my apples, Josef, my darling!

JOSEF

I will haste and come in your garden, my bride,


I will pluck the fig from the fig tree, beloved!
I will eat the raisins in your vineyard,
I will drink the red wine of your passion!

THE FRIENDS OF JOSEF

Eat, o Josef, the honey of her body,


And drink, o Josef, the red wine of her blood!

SONNET XV

EVE

I slept on my couch, but my loving heart was awake.


Listen, my heart! My beloved is knocking:

JOSEF

Open your heart for me, my sister, my darling,


My dove, my beloved, beauty without a spot!

My head is full of dew, my heart full of tears,


My hair is drenched with the dampness of the night!

EVE

I have already taken off my clothes,


Shall I clothe myself again in my dress?

I have bathed my body in the milk of a camel,


Shall I soil my naked body again?
He thrust his hand through my latch-opening softly,
My innermost soul began to pound for him!

I arose to open for my beloved,


My fingers are wet on the handles of the bolt.

SONNET XVI
THE GIRLFRIENDS OF EVE

What can you tell about your beloved friend,


Why is he better than the other men?
What can you tell about your own court’s poet,
Why is he greater than the other poets?

EVE

My beloved poet is radiant,


His thinking head is pure like purified gold.
His beard is long and grey like the Fathers beard,
As you can see on the icon of God the Father.

His eyes are lovely like the eyes of doves,


His look is charming, full of burning desire.
His speaking mouth is like a scarlet rose,
He is always talking about divine love!

He is my friend and my comrade and my fate,


O my girlfriends of the Gnostic church.

SONNET XVII

THE GIRLFRIENDS OF EVE

Where has your beloved Josef gone,


O woman, most beautiful woman of all the women,
Which way doth your beloved Josef turn,
That we may look for him with you, our girlfriend?

EVE

My beloved has gone down to my garden,


He smells the fragrance of the garden’s roses,
He smells the fragrance of the garden’s thyme
And feels the Eros in the soul of my garden.

He is dreaming in midst of the newborn crocuses


And is meditating in midst of the tulips.
He is weeping over the self-love of Narcissus
And prophesies out of the flight of the sparrows and doves.

I am my beloved’s and he is mine,


He feels the Eros in the soul of my garden.

SONNET XVIII

JOSEF
Turn your blue eyes from me, beloved Eve,
They overwhelm me, your look makes me a fool!
Your hair is black like the mantle of Mother Night,
Your long hair is flowing like a cataract!

Your teeth are like the pearls of a rosary,


Your beautiful teeth are white like ivory.
Your temples behind the veil of your long black hair
Are reddish like the halves of a pomegranate.

There are queens and empresses in the world


And there are thousands of concubines of free sex,
There are pretty young maidens on every street,
But my perfect one is the only one for me!

The young girls saw her and praised her erotic beauty,
The concubines of free sex praised her sex-appeal!

SONNET XIX

THE FRIENDS OF JOSEF

Who is she, appearing like the dawn,


Like Usha, the maiden-goddess of the morning?
Who is she, appearing like the moon,
Like Diana, the goddess of the moon?

Who is she, appearing like the sun?


When we see at morn the rising sun,
We see our lady rising at the horizon!
She is the queen of cosmic energies
And the beautiful female face of the world’s soul!

JOSEF

I went down in the grove of nut trees and saw


God’s heavenly throne in the likeness of a nut!
I went down in the vineyard to see the vines
And saw the child-bearing vines with the fruits of the cluster!

Before I realized what happened to me,


I stood in midst of the faithful children of God!

SONNET XX

JOSEF

How beautiful your bare feet in the sandals,


You walk in the sandals of Juno, heaven’s queen!
Your graceful legs – oh spread your legs – are like jewels,
You are the master-piece of the hand of an artist!

Your little navel is a rounded goblet


That never lacks the red wine of mystical union!
Your waist is golden like a mount of wheat,
Encircled by the purple buds of the poppies!

Your breasts are like two fawns, two lovely twin fawns
Of the gazelle, they are whipping up and down!
You opened your dress of transparent silk and I saw
Your naked breasts full of the milk of comfort!

Oh beloved, my wanton lust, my pleasure,


You are my sex-idol, you are my sex-goddess, Eve!

SONNET XXI

JOSEF

You goose-neck is like an ivory tower


And your blue eyes are blue like swimming-pools,
Your nose is like the nose of a kingly eagle,
Flying in heaven to see the godly sun!

Your head is like the mystic of Mount Carmel,


Veiled by the seven veils of Mother Night!
Your hair is purple by the tincture of henna,
I am an un-free captive of your tresses!

How beautiful you are and how pleasing, Eve,


Your naked breasts like clusters of fruitful fruits!
I will climb the apple-tree of your body
And pluck the fig from the fig-tree of your sex!

Your breasts are like clusters of grapes on the vines


And I will suck from your breasts the wine of love!

SONNET XXII

EVE

Come, my friend, let us go to the countryside,


Let us spend the night together in the village.
The moral system of virtue in our souls
And the stars of the firmament above our heads!

Let us wander to the vineyards of France


To see if the vines are child-bearing with the clusters,
To see if the peach trees of immortality are in bloom,
There I will give you the intimacy of my body!
At midnight we will dig the magic mandrake
Out of the holy womb of the black mother earth,
We will celebrate the charms of love,
We will love as magicians the magic of Eros!

We will unite our bodies and our souls


And mix our minds in the mystery of love!

SONNET XXIII

EVE

If only you were to me like a brother,


Who was nursed at my mother’s abundant breasts,
Then, if I find you outside in the garden,
I would kiss you as a sister kisses her brother.

I would lead you in the house of my mother


And would eat with you at my mother’s table.
My dearest mother had taught me how to love
And how to be full of soft and tenderly mercy.

I would give you costly champagne to drink,


As my poor mother loves to drink champagne,
And I would give you the sweet juice of my apples,
And you would embrace with intimacy my body!

O women, do not awake my beloved from sleep,


Until his angel awakens him with a kiss!

SONNET XXIV

EVE

Under the apple tree I embrace your body,


There your faithful mother conceived you in love,
There she who was in labour gave you birth.
I celebrate the feast-day of your birth!

Place me like a seal on your loving heart,


Like a seal on your embracing arm!
The passionate love of Eros is stronger than death!
But jealousy is unyielding like mother grave.

The love of Eros burns like blazing fire,


Like a mighty flame of the love of the Godhead!
Even the pacific ocean can not quench my desire!
Even the north-see can not sweep away my lust!
No man can buy my love with gifts of money,
No man can buy my body with valentines!

SONNET XXV

JOSEF

You who dwell in the garden in midst of the roses


And in midst of the crocuses, lilies and tulips,
You who dwell in the womb of Mother Nature,
Whose intellectual soul dwells in the World’s Soul,

Let me hear your voice, the sound of a flute,


Let me hear your voice, my whispering muse!
The friends of my poetry are waiting for you,
The friends of my poetry are waiting on my muse!

EVE

Come away, my beloved, on the mountains,


Let us talk to the Most High on the heights!
Let us be a pair of married eagles,
Flying in heaven to look in the face of the sun!

And jump like a stag on my spice-laden mountain!


And let us mix our souls in sexual love!

DAS LIED DER HIRTIN

Myrrha will ich singen, die Hirtin, und Daphnis,


Ihre Liebe füreinander. –
Am athenischen Hof des Tyrannen Demokrates,
Da war Myrrha,
Denn Demokrates hatte sie in seinen Harem holen lassen,
Wo der Magna Mater Priesterin
Die hübschen Sklavinnen frauenliebenden Herrschers beherrschte.
In den kühlen Marmorwandelhallen
Zirpten aufgeregt quer durch die stoische Ruhe
Die Mädchen, allesamt auserwählte Jungfraun
Aus dem griechischen Volke
Für den Herrscherhof Demokrates‘.

Drei der Mädchen saßen beisammen


Auf der grünen Sommerwiese
Im Innenhofe des Marmorpalastes,
Da die Fraun des Tyrannen wohnten:
Atalante, Melitta, Perinna.
Atalante war eine schwarzhaarige Dorerin
Unter reichlichem Silberschmuck
Und von hübscher Schlankheit,
Perinna trug rotbraune Locken
Und war ein wenig verschüchtert,
Melitta in der Flut derdunkelblonden Locken
Zeigte den rosigen Mund von zierlicher Schmalheit.

Da kam Myrrha herzu,


Sie trat zu den Fraun auf der Wiese,
Das Schmuckstück Demokrates‘,
Der in den letzten drei Wochen, seit er sie umwarb,
Nur für sie noch Augen hatte.
Myrrha, die Hirtin aus Arkadien,
Diesem schönsten Weideland der Schafe Griechenlands,
Myrrha, die Schöne:
Gold ihr Haar wie Weizenfelder,
Blau ihre Augen wie Himmel,
Prachtvoll ihr Leib und unvergleichlich
Und Gesang der Musen Myrrhas Stimme.

O Myrrha, was sangen da die anderen Frauen dir zu?


Sagte nicht die bittere Clio, Oberaufseherin ihres Harems:
"Den Daphnis, den träumenden Hirten,
Der da zwischen den Anemonen träumt,
Den laß du, Myrrha, der ist allzu träumerisch, ach,
Und ein armer Hirte dazu.
Aber nun, sprach Clio, bist du am Hofe Demokrates‘,
Da ist Reichtum und Macht zu Seiten seines Thrones,
Dem suche zu gefallen, Schwester Myrrha",
Sprach Clio, die alte, schon lang nicht mehr aufgesuchte Frau.

Atalante, Perinna, Melitta


Riefen der schönen Hirtin Myrrha zu:
"Freu dich, die du hier zwischen blauäugigen Veilchen wandelst,
Tochter arkadischen Sanges,
Denn Demokrates wird in dieser Sommernacht heimsuchen dich,
Zu umschlingen mit seinen leidenschaftlichen Armen dich,
Zu küssen dich mit dem Zwitschern seiner Lippen,
Dem Tschilpen seiner Zunge, dem Wachtelschlag seines Mundes,
Freu dich drum, du Tochter Arkadiens, Myrrha,
Denn seine Küsse sind heilsamer noch als Balsam,
Süßer noch als Nachtigallhymnen,
Trostreicher noch als Wein aus Chios,
Den schon Homer den Göttern geopfert."

Myrrha sprach: "Der Unbekannte vergebe dir,


Homer, du größter aller Dichter!-
Aber mir will die Leidenschaft des Tyrannen nichts bedeuten,
Mehr noch, sie kränkt das zarte Gemüt der Hirtin,
Die gewohnt ist mit Lämmern zu weiden,
Und nicht gewohnt, mit Wölfen zu spielen."

Clio, der Magna Mater Priesterin,


Oberaufseherin ihrer Haremsjungfraun,
Trat herzu mit würdigem Gang:
"O Myrrha, dein Name, der ists, der mich begeistert,
Denn es ist ein Klang so lieblich
Wie Öl vom Myrrhenbaum in Palästina,
Mit denen Könige ihre Füße salben
Und Philosophen ihre Häupter
In den Wandelhallen platonischen Akademien,
Jungfrauen ihre weißen Glieder für ihre Liebsten –
So du, o Myrrha, bist eine edle Salbe dem Herrn Demokrates.
Und nicht nur dem Tyrannen bist du lieblich,
Auch die Haremsfrauen im Garten der Magna Mater lieben dich sehr,
o Myrrha, denn du bist angenehm an Seele und weise an Geist –
Ja mit einer lieben Hirtenweisheit bist du angetan
Von deinem Unbekannten!"

"Ah", riefen Atalante und Perinna aus Einem Munde,


"Du bist uns eine schöne Freundin.
Denn wenn wir nicht wetteifern müssen
Um die Zuneigung unsres Tyrannen,
(Denn er ist nun am meisten dir zugetan),
Dann können wir ja Freundinnen sein
Und Spiele der Unterhaltung
Und des Ergötzens an müßigen Dingen spielen."
Es fügte Melitta hinzu:
"Und preisen die Statue unsrer Himmelskönigin
Mit den schönen Perlenketten gemeinsam!"

Und ein lieblicher würziger Windhauch rauschte


Wie zarter Taubenflug über die Wiese,
Denn nicht in Donnern sprach zu ihr der Gott,
Sondern im Liebessäuseln zu Myrrha.
Und die Veilchen neigten sich in zierlicher Anmut vor dem Winde
Und blickten aus ihren blauen Augenkelchen
Nach den Wirkungen geistigen Windes,
Denn da war ein süßes Zittern in den schönen Gräsern der Wiese.

"Sahest du schon", so fragte Atalante,


„Des Tyrannen Gemächer, Liebreizende du,
Da er die Liebe üben will an deinen weichen Gliedern?" –
"Aber woher denn?" entrüstet sich Myrrha,
"Bin ich doch rein, jungfräulich,
Trotz allem widrigen Schicksal
Treu meinem lieben Hirten, dem Arkadier Daphnis.
Ihm spar ich Herz und Nieren und Glieder auf
Zum Tage meines Hymenfestes.
Mag Demokrates noch so sehr werben,
Mag er mich gar bestürmen, bedrängen,
Ich werd mich ihm weigern in stoischer Schicksalsgelassenheit,
In platonischer Wollust-Enthaltsamkeit
Und arkadischer Liebestreue zu Daphnis!"

Die Mädchen aber sprachen zu Myrrha:


"Du müsstest Demokrates‘ Lagerstatt sehn,
Da würde dein weibliches Herz in Schwäche erliegen
Und vor Hitze der Wonne zerschmelzen,
Denn sehr weich sind seine Taubenkissen,
Wie Wolken aus Seide und Duft,
Gar lieblich die Geruchs-Aromen seiner Bäder;
Lavendel liebt er über alles,
Und deinetwegen, o Myrrha, gewiß die Myrrhe!"

"Meinethalben", plusterte sich auf die hübsche Melitta,


"Liebt er Melisse, sie beruhigt sein Herz so gut,
Als er so stürmte vor Leidenschaft,
Denn es glühte ihm heiß und hitzig,
Wenn er meine Lippen sah und meine Schultern."
Sie warf sich die Locken in den Rücken
Und stolzierte davon wie ein Pfau, hochmütiger Eleganz.

Just in dem Augenblick schaute von fern


Der Herrscher Demokrates zu den Mädchen herüber.
Jene, die schon länger im Harem weilten,
Fühlten ihre Herzen klopfen;
Myrrha fühlte nur kühle Distanz.
Die andern, allen voran die schwarzgelockte Atalante, huldigten:
"O geliebter Tyrann! Demokrates, Herr!
Wende dich einmal wieder deinem Harem zu,
Den Schönsten deines Hofes,
Die dir mit höfischer Liebe huldigen wollen!"

Demokrates lächelte stolz und geschmeichelt


Über die Unterwürfigkeit seiner Schönen,
Denn sie bestätigten ihn in seiner mannhaften Mannheit:
"Ihr hübschen Geschöpfe, was denn könnt ich zu eurer Freude,
Zu eurem Ergötzen euch tun?"

Clio, die Äbtissin der Heidenmädchen, lispelte leise:


"O geliebter Tyrann, o Herrscher, deine Liebe
Macht den Mädchen die Herzen klopfen!
Dein Lächeln, das läßt ihre Seelen lachen!
Hast du an ihnen Wohlgefallen,
So jauchzen ihnen Geist und Sinne,
Sie sind fröhlich in deiner Freude!
Gib einer von ihnen einen Kuß,
Und alle werden rasen vor Eifersucht;
Und küss eine jede, und jede will die Einzige sein!"

Demokrates lächelte weiterhin stolz wie ein Hahn


Und geschmeichelt wie ein Jagdhund.
Er sah zu Myrrha, der Schönsten, und fühlte...
Ihm fehlten die Worte.

II

Zu den Haremstöchtern redete Myrrha


Mit ihrer Stimme, die klang wie Quellenrieseln,
Nachtigallen, Meeressand zwischen den Fingern:
"Frauen, was seht ihr so scheel auf meine Haut?
Sicher, ich bin weiß wie Milch,
Wie die Milch der Magna Mater,
Weiß wie der Schnee auf dem Berge Athos
Oder der ewige Glanz auf dem Olymp.
Ihr könnt euch rühmen der schönen Bräune eurer Haut,
Die dem Tyrannen so wohl gefällt,
Doch mich hat nicht einmal die mondenmilchige Weiße meiner Haut
Vor seiner Verfolgung bewahrt.
Bin ich auch weiß wie die Seide aus China,
Weiß wie das Elfenbein an dem Turme des Libanon,
Weiß wie die Einhörner der iberischen Kelten,
So bin ich dennoch lieblich!
Ja, meinem Liebsten gefällt die feine Blässe
Meiner Mädchenhaut wohl."

Die Mädchen sprachen: "Hast du denn nie


Iin dem Blick der Sonne dich deiner Glieder ergötzt
Und gebadet in den Quellen Arkadiens bloß,
So wie du geschaffen,
Daß du werdest bräunlich an deiner Frauenhaut?
Oder pflegtest dich heimlich zu stehlen
In den Schatten, in die Hütte,
Wenn andere Arbeit taten und gingen mit den Herden, Hirtin,
Im Schweiße des Angesichts; sag uns, wo du da warst."

Myrrha sprach: "Ich ging wohl im Augenwerfen der Sonne auf mich,
Durch die Reihen der Rebstöcke ging ich
Und pflückte mir in einen großen Korb auf dem Rücken
Die reifen prallen Trauben, im Mittag noch ruht‘ ich nicht,
Sondern holte die Ernte ein im Weinberg
Meiner ältern Brüder Menon und Lukas,
Aber meine Haut blieb dennoch ein Weinberg,
Dessen Trauben nicht reif und dunkel wurden;
Als hingen weiße Milchtropfen an den Zweigen,
So erntete Trauben ich, verbrachte meine Zeit in der Sonne.
Aber ihr Frauen, mir kommt ein Gedanke:
Auch Frau Sonne im Mittag ist strahlendweiß im Angesicht."

Myrrha erhob sich und wandelte seitwärts zum Akazienbaum,


Der am Rande des Innenhofes seine Zweige schattend gebreitet,
Unter diesem Baume ließ sie sich nieder,
Holte ihre Panflöte aus der Kordeltasche und blies hinein,
Und ließ die Gedanken schweifen wie träumerisch Gewölk im Sommerwinde
Und sprach dann leis, als flüstere sie sich selbst ins Ohr:

"O geliebter Daphnis, mein reiner Hirte,


Sage mir, wo bist du jetzt? Sieh,
Ich habe solche Sehnsucht nach deinen starken warmen Hirtenarmen,
Daß sie mich umschlingen! Verschlingen will ich dich, Liebster!
Du, Liebe ist Sehnsucht nach Nähe.
Ich habe Sehnsucht nach deiner Nähe.
Ich bin eine näheliebende Frau,
Deren Seele Einheit und Verschmelzen sucht
Mit aller Leidenschaft des Gemütes.
Bist du jetzt im hohen Mittagsschatten unsrer breiten Liebeslinde,
Umsäuselt vom linden Lüftchen,
Und redest mit dem Liebling deiner Seele, dem Unbekannten?
Darf ich zart und zaghaft wie ein süßes weißes Täubchen
Mich dir nahen und schnäbeln mit deinen Lippen,
Die girrende Worte mir lispeln,
Mein Liebster, darf ich? O Liebe!
Ich hab dich lieb von Herzen,
Mit meines Gemütes Traurigkeit
Am Hof des Tyrannen sehn ich mich zu dir,
Zu dir, geliebter Daphnis,
In den Lindenschatten deiner Hirtenweide!"

Myrrha strich mit ihren feinen weißen Fingern


Sanft und zärtlich und träumerisch
Über das blaugrüne Laub der Akazie,
Wie ein Vorspiel zart,
Wie ein Saitenspiel der Liebe leis und innig liebkosend,
Denn sie träumte vom blonden Haar und Barte
Des geliebten Hirten,
In dessen Weichheit sie spielerisch liebkosend wühlen wollte.

Sie warf sich den purpurnen Schleier,


Von transparenter Glut,
Ums Haupt und ging wie eine verschleierte Jungfrau,
Eine Entsagende, Trauernde, eine Vestalin,
So ging sie durch die vielen Schleier,
Die im Innern des Elfenbeinturmes
Um die ebenhölzerne Wendeltreppe wehten
Und flatterten als wie Heeresbanner herrlich
Und wie Nachtfalter schwärmerisch zart,
Und trat ins Obergeschoß und seufzte.

"Ach", seufzte sie am Fenster


Und schaute in schöner Schwermut
Und Liebe voller Wehmut
In die Fern‘ der athenischen Landschaft,
"Ach so fern ist mein geliebter Daphnis,
Daß ich ihn nicht herzen und küssen kann.
Mir ist so wehe, als rönne der Scheidefluß
Zwischen Toten und Lebenden zwischen uns hin, die kalte Lethe,
Denn ich kann nicht halten Daphnis zu meinem Troste
In meinen begehrenden Armen und pressen den Liebling,
Meinen Freund an mein glühendpochendes Herz!"

Und ihre himmelblauen Augen,


Strahlend wie Sommermittag,
Verloren sich glänzend in weißen Wolken,
Und sie wandelte als wie eine Hirtin
Mit dem Meer der trottenden Schafe,
Alle auf demselben Weg, auf Abwegen keins,
Und zog mit ihnen in die Ferne
Zu den blauen Blumenwiesen
Und den kristallenen Lebensquellen,
Wo Tropfen quollen wie demantene Liebesperlen.

"Daphnis, wenn ich jetzt im Geiste suche,


So bin ich nahzu irre,
Ich seh deinen Freund, seh Agathon
Mit dem Ziegenbart und der steifen Gestalt,
Halb Mann halb Ziege, und seh Pylades,
Den aufgeschwemmten Jüngling,
Der mir so frech auf die schönen Brüste stiert,
Wo aber bist du, geliebter Daphnis, daß ich dich finde
In den Phantasiegefilden meines Tagtraums,
Schöner und lieber und guter Daphnis."

Aber das hörten Melitta, Atalante, Perinna,


Das Liebesgeseufze der einsamen Turteltaube,
Und lächelten spöttisch und riefen herauf
Zum kleinen Fenster des Elfenbeinturmes:
"Oh du Wunderschöne,
Du vom Lande gemolkene Schönheit,
Willst fliehn die Herrlichkeit des schönsten Palastes in ganz Athen?
Willst zurück zu Böcklein und Wildsau
Und dich suhlen bei strömendem Regen in Schlamm und Ziegenkot?
Närrin du, du mit deinem Ideal von Einfalt und Armut,
Weißt nicht zu schätzen dies kostbarste Schloß der höfischen Liebe!
Fürstin könntest du werden
Und herrschen als Erste Hetäre
An der Seite des Tyrannen Demokrates,
Ganz Griechenland verehrte dich mehr
Als einst Sparta und Troja die schöne Helena ehrten.
Myrrha, würde man sagen, ist die erste Frau in Griechenland.
Aber du willst zurück ins Dorf zu deinen Sauhirten?
Törichte Närrin du, Myrrha,
Naiv und albern ist dein Sinn!"

Myrrha ward rot von schönstem Schamrot.


Ebenso schön ists, im weithin verschneiten Arkadien,
Mitten in einsamer Hirtenidylle,
Eine purpurnes Blutes erblühende Duftrose prangen zu sehn.
O Myrrha, Daphnis ist nicht zu Unrecht
So ganz und gar von dir entzückt!

III

Demokrates trat lachend in die obere Kammer,


Selbstsicher trat er zu Myrrha,
Die eben noch zärtlich und weich sinnierte,
Blühend wie ein tränendes Herze,
Weiß vor Keuschheit, rot vor Sehnsucht,
Mit einem Herzen, blühend wie brennende Liebe,
Wie ein Stern, der Morgenstern
Aus dem Feuer der Leidenschaft des Gemütes,
Zart und fein wie Mädchenanmut.
Anders Demokrates, er kam wie ein Held,
Ein Eroberer, Sieger, Triumphator,
Und sprach zu seiner neusten Eroberung so:

"Myrrha heißest du, Schöne?


Such dir eine Stute aus meinem Gestüt aus,
Ich habe pythische und olympische Stuten,
Siegreiche Hengste aus Marathon,
Arabische Hengste und Renner von Kos,
So such du dir nur eines aus.
Meine weiße Lieblingsstute,
Die schöne Kalliope, sie ist nicht so herrlich wie du!
Wenn sie zittert und dampft im Rennen,
Dann ist sie zahm im Verhältnis zu deiner holden Wildheit,
Zu deinem geisterfüllten Zittern, o Myrrha!
Kalliopes braunes Auge ist weich und träumerisch,
Aber schöner dein Auge, Myrrha,
So eine feine zarte Sinnigkeit ist in deinem Blick,
So zärtlich-innig und zartselig blickest du, o Geliebte!
Deine Augen blühen wie blaue Violen,
Welche Morgentau schluchzend zum Vater Äther schauen..."

Myrrha zuckte zusammen:


Hatte doch auch ihr reiner Daphnis
Ihre Augen blaue Blumen genannt, Vergißmeinnicht...
Und sagte nicht Daphnis vom ersten Tag an zu ihr: "Mein Einhorn?"
Warum äffte dieser Lüstling Demokrates also äffend-ähnlich
Die reine menschliche Liebe ihres Daphnis nach?
Welcher Dämon inspirierte diesen Frauenhelden,
Der die Liebkosungen zischte,
Welche so ewig jugendlichschön ein himmlischer Genius
eingeflüstert dem reinen Hirten? O Daphnis!

Da hob Demokrates wieder seine Stimme,


der große Tyrann, und sprach mit markigem Stimmenton:
"O Schöne, in meiner Lieblingsstute Mähne flocht ich bunte Zierbänder,
Und sie standen ihr wohl.
Wenn sie rannte und raste und schnaufte,
Flatterte ihre prachtvolle Mähne im Sturmwind,
Da war vor lauter Zierband der Sturmwind ein bunter Sturmwind,
Ein Wehen von bunten Kügelchen, aufgereiht an bunten Bändern.

Meinest du nicht, du Schöne, o Myrrha,


Daß dein weizenblondes Haar noch herrlicher wäre,
Wenn perlmutterne Perlen hineingeflochten würden?
Rosiger Schimmer wie von eben erblühtem Mohn
Im Weizenfelde deiner feinen Strähnen? Und wehte dein Haar
Und flösse dein Haar in lauter Wildheit und Raserei mir hin,
So wärs wie Feuer und Gold und Morgenröte, o Myrrha!"

Myrrha stutze innerlich, denn sie dachte:


"Wie oft hat der Tyrann wohl schon
Den Mädchen Perlenschnüre ins Haar geflochten?
Lieber ist mir mein Daphnis, dem ich die Einzige bin,
Er nannte mich seine wunderbare Perle."

"Myrrha, Myrrha, Myrrha!


Du bist mir die schönste Perle des Mittelmeeres,
Schöner als selbst die Liebe Frau vom Mittelmeere,
Die auf einer perlmutternen Muschel daherrauscht -
Sieh hier diese Kette, wo mein Künstler
Die erlesensten Perlen an einer Baumwollschnur aufgefädelt,
Denn ich gab ihm den Auftrag letztes Jahr,
Als ahnt‘ ich, daß du kommen würdest,
Du schönste Perle des Archipelagus, Myrrha!"

Myrrha zeigte dem Tyrannen trotzig das schlichte


Schöne Freundschaftsband,
Das Daphnis ihr geflochten
In einer romantischen Abendstunde,
Da seine Lämmer grasten und er träumerisch lag im Grase.
Das zeigte sie dem Tyrannen und sprach:
"Das ist der schönste Schmuck, den es geben kann auf der Erde.
Schöner kann mich nur der Unbekannte
schmücken mit dem Schmuck seiner Liebe!"

Demokrates ließ sich nicht irremachen,


Denn er war sich seines Reichtums
Und seiner verführerischen Wirkung sicher und pries:
"O Schönste meiner Frauen,
Sieh hier die Goldplättchen an dem Silberkettchen,
Das ist vom ersten Kunstschmied aus Kleinasien hergestellt,
Edleres findest du nimmer. Dies sei dein,
Wenn du mir lieblich die Liebe erklärst."

Der Tyrann zog sich zurück auf seinen Regierungssitz,


Da er auf seinem halbrunden Diwan
Mit seinen beiden Beratern Alexis und Menelas saß und ratschlug.
Dieweil aber seufzte Myrrha, seufzte und seufzte,
Voll der melancholischen Schwermut, und seufzte nach Daphnis:

"Wie der Honigtau der Bienenfreundin,


Der herzerfreuenden Freundin Melisse,
Ist mein Freund, gar süß und goldig, gar lieblich
Und eine Ruhe und holde Unruh für mein Herz.
Du meine Freude, du mein Herzeleid!
Zwei Seelen wohnen ach in meiner Brust;
Als da ist die Seele, die seufzt nach dir
Voll Sehnsucht nach ihrem Daphnis, dem blonden Hirten,
Und die andere Seele ist bang und zaghaft,
Fürchtet vor Lieben und Geliebtwerden, ach mein Daphnis!"

Myrrha kullerten einige salzige Augentropfen


Aus ihren Vergißmeinnicht, ihren Liebesgrotten,
Sie trocknete sie mit dem kleinen Finger der linken Hand,
Voll holder Anmut, zarter Bewegung, und seufzte wieder:
"Ach was bin ich so melancholisch an diesem blauen Abend,
Wehmütig wie der dunkle Dämmer umher
Und schwermütig wie die silbrigen Abendschwaden
Üüber den blaugrünen Wiesen der Einsamkeit,
Da traurig die Mohnblume schlummert im müden Winde.
Ach Melancholie! Ach Daphnis!"

Sie fühlte ein wärmendes Handauflegen des Unbekannten,


Dessen Geist eine wohlige Ruhe legte ihr auf die zitternde Seele,
Ein Nachhausekommen und Heimatfinden,
Ein Empfinden wie nach einem Kelch voll süßen Weines,
Voller Frieden der Seele und des Herzens,
Denn es zeigte der Gott ihr den sanften Hirten,
Wie er träumerisch weich bei zarten Lämmern
Im Abendfrieden fromm und selig ruhte.
"Ach Daphnis! Mein frommer Bruder,
Mein sanfter Hirte im Abendflaum der Weiden!"

Dann legte sich die melancholische, ach,


Vor einsamer Liebe trübsalssinnige Hirtin
Auf ihre Kissen, kein weiches riechendes Lammfell, ach,
Sondern Purpurentendaunen in Seide, verziert mit Brokat,
Und schlummerte sanft hinweg,
Das Leinensäckchen mit Rosenblättern, ihres Daphnis Geschenk,
An ihren schönen Busen pressend, ihr müde klopfendes Herz.

Am Morgen färbte sich der Horizont die Fingernägel


Und Haare rot mit der Paste der Hennablätter,
Die Sonne trug einen Strauß von Zyperblumen zum Tag,
Wie eine Braut ihrem Bräutigam Hennablüten bringt,
Eeine Hennablüte von der Süßwasserquelle:
Daphnis, der blonde Hirte,
War eine Hennablüte von der Süßwasserquelle,
Und seine Küsse, die waren der frische Lebenstau
Einer Süßwasserquelle von Elysium, seine Morgenküsse,
Wenn sie morgens gingen freundschaftlich in Arkadiens Auen,
Waren wie tschilpende Spatzen, seine Küsse
Waren goldene Söhne der Freude.

Aber Demokrates trat


In der schwärmenden Myrrha Ruhezelle,
Da sie gerade lispelte ihr Gebet zum Unbekannten,
Er störte: "Myrrha, schön wie der Morgen, schön wie die Sonne,
Die sich Rosenperlen ins Haar steckt auf goldenem Muschelkamm,
So schön wie schneeweiße Tauben,
Vom purpurnen Morgengewölk süßduftend angelächelt,
Vom Morgensterne wie von rubinenen Diamanten angestrahlt,
Myrrha! deine Augen,
Jung wie Sperlinge, rein wie Tauben,
Klar wie Bergseen, blau wie Himmel,
Licht wie Unsterbliche, Myrrha,
In deinen Augen will ich meine Blicke weiden
Und leben lassen als in elysischen Gärten!"

„Ach“, dachte Myrrha, "seine Worte fließen wie Öl,


Sein Maul trieft wie fettige Butter,
Aber sein Geraspel von Süßholz macht mich früh am Morgen schon
Ganz melancholisch, o Gott!"

IV

Am Vormittage spazierte Myrrha


Von den Haremshallen fort einen schmalen Fußweg,
Ihre Füße in goldnen Sandalen
Spielten mit kleinen Kieselsteinen.
Am Rande kam sie vorüber einer alten Eiche,
Die sich männlich-mächtig erhob;
Drei Männer braucht‘ es, sie zu umfangen.

Hinter der Eiche weideten Schafe,


Myrrha hüpfte das Herz.
Da war ein weißes Mutterschaf,
Ein weißes männliches Lamm,
Ein grauwollenes Schaf mit schwarzem Kopf und Beinen,
Ein braunes Lamm und ein schwarzes Schaf.
Sie fraßen von den langen Gräsern
Und machten Myrrha wehmütig, heimwehkrank.

"Ach Daphnis, hier wohn ich


Zwischen Seide im Elfenbeinturm,
Mit dir aber lag ich träumend
Zwischen Eichen und Linden in den Gräsern,
Du erzähltest mir die Reden deines Großvaters wieder:
Siehe, sagtest du mir, o Myrrha, siehe den Klee:
An einer Kleeblume - das ist der Unbekannte –
findest du drei Blätter - Theos, Logos, Pneuma.
Von allen Seiten umgibt dich
Und liebt dich der schöne Gott. Und ich lieb dich auch,
Myrrha! sprachest du, Daphnis.

Ach Daphnis, zarter Daphnis, du bist so fein,


Dein Bart so weich wie Gras,
Das so hauchfein und flaumweich weißduftendes Rosa
Mit wolligweicher Pastellzartheit blüht.
Deine Zähne sind weiß wie die Milch des Mutterschafs
Oder die weiße Blüte des Klees.

Hülle noch einmal, wie du am kühlen Abend


Mir gedichtet, mich in den blühenden Frauenmantel.
Lächle mich an so zart wie die Nymphenrosen,
Die zarten rosanen Grazienrosen, welche schön sind und licht.

Wie gerne ging ich wieder mit dir in den Wald,


Wie am Abend, da deine Schwester,
Die goldene Pythonissa mit uns ging,
Ihre feinen Lippen wie Blüten der Grazienrosen lächelnd.
Und die Abendsonne glühte
Durch die dunklen Stämme der dichten Fichten.
Auf weichem braunen Waldboden tanzte
Unsre verliebte Jugend schwärmerisch mit den Fackeln.
Leise waren unsere Kosereien,
Daß wir die zärtlichmütigen Rehe und Hirschkühe,
Einhörner und Zentauren nicht erschrecken.
Wir gaben lachend Antwort
Dem köstlichen Rauschen der Waldtauben,
Welche ebenso girrten wie wir.
Pythonissa pflückte, die füllige Schöne,
Uns einen bunten Strauß; Euch Verliebten! sprach sie
und zeigte uns Wiesenkerbel und Schafgarbe weiß,
Purpurea und Klatschmohn rot.
Du, herziger Mann, wurdest kräftig vor Lebensfreude
Und warfest Stämme quer durch den Wald
Und riefest: Meine brennende Liebe!
Bären und Löwen ring ich nieder für Myrrha, Liebe! –
O Daphnis, du kerniger Held, du Heros meines Herzens!"

Nun sandte der Tyrann Demokrates einen Boten,


Einen Eunuchen des Himmelreichs von Harem,
Mit einen Brief an Myrrha:
"Demokrates, der Tyrann von Athen, er sendet an Myrrha,
Die Erste seiner Frauen, diese Schmeichel-Ode:
Herrliche, du bist eine Bohnenblüte zwischen Bohnenstangen,
Eine Purpurea zwischen Nesseln.
Dich hab ich erwählt mit dem Feuer meines Geistes
Und der lodernden Flamme meines Fleisches.
Komm in meine Privatgemächer,
Ich will dir dort ein Lager bereiten.
Du sollst Pindar in die athenische Zunge übertragen
Und Sapphos Lieder zur Lyra singen.
Ich will dir Frauen suchen,
Die deinem sterbenden Gott, dem Unbekannten mit dir hulden.
Komm, o komm und laß uns eilen, o Myrrha!"

Dieselbe zerriß den Brief mit der feuchten Schmeichelei


In tausend Fetzen und warf sie ins Feuer.
Sie schlug sich unter zornigen Tränen auf die Schenkel
Und begann, den Hirten Daphnis zu preisen:

"Mein Liebling, der Sohn des Unbekannten, der Hirte!


Er ist wie ein Pfirsichbaum unter verwilderten Judasbäumen!
Seine Frucht, seine Liebe, ist süß.
Und seine Küsse munden meinem Gaumen
Wie eine frische Sommerfrucht.
Seine Zweige voller Laub und feiner Blüten
Werfen kühlen Schatten in der Mittagshitze,
So angenehm ist seine Gegenwart,
Er ist herrlich erfrischend.

Seine Lippen sind köstlicher als der beste Rotwein aus Zypern.
Er führte mich auf die weinlaubumrankte Terasse seiner Liebe,
Unter den trunkenen Abendhimmel der Wollust seiner Seele,
Zum Tavernenzeichen seiner Treue -
Dem immertreuen Schwan des Gottes der Dichter -
Und pries mir mit Perlen auf der Zunge den Einzigen:

Der ist die Liebe und segnet unsere Liebe!


Seine Liebesfahne in Purpur mit der weißen Liebestaube
Flattert über uns im Zephyr des Lenzes!
Und trunken wurd ich von süßen Küssen meines Daphnis,
Wie von Frühlingswindes Küssen, Geistes Küssen,
Zyprischem Weine gleich an Stärke und Süße.
Mir tanzten bei seinen Küssen die Sterne vor Augen,
Die Perlenkette der Nacht,
An der sie abzählt die fünfzehn Lobpreisungen göttlicher Liebe
In dem Herzen des Unbekannten!

Evoe! Gott! O küssen möcht ich


Das Elysium und Arkadien, Gärten des Himmels,
Wo Daphnis in seinen Liebesträumen mit mir weilt
Und weidet unter Pfingstrosen wohl in feuriger Liebe,
Liebe gleich einem Flammentanz seliger Genien,
Töchtern der Freude, Töchtern Elysiums, Töchtern Gottes!
Mir ist elend vor Sehnsucht,
Ich bin krank vor Liebe zu meinem guten Hirten!“

In Arkadien, in der Hütte ihrer Ferien, schlummerte Myrrha,


Die schweren weißen Lider gesenkt
Auf die blauen Diamanten ihrer Augen,
Die weichen Nasenflügel zitternd.
Ihr hoher Busen wölbte sich, hob sich und sank mit leisem Atmen,
Sie wendete sich von der linken auf die rechte Seite.
Draußen um die Hütte lagen die Hühner und schliefen auch.
Aber da der Morgen nahte, fing der Hahn an zu krähen.
Er hatte ein prächtiges rotes Gefieder und einen rubinroten Kamm,
Der wie Flammenzacken sich auf die Morgenröte reimte.

Gleich, da sie erwachte, dachte Myrrha


Voller Sehnsucht an ihren Geliebten:
"Daphnis, du Gottesträumer, du Hennablüte,
Du bist kein trauriger Taugenichts,
Bist ein Liebling des Unbekannten!
Und mein Liebling auch! Oh, wie ich dich vermisse!
Geh ich an den See Cyane in Arkadien hier
Und bade meine milchigen Frauenglieder in kristallener Klarheit,
Denk ich an dich, daß du im Lorbeerstrauch
Mit geschlossenen Augen auf mich wartest
Und mir zuwirfst einige Leinenhemden und einen langen Rock,
Daß ich mich bekleide in Weiß und Blau,
O du mein Lieber, schau mich an, schau mich an, mein Lieber,
Aber schau mich keusch an und nicht mit geilen Blicken,
Denn mein Herz ist bang und fürchtet sich vor Liebe!
Daphnis, du wirst Rücksicht auf meine Furchtsamkeit nehmen?"

Mit einem Gänseblümchen in der Hand


Saß Myrrha in der Hütte bei einem Kruge Milch
Und zählte pflückend Blütenblatt um Blütenblatt:
"Er kommt, er kommt nicht, er kommt, er kommt nicht,
Siehe, er kommt! Mein Geliebter kommt!“
Tatsächlich sah sie aus dem Fensterloch
Und sah von Ferne Daphnis nahen,
Von weitem erkannte sie ihren blonden Hirten
Am melancholisch-dunkelblauen Kleid.
Aber er war so froh und in solcher Freude,
Daß er hüpfte wie Chiron, der Meister der Zentauren,
In seiner Jugend, voller Frohsinn, wie ein törichtes Närrchen,
Tanzend wie eine Glockenblume im Winde hin und her,
Springend wie ein verliebter Hase kreuz und quer,
Wirbelnd wie Pusteblumensamen, wenn der Wind mit ihm spielt.
Daphnis, Daphnis, wie hüpften nicht nur deine Glieder,
Dein heißes Herze hüpfte vor Wonne,
Denn Wonnen wie der Pedhieos-Strom dein Mannesherz tränkten,
Jugend und Rosenblust und Morgenglut war dein!

Oh Daphnis, du sahest deine Myrrha!


Endlich sahest du sie wieder!
In vollem Weizengold und Himmelblau,
Eine fröhliche Hochzeit von Himmel und Erde
War Myrrha, die selige Jungfrau!
Ihre blauen Diamanten, Meeressterne,
Funkelten als wie luftblaue Feuer, sprühend vor Geist
Und fließend vor lauter Seelenfülle.
O Daphnis, tauche in die blauen Teiche,
Die blauen Kornblumen ihrer Augen,
Bade voller Wollust in den Wasserpforten ihrer Seele,
Und spiele in dem Blond ihres Weizens,
Duftend nach Mohnmilch,
Ihrem Haar sprich Liebkosungen zu,
Verwebe dich in Netz und Flut, o Daphnis, Verzückter,
Und versiegle den Liebesbrief ihrer Lippen
Mit dem blutroten heißen Siegellack deines Kusses! –
"Myrrha, komm, mein Mädchen,
Laß dich leis und sanfte küssen, Liebe!"

Wie lange hatten sich die Beiden nicht mehr gesehn!


Welche Schmerzen aus trauriger Trennung
Fanden nun Heil in einem Händespiel zärtlichsinniger Liebe,
Der zärtlichen Lust am Tasten und Verflechten.
Myrrha, Geliebte! Daphnis, Geliebter!

Wie stauntet ihr einander an,


Ob all die holden Phantasien der Einsamkeit
Der Wirklichkeit entsprachen?
Ob der Mund so weich? das Auge so licht?
Das Haar so fein? die Hand so zart?
Der Busen so rund? die Linie auch so melodisch?
Und die Stunden, die jetzt kamen, waren Stunden der Sprache,
Des Vertrauens, verständnisvoller Wechselrede,
Der Vereinigung ihrer Seelen in Minne,
Des Staunens, des harmonischen Schweigens,
Des Schnäbelns und Girrens und Turtelns.

Die Turteltaube fühlte ihr heißes Herze klopfen


Und ihre Brüste beben.
Die Nachtigall sang eine leidenschaftlich glühende Hymne
Der Liebe, ihres holden Wahnsinns,
Ihrer süßen Raserei, entzückenden Schwachsinns,
Ihres poetischen Schwärmens,
Ihres Reifens und Weisewerdens.
Der Schwan und die Schwanin sangen auf dem Cyane-See schön
Von Elysium und Seligkeit
Und der Herrlichkeit des Gottes der Liebe!
Die Lerchen mit goldenem Jubel neigten sich
Charismatisch singend im Palast der Morgenwinde
Vor dem herrlichen Licht.

Die Zier- und die Duftrosen blühten


Und glühten innig in den Balsambeeten.
Daphnis ging in den Balsamgarten
Uund pflückte eine seidige keusche Orchis für Myrrha
Und kleidete diese bloße Blume in einen Bund von Schleierkraut,
Von Tau zart duftend besprengt.
Und Daphnis biß in die Lippen Myrrhas,
Die wie reife Süßkirschen waren!
Und der Lenz sang sein Lied der Liebe,
Gesegnet vom Unbekannten und seiner schönen Liebe!

VI

Auf seinem Tragbett ward herangetragen der Tyrann,


Demokrates ließ sich bringen
Inmitten von veilchenduftenden Kissen,
In Seide und Samt und Brokat,
Ein Herrlicher, Prunk- und Prachtvoller,
Dessen Prozession umwölkt ward von Weihrauch
Und Duft von ätherischem Öl der Lavendel,
Zu bezirzen durch den Odem des Windes,
Der im Lenz die süßduftenden Blüten wachküsst.

Hochzeit zu halten mit der neusten Jungfrau,


Dem hübschen Landmädchen Myrrha,
War sein Begehr, des Tyrannen Verlangen.
Sie zu freien, zu herzen und küssen,
Sich zu berauschen an den Brüsten des jungen Weibes
Und ihr nahezusein und zu kultivieren die "Gnosis des Eros"...

Sein Tragbett war liebevoll geschmückt


Von den Töchtern Athens, den Musen,
Najaden, Nymphen, Charitinnen,
Verziert mit Marmor von Paros,
Zypressenholz Zyperns,
Ebenholz aus dem schwarzen Äthiopien,
Lapislazuli aus Ägyptens Nilland,
Gold aus Ofir, Schoham von Eden,
Bedeckt mit Tigerfellen aus Thrakiens Wäldern,
Bärenpelzen Mazedoniens
Panterfellen des dionysischen Nyssa.

Auf dem braungelockten Haupte


Über der sorgenvoll gefurchten Stirne
Trug der Tyrann seine Hochzeitskrone,
Die seine Mutter Pyrrha dem Tyrannen geschenkt.
(Pyrrha seine Mutter?
Und weil Myrrha sich reimt auf Pyrrha,
War Demokrates so verliebt in die schöne Hirtin?)
Alle seine siebenhundert Nymphen –
Dorerinnen, Achäerinnen, Spartanerinnen,
Asiatinnen und Ägypterinnen,
Trojafrauen und Tarsisfrauen,
Frauen aus Ausonien - alle,
Alle fürchteten seine Mutter,
Die in ehebrecherischem Lustverhältnis
Den Demokrates einst mit ihrem Adonis gezeugt;
Nur Myrrha fürchtete sich nicht vor ihr.

Wenn Myrrha "Mutter" dachte, dachte sie daran,


Den blonden Liebling Daphnis
In das Haus ihrer Mutter Doris zu bringen.
Wenn Daphnis im Hause von Myrrhas Mutter wäre,
säh er die Weide ihrer Kindheit und könnt ihr Bruder sein.

Aber Demokrates ließ die Sänfte des Tyrannen


Sich neigen vor der stillen Hirtin
Und hob an mit seiner vom Hofpoeten gedichteten Schmeichelei
Und dem Lobgesang auf die Schönheit Myrrhas:

"Liebe Fraue, deine Augen sind wie Teiche,


Wie der See Cyane in Arkadien, blau und klar,
Deine Augen sind in weißer Milchflut
Schwimmende blaue Fische der Liebesgöttin,
Deine Augen sind Sterne, auf denen himmelblaue Rosen blühn,
Deine Augen sind wie der Duft von Vergißmeinnicht,
Der über dem Schnee des Olympos schwebt,
Deine Augen sind besinnlich wie die Ode
Des Singschwanes an der Grenze zum Totenreich,
Deine Augen blicken freundlich
Wie zwei himmelblaue Amoretten, o Myrrha!

Dein Haar ist wie der goldene Faden an der Weizenähre,


Wie die Haarflut der Mittagssonne,
Blond wie meiner Mutter Blondheit,
Golden wie die Sandalen der Himmelskönigin,
Golden wie die Stimmbänder meiner Lieblingsnachtigall,
Die in eine persische Gold-Rose sehr verliebt ist,
Dein Haar ist wie der Schleier der schönsten Frau Griechenlands
In ihrer Jungfraunzeit, ich meine Helena,
Um deretwillen Troja unterging,
Aber dein Haar, o Myrrha, ist schöner als Helenas Schleier.

Deine Zähne sind weiß wie die Vliese palästinensischer Lämmer,


Weiß wie das Elfenbein der Elefantenkuh aus Kusch,
Weiß wie der Schnee auf dem Gipfel der Titanen, Ossas Schnee,
Weiß wie die Milch eines Einhornweibchens,
Weiß wie der Marmor von Cararra,
Vollkommen wie ein Schwanenpaar,
Ebenmäßig wie die Glieder eines Heroen,
Und sie können beißen
Wie die Zähne einer Hirtenhündin im Frühling.

Deine Lippen sind weichgeschwungene


Schaumwogen einer rosanen Muschel,
Sind wie fliegende Blüten betauter Rosenblätter,
Zarte Blüten des Mittelmeeres bei Morgenröte,
Deine Lippen sind köstlich wie Granatapfelwein,
Süßer als Nelkenwein von Zypern,
Deine Lippen sind rot, man muß sie küssen, Myrrha,
Zärtlich laß uns girren und turteln und schnäbeln,
Laß uns trunken werden vor Küssen!

Wenn ich dir in der zärtlichen Sprache der Inder sage,


Daß ich dich liebhab, Myrrha,
Dann sind deine Wangen rot wie die Scham der astralen Jungfrau,
Wenn der astrale Orion hinter ihr herjagt,
Rot wie die zarte Blüte des Ziermohns
Und weiß wie die Milch des Mohnes,
Aus der die Träume gesponnen sind,
Und deine Wangen sind wie Einhornblut und Taubenmilch,
Und sanft wie ein Weidekätzchen.

Dein Hals ist wie der singende Hals einer verliebten Schwanin,
Von holder Majestät und melancholischer Weichheit,
Dein Hals ist wie der Elfenbeinturm des Königs Theseus,
An dem zwei silberne Schilde hingen,
Die Magna Mater und den Heros zeigend,
So ist der Schmuck an deinem Hals, o Myrrha,
Wenns auch dir Zeichen deines Gottes sind,
Den du den Unbekannten, den Gott der Liebe nennst,
Und seiner Mutter, der Himmelskönigin, Myrrha,
Siehst du, Myrrha? dein Hals macht mich fromm.

Deine Brüste in ihrer jugendlichen Frische


Sind zwei goldene Äpfel aus dem Garten der Hesperiden,
Streng bewacht, o reine Jungfrau,
Zwei Vollmonde, zwei Magnolienblüten,
Jungfräuliche Reinheit duftend,
Reichsäpfel königlicher Jungfrau-Mutter.
Du bist die Makellose
In meinem sündigen Harem." Da schwieg Demokrates still,
Und Myrrha ward rot und ihr Atem flog.

VII

Der sanfte schönlachende Hirte redete seiner Hirtin,


Der Täuberich seiner Turteltaube
Worte der Koserei zu, beschwor sie:
"Myrrha, verlaß den Prunkpalast von Athen
Und komm herauf in unser Arkadien!
Schöner ists in Arkadien, wo wir zusammen sind.

Myrrha, Herzensdiebin!
Was kamst du zur Nacht
Mit Blicken wie fliegende Sterne
Und raubtest mir mein Herz?
Die Eule wurde mir zur Nachtigall,
Da du mir ein neues Herz gegeben.
Du schriebest meinen Namen in der Sprache der Skythen,
Du riefest den Unbekannten in Achäisch an,
Die Sterne wie weiße Freudenfeuer lachten süß herab
In unsre romantische Nacht, da gingest du fort
Mit meinem Daphnisherzen in deiner zärtlichen Hand.
In meinem Busen klopfte zärtlich fortan der Name Myrrha,
Myrrha, du süße Herzensdiebin!

Deine Blicke waren wie Diamantensterne


In der romantischen Wildnacht meines Herzens
Und zündeten an ein loderndes Süßfeuer
All in lauter honiggoldnen Flammen,
Sprühend wie orangenglühender Sternrosentau,
O geliebte Myrrha!

Meine Schwester, des Himmels süßsingende Tochter,


Du vom großen Wind befeuerte Sängerin,
Liebste, holde Hirtin, schönes Landmädchen,
Einzigartige Rose, Vertraute,
Du mit dem schönen Namen, Myrrha!
Du, wie herzlieb sind mir deine Worte:
Lieber! sagst du, ich solle dich vertraut mir machen,
Du vermissest mich und sehnst dich nach Umarmung
Und singst mir zu die dunkelmelancholische Tonart
Deiner goldnen Liebeslyra, Hirtin,
Meine Tochter des Gesanges, Muse vom Helikon,
Da du zwischen den Schafen ruhest mit der Harfe im Arm,
Myrrha, und wenn der große Wind deine Harfe anhaucht,
Singst du inspirierte Oden und Hymnen
Dem schönen Gott der Liebe.

Du bist ein Garten, Geliebte,


In dessen Laubgängen darf kein Ungeweihter wandeln,
Ein heiliger Hain, Geliebte,
In dessen labyrinthischen Wandelgängen
Nur ein Gottesliebling mit der Fackel der Liebe
Schwärmerisch wandeln und leise tanzen darf
Auf sanften Sohlen goldner Sandalen.
Du bist ein Zypressenhain der Melancholie,
Wo Liebe stark ist wie der Tod.
Du bist ein Veilchenbeet, wo die Lüfte süß sind
Wie vom Odem des großen Windes,
Des heiligen Geistes unsrer Mysterienlehre.

Du bist ein Rosengarten, Geliebte,


Da unter dornenlosen Rosen der Gott der Liebe
Als dein Bräutigam mit dir weidet.
Du bist ein Hain aus Hennablumen,
Die du mit mir verglichest, du Liebenswerte.
Du bist wie lauter Lilien,
In deren Kelchen voll Tau
Süßlächelnde Nymphen nackig baden.
Du bist ein Duftbaum aus Ceylon,
Ein Salböl aus Indien,
Sandelholzgarten ohne Schlange."

Myrrha gab Wechselrede, wie Pieriden-Musen,


Dem schönen Hirten, schön von Seele ihrem Herzen:
"Komm, o mein lieber Freund, in meinen Garten
Und pflücke dort den Tag deiner Jugend!
Sei wie eine Biene um die süßen Blüten meiner Linde,
Summe süße Gesänge,
Sei beharrlich und berausche dich am Blütenwein,
Der Linde Nektar, aber laß der Linde
Ihren frommen frohen Abendfrieden.

Freund meiner Träume, komm so zärtlich wie der Südwind


In meinen duftenden Garten
Und spiele mit dem aromatischen Duft
Meiner Persönlichkeit. Lieber Daphnis, du sollst leben!
Du sollst leben und schön sein
Wie eine Zypertraubenblume in dem Garten meiner Seele,
Wie eine Seeros‘ auf dem stillen Teiche meiner Seele,
Sei wie eine tanzende Blüte
Auf dem Springquell meines Herzens,
Krone und Schmuck du meines Innern.“

Und Daphnis gab zur Antwort: "Schöne, Sanfte, Zarte,


Wie ein Sturm bin ich gekommen,
Das Gewölk ist der Staub meiner Schritte,
Und bin mit Vollmacht und Segen an dein Tor getreten,
Dort sanften Frieden zu finden
Und leise meine rauhe Hand
An deine milchweiße Hand zu legen
Und zärtliche Koserei
Und girrendes Süßspiel auszutauschen mit dir,
O Myrrha, meine Liebe!"

VIII

In Athenas ehernen Mauern


Träumte Traum die Hirtin,
Da lag sie in zitterndem Schlaf, in zuckendem Traum,
Wie von der Milch des Wiesenmohns getränkt,
Und träumte von Daphnis,
Wie er kam von den Hügeln und Auen Arkadiens her,
Und wie er kam in romantischer Sommernacht an,
Da zwischen den Johannisbrotbäumen
Nymphen in weißen Gewändern tanzten
Und solche in den klaren Quellen badeten, nackt,
Die das silberne Mondlicht widerspiegelten heimlich.
Sie sah sein Haar, sein blondes,
Das er in der Mitte gescheitelt trug,
Und das naß war vom Nachttau arkadischen Sommers,
Und den lockigen Bart, der feucht war
Von den warmen Tropfen Taues der Sommermondnacht.
Er fuhr sich mit dem braunen Fingerkamm durch das Blondhaar
Und legte die Strähnen hinter die Ohren.
Einen Nachttropfen strich er sich
Von der feinen dunkelblonden Braue,
Als sei es an der Wimper eine Träne.

Und in ihrem Inneren, welches träumte süßen Traum,


Schaute die Schöne die Pforte ihres Marmorgemaches
Und hörte an der hölzernen Pforte ein Klopfen,
Welches unsichtbar Echo tausendmal wiederholte.

Aber Myrrha regte sich nicht auf ihrem weichen Lager,


Denn ihre Psyche sprach:
"Soll ich ihm jetzt schon auftun
Und nachgeben seinem Verlangen und willig sein
Dem Begehren seiner verliebten Seele?
Lieber will ich mich zieren und will zärtlich zagen
Und jungfräulichkeusch mich wohlgehaben
In schüchterner Blödigkeit,
Meine Mädchenangst ihm sagen ohne Worte,
Meine Angst vor leiblicher Nähe,
Denn vielleicht wirbt er dann feuriger, süßer,
Wie die Rosen im Abendrot glühn
Und Bienen Nektar schlürfen,
Vor lauter Sehnsucht und Verlangen?"

Da hörte sie in dem dösenden Dämmer ihres Innern


Wieder ein pochendes Klopfen und dann
Ein sanftes Rütteln an der braunen Pforte:
Daphnis wollte herein!
Da pochte ihr Herz im bebenden Busen
Vor Erregung und zärtlicher Unruh,
Ihr pochte das Herz in der Brust vor Sehnsucht und Verlangen.
Daphnis war ihr Begehr,
Ihn zu halten in den weißen Armen
Und zu pressen an das fliegende Herz,
Daß durch sanfte Liebe Ruhe einkehr in der Jungfrau Brust.

Also stand sie auf, mit zitternden Knien und fliegenden Händen,
Selbst im Traum voll Schwäche,
Und tastete sich durchs kühle Dunkel ihres Marmorgemaches
Voll liebender Hitze zur Pforte
Und öffnete, sah hinaus, doch - er war fort!
Es war zu spät, sie hatte zu zag gezögert,
Zu bang und lang gewartet, zu spröde getan.

Gleich rannte sie hinaus in die Nacht


Mit Trauer in der Kehle und Angst in der Brust
Und Sehnsucht im rasenden Blut,
Und eilte durch die labyrinthischen Gassen Athens,
Die Hunde hinter ihr her,
An den weißen Häusern mit den blauen Fenstern vorüber,
Die vor lauter Mondschein der Johannisnacht schimmerten,
Bis sie auf die drei Stadtwächter stieß.
Diese rissen ihr den Umhang von den Schultern
Und schlugen ihr seidenes Nachthemd und den schönen Frauenrücken
Mit zischenden Weidenruten wund.

Ihr Leib im Schlafe zitterte, zuckte vor Angst,


Denn sie rannte und kam nicht von der Stelle.
Da rief sie zu Hilfe den Unbekannten:
"Pneuma, komm, o sanfter Hauch,
und hauche mich an mit süßer Agape,
Heiliger sie als der Menschen eigensüchtiger Eros,
Hauche mich an mit des Gottes schöner Agape,
Daß mein Herze werde voll
Des Guten und Wahren, voll des Schönen
Aus den Händen der Schönen Liebe,
Daß unsterblich meine Seele sei in der Agape Gottes!“

Am nächsten Morgen besuchten die Töchter des Harems,


Atalante, Melitta, Perinna, ihre Mitgenossin,
Die fremde und sonderbare Hirtin aus Arkadiens Auen.
Voller Liebe war Myrrha,
Denn der Unbekannte hatte ihr Flehen gehört,
Und so sagte sie den Töchtern Athens,
Wie ihr Hirte war, der träumerische Liebling ihrer Seele:

"Wisset, ihr Töchter Athens,


Mein Geliebter ist wie Milch und Blut,
Jung und stürmisch, rein und feurig in seiner Seele,
Er ist tugendweiß und liebesrot,
Rot an Liebe zum Gott und zu seiner Myrrha.
Seine Augen rucken und gurren mit verliebten Blicken
Und schimmern wie das Gefieder von Turteltauben
Und sind reiner und liebevoller
Als die Tauben eurer Liebesgöttin,
Denn seine Augen schauen Gott an, der da die Liebe ist,
Dessen Geist in Daphnis Herzen ist sanft wie eine Taube.
Seine Augen sind graublaue Tauben,
Die im Milchteich der glückseligen Insel baden,
So wunderschön, so idyllisch und so lieblich!

Sein Bart ist parfümiert


Und duftet wie Ginseng aus China.
Sein Atem duftet bis in den Rachen hinein
Wie frische Minze aus dem Norden Kittims.
Seine Fingernägel sind schön wie spanischer Perlmutt.
Sein ganzer Körper ist wie die Elfenbeinschnitzerei
An dem Turm, in dem die Jungfrau saß,
Als der Allerhöchste erschien
Wie goldener Regen und Feuerzungen.
Seine Adern mit dem Blut des Lebens
Sind blau wie Lapislazuli aus Sais in Mizraim.
Sein ganzer Körper ist eine Zeder Arkadiens, stolz und herrlich.
In seinem Gaumen bewegt sich sonderbar schöne
Genienhafte Glossolalie, hymnisches Halleluja!
Er ist schön, ihr Töchter, schön."

IX

Zu der schönen Hirtin wandte sich rasend der Tyrann,


Rasend nicht vor Tyrannenzorn, sondern vor Leidenschaft,
Heiß wie der Hades, feurig wie Phlegeton,
Unwiderstehlich wie der schwarze Acherusische See
In der Unterwelt mit seinen starken Strudeln
Und seinem grausamen Sog.

Er sprach: "Du bist immer heiter und freundlich


Wie die Jonische See zu mir gewesen,
Und nun seh ich dich umwölkt,
Da bist du schrecklich wie ein persisches Heer mit Tigerbannern,
Wenn es gegen Salamis zieht. O Tag an Salamis Ufern,
Wenn die Heeresbanner schrecklich wehn und Speere fliegen:
Deine Blicke sind diese Todesgeschosse!

Du hast mich überwunden, Myrrha,


Nicht mit Henna und ägyptischem Lippenrot
Oder reizenden Haarflechten,
Wie all meine andern Frauen,
Sondern mit deiner lichten Reinheit
Und Tugend hast du mich bezaubert,
Denn du bist keusch wie eine Vestalin aus Rom,
Die ihre Jungfräulichkeit aufspart,
Dem Feuer ihres Gottes ganz zu dienen!

Tausend Frauen, sagt das Volk, sind in meinem Harem,


Schwarze aus Äthiopien, braune aus Indien,
Mänaden des Weingotts,
Dirnen der Liebesgöttin,
Töchter der Großen Mutter,
Aber du, o Myrrha, bist die Einzige von den Schönen allen,
Die den Unbekannten verehrt.
Außerdem sind die andern von Hennahaar
Oder griechischem Schwarz,
Aber dein Haar ist wie gesponnen aus der Wolle des Goldenen Vlieses.
Andre sind albern, mich zu ergötzen,
Aber du bist tiefsinnig wie ein Philosoph.
Andere schwätzen wie eitle Närrinnen,
Aber du redest in der Sprache der Dichter zu mir.
Melitta und ihre Bademädchen,
Atalante und ihre Schminkmägde
Und Perinna mit ihren Leierspielerinnen
Traten zu Myrrha und lobten sie,
So hatte Demokrates sie beauftragt,
Um die Hirtin zu locken und zu werben für den Hof,
Und also zirpten bezirzend die Frauen des Harems:

"Dreh dich im Tanz von Lesbos,


Im Jungfrauntanz, im Mädchenreigen,
Den Sappho zur Lyra begleitet
Und Erinna ihre Mädchen lehrt!
Deine Schönheit ist die eines goldenen Apfels
Vom Baum des hesperischen Paradieses!
Während du tanzt und Schleier fallen läßt,
O Schönste unter den Weibern,
Bewundern wir deinen Schritt
In den goldnen Sandalen der Himmelskönigin,
Voller Ruhe und Gelassenheit!

Deine Taille ist wie der goldene Armreif eines Phidias,


Den er einer Statue heimlich gestohlen,
Der seinen Arm um deine Hüfte legen will.
Dein Nabel, o schöne Frau, ist wie der Kelch vom letzten Mahl
Des Lieblings aller Unsterblichen,
Oder der Kelch, den Sokrates leerte,
In die Unsterblichkeit einzutreten,
Dein Schoß ist Diotimas Kelch,
Gefüllt mit zyprischem Würzwein,
Dem Trank der elysischen Lebensfreude!

Dein Leib ist wie Weizen, goldenweiß


Und voller Pracht und Reife und schönster Fülle,
Deine Brüste sind wie silberne Granatäpfel,
Die auf dem Monde am Baum des Lebens wachsen!

Du bist eine Orchidee aus Indiens Wäldern,


Die der Tänzer mitgebracht,
Der dich in der Rechten trug
Und in der Linken den Taumelkelch mit Freudenwein!
Du bist voller Pracht und Herrlichkeit und Schönheit,
Eines schönen Gottes schönes Ebenbild!

Deine Augen sind Quellen,


Sie sprühen kristallenes Licht,
Himmelblaue Lebenswasser,
Sie sind voller Anmut wie die kastalische Quelle,
Daraus die Musensöhne Begeisterung schlürfen,
Inspiriert zu werden vom göttlichen Feuer,
Denn in deinen Augen, den Spiegeln deiner Seele,
Lebt ein göttlicher Geist mit seinem Liebesfeuer!
Dein Haupt ist herrlich wie der Olymp,
In dessen ewigem Schnee die Throne der Himmlischen stehn,
Die dem Gott der Götter untertan sind,
Dessen Geist auf deinem Haupte ruht.
Dein Haar ist wie reines Leinen,
Welches die unsterblichen Seelen
Auf ihren Inseln der Glückseligkeit tragen.
In deinem Weizenblond wollt jeder Dichter gern
Träumend gefangen liegen und dichten
Vom himmlischen Garten-Elysium
Und seinen Töchtern der Freude!"

Myrrha aber trat zum Fenster


Und schaute voller Sehnsucht und bebendes Herzens
Hinaus in den Sonnenuntergang
Und dachte an Arkadien, dachte an Daphnis:
"Nun liegst du im Grase
Und schaust den pelzigen Hummeln
In den lila Honigblüten zu,
Ruhend in den Armen der Mutter Erde,
Über deinen Rücken spielt der laue Abendwind des Himmels,
Und du redest in illyrischer Zunge
Eine Lobeshymne auf den Gott der Götter!

Komm mit mir zu den Weinbergen,


Laß uns arkadische Reben keltern
Und schlürfen abendlichen Kelch
Geruhsamlieblicher Wonne,
Du Liebe voller Wonne!
Und laß uns wandeln über die Auen
Und reden mit den Lämmern,
Laß uns ihnen Liebes reden,
Laß uns schnalzen zu ihrer Freude!

Unsre Liebe ist frisch und lebendig wie Mai,


Der Wonnemonat, der Mond der Honigblüten,
Der Mond der Weiden, der grünen Weiden,
Der Mond der Himmelskönigin, der Monden-Monat,
Da das Feuer des Unbekannten vom Himmel her überfließt!

Laß uns einander Liebesäpfel von Liebespflanzen schenken,


Die in den Nächten und im Schatten wachsen
Und betäuben zu süßer Ohnmacht,
Aber duften wie Elysium
Und Hesperien oder Indiens Wälder!

Ach, wärst du mein junger Bruder,


Ich könnte bei dir sein und Hand in Hand mit dir wandeln
Und öffentlich vor allen Hirten dich küssen
Auf deinen Zuckermund, o du mein Daphnis!
Meine Mutter würd es gestatten,
Daß du in meine Kammer kämest
Und legtest deine sanften Hirtenarme, die sonst Lämmer tragen,
Um meine Hüfte und zögest mich zärtlich zu dir, Geliebter!“

Und nun kamen sie zu ihrem alten Dorf in Arkadien,


Hübsch am Hang gebaut, reich an bunten Hütten,
Umstanden von Fichten, Linden in Blüte,
Da sagte Daphnis: "Erinnerst du dich, meine liebe Myrrha,
Wie wir gesessen unter der blühenden Linde,
Die schon manch ein lispelndes Beten meiner Zunge gehört,
Aber die auch vernahm, wie ich deinen schönen Namen lobte:
Immer wollte ich meine Tochter Myrrha nennen!
Und wie ich pries den Goldflaum,
Den Pfirsichflaum auf deinem weißen Arm!
Da lächelte nicht nur das Volk
Der goldenen Schwärmer um den Liebesbaum,
Da lächelte meine Myrrha auch,
Lächelte lieb mit ihren hellblauen Augen."

Drauf sprach Myrrha:


"Du bist wie das Kettchen mit dem Hölzchen,
Das um meinen Hals vorm Herzen hängt,
Denn du bist ein Zeichen der Liebe
Meinem Herzen, ein Zeichen der Huld,
Und bist wie das Zeichen des Unbekannten
An meinem Handgelenk,
Du bist nicht nur dem Geheimnis meines Herzens nah,
Sondern auch meinen Händen.

Unsre Liebe ist stärker als Thanatos,


Wenn sie ihn auch hübsch bemalen,
Unsre Liebe ist unwiderstehlich
Wie die Unsterblichkeit unsrer Seele
Und wie Elysium droben im Himmel,
Sie ist unausweichlich wie der Scheidefluß
Zwischen dem Land des Todes und dem Land der Lebendigen,
Unsre Liebe ist heißer als das Feuer des Prometheus,
Heißer als das Feuer der ersten Olympiade,
Uunsre Liebe ist das Feuer Gottes!

Wenn die Metren der Dichter,


Die Perioden der Rhapsoden,
Die Künste der Lyraspielerinnen,
Die Weisheiten aller Platone
Und die Geschicklichkeit aller Phidiasse
Vergangen, dahin als Trümmer und Fragment,
Dann brennt noch das Feuer der Liebe unsres Gottes!

Ich hab Frieden gewonnen,


Weil ich nun wandle mit meinem Hirten unter der Linde,
Vor den Weinbergen, einzig mit dir, o Daphnis,
Und der Zärtlichkeit deiner Seele.
Laß uns beten gemeinsam
In dem uralten Dom der Natur
Zum Unbekannten, dem Schöpfer
Der Himmlischen, Menschen und Kreaturen!

Du magst meine Stimme hören,


Mein sanftes Flüstern, mein dunkles Gurren,
Mein Singen in lydischer Tonart zur Hochzeit?
Zwei sind besser als einer, sing ich.
Komm, laß uns eilen wie Einhörner
Zu den Hennabüschen zwischen den Weinbergen,
Da zu schlummern und zu träumen
Träume ewiger Liebe!"

PERSISCHE LIEBESLIEDER

Sulima ist so lieblich


Wie keine Rose ist,
Doch macht sie mich betrüblich,
Da werd ich gar ein Christ.

Da find ich Wein und Rose


In Jesu Religion.
Und bin ich leicht und lose
Und ein verlorner Sohn,

So ist doch Gott der Eine,


Der mir zurecht verziehn
Ob dem verworfnen Steine,
Den mir der Geist verliehn,-

So ist doch Gott der Eine,


Den lobt die Nachtigall
Bei Rosen und beim Weine,
Bei Liebchens Seidenschal.

Sulima ist ihr Namen


Und Salem heiße ich,
Die Schönste aller Damen
Verehr ich herziglich.
Wie Mirjams ihre Augen,
Ihr Haar wie Fatimas.
Am Munde will ich saugen
Als an des Weines Glas.

Und will sie mich nicht küssen,


So singe ich ein Lied.
Und muß ich sie vermissen,
Preis ich sie Sulamith.

O Nelken, Lilien, Rosen,


O rote Tulipan -
Gott machte euch im großen
Beginn im Liebeswahn!

Doch seid ihr nicht so schöne


Und glühet nicht so mild,
Gott selber sich bekröne
Mit schönstem Ebenbild,

Sein allerschönstes Gleichnis,


Sulima ists, o Christ!
Unendliches Ereignis
Mir ihre Schönheit ist!

Laßt mich am Weinkelch saugen


Begeisterung mir ein
Für ein Paar blaue Augen
Wie Abendsternes Schein.

In zaubrisch schmalen Schlitzen


Pupillen dämmern blau
Und da erscheint in Blitzen
Die Seele meiner Frau.

Die Rebe alkoholisch


Macht nicht so trunken mich,
Wie sie so melancholisch
Und sanft und inniglich.

Von ihrer Seele Trauer


Kommt in mich unbewußt
Ein seelenvoller Schauer
Von ungeheurer Lust!

Modell mir, Liebe, sitze,


Dann bild ich dich in Stein;
Doch deine blauen Blitze
Schreib ich in Feuerwein!

Aus deinen schmalen schrägen


Dämmernden Grotten glüht
Der Sterne schöner Segen
In meiner Seele Lied.

Doch sagen jene Sterne,


Die glühn in deinem Blick:
Kehr in die fernste Ferne,
Zum Schöpfer selbst zurück!

Der uns aus Licht gebildet


Am sechsten Schöpfungstag.
Ob er uns schön vergüldet
Dein fromm Gewissen frag.

Ja! schöner als die Sterne


Ist deiner Seele Licht!
Für dieses leb ich gerne,
Dies göttliche Gedicht!

Sulima, o Sulima,
Laß mich dein Salem sein!
Sulima, o Sulima,
Küss mich wie Feuerwein!

Sulima, o Sulima,
Mein holdes braunes Reh!
Sulima, o Sulima,
Mein Glück du und mein Weh!

Sulima, o Sulima,
Mich tötet deine Brust!
Sulima, o Sulima,
Mich mordet meine Lust!

Sulima, o Sulima,
Du Rosenblüte rot!
Sulima, o Sulima,
O du mein Liebestod!

Ich bin im Kelch ertrunken


Der süßen Liebeslust,
Ich stieb wie Feuerfunken,
Ich stäub wie Staubes Dust,
Ich schwebe in die Ferne
Und töne wie ein Hall
Und kreise um die Sterne
Und schau das ganze All

Und Universums Mitte -


Da ist es Liebe pur,
Und nichts von falscher Sitte,
Nur reiner Liebe Spur!

Und in des Weltalls Zentrum


Sitzt Liebe auf dem Thron -
In Herzgepoches Metrum
Hör ich Sulima schon!

Ihr Dichter und ihr Mädchen


Mögt lesen dieses Buch,
Gerollt von Schicksals Rädchen
Der Liebe Zauberspruch.

Ihr Dichter und ihr Mädchen


Mögt lesen, was ich schreib,
Gerollt ist Lebens Fädchen
Um ihren schönen Leib.

Ihr Dichter und ihr Mädchen


Mögt trinken meinen Wein,
Wenn ich im Himmelsstädtchen
Werd mit Sulima sein!

Um deinen Arm von Tibet


Den braunen Rosenkranz,
Weil meine Seele liebet
Die deine Seele ganz!

Am Halse Chinas Jade


Und Lapislazuli
Ägyptens, weil die Gnade
Der Liebe ziert dich, sie!

Im Nabel eine Perle,


Geschöpft im Roten Meer.
Nicht wie die blöden Kerle -
Dich liebet Salem sehr!
Am Arme Silberspangen.
Und von dem Muschelohr
Bis zu den glühen Wangen
Rubin ich dir erkor.

Und deine Mundrubine


Auflöse mir in Wein,
Der ich dir trunken diene
Mit meiner Liebespein!

Du Schatz vor allen Schätzen,


Du wahrer Edelstein,
Mein inniges Ergötzen -
Aufwiegt dich Gott allein!

Du Biene aller Bienen,


Gib mir den Honig ganz
Und deine Mundrubinen,
Der Zähne Perlenkranz!

Du Biene aller Bienen,


Gib mir den Nektar ganz
Und deiner Brustjasminen
Zitronengoldnen Glanz!

Du Biene aller Bienen,


Gib mir den Naphta ganz
Und laß mich Mosleminen
Dir tanzen Derwischtanz!

Im Harem würd ich wählen


Die Eine immer nur,
O Seele aller Seelen,
Geliebte Kreatur!

Und gliche ich Eunuchen,


Sollt meiner Seele Glut
Dem toten Leibe fluchen
In wilder Liebeswut!

Als Mosleminen-Turban
Wähl ich dein Lockenhaar.
O segne mir Papst Urban
Sulima immerdar!
10

Ich salbe dir mit Myrrhe


Den ganzen Frauenleib.
In öder Wüstendürre
Denk ich ans schönste Weib.

Ich salb mit Rosenöle


Dein Haar, mit Aloe.
Du vielgeliebte Seele,
Mein Glück du und mein Weh!

Ich salbe dich mit Narde


Vom fernen India.
Vom Norden stammt der Barde,
Der dich, o Südland, sah!

Ich salbe dir mit Onych


Den Leib, mit Tragakant.
Ich leg den schwarzen Onyx
An deine helle Hand.

Gesalbt im Salbungsbade
Tritt zu mir, schöne Frau,
Dann leg den Leib von Jade
In grünen Mooses Tau.

Da soll in Lenzes Lüften


Im roten Rosenhain
Mir deine Liebe düften,
Geliebte, mir allein!

11

Wie rote Rosenblüte


Ist deines Mundes Glut.
Gesang aus dem Gemüte
Strömt dir wie eine Flut.

Und deiner Brüste Spitzen


Wie Rosenknospe rot.
Gesänge sollen blitzen,
Wie Seligkeit im Tod.

In roten Rosenkelches
Geheimnis will ich ruhn.
Ein Lied dir singen, welches
Dich immer lobt und nun.

12
Ich will wie Nachtigallen
In süßem Liebesweh
Dir schluchzen und dir lallen,
O du mein Aloe!

Ich will wie Nachtigallen


In süßer Liebeslust
So schelmisch schön dir schallen
Vor der Jasminenbrust!

Ich will wie Nachtigallen


Der Rose süßen Glut
Lobsingen und gefallen
Für alle Zeiten gut.

Ich will wie Nachtigallen


Nächtlichem Pilger gleich
Zum Rosenhaine wallen
Und in der Liebe Reich.

Ich will wie Nachtigallen


Zur Rose und zum Stern,
Den ich erwählt vor allen,
Zu ihr und meinem Herrn!

13

Meine Seele sehnt sich glühend,


Dich Sulima anzuschauen,
Deine Anmut, Feuer sprühend,
Allerflammendste der Frauen!

Jede Nacht sind meine Träume


Liebestrunken, mondentauen,
Durch sie streichen Seidensäume,
Allerlieblichste der Frauen!

O Zypresse, rühr die Zeder


Mit dem zarten Blatt, dem blauen,
Händchen, weich wie Schwanenfeder,
Allerzarteste der Frauen!

Ferne bin ich in der Wüste,


Schmachte heiß im Abendgrauen,
Liebzukosen deine Brüste,
Allerlüsternste der Frauen!

Stechen mich die Lockenhaare,


Wimpernpfeile, Augenbrauen,
Sehn ich mich nach Ruh der Bahre,
Allertödlichste der Frauen!

Möcht mit deinem Kuß, o Süße,


Auferstehn in grünen Auen,
Huri du im Paradiese,
Allerseligste der Frauen!

14

Wähle mich als deine Zither,


Streiche meine Saiten sachte,
Lieder gibt es süß, nicht bitter,
Weil ich deine Seele achte.

Wähle mich als deine Harfe,


Greife mir in meine Stränge,
Sing ich herzlichem Bedarfe
Lobgesang und Huldungsklänge.

Wähle mich als Violine,


An die Schulter mich zu lehnen,
Daß ich dir mit Liedern diene
Und mit Liebesfreudentönen.

Aber, meine Morgenröte,


Aus den Instrumentensippen
Wähle mich als deine Flöte,
Spiele mich mit deinen Lippen!

Will ich geben dir den Windhauch,


Meines Lebens Seelenfunken,
Küss ich dich mit Lippen lind auch,
Welche viele Glut getrunken!

15

Persiens Feuerpriester fodern:


Sei die Flamme nimmer schief,
Sondern aufrecht soll sie lodern,
Möge flammen attraktiv.

Moslems kämpfen für den Glauben,


Tüchtig, wie es ihr Kalif
Mohammed schien zu erlauben,
Glaubenskampf sei attraktiv.

Indiens Brahmanen wollen


Weise nur der Weisheit Brief
Lesen und der Veda Rollen,
Sei die Weisheit attraktiv.
Christen wollen Gott anbeten
Wie am Kreuz der Meister rief - -
Wollen in den Garten Eden,
Sei der Glaube attraktiv.

Was mir da noch übrig bliebe?


Meine Seele sah zu tief
In das Augenlicht der Liebe -
Liebste! du bist attraktiv!

16

Schöpfen will ich aus dem Vollen,


Sei es Sünde oder Tugend!
Rechnet Salem zu den Tollen,
Toll war er in seiner Jugend!

In dem Tollhaus angekettet


Ließ man zu ihm keinen Priester,
Er allein in Nacht gebettet
Schaute nur Dämonenbiester.

Öde, Leere, schwarze Nächte


Und der Einsamkeit Verzehren!
Keine, die ihm Liebe brächte,
Lebte er für das Entbehren.

Schlug den Schädel an die Wände,


Hörte andre Irre schreien,
Träumte von Gazellenlende
Und sich eine Braut zu freien.

Und Sulima, wo war sie da?


Lebte froh mit anderm Kerle
Abendländisch dolce vita.
Jener hob die Muschelperle -

Hob die schöne Muschelperle,


Ließ sie aber gleich entrollen.
Ach ihr liebt nicht, ach ihr Kerle,
Liebt nicht Salem gleich, dem Tollen!

17

Wahrlich, Salem ist der Wahnsinn,


Das verstehn nicht die Philister,
Daß ich ganz im Geist der Wahn bin,
Nicht die Eltern und Geschwister.
Überall verspritz ich Galle,
Weil mir niemand Zucker spendet.
Elendvolle Narren alle,
Euer hohles Dasein endet!

Salem aber, er wird tanzen


Himmelwärts die Derwischtänze!
Wird zergehn im Großen-Ganzen,
Nie jedoch ihr Hundeschwänze!

Salem gleich dem Sonnenballe


Wird im Kosmos bald verglühen,
Ihr in eurem Sündenfalle
Werdet in das Nichts zersprühen.

Salem wird im Garten Eden


Überirdisch Hochzeit feiern
Und Sulima in Reseden
Wird er seine Liebe leiern!

Liebe, geistesleibgestaltig,
Das ist Salems ganzes Sehnen!
Fort, Philister mannigfaltig,
Salem laßt im Wahn sich wähnen!

Eurer armen Herzen Eiszeit


Ist der Sünde tote Ahnin.
Aber Gottes hohe Weisheit
Lebt in Salems Lieb und Wahnsinn!

18

Salbte mir mit Moschusöle


Meinen Leib, der schon gestunken,
Und ich reinigte die Seele
Mit dem Wein, den ich getrunken.

Bin in Chisers Quell geschwommen,


Der mein Herz mir gar verjüngte.
Liebliche, nun kannst du kommen!
Gestern mir die Träne blinkte,

Heute wurde mir ein Lächeln,


Freude spendete der Becher.
Mög mir deine Locke fächeln,
Deiner langen Wimpern Fächer.

Möge mir dein Auge blinzeln


Wie verschleierte Demanten.
Mögen wir an Liebesinseln
Überm Wolkenmeere landen!
19

Elfenbein vom Davidsturme,


Weiß wie eine Turteltaube
Bist du! Und ich gleich im Sturme
Glühend aufgescheuchtem Staube.

Tau von Chisers Lebensquelle


Bist du und Zypressenlaube,
Darin weidende Gazelle -
Ich gleich unterm Huf dem Staube.

Deine Augen gleichen Tauben


(Dieses schöne Gleichnis raube
Muselman vom Judenglauben)
Rühr die Schwinge sacht am Staube!

Gleichnis kommt vom Zuckerbäcker:


Du bist meine Honigsüße,
Wie im Tee der Zucker lecker!
Staub beherrschen deine Füße,

Wandle durch den Staub der Wüste


Und im Staube der Oase -
Staub dir deine Füße küsste,
Staub verehrte deine Nase.

Königin des Herzens, Weibchen,


Muse meiner Liebesleier!
Meine Blickes lichtes Stäubchen
Laß durchdringen deinen Schleier!

Möcht an deine Seidensäume -


Moschusreh und Turteltäubchen,
Inhalt aller meiner Träume -
Rühren meines Leibes Stäubchen.

Möge mich dein reines Leibchen


Fangen, wie Marie das Einhorn,
Wollt ich taumeln, Sonnenstäubchen,
In dein rosarotes Weinhorn.

Leprakranke, Lahme, Taube,


Huren, Bettler, Krüppel, Blinde:
Alle gleichen wir dem Staube,
Aber du dem Königskinde!

20
Gib mir Kand vom Zucker-Bäcker
Und dann halten wir ein Schläfchen.
Meines Weines Jade-Becher!
Meines Paradieses Evchen!...

21

Salem flog hinan zur Sonne,


Um Sulima dort zu finden.
Seines Lebens schönste Wonne
Stand nicht unter Sonnen-Linden.

Salem tauchte in den Mondschein,


Ob er dort die Liebste sähe.
Doch der süße Leib aus Mondstein
War nicht in des Mondes Nähe.

Salem flog zum Marsplaneten,


Ob sich dort die Liebste füge,
Doch sie war nicht in den Städten
Auf dem roten Stern der Kriege.

Salem flog zur Merkursphäre,


Ob die Frau der schönsten Düfte
Badete im Äthermeere,
Doch sie hüllten nicht die Lüfte.

Und zum Jupiter in Blitzen


Sah der Himmel Salem fliegen;
Sah Sulima da nicht sitzen,
Sah Sulima da nicht liegen.

Salem flog zum Stern der Venus,


Denn da war Sulima sicher!
Aber Jesus Nazarenus
Hielt Sulima königlicher!

Zu Saturnus Sphäre flogen


Salems Schwingen, dort zu feiern
Die Geliebte auf den Wogen,
Die war nicht auf Sternen bleiern.

Und zur Sphäre von Kristallen


Fixer Sterne Salem strebte.
Aber da sah er nicht wallen,
Die in seinem Herzen lebte.

Schließlich stieg zum Empyreum


Auf der Leiter Diotimas
Salem, singend ein Te Deum,
Fand die Glorie Sulimas!
Gott im Herzen, der dreifaltig,
Liebliche Sulima lebte
Geisterfüllt und schöngestaltig,
Ewigschön mit Salem schwebte!

ÄGYPTISCHE LIEBESLIEDER

Die Geliebte, Ohnegleiche,


Schönste ist die Wunderbare,
Strahlend ist sie wie des Neujahrs
Stern vor einem schönen Jahre.

Tugendleuchtend, samtenhäutig,
Klar der Blicke Augenspiele,
Ihre süßen Lippen sprechen
Nimmer Worte sinnlosviele.

Schlanker Hals und schöner Busen,


Lapislauzli der Locken,
Goldener als Gold die Arme,
Ihre Finger Blütenglocken.

Pralle Lenden, schlanke Hüften,


Reize um die Schenkel fließen,
Edlen Ganges auf der Erde,
Raubt mein Herz mit ihrem Grüßen.

Sie macht aller Männer Hälse


Wenden, sich an ihr zu laben.
Jener Jüngling, den sie grüßte,
Ist der Erste aller Knaben.

Der Geliebte lockt die Seele


Mit der holden Stimme Schallen,
Von dem Schall der Stimme hat mich
Liebeskrankheit überfallen!

Er ist meiner Mutter Nachbar,


Doch wie könnt ich zu ihm gehen?
Ach, ich will die Mutter fragen,
Ach, wie gern möcht ich ihn sehen!
Unfreiwillig muß ich träumen,
Doch die Liebe ist mir Herrin!
Ach, er gleichet einem Narren,
Ach, ich gleiche einer Närrin!

Gerne wollt ich ihn umarmen!


Würd er doch die Mutter fragen,
Gerne wollte ich vom Golde
Eine Spende zu ihm tragen.

Daß ich deine Schönheit sehe,


Komm, daß sich die Mutter freue!
Alle Menschen würden jubeln
Über süßer Liebe Treue!

Seine Schönheit wollt ich sehen,


Saß ich in dem Haus zu klagen.
Sieh, da sah ich den Geliebten
Mit den Freunden in dem Wagen.

Weiß nicht wie ihm auszuweichen,


Unbefangen ihn zu grüßen?
Pfad scheint mir zu sein das Wasser,
Fels nicht unter meinen Füßen.

Närrisch bist du, meine Seele!


Spielst du so vor ihm die Kühle,
Wirst du, wenn er vor dir wandelt,
Doch verraten die Gefühle.

Ich bin dein! so würd ich sagen,


Meinen Namen würd er rufen,
Mich an letzter Stelle seines
Haushalts unten einzustufen.

Immer springt mein Herz und hüpfet,


Wenn gedenk ich meinem Schatze,
Nimmer läßts mich wandeln menschlich,
Hüpft und springt an seinem Platze.

Nimmer greife ich nach Kleidern,


Nimmer nehme ich den Fächer,
Nimmer Schminke aus dem Töpfchen,
Nimmer Salbe aus dem Becher.

Halt nicht an, dir wirds gelingen!


Sagts, so oft ich an ihn denke.
Herz, so mach mir keinen Kummer,
Närrin in des Busens Senke!

Wart, es kommt zu dir der Liebste,


Doch die Blicke auch von allen.-
Herz, laß nicht die Menschen sagen:
Weiber so in Liebe fallen!

Ich verehre Unsre Fraue,


Preise sie und spend ihr Minne,
Rühm die Herrscherin des Himmels,
Künde Lob der Königinne.

Sie erhörte meine Bitten,


Ließ mich meine Herrin sehen,
Jene ist von selbst gekommen,
Großes ist an mir geschehen!

Freute mich und jauchzte fröhlich,


Als sie zu mir kam so eigen.
Wenn sie wandelt, alle Männer
Sich vor ihr in Liebe neigen!

Ich gelob mich Unsrer Frauen!


Hab mein Lieb von ihr empfangen,
Ein zwei Tage blieb mein Liebchen,
Gestern ist sie dann gegangen.

Ging vorbei an seinem Hause,


Stand des Hauses Pforte offen,
Hab ich ihn bei seiner Mutter
Und den Brüdern angetroffen.

Alle die des Weges gingen,


Sind verliebt in ihn gewesen,
Diesen Jüngling ohnegleichen,
Diesen Jüngling auserlesen!

Er sah zu mir, da ich wandelt,


Jauchzt ich, weil es mich beglückte,
Froh, weil er mich angesehen,
Weil ich seinen Blick erblickte.

Ach, wenn seine Mutter wüsste!


Seine Mutter könnt mich heilen!
Unsre Liebe Fraue, sags ihr,
Dann will ich zum Liebsten eilen!

Küsste ihn vor seinen Brüdern,


Würd ihn meinen Liebsten nennen,
Wären auch die Menschen neidisch,
Würd der Liebste mich erkennen.

Unsre Fraue will ich feiern,


Läßt sie mich den Liebsten sehen
In der Mitternacht, die schön ist,
Schön ist im Vorübergehen.

Gehst du von mir für ein Essen,


Willst du Speise nur genießen?
Willst schon anziehn deine Kleider?
Ich bin Herrin weicher Kissen!

Gehst du von mir, weil dich hungert,


Gehst du von mir, weil dich dürstet?
Nimm du meine prallen Brüste!
Durch den Trank wirst du gefürstet!

Süß die Lieblichkeit des Lagers,


Süß die Schöne in dem Sessel,
Liebesäpfel ihre Brüste,
Schlanker Arm wie Schlangenfessel.

Ihre Stirne ist aus Weide,


Schwänchen ich die Wege walle,
Ihre Locken sind der Köder
Und ich hocke in der Falle!

Stromab fahr ich mit der Fähre,


Mit dem Schilf in meinen Armen.
Gib mir heute nacht mein Liebchen!
Fleh den Herrn ich um Erbarmen.

Dieser Strom ist goldner Süßwein,


Schilfrohr ist des Herren Güte,
Seine Boten Blumenknospen,
Herrin ist die Lotosblüte!
Unsre Liebe Fraue freut sich,
Deren Schönheit uns erhellte!
Eine Liebesäpfelschale
Erde vor den Himmel stellte!

10

Stromab fuhr ich im Kanale,


Blinzelnd ich zur Sonne sehe,
Möcht errichten meine Zelte
Bei den Wassern an der Höhe.

Unverzüglich wollt ich eilen,


Dachte an den Herrn der Sonne,
Wollte den Geliebten sehen,
Der zum Tempel wollt der Wonne.

Stand an der Lagunenmündung,


Da du nahmest meine Seele,
Da wir saßen unter Bäumen
Bei dem Tempel mit der Stele.

Pflückt ich von den Tempelbäumen


Fächerzweige mir, die zarten,
Sah dem Tun zu meines Liebsten,
Schaute in den Blumengarten.

Meine Arme voller Blumen,


Balsam troff mir aus den Haaren,
Fühlte mich wie Unsre Fraue,
Da wir Eins in Liebe waren!

11

Fort geh ich von dem Geliebten,


Also ists des Schicksals Wille.
Seiner Liebe ich gedenke,
Sieh, da steht das Herz mir stille!

Seh ich süße Kuchenstücke,


Salzig schmecken sie mir alle,
Auch der liebe goldne Süßwein
Schmeckt mir nur wie Vogelgalle!

Deine Küsse, o Geliebter,


Können einzig Freude geben!
Schenke mir der Herr der Liebe
Freude, Liebe, ewges Leben!
12

Spricht die Taube: Schau, es taget,


Wohin führt dich nun dein Glaube?
Aber nicht doch, lieber Vogel,
Willst du schelten, liebe Taube?

Fand den Liebsten in der Kammer,


Meine Seele überglücklich!
Nimmer will ich dich verlassen,
Hand in Händchen halten schicklich.

Werde meine Schritte mit dir


Hin zu jeder Stelle lenken.
Machst mich zu der Mädchen Ersten,
Wirst nie meine Seele kränken.

13

Dachte liebend deiner Liebe,


Halb geflochten meine Locken,
Eilends wollte ich dich sehen,
Ließ den Kamm im Haare stocken.

Laß mich los, Geliebter, laß mich,


Möchte meine Haare flechten!
Sind geflochten meine Locken,
Löst du sie in Liebesnächten!

14

Was denn redet deine Seele:


Meine Lust ist, sie umarmen!
Sieh, beim Herrn, mich zärtlich nahen,
Meine Kleider auf den Armen...

15

Was tat heute die Geliebte?


Muß ich schweigen leidumfangen?
Ließ mich in der Pforte stehen,
Ist ins Kämmerlein gegangen!

Sagte nicht: Geliebter, folge,


Folge, Liebster, in die Kammer!
Einsam steh ich, leidumfangen,
Wehvoll, voller Liebesjammer!
16

O beim Herrn der Herrn, Geliebter,


Komm zum Fluß gewundne Pfade,
Daß ich, wie du es begehrtest,
Nackt vor dir im Flusse bade!

Laß dich meine Schönheit sehen


Ohne Schleier allenthalben,
Nur gehüllt in die Balsame
Und verschleiert von den Salben.

Steige dann vor dir ins Flußbett,


Fang ein Fischlein an der Küste,
Langen Fisch mit meinen Fingern,
Leg ihn zwischen meine Brüste!

17

Wenn umarm ich die Geliebte


Und umfange ihre Seele,
Ists wie Aloe und Myrrhe,
Narde, Weihrauch, Salbungsöle.

Küss ich, küss ich die Geliebte,


Läßt sie ihre Lippen süß sein,
Ist mir, muß ich trunken jubeln,
Jubeln trunken ohne Süßwein!

18

Jüngling, bist beim Bettenmachen,


Denkst an Liebchen auf dem Bette?
Höre, Jüngling, was ich rate,
Wie’s ein Mädchen gerne hätte:

Feinstes Linnen nimm als Laken,


Edles Staatstuch kannst du missen,
Nimm nicht grobgewobnes Sacktuch,
Parfümiere deine Kissen!

19

Wär ich ihre schwarze Sklavin,


Würde ihre Füße waschen,
Würde ihres bloßen Leibes
Einmal einen Blick erhaschen!
20

Meine Herrin fährt voll Freude


In das Land des Weins, das holde,
Liegt davor im Wasserbette
Eine Insel ganz von Golde.

Müssen nicht mehr Opfer bringen,


Liebe selber will uns heilen!
Laß uns in dem Land des Rausches
Alle Ewigkeiten weilen!

HOHES LIED ÄGYPTENS

Einzig ist die Liebste, unvergleichbar,


Schönste aller Frauen, wunderbar,
Strahlend wie ein Stern und unerreichbar,
Wie der Stern, mit dem beginnt das Jahr.

Ihre Augen leuchten voller Tugend,


Leuchten wie der Mondschein fort und fort.
Ihre süßen Lippen voller Jugend
Sagen niemals nie ein leeres Wort.

Liebesäpfel, ihre Brüste beben,


Lapislazuli trägt sie im Haar,
Ihre Arme gleichen goldnen Stäben,
Ihre Finger Lotossprossen klar.

Schönster Hintern, schönste schlanke Hüften,


Ihre Schenkel bergen ihre Scham.
Edlen Grüßens, geht sie in den Düften,
Sie mein Herz mir aus dem Busen nahm.

Alle Männer unter dieser Sonne


Drehn sich um, wenn sie die Lippe kühlt.
Wer umarmen darf die schönste Wonne,
Sich als König in dem Himmel fühlt.

Sieht man sie zur Zeit der Lotostriebe


Treten aus dem Hause, wo sie wohnt,
Gleicht der Herrin sie der schönen Liebe,
Ihr zu Füßen schmiegt sich sanft der Mond.

2
O meines Herzens heißes Pochen,
Denk ich an den geliebten Schatz!
Mir klappern alle meine Knochen,
Mein Herz hüpft auf an seinem Platz!

Ich kann nicht mehr mit Fächern winken


Und gehe nackt, bei meiner Seel!
Ich kann nicht mehr die Augen schminken,
Mich nicht mehr salben mit dem Öl!

Mein Herz sagt oft als strenge Herrin:


Geradewegs geh du zum Ziel!
Mein armes Herz, sei keine Närrin,
Du machst mir Not und Kummer viel!

Bleib still! der Liebste wird schon kommen!


Doch kommen auch der Leute viel.
Und reden werden alle Frommen:
Der Liebe diese Frau verfiel!

Ich bet die goldne Herrin an


Und preise ihre Majestät,
Ich jubele und jauchze dann,
Wenn sie am schönen Himmel geht!

Die Herrin hörte gern mein Flehn,


Da kam mir meine Herrin nah!
Von sich aus kam sie, mich zu sehn!
Wie herrlich ist, was mir geschah!

Voll Jubel meine Seele steigt,


Als ihre Schönheit kam zu mir!
Ein jeder in Verehrung neigt
Aus großer Liebe sich vor ihr!

Der Herrin tat ich einen Schwur,


Sie gab das Mädchen mir zum Lohn -
Drei kurze Tage blieb sie nur
Und gestern abend ging sie schon!

Die Geliebte sah ich lang nicht mehr,


Sieben Tage lang! Da ward ich krank.
Alle meine Glieder wurden schwer
Und mein Geist in eine Ohnmacht sank.

Wenn der Doktor von Rezepten spricht,


Er doch nimmer meine Krankheit bannt,
Weiß er des Problemes Lösung nicht,
Hat mein Leiden er doch nicht erkannt.

Aber eines Boten Botschaft frommt,


Naht er mir in flinkem Botenlauf,
Ruft er nur: die schöne Herrin kommt!
Hebt er wieder mir das Herz hinauf.

Beste Medizin kommt an mein Bett:


Die Geliebte mit dem roten Mund!
Ja, ihr Kommen ist mein Amulett,
Und sie anzuschaun, macht mich gesund!

Leben werd ich, schaut sie voller Charme,


Lebensmutig werd ich, wenn sie spricht,
Selig bin ich, wenn ich sie umarm - -
Doch sie kommt seit sieben Tagen nicht!

Bin ich nicht bereit, dich zu erwarmen


Und du schnürst schon deiner Schuhe Senkel?
Willst du mich nicht voller Lust umarmen,
Kosen voller Lust mir Scham und Schenkel?

Willst du dich an einer Mahlzeit weiden,


Bist du denn ein Mann mit leerem Magen?
Denkst du nur daran, dich anzukleiden?
Willst du nicht mein leichtes Nachthemd tragen?

Willst du gehn, weil deinem Munde dürstet?


Siehe meine Brüste überfließen!
Besser in der Liebe Arm gefürstet
Als im Feld zu sehn die Disteln sprießen!

Süß die Pflanzen an der Küste,


Lotos der Geliebten Mund,
Liebesäpfel ihre Brüste,
Ranken ihre Arme rund.

Ihre Augen gleichen Fallen,


Drein ich mich als Vogel setz,
Ihre langen Wimpern wallen,
Dienen willig ihr zum Netz!

7
Mein Herz ist durstig nach der Liebe Golf,
Nach deinem heißen Blut, mein wilder Wolf,
Berauschen will ich mich am Liebesakt,
Denn siehe, schön bin ich und jung und nackt!
Von dem, nach dem mir meine Seele klagt,
Laß ich nicht ab, und wenn ihr mich auch schlagt -
Mit Knüppeln treibt mich in das Syrerland,
Mit Ruten treibt mich in das Negerland,
Ins Hochland ihr mit einem Stock mich treibt,
Im Tiefland ihr mir fast den Geist entleibt -
Ich höre euren guten Rat nicht mehr,
Ich laß den nicht, den ich so sehr begehr!

In dem Landhaus der Geliebten


Sind die Eingangstore offen,
Rausgezogen sind die Riegel
Und erzürnt ist die Geliebte!

Wäre ich des Hauses Pförtner,


Machte ich ihr solchen Ärger,
Hörte ich dann ihre Stimme -
Zitterte vorm Zorn der Liebsten!

Nach dem Kommen des Geliebten seh ich,


Wenn er kommt, geschmückt mit goldnem Blatt.
An dem Rand des gelben Niles steh ich
Und mein Herz gehört der Sonnenstadt.

In den Liebesgarten eilt die Seele,


Blütenschaum mir auf die Brüste fällt,
Haare triefen mir vom Balsamöle -
Bin durch dich die Herrin aller Welt!

10

Der Schrei der Wildgans tönt so laut,


Gefangen in der Falle Bann.
Und du bist schuld, geliebte Braut,
Daß ich sie nicht befreien kann.

Heut kann ich keine Netze greifen,


Der immer Vogelfänger war,
Kann heute nicht durch Wälder streifen,
Weil mich gefangen hält dein Haar!
11

Du Allerschönster, ich begehre,


Dir deine Sachen zu besorgen!
Wenn ich des Hauses Herrin wäre,
Du lägst in meinem Arm geborgen!

Gott möge meinen Schatz mir geben,


Sonst liege ich alsbald im Grabe!
Du, Liebster, bist mein Glück und Leben!
Mein Herz will so, daß ich dich habe!

12

Mein Herz gedachte deiner Liebe,


Das Haar gekämmt zur Hälfte nur.
Mich treiben alle meine Triebe,
Da acht ich nicht auf die Frisur.
Ich löse meine langen Flechten,
Ich bin bereit zu Liebesnächten!

13

Mein Herz gehört dir ganz,


Ich blühe südenwarm,
Lieg ich in deinem Arm,
Du meiner Augen Glanz!

Die Augenschminke blau


Ist nur für dich gemalt!
Der Freudenträne Tau
Aus lauter Liebe strahlt!

Wie schön die Zeit, wie tief,


Wie eine Ewigkeit!
O seit ich mit dir schlief,
Ist hoch mein Herz und weit!

14

O Lotosstengel, sieh mich kommen,


Im Wasser siehe meine Waden.
Ich wär so gern mit dir geschwommen,
Ich möchte gern mich vor dir baden!

Ich lass dich meine Schönheit schauen


In einem kurzen Linnenröckchen!
Duftreiche Balsamöle tauen
In meine aufgelösten Löckchen.

Ich möcht mit dir ins Wasser steigen


Und mit dem roten Fische schmusen,
Ich möcht ihm eine Blume zeigen,
Ihn betten unter meinem Busen.

15

Die Geliebte ist gekommen!


Jubeln will ich wie die Frommen,
Welche auf die Liebe hoffen!
Meine Arme sind weit offen,
Die Geliebte zu umfangen!
Schillernd schimmern schön die Schlangen!
Ewig, ewig bist du, Nacht!
Liebe hat sich aufgemacht!

LIEDER DER LIEBE

Schwester, Ohnegleiche!
Meine Einzige, Schwester, Ohnegleiche,
Du bist die Schönste von allen!
Sie sieht aus wie der steigende Venusstern
Zu Beginn eines glücklichen Jahres.
Bunte Lichter, schöne Haut,
Schön der Blick ihrer Augen,
Süßer die Rede ihrer Lippen,
Sie hat nicht ein Wort zu viel gesagt.
Aufrecht der Hals, glänzend die Brüste,
Das Haar blau wie Lapislazuli,
Die Arme übertreffen das Gold,
Finger wie Lotosknospen,
Schwere Oberschenkel, schmale Taille,
Ihre Beine eine Parade der Schönheit;
Mit anmutigen Schritten geht sie,
Wenn sie beschreitet den Boden,
Sie erfasst mein Herz durch ihre Bewegung.
Sie bewirkt, dass alle Männer die Hälse recken,
So strecken sie sich aus, um sie zu sehen;
Freude hat jener, der sie umarmt,
Er ist der erste der Männer!
Wenn sie draußen schreitet,
So ist sie die Sonne!
2

Mein Bruder quält mein Herz mit seiner Stimme,


Er macht, dass die Krankheit mich ergreift;
Er ist der Nachbar des Hauses meiner Mutter.
Und ich kann nicht zu ihm gehen!
Meine Mutter direkt im Laden spricht ihn an:
Gib dich zu sehen!
Es schmerzt mein Herz, an ihn zu denken,
Ich bin von der Liebe zu ihm besessen!
Wahrlich, er ist ein Narr,
Aber ich bin ihm ähnlich;
Er kennt nicht mein Wunsch, ihn zu umarmen,
Oder er würde meiner Mutter schreiben.
Bruder, bin ich dir doch versprochen,
Von der goldenen Herrin der Frauen!
Komm zu mir, dass ich deine Schönheit sehe,
Vater und Mutter werden sich freuen!
Meine Familie wird zusammen laufen,
Sie werden dich grüßen, o mein Bruder!

Mein Herz flattert hastig,


Wenn ich denke an meine Liebe zu dir;
Es lässt mich nicht vernünftig handeln,
Es springt von seinem Platz.
Es lässt mich nicht ruhig ein Kleidchen tragen,
Auch nicht wickeln meinen Schal um mich herum;
Ich habe keinen Glanz mehr in meinen Augen,
Ich bin auch nicht gesalbt mit Öl der Freude.
Warte nicht, geh, sagte er zu mir,
So oft ich an ihn denke;
Mein Herz, handle nicht so dumm,
Warum spielst du den Narren?
Still sitze, kommt der Bruder zu dir,
Und viele Augen sehen ihn.
Lass nicht die Leute von mir sagen:
Eine Frau ist in Liebe gefallen!
Stabil sei, wenn du an ihn denkst,
Mein Herz, nicht flattere!

Ich ging vor seinem Haus,


Ich fand seine Tür offen;
Mein Bruder stand bei seiner Mutter,
Und alle seine Brüder waren mit ihm.
Liebe zu ihm fängt das Herz
Von allen, die den Weg beschreiten;
Herrlicher Jüngling, der keinen seinesgleichen hat,
Bruder einzigartiger Tugenden!
Er sah mich an, als ich vorbeiging,
Und ich freute mich über ihn;
Wie mein Herz in Freude jubelte,
Mein Bruder, vor deinen Augen!
Wenn nur die Mutter wüsste, wie mein Herz fühlt,
Sie würde mich verstanden haben;
O goldene Göttin, bewahr es in deinem Herzen,
Dann werde ich zu meinem Bruder eilen!
Ich werde ihn vor seinen Gefährten küssen,
Ich würde nicht vor ihnen weinen;
Ich würde ihr Verständnis erfreuen,
Das erkenne an mir!
Ich werde ein Fest für meine Göttin machen,
Mein Herz springt;
Lass mich dich sehen, mein Bruder, heute Abend,
O Glück im Vorbeigehen!

Vor sieben Tagen, da sah ich meine Schwester,


Und Krankheit überfiel mich;
Ich bin schwer an allen Gliedern,
Mein Körper hat mich verlassen.
Wenn die Ärzte zu mir kommen,
Mein Herz lehnt ihre Heilmittel ab;
Die Magier sind ziemlich hilflos,
Meine Krankheit ist nicht zu erkennen.
Zu mir zu sagen: Sie ist hier –
Das würde mich wieder beleben!
Ihr Name würde mich erheben;
Ihre Boten kamen und gingen,
Das würde wieder beleben mein Herz!
Meine Schwester ist besser als alle Medizin,
Sie tut für mich mehr als alle Pillen;
Sie kommt zu mir und ist mein Amulett,
Ihr Anblick macht mich gut!
Als sie die Augen öffnete,
Mein Körper wurde wieder jung,
Ihre Gegenwart macht mich stark;
Umarmend vertreibt sie meine Krankheit.
Vor sieben Tagen, da ging sie von mir!

Wie gut sie weiß die Schlinge zu werfen,


Und doch nicht zu bezahlen die Viehsteuer!
Sie wirft die Schlinge auf mich mit ihrem Haar,
Sie fängt mich mit ihren Augen;
Sie bindet mich mit ihrer Halskette,
Sie brandmarkt mich mit ihrem Ring.

Das Herrenhaus meiner Schwester,


Mit der Tür in der Mitte ihres Hauses,
Seine Türflügel sind offen,
Der Bolzen ist gefedert,
Meine Schwester ist wütend!
Wenn ich nur zum Türhüter gemacht würde!
Dann würde ich ihre Wut auf mich lenken,
Dann würde ich hören ihre wütende Stimme,
Und ein Kind in Angst wär ich vor ihr!

Sesampflanzen hier beschwören uns,


Ich bin deine Schwester, deine beste;
Ich gehöre dir als dieses Fleckchen Erde,
Dass ich bepflanzt hab mit Blumen
Und duftenden Kräutern.
Süß ist sein Strom,
Gegraben durch deine Hand,
Erfrischend der Nordwind.
Ein schöner Ort, um durch ihn zu wandern,
Deine Hand in meiner Hand.
Mein Körper lebt, mein Herz frohlockt,
Wenn wir zusammen spazieren;
Deine Stimme zu hören ist wie Granatapfel-Wein,
Ich lebe, um dich zu hören.
Jeder Blick, mit dem du mich ansiehst,
Stärkt mich mehr als Essen und Trinken.

Es ist ihre Liebe, die gibt mir Kraft,


Meine Schwester ist die Liebe auf der anderen Seite.
Der Fluss ist zwischen unseren Körpern;
Die Gewässer sind bei Hochwasser mächtig,
Ein Krokodil wartet in den Untiefen.
Ich betrete das Wasser und trotze den Wellen,
Mein Herz ist stark über der Tiefe;
Das Krokodil scheint mir wie eine Maus,
Die Flut als Land für meine Füße.
Es ist ihre Liebe, die gibt mir Kraft,
Sie macht einen Wasser-Zauber für mich;
Ich schaue in meinem Herzen den Wunsch,
Da steht sie schon vor mir!
Meine Schwester ist gekommen, mein Herz frohlockt,
Meine Arme hab ich ausgebreitet, um sie zu umarmen;
Mein Herz kennt keine Grenzen an seinem Platz,
Ist wie die roten Fische im Teiche selig.
O Nacht, da du mein für immer sein wirst,
Nun, meine Königin ist gekommen!

10

(...)

11

Komm, mein Bruder, schwimme zu mir!


Das Wasser ist tief in meiner Liebe,
Die mich führt zu dir.

Wir sind in der Mitte des Stromes,


Ich drücke die Blumen an meine Brüste,
Die sind nackt und tropfen von Wasser.
Aber der Mond lässt sie leuchten wie die Lotusblüte.

Ich gebe dir meine Blüte,


Weil sie schön ist,
Und du hältst meine Hand
In der Mitte des Wassers.

12

Die kleine Platane,


Die sie pflanzte mit ihrer eigenen Hand,
Öffnet den Mund zu sprechen.
Ihr Rauschen ist so süß
Als wie ein Strom von Honig.
Wie schön ihre anmutigen Zweige
In ihrer Naivität!
An ihr hängen Früchte, die reif sind,
Röter als der Blut-rote Jaspis.

13

Die Liebe meines geliebten Menschen ist am anderen Ufer.


Ein Arm des Flusses liegt zwischen uns,
Und Krokodile auf den Sandbänken lauern.
Aber ich stürze ins Wasser, in die Flut;
Mein eifriges Herz trägt mich zügig über die Wellen;
Ich schwimme so sicher, als ob ich auf festem Boden ginge.
Liebe, es ist die Liebe, die gibt mir Kraft,
Sie wendet ab die Gefahren des Flusses.

15

O, mein Gott, mein Lotus!


Der Nordwind weht.
Es ist angenehm, um den Fluss zu gehen,
Mein Herz sehnt sich, das Wasser zu betreten,
Um mit dir zu baden.
Ich lasse dich sehen meine Schönheit,
In einem Hemdchen feinstem königlichen Linnens,
Feucht von Balsam.
Mein Haar ist geflochten mit Schilf,
Ich betrete das Wasser, um bei dir zu sein,
Und verlasse es, um mich dir anzuschließen
Mit einem roten Fisch,
Er ist zwischen meinen Fingern schön,
Ich verlasse das Wasser vor dir,
Zur Betrachtung deiner Schönheit.
O mein Held, o mein Geliebter!
Komm und sieh mich an!

16

Deine Liebe zu ertragen


Tag und Nacht,
Auch während der Stunden, wenn ich schlafe,
Und wenn ich vom Tag geweckt werde!
Deine Form animiert mein Herz,
Die Sehnsucht nach deiner Stimme
Gibt mir Kraft, gibt Kraft meinen Körper,
Wenn er müde ist.
Immer werde ich sagen:
Es ist sonst niemand,
Der ist in Harmonie
Mit deinem Herzen,
Als nur ich!

17

Meine Geliebte ist gekommen!


Mein Herz freut sich!
Meine Arme sind geöffnet,
Um sie zu umarmen!
Das Herz in meiner Brust ist glücklich
Wie ein Fisch im Wasser!
O Nacht, du gehörst mir für immer,
Da meine Herrin ist zu mir gekommen!

18

Ach, wenn ihren kleinen Siegelring,


Die Begleitung von ihrem Finger,
Ich sehen würde, und ihre Liebe
Zu allen Zeiten und an jedem Tag!
Ich würde ihr Herz erobert haben.

19

Meine Geliebte ist einzigartig, Ohnegleiche,


Schöner als jede andere Frau,
Siehe, sie ist wie der Stern, der am Horizont aufsteigt,
Zu Beginn eines vielversprechenden Jahres.
Sie bewegt sich in einem Schimmer von Perfektion,
Ihr Teint ist superb,
Ihre Augen sind wunderbar verführerisch,
Auf ihrer Lippe verweilen überzeugende Worte.
Nie spricht sie ein Wort zu viel!
Ihr Hals ist schlank, groß die Brüste,
Ihr Haar ist wie Lapislazuli;
Ihre Arme sind herrlicher als Gold
Und ihre Finger wie Lotusblüten.
Ihr Gewand ist eng in um ihre Taille geschlungen.
Sie enthüllt die schönsten Beine der ganzen Welt!
Man kann sich nicht helfen, man muss
Mit den Augen ihr nachschauen, wo sie geht,
Sie ist eine unvergleichliche Göttin in Erscheinung!

20

Bin ich nicht hier mit dir?


Wo hast du dein Herz?
Solltest du nicht mir zu eigen sein?
Hat meine Tat gegen mich gezeugt?
O wie schön der Vergnügungspark,
Als du versuchtest, zu streicheln meine Schenkel!

Ist es, weil du essen willst, dass du hinzugehen gedachtest?


Ist es, weil du ein Sklave deines Bauches bist?
Ist es, weil du dich kümmerst um Kleidung?
Ich habe ein Bettlaken!
Ist es, weil du hungrig warst, dass du mich verlassen?
Dann nimm meine Brüste,
Dass ihr Geschenk kann weiter fließen zu dir!
Besser ein Tag in der Umarmung meines Bruders,
Als tausend Myriaden während der Herrschaft.

21

Ich habe nicht die Schwester gesehen,


Und so hat eine Krankheit mich überfallen.

Mein Körper ist schwer,


Vergessen von mir selbst,
Wenn der Chefarzt zu mir kommt,
Mein Herz ist nicht zufrieden mit seinen Mittelchen;
Der Priester weiß auch keinen Ausweg!
Meine Krankheit wird nicht untersucht werden.

Zu mir zu sagen: Hier ist Sie!


Das ist das, was mich wieder beleben würde;
Ihr Name ist das, was mich hochleben ließe;
Die gehen ein und aus, ihre Boten,
Sie sind es, die mein Herz wieder beleben.
Vorteilhafter für mich ist die Schwester
Als alle Mittelchen;

Sie ist für mich mehr als gesammelte Schriften!


Meine Gesundheit ist ihr Kommen!
Wenn ich sie sehe, dann ist mir wohl.
Wenn sie öffnet ihre Augen,
Mein Körper ist wieder jung!
Wenn sie spricht, dann bin ich wieder stark,
Wenn ich sie umarme,
Geht das Böse von mir weg -

Aber sie wurde von mir weggeführt vor sieben Tagen!

JADENES LIEBESLIED FÜR DIE NYMPHE MA VOM MAJIA-HE

Ma, vor allem die Perle widme ich dir, denn du bist die Muschel,
Dann auch den Klangstein, denn du bist die Harmonie,
Dann auch die Münze, die ich sinken lasse in dich, du Wunderbronnen,
Dann auch den Rhombus, denn du bist meine Parallele in der Mathematik,
Und ich treff dich in der Unendlichkeit,
Dir auch das Rhinozeroshorn, denn mich verlangt nach dir,
Und dir die Artemisiablüte, denn du bist weiß und fein wie sie
Und mir ein Orakel: Ohne Makel!
Und die acht Kostbarkeiten des Tao sind dir geweiht,
Denn du bist das sanfte Wasser und das weiche Holz.
Dir allein leg ich den Fächer vor die Schwelle deines Schlafgemachs,
Wenn ich sterben gehe,
Dir mein Schwert des Geistes,
Damit ich kämpfe gegen die nördlichen Barbaren,
Dir den Flaschenkürbis, denn du bist mir
Meine Gnädige Dame Ma mit dem Goldenen Flaschenkürbis,
Dir die maronenbraunen Kastagnetten,
Denn du bist die Reigentanzende vom Schilfrohr-Ufer des Sees,
Dir die Flöte der hirtenhaften Liebe,
Denn du bist der Wind meines Schicksals
Und der Atem meiner Liebe, und ich bin dein Lied,
Und dir den Lotos, denn du bist rein
Und makellos inmitten des Schlamms der Welt,
Und dir den Bambus, mit dem du kränzen mögest deinen Poeten!
Siehe die Ameise, denn das Wort -meise reimt sich auf Tugend.
Und so weih ich dir die Tugend zur Liebe und Poesie
In Gestalt der fleißigen Ameise
Und rühme dich als die zierliche Königin der Ameisen.
Angler will ich sein am Fluß Majia-He,
Ein Angler wie Chiang Tse-Ya,
Dem Ratgeber des Himmelssohnes der Zhou,
Und mein Rat soll sein eine dreifache Tugend:
Vertrauende Liebe, hoffende Liebe, liebende Liebe.
Dir will ich einen Pavillon bauen auf dem Ao-Berge,
Der die Mitte der paradiesischen Insel der Seligen im Ostmeer ist.
Dir will ich ein Ao-Haupt sein,
Dir die Prüfung des Poeten bestehen mit Auszeichnung:
Dem Bambuszweig von dir.
Dir will ich reichen den Apfel der Schönheit,
Denn du bist schöner als Yang Guefe,
Die Lieblings-Konkubine des Kaisers der Tang,
Die doch von ihm einst Paradiesapfelmädchen genannt ward.
Du aber bist die Neue Lady Yang.
Du bist die orangene Aprikose,
Rein und nimmer buhlerisch rot,
Und deine Augen sind Aprikosenkerne.
Deine Augen sind Mandeln oder Meteore.
Du bist chung-jen: Der Mensch in meinen Augen.
Deine Augenbrauen sind fein, du feine Ma,
Und ich will sie nachmalen.
Sie sind so fein wie ein Falter oder eine Motte
Über den Flammen deiner Augen tanzend.
Deine traurigen Brauen sind wie ferne Berge.
Deine Augenwimpern sind gebogen
Wie der Bogen des papageiengeflügelten Kama,
Des Sohnes der Kamala.
Du bist schön wie eine Azalee, die Kuckucksblume.
Ich bin der Kuckuck von Szechuan,
Der die Nacht lang ruft, bis blutig seine Kehle.
Wer meinen Ruf am Morgen hört,
Der muß sich trennen von seiner Geliebten.
Im Bade reinigte ich mich, dir Lob zu singen.
Du bist die große Bärin, Pei Tou,
Und bist der Scheffel oder das kultische Gefäß
Auf dem Altar, darauf das Korn geopfert wird.
Deine Siebensterne sind eine Einwohnung himmlischer Liebe.
Den Baldachin des Segens will ich über dich halten,
Wie die Dienerinnen ihn der Königinmutter des Westens tragen.
Deinen roten Ball will ich singen,
Den du mir vom Balkon geworfen, ich fing ihn,
Da war es der rote Mond von Peking.
Darum bin ich dir auf immer verbunden.
Auf Bambus möge dein Name und auf Seide überliefert werden,
Weil die Liebenden aller Länder Chinas
Und aller barbarischen Reiche
Meine Liebeslieder lieben werden,
Die dich, geliebte Ma, feiern.
Mit dem Bambuspinsel mal ich deinen Namen
Auf das braune Bambuspapier.
Mit den Bambusblättern deiner Schönheit
Würz ich meinen dichterischen Wein,
Die Bambussprossen deiner Anmut sind mein tägliches Mahl.
Ach, ich lasse meine Bambusblätter traurig hängen,
Weil mein Herz, weil du ferne bist.
Ich will bescheiden und tugendhaft wie Bambus sein,
Um dir zu gefallen. Aber erscheinst du mir im Traum,
Dann reit ich kindlich-glücklich auf dem Bambuspferd
Und biege mich wie Bambus im Wind vor Lachen
Und platze wie ein Feuerwerk im Bambusrohr
Und schreibe mit tausend Flammenzungen
Deinen Namen ans Firmament.
O, im Himmel seh ich dich wandeln,
Im pflaumenfarbenen Mantel,
Mit bloßen jungen Bambussprossenfüßen:
Ich küsse deinen Fuß!
Du bist der Baum im Westen, der Maulbeerbaum,
In dem die Sonne abends ruht,
Und ich bin der Pawlowniabaum des Ostens,
Aus mir schwingt sich täglich die Sonne auf zu dir, o Ma!
O Fee im Garten von Majia-He, wie wachsen um dich
Ahorn, Bambus, Buchsbaum, Ölbaum, Kiefer, Persimone,
Pflaume, Weide, Wu-tung, Zimtbaum, Zypresse
Und der Maronenbaum mit seinen Blütenpavillons.
O Ma, du bist der heilige Berg O-mi,
Darauf der Erleuchtete erleuchtet wurde,
Und bist das Westgebirge Kunlun,
Da die Königinmutter des Westgebirges mit ihren Feen wandelt.
O Berg des Paradieses, sei Ma eine ewige Heimat,
Du mit deinen neun Etagen und Jadepalästen,
Hängenden Gärten mit Bronnen des strömenden Lebenswassers.
Die Stufen des Berges will ich ersteigen,
Da du mir auf dem Gipfel erscheinst
Und mir Regen aus den Augen treibst
Und mich hinaufführst in die perlmutternen Wolken
Zum strahlenden Jadeherrn!
Den zu lieben ist mein Bergschwur,
Dich zu lieben mein Meereseid.
Die Biene, die geflügelte Summerin, soll mir helfen,
Die Päonie der Päonien zu finden.
O ich sehe weiße Birnenblüten mit Tautropfen!
Schöner, o Ma, bist du!
Bei der blauen Lampe will ich den Weg der blauen Wolken wandeln.
Möge mir die Königin des Westgebirges
Einen blauen Vogel senden
Aus dem Reich des Dichtergottes mit dem blauen Gesicht,
Auf daß ich singe herrlich
Das Jadeangesicht der geliebten Ma in der Blauen Blume!
Mit Blumen bau ich dir ein Brautgemach
Unter den Wellen von Majia-He:
Lotosblätter sein Dach, Schwertlilien die Wände,
Die Orchis der Gipfel, Pfefferkraut duftend im Hof,
Zimtholz die Balken, das Tor von Magnolien,
Päonien am First, Lianen geschlungen zum Vorhang,
Basilikum bildet den Teppich, Felsenorchis auf den Matten,
Iris mischt sich mit Lotos.
Dort begegne ich Blumenfreund, der Pirol,
Dem gelben Blumenmädchen,
Nicht der Rauchblume aus dem Freudenhaus, nein,
Sondern der goldenen Primel meiner Liebe.
Unterm Bodhibaum der Erleuchtung
Will ich die Perlen des Rosenkranzes der Liebe beten.
Über die Brücke der Seelen wandle!
Stürze nicht in den Pfuhl aus Eiter!
Siehe, ich zünde Kerzen für dich.
An der Blauen Brücke beim Flusse Wei will ich dich treffen.
Dort ist um uns die Person der Blauen Brücke,
Welche vom Monde kam, die Liebenden zu segnen.
Siehe, ich harrte, wie Herr Wei dereinst,
Du kamest nicht, und ich ertrank. Ach der Trennung!
Mögen Elstern eine Brücke dem Hirten zur Weberin bauen!
O du Bronnen!
Deine Brüste sind Jadegipfel, da reifen Lotossamen.
Ich will ruhen wie ein duftender Busch in der Felsenschlucht.
Du bist das Buch,
Das mir die Königinmutter des Westens im Traum überreichte.
Sie sang mir die himmlische Harmonie vor, ich sang sie nach,
Es ist das Lied der Lieder von Ma.
Chang-O möge dich im mondenen Palast
Der weiten christallenen Klarheit empfangen!
In Pracht des Herbstmondes erblühst du mir
Wie eine Chrysantheme, vom Perlentau benetzt.
Deine Reinheit in mich aufzunehmen,
Setz ich mich einsam zum Wein.
Du erscheine mir im Traum
Mit Chrysanthemen im Haar,
So mußt du mich heimgeleiten.
Von der Jujube, die mir die Zähne so gilbte,
Sagen die Leute im Norden,
Wenn man von ihr träumt, dann stirbt man bald.
So wirst du mir einst erscheinen als Dame Ma mit der goldnen Jujube.
Dann, o Ma, wenn ich auffahr auf dem Gelben Kranich,
Meinen wilden schwarzen Schwan, dann werd ich dich sehen,
Dann wird der Donner sein das Lachen des Himmels!
In meinen Träumen bist du die Ehe-Fee,
Da sind wir ein blaues Eisvogelpaar,
Da sind wir ein purpurnes Mandarin-Entenpaar,
Da sind wir ein weißes Wildganspaar,
Da blühen wir verschlungen wie Lotos und Orchis.
Darum laß ich auch ein Ei,
Das die Überlebende der Sintflut gebar,
Über deine Brust dir in den Schoß rollen.
O du Einhorn mit dem Leib einer weißen Hindin
Und den Silberschuppen eines Silberfisches,
Du bist so leicht, du betrittst nicht einmal Gras,
Und nur Heiliges kündest du an.
O du Eine, du Einzige, dir verkünd ich:
Groß ist die Kraft des Schöpferischen, aller Wesen Anfang.
Diese schöpferische Kraft ist vollendet,
War vor Himmel und Erde da,
In stiller Einsamkeit. Wir wollen sie in dieser Nacht
Die Mutter der zehntausend Wesen nennen.
Der Name ist: das Wort. Der Name ist: Der Sinn. Der Name ist: der Weg.
Eisvogelschöne, dich sing ich in deiner malachitenen Zier,
Du Schöne mit Eisvogelbrauen.
Du bist die Freudenelster, weil du mir freudige Botschaft verkündest.
Siehe, ich habe immer noch den Elsterspiegel,
Dessen andere Hälfte dein ist.
Schau ich anderer Frauen Brunnen und Berge,
So fliegt die Elster aus dem Spiegel zu dir.
Denn du bist die Freudenelster im Kreis der Rabenweibchen.
Wir begehen den Kult der Religion der Mandarin-Enteneier,
Denn die Mutter der Barmherzigkeit erschien
Als Mutter mit dem jadenen Entenei.
Darin gedenken wir auch des Entenmutter-Königs,
Des Befreiers von Taiwan.
Wenn ich auch als Esel brülle an diesem oder jenem Brunnen,
Du wirst den Essig der Eifersucht nicht trinken.
Die Eule flog: Unheil! Da flog der Phönix: Heil!
O Fang-chan, du Insel im Ostmeer,
Da auf dir, du Weltmeerkontinent,
Die Liebe Ma dereinst gewandelt.
Wie der Magier des Kaisers zieh ich aus, in deiner Höhle
Das Kraut der Unsterblichkeit zu finden.
O Fee Ma! Du lebst auf der Insel der Seligen,
Du lebst auf der fernen Insel Chang-chou
In den purpurnen Palastanlagen
Mit vielen wahrhaft himmlischen Mädchen der Unsterblichkeit.
Du lebst im Feenpalast des Mondes,
Ich muß immer an dich denken,
Wie du mit wehendem Ärmel und Umhang aus weißer Seide tanztest.
Weil ich dich sah,
Darum sing ich das Lied vom Wolkengewand
Und Federkleid, das du sinken ließest,
Um bloß hinanzusteigen zum Paradies der lieblichen Liebe –
Und in meine Hände sank dein roter Mantel.
Du Fisch im Lotosblütenteich,
Jahre um Jahre mögest du im Überströmen wahrer Liebe leben!
Unsterbliche Fee, ich seh dich fliegen,
Mit aufgerichtetem Körper steigen zu den Wolken
Und dort ohne Flügelschlag fliegen,
Ich seh dich reiten auf dem Morgendunst,
Bis hinan zu den Stufen des Himmels,
Dort wirst du eine weiße Schwanin
Und schwimmst in blauen Wolkenmeeren.
O, wenn der Phönix tanzt,
Fliegt die Seele bis weit über den Himmel hinaus!
Die Jadeflöte seh ich dich spielen,
Die tibetanische Ti-Flöte.
Am Fluß der Flüsse seh ich dich wandeln,
Denn in zehntausend Jahren färbte sich Einmal rot
Der Fluß Majia-He und klärte sich darauf.
Frösche, seid still, ich dichte ein Lied für die Liebste!
Und die Frösche sind still.
Im Frühlingsgedankenspiegel seh ich dich,
Seh dich im Westzimmer tauchen aus dem Reinigungsbade.
Ich träumte so. Da erwachte ich vor keuscher Scham.
O Ma, bete für mich, daß die Füchsinnen fern bleiben.
Nachts erscheinen sie und saugen meine Lebenskraft mir aus.
Ich soll vergehen, damit sie das ewige Leben erlangen?
Die fünf Reinen –
Mond und Wasser und Kiefer und Bambus und Pflaume –
Sind nicht so rein wie du, o Ma, du Makellose!
O du meine Schneegans von himmlischen Bergen,
O du meine Mandarin-Ente von tiefsten Teichen,
O du meine Phönixmaid vom Lebensbaum des Himmlischen Gartens!
Und du, o wilde schwarze Schwanin,
Dich will ich speisen mit der schwarzen Tusche meines Blutes.
Dein Gelehrter bin ich, und da mir die blaue Lampe erlosch,
Sinn ich meinen Sang im Lichte des Glühwürmchens.
Wohlgeruch dein Schlafzimmer,
Wohlgeruch deine reine Seide und dein purpurner Mantel,
Wohlgeruch dein Haar, Wohlgeruch deine jadezarte Haut,
Wohlgeruch dein jadeschlanker Leib,
Wohlgeruch deine Blume am Brunnen,
Wohlgeruch deine geliebte Zunge,
Seltsam dein Duft, rein dein Duften, o Jungfrau.
Ich habe Mitleid mit dem traurigen Duft
Und träume vom süßen Duft.
Du bist die Gitarre aus Wu-tung-Holz, die ich spiele,
Oben rund und gewölbt wie der Himmel,
In den Saiten aber hab ich mich verschlungen.
Ich binde ein Glöckchen an den Fuß des Pirols und send ihn zu dir,
Die Glocke soll dir Freude läuten.
Goldfisch du im Tempelteich!
Granatapfelblüten oder Blüten von der Steinweide trägst du im Haar.
Als ich dich das erste Mal sah,
Warst du frisch wie Granatapfel und Pfirsich.
Das war in der Jahreszeit von Granatapfel und Schwertlilie.
Seither trag ich als Mandarin einen Granatapfelgürtel.
An dem Saum meines Gewandes hängen Granatäpfel und Glocken.
Du bist mir wie die unsterbliche Ho Hsien-Ku erschienen,
Die einmal Schuhe und Strümpfe auszog.
Aber ein Strumpf blieb hängen in einem Litschizweig.
Da nahm ich ihn mit. Er ist grün wie der Mantel des Dichtergottes.
Deine Haare sind Wolken, gekräuselt wie Wellen im südchinesischen Meer.
Ich will wie der Jadehase im Zimtbaum sitzen und Zimt zerstößeln,
Damit den Tee dir zu würzen, o Mondfee.
Ja, der Gott des Morgensternes sandte mir einen weißen Hasen,
Mich auf deine Fährte zu führen.
Der Alte des Mondes kam zu deiner und meiner Geburt
Und band uns an die Füße rote Fäden.
Darum sehn ich mich so nach dir. Und du?
O du mein Herz und meine Leber!
Anziehend wie die Hibiskusblüte bist du,
So sehn ich mich, seit ich dich als Wasserhibiskus sah.
Wunderschön ist dein Hibiskusgesicht!
O Himmel! O Himmel! O Himmel!
Durch das Höhlengemach wollt ich eintreten in eine schönere Welt.
Bitten will ich dich Königinmutter des Westens,
Die in einer Grotte lebt,
Um das Kraut der Unsterblichkeit.
Sie möge uns laden zum Festmahl hoch im Jadeturm.
Sie, zugleich ganz zartes Mädchen und ganz reife Matrone,
Brachte mir einen weißen Jadestein
Und einen Pfirsich des ewigen Lebens im Traum.
Ihr Palast jenseits des Frühlingsberges
Liegt im Garten des weiten Windes.
Ich träumte, ich sah dich mit einem Tigergürtel
Und einem Sonnenbaldachin stehen
Auf der Jaspisterrasse des Zauberpalastes.
Weiße Jade du, grüne Jade ich, roter Nephrit die Stadt im Himmel.
Deine weiße Jade soll mir als Plättchen auf die Zunge gelegt werden,
Wenn ich ins Grab gebettet werde,
Das Grab, das kühl ist wie deine jadekühle Haut,
Aber deine Jadegipfel sind warm. O du Jadefee!
Ich sah dich am Jadeteich der Königinmutter des Westens
Und will dich schauen im Jadepalast des himmlischen Jadekaisers!
Du bist mir die Pflaume, die im Winter blüht,
Meines Jugendliedes Pfingstrose,
Reiner weißer Lotos einst im Sommer der Sommer warest du mir,
Als Chrysanthemenblüte trink ich deine Reinheit
Mit dem warmen Wein im kalten Herbst,
Erwartend die Blüte der Pflaume im Schnee.
Du bist das Einhorn in den kaiserlichen Gärten.
O Bergteeblume Südchinas!
O goldblättrige Kastanie des östlichen Himalaya!
Treu will ich dich lieben wie eine Kiefer,
In der ein gelber Kranich sitzt,
Die Musik der Nadelbäume will ich dir singen
Und das Rauschen der Kiefern dir spielen.
Laß mich noch Einmal deine Kirschenlippen küssen!
Du bist der himmlische Kranich der Weisheit und Seligkeit,
Auf dem ich in den Himmel fliege!
Am 15. Tag des 8. Monats erscheint
Die Königinmutter des Westens mit einer Marone
Und leitet mich durch das Tor der Mondhalle in den Mondpalast,
Wo ich dich, du schöne Fee des Mondes, finden werde.
Da will ich küssen deine Melonensamen.
Ich will eintreten mit dir in das heilige Gebiet
Größter Freude und seligen Glückes.
Dort steht am Tor der alte Vater Peng-tsu
Im purpurfarbnen Kaisermantel
Mit einer Primel in der Hand,
Er führt uns zu den ewigen Bergen und der Pfirsichblütenquelle.
Am Tor zum Nephritpalast des Jadekaisers wacht
Der marmorne Löwe, der mit einer einzigen Perle spielt.
Wie Lotosblumen der Einheit werden wir gewandet sein,
Wie Eine Lotosblüte mit doppeltem Stengel........

DAS HOHE LIED DES REICHES DER MITTE

Das Liebeslied der chinesischen Poesie. Von Shi Tuo-Tang, dem Ersten Dichter der Tang-Dynastie.
Mit seinem Ölmaul soll er mich küssen! Seine Küsse sind berauschender als der heiße Reiswein!
Dein Moschus duftet stark! Dein Name ist wie Moschus! Darum lockst du die Blumenmädchen an.
Reiß mich an dich! Rasch! Der Himmelssohn führe mich in seine Duftgemächer! Wir wollen
jubeln: A-ya, A-ya! Deine Liebe ist des Ruhmes würdiger als die dreihundert Becher Reiswein, die
der Dichter zechte! Es gibt nur eine rechte Sitte und wahre Tugend: Dich zu lieben! Ich bin wie
schwarze Jade, ihr Blumenmädchen von Xian, ich bin wie eine schöne schwarze Jade! Ich bin wie
die Zelte der Mongolen und wie die Teppiche Ming-Huangs! Was schaut ihr die schwarze Jade an?
Ich bin ohne Sonnenschirm in der Sonne spazieren gegangen. Meiner Großmutter Enkelsöhne sind
böse auf mich. Ich soll ihre Gärten pflegen. Aber meinen eigenen Garten hab ich nicht gepflegt.
Geliebter, wo ruhst du am Mittag, wo spielst du mit Phönix und Drache? Was soll ich irren durch
die Gassen roten Staubes bei den andern Kerlen? Wenn du das nicht weißt, du Schönste der
Schönen, dann laß deine Nymphensittiche frei! Du bist der Lieblingsstute gleich vor dem Wagen
des Kaisers Shi-Huangdi, meine Geliebte! Wie schön ist die jadezarte Haut deines Angesichts mit
dem Ohrschmuck von Perlen. Wie schön ist dein elfenbeinweißer Hals mit der Schnur von Münzen.
Machen wir dir noch silberne Kettchen mit kleinen Zauberformeln dran. Wenn der Himmelssohn zu
Tische sitzt, dann duftet meine Orchidee. Mein Geliebter liegt mir wie ein Beutelchen mit
Zimtrinde zwischen meinen Brüsten. Eine Päonie ist mein Geliebter, eine Päonie auf dem Weg zu
den Reisfeldern. Schön bist du, eine wahre Schönheit, Prinzessin. Deine Augen sind wie Meteore.
Schön bist du, stark und kräftig, Geliebter. Unter dem rauschenden Bambus ist unser Bett. Pinien
und Kiefern sind die Wände unsres Duftgemaches. Ich bin eine Päonie in den Gefilden von Xian,
ich bin eine reine Lotosblüte im Teich. Eine Lotosblüte unter Nesseln ist meine Geliebte unter den
närrischen Weibern. Ein Pfirsichbaum unter Kiefern ist mein Geliebter unter den törichten Kerlen.
Ich will ruhen im Schatten des Pfirsichbaumes und seinen süßen Pfirsich mit meinem Gaumen
kosten. In das Weinhaus hat er mich geführt. Seine Fahne über mir ist die flatternde Liebe! Stärkt
mich mit Pflaumenkuchen, labt mich mit Litschi! Ich bin krank vor Liebe! Seine Linke liegt unter
meinem Kopf und mit seiner Rechten streichelt er mich. Bei den Einhörnern und den weißen
Elefantenkühen beschwöre ich euch, ihr Blumenmädchen in Xian, stört unsre Liebe nicht, bis wir
erwachen. Ah, der Geliebte kommt! Siehe, er kommt! Er springt über den Ostberg, er hüpft über die
Westhügel. Dem Einhorn gleicht mein Geliebter, der geflügelten Schlange! Draußen steht er! Durch
das Fensterloch spioniert er und lugt durch den Seidenvorhang meines Schlafgemaches. Der
Geliebte säuselt mit glatter Zunge: Steh auf, Geliebte, du Schönheit, und komm!
Vorbei ist der Winter und der Schnee geschmolzen. In den Gärten blühen die Pfingstrosen. Der Pirol
singt. Die Nymphensittiche zwitschern in den Bambuskäfigen. An den Pfirsichbäumen blüht die
Blust. Vor der Schenke wird Reiswein ausgeschenkt. Steh auf, Geliebte, Schönste der Schönen, und
komm! Meine Elster in der Pinie, mein Zaubervogelweibchen im Maulbeerbaum, komm, laß mich
dein jadegleiches Angesicht sehen und deine hauchende säuselnde Stimme! Fangt uns die
Geisterfüchsin, fangt uns die Geisterfüchsin, die meine Manneskraft aussaugen will! Der Geliebte
ist mein und ich bin sein, der in den Lotusblumen lagert. Wenn der Tag verweht und die Schatten
lang werden, dann komm, Geliebter, und sei wie ein Einhorn auf dem O-mi-Berg! Nachts unter
meinem Gazevorhang des Bettes im Schlafgemach, da suchte ich den Geliebten, aber das Lager war
leer. Ich will aufstehen und durch die Gassen des roten Staubes schweifen an den Häusern der
Blumenmädchen vorbei, ob ich ihn finde. Ich will schauen, ob er auf dem Platz des himmlischen
Friedens ist. Ich suchte ihn und fand ihn nicht. Mich fanden die Bonzen auf ihrer Runde durch
Peking. Habt ihr ihn gesehen, den meine arme demütige Seele liebt? Kaum war ich an den Bonzen
und ihren Mönchen vorbei, da fand ich den Geliebten. Ich umschlang ihn mit meinen jadeweißen
Armen. Ich brachte ihn in das Haus meiner Großmutter, die mich erzogen hat, in die Ohrenkammer
jener, die mir aus dem Buch der Lieder vorgelesen. Bei den Einhörnern und den Phönixen will ich
euch beschwören, ihr Blumenmädchen in der Welt des roten Staubes, stört mich und den Geliebten
nicht, bis wir unser Liebesspiel zuende gespielt – Sung-Dschou! Wer ist jene, die da aus der Wüste
kommt, wie Rauch von Weihrauchstäbchen aufsteigend, Weihrauchstäbchen von Zimt und Opium,
duftend wie die Gewürze der Apotheker? Siehe, da ist die Sänfte von Ming-Huang. Sechzig Bonzen
begleiten ihn. Alle tragen Dolche in den Seidenärmeln, gegen die fremden Teufel von Mitternacht.
Eine Sänfte ließ Kaiser Ming-Huang sich machen aus Tung-Ölbäumen vom Westgebirge, die
Pfosten aus Jade, die Lehnen aus Nephrit, der Sitz von Brokat, eingelegt mit Perlen. Kommt, ihr
Blumenmädchen von Peking und schaut, ihr Blumenmädchen von Xian, schaut den Kaiser Ming-
Huang mit dem Hochzeitskranz, den seine Kaiserinmutter aus Bambuszweigen geflochten für den
Tag der Hochzeit des Kaisers mit seiner Lieblingskonkubine, der Nacht seiner schönsten Freuden!
Eine himmlische Schönheit bist du, meine Geliebte, eine himmlische Schönheit bist du! Hinter
deiner Seide schimmern deine Augen wie Meteore. Dein Haar ist glatt wie Seide und schwarz wie
Lack. Deine Zähne sind wie Melonensamen. Deine Lippen sind wie eine Himbeere. Wie ein
Pfirsich ist deine Schläfe unter dem seidigen Haar. Wie ein Elfenbeinturm ist dein Hals, daran
hängen Gong neben Gong von Pagoden. Deine Brüste sind wie Jujuben-Datteln, zwei
Jujubendatteln, und deine Brustspitzen sind wie Jadekospen auf Jadegebirgen. Wenn der Tag
verweht, will ich zum Weihrauchhügel und zum Zimtberg. Alles an dir ist Schönheit, Geliebte, du
bist eine makelose Jade! Komm mit mir, meine Braut, komm von dem O-mi-Berg, komm mit mir
herab vom O-mi-Berg! Weg vom Ostberg, weg vom Westgebirge, weg von den Hügeln der Drachen
und Tiger! Verzaubert hast du mich mit der Magie deiner Blicke und dem Zauber deines Amuletts
am Halse. O wie hinreißend schön sind deine Liebeskünste, Geliebte, meine Braut! Deine
Liebeskünste berauschen mich mehr als dreihundert Becher Reiswein, dein Schweiß ist betörender
als die besten Öle und Essenzen.
Von deinen Lippen, Geliebte, fließt Pfirsichsaft, Pfirsichsaft und Reiswein sind unter deiner Zunge!
Die Düfte deiner Seide sind wie die Düfte einer Apotheke. Ein japanischer Garten ist meine
Geliebte, ein japanischer Garten in der verbotenen Stadt, ein verschlossener Brunnen. Ein
Lustgarten bist du! Pfirsichbäume mit köstlichen Pfirsichen sprossen in dir, Jujubendatteln,
Pflaumenbäume, Lotos, Orchideen, Päonien, Chrysanthemen, Bambus! Eine reine Quelle bist du,
eine reine Quelle, wie Wasser, die herabfließen vom Himalaya. Kommt, ihr Winde des Drachen und
des Phönix, blast in diesen Lustgarten, daß die Düfte, daß die betörenden Düfte mich berauschen!
Mein Geliebter komme in seinen Lustgarten und speise von den süßen Pfirsichen der
Unsterblichkeit! Ich komme in meinen Lustgarten, Enkelin meiner Großmutter, meine Geliebte,
meine Lieblingskonkubine! Ich esse meine Pfirsiche samt den Pflaumen, ich trinke meinen
Reiswein samt der Pflaumenmustunke! O ihr Poeten, ihr fröhlichen Zecher, kommt und berauscht
euch an den Liebeskünsten der Geliebten! Ich schlief, aber meine demütige Seele war wach. Da,
mein Geliebter pochte so laut wie mein Herz: Mach auf, Meh-Meh, mein Schwesterchen, meine
Geliebte, mein Zaubervogelweibchen, du makellose Jade-Jungfrau! Mein Kopf ist voll von Tau, aus
meinen schwarzen Haaren tropft der Tau der Nacht. Ich habe meine Seide schon ausgezogen und
mein durchsichtiges Gazehemdchen ganz abgelegt, soll ich mich wieder anziehen? Ich habe meine
kleinen niedlichen Lotossprossenfüße schon gebadet, soll ich sie wieder beflecken mit dem roten
Staub der Welt? Mein Geliebte führte die Hand durchs Loch, da bebte mein Leib vor Wollust. Ich
erhob mich, dem Geliebten aufzutun. Da troff das Schloß der Pforte von Gummi arabicum. Ich tat
ihm auf, dem Geliebten. Aber da war er entschwunden. Mir blieb der Atem stocken und zirkulierte
nicht mehr vom Scheitel zu den Fersen, denn er war fort! Ich suchte ihn, aber ich fand ihn nicht. Ich
rief ihn, aber er gab keine Antwort. Da fanden mich die Bonzen bei ihrem Gang durch die Nacht,
die Sittenwächter schlug mich und nahmen mir meinen leichten Seidenumhang, sie schlugen mich
mit der neunschwänzigen Peitsche, die Sittenwächter. Ich beschwöre euch, ihr Blumenmädchen,
wenn mein Geliebter bei euch liegt, so sagt ihm, daß seine Geliebte krank ist vor Liebesbegierde!
Was hat dein Geliebter denn vor anderen Kerlen voraus, du Schönste der Schönen? Worin übertrifft
dein Geliebter die anderen Kerle, daß du uns so beschwörst? Mein Geliebter ist weiß wie Jade und
rot wie Nephrit. Er ist der Hauptmann von Millionen Chinesen. Sein Haupt ist transparent wie Jade.
Seine glatten Haare sind schwarz wie Lack. Seine Augen sind Mandeln, in Tau gewaschen. Seine
Zähne sind wie eine Perlenschnur der Mönche. Seine Wangen duften wie Gewürze der Apotheker.
Seine Lippen sind süß wie Litschi, sie fließen über von Soyamilch. Seine Finger sind wie
Goldbarren und daran trägt er Ringe von Magiern. Sein Leib ist wie Elfenbein. Seine Schenkel sind
Säulen, um die sich geflügelte Schlangen ringeln. Seine Gestalt ist wie der Ostberg Tai-Shan,
erhaben wie Kiefern des langen Lebens. Sein Mund ist wie Reiswein, alles ist berauschend an ihm.
Zehntausendfaches Glück dem, der von ihm geliebt wird. Das ist mein Geliebter, ja das ist mein
Go-Go, mein Bruder, ihr Blumenmädchen von Peking! Wohin ist dein Geliebter gegangen, du
Schönste der Schönen? Wohin verschwand dein Geliebter? Wir wollen ihn in allen Betten suchen.
In seinen Lustgarten ging mein Geliebter, zu den Beeten mit den Heilkräutern weiser Einsiedler, um
im Lustgarten zu spazieren und Lotosblumen zu pflücken. Ich gehöre meinem Geliebten als seine
ergebenste Sklavin und mir gehört der Geliebte als mein ergebenster Sklave, er, der zwischen
Lotosblumen spazieren geht. Schön wie Peng-lai-shan bist du, herrlich wie die verbotene Stadt von
Peking, himmlisch wie das Sternbild der Weberin, meine Geliebte! Wende deine Zauberaugen von
mir, denn sie verzaubern mich. Dein Haar ist fein wie Seide, schwarz wie Lack. Deine Zähne sind
Melonensamen. Der Pfirsichwange gleich ich deine Wange. Sechzig Kaiserinnen hat Ming-Huang,
achtzig Konkubinen, Blumenmädchen ohne Zahl, aber Eine ist seine Geliebte, seine Auserwählte,
die Lieblingin ihrer Mutter! Sie ist das einzigartige Zaubervogelweibchen, die makellose Jade-
Jungfrau!
Erblicken die Blumenmädchen die Geliebte, dann sind sie eifersüchtig, sehen die Konkubinen und
Kaiserinnen sie, dann brennt die Galle in ihnen. Sie ist schön wie das Lächeln der Morgenröte, sie
ist strahlend wie die Sonne, sie ist inspirierend wie der Mond, den die Dichter besingen beim Wein.
Sie ist schimmernd wie der weiße Sternenstrom, sie ist liebevoll wie die himmlische Weberin. In
den Garten mit den Mandelbäumen stieg ich und zu dem Dattelbaum, nach den Datteln zu sehen.
Ich wollte sehen, ob die Pflaumenbäume und die Pfirsichbäume schon blühen. Dreh dich im Kreis,
Yang Gue-Fei, dreh dich im Kreis, damit wir dich betrachten können. Was wollt ihr denn sehen an
Yang Gue-Fei? Den Tanz von Phönix und Zaubervogel! Wie schön sind deine
Lotossprossenfüßchen, du Prinzessin! Deine Hüften sind wie ein Geschmeide eines
Schmiedemeisters. Dein Schoß ist der Becher, aus dem der Himmelssohn zecht! Deine Brüste sind
Jadeberge und deine Brustspitzen Jadekospen der Unsterblichkeit. Dein Hals ist ein Turm aus
Elfenbein mit manchem Gong daran. Deine Augen sind wie die Teiche der Mandarin-Entenpaare
von Szetschuan. Dein Haupt gleicht dem Westgebirge der Königinmutter Hsi-Wang-Mu, in deinen
Haaren wie in Seideschlangen liegt der Kaiser gefangen. Wie lüstern bist du und wie aufreizend, o
Geliebte, du Geliebte voll der Wollust! Wie eine Dattelpalme ist dein Leib, dein Schoß ist gespalten
wie eine Dattel. Ich will die Palme besteigen und die Dattel pflücken. Krüge mit Reiswein sind
deine Brüste, ich will mich satt trinken. Deine Küsse sind wie überfließender Reiswein, der den
Zecher betrunken macht, daß er im Schlafe spricht. Ich gehöre meinem Geliebten als seine
ergebenste Sklavin und mein Geliebter gehört mir als mein ergebenster Sklave. Mein Geliebter
begehrt keine andere Freundin als mich allein! Komm, mein Geliebter, wir spazieren unerkannt,
inkognito durchs Reich der Mitte und spazieren zu den Feldern der armen Bauern und schlafen in
den Dörfern unter Bambus. Früh wollen wir dann zu den Reisfeldern gehen, zu sehen, ob der Reis
für den Reiswein schon reift, ob die Pfirsichblüte blüht, ob die Pflaumenblüten blühen. Dort schenk
ich dir meine Ganzhingabe. Die Alraune der Magier schreien. Ach bist du nicht mein Brüderchen,
Go-Go, der mit mir auf den Knieen meiner Großmutter gesessen? Dann dürft ich dich in aller
Öffentlichkeit küssen und kein Sittenwächter würde zetern. Führen wollt ich dich und dich in die
Ohrenkammer meiner Großmutter bringen, die mich erzogen hat mit dem Buch der Lieder allein.
Dort gäbe ich dir Pflaumenmustunke und Pfirsichsaft. Seine Linke liegt unter meinem Köpfchen
und seine Rechte streichelt mich. Ich beschwöre euch, ihr Blumenmädchen von Peking, stört unsre
Liebesruhe nicht, bis wir von selber aufwachen. Wer ist sie, die aus der Mongolensteppe kommt,
Arm in Arm mit ihrem Geliebten? Unter dem Pfirsichbaum der Unsterblichkeit bist du aufgewacht,
erleuchtet unterm Feigenbaum der Religion, dort, wo deine Großmutter heimgegangen ist in das
himmlische Reich der Ahnen. Stärker als der Tod ist die himmlische Liebe! Eifersucht ist aber
heißer als die Hölle. Die Glut der Lust ist eine Glut des Himmels! Auch das Gelbe Meer und auch
der Yang-Tse-Kiang kann das Feuer der Liebeslust nicht löschen. Gäbe einer auch den Reichtum
des Kaisers von Indien für die Liebe, man würde ihn nur verspotten. Die du in den Lustgärten
wohnst, auf deine hauchende säuselnde Stimme lauschen die Poeten, die Zecher bei Nacht. Laß
mich dein Liebessäuseln hören. Rasch, rasch, mein Geliebter, tanze wie der Phönix mit dem
Zaubervogelweibchen und fahre in den Himmel wie der Gelbe Kranich!

DER BAUM DER EKSTASE

SALOMO UND SULAMITH

Salomo und Sulamith saßen sich gegenüber. Über ihre Scheitel floß ein Licht und zwischen ihren
Augen brannte eine Sonne, ihr Hals erschimmerte bernsteinfarben. Auf dem Schoße Sulamiths
loderte eine rosenfarbene Flamme wie ein Stern. Auf ihren Füßen blühten goldene Blumen. Auf
Salomos Schoße loderte eine lilienfarbene Flamme wie ein Strahl. An seinen Füßen schimmerten
Ledersandalen von Schlangenhaut. Salomo bete Jah an, den Herrn. Und Sulamith rief zur Ischa
Chochmah, der Königin. Die Kraft von Jah drang in Salomo und die schöne Liebe der Chochmah
strömte in Sulamith ein. Salomo wurde stark und feurig, voller Verlangen, Sulamith zu haschen und
zu fangen und zu umfangen. Sulamith ward scheu und weich und süß, doch voll schelmischer Lust.
Salomo und Sulamith schenkten einander den Süßwein in die Kelche. Salomo sah Sulamith an, wie
Jah die Lieblingin Chochmah ewig anschaut. Sulamith schaute Salomo an, wie Chochmah die Kraft
von Jah bestaunt in Ewigkeit. Salomo tauchte seinen Finger in ein Gefäß mit Honig und zeichnete
Blumenmuster auf die festen jugendlichen Brüste Sulamiths. Er tropfte Honig auf ihre lieblichen
Lippen und Honig in ihren Nabel, er bestrich ihre schön gebogenen Schenkel mit dem tropfenden
Seim der Wabe und beträufelte auch die hennagefärbten Zehen der Füße mit dem Nektar der Biene.
Sulamith sprach sehr freundlich zu Salomo und malte mit dem Honig labyrinthische Linien auf den
Körper Salomos, auf die Lenden und Kniee und versüßte auch noch sein königliches Zepter, das zu
der Krone gehörte. Salomo begehrte den Honig und die Milch unter der Zunge Sulamiths. Er wollte
gewinnen die ganze Liebe Sulamiths. Dazu ist heilige Reinheit vonnöten. Salomo war geladen wie
ein elektrischer Blitz, bereit sich zu entladen über der schwülen Erde. Sulamith fühlte sich irdisch.
Aber sie liebte den feurigen Salomo. Er aber sah in ihr nicht die irdische Frau, vielmehr den
mystischen Becher der Freude, den Kelch der Ganzhingabe, den er mit dem Weine des Heiles füllen
wollte. Das Lager duftete nach grünen Kräutern. In dem irdenen Becher glühte der feurige Wein.
Salomo und Sulamith breiteten ihre Arme zur ewigen Anbetung aus. Sie weihten ihre Liebe der
Quelle aller Schöpfung, der ewigen Liebe in Jah, dem Ewigen! Und Salomo und Sulamith
erkannten einander in der Liebe Gottes .Salomo flog auf dem Sturm wie ein Adler, Sulamith ritt auf
den Flügeln des Windes. In einer Vision erschienen vor ihren geistigen Augen Adam und Eva nackt
im Paradies. Salomo und Sulamith opferten alle Glut der Liebe und alle Kraft der Ganhingabe der
schöpferischen Kraft, die das Universum geschaffen. Die göttliche Kraft, so beteten sie zusammen,
möge die dargebrachte Liebe und Ganzhingabe zum Heil der Welt verwenden.
Und Salomo und Sulamith ruhten aus in dem Frieden des göttlichen Hauches, der ewigen Ruach,
wie im Schoß der ewigen Shabbath. Der Garten duftete und der Wein und Honig schmeckte
köstlich. Erfrischend war ein kühler Windhauch auf dem Salz des Körpers. Das Blut rauschte leise
eine ewige Anbetung Gottes: Jah-Chochmah, Jah-Chochmah, Jah-Chochmah! Salomo und Sulamith
speisten Feigen und Datteln, tranken Wein und brachen vom Brot. Sie ruhten in einem ewigen
Atem, der Ja und Amen hieß.

SALOMO UND DIE KÖNIGIN VON SABA IM LIBANONWALDE

Die Königin von Saba war vorausgegangen, um die Lichtung im Libanonwalde der Liebe zu
weihen. Der Mond erschimmerte über der Lichtung. Den Kreis der Lichtung bedeckte sie mit einem
reinen weißen Leinentuch. Auf einen kleinen Steinaltar stellte sie einen Krug mit Wein, Schalen mit
Feigen und Rosinenkuchen, Schalen mit gerösteten Körnern und Schalen mit Kräutern und
Gewürzen und ein Flakon mit duftendem Öl. Gegenüber dem Altar stand ein bronzener Kessel. Aus
dem Kessel stieg Weihrauch von Onyx, Galbanum und Stakte auf. An den Zedern des Libanon
hingen Leuchter. Sie streute etwas Salz auf die Erde und weihte die Lichtung dem Heiligen, Gott,
dem Herrn. Die Königin von Saba sprach: Mit Schweiß und Tränen reinige ich die Lichtung von
allem Bösen, Lügenhaften und Häßlichen und heilige diesen Ort zum Heiligtume für das Sakrament
der Liebe. Sie trug einen Schale mit Gerstekörnern im Kreis und sprach: Mit der Gabe der Erde
begrüß ich die Heiligen, mögen sie unsere Liebe gütig und gnädig betrachten. Dann trug sie
Räucherstäbe über die Lichtung und sprach: Das Feuer vom himmlischen Altare Ariel reinige
diesen Ort. Das Feuer meines Herzens brenne an diesem Ort. Mit dem Weihrauch ruf ich die
Weltseele und die Engel, damit sie unsere Träume segnen. Sie streute Kräuter und Gewürze auf die
Erde. Sie sprach: O schöpferische Ruach, meine Mutter, o Chochmah, meine Schwester, heiligt
meinen Leib und mein Herz, meine Seele und meinen Geist. Führt den König in den Wald des
Libanon, damit wir uns lieben, wie es die Vorsehung Gottes vorgesehen. Wenn wir in Liebe ein
Herz und eine Seele geworden sind, möge der Segen Gottes sich auf uns und alle Lebewesen um
uns niedersenken. Mache mich, Frau Weisheit, zu deinem Gleichnis und Sakrament. Laß alle
Schöpfung jubeln, wenn der mit blutigem Wein gefüllte Silberkelch gehoben wird und sich
darbringt! Die Königin von Saba stand vor dem bronzenen Kessel, hob die Arme zum Himmel und
betete: Heilige Weisheit, sende mir deinen Geweihten, den König, daß er Herr des Libanonwaldes
und Bräutigam der Königin des Südens werde. Hier bei der Zeder und beim Dornbusch, hier bei den
roten Beeren und den weißen Blüten erwarte ich den Bräutigam. Ich beschwöre dich, Geliebter, bei
den sanften Rehen und den edlen Hirschen, ich beschwöre dich bei der reinen Taube und dem
Falken des Himmels! Bei meiner rosigen Lippe, bei meinen schwarzen Augen, bei meinen festen
Brüsten und meinen gebogenen Schenkeln beschwör ich dich: Komm, komm bald, mein Herr! Vom
Berg des Libanon und vom Wald des Libanon, aus dem Libanonwaldhaus ruf ich dich auf diese
Lichtung zur Liebesvereinigung mit der Königin des Südens! Rede, mein Herr, denn deine Geliebte
hört.
Und Salomo blies dreimal in sein Schofar-Horn und sprach: Gegrüßet seiest du, o Königin des
Südens! Dein Ruf erreichte mich auf nächtlichem Pfad. Ich jagte den Hirsch, doch ließ ich ab von
ihm, um zu dir zu eilen. Und sie sprach: Komm, mein Jäger und sage mir, wie schön ich bin und
daß du mich mehr liebst als das Licht. Ich bin die Frau. Wenn du dich mit mir in Liebe vereinigst,
wirst du vereinigt mit dem Ewigweiblichen werden. Im Ewigweiblichen wirst du neugeboren. Und
er sprach: Welcher Schlüssel eröffnet die Himmelspforte? Und sie sprach: Wirf auf die Erde einen
Silberschekel. Wenn der Silberschekel auf die Erde fällt, auchzt die Seele aus dem Feuer gen
Himmel. Wirb um mein süßes Lächeln! Salomo trat auf die Lichtung. Da sprach die Königin von
Saba: Beantworte meine Rätselfragen, denn ich will sehen, ob du wirklich weise bist. Siehe, ich bin
jung wie ein neugeborenes Lamm und alt wie der letzte Atemzug eines Greises. Mein Haupt und
meine Füße sind kalt, aber in meinem Herzen brennt das Feuer. Mein Schoß ist ein Kelch, der
nimmer leer ist, aber kein Mann kann mich in seinen Armen halten. Wer bin ich? Und Salomo
sprach: Du bist die Erde, Adama, unsere Mutter. Und die Königin von Saba sprach: Ich berühre die
Erde, aber nie hab ich den Fuß auf die Erde gesetzt. Ich wandle auf dem Meer, aber nimmer werden
meine Füße naß. Ich habe vierzehn Töchter, aber keinen Vater und keine Mutter. Wer bin ich? Und
Salomo sprach: Du bist die Mondin. Die Königin von Saba sprach: Wir sind zusammen geboren,
aber wir berühren uns nie. Wir sehen gleich aus und müssen doch verschieden bleiben. Wir trennen
uns nie, wir sprechen uns nie und müssen zusammen sterben. Wer bin ich? Und Salomo sprach: Du
bist dein eigenes Spiegelbild. Nun darf ich dich lieben? Sie sprach: Komm näher, Geliebter, und
rufe mit mir die ewige Weisheit an, denn sie ist die Lieblingin Gottes. Niemals dürfen sich Mann
und Frau vereinigen, außer als Sakrament der göttlichen Liebe. Salomo und die Königin von Saba
faßten sich an den Händen und verneigten sich dreimal vor dem Himmel: O Sophia, Mutter und
Königin, Licht in der Finsternis, fülle uns mit der Liebe und mit der Erkenntnis und mit der
göttlichen Lust der Vereinigung von Braut und Bräutigam! Und Salomo sprach zu Bilkis: Durch das
Licht in deinen Augen schaue ich die verborgene Welt des heiligen Geistes. Führe mich zwischen
Elfenbeintürmen mit Kuppeln von Sternen, öffne mir die heilige Pforte in die Welt der Träume,
Visionen und Ideen! Bilkis sprach zu Salomo: Komm, Geliebter, ich will dich salben mit dem
heiligen Salböl. Bilkis nahm Salomo den Mantel von den Schultern und zog ihm seinen purpurnen
Rock aus und salbte seine Glieder. Bilkis sprach: Sei gesalbt mit der Salbung, das ist die Weihe der
Ruach ha-kadosch. Und Salomo nahm Bilkis den Mantel und den Schleier und salbte ihr Haupt und
Brust, die Lenden und die Füße. Er sprach: Sei auch du die Gesalbte der Ruach ha-kadosch. Du bist
meine Inspiration. Du bist die Kirche des Heiligen Geistes. Und Salomo sprach: Erlaubst du mir,
den efeuumwundenen Keuschheitsgürtel um deine Lenden zu öffnen? Und sie gewährte es ihm. Mit
einem scharfen Messer zerteilte er die Zona Virginalis aus berauschendem Efeu. Da hob er sein
Messer gen Himmel und rief: Heil dir, Sophia, göttliche Jungfrau! Der Schlüssel zur Pforte in das
Reich der Liebe sei dir geweiht! Und Salomo und die Königin von Saba legten sich nieder auf das
weiße Leinen und deckten sich zu mit ihren grünen und purpurnen Mänteln. Da seufzte Bilkis:
Mein Bräutigam, siehe, der Pfad zum Herzen und die Pforte des Traums liegt offen vor dir. Die
Perlenpforte ist offen und das Paradies erwartet dich. Das Geheimnis der heiligen Hochzeit in der
Aue des Paradieses kann nur die ewige Frau dem Mann offenbaren, denn der Leib der Frau ist das
Paradies des Mannes. Und die Königin von Saba tat sich auf und empfing den König von Salem. Da
jauchzte Salomo: Wahrlich, ich wandle durch die Pforte in die Grotte der Sterne! Bilkis sah am
Himmel den Mond wie eine Lotosblüte, Salomo sah durch den Himmel zücken einen stillen Blitz.
Die Lotosblume des Mondes und der stumme Strahl des Blitzes erleuchteten hell den nächtlichen
Himmel. Im Licht des Himmels weihten der Bräutigam und die Braut ihre heilige Lust der Ewigen
Weisheit, die Weihe der menschlichen Liebe zum Heil der Welt zu verwenden. Sie leerten den Wein
in einem gemeinsamen Kelch, sie zogen ihre Röcke und Mäntel an und verließen schweigend vor
Seligkeit wie die Engel den Wald des Libanon. Die Königin von Saba sprach: O Salomo, regiere in
Jerusalem als der Fürst des Friedens und Ebenbild von Jah, dem Gott der schenkenden Liebe!

DIE HOCHZEIT SALOMOS UND DER TOCHTER DES PHARAO

Alle versammelten sich im Tempel vor dem Altar. Der Hohepriester stand im Osten und die
Prophetin im Westen. Sie waren Greise. Salomo und die Tochter des Pharao standen, er im Norden
und sie im Süden. Alle verneigten sich in Richtung des Allerheiligsten. Und der Hohepriester
sprach: In diesem Tempel wohnt Schalom, in diesem Tempel lebt die Liebe. Wir heißen die
Erzengel und die Schutzengel hochwillkommen, diese Hochzeit mit uns zu feiern. Der Hohepriester
betrachtete still das Tau-Kreuz und berührte die Reliquien des Altares. Er sprach: Die Hochzeit im
Tempel beginnt. Wir feiern die Hochzeit unter dem Segen der Gnade Gottes. König Salomo, du,
und du, o Königstochter, Tochter des Pharao, kommt, damit ihr geheiligt werdet, wie es alter Brauch
ist, wenn Priesterkönige sich vermählen. Und Salomo und die Tochter des Pharao knieten vor dem
Hohenpriester. Der salbte ihnen die Hände mit dem heiligen Salböl. Er sprach: Hebt eure Häupter,
das ich eure Stirnen mit dem heiligen Tau-Kreuz der Seraphim und Cherubim besiegeln kann. Der
Hohepriester zeichnete mit dem Salböl das heilige Kreuz des Tau auf die Stirne Salomos und die
Stirn der Tochter des Pharao. Dann sprach der Hohepriester: O Tochter des Pharao, du bist nach
dem Bilde der Weisheit gebildet. Du bist erfüllt vom Geist der Weisheit. Sei barmherzig und sei wie
eine Mutter zu allen Menschenkindern. Siehe deine Hilfe in deinem Bräutigam und werde ein
Fleisch mit deinem Geliebten. Sieh in ihm dein inneres Selbst und juble über deinen Geliebten. O
König Salomo, du bist geschaffen als Ebenbild von Jah. Übe Treue und Gerechtigkeit. Halte die
Gebote Gottes und sei barmherzig mit den Armen, Schwachen und Kleinen. Gebrauche das Schwert
des Wortes und den Hirtenstab des guten Hirten. Durch diese Frau wird dein Leben vollkommen.
Sieh in ihr dein eigenes weibliches Selbst und juble über die Geliebte. Und Salomo und die Tochter
des Pharao fassten sich bei den Händen und küssten sich. Und die Prophetin hob den heiligen Kelch
des Bundes und betete: Komm, Frau Weisheit, Jungfrau im Sternenmantel, Mutter mit dem
schöpferischen Schoße, Schwester mit den heilenden Händen. Schau nicht auf unsere Sünden,
sondern schau auf diesen heiligen Kelch des Bundes. Du erfüllst die Menschen mit geistlicher
Gnade und vergöttlichst die Menschen zu Göttern. In dem heiligen Kelch des Bundes begegnen wir
deiner Seele und deinem Blut. Wer deine Gottheit trinkt wie Blut, der wird die Weisheit und Gnade
empfangen. Hier wirst du in ihm gezeugt und geboren. Von hier wird er ausgesandt in die Welt und
hierher darf er zurückkehren als wie zur Ruhe in deinen Armen, um dich anzubeten und dir sein
Leben zu weihen. Chochmah, Mutter, Schwester und Braut des Königs Salomo, Mutter, Schwester
und Göttin der Tochter des Pharao, Chochmah, fülle den heiligen Kelch des Bundes mit deiner
Gottheit und deiner Allseele und mit deinem mystischen Blut, damit, die daraus trinken, eingehen in
die Offenbarung der Herrlichkeit Gottes! Und die Prophetin rief den König Salomo und die Tochter
des Pharao und führte sie zum Altar. Die Prophetin sprach: Dies ist der Kelch des Heils, gefüllt mit
dem kosmischen Leiden der Weisheit, der ewigen Mutter. Vor diesem Kelche werdet ihr geloben,
den andern zu lieben, zu ehren und einander treu zu sein für alle Tage eures Lebens. Der Bund der
Ehe Gottes ist unauflöslich. Indem ihr von diesem Kelche trinkt, empfangt ihr die Gnade des Herrn
und seiner Herrlichkeit. Schaut den Kelch der Hingabe an als eure Mutter und den blutigen Wein als
euren Freund und Vater. Trinkt das Blut der Traube und seid gesegnet! In euch sind Adam und Eva
wiedergekehrt auf die Erde und die Erde ist der Garten Eden.
DAS HOHE LIED INANNAS

INANNA:

Noch gestern Herrin ich, und mir verging die Zeit,


Inanna ich, die Frau, und mir verging die Zeit,
Da war ich hoch erfreut, den schönen Tanz zu tanzen,
Mich freute sehr die Nacht mit ihrem großen Ganzen,
Ich freute mich am Lied, am liebenden Gesang,
Da mir das Liebeslied, die Hochzeitshymne klang.
Es traf mich ja der Herr, mein Freund hat mich getroffen,
Er gab mir seine Hand, es stand sein Herz mir offen.
Und Ucumgala hat von Herzen mich umarmt
Und über all mein Weh der Liebe sich erbarmt.
Komm, Stier, und mach mich frei, ich muss nach Hause gehen,
Komm, Freund, befreie mich, ich muss nach Hause gehen.
Ich arme Närrin bin doch meiner Mutter Kind,
Der Mutter Närrin ich, wie andre Narren sind.

DUMUZI:

Ich sag dir alles, Frau, ich will dich alles lehren,
Ich zeige dir, wie sehr die Männer Fraun verehren.
Die Freundin hat mich auf den offnen Markt geführt,
Zur Zymbel haben wir die Tänze aufgeführt,
Sie sang ihr Lied für mich, ich hört es mit den Ohren,
Es war so süß das Lied, ich hab die Zeit verloren.
Die Mutter weißt du wohl zu täuschen, wo sie wohnt,
Wir aber geben hin die Leidenschaft dem Mond.
Ich löse dir dein Haar in diesem breiten Bette,
Erfüll dich mit Genuss an dieser süßen Stätte,
Ach, Sagadidda war, der Mädchen schönste Zier,
Zusammen auf dem Pfad die ganze Zeit mit dir.

INANNA:

Er wollt zur Mutter Tor am lichten Tage kommen,


Ich bin so aufgeregt, bin in der Luft geschwommen,
Er hat entschieden sich, er kam zu Ningals Tor,
Ich bin so aufgeregt, den Atem ich verlor.
Ich wünschte, jemand wollt der Mutter etwas sagen,
Mit Duft erfüllte sie das Haus an lichten Tagen.
Ich wollt, das jemand was in Mutters Ohren ruft,
Das Haus erfüllte sie mit süßen Weihrauchs Duft.
Es duftete das Haus, man möchte Düfte zechen,
Ermunternd wusste sie, dem Freier zuzusprechen.

NINGAL:

Herr, du bist in der Tat wert der Umarmung Thron,


Des heiligen Vereins, du Gottes Schwiegersohn!
Dumuzi, du bist wert der heiligen Umarmung,
Du Gottes Schwiegersohn, wert herzlicher Erbarmung.
Mein Herr, dein Opfer ist erhört im Paradies,
Und Blume ist und Kraut aus deinem Garten süß.
Dein Opfer ist erhört im Liebes-Heiligtume,
Aus deinem heilgen Hain das Kraut, die rote Blume.

INANNA:

Als der Geliebte mich getroffen hat allein,


War froh er, mich zu sehn bei dem Zusammensein.
Der Bruder brachte mich zu seines Hauses Stätte,
Er ließ mich liegen weich im süßen Honigbette.
Mein Liebster lag mir an dem Herzen voll Genuss,
Da wir vereinigten uns mit dem Zungenkuss,
Mein Bruder machte da das Antlitz schön in Fülle,
Er stand ganz plötzlich still in Harmonie der Stille,
Vorm Erdenbeben er das Schweigen in dem Land,
Auf meiner Hüfte Rund er legte seine Hand,
Die ganze Köstlichkeit der Süßigkeit der Triebe
Ließ ich geschehen in Vereinigung in Liebe.

DUMUZI:

O Schwester, mach mich frei, befreie deinen Gast,


Geliebte Schwester, komm mit mir in den Palast,
Mein Vater wird dich dann mit deinen sieben Seelen
Als Tochter voller Huld und Gnade auserwählen.

DICHTER:

Der Bruder liebevoll zur jungen Schwester, ach,


Der Gott der Sonne zu der Frau Inanna sprach.

UTU:

O junge Herrscherin, wie schön der Flachs im Lenzen,


Inanna, wie das Korn tut in der Furche glänzen!
Ich hacke Land für dich, ich bringe dir das Korn,
Und Leinen schenk ich dir, du großer Wonneborn.
Denn Leinen, groß und klein, ist gut vor allen Dingen,
O junge Herrscherin, ich will es zu dir bringen.

INANNA:

Nachdem du mir den Flachs gebracht hast gnädiglich,


O Bruder Sonnengott, wer kämmt den Flachs für mich?

UTU:

Ich bringe ihn zu dir gekämmt, o Schwester-Herrin.


INANNA:

Bringst du den Flachs gekämmt zu der geliebten Närrin,


Wer spinnt mir dann den Flachs, wer tut so Liebes mir?

UTU:

Gesponnen bringe ich, Inanna, ihn zu dir.

INANNA:

Wenn man den Flachs gebracht zu mir in Sommernächten,


Gesponnen und gekämmt, wer wird ihn für mich flechten?

UTU:

Geflochten bring ich ihn zur Schwester als ihr Gast.

INANNA:

Nachdem geflochten du zu mir gebracht ihn hast,


Mein Bruder Sonnengott, wer wird ihn für mich weben?

UTU:

Gewoben bring ich ihn zu dir, o du mein Leben.

INANNA:

Gewoben bringst du ihn der Schwester gnädiglich,


Wer aber, Bruder Gott, wird bleichen ihn für mich?

UTU:

Gebleicht ich werde ihn der Schwester Göttin bringen.

INANNA:

Mein Gott, ich frage mich, mein Gott vor allen Dingen,
Wenn du das Brautkleid so zur Liebsten hast gebracht,
Wer geht mit mir ins Bett zum Liebesspiel der Nacht?

UTU:

Der Gatte geht mit dir ins Bette auserkoren,


Dumuzi, der er ward von reinem Schoß geboren,
Er ward am Ehe-Thron einst konzipiert, so nett,
Der gute Hirte er, er geht mit dir ins Bett!

INANNA:
O Bruder, der solls sein, der Ackermann, der Bauer!
Er, meines Herzens Mann, stillt meine Liebestrauer!
Er sammelt ja das Korn, die Spreu nur treibt er aus,
Das Korn doch sammelt er in meinem Lagerhaus.

UTU:

O Schwester Göttin, nimm zum Mann den guten Hirten!


Bist du bereit? Du sollst den Liebsten gut bewirten.
Wie gut ist seine Milch, die Sahne ist wie gut,
Was immer er berührt, das strahlt von Liebesglut!
Inanna, nimm zum Mann Dumuzi! Lust ist furchtbar!
Mit Perlenketten schmück die Brust, das macht dich fruchtbar!
Was bist du nicht bereit? Erwarte ihn daheim.
Die Sahne gibt er gern und seinen Honigseim.
Er soll der Könige Beschützer sein, der Hirte.
Was bist du nicht bereit? Auf, und den Freund bewirte!

INANNA:

Den Hirten? Nein, ich will nicht sein des Hirten Frau.
Denn sein Gewand ist grob und seine Wolle rau.
Den Bauern nehm ich mir, dem will ich mich vereinen.
Flachs lässt er wachsen mir und bringt mir feine Leinen.
Der Bauer bringt mir Frucht, er bringt mir Früchte frisch,
Das Korn lässt wachsen er, bringt Brot mir auf den Tisch.

DUMUZI:

Was willst du sagen denn von diesem dummen Bauern?


Was denkst du über ihn? Mich aber lässt du trauern?
Und gibt er Mehl dir auch und Früchte überdies,
Ich gebe Wolle dir, geb dir des Lammes Vlies.
Wenn er dir Weißmehl gibt, ich geb dir weiße Wolle.
Gibt er dir Bier, ich geb das Fass mit Milch, das volle.
Ich geb dir Honig, geb dir Käse, gibt er Brot,
Ich gebe ihm noch ab, wenn er in tiefer Not,
Ich geb ihm meine Milch und geb ihm meine Sahne.
Er hat nicht mehr als ich. Hör, wie ich dich ermahne.

INANNA:

Wenn meine Mutter nicht dir gnädig wär voll Huld,


Du wärst vertrieben schon. Doch hast du keine Schuld,
Großmutter voller Huld ist gnädig dir auf Erden,
Sonst würdest du vom Berg herab geworfen werden.
Und wenn mein Vater nicht dich herzlich liebte, ach,
Mein Vater Nanna, nun, so hättest du kein Dach.
Und wenn mein Bruder nicht, der Gott, der Sohn des Nanna,
Dich liebte, hättest du nicht Zutritt bei Inanna.

DUMUZI:
Inanna, bitte, du beginne keinen Streit!
Mein Vater ist so gut wie deiner in der Zeit.
Mein Vater Enki reich ist wie dein Vater Nanna,
Und meine Schwester ist so schön wie du, Inanna,
Wie deine Mutter ist auch meine Mutter gut
Und wie dein Bruder bin auch ich voll heißer Glut.
O junge Königin des herrlichen Palastes,
Die Worte höre des verliebten Seelengastes.

DICHTER:

Das Wort, das eben süß kam aus dem Munde ihr,
Das war ein Wort der Lust, verzehrender Begier,
Vom Ausgangspunkt des Streits und nach des Streites Flammen
Die beiden kamen doch in Liebe noch zusammen.
Der Hirte ging ins Haus mit Sahne, war im Heim,
Er kam in den Palast mit Milch und Honigseim.
Und als er stand vorm Haus, da rief er laut die Worte:

DUMUZI:

O junge Herrscherin, tu auf mir deine Pforte!

DICHTER:

Inanna lief sogleich und ihre Mutter frug,


Die Mutter Ningal, die sie einst im Schoße trug,
Die Mutter frug das Kind um Rat mit leisem Worte,
Da sprach die Mutter an dem königlichen Orte:

NINGAL:

Mein Kind, der junge Mann, der wird dein Vater sein,
Und du wirst sein für ihn sein liebes Mütterlein.
Er wird dein Vater sein und wird dich gut behandeln,
Du wirst ihm Mutter sein und liebend mit ihm wandeln.
Und darum, Königin, nun öffne den Palast
Und lass ihn ein zu dir, lass ein den Seelengast.

DICHTER:

Inanna, auf das Wort hin, den Befehl der Mutter,


Gebadet und gesalbt, aß Honigseim und Butter,
Den Körper hüllte sie mit weißlichem Gewand.
Die Morgengabe sie bereits hielt in der Hand,
Die Perlenkette schön sie legte an den Busen
Und las die Poesie der tiefgeschoßten Musen.
Dumuzi wartete bereits und war gespannt,
Inanna öffnete die Tür mit ihrer Hand.
Im inneren Palast hat sie für ihn geleuchtet,
So wie des Mondes Licht die dunkle Nacht befeuchtet.
Dumuzi sah sie froh, der er sie lang vermisst,
Und Brust an Brüste er Inanna hat geküsst.

INANNA:

Was ich dir sage, lass die Sängerin dir singen.


Was ich dir sage, lass es in das Ohr dir dringen.
Von alt zu jung mein Wort vernimm und mein Gebot:
Denn meine Vulva ist des Himmelreiches Boot,
Ist voller Eifer wie der junge Mond und wacker,
Und brach liegt lange schon mein unbesamter Acker.
Was mich betrifft, ich hab es nicht, was mir genügt,
Ich frage meinen Gott, wer meine Vulva pflügt?
Das unbesamte Land, wer wird den Acker pflügen?
Was mich betrifft, die Frau, die lange schon geschwiegen,
Wer pflügt den Acker mir, wer pflügt die Vulva mir,
Wer durch die Furche zieht den Pflug mit seinem Stier?

DUMUZI:

O höchste Herrscherin, der Herr pflügt deine Vulva!


Dumuzi ich, der Herr, will pflügen deine Vulva!

INANNA:

Die Vulva pflüge mir, mein Liebster schön und groß,


Die Vulva pflüge mir, besame meinen Schoß!

DICHTER:

Auf königlichem Schoß hochragend liegt die Zeder,


Und Ranken wachsen hoch an jeder Seite, jeder,
Die Ähren wachsen hoch, Korn golden wächst im Feld,
Der Garten üppig blüht, der Baum steht wie ein Held.

INANNA:

Er fruchtbar hat gekeimt, er hat gewuchert lange,


Er hat Salat gepflanzt am Lauf der Wasserschlange.
Er ists, der meinen Leib am allermeisten liebt!
Er liebt den Garten in der Ebene betrübt,
Und meine Gerste in den Furchen voller Züchte,
Und meinen Apfelbaum, den Wipfel voller Früchte,
Er hat Salat gepflanzt am Wasser nahe dran,
Mein Honigmann versüßt mich stets, mein Honigmann,
Er ist mein lieber Herr, der Honigmann der Götter,
Der meinen Körper liebt, den Leib, bei jedem Wetter,
Aus Honig seine Hand, aus Honig ist sein Fuß,
Er macht mein Leben süß mit seinem süßen Gruß,
Die ungestüme Lust, die Zärtlichkeit am Nabel,
Der Schenkel Zärtlichkeit ist keine Ammenfabel,
Er ists, der meinen Leib am allermeisten liebt,
Er hat Salat gepflanzt am Wasserlauf betrübt.

DUMUZI:

Oh deine Brüste sind wie prächtige Jampusen


Und wie Granaten ist dein wundervoller Busen!
Die grünen Pflanzen trägt dein weites Ackerfeld,
Getreide trägt dein Feld, du Fruchtbarkeit der Welt.
Das Wasser fließt herab, das Wasser ist dein Sklave,
Das Brot vom Himmel kommt, die Speise ist dein Sklave,
Begieße alles mir, Inanna, voller Lust,
Ich trinke alles, was mir bietet deine Brust!

INANNA:

Mach deine Milch nur süß und dick, geliebter Gatte,


Ich trinke deine Milch, vom Seim ich bin die Satte,
Dumuzi, wilder Stier, die Milch mach süß und dick,
Ich trinke deine Milch, das Trinken ist mein Glück,
Die Ziegenmilch lass du in meinen Schafstall fließen,
Den Ziegenkäse und den Seim will ich genießen,
Mein Herr Dumuzi, dein Gebratnes esse ich,
Den Schafstall treu bewache ich für dich,
Bewach das Lebenshaus, das voller Überflüsse,
Bewach den lichten Ort, Chaldäa der Genüsse,
Und den Entscheidungsort, wo Schicksal man beschließt,
Den Schicksalsort, von wo des Lebens Odem fließt,
Das Haus, das uns verleiht den Lebenshauch, den sachten,
Ich Königin, ich will auf diese Häuser achten.

DUMUZI:

Ich möchte gern mit dir in meinen Garten gehn,


O Frau, ich will mit dir in meinen Garten gehn.
Ich will mit dir in den geliebten Apfelgarten,
Ich will beim Apfelbaum auf meine Schwester warten,
Dass ich dort Bäume pflanz, ins Erdreich eingesteckt,
Die Apfelblüten sind mit Nektarstaub bedeckt.

INANNA:

Er brachte mich in den geliebten Apfelgarten,


Dumuzi brachte mich in seinen Apfelgarten,
Ich schlenderte mit ihm beim grünen Apfelbaum,
Ich stand mit ihm auch beim gestürzten Apfelbaum,
Vorm Baum hab ich gekniet, so wie es sich gehörte,
Mein Bruder sang ein Lied, wie ich es gerne hörte,
Dann in der Pappel er hoch in dem Wipfel sitzt,
Er kam zur Mittagszeit, von Sonnenglut erhitzt.
Und wird mein lieber Herr Dumuzi zu mir kommen,
Begieß die Pflanzen ich aus meinem Schoß, dem frommen,
Ich lege Pflanzen an und werde Pflanzen ziehn,
Die Pflanzen ich begieß, begieße sie für ihn,
Und ich begoss das Korn, das goldene Getreide,
Ich schüttete das Korn aus meines Schoßes Scheide.
Und letzte Nacht, als ich, die Herrin, hell erstrahlt,
Als ich, die Königin des Himmels, hell erstrahlt,
Als ich aufstrahlend schien und tanzte meine Tänze,
Sang ich mein Lob der Nacht, der warmen Nacht im Lenze,
Da sang ich Lob der Nacht, den Träumen und dem Schlaf,
Als mein geliebter Herr mich in dem Garten traf.
Mein Herr Dumuzi schob die Hand in meine Hände,
Er drückte seinen Leib an meine warme Lende.
Der Priester ist bereit für Lende und für Schoß!
Dumuzi ist bereit für Lende und für Schoß!
Die Pflanzen und das Kraut sind grün und fruchtbar heute,
O deine Fülle ist des Lebens meine Freude!

DICHTER:

Sie rief ihn Freund, er traf sie in dem Bette heut,


Sie rief ihn in das Bett, dass er ihr Herz erfreut,
Sie rief ihn in das Bett zu ihren süßen Lenden,
Sie hat ihn liebgekost mit königlichen Händen,
Sie forderte für sich das königliche Bett,
Die Königin im Bett, sie rief den Freund ins Bett.

INANNA:

Lass sein bereit das Bett, das da erfreut die Herzen,


Lass sein bereit das Bett, dass wir in Liebe scherzen,
Lass sein bereit das Bett, die Königin dich grüßt,
Lass sein bereit das Bett, die Lende wird versüßt,
Lass sein das Hochzeitsbett der Königin bereitet,
Das königliche Bett zur Hochzeit sei bereitet!

DICHTER:

Inanna breitete den Schleier auf das Bett,


Sie rief den König, rief den König in ihr Bett.

INANNA:

Das Lager ist bereit, es duftet süß im Schatten.


DICHTER:

Sie rief den Bräutigam, sie sprach zu ihrem Gatten.

INANNA:

Es wartet dein das Bett, es harrt des Herrn das Land!

DICHTER:
Er legte seine Hand der Herrin in die Hand,
Er legte seine Hand auf Herz und Brust der Gattin,
Er legte seine Hand auf Schoß und Scham der Göttin.
Süß ist des Nachts der Schlaf, so Arm in Arm vereint,
Süß ist des Nachts der Schlaf, so Herz an Herz vereint.

INANNA:

Ich hab mich für den Stier, den wilden Stier gebadet,
Hab für den Hirten, für Dumuzi mich gebadet,
Ich parfümierte süß die Lenden mit Parfüm,
Ich schminkte meinen Mund, weil ich das Küssen rühm,
Die Augen malt ich an mit schwarzer Augenschminke,
Die Lenden knetete er sanft, ich weiter winke,
Es füllte meinen Schoß mit Milch der Bräutigam,
Er streichelte das Haar, das lockige der Scham,
Er legte seine Hand auf meiner Vulva Scheide,
Von seiner Sahne so mein Boot, mein schwarzes, gleite,
Er hat gestreichelt mir die Vulva auf dem Bett,
Den Hohepriester jetzt ich streichle auf dem Bett,
Den Hirten streichle ich, liebkose seine Lende,
Des Hirten Phallus sanft liebkosen Mund und Hände,
Den Phallus küsse ich, das ist sein schönstes Glück,
Und so beschließ ich ihm sein ewiges Geschick.

DICHTER:

Die Königin des Alls, die aller Welt begehrlich,


Die Heldenfrau, die mehr als ihre Mutter herrlich,
Sie frug: Wer war der Mann, den Gott mir vorgestellt,
Den Enki mir empfahl, wer war der starke Held?
Die Erstgeborene des Mondes hat verordnet
Dem Hirten sein Geschick, sein Leben ihm geordnet.

INANNA:

Der Führer bist du in dem Kriege und der Schlacht,


Der Waffenträger du im Kampfe in der Nacht,
Fürsprecherin bin ich in großer Volksgemeinde,
Inspiration bin ich und Schutzfrau vor dem Feinde.
Der gute Hirte du, der du bewahrst den Schrein,
Von Uruk du der Herr, des Landes Fürst allein,
Du, dem das Licht des Schreins beim Pilgern ist begegnet,
In jeder Möglichkeit, in jedem Werk gesegnet.
So halte hoch den Kopf im Thron, o Menschensohn,
Und sitze ruhig nur im weißen Jaspis-Thron,
Bedecke deinen Kopf mit deiner goldnen Krone,
Trag lange Kleider nur und deinen Körper schone,
Den Königsmantel trag in deinem Königtum,
Die Streitaxt nimm zur Hand, das Schwert im Heldentum,
Den langen spitzen Pfeil, den Bogen in die Hände,
Das Lasso lässig häng an deine starke Lende,
Geh den geraden Weg, das Zepter in der Hand,
Die Goldsandalen an dem Fuß geh durch das Land.
Auf meinen heiligen und vollen Brüsten tänzle!
In meiner heiligen und engen Vulva schwänzle!
Erwählter Hirte du, geeignet für den Scherz,
Ein langes Leben soll genießen schön dein Herz.
Dein Schicksal ist bestimmt, es wird nicht mehr verändert,
Was Enki dir bestimmt, dein Los wird nicht geändert.
Der Ningal Liebling du, mir süße Küsse gib,
Inanna hat dich lieb, Inanna hat dich lieb!

DICHTER:

Ninshubur war der Knecht am goldnen Uruk-Schreine,


Und zu dem Knechte sprach die Königin, die reine:
Dumuzi führe du zu meiner Schenkel Paar,
Dumuzi führe du zu meiner Vulva Haar.

NINSHUBUR:

O meine Königin, die Wahl hier deines Herzens,


Der liebe Bräutigam, bereit zum Spiel des Scherzens,
Verbringen möge er wohl eine Ewigkeit
In deiner Grotte voll von Liebessüßigkeit
Und möge lange Zeit dir Liebeslüste spenden
In jenem Paradies, das zwischen deinen Lenden!
Gib du die Herrschaft ihm, die jeder anerkennt,
Gib du den Königsthron mit festem Fundament,
Gib ihm den Hirtenstab, gib ihm die goldne Krone,
Gib ihm das Diadem, den Sitz im Jaspis-Throne.
Wo steigt das Morgenrot, wo sinkt das Abendrot,
Vom Norden voller Wein zum Süden voller Brot,
Vom oberen Gestad zum untern Ozeane,
Von dem Huluppu-Baum zum Zedernbaum, ich mahne,
Lass seinen Hirtenstab uns schützen in der Hand,
Als Landwirt mache er die Früchte reich im Land,
Als Hirte mache er sehr zahlreich unsre Herde,
In seinem Königtum sei fruchtbar Mutter Erde,
Die grüne Pflanzenwelt sei uns der Fülle Horn,
Wenn er regiert, dann reift auch reich das goldne Korn.
Er soll der Fische und der Vögel Plaudern hören,
Es wachse hoch das Schilf im Kranichfeld in Röhren,
Vermehren sollen sich die Zicke und das Reh,
Sei Honig überall, der Wein sei wie ein See,
Salat und Kresse viel besitze jeder Bauer,
Im königlichen Haus sei lange Lebensdauer,
Hochwasser habe stets der Tigris und der Phrat,
Dass stets die Wiese viel von grünen Pflanzen hat.
Die Frau der Fruchtbarkeit soll stapeln Korn in Haufen,
O Königin des Alls, lass Männer sich besaufen,
Inanna, Königin des Universums, groß,
Lang sei die Zeit, die er genießt in deinem Schoß,
Die ganze Ewigkeit der Liebe soll nicht enden,
Das süße Liebesspiel von Lippen und von Lenden!

DICHTER:
Der König eilte nun mit hoch erhobnem Kopf
Auf ihre Vulva zu und deren krausen Schopf,
Mit hoch erhobnem Kopf, das Zepter in den Händen,
Er zu Inanna ging und ihren heißen Lenden.
Mit hoch erhobnem Kopf ging er zur Herrin hin,
Er öffnete sein Herz der Liebes-Priesterin.

INANNA:

Die Freude meines Sinns hat sich mit mir getroffen,


Wir freuten uns vereint, die Vulva steht ihm offen,
Und er empfängt die Lust, empfängt die Liebeslust
Von meiner heiligen und vollen, prallen Brust,
Er bringt mich in sein Haus, der Süße und der Nette,
Er legt mich nackend auf das süße Honigbette,
Mein süßer Liebling liegt im Schoß mir mit Genuss,
Ich küsse meinen Mann mit tiefem Zungenkuss,
Dumuzi liebt das sehr, ich tu es immer wieder,
Ja, siebenmal zur Nacht ich küsse seine Glieder.

DUMUZI:

O Schwester, mach mich frei, o Liebste, mach mich frei,


Dass du mir Tochter und dass ich dir Vater sei.
Geliebte Schwester komm, ich gehe in die Halle
Des herrlichen Palasts. Befreie mich und alle!

INANNA:

Mein Blütenträger, o wie war dein Reiz so süß,


Im Apfelgarten du, mein Mann im Paradies,
Mein Apfelbräutigam im schönen Apfelgarten,
Wie lieb ich deinen Reiz, den wilden und den zarten!
Mein Gatte ohne Furcht, mein schönstes Gottesbild,
Mit Schwert und Diadem, wie lieblich du und mild!

DICHTER:

O Heilige, ein Mann bestieg die Dattelpalme,


Ein Sammler, dass er pflückt, bestieg die Dattelpalme,
Inannas Palme er bestieg in strenger Zucht,
Auf dass er pflücke sie, die überreife Frucht!
Die dunkle reife Frucht er brachte zu Inanna
Und auch das Himmelsbrot, das unbefleckte Manna,
Die Frucht gab er ihr hin voll tiefer Sympathie.
Und ja, dann nahm er sie, fürwahr, dann nahm er sie!
Und ja, dann nahm er sie, um sie genau zu prüfen,
Wie einen Edelstein der Jungfrau lichte Tiefen,
Er nahm und prüfte sie wie einen Edelstein,
Und Lapislazuli er nahm und Jaspis rein,
Und aus dem Haufen von sehr edlen Edelsteinen
Nahm für Inanna er den auserwählten Einen.
Die Popo-Perlen sie fand lustig und fand froh,
Sie setzte sich darauf mit ihrem Apfel-Po!
Inanna Perlen fand, sie um den Kopf zu legen,
Fand Lapislazuli, ihn an den Hals zu legen,
Goldfäden für das Haar und Ringe für das Ohr,
Mit Honig salbte sie den süßen Mund zuvor,
Sie legte an das Gold der königlichen Halle,
Sie trug den Nasenring wie auch die Mädchen alle,
Sie pflanzte einen Baum in ihren Nabel ein,
Sie goss den Honigseim in ihre Vulva rein,
Den Alabaster nahm sie sich für Po und Scheide
Und in die Vulva steckt sie eine Trauerweide,
Der Trauerweide Stamm in ihrer Vulva Haar,
Sandalen zog sie an der nackten Füße Paar.
Die Edelsteine auf dem Haufen hat gesammelt,
Sagidda ward vom Herrn versiegelt und verrammelt!
Inanna sammelte auch Edelsteine viel,
Sie ward von ihrem Freund beglückt im Liebesspiel!
Dumuzi traf die Braut Inanna, sagt die Fabel,
Im hohen Himmelshaus und an des Himmels Nabel!
Der gute Hirte er, der seine Freundin traf,
Zur Liebe sie bereit und zu dem süßen Schlaf,
Der gute Hirte er, Dumuzi traf Inanna,
Sie in der Residenz des fürstlichen Eanna,
Von Lapislazuli gestaltet war die Tür,
Er traf sie, als sie war geöffnet für und für,
Der gute Hirte er, Dumuzi traf Inanna,
Sie in der Residenz des fürstlichen Eanna,
Inanna führte ihn zu Edelsteinen viel,
Den Gatten führte sie zu seiner Sehnsucht Ziel.
Mit Streicheln nahm sie ihn, ihn liebevoll zu streicheln,
Nahm mit den Schenkeln ihn, den Gatten, ohne Heucheln,
Inmitten ihrer zwei gespreizten Schenkel sie
Liebkoste ihren Mann voll süßer Sympathie.
Die Hure sandte nun die Botschaft an den Vater:
Die Hure tanzte nun die Botschaft an den Vater.

INANNA:

Bist in mein Haus geeilt, zu mir geeilt ins Haus?


Bist du ins Haus geeilt, geeilt zu mir ins Haus,
Um mich als Königin von meinem Thron zu stürzen,
Bist in mein Haus geeilt, um mich vom Thron zu stürzen?
Da ich bereitet hab für dich mein breites Bett,
Hast du gebreitet da für mich so lieb und nett
Den Lapislazuli und reine Edelsteine
Aufs weiße Laken mir, das reinliche und feine?
Das ists, wo ich den Mann der Liebe haben will,
Will haben ihn im Bett, dass ich den Hunger still,
Er wird dann seine Hand in meine Hände legen
Und wird mit seinem Herz mein Herz in mir erregen,
So süß ist Nachts der Schlaf, so Hand in Hand voll Scherz,
So süß Vereinigung im Bette Herz an Herz.

DICHTER:

Es sagen Freundinnen: O du bist eine Herrin!


Trauzeugen sind dir Herrn, Trauzeugen sind dir Herren,
Die große Königin, die Frau, die gerne liebt,
Trauzeugen sind die Herrn, wenn sich die Herrin gibt.
Die ihr im fremden Land zu fangen seid wie Vögel,
Trauzeugen sind die Herrn, das ist nun so die Regel.
Die du zerrissen bist wie fremde Länder fern,
Inanna, Königin, Trauzeugen sind die Herrn.
Der Eier brach entzwei, der erste ists voll Trauer,
Der zweite ist am Strom, der überfließt, der Bauer,
Der dritte ist der Mann, der immer Vögel fängt,
Der Fischer kommt zuletzt, der an das Fischen denkt.

INANNA

Ich werde Boten nun zum guten Hirten senden,


Er bringe Butter mir und Milch mit offnen Händen.
Auch einen Boten ich zu meinem Bauern schick,
Er bringt mir Honigwein mit fleißigem Geschick.
Und auch ein Bote zu dem Vogelfänger reitet,
Der für die Königin, die Frau, sein Netz ausbreitet.
Zum Fischer auch sich der berittne Bote schwingt,
Dass mir der Fischer dann den größten Karpfen bringt.

DICHTER:

Trauzeugen brachten nun der schönen Braut Geschenke,


Der Vogelfänger ihr ein Vögelein, ich denke,
Der Fischer brachte ihr den allergrößten Fisch,
Es kam der Karpfen in der Pfanne auf den Tisch,
Der Schäfer brachte ihr den Eimer voller Butter,
Dumuzi trug das Fass und brachte ihr das Futter,
Der Butter trug und Milch auf seinen Schultern gar
Und Käse trug er auch auf seinem Schulterpaar,
Der Schäfer rief ins Haus, da sprach er lustentglommen:
Dumuzi ist bereit, Dumuzi ist gekommen!

DUMUZI:

Tu auf die Pforte, Frau, tu auf die Pforte, ach!

DICHTER:

Die Mutter hörte das, die Mutter ging und sprach.


NINGAL:

Inanna, wahrlich, du bist seine Ehegattin,


Er ist dein Ehemann, und du bist seine Göttin.
Sei eine Tochter ihm, ein liebes Töchterlein,
Dann wird der Ehemann dir guter Vater sein.
Er kommt aus fremdem Land in einem schönen Hemde,
Und deine Mutter ist nun fast wie eine Fremde,
Nimm seine Mutter an, als obs die deine sei,
Nimm seinen Vater an, als obs der deine sei.

DUMUZI:

Du auf die Pforte, Weib! O Frau, von Gott begnadet!

DICHTER:

Inanna hat sich schön im Wasserbad gebadet,


Sie salbte sich mit Öl in teurer Köstlichkeit,
Sie legte an den Rock, das königliche Kleid,
Sie nahm den Talisman und nahm die Amulette,
Sie hing die Perlenschnur auf ihres Busens Bette,
Sie nahm das Siegel in die schlanke weiße Hand.
Die junge Herrin nun in Ruhe wartend stand.
Dumuzi stieß die Tür in Eile auf, und immer
Und ewig schön die Frau stand da im Mondenschimmer,
Dass sie den Mann empfängt in ihres Hauses Tür.
Er sah sie an voll Lust, er freute sich an ihr,
Er nahm sie in den Arm, als läg sie auf dem Kissen,
Und mit dem Mund begann die Frau er abzuküssen.

DUMUZI:

O Herr, gekommen bin ich heim, bin angetraut,


O Herr, gekommen ist mit mir die schönste Braut.
Mein Meister, nimm sie auf in deiner hohen Halle,
O meine Braut, o komm, kommt, junge Mädchen alle!
Inanna, komm mit mir in die Kapelle dort,
Komm mit ins Gotteshaus und höre Gottes Wort,
Dann wirst du meinen Gott und seine Schönheit schauen,
Der er der Schöpfer ist von allen schönen Frauen,
Zur Rechten Gottes du wirst sitzen in dem Thron,
Zur Rechten Gottes du, trotz allem Spott und Hohn.

DICHTER:

Obwohl er so zu ihr gesprochen und nicht klagte,


Setzt sie am Fenster sich auf einen Stuhl und sagte:

INANNA:
Das ist sehr schwer, mein Mann, was mich erwartet dort.
Hab immer nur gehorcht der lieben Mutter Wort.

DICHTER:

Er trat zu seinem Gott, dem Gotte weiser Rede,


Begrüßte seinen Gott und lallte die Gebete.

DUMUZI:

Mein Meister und mein Herr, der in der Liebe lebt!

INANNA:

Mein Freund, ich weiß nicht, wie man an dem Webstuhl webt.

DICHTER:

Er legte seinen Arm um sie und sagte frei:

DUMUZI:

Ich habe dich entführt in Liebessklaverei!


Bereitet hab ich dir das Festmahl unvergessen,
Du sitzt an meinem Tisch, wirst gute Speise essen,
Zwar meine Mutter hat nicht an dem Tisch gespeist,
Mein Bruder gleichfalls nicht, auf dass du dieses weißt,
Auch meine Schwester nicht hat an dem Tisch gesessen
Und gute Speise dort an diesem Tisch gegessen,
Doch du wirst speisen gut an diesem meinem Tisch,
Hier isst du weißes Brot, hier den gebratnen Fisch.
O meine schöne Braut, mein Atem und mein Leben,
Am Webstuhl wirst du mir die schönsten Kleider weben.
Und spinnen wirst du Garn und kämmen wirst das Vlies
Und kneten Teig für mich zu weißem Brote süß.

DICHTER:

Und sie umarmt den Stier, Dumuzi, ihren Gatten.

INANNA:

Ich bin die pure Pracht, die Sonne ohne Schatten,


Ich bin der Morgenstern am Himmel morgens still,
Die ich dich haben will, die ich dich haben will!

DICHTER

Die Frauen hört ich oft, die Liebeslieder sangen.

INANNA
Der Gatte kam herauf, mein Stern ist aufgegangen,
Er ist mir wie ein gut bewässerter Salat,
Mein Garten und mein Hain bebt, wenn der Liebling naht,
Mein Korn ist üppig in den Furchen auf dem Acker,
O wenn mein Liebling kommt, dann wird mein Herz mir wacker,
Er ist mir wie ein gut bewässerter Salat,
Mein Apfelbaum steht voll von Früchten, wenn er naht.
Der Honigmann, mein Freund, wird immer mich versüßen,
Der Götter Honigmann wird stets mich segnend grüßen,
Er grüßt mit Honighand, er grüßt mit Honigfuß,
Versüßt mich mit dem Mund und seines Segens Gruß.
Der Honigmann versüßt mir meinen nackten Nabel,
Die Oberschenkel er mir spreizt wie eine Gabel,
Mit starken Armen er umarmt mich, wenn er naht.
O meine Vulva ist ein leckerer Salat!

DICHTER:

Des Hauses Eridu ist göttliche Verheißung,


Des Hauses Sin von Gott ist Lobgesang und Preisung,
Eanna ist sein Haus, sein Haus in dieser Welt,
Es wurde Gottes Haus dir heute vorgestellt.
In Gottes Tempel schwebt die dauerhafte Wolke,
Der Wahrheit Name ist geoffenbart dem Volke,
Der Wahrheit Herz erstrahlt in strahlender Vision.
Bereitet ist das Bett, von Jaspis ist der Thron.
Und Gibil hat für dich den goldnen Schrein gereinigt,
Der Herrschaft Königin hat sich dem Freund vereinigt,
Der Herr errichtet hat dem Opfer den Altar,
Er führt die Riten durch im Tempel wunderbar.
Die Sonne sank in Schlaf, der Abend ist gesunken,
Sie sah ihn an im Bett, der Blick wie Liebesfunken,
Sie streichelte den Herrn, ihr Leben gab sie ihm,
Dem Schelmen Gottes gab sie ganz sich hin intim.
Sie sehnte sich, ersehnt hat sie das Ehebette,
Des Jubels Bette sehr ersehnte sich die Nette,
Ihr Herz ersehnt das Bett der süßen Liebeszeit,
Des Königreiches Bett, das Bett in Ewigkeit,
Sein honigsüßes Bett, sein Bett, das honigsüße,
Der Herzensfreude Bett, dass sie die Lust genieße,
Des süßen Schoßes Bett, das Bett der Königin,
Des Königreiches Bett, da gibt sie ganz sich hin,
Er deckt das Bett für sie, das unbefleckte Kissen,
Er macht das Bett für sie, um innig sie zu küssen.
Zum König sprach die Frau von seinem Bette süß,
Sie spricht des Lebens Wort vom Liebesparadies.
Der würdige Wesir der Gottesstadt Eanna
Nahm seinen rechten Arm und führt ihn zu Inanna.
O möge doch der Herr, den nennst du süßes Herz,
Genießen in dem Bett süß deiner Liebe Scherz,
Gib ihm die Herrschaft, Braut, denn seine Huld ist herrlich,
Gib ihm den Königsthron, denn er ist treu und ehrlich,
Gib du das Zepter ihm, gib ihm sein Personal,
Gib seine Krone ihm, den königlichen Saal,
Ein Diadem dem Kopf und einen Kranz, der adelt,
Gib treue Diener ihm, der nur die Bösen tadelt,
Vom Sonnenaufgang bis zum Sonnenuntergang,
Von Südens Sommerlust bis Nordens Winter bang,
Vom Teiche bis zum Meer soll dienen ihm ein jeder,
Von dem Huluppubaum bis zu der hohen Zeder,
Gib ihm die Schelme und das treue Personal,
Dass er als Hirte Licht auf seine Schafe strahl,
Dass er die Esser speist und segnet reich die Bauern,
Dass er den Kindern hilft und denen, die da trauern.
Als Hirte mehre er die Schafe auf der Au,
Als Herr und Bräutigam beglücke er die Frau.
In seiner Herrschaft soll das Grün der Pflanzen wachsen
Und fruchtbar die Natur sein um der Welten Achsen,
Am Euphrat soll der Fluss voll Überschwemmung sein,
Getreide reife gold, der Weinberg trage Wein,
Im Teiche schwimmen soll die bunte Schar der Fische,
Die Vögel schwatzen süß, es biegen sich die Tische,
Und auf dem Kranichfeld schön wachse goldnes Rohr,
Die Vögel schwatzen süß und lieblich singt der Chor,
Die Bäume wachsen hoch, sind blühend reich an Blättern,
Nie soll des Donners Blitz den starken Baum zerschmettern,
Die wilde Zicke soll vermehren sich, das Reh,
Es ströme Honigseim, der Wein sei wie ein See,
Und Kresse und Salat in Menge hab der Bauer,
Des Königs Leben sei von langer Lebensdauer.
Am Tigris und am Phrat Hochwasser möge sein,
Die Gräser wachsen hoch, der Weinberg spendet Wein,
Die Wiesen seien grün und fruchtbar alle Auen,
Es herrscht die Königin, die Königin der Frauen,
Die Herrin der Natur mit ihrem nackten Hals,
Mit ihrer nackten Brust, die Königin des Alls,
Des Universums Frau, die Göttliche, die Große,
Der Gatte lebe lang in deinem süßen Schoße!
Er geht zu ihrem Schoß mit hoch erhobnem Kopf,
Er geht zu ihrem Schoß, zu ihrer Vulva Schopf,
Er preist die Königin, die Göttliche, die Pure,
Aus Liebe er umarmt sie, die sakrale Hure!

DAS HOHELIED DES MESSIAS

„Siehe, hier ist mehr als Salomo!“


(Wort Jesu)

ERSTER TEIL
1

Im Frühlingshauch, mit ihres Körpers Frühlingsblüte, wandelt im Walde des Libanon Magdalena
und sucht Messias überall, von Liebe geleitet, von sieben Dämonen mit Siinnesverwirrung betört,
da wird sie von der Freundin Johanna angesprochen:
Unter dem Hauch, der die roten Nelken heimsucht, unter dem Busch, wo die Honigbienen
summen und die Nachtigallen flöten, wandelt Messias im Frühling. Tanze, Magdalena, mit deinen
Freundinnen. Ostern ist schön durch die Liebe!
Wo die Frauen von Jerusalem um sich und ihre Kinder weinen, wo die Zedern des Libanon über
die Weinranken sich erheben, wandelt Messias im Frühling. Tanze, Magdalena, mit deinen
Freundinnen. Ostern ist schön durch die Liebe!
Wo der Moschus duftet und die schlanken Lilien wie Lanzen der Sonne strahlen, die das Herz
des Messias durchbohrten, wandelt Messias im Frühling. Tanze, Magdalena, mit deinen
Freundinnen. Ostern ist schön durch die Liebe!
Wo die Krone des Königs David ist golden wie die Sonnenblume, wo über den nektargefüllten
Kelchen der Rosen die Bienen summen, wie Pfeile aus dem Köcher des Davidfreundes Jonatan
schwirrten, wandelt Messias im Frühling. Tanze, Magdalena, mit deinen Freundinnen. Ostern ist
schön durch die Liebe!
Wo die auferwachten Sonnenblumen anschaun die lachende Schöpfung, Zweige des
Magnolienbaums wie herzverwundende Lanzen strahlen, wandelt Messias im Frühling. Tanze,
Magdalena, mit deinen Freundinnen. Ostern ist schön durch die Liebe!
Wo vom Wein umrankt die Ulme steht und durch die Büsche des Hermonberges der Jordanstrom
sich schlängelt, wandelt Messias im Frühling. Tanze, Magdalena, mit deinen Freundinnen. Ostern
ist schön durch die Liebe!
Der Zimtbaum enthaucht sein Gewürz und die Balsamstaude fließt über von fließenden
Balsamölen, die selbst den Asketen der Asketen, Johannes den Täufer berauschten. Dort wandelt
Messias im Frühling. Tanze, Magdalena, mit deinen Freundinnen. Ostern ist schön durch die Liebe!
Aus den Samenflocken der Zähne der Löwen webt der Frühling sich ätherische Zelte in den Hainen.
Der Hauch des Frühlings ist wie der Atem des Heiligen Geistes, die Herzen entflammend. Die
Cherubinen lenken den strahlenden Thronwagen durch die goldenen Gassen des Himmels.
Auf den Messias weisend, den alle Töchter Jerusalems lieben, auf den Liebe überfließend
schenkenden, schönsten aller Menschensöhne, der in der Nähe ist, spricht Johanna zu Magdalena:
Mit Myrrheöl und Nardenöl gesalbt sein brauner Körper im nahtlosen Leibrock, mit den
Dornenkrone in den braunen Locken, eine Schnur mit dem Kreuz um den Hals, vom gnädigen
Lächeln der Weisheit leuchtend, so wandelt Messias mit den Töchtern Zions. Mit seinen
Jüngerinnen spricht er über Frau Weisheit.
Mit dem vollen weißen Busen umfängt Johanna den angebeteten Retter, Messias, und singt den
Psalm nach der Melodie: Stirb für den Sohn! So wandelt Messias mit den Töchtern Zions. Mit
seinen Jüngerinnen spricht er über Frau Weisheit.
Magdalena, die den Eros Gottes angeschaut in den feurigen Augen des Messias, des Königs der
Rosen, steht versunken in tiefes Sinnen über den Schönsten der Menschensöhne. So wandelt
Messias mit den Töchtern Zions. Mit seinen Jüngerinnen spricht er über Frau Weisheit.
Susanna schmiegt sich an die Wange des Messias und umschlingt seinen starken Nacken. Sie küsst
mit zärtlichen Küssen der Liebe die Tulpenlippen des Geliebten. So wandelt Messias mit den
Töchtern Zions. Mit seinen Jüngerinnen spricht er über Frau Weisheit.
Maria, die Mutter und Gefährtin Christi, zieht vom Jordanstrom den Messias fort und führt ihn zur
Ölkelter in den Olivengarten. Sie nähte ihm den nahtlosen Rock. So wandelt Messias mit der
Tochter Zion. Mit seiner ersten Jüngerin spricht er über sich und sie, spricht er über Frau Weisheit.
Als die Zimbeln erklingen, tanzt Johanna wonnig, als der Hirtenknabe die Flöte bläst, schwenkt
Magdaalena ihr frauliches Becken, als das Saitenspiel erschallt, bewegt Susanna die schlanken Füße
gemessenen Schrittes. Messias ist der Tanz und die Töchter Zions sind die Tänzerinnen.
Johanna umarmt er und presst sein Herz an ihren vollen Busen, Susanna reicht er zärtlich die Hand,
aber Magdalena, seine Lieblingin, küsst er leidenschaftlich auf den scharlachroten Mund. Messias
ist der Bräutigam seiner weisen Jungfraun.
Er, der die allgemeine Glückseligkeit aller Kreaturen ersehnt, dessen reiner Lilienleib ist der Leib
des leiblosen Gottes, den alle weisen Jungfraun Jerusalems als ihr Ein-und-Alles lieben, siehe!
Magdalena! wie sich Messias an deiner Liebe berauscht!

Während Jesus alle Jungfraun von Jerusalem liebte, ging Magdalena fort, betrübt, weil sie nicht
seine einzige Liebe war. In den Scharon-Wiesen, südlich des Karmelgebirges, da die Bienen über
den Mariengräsern summten, sprach Magdalena:
O Jesus! Deine Lilienlippen fließen über von Nektar, wenn du zur Flöte des Hirten den Psalm
spielst nach der Melodie: Jungfrauen! Deine bezaubernden gnädigen Blicke preis ich und deine
Ohren, die Gebet erhören. Ach, ich muß an Jesus denken, wie er mit den Töchtern Zions wandelt
und von den Freuden des Geistes spricht.
Mit einer Pfauenfeder möchte ich deine braunen Locken schmücken, Pfeil und Bogen dir hängen
um die Schulter, von welcher der Mantel meines Rabbi herunterfällt. Ach, ich muß an Jesus denken,
wie er wandelt mit den Töchtern Zions und von dem Jubel im Heiligen Geiste spricht.
Die Töchter von Tyrus mit den schönen Lenden und die Töchter von Sidon mit den weiblichen
Becken schauen auf Jesu Lippen, die wie Lilien von Nektar überfließen. Ach, ich muß an Jesus
denken, wie er mit den Töchtern des Morgenlandes von den Freuden des Paradieses spricht.
Als der gute Hirte umarmt er mit seinem rettenden Arm zehntausend Mutterschafe und geliebte
Lämmlein. Seine Hände wie Elfenbein mit Jaspis-Ringen und seine Beine gleich Marmorsäulen des
Tempels erleuchten die Finsternis dieser Welt. Sein Herz gleich einer glühenden Rose ist das Licht
des Kosmos. Ach, ich muß an Jesus denken, wie er als Gottessohn die Menschentöchter besucht und
von dem Jubel des ewigen Lebens spricht.
Von seiner gesalbten Stirn zum Antlitz, das die Sonne verdunkelt, ergießt sich das Licht vom
göttlichen Licht. Seine Linke umfängt die Herzen alle, die pochenden Herzen unter den
schwellenden Brüsten. Ach ich denke an Jesus, wie er wandelt mit den weisen Jungfraun von
Jerusalem und von den Wonnen der Hochzeit des Lammes spricht.
Eine Kirsche hängt über seinem Ohr, das Gebet erhört, und Salben duften in dem Barthaar seiner
Wangenbeete, er schreitet in den Sandalen und im Pilgermantel und ist umgeben von Salomo und
Samson und von Gotteslöwen und Morgensternen. Ach ich denke an Jesus, wie er mit Mitka,
Marias Schwester, von den Vereinigungen der heiligen Hochzeit des Himmels spricht.
Er lehnt sich an die Zeder des Paradieses, um den Geist des Todes zu besiegen. Er überwand die
sieben Dämonen in meiner Seele durch einen einzigen Blick voll glühender Liebe. Ich denke an
Jesus, wie er die mystische Freundin Magdalena erwählte und zu mir als der Schwester der Engel
vom Tanz der Engel sprach.
Jesus zählt alle meine Tränen und alle meine Gebete. Er verstößt mich nicht, denn er ist der König
der Versöhnung, er tilgt meine Schuld. Wenn Jesus auch mit allen Menschentöchtern in Liebe
wandelt und meine Seele ihn des Nachts zwar sucht und doch nicht findet, ich kann aber nicht
anders, ich muß ihn dennoch suchen, denn wohin sollte ich sonst gehen als zu ihm? Denn er hat
Worte der ewigen Liebe!
Ich bin verborgen unter den Malven von Magdala und er ist am Ufer des Sees Genezareth im
Schatten der Kapernbüsche. O meine Freundin, Mutter Maria, mir, der Jesus Betrachtenden, bringe
Jesus, der das Lächeln Gottes ist, bring ihn zu mir, Maria, den Sieger über die sieben Dämonen!
Ich erröte vor Scham, wenn ich Jesus sehe, ihn, das Wort Gottes, den Gesandten der ewigen Liebe.
O meine Freundin, Mutter Maria, Jesus, den Sieger über die sieben Dämonen, bring ihn zu der
Freundin seiner Liebe, daß er in der dunklen Nacht der Seele sich mit mir vereint!
Gras ist mein Lager, Zedernbalken und Zypressenbretter mein Bett. Mir zu Seite ruhe der Herr! Ich
bin bereit für die Küsse des Heiligen Geistes, zur Umarmung ewiger Allbarmherzigkeit! Ich bin
bereit, zu saugen aus dem Kelch des Hochzeitsfestes den Wein der Ekstase! O meine Freundin
Maria, bringe mir den Sieger über die Dämonen, bring ihn zur Hochzeit des Lammes, daß er die
Liebe in mich einströmt in der mystischen Nacht der Vereinigung!
Meine Augenlider sind gesunken, meine Wangen glühen vor Scham. Ich fließe über vor Liebe!
Bebend liebe ich den Heiland, zitternd vor Todesangst will ich umarmen den Retter aus dem Tod! O
Freundin Maria, den Sieger über Satan, Jesus bring du zu mir zu der Gottesehe, zur Einswerdung
mit der Einen Natur der Gottheit!
Nachtigallen umschweben mich und singen mir, der mystischen Rose der Morgenröte. Ich glühe für
den Helden der Minne, den strahlenden Ritter Gottes! Malven von Magdala, Hennablumen von
Zypertrauben wallen in meinen langen schwarzen Haaren. An seinem Busen seh ich Spuren von
Nägeln. O meine Freundin Maria, ihn, den Sieger über Tod und Teufel, Jesus bring du zu mir, zur
Hochzeitsnacht im Brautbett des Kreuzes!
Glöckchen und Zimbeln klingen an den Kettchen an den Knöcheln der Fesseln meiner Füße. Er
durchwandelt das gelobte Land in bestaubten Sandalen. Ich trage den Liebreiz gegürtet um die
Lenden meines Gemütes. Ich suche ihn, denn ich will seine Füße waschen mit dem Tau meiner
Tränen und seine Füße trocknen mit meinem langen Haar. O Freundin Maria, den Sieger über den
ewigen Tod, Jesus bring du zu mir, daß ich eingehen darf in Gottes Schoß, das Paradies!
Ich bin wie tot in der Erfahrung der höchsten Glückseligkeit! Seine Augen sind wie Feuerflammen!
Mir sinkt die Blüte meines Körpers hin, doch er ist der Triumph der göttlichen Liebe! O Freundin
Maria, den Sieger über das ewige Nichts, Jesus bringe du zu mir, daß ich mich mit Gott vereinige
als die mystische Gattin Gottes, daß ich aus lauter Gnade Gottes vergöttlicht werde zu Gottes
mystischer Göttin! Hallelujah!

Jesus, der himmlische Sieger über den Gott dieser Welt, nahm die Schönste aller Schönen, Maria,
an sein Herz. Er ließ alle neunundneunzig Frauen und umarmte die einzige Immer-Jungfrau.
Gen Osten und gen Westen ging der Messias, den Feuerpfeil der göttlichen Liebe im Herzen,
ging der Messias Maria nach. Im Wildbachtal des Jabbok bei Mahanajim ruhte er am Ufer eines
Wassers im Schatten grüner Myrrhebüsche bei Maria.
Ach, als Maria mich sah, sprach Johannes, der Jünger der Schönen Liebe, wie ich mit Johanna
spielte und ihren Kindern und wie ich brannte lichterloh für Magdalena, die Schöne, und wie ich
höflich war zu Susanna, und wie ich Mitka nicht vergessen konnte, da ging Maria davon. Ich hielt
sich nicht auf. O Herr Herr, wie ist die Gekränkte davongegangen!
Welchen Plan ersinnt sie? Über welche Weisheit denkt sie nach? Was kann mir die Schönheit
dieser Welt und Ruhm und Gold mir geben? Wie sinnlos ist ohne Maria das Leid und wie freudlos
das Leben! O Herr Herr, wie ist die Gekränkte davongegangen!
An ihr Antlitz denk ich. Ihre feinen Brauenbogen sind wie die Waage der Wahrheit im
Weltgericht. Ihr Antlitz ist wie eine weiße leuchtende Lilienblüte. Wie eine vom Fleiß der
Honigbienen gewobene Honigwabe schimmert ihr Antlitz. O Herr Herr, wie ist die Gekränkte
davongegangen!
Ich trage sie immer im Herzen. Ihr Bild schwebt immer vor den Augen meiner Seele. Soll ich sie
zwischen den Fichten suchen? Ist all mein Klagen vergebens? O Herr Herr, wie ist die Gekränkte
davongegangen!
Schlanke Jungfrau, himmlische Herrin, überhimmlische Jungfraun-Diva! An dein Herz muß ich
denken, das von sieben Schwertern der Schmerzen durchbohrte Mutterherz! Wohin wandelst du?
Kann ich dir folgen? O Herr Herr, wie ist die Gekränkte davongegangen!
Du bist mir erschienen, apokalyptische Jungfrau! Wahrlich, wahrlich, Ja und Amen! Ich sah dich
mit diesem meinen Augen vor mir am nächtlichen Himmel lächeln! Ach, warum war die
Begegnung nur so kurz? Darf ich immer noch als dein geliebtes Söhnchen in der Beuge deiner
Arme ruhen? O Herr Herr, wie ist die Gekränkte davongegangen!
Verzeih mir, himmlische Herrin, daß ich dich verließ! Nie wieder will ich mich von dir abwenden,
Frau! Schau mich an mit jenen deinen barmherzigen Augen, Schönste aller Frauen! Ich schmelze
hin in himmlischer Wonne vor deiner Lieblichkeit, Liebste! O Herr Herr, wie ist die Gekränkte
davongegangen!
Diese Fesseln um mein Herz sind nicht von der alten Schlange. Diese Würzkräuter in dem Beutel
an meiner Brust sind nicht von giftigen Zauberdrogen, die da täuschen den Geist. Weihrauch brenn
ich nieder und streue mir Asche auf das Haupt. O liebe mich oft und heftig und lange, denn ich bin
einsam und elend und krank vor Liebe!
Du verwechselst mich mit Jesus - oder warum lächelst du mich so voll immerwährender
Mutterliebe an? Nimm den Bogen und den Köcher, Lichtjungfrau, und ziele auf mich! Schieß den
Pfeil der Liebe Gottes deinem Freunde, dem Hirsch auf den Scheidenbergen, in den Busen!
O deine Augen sind Taubenaugen! Von deinen liebevoll-zärtlichen Liebesblicken glüht mein Herz
im Herzen! Mein Herz war all mein Leben lang krank vor Liebe... Du bist die Liebe meines Lebens,
Ewig-Geliebte!
Deine feine schwarze Braue ist der Bogen, deine geschwungene Wimper, die lange, seidige Wimper
ist der Pfeil, dein Muschel-Ohrläppchen ist die Sehne. O Liebe Gottes, wie hast du dieser herrlichen
Himmelskönigin alle Waffen Gottes verliehen!
Von den Brauenbogen den Pfeilschuß eines unendlich liebevollen Blickes schießt du, diese Liebe
muß tödlich sein! Der schwarze Schleier deiner nachtschwarzen Haare, der langen glatten
Seidenhaare, sind bis in die Spitzen hinein besessen vom Eros Gottes! O du bist voll der Minne-
Magie, Marie!
Berausche mich, du überschöne Jungfraun-Diva, berausche mich dein weinroter Mund mit Küssen
des Heiligen Geistes! Doch deine makellosen Brüste, jugendlich fest und wohlgeformt, wie spielen
sie zärtliche Liebesspiele mit meinem unsterblichen Geist!
Die himmlische Zärtlichkeit, die unerschöpfliche Liebe deiner liebkosenden Blicke, der süße Duft
der Lippenrose, der fließende Wein deines weisen Wortes, die paradiesische Wonne deiner
verschmelzenden Liebesküsse...
Da das Gedächtnis deines Liebeswerkes dich gegenwärtig vor mir darstellt, wie kann das Elend der
Verbannung auf Erden noch dauern?

Den am Ufer des Jordanstromes bei den Kapernbüschen wandelnden Jesus grüßte Mitka, die
jungfräuliche Schwester Marias.
Sie verbrennt den Weihrauch aus Myrrhe und Narde, Zimt und Aloepuder. Der Schimmer des
Mondes macht sie krank am Gemüt. Die Lüfte scheinen ihr vergiftet vom Gift der Schlangen auf
den Bergen bei Aschtaroth. Sie ist liebeskrank, sie leidet an der Trennung von Jesus. Jesus,
verwundet von dem Feuerpfeil der Liebe will ich dich ewig freien!
Um dich vor der Lanze des Hauptmanns und dem Stachel des Todes zu bewahren, schirme ich
dein Herz mit einem Schild aus meiner Minne. Mitka baut dir ein Bett aus Malvenblüten. Sie ist
krank vor Liebe im Jammertal der Verbannung. Jesus, verwundet von dem Feuerpfeil der
himmlischen Liebe will sie dich allein als Geliebten freien!
Aus den Rosen der ewigen Liebe und den Lilien der Jungfräulichkeit für den Himmel baut sie
dir ein Liebesnest, bereit zu der ewigen Liebesumarmung der Seligkeit, der Seele Glückseligkeit im
Liebesbett des Paradieses! Sie ist krank vor Liebe, bis sie bei ihrem Jesus ist! O Jesus, verwundet
von dem tödlichen Pfeil der göttlichen Schönheit begehrt sie dich allein zum Gatten!
Die weiße Lilie ihres jungfräulichen Angesichts schimmert vom Balsam der Tränen, wie der
Vollmond Nachttau träuffelt. O sie ist krank vor Liebe, im Exil fern vom Vaterland Christi! O Jesus,
durchbohrt vom tödlichen Liebesgeschoß der göttlichen Schönheit wählt sie dich allein zum
Gemahl der Seele!
Mit Scharlachschminke malt sie dich als das Feuer im brennenden Dornbusch, der brannte, doch
sich nicht verzehrte. Sie betet vor dem Bild des unsichtbaren Gottes. In den Händen hält sie die
Harfe und singt den Psalm nach der Melodie: Die stumme Taube unter den Fremden! O Jesus, wie
wund ist sie fern von dir! O Jesus, entflammt von der Liebe, den Flammen Jahwes, wählt sie dich
zu ihrem einzigen und ewigen Ehegemahl!
Sie singt der Wiederkunft Christi entgegen: O Fürst des Friedens, ich falle dir zu Füßen und bete
dich an! Wenn du mich anschaust, fließt Wein statt Wermut in dem Becher meiner Seele. Sie ist
krank vor Sehnsucht nach dem fernen Geliebten! Tödlich getroffen von der Gewalt der Liebe
Gottes, brennt sie einzig für Jesus, ihren Geliebten!
Ihre Gedanken erfassen dich nicht, o Gott, die Augen ihrer Seele sehen dich nicht, o Gott. Sie
weint, sie klagt, sie leidet, sie ringt in der Nacht der Seele mit sich selber, sie stirbt den Tod des Ich,
sie siegt im Martyrium himmlischer Minne! O Jesus, sie stirbt aus Liebe zu dir! O Jesus, zu Tode
verwundet von dem Gott des ewigen Lebens, schwört sie ewige Liebestreue dir in der Hochzeit des
Lammes mit der Nymphe Jerusalem!
Selbst der herrliche Rosenkranz, der ihren schlanken Hals so herrlich schmückt, scheint ihr eine
Fessel zu sein, Mitka, fern von dir, Messias!
Duftreiche Salbe von Aloe, Zimt und Ylang-Ylang selbst scheint ihr Schlangengift auf ihrem
jungfräulichen Körper zu sein, Mitka, fern von dir, Messias!
Ihrer Seufzer nicht endender Hauch scheint ihr das Feuer im Dornbusch zu sein,
Mitka, fern von dir, Messias!
Sie wendet hierhin und dorthin die Mandelaugen, wie Mandelöl entträuffelt den Mandelaugen
Tränentau, Mitka, fern von dir, Messias!
Voller Kummer betrachtet sie ihr jungfräuliches Blütenbett, das einsam ist, so einsam, daß es ihr
scheint der Pfuhl der Höllen-Gehenna zu sein, Mitka, fern von dir, Messias!
Sie legt die blasse Wange in die schneeweiße Hand und trauert wie in der Nacht ein
melancholischer Mond, Mitka, fern von dir, Messias!
Herr Herr! ruft sie in der Verbannung auf Erden, du Taube Gottes! Schau mich an! Und sie sehnt
sich aus Liebe zu dir zu sterben, Mitka, fern von dir, Messias!
Sie fürchtet sich, sie leidet, sie bangt, sie ist schwermütig, ihr graut, sie ist einsam, ihr ist elend
zumute, ihr ist weh zumute, sie weint, sie verschmachtet, sie will sterben! Nur deine Gnade hält die
holdselige Jungfrau noch am Leben. O Heiland, du Seelenarzt, du bist ihr einziges Heil!
O Heiland, du heiliger Seelenarzt, du allein weiser Gott, wenn du die Liebeskranke, deren Heil
allein der Wein deines Blutes ist, wenn du die Liebeskranke nicht herausreißt aus dieser bösen Welt,
o Gottes Sohn, so bist du grimmig wie Gottes Zorn!
Unter dem Brennen, Stürmen, Beben und Säuseln der Seufzer der Liebe fühlt die einsame
Jungfrau, an Weihrauch und Lilien und den Vollmond denkend, untröstliche Schwermut. Sie richtet
den inneren Sinn allein auf den Körper Christi. Noch atmet die Stille im Lande und schwindet
schon hin...
Die durch einen lächelnden Blick deiner unendlich liebevollen Augen sonst getröstet ward, nun
leidet sie zu sehr an der Entfernung vom Geliebten! Wie schmerzt es sie so sehr, daß der Frühling
wiederkommt – und sie immer noch fern der himmlischen Heimat ist!

Jesus sprach zu Maria: Geh zu Magdalena, bring ihr meine Werbung! Und bring sie zu mir! So vom
Sieger über den Satan gesandt als Gesandte, eilte Maria zu Magdalena und sprach zu ihr:
Wo die Frühlingslüfte wehen und den Blütenstaub und die Schmetterlinge tragen, wo die
Glockenblume sich der saugenden Biene öffnet, wo Freund und Freundin sich nacheinander sehnen,
o Schwester, wie schmachtet dort Jesus im Dornenkranz nach dir, du ferne Geliebte!
Mitten am Tage verfinstert sich die Sonne. Jesus ist bereit, aus Liebe sein Leben zu geben! Ihm
im Herzen brennt der Feuerpfeil der göttlichen Liebe! Er klagt: Mich dürstet! Wie schmachtet Jesus
im Dornenkranz nach dir, du ferne Geliebte!
Vor dem Summen der Honigbienen muß er die Ohren verschließen, zu süß ist ihm der
Honigseim der Liebe. Getrennt von seiner Freundin, ist seine Seele freudlos. In dunkler Nacht der
Seele vergeht er vor Kummer. O Schwester, wie schmachtet Jesus im Dornenkranz nach dir, du
ferne Geliebte!
Im Walde des Libanon betet er. Er hat den goldnen Tempel verlassen. Im Olivengarten wälzt er
sich im Staub der Erde und wird blaß und bleich vor Todesangst und seufzt wehmütig nach der
Braut. O Schwester, wie schmachtet Jesus im Dornenkranz nach dir, du ferne Geliebte!
Wo der Liebe Ziel erreicht ist, die Hochzeitsfreude im Garten des Paradieses, in den Gefilden
der Seligen weilt er im Geist schon mit der Angetrauten. Ah! Wie dürstet er nach dem Becher deines
Beckens mit dem Wein der ekstatischen Liebesvereinigung, dem Blut der Ganzhingabe!
Wenn er in das Haus des Vater gekehrt ist, in die Glorie ewiger Liebe, o Magdalena, gegürtet an
den Lenden des Gemütes, dann rühre ihn an, den König der Liebe! Unter dem Lebensbaum im
Säuseln des heiligen Geistes wartet auf dich der Geliebte im Dornenkranz!
Er spielt auf der Hirtenflöte das Lied zur Hochzeit des Königs, ein Lied der Liebe zur Melodie:
Rosen. Er atmet den Wind ein, den du ausgeatmet in deinen Seufzern. Unter dem Lebensbaum im
Säuseln des heiligen Geistes wartet der Geliebte im Dornenkranz!
Schwebt die Turteltaube aus dem Ritz in der Spalte des Felsens, liebkost der Wind den Busch,
so meint er, Magdalena komme. Dann bereitet er das grüne Bett der Einigung im Garten der Seele
und wartet auf dich in seiner Liebe Passion. Unter dem Lebensbaum im Säuseln des heiligen
Geistes wartet der Geliebte im Dornenkranz!
Laß die Zimbeln, den klingenden Zaubergürtel um die Hüfte, die Kettchen um die Knöchel, die
Spangen an den Armen und die Lapislazuli-Ohrringe, hülle dich in schwarzes Linnen und geh in der
dunklen Nacht der Seele vor Liebe weinend zum Kreuz! An dem Lebensbaum im Sausen des
heiligen Geistes wartet auf dich der Geliebte im Dornenkranz!
An deinen beiden Brüsten, die verschleiert sind von deinem schönen langen schwarzen Haar, an
deinen Brüsten will er ruhen und will wohnen in deinem Herzen wie im strahlenden Thron des
dritten Himmels. Unter dem Lebensbaum im Wehen des heiligen Geistes wartet der Geliebte in
seiner Dornenkrone!
Laß deine langen schwarzen Haare mit den roten Hennablüten wallen und weine Ströme zu
Füßen des Geliebten und umschlinge mit deinen bloßen Armen die Beine des Geliebten! An dem
Lebensbaum im Blasen des heiligen Geistes wartet im Dornenkranz der Geliebte auf dich!
Jesu Herz ist sanftmütig, demütig, siehe, die Mitternacht der Welt ist da. Eile, Magdalena, mit
dem Pochen der Liebe im schwellenden Busen und stille Jesu brennenden Durst mit dem Tau der
Küsse deiner Liebe! An dem Lebensbaum im Brausen des heiligen Geistes wartet im Dornenkranz
der Geliebte auf dich!
Die Sonne hat sich verfinstert. Du schüchterne Freundin, Jesu Liebesverlangen brennt in tiefster
Mitternacht! Wie die liebeskranke Nachtigall ruft Maria zur Rose Magdalena: Eile, liebe Schwester,
liebe Braut! Die Stunde ist gekommen zur Hochzeit der Gottheit und der Menschheit in der dunklen
Nacht!
Magdalena umschlingt Messias mit ihren starken Armen, sie küsst seine Wunden, sie stillt den
brennenden Durst seiner Liebe mit den Strömen ihrer Tränen, sie schenkt ihm ihr Herz im bebenden
Busen ganz hin! Gottheit und Menschheit waren in der Sünde getrennt, siehe, sie sind jetzt ganz
intim vereinigt, denn gekommen ist die Hochzeit des Lammes mit der Nymphe Jerusalem in der
tiefen Mitternacht des Kreuzes!

6
Auf ihn sind die Fehler und Zielverfehlungen aller geworfen, alle Sünden der Nachtwandlerinnen,
auf ihn, den lichten Mond der Nacht, der Unbefleckte ist davon befleckt, der Mond, am Mund der
dunklen Nacht ein blutroter Tropfen Wein.
Da der Mond sich verfinsterte, rot wie Blut ward, sah Maria, daß Messias einsam sterben
mußte! Da hob mit lauter Klage Maria an zu weinen:
Ach, ich bin einsam im Garten der Dornen, meine Jungfräulichkeit verliert nun die
Leibesfrucht! Wem soll ich klagen? Die Freundinnen haben mich alle allein gelassen!
Dem ich nacheile in die Einöde und die Wüste, ihm durchbohrt die Lanze des Todes das Herz!
Mir bohren sich sieben Schwerter der Schmerzen ins Herz! Wem soll ich klagen? Die Freundinnen
haben mich alle allein gelassen!
Mitgekreuzigt zu werden mit dem Gekreuzigten – was bliebe mir sonst? Sollte ich ohne den
Heiland diese tödlichen Schmerzen tragen, den Heiland zu verlieren? Wem soll ich klagen? Die
Freundinnen haben mich alle allein gelassen!
Welche unsagbaren Schmerzen bringt mir diese tödliche Frühlingsnacht! Wer hat diese
Frühlingsnacht in Liebeslust durchlebt? Wem soll ich klagen? Die Freundinnen haben mich alle
allein gelassen!
Die Rose press ich an mein brennendes Herz, sie durchbohrt mit ihrem Dorn mein Fleisch! Der
Dorn der Rose ist wie der tödliche Feuerpfeil der göttlichen Liebe! Wem soll ich klagen? Die
Freundinnen haben mich alle allein gelassen!
Jesus geht den Frauen von Jerusalem nach und spricht zu ihnen: Ihr Frauen, weint nicht über
mich, weint über euch und eure Kinder! Wem soll ich klagen? Die Freundinnen haben mich alle
allein gelassen!
Sie sieht Messias von Gott verlassen! Maria sieht sich selbst vom Messias verlassen! Da träumt
sie in der Mitternacht der Todesstunde Christi von der Hochzeit des Lammes und der Nymphe
Jerusalem im Liebesgarten des himmlischen Paradieses.
Den Rock geschürzt als Mutter der schönen Liebe, Hennablumen in den langen schwarzen
Haaren, sah ich dem Herrn vereinigt die selige Herrin!
Trunken vom Wein der Liebe des Herrn, während der Myrrhebeutel zwischen ihren Brüsten lag,
sah ich dem Herrn vereinigt die selige Herrin!
Das Mondgesicht, das lichtübergossene Antlitz, von langen schwarzen Haaren verschleiert,
saugend am Becher des Mundes den Wein der Liebesküsse, sah ich dem Herrn vereinigt die selige
Herrin!
Mondstein und Lapislazuli an dem Muschelohr als Schmuck und den Zaubergürtel aller Anmut
um das mütterliche Jungfrauenbecken, sah ich dem Herrn vereinigt die selige Herrin!
Lächelnd mit charmantestem Lächeln, sich freuend am freundlichen Lächeln des weisen
Meisters, flötend mit gespitzten Lippen auf der Knochenflöte den Psalm zur Melodie Jungfrauen,
sah ich dem Herrn vereinigt die selige Herrin!
Ehrfurchtsdurchschauert, sanftmütig, demütig, seufzend vor unaussprechlichen Seufzern des
Geistes, blickend mit jenen ihren barmherzigen Augen, von Liebe ganz erfüllt, sah ich dem Herrn
vereinigt die selige Herrin!
Wie das heilige Antlitz des Herrn ist der lichte Mond in der dunklen Nacht. Er breitet über mein
Herz unendliche Liebesschmerzen! Auf das vor Liebe glühende Antlitz der Lieblingin, auf den
kusslichen Scharlachmund der Geliebten malt der Fürst des Friedens mit Moschus ein Zeichen. Er
ist der Hirsch auf dem Mond und sie die Hirschkuh auf dem Mond. O wie spielt jetzt Jesus an den
Teichen im Garten Eden!
In der Nacht der langen schwarzen Haare, die fließen um die schöngewölbte Wange, flicht er
Nelken und Margarithen, die wie Licht und Feuer glühen. O wie spielt jetzt Jesus an den Teichen im
Garten Eden!
Der Brüste paradiesische Augenweide, die Weide des Lebens, behängt er mit Sternen aus Saphir
und Lapislazuli, der Schweiß im Tal der Brüste ist der Tau des Mondes. O wie spielt jetzt Jesus an
den Teichen im Garten Eden!
Die lilienarmige Jungfrau mit der schlanken Schneehand schmückt er mit Honigbienen aus Gold
und Rosen aus Rubin und ziert die Hand der Herrin mit dem Ehering aus Gold des Paradieses mit
dem Schoham-Stein von Eden. O wie spielen jetzt Jesus und die Jungfrau an den Teichen im Garten
Eden!
Um die Wonne des Bechers, des Beckens der Geliebten, um die Lenden des Gemütes band er
den Gürtel allen Liebreizes, allen himmlischen Charmes. O wie spielen jetzt Jesus und die Jungfrau
im Garten Eden!
Die feurigen Pfeile der Liebe im Herzen, die juwelenen Schwerter der Liebesschmerzen in der
Seele, pressen sie Herz an Herz. O wie spielen jetzt Jesus und die Jungfrau im Garten Eden!
Da also der Sieger über den Tod, der Sohn der Ewigen Liebe, die liebliche Jungfrau liebkost,
ach weh mir, was leide ich hier sieben Todesschmerzen und Leiden der Passion, die Gefährtin
Christi, ohne allen Trost? O wie spielen doch Jesus und die Jungfrau im Garten Eden!
Wie mußt du leiden, Gefährtin Christi, da der liebenswürdigste aller Menschensöhne gekreuzigt
wird! Stirbt der Sündlose, muß auch sterben die Makellose! Zur Hochzeit des Lammes und
mystischen Gottesehe soll nun meine Seele wallen durch die Nacht des Todes!

Endlich ist vorübergezogen die Nacht des Kreuzes. In der Morgenfrühe, da die Strahlen der
Morgenröte glühen wie feurige Pfeile der göttlichen Liebe, sprach zu dem in ihren Armen ruhenden
toten Gott Maria, die Pieta:
Deine Augen weinten am Kreuze blutige Tränen, deine Stirn ist noch blutig vom Dornenkranz,
dennoch sind selbst deine erloschenen Augen mir noch Spiegel der Liebe Gottes! Herr Herr, geh nur
ins Reich der Toten, Retter, geh nur hinab zu den Toten, Erlöser, Geliebter mit den Taubenaugen,
kehre zurück zur Gefährtin Maria!
Deine purpurnen Rosenlippen küssten die von Tränen verwischte schwarze Augenschminke
Magdalenas, daß deine Rosenlippen nun blauschwarz wie die Nacht sind, und so nächtlich ist uns
auch dein heiliges Herz, Messias. Herr Herr, geh nur ins Totenreich, Retter, geh hinab zu den
Verlornen, Erlöser, und kehre zurück zur Gefährtin Maria!
Der Kampf mit dem Tod schrieb dir mit Nägeln und Lanzen blutige Wunden auf deinen Körper,
Christus, wie Gott einst schrieb mit dem Finger Gottes auf die steinernen Tafeln die göttliche
Weisung. Herr Herr, geh nur hinab ins Schattenreich, Retter, geh zu den toten Seelen, Erlöser, und
kehre zurück zur Gefährtin Maria!
Glänzen nicht deine Füße des Friedens noch von den Tränen der liebenden Sünderin? Siehe, sie
begoß deinen Leib mit dem Tau der Liebe. So ist der Gekreuzigte selbst am Holz des Kreuzes zum
Lebensbaum des Paradieses geworden und der Körper Christi zur Frucht der Unsterblichkeit! Herr
Herr, geh nur hinab zu den Gestorbnen, Retter, erwecke die Toten, Erlöser, und kehre zurück zur
Gefährtin Maria!
Ich biß mir vor Schmerz mit den Elfenbeinzähnen, die wie frischgewaschene Zwillingslämmer
glänzen, biß mir auf die purpurnen Rosenlippen, die wie scharlachrote Schnüre sind, und biß mir
die Lippen blutig. Bewahre ich den Körper des gekreuzigten Gottes auch gut in meinem
Mutterschoß für alle Zeit? Herr Herr, steige hinab in den Hades, Retter, und erlöse die Schatten aus
der Macht des Hades, Befreier, und kehre mit den Seelen zurück zur Gefährtin Maria!
Wandle bald nur wieder in den Gärten der Morgenröte, neugeboren wie ein himmlisches Kind,
und erfreue deine Gefährtin und besuche die weinende Sünderin Magdalena und entflamme alle
deine weisen Jungfraun mit dem Feuer deines Herzens, der Liebe, den Flammen Gottes! Herr Herr,
rette die Toten aus dem Nichts, Erlöser aller Seelen vom ewigen Tode, Befreier, und kehre zurück
zu deiner dich liebenden Braut Maria, und kehre zurück zu allen deinen dich liebenden Jungfraun-
Marien als Bräutigam ihrer unsterblichen Seelen!
8

Zu der Betrübten, zur Freundin Magdalena, sprach die heilige Mutter Maria, als Magdalena weinte
um den fernen Messias:
Der Herr mit den Morgenstrahlen des Ostermorgens besucht dich! Auf Erden gibt es nichts
Schöneres als den Ostermorgen Christi, seine Frucht ist deinem Gaumen süß! Du Kühle, sei nicht
kühl zu deinem Freunde!
Deine Brüste sind süßer als Datteln, entziehe dich nicht der erotischen Mystik deines geistigen
Freundes, Geliebte! Du Kühle, sei nicht kühl zu deinem Freunde!
Ich sag es immer wieder in einfachen Worten: Verschließe dein Herz nicht, sondern gib dich
ganz dem liebenden Herzen des Freundes hin! Du Kühle, sei nicht kühl zu deinem Freunde!
Warum bist du so in dich gekehrt? Warum bist du so verschlossen? Warum bist du so in deiner
Wehmut gefangen? Komm, singe doch fröhlicher! Alle Jungfraun Jesu sind begeistert von der
Auferstehung und jubeln! Du Kühle, sei nicht kühl zu deinem geheimnisvollen Freunde!
Siehe, im Ostergarten bereitet der mystischen Bräutigam dir das grüne Bett der geheimnisvollen
Vereinigung! Erwache und werde satt an dem Bilde der Liebe in ihrer Schönheit! Du Kühle, sei
nicht kühl zu deinem mystischen Freunde!
Verjage aus deinem Herzen die Traurigkeit! Höre meine Botschaft: Nichts soll dich scheiden
von der Liebe Gottes! Sei nicht kühl, du Kühle, sei nicht kühl zu dem dich liebenden Freunde!
Jesus wird kommen am Ostermorgen in den Liebesgarten. Ein verschlossener Garten ist seine
Freundin Braut. Er dringt durch die Blumenpforte ein und will dich küssen mit den Küssen der
Liebe! Verscheuche allen Kummer und freue dich, denn Jesus liebt dich und will dich ganz
überströmen! Du Kühle, sei nicht kühl zu deinem liebevollen Freunde!
Verhärte nicht dein Herz vor dem heiligen Herzen Jesu, versage dich nicht den Liebkosungen
deines himmlischen Freundes, wende dich nicht ab von der süßen Zuneigung Gottes, sei nicht
Feindin deinem göttlichen Freunde! Sonst wird dich der Schimmer der Mondin stechen wie
Sonnenkatastrophen, sonst wird der Morgentau dir zu verzehrendem Feuer, sonst wird das süße
Liebesspiel der himmlischen Minne für dich zum ewigen Tod!

Nachdem Messias seine Gefährtin Maria, Maria mit den Brüsten wie Gazellenzwillingskitze und
Augen wie Turteltauben, am Morgen gegrüßt, ging er in den Garten der Olivenbäume und
Zimtbäume und Jujubendatteln als der Gärtner des Gartens der Seele. Da sprach die
Menschenfreundin Maria zu ihrer Freundin Magdalena, die sich die schwarzen Haare mit Henna
gefärbt und geflochten hatte und eine goldene Spangen in den Haaren trug:
Der Versöhner, der mit dem Gesang der Liebe auf den Lippen dir die Füße umfängt, er wartet
nun im Garten der Seele auf dich, er wartet unter dem Ölbaum der Weisheit. Frau, dem nahen
Meister nahe dich, Magdalena!
Deinen fruchtbaren Busen wie Weintrauben trage in den Weinberg des Geliebten! Deine Lenden
des Gemütes gürte mit dem Gürtel der Grazie Gottes! Lasse klingeln die Schrittkettchen und die
Glöckchen an deinen Knöcheln und wandle wie ein Rebhuhn in den Garten zu Ostern! Frau, dem
nahen Meister nahe dich, Magdalena!
Hörst du die Stimme des guten Hirten, du einziges Lämmchen, du Lieblingsschäfchen? Unter
dem Gesang der Nachtigallen, die von Minne flöten, geh in den Rosengarten der Minne! Frau, dem
nahen Meister nahe dich, Magdalena!
Die Hainbuchen winken dir mit grünem Laube, das im Winde rauscht. Die Blutbuche rauscht dir
vom Erlöser auf dem Blut. Der Efeu schlingt sich zärtlich um den starken Stamm der Eiche. Der
Wein rankt treu an der Ulme auf. Sie mahnen dich alle zur Eile. Frau, dem nahen Meister nahe dich,
Magdalena!
Dies mein Herz, entflammt von der Liebe, diese Brust wie Jadegipfel und diese Brustspitzen
wie Jadeknospen, diesen Busen Marias frage nur, Mädchen. Frau, dem nahen Meister nahe dich,
Magdalena!
Von Susanna und Johanna, von Tiphsah und Tirza und von Mitka begleitet, schlage die Pauke
und lasse klingen die Zimbeln, die klingenden Zimbeln des großen Halleluja, und tanze im
Anbetungstanze zur Bundeslade des Wortes Gottes! Frau, dem nahen Meister nahe dich,
Magdalena!
Leg deinen starken Arm um Maria, deine wahre Freundin, und lasse deine Perlenschnüre um
den Schwanenhals den Sohn Marias allzeit mit Segnungen grüßen. Frau, dem nahen Meister nahe
dich, Magdalena!
Der Messias betet: Kommen wird die Geliebte und mich grüßen und segnen, und ihre Seele
wird meine Seele liebkosen!
Im Geiste voll Gedanken der Weisheit schaut der Messias im Ostergarten nach Magdalena aus,
ob sie komme. Ihn durchschauert die Macht der Liebe, er jauchzt im Jubel der Liebe, er schmilzt in
Glut der Liebe, er wandelt liebend in der Liebe der Natur, der geheimnisvolle Freund.
Blaue Augenschminke auf den Lidern, Efeu in den Locken, am Herzen die Rose der neuen
Morgenröte, gehüllt in ätherische Schleier aus Seide, lauscht die Morgenröte zwischen den
Edeltannen. Und der Frühling tröstet die traurigen Jungfrauen Christi.
Die traurigen Jungfrauen Christi im Leib wie weiße Seide, mit Augen wie Diamanten, sie
wandeln leise. Die blaue Nacht der alten Edeltannen prüft das Gold ihres Glaubens auf ihre
Reinheit.
Bei der Heckenrosenpforte strahlte die goldene Spange in der schwarzen Haarflut Magdalenas,
glitzerte silbern der Gürtel ihrer Grazie, schimmerten die Rubine an den Kettchen ihrer Füße. Da
schaute Magdalena den Messias, den Schönsten der Menschensöhne!
Hier in das grüne Erscheinungszelt des auferstandenen Gartengottes tritt ein! Spiele
Liebesspiele in seliger Wonne, Magdalena, am Herzen des Messias!
Wo sich die Gräser zum Bette breiten im Schatten des rauschenden Bambus, spiele Liebesspiele
und lasse erklingen die Perlenschnur auf deinem vollen Busen, Magdalena, am Herzen des Messias!
Wo den Tempel Salomos der Magnolienbaum erbaut, vom Morgentau gesalbt und geweiht,
spiele Liebesspiele in scheuer Zärtlichkeit, Geliebte, die du wie die Seele der Blüten bist, o
Magdalena, am Herzen des Messias!
Wo die Winde rauschen wie der süße Odem des heiligen Geistes, da singe, du Muse des
Meisters, mit dem Lied der Lerchen Gesang zum lichten Himmel, Magdalena, am Herzen des
Messias!
Wo die Hummeln Zuckerwasser trinken und die Fühler der Falter saugen begierig in der Glocke
der Glockenblume, spiele zärtliche Liebesspiele, Magdalena, am Herzen des Messias!
Wo nach dem schluchzenden Flöten der Nachtigallen der Jubelhymnus der Lerche fröhlich
erschallt, da sinke in süßer Begierde versunken, Magdalena, am Herzen des Messias, sinke hin in
süßer Begierde an die Brust des Messias, Magdalena, und gib dich ganz hin...!

ZWEITER TEIL

Messias sprach: Ich sah eine Frau, die war makellos schön, die Schönste aller Frauen, sie war ein
unbefleckter Vollmond und eine fruchtbare Rebe, ihre Augen waren Zwillinge von blauen Blumen,
von einer sanften Abenddämmerung mit Abendsternen, blaue Blumen, die schwammen in stillen
Teichen von Milch, die schimmerten auf den Wellen der schönen Liebe, ja, ihre Augen waren
Zwillinge von Turteltauben, die girrten von Minne im Lenz, von der Seele der Natur gepaart in
einem Frühling der Liebe. Um ihren langen schlanken Hals trug sie die Perlenschnur des
Rosenkranzes mit Kugeln von weißem Elfenbein. Die Perlen spielten mit ihren hübschen bloßen
Brüsten. Mir war, als ließe die göttliche Liebe Ströme vom Himmel strömen aus der Muschel der
göttlichen Liebe, sich ergießend auf die hölzerne Statue eines Gartengottes! Wer Weihegaben der
Ganzhingabe opfert, der wird gesegnet mit solchen überwallenden Strömen der göttlichen Liebe! –
Siehe, so ist mein Messias, der Bräutigam liebender Seelen, sprach der Dichter Dodo.

Messias sprach: Warum kreuzte diese Tochter des Mondes meinen Weg? Ein tiefer Zauberblick des
Seelenfunkens aus ihren Augen in meine Augen, die Spiegel meiner Seele, ein streifender Blick voll
geheimer Lust, wie schlug er eine Liebeswunde in meinem Herzen! O Tag der Liebesschmerzen,
Nacht des Liebestodes, warum bist du aufgegangen? Mein zärtlicher Blick und mein träumender
Sinn verloren sich selbstverloren an ihren hübschen bloßen Brüsten mit dem Muttermal der linken
Brust. Die Liebe läßt sich nicht löschen. Selbst Ozeane löschen nicht das Feuer der Liebe, die
Flammen Gottes! Ihre Worte sind lieblich und freundlich und gehen sanft meinen Ohren ein. Ich
wollte fortgehn von ihr, doch meine Füße blieben wie gebannt durch einen magischen Zauberkreis
in ihrer Gegenwart. Der Sehnsucht Fesseln fesseln meine Seele. – Aber, sprach der Dichter Dodo,
Liebe ist wie ein grenzenloses Meer!

Messias sprach: Heut ist der Tag der Wonne! Ich schaute die Geliebte in ihrem Bad! Ströme von
reinem Wasser flossen durch ihre langen schwarzen Haare wie Perlenschnüre des Rosenkranzes aus
kristallenen Tropfen! Sie salbte ihr wunderschönes Antlitz mit Öl der Freude, als reinigte sie einen
unbefleckten Spiegel Gottes! Sie offenbarte mir ihre beiden bloßen Brüste, die wie Alabaster-
Becher waren! Frei ließ sie niederwallen ihren Charis-Gürtel allen Reizes! Aufgeschlossen war das
Schloß der virginalen Zone! Nun war meiner Sehnsucht keine Grenze mehr!

Messias sprach: Wo meiner Geliebten Zwillingsfüße wandeln, da blühen die Rosen auf. Wo ihr
Körper in Schönheit vor mir erstrahlt, da durchzucken mich elektrische Blitze. Der Glanz ihres
Antlitzes leuchtet schöner als die Sonne. Sie besitzt einen Thron in meinem Herzen. Wenn ihre
Augen mich anschaun, seh ich liebevolle Sterne des Kosmos. Wenn ihr leises Lachen, ihr
sanftgedämpftes Girren voll feinen Humors mir die Seele erfreut, da wird vor Eifersucht der
Wabenhonig bitter. Wenn sie ihre Wimpern aufschlägt und mich die Wimpernspitzen durchbohren,
da durchbohren mich Myriaden Feuerpfeile der göttlichen Liebe. Um solche Schönheit
anzuschauen, hab ich die Welt erschaffen! Um sie nach meinem Tode nur ein einziges Mal
anschaun zu dürfen, leide ich gern meinen Kreuzestod! – Dodo sprach: Messias, weil ich dich liebe,
will ich die Geliebte zu dir führen als eine fleckenlose Braut und makellose Freundin!

Magdalenas Freundin Salome sprach: Welche sanfte Melancholie in Magdalenas Seele! Sie liebt
das Alleinsein. Sie wandelt allein in ihrem Garten und sieht die Rosen an und lauscht dem Gurren
der Taubenpärchen. Sie blickt gedankenvoll die Sonne an und schaut verträumt den Wolken nach.
Sie vergißt vor Versunkenheit zu essen und zu trinken. Sie trägt das schlichte Gewand einer
frommen Eremitin und sieht doch herrlich aus wie die Himmelskönigin. Sie nimmt sich den grünen
Efeukranz aus dem Haar und schüttelt die langen schwarzen Locken, zurecht ist sie stolz auf die
schöne Pracht ihres Haares. Sie hebt die Hände zum Himmel und spricht mit dem Wind. Was mag
sie dem Geist des Windes sagen? – Dodo sprach: Liebe zum kosmischen Christus erfüllt
Magdalenas Herz wie ein Morgenstern!

Magdalena sprach: Wie soll ich aussprechen können, wie schön ist mein Jesus, mein Jesus, mein
Jesus! Wie soll ich mit menschlichen Worten beschreiben die Traumgestalt der Vision? Seine
Erscheinung gleicht dem offenen Himmel der unendlichen Nacht und ist doch lichter als ein Blitz.
Braun sind seine langen Locken und braun ist sein dichter Bart. Seine Gewänder duften nach Zimt
und Aloe, daß der ganze Wonnemond des Minnemaien nicht so lieblich duftet wie mein Messias. –
Dodo fragte: Was soll ich anderes nun noch sagen? In ihm hat die Liebe des Schöpfers die
Schöpfung erschöpft!

Magdalena sprach: Ich hatte mir betend gewünscht, Messias zu schauen. Als ich ihn schaute, ward
ich von tiefer Ehrfurcht vorm lebendigen Gott der Liebe erfüllt. Seit jener Nacht bin ich für immer
verliebt in Jesus und töricht vor Liebe. Die Leute sagen: Sie ist von Sinnen! Was red ich, was tu
ich? Aus meinen Augen tropfen unaufhörlich Tränen. Das Herz in meinem Busen pocht
unaufhörlich wie ein Hammer. Was trieb mich zu Jesus? Nun liegt mein Leben ganz in Gottes
Hand. Wie soll ich sagen, was der Herzensdieb um Mitternacht mir angetan? Er raubte mir mein
Herz, er stahl meine ganze Liebe und ging davon. Aber bei seinem Abschied schenkte er mir solch
große Liebe, daß ich ihn nie vergessen kann! – Dodo sprach: Höre mir zu, o liebe Frau, du wirst den
Herrn bald wieder schauen!

Salome sprach: Kann ich von der Liebe Marias und des Messias sagen? Als sie einander erkannten
als reine Spiegel der göttlichen Weisheit, da erwachte die ewige Glückseligkeit der menschlichen
Seelen in ihren brennenden heiligen Herzen! Als der Feuerpfeil der göttlichen Liebe wie eine Lanze
und wie ein Schwert ihr Herz durchbohrte, da blieb in ihrer beiden einzigem Herzen nur eine
einzige brennende Sehnsucht! Wenn ihre Seelen vereinigt werden, die Seele des Lammes und die
Seele der Nymphe, dann werden sie ewig eine vereinte Seele sein. Das sei euch allezeit bewußt, daß
euch niemand und nichts besiegen kann als allein die ewige Liebe Gottes! Denn eure Augen glühen
wie Funken und offenbaren, daß die unbefleckte Jungfrau dem Herrn gehört und der Menschensohn
sich Unserer Lieben Fraue weiht! Ja, sein Lichtleib und ihr Lichtleib werden zusammengeführt in
der Glorie heiligen Geistes im Paradies, in dem Lichtglanz Gottes, in der Rose des Herzens Gottes!
Wie lange wird er so gekreuzigt werden, wie lange wird sie so mit ihm gekreuzigt werden? Werden
sie ewig so ihre blutenden Herzen voll Liebe verströmen? Werden sie ewig so töricht vor Liebe
sein? Verschweige deine Sehnsucht, Maria, verschweige deine Leidenschaft, Messias, denn eurer
Demut Stolz ist das mystische Schweigen der geheimnisvollen, unaussprechlichen Liebe! – Dodo,
der Dichter, hat dies gesungen, und seine Königin Frau Weisheit versteht dies zutiefst.

9
Messias sprach: Geliebte Freundin! Dein schwarzes Haar beschämt den Raben, es gleicht der Herde
schwarzer Ziegen, die niederwallen am Bergeshang. Aus Scham vor deinem glanzüberflossenen
Antlitz wird der Vollmond am Himmel purpurrot. Die Tauben des Friedens scheuen deine sanften
zärtlichen Augen. Die Nachtigall des Minnesanges verstummt, wenn deine holdselige Stimme flötet
wie eine Friedensflöte. Vor der Anmut und dem Liebreiz deines Ganges verbirgt sich aus Demut die
Schwanin im Weiher. Warum kommst du nicht zu mir und sprichst mit mir, Holdselige,
Sanftmütige, Demütige, Friedfertige, Mädchenkönigin des Maien? Alle Schönheit der Mutter Natur
verblasst vor deiner Schönheit, Schönste aller Menschentöchter! Fürchte dich nicht vor mir,
Geliebte, öffne weit den Herz dem kosmischen Christus! Die Magnolienblüten fallen vom
Magnolienbaum nieder zu deinen Füßen aus Huldigung für deine hübschen bloßen Brüste! Der
Alabaster-Becher voll Wein der Liebe springt in das Osterfeuer aus Begierde nach deinen
bechergleichen Brüsten! Die Äpfel fallen vom Stamm aus Huldigung für deine Apfelbrüste und der
Granatapfel glüht vor Scham vor dem Reiz deines majestätischen Busens! Der Stamm des
Gartengottes steht in deinem Garten vor großer Begierde, wenn du dich bückst zu deiner Furche im
Beet! Die lange weiße Lilie neigt sich in Demut vor dem Weiß deiner nackten Arme! Es zittern die
Schilfhalme zärtlich und voller Ehrfurcht vor der Feinheit deiner blassen Hände, der Schlankheit
deiner femininen Finger! – Dodo, der Dichter, fragte: Wieviel Magie der Minne soll ich noch lallen
mit Betörung-Beschwörung, auf den Grundton der ewigen Liebe gestimmt?

10

Magdalena sprach: O meine Freundin Maria, wie sag ich dir all meine innere Wehmut? Die Flöte
Christi gießt süßen Gift-Balsam der Liebe durch alle meine beseelten Glieder! Er schwärmt vor mir,
er wirbt um mich, er beschwört mich bei den Zwillingskitzen der Gazelle auf der Wiese, ich höre
ihn um meine Liebe flehen mit dem Hohenlied der Minne. Mein Körper schmachtet nach süßer Lust
und meine Seele sehnt sich nach der wahren Liebeswonne! In den innigsten Augenblicken der
Liebeserfüllung will der Becher meines Innern überfließen vor fließendem Feuer! Da schließe ich
meine Augen, daß nicht Flammen aus meinen Augen schießen. Wenn ich im Hause meiner Mutter
weile und mich die Lust der Liebe durchschauert, schlag ich meine eigenen Arme um meinen
eigenen Körper und schaffe Frieden den verzehrenden Gluten meiner Minne zum fernen Geliebten!
Leise, leise wie eine Katze schleiche ich Nachts durch mein Haus auf samtenen Pfoten. Ein gütiges
Schicksal hat geheimnisvoll meine Liebe im tiefsten Innern verborgen. Meine Seele ist magisch
verzaubert von der Innerlichkeit der geheimnisvollen Liebe. Der Zaubergürtel allen Reizes gleitet
von meiner Hüfte, meine virginale Zone erwartet den Geliebten, daß er mich erkenne in der dunklen
Nacht meiner Seele mit der Kraft seiner Liebes-Ganzhingabe! - Was kann der Dichter Dodo noch
sagen, wo die geheimnisvolle Stimme der Vorsehung selber spricht?

11

Salome sprach: Als Magdalena das erstemal zu ihrem Freier Christus kam, da pochte ihr das Herz
im Busen vor Scham und Ehrfurcht. Ganz still war Magdalena wie ein goldenes Heiligenbild, sie
sah nicht zur Linken und nicht zur Rechten. Da nahm Messias Magdalena bei den Händen und
setzte sie an seine Seite in den Thronsessel seiner Minne. Die holdselige Schönheit verschleierte ihr
glühendes Antlitz mit dem Schleier ihrer langen schwarzen Haare. Er strich ihr die Haare aus der
Stirn (allein der Gott der Liebe selbst vermochte mit ewig zärtlichen Händen ihr die verwirrten
Locken aus der empfindlichen Stirn zu streichen). Da küsste Christus mit friedlichen Küssen der
Liebe Magdalena auf den scharlachroten Mund. Die Freundinnen Magdalenas waren eifersüchtig,
doch Christus küsste allein die auserwählte Freundin Magdalena auf den Mund. Da barg sie sanft
ihr Haupt an seinem Herzen. – Dies ist ein jauchzender Psalm des Dichters Dodo, der das heilige
Herz seines Fürsten Jesus erfreut!

12

Salome sprach: Ich sehe den jungen Jesus in allem Stolz seiner blühenden Jugend. Er schwärmt von
der Erinnerung an die Nacht des ersten Kusses: O wunderschöne Magdalena mit dem süßen Antlitz!
Wie hab ich dich doch mit grenzenloser Lust in meiner innersten Seele empfangen! Wie hast du
mich so sanft und keusch geküsst in der liebestrunknen Nacht! Du lächeltest mit deinem feinen
leisen Lachen, dem sanftgedämpften Girren, das klingt wie das kleine Silberglöckchen beim
Hochzeitsmahl des Lammes. Du bist in tausend inneren Bildern mein Entzücken, mein Traum von
überschäumender Wollust der Liebe! Deine Worte sind süßer als Honig. Deine Lächelblicke
schauen so schelmisch. Du hast mit deinem Blut mir deinen Namen in mein Herz geschrieben! -
Dies, sprach Dodo, ist der Psalm vom ersten Kuß.

13

Magdalena sprach: O Maria, meine Freundin, welche Schmerzen muß ich leiden! Was kann ich tun,
daß Messias meine Liebesschmerzen lindert? Ich bin jung in meinem Herzen, jünger als Messias,
der uralt ist in seiner ewigen Weisheit. Ich bin schüchtern und sanft. Grausam war der Herr zu mir,
er schickte mir viele Schmerzen der Seele! Wie kann ich all die Leiden der dunklen Nacht der Seele
sagen? Liebe brannte in mir, ich verlor mich selbst. Mein Ich zerbrach in mir. Wann schloß er das
Schloß meines Gürtels auf? Er umarmte mich, da war ich wie gelähmt vor Wonne. Das Herz in
meinem Busen pochte wie ein Hammer. Ich war ein Sturmwind in der Gewalt seiner Liebe! Er sah,
daß meine Augen überströmten von heißen Liebestränen. Hatte Messias Mitleid mit mir? Mein
Geliebter verbrannte mir die Lippen mit dem feurigen Wein seiner Küsse! Der Mond in meiner
Nacht ward aufgefressen von der alten Schlange. Jesus schlug die Nägel in meine Brust! Ich sehe
das Krokodil mit dem Löwen kämpfen und denke an den Kampf meiner Liebe mit Christus. – O du
liebende Frau, sprach Dodo, du weißt, wie Christi Liebe die Geliebte kreuzigt!

13

Maria sprach: Eile, mein Mädchen Magdalena, eile zum Jüngling Messias, Holdselige, denn der
Liebende wartet auf dich! Die Nacht fällt von den Sternen herab. Bald kommt der Tag, da kann sich
die Liebe nicht mehr verbergen im Schoß der Mutter Nacht. Lieblichste Freundin, laß dein Antlitz
nicht schauen, dein glanzübergossenes Antlitz, sonst wird leuchten die Nacht. Die Turteltaube im
Garten hält dein Antlitz für den Mond, und dürstend nach Tau, wird sie girren vor deinem Antlitz,
zu trinken das fließende Licht deines Antlitzes. Schweige, sanftmütige Stimme, denn wenn du
redest, wird der Falter dich für Nektar halten und dein glühendes Antlitz für eine Rose und mit dem
zärtlichen Fühler tasten nach dem Kelch deiner Lippen, sich festzusaugen. Du suchst die schöne
Liebe, die ewige Liebe. Die Mainacht ist kurz. Also eile, Freundin, und kehre ein in das Haus der
Liebe. - Dodo sang dies seiner Herrin Maria.

14

Messias sprach: Dunkel ist die Nacht und tief die Dunkelheit. Wann kommt zu mir die Geliebte, die
holdselige Frau, die all meine glühende Sehnsucht ist? Steil ist der Pfad und dornenreich und es
wimmelt von giftigen Schlangen. Wie groß ist die Gefahr und wie zart sind ihre bloßen Füße! Gott
im Himmel, ich will dir meine Liebste vertrauen. Schütze die Schönheit und führe sie zu mir!
Schwarz ist die Nacht und feucht der Grund. Mein Herz in meinem Busen glüht. Der Weg ist so
schmal. Dicht ist die dunkle Nacht. Engel, gib acht, daß sie ihren Fuß nicht an einem Steine stößt.
Wie Sterne ihr Blick, ihre Seele wie ein heiliger Engel! Sie ist die Hagia Sophia in
Menschengestalt! – Ja, sprach der Dichter Dodo, eine liebende Frau kennt keine andere Macht als
die Macht der Schönen Liebe!

15

Messias sprach: Ich habe dich mit meinem Blut gekauft. Nun kommst du zu mir. Ich sehe deine
Liebe zu mir. – Magdalena sprach: Ach Immanuel, deine Wolke der Herrlichkeit rief mich am Tag
und die Feuersäule deiner Herrlichkeit rief mich in der Nacht und führte mich zu dir. – Messias
sprach: Groß ist die Versuchung. Dunkel ist die Nacht. Ich kann deinen Körper nicht sehen in der
Finsternis. Wie hast du den Weg zu mir gefunden? – Magdalena sprach: Gottes Blitz zeigte mir den
Pfad, Geliebter. – Messias sprach: Durchs dunkle Tal und die tiefe Schlucht, durch Jammertal und
durch Tal der Tränen ging dein Weg. Ritzten die Dornen dich wund? - Magdalena sprach: Ich hatte
Todesmut wie ein Singschwan, das flößte mir Trost ein. – Messias sprach: Die Nacht der Seele ist
tief und du bist allein. – Magdalena sprach: Und doch bin ich nicht allein, denn bei mir ist meine
Herrin, die Schöne Liebe!

16

Magdalena sprach: Heute ist die Schüchternheit von mir genommen. Der Geliebte stillte meine
Sehnsucht! Was soll ich sagen, o Liebe? Ich muß leise lächeln. So wundervoll war heute seine
Liebe! Der Regen ergoß sich auf die Erde. Der Berg ragte auf bis in die Wolke. Ich schaute in den
smaragdenen Spiegel des Wassers und war in einer anderen Welt. So voller Weisheit ist mein
Geliebter und machtvoll bezaubert sein Wort meine Seele. Er gab der Ruhelosen eine Ruhe. Ich
barg mich an dem heiligen Herzen, das für mich glüht! Der Fürst des Friedens setzte mich auf
seinen Schoß. Er spielte mit meinem feinen Schleier, bis ich einschlief. – Dodo rief: O selige
Liebeswonne!

17

Magdalena sprach: Wie soll ich von ihm sprechen? Er ist ja der namenlose Name! Ob ich ihn im
Traum sah, ob ich ihn in Wirklichkeit sah, als ich ihn liebte, weiß ich nicht. Er war ganz nah und
doch jenseits der Welt. Der Blitz durchzückte die Nacht. Die Nacht durchschlängelte nektarsüß ein
himmlischer Strom. Die Nacht nahm den Mond in den Mund. Die Sterne schauerten, regneten
Funkenströme. Der Himmel tat sich auf. Die Berge bebten. Die Erde spaltete sich und ergoß sich in
Glut. Der Wind blies mächtig. Die Falter taumelten trunken. Die Meere fluteten über. Aber es war
noch nicht das Ende der Welt. – Wie kann das alles wahr sein, fragt der Dichter Dodo.

18

Salome sprach: Verwirrt hingen ihre schwarzen Locken mit rotem Henna um ihr berückend süßes
Antlitz, wie schwarze Gewitterwolken um den lichten Vollmond. Mondstein-Ohrringe schaukelten
an ihren Muschelohren. Schweißperlen glitzerten licht wie Diamanten auf ihrer weißen Stirn. Frau
Schönheit, dein Antlitz spendet Wonne. Willst du weiter kämpfen im Liebeskampf, Magdalena, wie
soll Messias sich retten? Armspangen um die bloßen Arme, Silberringe um die schlanken Finger,
Kettchen um die nackten Knöchel, das alles ist wie Musik im Rhythmus der Liebe. Betrunken vom
Wein der Liebe gibt die Liebe ganz sich hin! Triumph! Blast die Flöte! Streicht die Zymbel! Nun
war Stille um die Lenden der Geliebten. Der Kämpfer im Liebeskampf war besiegt, der ewige
Friede eingekehrt. – Der Meister des Dichters Dodo vollendet das All in Liebe, Himmel und Erde
vereinigen sich.

19

Dodo, der Dichter, sprach: Betrunken vom schweren Rotwein der Liebe zieht Messias Magdalena
auf seinen Schoß. Sie blickt so schelmisch und lacht mit leisem Girren wie ein Lenzschalk und
Herzschelm. Zärtlich schmiegt sie sich an ihn. Ihr Leib ist Musik der Liebe. Verliebt ist Magdalena,
Messias ist voll Leidenschaft! Herz und Herz vereinen sich! Trunken sind beide, der Feuerpfeil der
göttlichen Liebe steckt zitternd im Ziel des fleischernen Herzens! – Dodo sang von dieser großen
Liebe.

20

Salome sprach: O solche Liebe gab es noch nie! So innig zwei Herzen vereint! Sie sind noch
beieinander, schon seufzen sie aus Furcht vor einem Augenblick der Trennung. Ist sie ihm nur einen
kurzen Augenblick verborgen, schon weint er Tränen der Sehnsucht. Wenn er fern von ihr ist, dann
ist er wie ein Fisch, aus der Flut gezogen und an den Strand geworfen. Nein, unter Menschen ward
solche Liebe nie erlebt. Die Sonne liebt die Rose, doch die Rose welkt, die Sonne wandert fröhlich
weiter von Ost nach West. Die Nachtigall nennt man den Freier der Rose, seiner Minneherrin, doch
Nachtigall und Rose kamen nie in Liebe zusammen. Wenn der Falter mit seinem zärtlichen Fühler
am Kelch der Blume saugt, so kommt zwar der Falter zur Blume, doch die Blume kommt nie zum
Falter. – Nichts in dieser Welt, sprach Dodo, läßt sich der Liebe des Messias vergleichen.

21

Magdalena sprach: Mein Geliebter, du bist mein ewiges Leben! Dir weihe ich Leib und Seele, Herz
und Geist, alles was ich bin und habe, dir weihe ich meine Familie, mein Volk und die ganze Erde,
dir weihe ich mein unsterbliches Schicksal: Ich bin ganz dein, Geliebter! Du bist mein Gott, o
kosmischer Christus, du König des Universums! Angebetet wirst du von allen bräutlichen Seelen,
Gott! Ich bin nur die arme Magd des Ewigen, wenig Weisheit nur ward mir zuteil und ich weiß
nicht recht zu dir zu beten. Dennoch biete ich mit Leib und Seele dir meine Ganzhingabe der Liebe!
Du bist mein Weg, meine Wahrheit und mein Leben! Du bist meine Auferstehung und mein ewiges
Leben! Mein Herz kennt keine andere Ruhe als dich allein, mein Gott! – Die Heilige und die Hure
sind beide von Gott geliebt, sprach Dodo, ich weiß von Sitte und Sünde nichts, ich kenne nur Jesu
durchbohrtes Herz!

MYSTISCHER JESUS

Ein Hoheslied

PROLOG
Wolkenschwer ist der Himmel,
Schwarz von Efeu ist der Wald,
Bang ist Jesus in der dunklen Nacht,
Darum führe du ihn nach Hause, Maria!
Jesus und Magdalena begaben sich als Paar
Zur Laube, nah am Weg.
Lobpreis sei der Liebe von Jesus
Und Maria Magdalena
Am Ufer des Jordan!

Durch das Wort Gottes


Das Gebäude des Geistes schmückend,
Rose zu seinen Füßen,
Der Pilger Führer,
Den Bericht von Jesu Liebe verfassend
Schreibt hier Josef Maria Mayer sein Gedicht.

Wenn es dich entzückt,


An den Herrn zu denken,
Höre, wie lieblich und anmutig schön
Josef Maria Mayers Muse
Vers an Vers reiht wie eine Perlenschnur.

Vom Jenseits redet weise Dante,


Von Weisheit redet Goethe,
Vom irdischen Paradiese sang Milton,
Und Klopstock sang von Jehowah.

ERSTER GESANG

In der Sintflut hat einer das Wort gerettet,


Unversehrt die Weisheit in der Arche,
Der du den Weinberg gebaut hast,
Noah, du Tröster!

Tief versunken in den Fluten des Todes,


Die Meereswogen drückten dich nieder,
Als du vom Wal verschlungen wurdest,
Jona, du Sohn der Taube!

Von dem wilden Eber getötet,


Aphrodites Geliebter Adonis,
Bist du auferstanden
Als Adonisrose im Adonisgarten!
O tot Adonis!

Brüllend von den Baschanbergen


Bist du ein Löwe, Junges einer Löwin,
Sieger von Zion, König David,
Löwe von Juda!
Du hast die Erde fest gegründet
Auf sicheren Fundamenten
Und hast die Erde, unser aller Mutter,
Aufgehängt im Nichts,
O Herr der Welten!

Du hast die Erde überflutet


Und die Sünder ertränkt
Und eine neue Menschheit gegründet
Auf dem Berge Ararat,
O Herr, du Vater der Götter und Menschen!

Du bist siegreich in allen Kriegen


Und hast dich selbst geopfert
Als Opferlamm auf dem Altar,
O Herr, in Jesus inkarniert,
O Heiland und Retter der Menschen!

Du verlangst keine Opfer von Lämmern,


Von Stieren und Kühen, Ziegen und Tauben,
Sondern gabst dich selbst zum Opfer
Und erneuerst dein Opfer täglich in Brot und Wein,
O Jesus, eucharistischer Christus!

Du weidest die Völker


Mit eisernem Zepter
Und wirst die Heiden zerschlagen
Wie irdenes Tongeschirr,
Du apokalyptischer Herrscher!

Höre Josef Maria Mayers Gedicht,


Das seine Muse ihm eingegeben
In berauschenden Träumen!
Möge sein Lobpreis steigen
Wie Weihrauch zu deinem Thron,
Mein Herr und mein Gott!

Der du die heilige Schrift erfüllst,


Der du den Satan niedergeworfen hast,
Du Friedefürst, du starker Gott,
Du König der Könige, Herr der Herren,
Gott der Götter, Lobpreis sing ich dir, Jesus Christus!

ZWEITER GESANG

Blumenketten trägst du um den Hals


Und goldene Ohrringe an den Ohren,
Trägst den Wald des Libanon, seine Zedern,
Du bist der Sieger, mein Herr und mein Gott!
Geschmückt bist du von lichten Juwelen
Und zerreißt die Fesseln der Sünde!
Schwan bist du auf dem See der Weisheit,
Du bist der Sieger, mein Herr und mein Gott!

Des giftigen Satan Vernichter,


Du Dieb der Menschenherzen,
Sonne bist du für die Rose von Jericho,
Du bist der Sieger, mein Herr und mein Gott!

Die gewundene Schlange, die flüchtige Schlange,


Den feuerroten Drachen zertrittst du,
Auf Adelers Fittichen schwebst du,
Grund für den Tanz der Engel du,
Du bist der Sieger, mein Herr und mein Gott!

Mit Narzissenaugen lachst du,


Frei vom ewigen Tode machst du die Deinen,
Zentrales Feuer bist du des Universums,
Du bist der Sieger, mein Herr und mein Gott!

Maria Magdalena zur Freude strahlst du,


Die Sünde hast du überwunden,
Fesselst mit ehernen Ketten den Satan,
Du bist der Sieger, mein Herr und mein Gott!

Schön bist du wie Wolken vor dem Gewitter,


Des Zionberges Fundament bist du,
Du bist der Adler, der schaut des Vaters Antlitz,
Du bist der Sieger, mein Herr und mein Gott!

Wir werfen uns zu deinen Füßen nieder,


Vergiss uns nicht, wenn du in dein Reich kommst!
Spende Gnaden denen, die beten,
Du bist der Sieger, mein Herr und mein Gott!

Verse von Josef Maria Mayer,


Segen erbitten seine Verse dem Leser,
Segen soll es bringen, liest man dies Lied,
Du bist der Sieger, mein Herr und mein Gott!

An Marias Brüste gebettet


Verblieb sein Abdruck an ihrer Brust,
Der Abdruck seines heiligen Herzens,
Des Todesüberwinders,
Von Liebe gezeichnet,
Von Eros erschöpft,
Schenk er euch allen das überwallende Maß der Wonne!

Im Frühling mit lilienweißen Gliedern


Durch die Scharonwiesen irrte sie,
Jesus nachfolgend edler Art und Weise,
Verwirrt von Liebe und dem Fieber der Liebe,
Ratlos stand Maria Magdalena,
Da spricht mit sanfter Stimme die Freundin Susanna:

DRITTER GESANG

Wo süßer Nektarduft schmeichelt


Herab vom Hermon-Gebirge,
Wo beim Libanon-Waldhaus
Die Nachtigall von der Rose flötet
Und Honigbienen summen,
Da wandelt der Herr durch die Scharonwiesen,
Jesus tanzt mit den Jüngerinnen
Im Frühling, wo Einsame leiden!

Wo der wandernden Jüngerinnen Murmeln


Wie Liebesseufzer erklingt,
Wo die Blüten der Magnolienbäume
Von Honigbienen umsummt sind,
Da wandelt der Herr durch die Scharonwiesen,
Jesus tanzt mit den Jüngerinnen
Im Frühling, wo Einsame leiden!

Wo berauscht von den Düften


Die Feigenbäume erste Knospen treiben,
Die jungen Männer die Frühfeigen pflücken,
Von Eros und seinen Pfeilen verwundet,
Da wandelt der Herr durch die Scharonwiesen,
Jesus tanzt mit den Jüngerinnen
Im Frühling, wo Einsame leiden!

Wo wie das brennende Herz des Eros


Sich die rote Rose öffnet,
Wo wie die Stacheln der Hummeln
Die Pfeile des Eros wüten,
Da wandelt der Herr durch die Scharonwiesen,
Jesus tanzt mit den Jüngerinnen
Im Frühling, wo Einsame leiden!

Das Schamgefühl verschwindet in der Welt,


Da die Narzissen ihre Glockenhäupter schaukeln,
Wo die Luft ist heiß und trocken
Wie die Dornen an der brennenden Rose,
Da wandelt der Herr durch die Scharonwiesen,
Jesus tanzt mit den Jüngerinnen
Im Frühling, wo Einsame leiden!

Wo die Myrrhe schwitzt


Und der Gummibaum Gummi tropft,
Wo selbst der Weisen Gemüt verwirrt ist
Von dem Flöten der Nachtigall,
Da wandelt der Herr durch die Scharonwiesen,
Jesus tanzt mit den Jüngerinnen
Im Frühling, wo Einsame leiden!

Wo die Ulme zärtlich grünt,


Von den Ranken des Rebstocks umschlungen,
In dem Jabbok-Wildbachtal,
Von den Wassern des Jabbok benetzt,
Da wandelt der Herr durch die Scharonwiesen,
Jesus tanzt mit den Jüngerinnen
Im Frühling, wo Einsame leiden!

So erhebt sich die Stimme von Josef Maria Mayer,


Der seinen Geist auf die durchbohrten Füße Jesu richtet.
Seine Verse schildern den Garten Eden im Frühling,
Wenn Eros durch den Garten Eden spaziert.
Da wandelt der Herr durch die Scharonwiesen,
Jesus tanzt mit den Jüngerinnen
Im Frühling, wo Einsame leiden!

Wie in den prallen Rebenzweigen Trauben,


So beben die Brüste der Jungfraun.
Glut glüht in der Seele den Geliebten
Wie das Feuer im Dornbusch des Sinai.
Liebespfeile versendet der Südwind.

Krokosblumen auf der grünen Gartenwiese,


Von summenden Honigbienen umschwärmt,
Sie bieten ihren Nektar für Honig an.
Es schluchzt die Nachtigall vor Sehnsucht
Und wer es hört, den befällt das Fieber der Liebe,
Er fürchtet, dass sein Atem stockt,
Dass sein Arm nicht finde die Umarmung.
So überlebt die Tage der lachenden Erde
Der Pilger nur mit großer Not!

*
Betört von dem Verlangen,
Mehr als nur Eine Jungfrau zu umarmen,
Verlangt der Geliebte mit bebenden Gliedern,
Mit den betörten Jungfraun allen zu tanzen.
Auf Jesus wies mit klugem Wink
Susanna, die Freundin Marias, und sprach:

VIERTER GESANG

Mit Salböl gesalbt sein bräunlicher Leib,


Geschmückt mit Blumenkränzen,
Lächelnd, an den Ohren den Schmuck von Juwelen,
So der Herr in seiner Freundinnen Kreis.
Ihr Schwärmenden, schwärmt von dem Herrn
Und weiht euch der ewigen Wonne!

Schwer sind die üppigen Brüste der Frau,


Die den Herrn voll Sehnsucht umarmt.
Eine Hirtin singt ihm ein Lied
Und es klingt des Brautpaares Brautgesang,
So der Herr in seiner Freundinnen Kreis.
Ihr Schwärmenden, schwärmt von dem Herrn
Und weiht euch der ewigen Wonne!

Eine Frau mit blühenden Augen,


Feuer des Eros in ihren Blicken,
Die süße Frau träumt von den Rosenlippen des Herrn,
So der Herr in seiner Freundinnen Kreis.
Ihr Schwärmenden, schwärmt von dem Herrn
Und weiht euch der ewigen Wonne!

Eine Frau schmiegt sich an Jesu Wange


Und spricht ein Wort in sein Muschelohr,
Eine Frau mit breitem Becken
Küsst den Geliebten unter Freudenschauern,
So der Herr in seiner Freundinnen Kreis.
Ihr Schwärmenden, schwärmt von dem Herrn
Und weiht euch der ewigen Wonne!

Eine Frau ist auf lustige Spiele bedacht


Und hat den Gottessohn aus dem Jordan gezogen,
Als er stand im rauschenden Schilf,
So der Herr in seiner Freundinnen Kreis.
Ihr Schwärmenden, schwärmt von dem Herrn
Und weiht euch der ewigen Wonne!

Weil auf das Klingeln der Spangen einer Frau


Des Meisters Flöte Antwort gab,
Fröhlich tanzend im Schleiertanz
Sang der Herr das Lob einer Tänzerin,
So der Herr in seiner Freundinnen Kreis.
Ihr Schwärmenden, schwärmt von dem Herrn
Und weiht euch der ewigen Wonne!

Eine Frau umarmt er, eine Frau küsst er,


Eines Wonneweibes Wollust erweckt er,
Blickt auf eine mit lieblichstem Lächeln
Und geht mit einer andern gedankenvoll,
So der Herr in seiner Freundinnen Kreis.
Ihr Schwärmenden, schwärmt von dem Herrn
Und weiht euch der ewigen Wonne!

So wie es Josef Maria Mayer gesungen,


Dies Geheimnis von Jesu Liebe,
Wie man es singt im Libanonwalde,
Das Lied soll euch Freude spenden,
So der Herr in seiner Freundinnen Kreis.
Ihr Schwärmenden, schwärmt von dem Herrn
Und weiht euch der ewigen Wonne!

Allen Freundinnen schön bereitet Freude der Herr,


So dass sie überfließen von Wonne,
Wie irre Lilien seine Glieder,
Führt er ein Fest auf für Gott,
Von wunderschönen Frauen umgeben
Und geliebkost von Kopf bis Fuß,
Er, der leibhaftige Gott, o Freundin,
Es scherzt der Herr im Frühling.

Vom schmerzhaften Biss der Schlange verwundet


Flieht der Wind von den Balsambergen,
Wo der Schnee liegt auf Zedern,
Flieht er nach Zion, zum Gottesberg.
Die Nachtigall sieht kaum die Rose blühen,
Bülbül, Bülbül, klingt schon ihr Lied.

Schwindlig vom wilden Bauchtanz die Freundinnen schön


Stehen am Rand, da umarmt voll Liebe
Maria, blind vor Liebe, den Messias.
Voll Himmelsbrot ist dein Mund, Wort Gottes,
Spricht sie und preist im Lobpreis den König,
Der gnädig darüber lächelt.
Herr Jesus Christus segne euch alle!

Der Herr war im Libanonwalde


Und war gnädig allen Jüngerinnen,
Aber seine geliebteste Jüngerin,
Magdalena, war eifersüchtig und floh.
Honigbienen schwärmten
Durch den Garten Eden,
Da sprach voll Trauer Magdalena
Zu ihrer sanften Freundin Susanna:

FÜNFTER GESANG

Er bläst so schön die Flöte


Mit seinen Rosenlippen
Und seine Augen schauen alle Seelen an
Und an seinen Ohren klingen Juwelen.
Der Herr im Tanz mit den Freundinnen schön,
Ich denk an ihn, doch der Herr hat mich verlassen!
Seine Augen sind wie Monde
Und im Haar trägt er die Pfauenfeder,
Seine Haare sind wie Gewitterwolken,
Seine Augen wie Blitze Gottes.
Der Herr im Tanz mit den Freundinnen schön,
Ich denk an ihn, doch der Herr hat mich verlassen!

Er ist erfüllt von brennender Liebe,


Die Jüngerinnen zu küssen mit dem Kuss des Friedens,
Seine beiden Lippen sind süße Zwillingsbrüder,
Sein Lächeln ist lieblich und leuchtend.
Der Herr im Tanz mit den Freundinnen schön,
Ich denk an ihn, doch der Herr hat mich verlassen!

Härchen sind auf seinem Arm,


Mit dem er die Jüngerinnen umarmt,
Seine Brust ist wie ein Karfunkelstein,
Sein heiliges Herz strahlt auch im Dunkeln.
Der Herr im Tanz mit den Freundinnen schön,
Ich denk an ihn, doch der Herr hat mich verlassen!

Die strahlende Stirn, die im Dunkeln leuchtet,


Beschämt den weißen Vollmond.
Er presst sich an hohe üppige Brüste,
Sein offenes Herz scheint mir verschlossen.
Der Herr im Tanz mit den Freundinnen schön,
Ich denk an ihn, doch der Herr hat mich verlassen!

Schön geschmückt sind seine Muschelohren


Mit silbernen Ringen und rosigen Perlen,
Um ihn scharen sich Sünderinnen und Büßer,
Dämonen zittern vor ihm und Engel beten ihn an.
Der Herr im Tanz mit den Freundinnen schön,
Ich denk an ihn, doch der Herr hat mich verlassen!

Tritt er an das schilfige Ufer des Jordan


Und denkt, die Zeit der Sünde zu überwinden,
Mit dem göttlichen Eros im Blick,
Sogar mich erfreut er, mich, die Sünderin.
Der Herr im Tanz mit den Freundinnen schön,
Ich denk an ihn, doch der Herr hat mich verlassen!

Verse von Josef Maria Mayer,


Er singt von Jesu heiligem Antlitz,
Er denkt an die verwundeten Füße Christi
Und seine Verdienste, erworben am Kreuz.
Der Herr im Tanz mit den Freundinnen schön,
Ich denk an ihn, doch der Herr hat mich verlassen!

Alle Vorzüge sind in ihm versammelt,


Er prüft den Wankelmut und den Wahnsinn,
Aber zufrieden ist er mit den Betern
Und nimmt vom Kreuz unsre Kreuze von uns,
Es drängt sich Christi Liebe zu allen Jüngerinnen,
Aber ich hab ihn dreimal verleugnet,
Doch jetzt sing ich dem Todesüberwinder wieder:
Du weißt alles, du weißt auch, dass ich dich liebe!

SECHSTER GESANG

Wenn ich zum Libanonwaldhaus kam,


Wo Jesus wachte, verborgen im Frühling,
Wo ich zitternd mit glühenden Augen
Und überwältigt von Freude lachte –
Susanna, hilf mir, Jesus den Schlangenzertreter
Zu erfreuen, der stillt all unser Liebesverlangen!

Von der ersten Vereinigung glühte ich noch,


Da scherzte Jesus mit mir,
Wir sprachen in Liebe, in süßer Liebe,
Und er löste mir zärtlich den Lendenschurz –
Susanna, hilf mir, Jesus den Schlangenzertreter
Zu erfreuen, der still all unser Liebesverlangen!

Wenn ich hinsah auf den Boden des Waldes,


Dann sank er an meine üppigen Brüste,
Und wenn ich ihm meine Küsse anbot,
Dann stillte er mich mit dem Wein des Bundes –
Susanna, hilf mir, Jesus den Schlangenzertreter
Zu erfreuen, der stillt all unser Liebesverlangen!

Wenn ich in Müdigkeit meine Augen schloss


Und sich mir die Haare im Nacken sträubten,
Mein Körper schwitzte blutigen Schweiß
Und ich war aufgewühlt von heiliger Lust –
Susanna, hilf mir, Jesus den Schlangenzertreter
Zu erfreuen, der stillt all unser Liebesverlangen!

Ich flötete wie die Nachtigall


Und war Meisterin in den Künsten des Eros,
In der langen Mähne trug ich Hennablüten
Und seine Nägel ließen Spuren zurück auf meiner Brust –
Susanna, hilf mir, Jesus den Schlangenzertreter
Zu erfreuen, der stillt all unser Liebesverlangen!

Wenn die Kettchen an meinen Füßen klirrten


Und ich erfüllt war vom Übermaß der Liebe,
Wenn mein Liebreizgürtel sich löste
Und er meine langen schwarzen Haare strich –
Susanna, hilf mir, Jesus den Schlangenzertreter
Zu erfreuen, der stillt all unser Liebesverlangen!
Von der Liebesbegegnung erschöpft,
Hab ich geschlossen die Narzissenaugen,
Und es sank vor Erschöpfung mein Körper nieder,
Matt vom Kampf mit den Dämonen –
Susanna, hilf mir, Jesus den Schlangenzertreter
Zu erfreuen, der stillt all unser Liebesverlangen!

Dies sind Josef Maria Mayers Verse,


Erfüllt von dem Frieden des Todesüberwinders,
Wie Magdalena voll Sehnsucht sang,
Wer dies liest, erfahre die himmlische Freude!
Susanna, hilf mir, Jesus den Schlangenzertreter
Zu erfreuen, der stillt all unser Liebesverlangen!

Ihm glitt die lustige Flöte aus der Hand


Und es trafen ihn die brennenden Blicke
Der Jüngerinnen, versammelt im Schwarm,
Da schwitzte blutigen Schweiß seine Stirn,
Keuscher Liebe blickte er zu Maria,
Süß wie Engelsspeise seines Mundes Lächeln,
Maria schaut Jesus in der Schar der Jüngerinnen
Und Magdalena erschaudert vor Wonne.

Seh ich die Knospen der roten Rose


Am Teich im Garten Eden erblühen,
Umsummt von den schwärmenden Hummeln,
Und Apfelbäume blühen im grünen Garten,
O Susanna, kann der Garten Eden
Maria Magdalena befriedigen ganz?

Maria und Susanna lächeln still,


Strähnchen kringeln sich an ihren Wangen,
Sie heben die Arme und zeigen die Achseln
Und es dringen die Brüste aus dem Kleid,
Ruhig schaut Jesus die Jüngerinnen an
Und lange denkt der Allweise über sie nach
Und ist so rein und freudig wie ein Kind,
Jesus Christus, der sorglose Jüngling Gottes!
Von allen Sorgen befreie euch Gott!

Satans Feind, der sich die Fessel ums Herz geschlungen,


Mirjam von Magdala, Fessel der Liebe,
Jesus riss sich von allen Jüngerinnen los
Und eilte einzig Mirjam von Magdala nach,
Eilte hier hin und eilte dort hin,
Zerfleischt im Leib vom Pfeile des Eros,
Von Sehnsucht befallen nach Mirjam,
Im Libanonwalde zu Boden sank Jesus.
SIEBENTER GESANG

Fortgegangen ist Mirjam von Magdala,


Weil sie mich mit den anderen Frauen gesehen,
Sie floh vor meiner allgemeinen Liebe
Und floh aus Angst und zitternder Scheu.

Herr, Herr, ihr Herz ist verletzt,


Sie ist gegangen, einer Verbitterten gleich!

Was wird sie jetzt tun, was wird sie jetzt reden?
Wird sie bald zu mir zurückkehren?
Was nützt mir der Himmelspalast,
Was nützt mir Israel, was mein Leben?

Herr, Herr, ihr Herz ist verletzt,


Sie ist gegangen, einer Verbitterten gleich!

Ich denke an ihr Mondgesicht,


Seh ich sie fragend die Brauen erheben,
Ich sehe die Honigbienen schwirren
Über den rosenroten Rosenkelchen.

Herr, Herr, ihr Herz ist verletzt,


Sie ist gegangen, einer Verbitterten gleich!

Ich trage sie Tag und Nacht in meinem Herzen,


Der ich sie mit Intimität verwöhnte!
Ach, was nützt es doch, dass ich sie verfolge,
Daß ich für sie Liebeslieder singe?

Herr, Herr, ihr Herz ist verletzt,


Sie ist gegangen, einer Verbitterten gleich!

Schönes Mädchen, mir scheint, dein Herz


Ist aus Bitterkeit in Stücke gebrochen!
Wo du hingegangen bist, weiß ich nicht,
Und wollte dich so gerne versöhnen!

Herr, Herr, ihr Herz ist verletzt,


Sie ist gegangen, einer Verbitterten gleich!

Ich sehe dich im Geiste vor mir,


Sehe dein Kommen und dein Gehen.
Soll ich dich denn jetzt nicht mehr umarmen
Und dich pressen innig an mein Herz?

Herr, Herr, ihr Herz ist verletzt,


Sie ist gegangen, einer Verbitterten gleich!
Mirjam, sei mir wieder wohlgesonnen!
Ich will dir solche Schmerzen nicht mehr antun!
Tu doch mir zuliebe etwas Gutes,
Denn vor Sehnsucht nach dir vergeh ich!

Herr, Herr, ihr Herz ist verletzt,


Sie ist gegangen, einer Verbitterten gleich!

Die Worte des Herrn hier wiederzugeben,


Spann Josef Maria Mayer diese Verse,
Marias Schatz ist doch Jesus,
Der aus den Wassern der Taufe aufgetaucht!

Herr, Herr, ihr Herz ist verletzt,


Sie ist gegangen, einer Verbitterten gleich!

Am Herzen hat der Herr einen Rosenkranz,


Der stammt wahrlich nicht von der Schlange!
Am Hals trägt Jesus eine Perlenschnur,
Die stammt wahrlich nicht vom Drachen!
Salböl der Freude – nicht Asche der Buße!
Ach, da Mirjam von Magdala vor mir floh,
Trifft mich tödlich der Pfeil des Eros!
Eros, Eros, was hast du es denn so eilig?

Lege mir nicht den giftigen Pfeil in die Hand


Und spanne nicht den ehernen Bogen, Eros!
Triffst du mich in meiner tödlichen Ohnmacht,
Herrscher Eros, ist das eine Heldentat?
Eros, Eros, dies Mädchen, diese Gazelle,
Sie durchbohrt mich mit ihren glühenden Blicken!
Ihre Blicke waren wie Pfeile des Eros!
Die Liebe ist ein loderndes Feuer Gottes!

Ihre Augenbrauen der Bogen des Eros,


Ihre Wimpern sind die Pfeile des Eros!
Ich bin Gottmensch und Triumphator,
Aber der göttliche Eros hat mich überwältigt!
Aber Eros hat seine allgewaltigen Pfeile
Mir als blutiges Testament hinterlassen!

Da die Wimpern über den Augen strahlten,


Durchbohrte Eros mir das Knochenmark!
Die Strähne ihres Haares knüpfte
Mir den Strang, an dem ich gehangen!
Deine Lippen, rot wie Granatapfelwein,
Sie schenkten mir den dunkelsten Wahnsinn ein!
Makellos sind deine runden Brüste –
Warum spielt Eros mit meinem Leben?

Ich denke: So hat sie mich berührt,


So hat sie mich angeschaut aus frommen Augen,
So hat sie geduftet, wie Weihrauch geduftet,
Dies war ihre Stimme, wie ein Saitenspiel,
Dies die Süßigkeit ihrer Lippen, wie Granatapfelwein,
Und ich denke: Hängt an Frauen so sehr mein Herz?
Alle meine Gedanken sind tief in ihr!
Weh mir, weh mir! Woher der Schmerz?
Diese abgrundtiefe Verlassenheit! Wehe!

Jesus beugte seinen Nacken, bewegte sein Haupt,


Seine Ohrringe glänzten, die Flöte erscholl,
Von zehntausend Jungfraun umrahmt seine Liebe,
Er dehnte sich weit voll brennender Sehnsucht
Zum Mondgesichte Mirjam von Magdala!
Sei eurer Seele ein ewiger Gewinn
Ein einziger Blick vom Todesüberwinder!

Als am schilfigen Ufer des Jordan


Müde Jesus lag und träumte,
Erschöpft von der Last der Sehnsucht,
Sprach Maria Magdalenas Freundin
Susanna diese Worte zum Herrn:

ACHTER GESANG

Über das Salböl ärgert sich Magdalena,


Als Qual empfindet sie den Mondschein,
Vom Südwind meint sie,
Gift aus Nattern-Nestern zu empfangen.
Jesus, dir vereinigt in der Beschauung,
Dich entbehrt sie mit brennender Sehnsucht!

Vor den häufig hagelnden Pfeilen des Eros


Schützt sie ihr Herz mit einer Dornenhecke,
Schützt sie ihr Herz, um dich zu schützen,
Der du lebst in ihrem innersten Herzen.
Jesus, dir vereinigt in der Beschauung,
Dich entbehrt sie mit brennender Sehnsucht!

Kissen bereitet sie aus Magnolienblüten


Und bereitet euch ein Bett im grünen Gras,
Ein Bett für eure Liebesumarmung,
So erfüllt sie ihr heiliges Keuschheitsgelübde.
Jesus, dir vereinigt in der Beschauung,
Dich entbehrt sie mit brennender Sehnsucht!

Schwere Tropfen regnen aus ihren Augen,


Diesen Augen, die wie Narzissen glühen,
Ihr Antlitz ist wie der Mond, der weint
Den Nachttau auf den Garten der Liebe.
Jesus, dir vereinigt in der Beschauung,
Dich entbehrt sie mit brennender Sehnsucht!

Heimlich malt sie dich mit Henna


Als Herrn der Liebe auf ihre Wangen,
Malt dich, wie du in Händen hältst
Den Honigpfeil des göttlichen Eros.
Jesus, dir vereinigt in der Beschauung,
Dich entbehrt sie mit brennender Sehnsucht!

Tief in der Kontemplation, da bist du ihr nah,


O Gott, der in unzugänglichem Lichte wohnt,
Sie plappert, sie kichert, sie lacht, sie eilt
Und sendet in die Welt ihre glühende Liebe!
Jesus, dir vereinigt in der Beschauung,
Dich entbehrt sie mit brennender Sehnsucht!

Sie spricht nur dies: Ich fall dir zu Füßen,


O mein Herr und mein Gott, mein König,
Schaust du mich nicht an in Gnade,
So verbrennt der Südwind meine Glieder.
Jesus, dir vereinigt in der Beschauung,
Dich entbehrt sie mit brennender Sehnsucht!

Sollen diese Verse Josef Maria Mayers


Noch der Nachwelt im Herzen tönen,
So lest sie als die Worte Marias,
Die Worte der schmachtenden Magdalena.
Jesus, dir vereinigt in der Beschauung,
Dich entbehrt sie mit brennender Sehnsucht!

Wie der Libanonwald erscheint ihr Zelt,


Wie ein Fischernetz der Freundinnen Schwarm,
Die Glut der Seufzer Magdalenas
Erscheint wie ein Waldbrand im Sommer.
O Jesus, seit du Magdalena so fehlst,
Ist sie ganz zur verzärtelten Gazelle geworden.
Und Eros gibt sich ihr als ein seliger Tod
Und kommt zu ihr wie ein schwarzer Panther!

NEUNTER GESANG

Auf ihrem Busen die Perlenschnur


Fühlt die sich verzehrende Christin als Last,
Maria von Bethanien, leidend,
Weil Jesus so fern von ihr war!

Salböl von Myrrhe, sonst erquickend,


Erscheint ihr wie Gift in die Poren zu dringen,
Maria von Bethanien, leidend,
Weil Jesus so fern von ihr war!

Unbeschreiblich, wie die Seufzer wüten!


Wie vom Wein des Wahnsinns ist sie betört!
Maria von Bethanien, leidend,
Weil Jesus so fern von ihr war!

Tautropfen streut sie wie Samen aus,


Tautropfen von den Narzissenblüten,
Maria von Bethanien, leidend,
Weil Jesus so fern von ihr war!

Den Kopf stützt sie traurig auf die Hand,


Ihr Kopf ist Neumond in dunkler Nacht,
Maria von Bethanien, leidend,
Weil Jesus so fern von ihr war!

Sie weidet die Augen am grünen Bett des Gartens


Und meint, es wäre ein Ganzbrandopferaltar,
Maria von Bethanien, leidend,
Weil Jesus so fern von ihr war!

Herr, Herr, so flüstert sie voll Sehnsucht,


Als sei die Trennung ein Liebestod,
Maria von Bethanien, leidend,
Weil Jesus so fern von ihr war!

Dies Lied von Josef Maria Mayer erfreu dich


Und erfreue die durchbohrten Füße Christi!
O Maria von Bethanien, leidend,
Weil Jesus so fern von ihr war!

Es sträuben sich ihr die Härchen im Nacken,


Sie stöhnt, sie faselt Unsinn, sie zittert,
Sie ist bang in der Nacht und liegt am Boden,
Sie ist tot wie vom Fieber des Eros,
Und nur der Blutwein Christi könnte sie stärken,
Wenn du, o Jahwe-Rapha, du göttlicher Arzt,
Dich erbarmtest, sonst ist kein Retter da!

O Gott, du Arzt, o heile die Liebeskranke,


Heile sie durch deines Fleisches Vereinigung!
Maria von Bethanien, wenn du sie nicht erlöst,
Herr, so bist du hart wie ein Donnerhammer!

Krank von des heillosen Eros Fieber,


Schon lange wecken die Violen ihre Schmerzen,
Sie ruft deinen mystischen Körper, o Christus,
Bräutigam ihrer Seele, den allein sie liebt,
Sie sieht dich mit den Augen ihrer Seele,
Obgleich sie fast zu Tode erschöpft ist.
Die Trennung kann sie nicht ertragen,
Ein einziger Blick hat sie gebrochen,
Jetzt seufzt sie, sieht sie die Violen blühen,
Jetzt jammert sie in tödlicher Einsamkeit!

Jesus hielt den Schirm und Schutz


Über die Herde seiner Schäfchen,
Seine Freundinnen küssten ihn alle,
Die roten Lippen, rot wie Granatapfelwein,
Die roten Lippen küssten den göttlichen Freund.
Jesus ist der fleischgewordene Satansüberwinder,
Möge sein göttlicher Finger euch Freuden bereiten!

Jesus spricht: Ich bleibe


Im Garten Gethsemane!
Ich sende dich, Susanna,
Zu meiner Freundin Magdalena,
Führe sie zu mir! –
Und Susanna sprach zur Freundin Maria:

ZEHNTER GESANG

Regt sich der Südwind,


Trägt er Jesu glühende Sehnsucht,
Es blühen die Rosen im Garten,
Doch Jesus ist verlassen und zerschlagen!
Weil du ihm fern bist, o Freundin,
Liegt liebeskrank der Dorngekrönte!

Bescheint ihn des Mondes dunkles Licht,


Erlebt er die Todesstunde!
Ihn trifft der Liebespfeil,
Seine offene Wunde blutet!
Weil du ihm fern bist, o Freundin,
Liegt liebeskrank der Dorngekrönte!

Summen die Honigbienen,


Lauscht er ihrem Summen,
Sein Herz ist einsam!
Er bleibt erwählt den Leiden!
Weil du ihm fern bist, o Freundin,
Liegt liebeskrank der Dorngekrönte!

Ruht er im Garten Gethsemane,


Verlässt er die Davidsburg,
Muss er sich wälzen im Staub,
Oft seufzt er deinen Namen.
Weil du ihm fern bist, o Freundin,
Liegt liebeskrank der Dorngekrönte!

Es spricht der Dichter Josef Maria Mayer


Von den tödlichen Schmerzen der Trennung.
Möge Jesu Herz, von Leiden durchbohrt,
Auferstehen in göttlicher Freude!
Weil du ihm fern bist, o Freundin,
Liegt liebeskrank der Dorngekrönte!

Magdalena, mit dem König der Liebe


Lebtest du sonst in Vereinigung!
Im Garten Gethsemane denkt nun
Jesus an dich in der dunklen Nacht!
Er lallt die Gebetsschnur für dich
Und wünscht sich von den Bechern
Deiner üppigen Brüste, den Wein der Liebe
Und der Vereinigung Lust zu trinken!

ELFTER GESANG

Ewige Liebe zu verschenken,


Zog Jesus nach Jerusalem.
O Magdalena mit dem breiten Becken,
Vereinige dich mit dem Bräutigam!
Die Engel zu Geführten,
Auf dem Berge Karmel
Im Walde geht der Dorngekrönte.

Christus, deinen Namen trägt die Christin,


Jesus, der du die Flöte bläst,
Den Corpus Christi betet sie an
Und liebt noch den Schatten deines Leibes.
Die Engel zu Gefährten,
Auf dem Berge Karmel
Im Walde geht der Dorngekrönte.

Es rauschen die Flügel, es rauscht das Laub,


Jesus sehnt sich nach dir, Geliebte!
Er bereitet schon das Bett der Vereinigung
Und schaut, ob du zu ihm kommst.
Die Engel zu Gefährten,
Auf dem Berge Karmel
Im Walde geht der Dorngekrönte.

Löse die silbernen Kettchen von den Füßen,


Die silbernen Kettchen mit den silbernen Glöckchen,
Freundin, steige den Karmel hinan
Und umarme Jesus im Purpurmantel!
Die Engel zu Gefährten,
Auf dem Berge Karmel
Im Walde geht der Dorngekrönte.

Du ruhst an Jesu Herzen, Freundin,


Die Perlenschnur zwischen deinen Brüsten,
Maria, schön wie ein goldener Engel
Sollst du strahlen in der Umarmung!
Die Engel zu Gefährten,
Auf dem Berge Karmel
Im Walde geht der Dorngekrönte.

Den nackten Arm aus dem Kleid erhebe


Und schling ihn Jesus um den Hals
Und mit der Augen glühenden Narzissen
Schaue voll Liebe zu deinem Schatz!
Die Engel zu Gefährten,
Auf dem Berge Karmel
Im Walde geht der Dorngekrönte.

Der Herr ist unermesslich groß,


Die dunkle Nacht ging dem Ende entgegen.
Folge meiner Unterweisung, Freundin,
Und tröste Jesus, der dürstet nach Liebe!
Die Engel zu Gefährten,
Auf dem Berge Karmel
Im Walde geht der Dorngekrönte.

Josef Maria Mayers freie Verse


Preisen den Herrn mit großer Freude.
Werft euch nieder vor den Füßen des Herrn,
Der euch alle Gnaden geschenkt!
Die Engel zu Gefährten,
Auf dem Berge Karmel
Im Walde geht der Dorngekrönte.

Seufzer fließen von Jesu Lippen,


Voller Hoffnung schaut er in die Zukunft,
Bald birgt er sich in der dunklen Nacht,
Bald schweigt er in ruhender Stille,
Bald bereitet er das Bett der Hochzeit,
Bald blickt er voller Schmerzen sich um,
Von glühender Sehnsucht überwunden,
Windet sich dein Bräutigam dort im Staub!

Die Zeit, da du dich ihm verwehrt,


Die Zeit verging wie ein Sonnenuntergang.
Wie das Liebesverlangen in Jesu Herzen
Ward unermesslich tief die dunkle Nacht.
Wie der Singschwäne tödliches Lied,
So singe ich dir, Maria Magdalena:
Rasch, schöne Närrin, eile zum Freund,
Es ist die Stunde des Liebestreffens gekommen.
Wenn Jesus und Magdalena sich herzen,
Wenn sie tauschen den Kuss der Liebe,
Wenn der göttliche Eros aufgewacht ist
Und sie werden verrückt vor Liebe,
Wenn sie schließlich sich vereinigen liebend,
Die sich an dem Wort erkannten, die beiden,
Was blüht dem Bräutigam da für Wonne
In der dunklen Nacht, vermischt mit Schmerzen!

Ängstlich zitternd bist du gekommen,


Die Augen geheftet auf den engen Weg,
Bei jeder Zypresse bliebst du stehen,
Langsam setztest du Schritt vor Schritt,
Du bist genaht mit allen deinen Nöten,
Der göttliche Eros glühte auf deinen Wangen,
O schöne Geliebte, so schaut dich Jesus,
So krönt sich Jesus mit ewiger Wonne!

Der als Schmetterling gesogen


An Marias Rosenmund,
Der in der Dreifaltigkeit thront
Als Menschensohn aus Saphir,
Der dem ewigen Tod ein Ende setzte,
Der allen seinen Jüngerinnen
Die Seele beseligt in der Gnadenzeit,
Satans göttlicher Überwinder
Sei dir gnädig, Evas Tochter!

Als Susanna im Brautgemach


Die verliebte Magdalena sah,
Sprach Susanna zu Jesus Christus
Von der sehnsuchtsgequälten Freundin.

ZWÖLFTER GESANG

Sie blickt sich in alle Himmelsrichtungen um


Und sieht dich in ihrem Geist,
Wie den Honig du aus der Rose saugst
Ihrer rosenroten Lippen.
Herr, eile zur Freundin,
Die schmachtend liegt im Brautgemach!

Sie möchte gerne zu dir gehen


Und alles drängt sie zu dir,
Aber sie ist zu schwach zum Gehen,
Die Füße versagen ihr den Dienst.
Herr, eile zur Freundin,
Die schmachtend liegt im Brautgemach!

Sie umarmt sich selbst mit den Armen,


Mit ihren weißen Lilienarmen,
Sie lebt nur noch von Wahngedanken,
Wie ihr früher glücklich zusammen wart.
Herr, eile zur Freundin,
Die schmachtend liegt im Brautgemach!

Manchmal, wenn sie daran denkt,


Wie sie sich für Jesus schön gemacht,
Denkt sie gar in ihrem Wahnsinn:
Ich bin selbst der gekreuzigte Christus!
Herr, eile zur Freundin,
Die schmachtend liegt im Brautgemach!

Warum, denkt sie, hat Jesus mich verlassen?


Warum kommt er nicht zum Liebestreffen?
So klagt sie ihrer Freundin ohne Ende
Die Leiden ihrer trostlosen Gottverlassenheit.
Herr, eile zur Freundin,
Die schmachtend liegt im Brautgemach!

Jetzt stöhnt sie: Der Herr ist da!


Und sie umarmt die dunkle Nacht
Mit ihren schneeweißen Lilienarmen
Wie eine gewitterschwangere Wolke.
Herr, eile zur Freundin,
Die schmachtend liegt im Brautgemach!

Wenn du nicht zu ihr kommst, Jesus,


Dann verliert sie alle ihre Scham
Und stammelt Worte des Wahnsinns
Und weint, wenn sie dir das Lager bereitet.
Herr, eile zur Freundin,
Die schmachtend liegt im Brautgemach!

Josef Maria Mayer ersann dies Lied,


Es möge euch Trost und Freude bringen.
Herr, eile zur Freundin,
Die schmachtend liegt im Brautgemach!

Ihre Härchen auf den Armen sträuben sich,


Ein Seufzer jagt den nächsten Seufzer,
Wie Quellen sind ihre Augen voll Tränen
Und es steigen die Schluchzer in ihr Gebet.
O Jesus, an dir ernährt sie ihre Sehnsucht
Und in Fluten der Trauer versinkt
Maria Magdalena, Judäas Gazelle.

Wieder und wieder schmückt sie sich,


Und regt ein Windhauch nur ein Eichenblatt,
So denkt sie: Er ist es, er kommt!
Dann sitzt sie lang und denkt nach.
Sie ordnet Schmuck und Schminke
Und ordnet immer wieder das Bett
Und denkt an alle Gedichte des Wahnsinns,
Die schöne Maria Magdalena,
Und keine Nacht der Seele lebt sie ohne Jesus.

Aber Petrus spricht: Wo bist du, Herr,


Da Magdalena auf dich wartet
In den Schlangenlocken ihrer Mähne,
Sie wartet unterm Feigenbaum auf dich,
Mein Freund und mein Bruder Jesus Christus,
Geh doch nach Magdala in Galiläa!
So sprach Simon Petrus zu Jesus Christus
Und Jesus bereitete sich schon darauf vor,
Die schöne Maria zu grüßen und zu segnen.

Der keusche Mond, als träfe ihn die Sünde


Unkeuscher Frauen, zeigend seine Pracht,
Mit Strahlen scheint auf den Libanonwald,
Das Monden-Antlitz der Himmelskönigin.

Es nahte schon der himmlische Stier,


Doch fern blieb Jesus seiner Freundin,
Die Gekränkte ließ ein irres Lachen hören
Und stöhnte vor quälerischer Sehnsucht.

DREIZEHNTER GESANG

Die Stunde des Liebestreffens ist da,


Doch Jesus kam nicht zum Libanonwald.
Ist meiner Jungfräulichkeit Blüte
Mir abhanden gekommen, Herr?
Oh, wo finde ich Zuflucht?
Mich schmähten nur die Christen!

Bei Nacht bin ich durch den Wald gewandert,


Mich in der Nacht mit Jesus zu vereinigen,
Aber statt dessen trafen mich Pfeile
Und durchbohrten mir das Herz in der Brust!
Oh, wo finde ich Zuflucht?
Mich schmähten nur die Christen!

Ach, ich wäre lieber tot und im Himmel,


Nachdem ich hier vergebens Liebe gesucht!
Warum muss ich diese Trennung erleiden
Und warum wurde meine Vernunft verrückt?
Oh, wo finde ich Zuflucht?
Mich schmähten nur die Christen!

Ach, Verdruss nur bringt mir der Frühling,


Vergeblich leuchtet mir die süße Sonne,
Ob wohl eine andere Jüngerin
Jesus genießt mit lachender Freude?
Oh, wo finde ich Zuflucht?
Mich schmähten nur die Christen!

Weinen kann ich nur über die Kleider


Und den schönen Schmuck und die Schminke,
Ich entbehre Jesus, das muss ich leiden,
Und täte gern so vieles ihm zuliebe!
Oh, wo finde ich Zuflucht?
Mich schmähten nur die Christen!

Zart wie Violen ward mein Körper


Und wie die schmerzenden Pfeile des Eros
Stechen mich die Dornen des Rosenkranzes.
Ist denn Gottes Liebe ungleich verteilt?
Oh, wo finde ich Zuflucht?
Mich schmähten nur die Christen!

Hier im dunklen Walde will ich bleiben,


Ich zähle die Zweige im Walde nicht.
Mag sich der Satanüberwinder
Denn gar nicht mehr an mich erinnern?
Oh, wo finde ich Zuflucht?
Mich schmähten nur die Christen!

Dies Gedicht ist von Josef Maria Mayer,


Er liegt seiner Zuflucht Jesus zu Füßen.
O Jesus, wohne im Herzen der Freundin
Und schmiege dich dicht an die Frau!
Oh, wo finde ich Zuflucht?
Mich schmähten nur die Christen!

Lief Jesus einer liebenden Christin in den Arm?


Ob ihn mit geschickten Redekünsten
Seine Brüder und Freunde fesselten gar?
Verirrte sich Jesus in der dunklen Nacht?
Ist der Geliebte krank vor Liebe
Und zu schwach, den Weg zu gehen zu ihr,
Dass nicht einmal ein Ton seiner Flöte
Zu ihr gedrungen in den Libanonwald?

Als Magdalena sah, wie Susanna


Ohne Jesus Christus wieder zu ihr kam,
Schwieg Magdalena vor Verzweiflung.
Ach, liebt denn Jesus andre Frauen mehr
Und vergnügt sich mit einer andern Frau?
So sprach Maria Magdalena voll Eifersucht:

VIERZEHNTER GESANG

In prangendem Liebreiz,
Wie es ihrer Sehnsucht entspricht,
Sterne streuend
Aus ihrer blonden Lockenmähne,
Mit Satans Überwinder freut sich
Ein Mädchen höherer Schönheit!

Von der Umarmung Christi


In wallender Wollust,
Ihre Perlenschnüre tanzen
Auf den Bechern ihrer Brüste,
Mit Satans Überwinder freut sich
Ein Mädchen höherer Schönheit!

Von goldener Lockenmähne


Die Antlitz-Sonne umflossen,
Von der Macht seines Weines
Und seinen Küssen berauscht,
Mit Satans Überwinder freut sich
Ein Mädchen höherer Schönheit!

An ihren Muschelohren
Hängen die silbernen Ohrringe glänzend,
Mit strahlendem Liebreizgürtel
Gegürtet ist ihre schlanke Hüfte,
Mit Satans Überwinder freut sich
Ein Mädchen höherer Schönheit!

Unter den Blicken des Geliebten


Mit strahlendem Lachen steht sie,
Sie girrt wie eine Turteltaube
Und flötet wie eine Nachtigall,
Mit Satans Überwinder freut sich
Ein Mädchen höherer Schönheit!

Ihre Nackenhärchen sträuben sich,


Ihr Wonnekörper bebt,
Die strahlenden Augen sind offen,
Sie ist erblüht in Wollust,
Mit Satans Überwinder freut sich
Ein Mädchen höherer Schönheit!

Von Schweißtropfen perlen


Ihre lilienweißen Glieder,
In großer Liebe fällt sie
An Jesu heiliges Herz,
Mit Satans Überwinder freut sich
Ein Mädchen höherer Schönheit!

In diesem Gedicht von Josef Maria Mayer


Wird besungen in der Gnadenzeit
Christi Vereinigung mit der Seele,
Die durch Schmerzen geläutert wird,
Mit Satans Überwinder freut sich
Ein Mädchen höherer Schönheit!

Blass vor Sehnsucht


Ist Jesu heiliges Antlitz,
Es strahlt wie der Mond,
Der lilienweiße Vollmond,
Der Herr erleichtert sich ein wenig
Seiner quälenden Schmerzen
Und breitet sein heiliges Antlitz
Über das liebende Herz der Freundin,
Das erfüllt ist von göttlichem Eros
Und vom Kreuz der heiligen Liebe!

FÜNFZEHNTER GESANG

Im liebeglühenden Antlitz
Der Liebenden mit den Lippen,
Die lachend Küsse verlangen,
Ein Schönheitsmal
Trägt sie auf ihrer Brust.
Im Jabbok-Wildbachtal
Bei Mahanajim
Fand Jesus die ewige Wonne!

Ihre sonnengoldenen langen Locken,


Er spielt mit den Locken,
Die umfließen das lachende Antlitz,
Er schmückt ihr Haar mit Hennablüten,
Sie ist schön wie die Antilope
Im Wildpark des Vielgeliebten.
Im Jabbok-Wildbachtal
Bei Mahanajim
Fand Jesus die ewige Wonne!

Perlenschnüre der Gebete


Hängt Jesus zwischen ihre Brüste,
Die von Milch strotzenden Brüste,
Unterm Sternbild ihrer Brüste
Ruht Jesus wie unterm Vollmond.
Im Jabbok-Wildbachtal
Bei Mahanajim
Fand Jesus die ewige Wonne!
Auf die nackten weichen Arme,
Die schneeweißen Lilienarme,
Legt Jesus goldene Spangen,
Golden wie Honig der Bienen.
Im Jabbok-Wildbachtal
Bei Mahanajim
Fand Jesus die ewige Wonne!

Im Freudenhaus der Wonne,


Beim Schwenken der Hüften,
Beim weißen Thron des Eros,
Gürtet Jesus die Geliebte
Mit dem zaubernden Liebreizgürtel
Und führt sie in seine Wohnung.
Im Jabbok-Wildbachtal
Bei Mahanajim
Fand Jesus die ewige Wonne!

Die tanzenden Füße der Schönen


Sind mit Henna rot gefärbt,
Sie ruht an Jesu heiligem Herzen,
Während er vor Liebeskummer
Seine Wunden bluten lässt.
Im Jabbok-Wildbachtal
Bei Mahanajim
Fand Jesus die ewige Wonne!

Beglückt ist der Menschensohn,


Der Freund und Bruder des Hirten,
Er beglückt die Geliebte,
Die Schöne mit den Gazellenaugen.
O Magdalena, warum
Wartest du vergeblich
Im Libanonwald auf Jesus?
Im Jabbok-Wildbachtal
Bei Mahanajim
Fand Jesus die ewige Wonne!

In geistreichen Versen,
Den Herrn zu preisen,
In des Meisters Diensten
Spricht Josef Maria Mayer,
In der großen Gnadenzeit
Der göttlichen Barmherzigkeit
Ist er ein Muster jüngeren Dichtern.
Im Jabbok-Wildbachtal
Bei Mahanajim
Fand Jesus die ewige Wonne!

O Magdalena, lässt dich Jesus allein,


Was betrübst du dich, schöne Seele?
Jesus vergnügt sich mit anderen Frauen,
Aber geschieht dir etwa Unrecht?
Siehe, um mit dem Bräutigam eins zu werden,
Von des Geliebten Schönheit hingerissen,
Von der Schwermut der Sehnsucht gequält,
Verliert Maria Magdalena den Verstand!

SECHZEHNTER GESANG

Ihre Augen wie Lotos-Nymphäa,


Ihre beiden lachenden Augen!
Sie muss im grünen Frühlingsbett
Kein Leiden der Liebe leiden!
Ewige Wonne schenkt ihr
Das heilige Herz des Dorngekrönten!

Ihre purpurnen Lippen,


Die feucht sich scheiden!
Von Eros glühendem Pfeil
Wird ihr das Herz durchbohrt!
Ewige Wonne schenkt ihr
Das heilige Herz des Dorngekrönten!

Honigsüße Töne flötet sie


Und Segensworte singt sie!
Sie fiebert vom Liebesfieber
Im Südwind aus dem Südland!
Ewige Wonne schenkt ihr
Das heilige Herz des Dorngekrönten!

Ihre tanzenden Füße,


Weiße Lilien erblassen vor Neid!
Der Mond strahlt in der Nacht
Und sie wacht vor Liebe!
Ewige Wonne schenkt ihr
Das heilige Herz des Dorngekrönten!

Das Glänzen des lichten Mondes


Erhellt die dunkle Nacht.
Keinen Verlust erleidet sie,
Kein Schmerz wühlt in ihren Eingeweiden.
Ewige Wonne schenkt ihr
Das heilige Herz des Dorngekrönten!

Ihr leichtes seidiges Kleidchen


Schimmert wie Gold vom Stein der Weisen.
Lachend sieht sie die anderen Frauen
Ohne Neid und Eifersucht.
Ewige Wonne schenkt ihr
Das heilige Herz des Dorngekrönten!
Jesus, dem kein Jüngling vergleichbar,
Kein Mann ist vergleichbar dem Herrn,
Er lässt Salome nicht leiden,
Sondern erbarmt sich der Geliebten.
Ewige Wonne schenkt ihr
Das heilige Herz des Dorngekrönten!

Diese Verse Josef Maria Mayers


Sollen Engel dem Messias singen!
Möge Jesus einkehren sanft
In das Herz seiner Freundin!
Ewige Wonne schenkt ihr
Das heilige Herz des Dorngekrönten!

O du göttlicher Seligmacher,
O du duftender Gummi-Wind,
Blase in den Garten, Südwind,
Weiche, frostiger Nordwind,
Atem Gottes, wehe den Messias herbei!
Ich bin atemlos vor Bewunderung!

Magdalena aber fühlt


Der Freundinnen Nähe
Wie einen Erzrivalen.
Wie ein tödlicher Pfeil
Fühlt sich der Schnee
Vom Hermongebirge an.
Der milde Strahl des Mondes
Scheint Gift einer Hexe zu sein.
Magdalenas Herz brennt
Gewaltig für Jesu Herz!
Magdalena mit den Gazellenaugen,
Dich bändigt und überwältigt
Der unbändige göttliche Eros!

Wirf Magdalena zu Boden,


Du heißer Wind aus der Wüste!
Eros, Eros, nimm ihr den Atem!
Zu Hause will sie nicht mehr bleiben.
O Schwester Todin, was soll dein Erbarmen?
Gott, nimm mir aus meinem Fleisch
Die verzehrende Glut der Leidenschaft!

Den Purpurmantel umgeworfen,


Sieht Jesus in der Morgenröte
Maria Magdalena zittern,
Während die Freundinnen tanzen,
Jesus schaut aus seinen Taubenaugen
Zärtlich auf Maria Magdalena,
Süßes Lächeln um die Lippen.
Sei der ganzen Menschheit zur Wonne,
Jesus Christus, Mutter Marias Sohn!

Magdalena ist durch die Nacht gegangen


Und ist erschüttert von Eros’ Pfeilgeschossen
Und in der Morgenröte spricht sie zu Jesus,
Der voller Versöhnung vor Magdalena kniet,
Und redet zu Jesus eifersüchtige Worte:

SIEBZEHNTER GESANG

Von der durchwachten Nacht glühend,


Von Liebesleidenschaft glänzend,
Glüht dein Auge von genossener Liebe,
Getaucht in das Meer der lustvollen Liebe.
Herr, Herr, Jesus, geh, Christus, geh,
Folge doch Salome, dieser goldnen Nymphe,
Die dir deine Einsamkeit vertreibt!

Dein Mund hat die grünen Augen geküsst,


Die grünen Augen mit goldener Wimpernschminke,
Deine weißen Zähne, o Christus,
Gleichen deinem Leib, der weiß wie Brot ist.
Herr, Herr, Jesus, geh, Christus, geh,
Folge doch Salome, dieser goldnen Nymphe,
Die dir deine Einsamkeit vertreibt!

Nach dem Treffen im Geist des Eros


Trägt dein Leib noch die Spuren der Nägel,
Wie in Jaspis geprägt die Inschrift
Und die Bundesurkunde göttlicher Liebe.
Herr, Herr, Jesus, geh, Christus, geh,
Folge doch Salome, dieser goldnen Nymphe,
Die dir deine Einsamkeit vertreibt!

Hier ist dein blutrotes Herz,


Bemalt mit dem Henna ihrer Zehen,
Alles ist offenbar, wie du genossen
Den Feigenbaum der Liebesumarmung.
Herr, Herr, Jesus, geh, Christus, geh,
Folge doch Salome, dieser goldnen Nymphe,
Die dir deine Einsamkeit vertreibt!

In deinen Lippen die Spuren der Bisse,


Das brennt in meinen Eingeweiden!
Kann ich jetzt deinen Leib, so weiß wie Brot,
Kann ich jetzt noch deinen Leib genießen?
Herr, Herr, Jesus, geh, Christus, geh,
Folge doch Salome, dieser goldnen Nymphe,
Die dir deine Einsamkeit vertreibt!

Dein Leib ist wie weißes Brot


Und wie Brot ist auch dein Wort.
Warum verlässt du deine Freundin,
Die von Eros’ Pfeil gequält wird?
Herr, Herr, Jesus, geh, Christus, geh,
Folge doch Salome, dieser goldnen Nymphe,
Die dir deine Einsamkeit vertreibt!

Warum schweifst du durch die dunkle Nacht,


Um Frauen zu verschlingen wie Brot?
Hast du nicht schon als göttlicher Knabe
Mit deinen Freunden spöttisch gespielt?
Herr, Herr, Jesus, geh, Christus, geh,
Folge doch Salome, dieser goldnen Nymphe,
Die dir deine Einsamkeit vertreibt!

Dies ist das Lied von Josef Maria Mayer


Über das gedankenlose Plaudern der Frauen,
Die enttäuscht und verbittert sind von der Liebe.
Gott, so höre du die klagenden Frauen!
Herr, Herr, Jesus, geh, Christus, geh,
Folge doch Salome, dieser goldnen Nymphe,
Die dir deine Einsamkeit vertreibt!

Seh ich die Glut deiner Sehnsucht von dir fließen,


Gemischt mit dem Hennarot der Zehen der Freundin,
Warum brachest du die Bundestreue, Herr?
Spielst du mit dem Glück wie mit dem Schicksal?
Dein Antlitz zu sehen, macht mir Kummer,
Aber schließlich schäm ich mich meiner Tränen.

Jesus bewegt sein göttliches Haupt


Und pflückt vom Magnolienbaume Blüten,
Für Magdalena mit den Gazellenaugen
Ist das ein Zauber erneuerter Liebe,
Jesus, der sieben Dämonen aus ihr austrieb,
Jesus segne Magdalena mit seiner Flöte!

Zur betäubten Magdalena,


Zur freudeberaubten, verzweifelten Frau,
Von Jesus Christus enttäuschten,
Von ihm scheidenden Magdalena
Spricht die Freundin Susanna dies:

ACHTZEHNTER GESANG
Der Herr kommt im Frühling
Mit dem süßen Frühlingswind.
Was willst du schönere Freude
In deinem Hause finden?
Bittere, lass den Groll
Und verschmähe nicht Jesus voll Stolz!

Schwerer als Granatäpfel,


Von süßem Safte feucht,
Was lässt du unfruchtbar sein
Die Becher deiner Brüste?
Bittere, lass den Groll
Und verschmähe nicht Jesus voll Stolz!

Wie oft vernahmst du nicht den Vers,


Den wunderschön klingenden Vers:
Bleibe nicht fern vom Herrn,
Öffne dem Herrn dein Herz!
Bittere, lass den Groll
Und verschmähe nicht Jesus voll Stolz!

Warum heulst du so verzweifelt


Und bist den Schmerzen verfallen?
Nur spotten werden über dich
Die andern Christinnen alle.
Bittere, lass den Groll
Und verschmähe nicht Jesus voll Stolz!

Auf deinem Bett erblicke,


Auf dem die Violenblüten liegen,
Den Herrn und lass seine Augen
Deine reifen Feigen pflücken!
Bittere, lass den Groll
Und verschmähe nicht Jesus voll Stolz!

Was lässt du in deinen Gedanken


Die bittere Seelenwunde bluten?
Was lässt du den schweren Gram
Dir deine Seele umnachten?
Bittere, lass den Groll
Und verschmähe nicht Jesus voll Stolz!

In Josef Maria Mayers Gedicht,


Das so überaus schön geraten ist,
Sollen geistreiche Leser lesen
Von den Wunderwerken des Herrn.
Bittere, lass den Groll
Und verschmähe nicht Jesus voll Stolz!

Bist du grob, wo Jesus sanft ist,


Bist du stolz, wo Jesus demütig ist,
Setzt du seiner glühenden Liebe
Nur kalte Gleichgültigkeit entgegen,
Entziehst dich seinem Auge,
Wenn Jesus dich liebevoll anschaut,
Dann geschieht dir recht
In deinem verkehrten Sinn,
Dass dir das Nardenöl
Als Gift in die Poren dringt
Und dass das keusche Mondlicht
Dir wie verzehrende Glut erscheint
Und dass der Schnee vom Hermon
Dir wie ein Opferfeuer erscheint
Und dass der heitere Scherz der Liebe
Dich quält wie Pein des Todes!

Der Herr, dem die Pilger huldigen huldvoll,


Er neigt seine Stirn mit dem Dornenkranz,
Er ist süß wie Bienenhonig
Und ist verschwenderisch mit Gaben
Und ist blendend wie die Sonne!
Lobpreis den durchbohrten Füßen Jesu!
Dass der Tod und der Teufel besiegt sind,
Verkündet das Evangelium!

Zorn erfüllte die arme Magdalena,


Der Seufzer müde war ihr Mund.
Der Freundin mit den Rosenlippen nahend,
Die schamhaft zu Susanna schaute,
Mit liebesstammelnder Rede sprach
Am Ende des Tages Jesus zu Magdalena:

NEUNZEHNTER GESANG

Sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund!


Nimm von den Elfenbeinzähnen den Grimm!
Möge der Rotwein deiner Rosenlippen
Die Seele deines Freundes berauschen!
Geliebte Schönheit, lass ab vom Grimm,
Feuer der Liebe erfüllt mein Herz,
Gib mir den Rotwein deiner Küsse zu trinken!

Bist du denn wirklich böse auf mich?


Nägel sollen durch Hände und Füße mir dringen!
Umarme mich mit deinen Lilienarmen,
Rechtfertigung soll aus meiner Sehnsucht entspringen!
Geliebte Schönheit, lass ab vom Grimm,
Feuer der Liebe erfüllt mein Herz,
Gib mir den Rotwein deiner Küsse zu trinken!

Du bist doch mein goldenes Schmuckstück,


Du bist die Seele meiner Seele,
Du bist der Schatz im Acker meines Lebens,
Dich begehre ich selbst noch am Kreuz!
Geliebte Schönheit, lass ab vom Grimm,
Feuer der Liebe erfüllt mein Herz,
Gib mir den Rotwein deiner Küsse zu trinken!

Wie grüne Jade leuchten deine Augen,


Schlank bist du wie eine Palme von Tamar,
Lässt du von Liebesschmerz Jesu Herz bluten,
Wird er es freudig für dich erleiden!
Geliebte Schönheit, lass ab vom Grimm,
Feuer der Liebe erfüllt mein Herz,
Gib mir den Rotwein deiner Küsse zu trinken!

Deine Brüste sind breite Becher,


Es tanzen dazwischen die Perlenschnüre,
Es schimmert um deine Lenden der Liebreizgürtel,
Die Gebote des göttlichen Eros verkündend.
Geliebte Schönheit, lass ab vom Grimm,
Feuer der Liebe erfüllt mein Herz,
Gib mir den Rotwein deiner Küsse zu trinken!

Wie Lotossprossen sind deine Füße,


Die erhöht sind auf der Bühne des Tanzes,
Zu süßen Tönen tanzen deine Füße,
Ich will dir die Zehen röten mit Henna.
Geliebte Schönheit, lass ab vom Grimm,
Feuer der Liebe erfüllt mein Herz,
Gib mir den Rotwein deiner Küsse zu trinken!

Die verzehrende Glut der Leidenschaft zu löschen,


Leg mir auf die Schultern deine Füße,
Glühen sollst du von Liebesfieber,
Ich will dir die Wunde deiner Seele heilen!
Geliebte Schönheit, lass ab vom Grimm,
Feuer der Liebe erfüllt mein Herz,
Gib mir den Rotwein deiner Küsse zu trinken!

Es wirbt um dich der Teufelsüberwinder,


Es wendet sich Gottes Wort an Magdalena.
Es siege im Sänger-Wettstreit Josef Maria Mayer,
Allen frommen Frauen Seligkeit kündend!
Geliebte Schönheit, lass ab vom Grimm,
Feuer der Liebe erfüllt mein Herz,
Gib mir den Rotwein deiner Küsse zu trinken!

Gequälte Seele, lass ab vom Zweifel!


Immer seh ich vor mir deine schwellenden Brüste
Und deine schlanke Hüfte seh ich im Traum,
Keine andre ist für mich so schön wie du,
Selig herrscht in meinem heiligen Herzen
Der göttliche Eros allein, der Gott der Liebe!
Neige dich zu mir, du schöne Frau,
Der Anfang unsrer Umarmung gewähre
Volle Erfüllung aller unserer Hoffnung!

Süßes Mädchen, gönne doch dem Herrn


Die Bisse deiner Elfenbeinzähne!
Lass Armlianen mich fesseln!
Lass Brüste mich wie Sterne überwölben!
Erhöhe, feurige Frau, die Wollust noch
Und lass von des schrecklichen Eros Speer
Alle meine fünf Wunden bluten!

Du sonniges Antlitz! Wie fein deine Brauen!


Du betörst das Denken des sehenden Mannes,
Die du bist schillernd wie eine bunte Schlange,
Und um die Furcht vor der Schlange zu bannen,
Bleibt dem Jüngling Jesus nur der Zauber,
Den der Rotwein deiner Rosenlippen spendet.

Ach, mich verzehrt dein Schweigen, du Schöne,


Lass doch deine Liebeslieder wieder tönen,
Du Schlanke, mit süßem seufzendem Schmachten!
Mit lachenden Blicken deiner heiteren Liebe
Die verzehrende Glut der Leidenschaft lösche!
Du mit dem schönen Antlitz, wende dein Antlitz nicht ab
Und tröste mich wieder nach meiner Passion!
Du verliebtes Mädchen, hier bin ich, dein Bräutigam!

Wie Zwillingsblüten einer roten Rose


Sind deine feuchten schimmernden Lippen!
Rötlich von Liebesfieber glüht deine Wange!
Wie grüne Jade des Himmels leuchten deine Augen!
Deine Nase ist wie ein Elfenbeinturm!
Deine weißen Zähne lachen wie Jasmin!
Über deinem Antlitz ist Eros ausgegossen,
Eros, der die Sonnen und Sterne lenkt!

Deine Blicke sind trunken von Glück!


Dein Antlitz leuchtet heller als die Sonne!
Dein Tanz betört die jungen Männer alle!
Deine Schenkel sind gebogne Juwelenspangen!
Deine Wollust ist deine große Kunst!
Deine Brauen sind feine gebogne Linien!
Ach, du bist jung wie die Engel im Himmel!
Schlanke Schönheit, du mein Himmel auf Erden!

*
Spenden möge euch Jesus ewiges Glück,
Der im Kampf den Drachen getötet!
Das Schillern der satanischen Schlange
Erinnerte Jesus an Magdalenas Schillern,
Als er Blutschweiß schwitzte im Garten,
Die Augen schloss für einen Augenblick,
Da scholl schon der Ruf im Ostergarten:
Triumph, Triumph des göttlichen Eros!

Da er lange von Versöhnung gepredigt


Der Schönen mit den Gazellenaugen,
In seiner Schönheit ging der Menschensohn
Zum grünen Bett im grünen Garten,
Ging zur glänzenden Freundin,
Ging zu ihr in der Dämmerungsstunde.
Magdalena war nicht mehr bitter.
Zu ihr sprach die Freundin Susanna:

ZWANZIGSTER GESANG

Der dir das göttliche Wort zugewandt,


Der dir die staubigen Füße wäscht,
Der eben ins grüne Bett des Gartens sich legte,
Da die Osterglocken läuten,
Schönes Mädchen, dem Teufelsaustreiber
Gib dich ganz hin, Maria Magdalena!

Wie schwer sind doch deine üppigen Brüste,


Wie schlank ist doch deine Hüfte!
Mit silbernen klingelnden Kettchen am Knöchel
Tanze zum Lied des sterbenden Schwanes!
Schönes Mädchen, dem Teufelsaustreiber
Gib dich ganz hin, Maria Magdalena!

Höre den zärtlichen Ruf des Teufelsfeindes,


Alle zärtlichen Seelen lieben sein Wort!
Es flogen die Pfeile des Eros,
Da schwärmt die Nachtigall von der Rose.
Schönes Mädchen, dem Teufelsaustreiber
Gib dich ganz hin, Maria Magdalena!

Wie Blätter von grünen Bäumen


Sind deine lichten Finger der Hand.
Zeit ists zum Aufbruch, Mädchen,
Wandle mit deinen schlanken Schenkeln!
Schönes Mädchen, dem Teufelsaustreiber
Gib dich ganz hin, Maria Magdalena!

Als ob dir zuflüstert Eros:


Den Herrn umarme mit Liebe!
O welchen süßen Rauschtrank trägst du
Doch in den Bechern deiner üppigen Brüste!
Schönes Mädchen, dem Teufelsaustreiber
Gib dich ganz hin, Maria Magdalena!

Die Jüngerinnen sehen Jesus kommen,


Dein Leib ist zur Liebe bereit,
Feurige Frau, du schäm dich nicht vor ihm,
Lass klingeln die Schellen deines Liebreizgürtels!
Schönes Mädchen, dem Teufelsaustreiber
Gib dich ganz hin, Maria Magdalena!

Tänzelnd gestützt auf Johanna,


Mit deinen rotlackierten Fingernägeln,
Geh zum Herrn und gib dich ihm hin!
Deine göttliche Tugend der Liebe wird gepriesen.
Schönes Mädchen, dem Teufelsaustreiber
Gib dich ganz hin, Maria Magdalena!

Josef Maria Mayer singt dies Lied,


Der die Gebete der Perlenschnur schätzt,
Diese Verse sollen tönen in den Kehlen
Frommer Frauen, die Christus lieben!
Schönes Mädchen, dem Teufelsaustreiber
Gib dich ganz hin, Maria Magdalena!

Jesus sagt: Sie wird mich schauen,


Worte der Liebe wird sie lallen,
In meinen Armen wird sie ruhen.
Freundin, Jesus schaut nach dir,
Es sträuben sich ihm die Härchen im Nacken,
Er fühlt Liebe und schwitzt im Fieber,
Er geht dir entgegen mit glühender Sehnsucht,
Er sinkt in Ohnmacht in der dunklen Nacht,
Er kommt! Er kommt! Der Bräutigam kommt!

Wimperntusche auf die Wimpern legend,


An die Ohren hängt er dir Mondstein,
Hennablumen schmücken deine Mähne,
Auf deiner Brust sieht er das Schönheitsmal,
O all ihr lieben Jüngerinnen Jesu,
So eilt der Herr zu Magdalena,
Die Mutter Nacht breitet ihren Mantel
Um alle Mädchen mit schönen Augen.

Von goldenen Körpern fortgegangen,


Bedeckt er mit Blüten des Jasmin
Die Nacht, die wie ein Probstein ist,
An dem sich erweist die Reinheit des Goldes.

Von der weißen Perlenschnur beleuchtet


Und vom glitzernden Liebreizgürtel
Und von den goldenen Spangen der Arme,
Ist erleuchtet das grüne Bett des Gartens.
Durch die Pforte tritt Jesus ein
Und zur schamroten Magdalena
Spricht die Busenfreundin Susanna:

EINUNDZWANZIGSTER GESANG

Dort, wo die schöne Liebe thront,


In dem grünen Garten der Liebe,
Magdalena, tritt ein bei Jesus,
Schwelge, du Wonneweib,
Mit lustvoll lachendem Mund!

Dort in dem kostbaren Bett


Aus Zedern und Zypressen,
Magdalena, tritt ein bei Jesus,
Schwelge, die Becher deiner Brüste
Umgeben von frommer Perlenschnur!

Dort in des Brautgemaches


Lustschloss aus transparentem Jaspis,
Magdalena, tritt ein bei Jesus,
Schwelge, du mit dem lilien-
Weißen Leibe aus Licht und Schönheit!

Dort, wo der Südwind der Wüste


Blühen lässt die Apfelbäume,
Magdalena, tritt ein bei Jesus,
Schwelge, du von dem Honigpfeil
Des göttlichen Eros Getroffne!

Dort, wo die schweren Zweige der Reben


Voll sind von saftigen Trauben,
Magdalena, tritt ein bei Jesus,
Schwelge, du mit dem breiten Becken
Und dem kunstvollen Bauchtanz!

Dort, wo trunken von Honig


Goldene Bienen selig summen,
Magdalena, tritt ein bei Jesus,
Schwelge, du vom Honigpfeil
Des göttlichen Eros geöffnetes Herz!

Dort, wo wie Flötenspiel ertönt


Das Schmelzen der Nachtigallen,
Magdalena, tritt ein bei Jesus,
Schwelge, du mit dem Elfenbein
Der Perlenschnur deiner weißen Zähne!
Dort, wo sich die Schmetterlinge sammeln,
Die Glück im Kelch der Narzissen fanden,
O Teufelsfeind, spende den Segen,
Spricht Josef Maria Mayer, Dichter
Aus dem Dichterlande des Dichterfürsten.

Lange trägt Jesus dich schon im Herzen,


Er, vom Feuer der Liebe getrieben,
Ganz beherrscht vom Gott der Liebe,
Trinken will er von den roten Lippen,
Roten Lippen, getaucht in Rotwein!
Auf seinem Schoß genieße die Stunde!
Er wäscht dir deine lilienweißen Füße,
Ein Sklave, gekauft für den Preis
Einer deiner langen seidigen Wimpern!
Warum fürchtest du dich also vor Jesus?

Maria Magdalena, voll Wollust und Wonne,


Die Augen geöffnet zum Antlitz Christi,
Klingelnd die Kettchen der Knöchel der Füße,
So tritt sie ein in das Brautgemach.

ZWEIUNDZWANZIGSTER GESANG

Bei Magdalenas Antlitz fühlte Jesus


Kämpfen in sich Gerechtigkeit und Erbarmen,
Der See von Genezareth war aufgewühlt,
Der Vollmond schien aufs Meer von Tiberias.
Der Herr, der sich schon lange nach ihr gesehnt,
Schaute sie mit schweigendem Mund,
Der göttliche Eros herrschend in seiner Seele!

Sein heiliges Herz war der Morgenstern,


Die Perlenschnur der Gebete trug er,
Die Quellen des Jordan strömten vom Hermon
Und das Große Meer der Liebe schwoll an!
Der Herr, der sich schon lange nach ihr gesehnt,
Schaute sie mit schweigendem Mund,
Der göttliche Eros herrschend in seiner Seele!

Um Christi brotweißen Körper


Geschlungen der königliche Purpurmantel
Wie eine Rose, den Nektarstempel
Und den Samen der Rose in sich tragend.
Der Herr, der sich schon lange nach ihr gesehnt,
Schaute sie mit schweigendem Mund,
Der göttliche Eros herrschend in seiner Seele!

Seiner Augen zärtliche Liebkosung


Weckte die Wollust in ihrer Seele.
Sie waren wie ein Enten-Ehepaar
Auf dem Teich des seligen Lenzes.
Der Herr, der sich schon lange nach ihr gesehnt,
Schaute sie mit schweigendem Mund,
Der göttliche Eros herrschend in seiner Seele!

Er berührte ihre Rosenlippen,


Ihre Ohrringe strahlten wie Sonnen,
Seine Lippen schimmerten lächelnd
Und weckten in ihrer Seele die Lust.
Der Herr, der sich schon lange nach ihr gesehnt,
Schaute sie mit schweigendem Mund,
Der göttliche Eros herrschend in seiner Seele!

Schön wie der mondbeglänzte Bauch


Der schwarzen Wolke ihre langen Haare,
Makellos ihr Antlitz wie Luna,
Auf der Stirn das Zeichen der Auserwählten.
Der Herr, der sich schon lange nach ihr gesehnt,
Schaute sie mit schweigendem Mund,
Der göttliche Eros herrschend in seiner Seele!

Jesus sträubten sich die Haare zu Berge,


So war er erfüllt von Liebesverlangen,
Schön war sein weizenweißer Leib,
Schön wie weiße transparente Jade.
Der Herr, der sich schon lange nach ihr gesehnt,
Schaute sie mit schweigendem Mund,
Der göttliche Eros herrschend in seiner Seele!

Josef Maria Mayers Kunst


Lässt doppeltschön dies Lied geraten.
Beugt euch vor dem Herrn, der euch liebt,
Der euch angespornt zu Werken der Liebe!
Der Herr, der sich schon lange nach ihr gesehnt,
Schaute sie mit schweigendem Mund,
Der göttliche Eros herrschend in seiner Seele!

Sie verdrehte ihre strahlenden Augen,


Als wollte sie ihre Muschelohren betrachten,
So dass noch lichter ihrer Augensterne glänzten,
Da entströmte der schönen Maria Magdalena
Ein Wasserfall von Freudenströmen,
Da sie mit dem Geliebten zusammen war.

Als sie den Pfosten des Bettes berührte,


Da überkam sie ein lüsternes Jucken,
Mit den Händen verbarg sie ihr Antlitz,
Als sie das heilige Antlitz Christi sah,
Betört von der Allmacht des göttlichen Eros,
Überwand die Lust der Liebe die Scham.

*
Mutter Marias Sohn soll euch lehren,
Langsam, langsam sich der Liebe zu öffnen!
Magdalena schloss er in die Arme
Nach der langen bitteren Trennungszeit.
O dass die üppigen Brüste Magdalenas
Nicht flachgedrückt werden von Jesus!
Und der Bräutigam spricht zu den andern:
Entfernt euch, denn ich kenne euch nicht!

Geehrt durch die herrliche Dornenkrone,


Die ihm geschenkt den Sieg über Satan,
Stellte er sich auf wie ein Kriegselefant,
Der die Tochter Zion vorm Feinde schützt.
Den blutigen Händen des Todesüberwinders
Sei der Lobpreis für ihren Sieg!

O du Schönster aller Menschensöhne!


Dein Leib ist voll der ewigen Wonne!
Magdalenas Seele ist eine Bühne,
Wo sie den mystischen Schleiertanz tanzt!
Freue dich, Jesus, an ihren üppigen Brüsten,
Jesus, der du singst wie ein sterbender Schwan
Auf den hohen Hügeln ihrer üppigen Brüste!
Jesus gewähre allen Kindern der Ewigkeit Glück!

Fortgegangen waren die anderen Frauen,


Magdalena war von der Last erlöst,
Von Lust durchströmt ihr Bewusstsein,
Die rosigen Lippen umspielt vom Lächeln.
Voller Freude sah Maria Magdalena
Der Herr und sprach zur Geliebten diese Worte,
Als sie die Augen senkte aufs grüne Bett:

DREIUNDZWANZIGSTER GESANG

Lege auf das grüne Bett im Garten


Deiner Füße weiße Lotossprossen,
Mögen in diesem Garten der Liebe
Deine schlanken Beine siegen!
Die Stunde ist da, dem Messias
Gib dich ganz hin, Magdalena!

Mit dem fließenden Salböl meiner Hände


Wasche ich dir die Füße, Geliebte,
Lege nieder in das Bett des Gartens
Die Perlenschnüre deiner Gebete!
Die Stunde ist da, dem Messias
Gib dich ganz hin, Magdalena!
Wie vom Rotwein deines Rosenmundes
Fügen sich trunken die Worte der Liebe,
Wie ich dich von der Trennung erlöste,
Will ich erlösen deine Brüste vom Brusttuch!
Die Stunde ist da, dem Messias
Gib dich ganz hin, Magdalena!

Es drängt mich zur Liebesumarmung,


Der ich dich erobern wollte,
Presse deine Brüste an meinen Brustkorb
Und lösche die Glut der Leidenschaft!
Die Stunde ist da, dem Messias
Gib dich ganz hin, Magdalena!

Rotwein deiner Rosenlippen schenke ein


Und belebe den toten Gottesknecht!
All meinen Geist versenk ich in dich,
Den feurig liebenden Geist des Herrn!
Die Stunde ist da, dem Messias
Gib dich ganz hin, Magdalena!

Junges Mädchen mit dem schönen Antlitz,


Lass die Glöckchen deines Gürtels klingen,
Liebkose mit Worten der Liebe meine Ohren,
Die immer lauschen dem Lied der Nachtigall.
Die Stunde ist da, dem Messias
Gib dich ganz hin, Magdalena!

Schau meine fünf heiligen Wunden an,


Verwundet bin ich von der Lanze der Liebe,
Schäme dich nicht, mich anzuschauen,
Den nackten Gott an seinem Kreuz!
Die Stunde ist da, dem Messias
Gib dich ganz hin, Magdalena!

Dieses Lied von Josef Maria Mayer


Soll Vers für Vers den Sieger erfreuen,
Möge dies Lied in frommen Hörern
Lust an der Liebe zu Jesus vermehren!
Die Stunde ist da, dem Messias
Gib dich ganz hin, Magdalena!

Was stand jetzt noch der Umarmung entgegen?


Sie liebkosten einander mit den Augen.
Von lächelnden Lippen floss das Liebesgespräch.
So begann für die beiden die Liebesbegegnung,
Die von Augenblick zu Augenblick lieblicher wurde.

Von ihren Lilienarmen umarmt,


Von ihren üppigen Brüsten gepresst,
Die Lippen zerbissen von ihren Zähnen,
Ihre Hand an seinem Haupt,
Von ihrer Küsse Rotwein berauscht,
So labte sich der Geliebte an Maria!

Im Zeichen des ewigen Gottes der Liebe


Begann der zärtliche Kampf der Liebe.
Als wollte sie Jesus in die Kniee zwingen,
Fiel Magdalena übermütig über ihn her,
Frohlockend lag der Becher ihres Beckens,
Ihre üppigen Brüste zitterten, bebten,
Die Lider senkten sich auf die Augen,
Sie erlebte die Liebe auf weibliche Art.

Von den rotlackierten Fingernägeln


Blutete Jesu Seitenwunde,
Seine Augen waren wie vom Tod geschlossen,
Ihre blutenden Lippen befeuchteten sanft
Mit dem Wein der Küsse seinen Mund,
Der Dornenkranz war ihm entsunken,
Ihr Liebreizgürtel war aufgegangen,
Liebespfeile durchbohrten Jesu Herz!

Lang floss Magdalenas Mähne hinab,


Ihre Wangen glühten rötlich von Liebesfieber,
Blutrot wie Wunden ihre feuchten Lippen,
Die üppigen Brüste wie Becher des Heils,
Ihre Perlenschnur fiel auf die Brüste,
Der Gürtel hing an ihren Lenden hinab,
Die Brüste und die Scham verbarg sie
Mit der Mähne in den schlanken Händen,
Ihr Blick war keusch und schamhaft,
Ihr Rosenkranz auf dem Haupt war zerzaust,
Bezaubernd stand Maria da,
Bezaubernd die vom Rosenkranz Gekränzte.

Langsam schloss sie die Augen,


Die leuchtenden Augen des Mädchens,
Vom Lenzwind des göttlichen Eros
War sie betört, verrückt geworden,
Ihre purpurnen Lippen schimmerten feucht,
Ihre üppigen Brüste zitterten, bebten,
Ihre Gazellenaugen schauten zärtlich,
Ihr Leib zerschmolz vor Glut der Wonne.

Zu Jesus, der Lust an Magdalena hatte,


Da ihr ermattet waren alle ihre Glieder,
Zu Jesus sprach Maria Magdalena innig,
Zu Jesus Christus, dem seligen Gott der Wonne:

VIERUNDZWANZIGSTER GESANG
Male du mit deiner gesalbten Hand
Mit Schminke mir dein Zeichen auf die Stirn,
O Gottessohn, und male dein Zeichen auf meinen Busen,
Meine Brüste sind Schwestern den Bechern des Eros!
So sprach sie, als der Sohn des wahren Gottes
Ihr Herz mit ewigen Wonnen entflammte!

Süßer als Honig ist dein heiliges Salböl,


Wenn mein Bräutigam Liebespfeile schießt,
Du küsstest mit Küssen deines Mundes meine Augen,
Mein Freund, für dich erstrahlen meine Augen.
So sprach sie, als der Sohn des wahren Gottes
Ihr Herz mit ewigen Wonnen entflammte!

Gib doch meinen lauschenden Muschelohren,


Die neben meinen Gazellenaugen sind,
O du Schmuck meines Lebens, o Jesus,
Gib meinen Ohren Ringe von Mondstein!
So sprach sie, als der Sohn des wahren Gottes
Ihr Herz mit ewigen Wonnen entflammte!

Hier die Mähne, wie Schmetterlinge flatternd,


Diese verlockenden langen Schlangenlocken,
Flechte du sie rings um mein Mondgesicht,
Mit dem ich dich anschau, meine Sonne!
So sprach sie, als der Sohn des wahren Gottes
Ihr Herz mit ewigen Wonnen entflammte!

Male auf meine Stirn dein Zeichen,


Salbe meine Stirn mit Narde und Myrrhe,
O du heiliges Antlitz, salbe meine Stirn,
Nachdem die Erschöpfung von mir gewichen!
So sprach sie, als der Sohn des wahren Gottes
Ihr Herz mit ewigen Wonnen entflammte!

Schlinge in die schimmernde Schlangensträhnen,


Die Fahnen des glühenden Eros sind,
Um die flatternden glatten schwarzen Strähnen
Schlinge mir purpurne Hennablüten!
So sprach sie, als der Sohn des wahren Gottes
Ihr Herz mit ewigen Wonnen entflammte!

Hülle um meine schlanken Hüften,


Der Weide des schönen Hirten,
Hülle um meine Hüften den Liebreizgürtel
Und das seidige Kleidchen und goldenen Schmuck!
So sprach sie, als der Sohn des wahren Gottes
Ihr Herz mit ewigen Wonnen entflammte!

Jesus, neige dich zu Josef Maria Mayer


Und höre mit Wohlgefallen seine Lieder,
Der sich in der Endzeit wendet an Jesus,
An Jesu durchbohrte Hände und Füße.
So sprach sie, als der Sohn des wahren Gottes
Ihr Herz mit ewigen Wonnen entflammte!

Siehe auf meiner linken Brust das Muttermal!


Siehe die rote Schminke auf meinen Wangen!
Siehe den silbern glitzernden Liebreizgürtel
Um meine schlanken Hüften, Geliebter!
Siehe die schwarzen Flechten der schweren Haare!
Siehe an meinen Lilienarmen die Reifen
Und an meinen bloßen Füßen die Silberkettchen!
So sprach Maria Magdalena zu Jesus
Und Jesus tat alles, was sie sich wünschte.

EPILOG

Was Geschicklichkeit ist in seraphischem Sang,


Was Kontemplation über die Gottheit heißt,
Was Minnesang ist und Psalmengesang,
All das verfasste Josef Maria Mayer,
Der nicht mehr selbst lebt, sondern Jesus in ihm,
Den Lobpreis des liebenden Jesus
Sollen fromme Frauen lesen.

Der von seiner Großmutter abstammt,


Paula Margarethe Johanna Mayer,
Das Lied von Josef Maria Mayer
Fülle die Kehle der kommenden Kirche!

Fruchtiger Rotwein vom Berge Karmel,


Keiner denkt mehr an den Rotwein.
Weißer Zucker von dem Zuckerrohr,
Keiner denkt mehr an den weißen Zucker.
Milch von dem prallen Euter der Kuh,
Keiner denkt mehr an die Kuhmilch.
Reife Feige von dem Feigenbaum,
Keiner denkt mehr an die reife Feige.
Der Freundin scharlachrot geschminkter Mund,
Keiner denkt mehr an der Freundin Lippen.
Alle können nur noch denken an das Lied,
Das Josef Maria Mayer für Jesus gesungen!

So am Meer von Tiberias wandelt


Maria Magdalena, ihre Perlenschnur
Fällt ihr auf den frommbezwungenen Schoß.
Nach den prächtigen Granatäpfeln ihrer Brüste
Streckt Jesus die durchbohrten Hände aus.
Der Finger Gottes schenke euch ewige Wonnen!
THE LOVE SONGS OF THE LORD JESUS

PROLOGUE

The sky is thick with clouds; the forest area is dark with the oak trees; the night frightens Christ; Oh
Magdalenee! you take him home; this is the command from the moon. But, Magdalene and Jesus
stray to the tree on the banks of river Jordan, and their secret love sport prevails.
The heart of the great poet Sir Mayer is like a mansion, beautifully decorated with the Goddess of
the Word (Sophie), who is at the feet of Jesus, composes this great work comprising of the divine
plays of the mystical artists. Mayer means “the Mother”; Sir Mayer is one who illuminates the
utmost excellence of the pastimes of the Lord Jesus Christ by his devotion.
Dear audience! If your mind is permeated by mellows of ever-fresh loving attachment while hearing
the pastimes of the Lord Lord, and if you are curious to know about his ingenuity in the amorous
arts, may you become immersed in bliss by listening to the mellifluous, tender and endearing verses
of this collection of songs by the poet Mayer.

FIRST SONG

Unto the deliverer of the Holy Scriptures, the upholder of the world of moving and stationary living
beings, the saviour of Mother Earth, the slayer of Satan, the destroyer of the demons, the conqueror
of Canaan, the wielder of the plough, the advocate of compassion and the slayer of the barbarians;
unto you who assume these ten spiritual forms, O Lord Jesus Christ! I offer my obeisance unto you.
O God! O Lord! You rest with Lady Magdalene, with your dazzling earrings and playing with your
enchanting garland of ivory! O Lord, may you be triumphant!
O God! O Lord! You are the ornament shining like a thousand suns. You sever the bondage of
material existence. You are the swan who sports in the mind’s lake of the sages’ hearts. May you be
triumphant! May you be triumphant!
O God! O Lord! You pulverize the pride of the venomous snake, Satan. You fill the hearts of your
dearest ones with endless joy. You are the sun that makes the lily of David’s dynasty bloom. May
you be triumphant! May you be triumphant!
O God! O Lord! O destroyer of the demons! O you who ride upon your transcendent eagle! You
inspire the rest of the saints’ delightful play. May you be triumphant! May you be triumphant!
O God! O Lord! Your magnificent eyes resemble the petals of an immaculate lily flower. You
bestow emancipation from the sorrow of material existence. You are the foundation of all the
worlds. May you be triumphant! May you be triumphant!
O God! O Lord! You decorate Mary in your incarnation as Lord Jesus. You restore peace to the
world by killing the nine-headed Hydra in battle. May you be triumphant! May you be triumphant!
O Emmanuel, your complexion is lustrous like a fresh rain-cloud. O holder of the Mount Zion! As a
nightingale pines for the moon, you are incessantly attached to the moonlike face of the supreme
Fortune, O Lord, O Lord! O God! May you be triumphant! May you be triumphant!
O Jesus, we have taken exclusive refuge at your lily feet. May you confer auspiciousness by
blessing us with the gift of love. O God! O Lord! May you be triumphant! May you be triumphant!
O God, may this charming, radiant and melodious invocation of auspiciousness composed by Sir
Mayer increase your happiness. May it bestow bliss upon your devotees who hear and recite your
glorious qualities. May you be triumphant! May you be triumphant!

SECOND SONG
Once, in the splendid spring season, when Magdalene was pining for Christ, she began to search for
him in one forest grove after another. Her elegant, young limbs, soft as jasmine flowers, grew weary
and Cupid made her mind delirious with anxiety. At that time, her intimate girlfriend lovingly
addressed her as follows.
The zephyr breeze is so enchanting as he arrives and impetuously embraces the tender, charming
creepers again and again. The forest bower is permeated with the sweet sound of the nightingales
and the drone of bees as they bumble to and fro.
Moreover, the Lord is also dancing in this forest bower with his virgins when the spring is in full
bloom and while being immersed in a festival of love.
The peach trees are covered with flowers. There is no vacant space left upon their branches.
Innumerable groups of bumblebees are humming upon clusters of crocus flowers. Cupid’s arrows
hurt the virgins and over there, Christ is dancing as he revels in love with other virgins.
Adorned with new leaves, the trees delight in diffusing their musk-like fragrance in all directions.
Girlfriend, look! These lustrous flowers resemble the fingernails of God Cupid. It seems that the
King of amorous love has torn the bosom of youthful couples.
Blossoming roses appear to be the golden rods of King Cupid, and the clusters of hyacinth flowers
surrounded by bumblebees appear to be his quiver.
It seems that the whole world has become shameless by the formidable influence of spring. Seeing
this, the young, compassionate trees are laughing on the pretext of bursting into flower. Look!
Shaped like javelins for piercing the hearts of lonely lovers, the screw-pine flowers are blossoming
brightly in all directions and the directions are also overjoyed to unite with them.
The nectar of spring flowers and the aroma of jasmine blossoms are enthralling. Even the minds of
great sages are agitated in springtime and they suddenly become bewildered. Spring is the selfless
friend of the young.
The apple trees in the forest groves of Galilee are covered with freshly sprouted buds because they
are thrilled by the embrace of the restless creepers. The Lord Lord is affectionately playing with
virgins in the pure water of the Jordan that flows alongside those forest groves.
This auspicious, passion-laden song has been perfectly manifested through Sir Mayer. The portrayal
of the forest in springtime is suffused with the erotic aberrations of Magdalene when she is
overwhelmed with anxiety in separation from Christ. Woven together with transformations of
passion, the spring season awakens remembrance of the lily feet of the Lord Lord.
Wind perfumes the forest with fine pollen-shaken loose from newly blossomed jasmine’s it blows
love’s fragrant breath, it tortures every heart it touches.
Sounds of cuckoo’s mating on apple shoots shaken as bees seek honey scents of opening buds raise
fever in the ears of lonely travellers. Somehow they survive like a faithful mind, by thinking about
the divine love of God and His Wisdom.

THIRD SONG

Then Magdalene’s girlfriend expertly searched for Christ and saw that he was nearby. He was
immersed in joyful pastimes with beautiful virgins, who were receiving him with the utmost
respect. A need for delightful, sensuous pastimes suddenly awakened in Christ’s mind when the
virgins showed their eagerness to embrace him. Pointing out this scene to Magdalene, the girlfriend
spoke to her again.
O playful Magdalene, look! Dressed in white cloth and a garland of forest flowers, with myrrh paste
smeared upon his brown limbs, Lord Jesus feels the utmost elation as he enjoys with captivated
virgins in this Galilean forest. His earrings dangling in play, they ornament his smiling cheeks. The
beauty of his cheeks is astonishing and his face displays a wondrous sweetness with the honey of
his playful laughter.
One of the virgins is firmly embracing Christ with intense attachment. Pressing the heavy burden of
her voluptuous breasts against Christ’s chest, she has begun to sing a melody of love with him, in
the musical mode “lilies”.
Another virgin, lured by his wanton quivering looks is meditating on the lily face of Jesus. He
arouses lust in the hearts of sensuous young ladies with the romantic sidelong glances of his restless
eyes, and she is greedy to drink the honey of his lily face.
One curvaceous virgin has leant her face close to Christ’s cheek, on the pretext of whispering a
secret in his ear. When Christ understood her love-laden intention, he reciprocates. That virgin
seized this favourable opportunity to fulfil her most cherished desire. With the utmost delight, she
has begun to kiss his tingling cheek.
Another virgin eager for the art of love, discovered a secluded place in a charming grove of cane on
the banks of river Jordan. Impelled by a joyful fascination for the amatory arts, she pulls Christ with
both hands and dragged him away.
The Lord praises a virgin drunk from dancing with beating palms, in the rite of love upon hearing
the wondrous melody of his divine harp combined with the sound of her ringing bangles.
Christ is embracing one of his beloveds; he is kissing another and somewhere else he enjoys
passionate caresses with another. Elsewhere he gazes expectantly at the face of another beloved,
while appreciating the nectar of her suggestive sweet smile. Somewhere else he mimics a willingly
virgin.
May this auspicious, delightful and astounding song of Sir Mayer increase the good fame of all.
This song bestows all virtues. It describes Magdalene’s gaze upon the wondrous mystery of the
sensual games performed by Christ as she laments.

FOURTH SONG

When Magdalene saw Christ enjoying affectionate exchanges with all the virgins in the groves of
Galilee, she became indignant because he had not acknowledged her eminence. She immediately
departed for another part of the forest and hid herself inside a shady bower that resounded with the
drone of bumblebees. Feeling wretched, she began to disclose secrets to her intimate female
companion.
The sweet notes from his alluring lips are producing a sweet expressive song. His restless eyes
glance, his head sways and his earrings play at his cheeks. I repeatedly remember the Lord’s
attractive brown complexion, his laughter and his humorous behaviour.
His hair is adorned with a circle of charming peacock feathers, caressed by the moonlight that
crowns his hair. His lustre resembles a mass of fresh rain-clouds and brilliant rainbows, coloured
fine cloth adorns his delicate body.
He lowers his face with the desire to kiss the faces of the virgins in the festival of Cupid. His tender
lips are an enchanting soft ruby-red colour like the bud of a scarlet mallow flower. The
unprecedented lustre of his captivating smile spreads across his handsome face.
His entire body thrills when he deeply embraces thousands upon thousands of beautiful virgins with
his long arms, as tender as flower petals. All darkness is dispelled by the rays of beauty emanating
from the ornaments on his hands, feet and chest.
His forehead bears a captivating crown. Its indescribable lustre defeats the immense beauty of a
restless moon amidst a multitude of fresh rain-clouds. I simply go on remembering how the virgins
would be bruised by cruel-hearted Christ, who is always fond of inflicting pain.
The beauty of his cheeks is enhanced by his enchanting, jewelled, fish-shaped earrings. He accepts
the role of a hero and generously fulfils the hearts’ desires of his beloved. Attired in purple, Christ
has diffused his sweetness and captivated the best of his disciples, including saints, sages and
angels.
My heart becomes increasingly agitated by remembering Lord Christ. After arriving beneath a
broad peach tree in full blossom, he waits for me while looking around in anticipation. He
completely dispels my fear of separation, by consoling me with many clever and flattering words.
He quickly delights me with his loving glances.
Sir Mayer has presented this poem for those fortunate persons devoted to the service of Jesus. It
describes the spell-binding beauty of Christ’s form. It is the very embodiment of remembrance of
the Lord’s lily feet and it should be relished after taking complete shelter in the primary passion of
pure love.

FIFTH SONG

Girlfriend, Christ has abandoned me and now he goes away with other virgins. I know that it is
futile to express my love for him. Still, what am I to do? My attachment for him is so powerful that
it will not go away under any circumstances. I just go on enumerating his wonderful qualities.
When I realize my eminence, I become maddened with ecstasy. I cannot be angry with him, even by
mistake; and I feel satisfied when I overlook his love for others. I ardently long for him at every
moment. Girlfriend, I cannot forget him. My heart wants only him.
Once, he went to a secluded forest bower at night in accordance with the plan we had discreetly
arranged by hints and signals. In a mischievous mood, he concealed himself in the dense foliage of
the forest just to observe my eagerness to meet him and my agony in his absence. I began to look
around with tired, fearful eyes, immersed in anxiety and thinking: Oh, when will he come? Then he
suddenly delighted me with the nectar of his amorous laughter.
Christ is never lacking in love when it comes to relieve the burning heat of God Cupid. What’s
more, his mind is also bewildered by attachment for me. My feelings are ornamented by him; how
will my desire to unite with him be fulfilled? Arrange for our meeting immediately.
Seeing me so naive and gullible due to the natural embarrassment that occurs during one’s first
amorous encounter, he employed a succession of courteous words and humble entreaties to abate
my shyness. Enchanted by his flattering words, I smiled softly and sweetly and began to converse
with him. O girlfriend, immediately arrange for me to meet with him!
He made me lie down upon a charming bed of soft, fresh flowers and then, with great pleasure, he
laid so radiantly upon my heart. I kissed him and embraced him deeply. Moreover, he embraced me
and repeatedly drank the nectar of my lips under the powerful influence of passion. O girlfriend, he
is dearer to me than my very life. Take me to meet with him at once.
From the sudden, unexpected surge of rapture within the pleasure of passionate love with him, my
eyes became tired and closed. Christ’s cheeks assumed an extraordinary charm and loveliness from
the joy of this love-play. With sweat of love all over, his looks intoxicate me. Christ is full of love.
O girlfriend, quickly arrange for me to meet with Lord Christ!
Lord Christ is thoroughly conversant with the confidential theories found in authentic manuals on
the techniques of lovemaking. At the time of amorous union with Christ, I murmur like a
nightingale and think of him only. My braid opened and the arrangement of flower blossoms slipped
and fell from my hair and I bear his nail marks. O girlfriend, arrange for me to meet with my dearest
Lord Christ at once!
As we enjoyed amorous play, the jewel-studded ankle-bells on my feet rang out seeing his love.
Unite me at once with that Lord Christ who catches me by the hair, repeatedly kisses my face.
While enjoying with him, I gradually became exhausted. Christ’s slightly open lily eyes were
soaked in the mellows of Cupid. I cling like a creeper and Jesus delights me in his love. O
girlfriend, unite me with my dearest Lord Christ at once.
This narration composed by Sir Mayer portrays Lord Christ’s love as described by the anxious and
impatient heroine in the torment of her separation. May it increase the auspiciousness of all
devotees who recite and hear it.

SIXTH SONG

Christ, the enemy of Satan, remembered the intimate love expressed previously by Magdalene, he
realized that it was the very essence of the highest devotion. His heart was bound by the chain of
desire, embodied in the form of Magdalene. Therefore, considering the love of the other virgins of
Galilee to be insignificant, he abandoned them all.
As he searches for Magdalene in vain, an arrow of love pierced him. Jesus weeps in the thicket on
the banks of the Jordan.
When Magdalene saw me surrounded by virgins, she became indignant and departed. I thought, I
have committed an offence, so I became fearful and could not muster the courage to stop her from
leaving. Alas! I made her leave in anger.
She has been suffering from the heat of separation for a long time, so I cannot predict her behaviour.
What will she do? What will she say? Alas! In the absence of Magdalene, my wealth, my relatives,
my life, my home and everything seems worthless.
I feel as if I am directly beholding the face of Lady Magdalene, with its arched creeper-like
eyebrows. Her angry face resembles a red rose surrounded by hovering bumblebees.
Alas! When I continuously realize the direct presence of Magdalene and deeply embrace her in the
temple of my heart, why am I uselessly lamenting over her and why am I repeatedly searching for
her from forest to forest?
O delicate woman with a slender waist, it seems that your heart is contaminated with jealousy,
which wastes your heart. But what can I do? You proudly left in a huff. What kind of humble
supplication should I offer to dispel your indignation? I have no idea.
You haunt me appearing and disappearing again. Why do you deny me, winding embraces that you
once gave me?
O beautiful one, please forgive me. I will never offend you again. Allow me to see you at once. I am
reeling from the pain inflicted by Cupid.
Sir Mayer appeared in the village of Nazareth just as the moon appears from the ocean. He has
humbly collected Lord Christ’s expressions of deep emotion in the form of this song.

SEVENTH SONG

On the banks of Jordan, in the forest among the dense plants where Jesus was reeling under ardent
love, Magdalene’s girlfriend spoke:
O Jesus! Magdalene is experiencing intense suffering in separation from you. She is so afraid of the
incessant rain of Cupid’s arrows that she has resorted to prayer to find relief from this slow-burning
fire of distress. She has unconditionally surrendered to you and now she is completely immersed in
you by the practice of prayer. In your absence, even the rays of the moon, she feels as is burning
her. The southern breeze with myrrh fragrance, increases her pain of separation.
The arrows of Cupid are falling incessantly upon her heart. Since you reside there, she is making a
mystical shield to protect you by covering her vulnerable heart with large lily petals bearing
droplets of water.
Jesus! Magdalene is making a delightful flower bed, suitable for your enjoyment. Yet it seems to be
a bed of Cupid’s arrows. She is performing severe austerities in the form of a vow to recline on a
bed of arrows in the hope of attaining your deep embrace.
She raises her sublime lily face, clouded and streaked with tears, like the moon dripping nectar from
the cuts made by the eclipse’s teeth.
O Lord Christ, in a secluded place, Magdalene is painting a picture of your captivating form in deer
musk. After depicting you with apple-bud arrows in your hand, she bows down to offer respectful
obeisance to your portrait and worships you.
O Jesus, Magdalene pleads again and again Hey Lord Jesus Christ! I am falling at your feet. As
soon as you become indifferent to me, even the nectar of the moon-goddess feels like shower of fire
upon my body.
Lady Magdalene is completely absorbed in prayer to you. She imagines that you are directly before
her. Sometimes she laments in separation, sometimes she expresses jubilation, sometimes she cries
and sometimes she abandons all suffering by being embraced in a momentary vision.
This song composed by Sir Mayer, based on the words spoken by Magdalene’s dear girlfriend,
should be enacted within the temple of the heart. The girlfriend’s description of Magdalene’s pain in
separation from the Lord Lord are worthy of constant recitation.
EIGTH SONG

O Lord Christ, my girlfriend Magdalene is behaving exactly like a deer. She considers her residence
to be the forest and her friends to be like hunters with a net. The flames of the blazing forest fire in
her body are intensified by her own sighs of pain. Alas, alas! Cupid has become Death personified,
disguised as a tiger hunting its prey.
O Jesus, Magdalene is so emaciated in separation from you that the charming garland of necklace
has become a burden upon her. Hey Jesus, Magdalene suffers in pangs of your separation.
O Jesus, in separation from you, Magdalene looks upon the moist, smooth myrrh paste smeared on
her body feels like poison to her.
Strong winds of her own sighing, feels like burning fire of love.
Her lily eyes glance in all directions, scattering the rain of her teardrops like water-speckled lily
flowers detached from their stems.
Although she sees a bed of fresh petals directly before her, in her bewilderment she perceives it to
be a blazing fire.
Her reddish rose hand presses her cheek, which resembles the beauty of the newly risen moon in the
twilight sky, when she sits alone in a secluded place.
It seems that Magdalene has decided to give up her life. In separation from you, she continuously
chants passionately your name, Lord Lord, Lord Lord, with the desire to attain you.
May this song of Sir Mayer bestow happiness upon the devotees who are unconditionally
surrendered at the feet of Lord Jesus.

NINTH SONG

I’ll stay here, you go to Magdalene appease her with my words and bring her to me! Commanded
by Jesus, her girlfriend went to repeat his words to Magdalene.
My dear girlfriend Magdalene, the zephyr breeze drifts along slowly, just to soak everyone in the
mood for love. Varieties of flowers are opening and tearing open the hearts of lonely lovers. At this
provocative time of spring, passionate Jesus feels morose in separation from you, Magdalene.
The moonshine scorches him threatening death. His heart is pierced by flowers that fall from the
trees like arrows of Cupid. He bitterly laments in your separation.
He covers his ears with his hands when he hears the humming of bumblebees. Every night he
expects that he will attain your company, but he is disappointed. His infirmity increases as he goes
on enduring the torture of separation day after day.
He has abandoned his own charming bed chamber in the palace, to reside in the forest. Instead of
living comfortably at home, he rolls about on the ground, repeatedly calling out your name,
Magdalene! Magdalene!
This song of Sir Mayer is full of Christ’s anxiety of separation. As a result of the piety infused by
this song, those who recite it attain an unsurpassed immersion in the pastimes of separation. May
Lord Jesus Christ manifest within their hearts.

TENTH SONG

Jesus still awaits you in love’s most sacred thicket, where you perfected love together. He meditates
on you without sleeping. muttering a series of prayers. He craves for you.
Christ is adorned with a garland of forest flowers and his form is scintillating. He is dressed in the
most fascinating attire, exactly like the god of sensuality. Don’t make him wait, Magdalene. Follow
the Lord of your heart.
He is currently waiting in a forest bower on the gentle zephyr-windswept shore of the Jordan. He
waits for you, Magdalene.
O Magdalene, he is softly playing his harp, as if calling your name. He considers himself
immensely fortunate to be touched by the pollen, that have first touched your body. As they come to
him on the breeze, he receives them with the utmost honour.
As Christ joyfully makes the bed, he experiences many internal visions. When a bird landing on a
tree rustles the leaves and makes the slightest sound, Christ glances with startled eyes along the path
of your expected arrival.
Girlfriend, go! Move in the direction of that thicket. Take off your ankle-bells. They clang like
traitors in your play. Put on this dark blue garment.
Your garland falls on Jesus’ chest, which is decorated with a necklace of jewels, like lightening on a
dark cloud. Drink that intoxicated love and enjoy your good fortune.
O blue lily-eyed Magdalene, loosen your mind and drink the passion of love. Be with your lover’s
joyful fulfilment, on a bed of freshly sprouted leaves.
Now Lord Jesus is full of pride. The last period of the night is about to pass, so accept my advice.
Go at once, without further delay, and fulfil the desires of the Lord Lord Christ,
O saints! Christ is exuberant, causelessly merciful, exceptionally sweet, virtuous and adorned with
all desirable qualities. Offer obeisance to him with a joyful heart by reciting this song of Sir Mayer,
the composer of the most enchanting poetry and the servant of the Lord Lord.

ELEVENTH SONG

Magdalene was sitting in a chamber of flowering vines. When the girlfriend saw Magdalene
powerless to go to Christ despite her being fervently desirous of his company, she described
Magdalene’s condition to Jesus.
O Lord, you are her only refuge. Lady Magdalene is sinking to the depths of despair in the trysting
place. She is in agony. In all directions and in the core of her heart, she sees you who are so skilful
in drinking the sweet nectar of her lips.
Rushing in her haste to meet you, she stumbles after a few steps and falls down.
She puts on bangles, a sash, rings, armlets, necklaces and other ornaments made of spotless white
lilies and freshly sprouted leaves. She is living only in the hope of being with you again.
O Christ, her mind has become one with yours. Imagining that, “I am Jesus”, she identifies herself
with you and stares at her ornaments.
Why won’t the Lord come quickly to meet me? she incessantly asks her girlfriend.
In the dense darkness, she embraces and kisses the cloud-like form, and says, The Lord has come.
When Magdalene returns to external consciousness and realizes that you have still not arrived, she
loses all bashfulness and begins to weep out loud.
May this song of the poet Mayer awaken abundant jubilation in the hearts of those who are expert in
relishing passion.

TWELFTH SONG

As night came, the mood displayed cratered stains, seeming to flaunt its guilt with lighting depths of
Galilee with moonbeams. The moon appeared like a spot of cinnamon powder on the face of the
sky.
While the moon rose and Jesus idled, lonely Magdalene cried her pain aloud in pitiful sobbing.
My immaculate youth and beauty are all in vain because the Lord has not come to the forest at the
promised time. I have been deceived by my friends, so to whom may I seek refuge now?
That very person, in pursuance of whom I have even entered this wild forest on such a dark night, is
piercing my heart with arrows of love. To whom may I turn for refuge?
It is useless to maintain this body any longer. I should die at once. I am becoming senseless. How
can I endure this intolerable fire of separation?
Oh, how unfortunate I am. This exceptionally sweet spring-night makes me unsteady with the pain
of loneliness. At a time like this it is certain that elsewhere some impassioned young woman is
experiencing the highest happiness of the Lord’s favour, as she enjoys the fruit of her pious
activities.
Every bangle and jewel I wear pains me, carrying the fire of the Lord’s desertion.
Even this garland of forest flowers on my chest is inflicting terrible blows like the arrows of Cupid
upon my body, which is more delicate than the softest flower blossoms.
I fearlessly sit waiting for Christ, even in the midst of this formidable forest. But how astonishing it
is that Jesus does not remember me even once.
As the qualities of a beautiful young woman, who is expert in all arts, always shine within the heart
of a young man, similarly may this delightful song of Sir Mayer, who is unconditionally
surrendered at the lily feet of the Lord Jesus Christ, always bless the hearts of the devotees.

THIRTEENTH SONG

When Magdalene saw her girlfriend come back without Jesus, downcast and tongue-tied, suspicion
raised a vision of some virgin delighting Jesus and she told her girlfriend..
O girlfriend, she is attired in clothes and ornaments suitable for an amorous battle. Tangle of
flowers lie wilted in her loosened hair. Some young woman, who is more qualified than I, is
blissfully engaged in revelry with Jesus.
When Christ deeply embraces her, she becomes bewildered by sensual agitation. She must be
experiencing the bodily transformations beginning with the thrill of every pore of her skin and her
necklace must be swinging to and fro on her.
The beauty of her moonlike face must be enhanced by her curling locks of hair and her eyes must
be blissfully closed out of an all-consuming greed to drink the nectar of Christ’s lips.
Her cheeks must be even lovelier when her earrings are swinging. The tiny bells on the jewelled
sash elegantly adorning her waist must be tinkling so sweetly as they quiver.
When Christ lovingly glances upon her, she becomes bashful and laughs shyly. She must be making
an inarticulate sound resembling the warbling of birds like the cuckoo or nightingale, as she gasps
for breath in the state of excessive ecstasy.
When she is thrilled by the ecstasies of Cupid, bodily convulsions wash over her like waves. Her
complete absorption in Christ will be revealed by the way she closes her eyes and lets out a long
sigh.
She looks even more attractive when her graceful body is covered in droplets of perspiration from
the exertion of her love-sports. How much more beautiful she must be when she finally rests upon
Christ’s chest.
May Sir Mayer’s description of the Lord Lord’s love-play subdue the ill effects of the age of Satan.
May it cleanse the heart from unwanted desires.

FOURTEENTH SONG

The lonely moon like the lily face of Jesus, wane in love’s desolation, that pales in separation from
me. But the moon is Cupid’s friend, it still inflicts torments on my heart.
Jesus is victorious in the love-battle. This attractive virgin, every pore of her skin erupting with joy,
is the very embodiment of bliss. Lord Christ is decorating her face with a design in musk that
resembles the mark of a deer upon the moon. His hair is also standing on end and is kissing her.
Now he is enjoying a romance with his beloved in a forest on the bank of the Jordan.
Her hair is so black, soft, curly and abundant that it resembles a multitude of rain clouds. Or it
seems to be a dense forest wherein the deer called Cupid can wander without fear. The rose flowers
arranged in her hair by the Lord Lord are shining brilliantly like lightning in the dark clouds.
He smears her with deer musk and he is adorning her with an enchanting necklace of pearls, as if
placing a constellation of immaculate stars, upon the firmament of the night sky.
He slips a dark sapphire bangle over her lily petal hand. It looks like a swarm of bees encircling her
arms, which are cooler than lily supple stalk.
He lays a girdle of gemstones on her thighs.
He applies a shining coat of lac on her toe nails. He is lying on his heart, like tender shoots tipped
with pearls to honour Mary’s place inside.
The son of David – that indiscriminate Christ – is delighting in the embrace of some virgin with
beautiful eyes. So girlfriend, tell me – how long shall I sit waiting in this bower of flowering vines
pinned by his seperation?
The king of poets, Sir Mayer, glorifies the pastimes of the Lord Lord, which are completely full of
his divine qualities. May the fault of wicked behaviour, which is so prevalent in this adulterous age,
never enter this servant of the Lord Jesus.

FIFTEENTH SONG

Girlfriend, what fault is that of yours that he has not come yet? Look! Today my heart has been
broken by the burden of intense eagerness. Being attracted by the qualities of my most beloved
Christ, my heart will go to meet with him by itself.
His eyes flirt like blue night lilies in the wind. Oh girlfriend! The wildflower garland of the Lord
caresses her.
The terrible arrows of Cupid can never pierce that beautiful woman who has been blessed by Jesus
Christ. His charming face resembles a fully blossomed lily flower.
Christ speaks nectarine sweet and delightful words to that virgin. She can never feel scorched by
contact with the zephyr breeze.
Christ’s hands and feet are as cool and lustrous as flowers. The charming woman who has been
enjoyed by them does not have to roll about on the earth, burning in the rays of the moon.
Jesus Christ is even more enchanting, fresh and effulgent than a newly condensed rain-cloud. That
virgin who is with Christ will never be burnt by a large quantity of poison in the form of prolonged
separation.
His bright face shines like gold. This fortunate women though teased by her own people, will make
her sign.
The entire universe is touched by his beauty. Christ’s charming, youthful form is lustrous. That
virgin who is now in love with him, will not feel the dreadful pain of separation in the core of her
heart because he is exceedingly compassionate.
May the Lord Lord enter the hearts of the devotees, with the words rendered herein by Sir Mayer.

SIXTEENTH SONG

After struggling through the night, she seemed tired by Cupid’s arrows. She began to speak to him
in temper, as he bowed before her pleading for forgiveness.
Your blue eyes are slowly closing from the sleepless night of passion. Even now they express a
powerful and increasing attachment for that beautiful virgins.
Go away, Christ! Go, Jesus! Don’t plead your lies with me, go after that lily eyed virgin. She will
ease your despair.
Your beautiful red lips have become dark from kissing her painted eyes.
Your body is marked with scratches from the sharp nails of that virgin. It appears as if a certificate
of victory has been inscribed in golden letters upon an emerald wall.
Your celebrated chest is coloured with marks of red footlac from the lily feet of that attractive
woman. It seems as if the firmly-rooted tree of amorous desire situated in the core of your heart is
outwardly manifesting its newly sprouted red leaves.
Your lips are cut and wounded from the biting of that sensual woman’s teeth. Seeing this, sorrow
rises within my heart, yet even now you say, Your body is not separate from mine, we are not
different.
Your heart must be dark, Christ! How can you deceive a faithful creature tortured by your love?
You are roaming in the forest looking for innocent women. What is astonishing about this? By
killing the snakes while still in your infancy, you had already acquainted us with your cruel and
merciless nature.
O learned ones, may you hear the bitter lamentation of a betrayed and sensually deprived young
woman, Magdalene, which is even sweeter than nectar. Heaven rarely yields such sweet elixir.
The red stains her lac-painted feet lovingly left on your heart, look to me like Love. O Cheater! it is
shame alone that supercedes the sorrow I feel in my heart.
One morning, in a state of utter bewilderment, Christ put on Magdalene’s blue upper garment and
Magdalene covered her breast with Christ’s red upper garment. Seeing this, all the girlfriends burst
into fits of uncontrollable laughter. When Christ saw them all laughing, he became shy and, with a
mild smile, he cast an expressive sidelong glance towards the lily face of Magdalene. May that son
of David give joy to the whole universe!

SEVENTEENTH SONG

Magdalene was severely oppressed by the arrows of Cupid and disappointed to be deprived of the
rapture of union with Christ. Dejected and haunted by the Lord’s response to her quarrel, her
girlfriend spoke to Magdalene.
O sulky woman, look! The gentle spring breeze is blowing and Christ has come to your trysting
chamber. My dear friend, what could be a greater source of happiness than this?
Don’t waste your youth.
How many times do I have to tell you? Do not abandon the exceptionally handsome and charming
Lord Lord.
Why are you so overwhelmed with lamentation? Why are you weeping? Your youthful rivals are
delighted to see your alluring gestures.
Make your eyes successful by gazing lovingly at the Lord Christ as he reclines upon a cool bed of
moist lily petals.
Why are you so agitated in your heart of hearts? Listen to me. I am speaking only for your benefit,
without any ulterior motive.
Allow the Lord Lord to come close to you. Allow him to speak some sweet words. Why are you
inflicting even more pain upon your own heart?
May this exquisite description of the Lord Lord’s activities composed by Sir Mayer increase the
happiness of the devotees who are expert in relishing love’s passion.
When he’s tender, you’re harsh. When he’s pliant, you’re rigid. He’s passionate, you’re hateful.
When he looks expectant, you turn away. You leave when he is loving, your stubbornness justly
turns balm to poison, cool moon rays to heat, ice to fire, joys of lust to torments of hell.
The sound of Christ’s harp bewilders the hearts of the virgins. It makes their jewelled tiaras whirl
and their elegant floral decorations fall. It drives away the irrepressible suffering of the celestials. It
makes doe-eyed women become stunned. It attracts them and increases the jubilation of their eyes.
May that harp-sound destroy all impediments on the path of auspiciousness for everyone.
When Christ deflated the pride of Satan, the celestials were immersed in bliss. As they bowed to
him with the utmost reverence, the reflected lustre of the sapphires on their crowns made his feet
seem to be white lily flowers. The charming Jordan flows effortlessly and spontaneously like honey
from the lily of those feet. We prostrate to that Lord Jesus’ lily feet, the vanquishers of all
inauspiciousness.

EIGHTEENTH SONG

As night came, he approached Magdalene, finding the force of her anger softened, her face weak
from endless sighing. She stared in shame at her friends face, as the Lord spoke his emotion-filled
blissful words.
My beloved, O graceful one, give up this causeless aversion. If you will speak to me, even a little,
the terrible darkness of my fear will be dispelled by the effulgent rays of your teeth. Then your
moonlike face will make the nightingale of my eyes anxious to drink the nectar of your lips.
My cherished love! Abandon your baseless ego. The fire of amorous desire is burning in my heart.
Allow me to drink the honey of your lily face.
O you whose teeth are radiant, if you are genuinely angry with me, then strike me with the sharp
arrows of your glance. Bind me in the ropes of your arms. Cut my lips with the biting of your teeth.
Do whatever will make you happy.
You are my only ornament. You are my very life. You are the pearl in the ocean of my existence.
Always remain favourably disposed to me – my heart wishes only that.
O slender woman, your blue lily-like eyes have now become reddish. Cupid’s arrow arises the
expression of love. Christ’s love responds to that, with the same intensity.
The pearls adorning you, move the depths of your heart. May this sash of bells splendidly adorning
you, proclaim the order of Cupid.
O softly spoken one, your feet defeat the beauty of a lily and increase the lustre of my heart. Just
order me to colour those feet with foot-lac.
My beloved! Offer the fresh buds of your enchanting feet as an ornament upon my head, so the
effect of Cupid’s poison may be alleviated and the harsh fire of amorous desires may also be
relieved.
Sir Mayer, the beloved of Jesus, has related the tender, flattering words spoken by Jesus to
Magdalene. May these sweet, enchanting words be triumphant.

NINETHEENTH SONG

Fretful Magdalene, don’t suspect me! A rival has no place, When you always occupy my heart.
Fulfil our destined rite!
Punish me, lovely fool! bite me, chain me with your creeper arms, crush me, don’t weaken with
joy! Let Cupid’s arrows pierce me!
O woman with a radiant moonlike face, the curving vine of your eyebrow overwhelms the hearts of
young men. It resembles a female snake who even defeats the terrible influence of time itself. The
intoxicating nectar flowing from your lips is the only medicine to dispel the fear created by your
eyebrow.
My beloved Magdalene, O hot-tempered woman, your enchanting red lips are friends with the lustre
of a rose. Your cool cheeks have assumed the splendour of a lily. Your eyes eclipse the beauty of a
blue lake-flower. Your nose is like a sesame flower. Your teeth are as radiant as jasmine blossoms. O
beloved, the archer Cupid worshipped your face with his five flower arrows and then conquered the
entire universe.
Your moist lips glow, like scarlet autumn; the skin of cheek is a honey-coloured flower. Magdalene,
your eyes glow like gleaming dark lilies, your nose is sesame flower, your teeth white jasmine. O
you who are bereft of proper discrimination, your affectionate beloved is present before you.
Your eyes are lazy, your face glows like the moonlight nymph, your gait pleases every creatures,
your thighs are hills in motion, your passion is the mystic rite of Eros, your brows form the sensual
line of the truth. Saint Mary Magdalene, as you walk on earth, you are the young beauty of an
heavenly nymph!

DER SONG DER SONGS

Die Liebe zwischen dem alten Salomo und der jungen Sulamith
ERSTES KAPITEL

SIE:

Bitte küss mich!


Ich bin so heiß auf deine Liebe,
Sie macht mich breiter als der beste Rotwein.

Du riechst so gut,
Ich dreh total durch,
Wenn ich dein Aftershave rieche!
Und ich krieg Herzrasen,
Wenn ich nur deinen Namen höre.
Darum stehen die anderen Frauen auch so auf dich.

Komm, lass uns, so schnell es geht, von hier verschwinden!


Wollen wir zu dir gehen, auf deine Bude?
Ich geh überall mit dir hin.
Du bist der Größte für mich!
Ich finde es so genial,
Dass ausgerechnet ich dich kennen darf,
Du machst mich glücklich!
Dass du mich liebst,
Ist wie ein Hauptgewinn für mich,
Denn alle anderen Frauen wollen auch was von dir.

Was wollt ihr von mir?


Ich meine euch Mädels aus Jerusalem!
Obwohl ich so blass bin wie Schnee,
Bin ich doch so schön,
Dass ich jede Miss-Wahl gewinnen würde.

Meine Familie war total ätzend zu mir,


Ich musste den ganzen Tag das Haus putzen.
Nur mein Zimmer musste dreckig bleiben,
Weil ich nie dazu kam, das sauber zu machen.

Mein geliebter Schatz, wo warst du heute Mittag?


Ich hab dich überall gesucht!
Warst du in den Kaufhäusern in der City?“

ER:

Kennestu dich nicht /


Du schöneste vnter den Weibern /
So gehe hin aus auff die fusstapffen der Schafe /
Vnd weide deine Böcke bey den Hirten heusern.

Jch gleiche dich /


Meine Freundin /
Einem reisigen Zeuge an den wagen Pharao.
Deine Backen stehen lieblich in den Spangen /
Vnd dein Hals in den Keten.
Wir wöllen dir güldene Spangen machen mit silbern Pöcklin.

SIE

Wenn mein Held mit mir essen geht,


Riecht er total lecker.
Besser als alles, was ich jemals gegessen habe.

Wenn wir kuscheln


Und du auf meinem Busen liegst,
Dann riechst du so toll,
Dass ich dich am liebsten anknabbern würde.

Du riechst so phantastisch,
Besser als jeder Bratapfel.

ER:

Sihe / meine Freundin /


Du bist schöne / schöne bistu /
Deine augen sind wie Tauben augen.

SIE:

Du siehst auch superschön aus, mein Schatz –


Ich freu mich so sehr, dass ich dich kenne!
Wollen wir uns auf der Wiese treffen?

Da könnten die Tannen unser Dach sein


Und die Eichen wie unsere vier Wände.

ZWEITES KAPITEL

SIE:

Ich bin nur eine normale Frau,


Die ganz okay aussieht.

ER:

Wie eine Rose vnter den Dörnen /


So ist mein Freundin vnter den Töchtern.

SIE

Wie ein Porsche Cabrio unter den Autos,


So ist mein Typ im Gegensatz zu anderen Männern.
Ich hab total Bock dadrauf,
Mit ihm eine Spritztour zu machen.
Mit ihm zusammen zu sein ist so toll
Wie ein leckeres Himbeereis.

Er ist mit mir in ein schickes Restaurant ausgegangen.


Dort hat er mir seine Liebe gebeichtet.

Ich brauchte was für meinen Magen,


Denn sonst wäre ich vor Liebe fast verhungert.
Die Liebe zu ihm macht mich fast krank.

Er lag neben mir und umarmte mich dabei zärtlich.

Hey, ihr Frauen aus der Gegend, dampft ab!


Wir wollen unsere Ruhe haben und alleine sein,
Wir kommen dann eben später zu euch.

Da kommt mein Schatz.


Er fährt einen heißen Reifen,
Nur um zu mir zu kommen.

Er nimmt die Kurven, so schnell er kann.


Bald ist er an meinem Haus angekommen.
Dann flüstert er durch mein Fenster:

ER:

Stehe auf, meine Freundin,


Meine Schöne, und komm her!

Denn siehe, der Winter ist vergangen,


Der Regen ist weg und dahin;
Die Blumen sind hervorkommen im Lande,
Der Lenz ist herbeikommen,
Und die Turteltaube läßt sich hören in unserm Lande;
Der Feigenbaum hat Knoten gewonnen,
Die Weinstöcke haben Augen gewonnen
Und geben ihren Geruch.
Stehe auf, meine Freundin, und komm,
Meine Schöne, komm her!

Meine Taube in den Felslöchern,


In den Steinritzen,
Zeige mir deine Gestalt,
Laß mich hören deine Stimme!
Denn deine Stimme ist süß
Und deine Gestalt lieblich.

Fahet uns die Füchse, die kleinen Füchse,


Die die Weinberge verderben;
Denn unsere Weinberge haben Augen gewonnen.
SIE:

Mein Liebster gehört nur mir,


Und ich gehöre alleine ihm,
Dem Mann, der immer total zärtlich zu mir ist.

Abends, wenn es langsam dunkel wird,


Dann komm vorbei, mein Schatz!
Gib Gas, steig in dein Auto und komm zu mir!

DRITTES KAPITEL

SIE:

Als ich heute Nacht im Bett lag,


Hatte ich voll die Sehnsucht
Nach meinem geliebten Schatz.
Ich hatte voll Sehnsucht nach seiner Nähe,
Aber er war nicht da ...

Ich bin aufgestanden,


Hab mich schön gemacht
Und bin durch die Straßen gezogen.
Ich war in den Clubs,
Ich musste ihn unbedingt heute noch sehen!
Überall hab ich ihn gesucht, den Mann,
Welchen ich über alles liebe,
Aber er war nicht da.

Schließlich haben mich sogar die Bullen angehalten


Und wollten meinen Perso sehen.
Entschuldigung!
Haben Sie den schönsten Mann der Welt gesehen,
In den ich total verknallt bin?
Hab ich sie gefragt.

Als ich dann gerade um die nächste Ecke war,


Stand er plötzlich da, mein Traummann!
Ich bin auf ihn zugelaufen,
Hab ihn umarmt
Und nicht mehr losgelassen.
Dann musste ich ihn einfach in meine Wohnung entführen.

Hey, ihr Frauen aus der Gegend, dampft ab!


Wir wollen unsere Ruhe haben
Und alleine sein,
Wir kommen dann eben später zu euch.

DIE MÄDCHEN VON JERUSALEM:


Qui donc monte du désert
Comme des colonnes de fumée,
Au milieu des vapeurs de myrrhe et d'encens
Et de tous les aromates des marchands?

Voici la litière de Salomon,


Et autour d'elle 60 hommes vaillants,
Parmi les plus vaillants d'Israël.

Tous sont armés de l'épée,


Tous sont formés au combat.
Chacun porte l'épée à sa hanche
En vue des alertes nocturnes.

Le roi Salomon s'est fait une litière en bois du Liban.


Il a fait ses colonnes en argent,
Son dossier en or,
Son siège en pourpre.
L'intérieur est tout brodé,
Travail fait avec amour par les filles de Jérusalem.

Sortez, filles de Sion!


Regardez le roi Salomon avec sa couronne,
Celle dont sa mère l'a couronné
Le jour de son mariage,
Le jour où son coeur est rempli de joie!

VIERTES KAPITEL

ER:

Sihe meine Freundin / du bist schön /


Sihe / schön bistu.
Deine Augen sind wie taubenaugen /
Zwisschen deinen Zöpffen.
Dein Har ist wie die Ziegen herd /
Die beschoren sind auff dem berge Gilead.

Deine Zeene sind wie die herde mit beschnitten wolle /


Die aus der schwemme komen /
Die allzumal Zwilling tragen /
Vnd ist keine vnter jnen vnfruchtbar.

Deine Lippen sind wie eine rosinfarbe schnur /


Vnd deine Rede lieblich.
Deine Wangen sind wie der ritz am Granatapffel /
Zwisschen deinen zöpffen.

Dein Hals ist wie der thurm Dauid /


Mit brustwehr gebawet /
Daran tausent Schilde hangen /
Vnd allerley waffen der Starcken.

Deine zwo Brüste sind


Wie zwey junge Rehe zwillinge /
Die vnter den rosen weiden /

Bis der tag küle werde /


Und der schatten weiche.
Jch wil zum Myrrhenberge gehen
Vnd zum Weyrauch hügel.

Du bist aller ding schöne / meine Freundin /


Vnd ist kein flecken an dir.
Kom meine Braut vom Libanon /
Kom vom Libanon / Gehe er ein /
Trit her von der höhe Amana /
Von der höhe Senir vnd Hermon /
Von den wonungen der Lewen /
Von den bergen der Leoparden.

Du hast mir das hertz genomen /


Meine Schwester liebe Braut /
Mit deiner augen einem /
Vnd mit deiner Halsketen eine.

Wie schön sind deine Brüste meine Schwester /


Liebe Braut / deine Brüste sind lieblicher denn Wein /
Vnd der geruch deiner Salben vbertrifft alle Würtze.

Deine Lippen / meine Braut /


Sind wie trieffender honigseim /
Honig vnd milch ist vnter deiner Zungen /
Vnd deiner Kleider geruch ist /
Wie der geruch Libanon.

Meine Schwester / liebe Braut /


Du bist ein verschlossen Garten /
Ein verschlossen Quelle /
Ein versiegelter Born.

Dein Gewechs ist wie ein Lustgarte von Granatepffeln /


Mit edlen Früchten / Cipern mit Narden /

Narden mit Saffran /


Kalmus vnd Cynamen
Mit allerley bewmen des Weyrauchs /
Myrrhen vnd Aloes
Mit allen besten Würtzen /

Wie ein Gartenbrun /


Wie ein Born lebendiger Wasser /
Die von Libano fliessen.

SIE

Egal, zu welcher Jahreszeit,


Egal, woher der Wind kommt,
Ich will für dich immer so gut riechen!
Du kannst dich an mir gerne bedienen
Und mich genießen, mein Liebster.
Trink von mir, iss von mir,
Es gehört alles dir.

FÜNFTES KAPITEL

ER:

Jch kom / meine Schwester / liebe Braut /


In meinem Garten /
Jch habe meine Myrrhen
Sampt meinen Würtzen abgebrochen /
Jch hab meins Seims
Sampt meinem Honige gessen /
Jch hab meins Weins
Sampt meiner Milch getruncken.
Esset meine Lieben /
Vnd trincket meine Freunde
Vnd werdet truncken!

SIE:

Als ich so im Halbschlaf war, hörte ich,


Wie du an meine Tür geklopft hast.
Sofort war ich wach:
Mein Schatz kommt! Endlich!
Du sagtest: Thu mir auff
Liebe Freundin meine schwester /
Meine Taube / meine frome /
Denn mein heubt ist vol tawes /
Vnd meine locken vol nachtstropffen.

Aber ich habe mich doch schon ausgezogen!


Meinte ich zu ihm.
Soll ich mich wegen dir wieder anziehen?
Ich stand doch schon unter der Dusche
Und hab keine Lust,
Mir noch mal die Füße dreckig zu machen.

Aber dann sah ich, wie er durch ein Fenster reinschaute.


Da fing mein Herz wie verrückt an zu schlagen,
Bloß weil er wieder in meiner Nähe war.
Ich rannte zur Tür, um meinem Schatz aufzumachen,
Dabei war ich noch voller Bodylotion,
Und meine Hände waren voller Feuchtigkeitscreme,
Die dann auch auf dem Türgriff landete.

Aber als ich, so schnell es ging, die Tür aufgemacht hatte,


Da war er schon wieder weg!
Ich war total fertig:
Er ist abgehauen!
Ich zog sofort los und suchte ihn überall,
Doch ich konnte ihn nirgends finden.
Ich versuchte, ihn anzurufen,
Aber sein Handy war ausgeschaltet.

Schließlich bekam ich Probleme mit ein paar Türstehern.


Sie haben mich gepackt und mich verprügelt,
Ich hatte viele blaue Flecken am ganzen Körper.
Dann haben sie mir sogar meine Jacke geklaut.

An alle Mädchen in Jerusalem:


Ihr müsst mir helfen!
Wenn jemand von euch meinen Schatz sieht,
Dann richtet ihm was aus.
Sagt ihm, dass ich total in ihn verknallt bin,
Ich bin krank vor Liebe für ihn!

DIE MÄDCHEN.

Celui qui m’est cher est éblouissant


Et a le teint vermeil;
C’est le plus remarquable entre dix mille.

SIE

Mein Schatz sieht super aus


Und hat einen coolen Körper.
Es gibt niemanden, der so gut aussieht wie er!
Er ist von zigtausend Männern
Mit Abstand der beste!

Seine Haut ist so superglatt,


seine Haare sind total schwarz,
Er hat traumhafte schwarze Locken,
Die lang runterhängen.

Seine Augen sind einfach wunderschön,


Ich schmelze wie ein Stück Schokolade in der Sonne,
Wenn er mich ansieht.
Sie erinnern mich auch an zwei dunkle Smaragde,
Die ich mal beim Juwelier gesehen hab.

Seine Wangen riechen total gut,


So gut wie geröstete Mandeln, nein, noch besser.
Seine Lippen sind so rot wie eine Kirsche,
Und er schmeckt auch so gut.

Seine Hände sind so schlank,


Die sehen aus wie ein Kunstwerk.
Sein ganzer Körper ist supermuskulös,
Und er hat einen Waschbrettbauch wie Brad Pitt.

Seine Beine sind so schlank


Wie die eines Marathonläufers
Und dabei so stark
Wie die eines Gewichthebers.
Und er küsst so zärtlich,
Einfach alles an ihm ist genial.
Seine Küsse schmecken so gut.
So ist er, mein Freund, mein Schatz,
Nur dass ihr Bescheid wisst!

SECHSTES KAPITEL

DIE MÄDCHEN:

Où est allé celui qui t’est cher,


O la plus belle parmi les femmes?
Où s’est dirigé celui qui t’est cher,
Pour que nous le cherchions avec toi?

SIE:

Er ist in seinen Garten abgehauen.


Da, wo das leckere Obst wächst
Und die tollen Blumen blühen.
Er pflückt dort vermutlich eine Lilie.

Er gehört nur mir, und ich gehöre nur ihm.


Er wird mich immer mit den besten Sachen versorgen,
Er passt auf mich auf.

ER:

Du bist schön / meine Freundin /


Wie Thirza / lieblich wie Jerusalem /
Schrecklich wie Heerspitzen

(Wende deine Augen von mir /


Denn sie machen mich brünstig)
Deine Har sind wie ein herd Ziegen /
Die auff dem berge Gilead geschoren sind.

Deine Zeene sind wie ein herd Schaf /


Die aus der schwemme komen /
Die allzu mal Zwilling tragen /
Vnd ist keine vnfruchtbar vnter jnen.

Deine Wangen sind wie ein Ritz am Granatapffel /


Zwisschen deinen zöpffen.

Sechzig ist der Königinnen /


Vnd achzig der Kebsweiber /
Vnd der Jungfrawen ist kein zal.

Aber eine ist meine Taube / mein Frome /


Eine ist jrer Mutter die liebste /
Vnd die ausserwelete jrer Mutter.
Da sie die Töchter sahen /
Preiseten sie dieselbige selig /
Die Königinnen vnd Kebsweiber lobeten sie.

Wer ist die erfür bricht /


Wie die Morgenröte /
Schön wie der Mond /
Ausserwelet wie die Sonne /
Schrecklich wie die Heerspitzen.

Jch bin hin ab in den Nussgarten gegangen /


Zu schawen die Streuchlin am Bach /
Zu schawen ob der Weinstock blühet /
Ob die Granatepffel grüneten.

Meine Seele wusts nicht /


Das er mich zum wagen AmiNadib gesetzt hette.

KEre wider / kere wider / o Sulamith /


Kere wider / kere wider / das wir dich schawen /
Was sehet jr an Sulamith / den Reigen zu Mahanaim?

SIEBENTER GESANG

DIE MÄDCHEN AUS JERUSALEM:

Que tes pas sont devenus beaux dans tes sandales,


O fille bien disposée!

SIE:

Was ist da denn so toll daran, wenn ich das mache?

ER:

Deine Lenden stehen gleich an einander /


Wie zwo Spangen /
Die des Meisters hand gemacht hat.

Dein Nabel ist wie ein runder Becher /


Dem nimer getrenck mangelt.
Dein Bauch ist wie ein Weitzenhauffe
Vmbsteckt mit Rosen.

Deine zwo Brüste sind /


Wie zwey junge Rehe zwillinge.

Dein Hals ist wie ein Elffenbeinen thurm.


Deine Augen sind /
Wie die Teiche zu Hesbon /
Am thor Bathrabbim.
Deine Nase ist wie der Thurm auff Libanon /
Der gegen Damascon sihet.

Dein Heubt stehet auff dir /


Wie Carmelus.
Das Har auff deinem heubt /
Ist wie die purpur des Königs in falten gebunden.

Wie schön vnd wie lieblich bistu /


Du Liebe in wollüsten.

Deine Leng ist gleich einem Palmbawm /


Vnd deine Brüste den Weindrauben.

Jch sprach / Jch mus auff den Palmbawm steigen /


Vnd seine zweige ergreiffen /
Las deine Brüste sein wie Drauben am weinstock /
Vnd deiner Nasenruch wie Epffel /

Vnd deine Kele wie guter Wein /


Der meinem Freunde glat eingehe /
Vnd rede von fernigem.

SIE:

Ich gehöre nur ihm, meinem Schatz,


Und sein Herz sehnt sich auch nach mir.

Hey, mein Liebster, lass uns heute Nacht draußen pennen.


Lass uns auf der Wiese in einem Zelt schlafen!

Morgens ganz früh können wir dort spazieren gehen.


Wir können nachsehen, ob es dort schon Blumen gibt
Und wie der Wein wächst.
Lass uns checken,
ob der Apfelbaum schon angefangen hat zu blühen.
Dort will ich dich vernaschen,
Dort will ich mich dir ganz hingeben.
Die Äpfel riechen voll gut,
Und es liegen noch jede Menge leckere Früchte vor der Tür,
Frisch geerntete und welche,
Die ich extra für dich gekauft habe.

ACHTES KAPITEL

SIE:

Puh, wenn die uns nicht so beobachten würden,


Könnten wir ungestört zusammen sein.
Wir könnten uns einfach so küssen,
Wenn wir uns auf der Straße treffen,
Und niemand würde deswegen rumstressen.

Wir würden einfach zu uns nach Hause gehen.


Dann könnten wir zusammen Glühwein trinken
Und in Ruhe schmusen.

Seinen linken Arm würde er unter meinem Kopf legen,


Und mit dem anderen Arm würde er
Mich ganz fest an sich drücken.

Hey, ihr Frauen aus der Gegend, dampft ab!


Wir wollen unsere Ruhe haben
Und alleine sein,
Wir kommen dann eben später zu euch.

DIE MÄDCHEN AUS JERUSALEM:

Qui est celle qui monte du désert,


Appuyée sur son bien-aimé?

ER:

Setze mich wie ein Siegel auff dein Hertz /


Vnd wie ein siegel auff deinen Arm /
Denn Liebe ist starck wie der Tod /
Vnd Eiver ist fest wie die Helle /
Jr glut ist fewrig /
Vnd ein flamme des HERRN /

Das auch viel Wasser nicht mügen die Liebe auslesschen /


Noch die ströme sie erseuffen /
Wenn einer alles Gut in seinem hause
Vmb die Liebe geben wolt /
So gülte es alles nichts.

DIE BRÜDER:
We have a little sister,
And her breasts are not yet grown.
What shall we do for our sister
On the day she is spoken for?
If she is a wall,
We will build towers of silver on her.
If she is a door,
We will enclose her with panels of cedar.

SIE:

Ich bin nicht so leicht rumzukriegen,


Da muss man schon einiges auffahren.
Auch an meine Brüste kommt keiner so schnell ran.
Aber bei meinem Schatz bin ich sofort weich geworden.
Ich hatte bei ihm das Gefühl,
Endlich angekommen zu sein.

ER:

Salomo hat einen Weinberg zu BaalHamon /


Er gab den Weinberg den Hütern /
Das ein jglicher fur seine Früchte brechte
Tausent Silberlinge.

Mein Weinberg ist fur mir.


Dir Salomo gebüren tausent /
Aber den Hütern zwey hundert
Sampt seinen Früchten.

Die du wonest in den Garten /


Las mich deine stimme hören /
Die Geselschafften mercken drauff.

SIE:

Komm schnell her, mein geliebter Schatz!


Komm, so schnell es geht,
Steig auf deine Maschine,
Leg dich in die Kurven,
Fahr, so schnell es geht, zu mir!

DAS NEUE LIEBESLIED

Jetzt kommt eine sehr krasse Lovestory, die von Torsten stammt.

Dineke:
Bitte küss mich!
Ich bin so heiß auf deine Liebe,
Sie macht mich breiter als der beste Wodka.
Du riechst so gut,
Ich dreh total durch,
Wenn ich dein Aftershave rieche!
Und ich krieg Herzrasen,
Wenn ich nur deinen Namen höre.
Darum stehen die anderen Weiber auch so auf dich.
Komm, lass uns, so schnell es geht, von hier verschwinden!
Wollen wir zu dir gehen, auf deine Bude?
Ich geh überall mit dir hin.
Du bist der Größte für mich!
Ich finde es so genial,
Dass ausgerechnet ich dich kennen darf,
Du machst mich glücklich!
Dass du mich liebst,
Ist wie ein Hauptgewinn im Lotto für mich,
Denn alle anderen Weiber wollen auch was von dir.
Was wollt ihr von mir?
Ich meine euch Mädels aus Jerusalem!
Obwohl ich so blass bin wie Schnee,
Bin ich doch so schön,
Dass ich jede Miss-Wahl gewinnen würde.
Mein Vater war total ätzend zu mir,
Ich musste den ganzen Tag das Haus putzen.
Nur mein Zimmer musste dreckig bleiben,
Weil ich nie dazu kam, das sauber zu machen.
Mein geliebter Schatz,
Wo warst du heute Mittag?
Ich hab dich überall gesucht!
Warst du in den Kaufhäusern in Oldenburg City?

Gerrit:
Weißt du das wirklich nicht,
Meine einzige Schönheit?
Du hättest mich doch auf dem Handy anrufen können,
Dann hättest du mich auch gefunden!
Ich muss dir noch mal was sagen:
Du siehst einfach geil aus!
Du bist wirklich die schönste Frau der Welt,
Schöner als jede Miss World!
Dein Gesicht wird eingerahmt von goldenen Ohrringen,
Und um deinen Hals liegt eine weiße Perlenkette.
Du sollst die schönsten Brillanten haben,
Eingefasst in das reinste Gold!

Dineke:
Wenn mein Held mit mir essen geht,
Riecht er total lecker.
Besser als alles, was ich jemals gegessen habe.
Wenn wir kuscheln
Und du auf meinem Busen liegst,
Dann riechst du so toll,
Dass ich dich am liebsten anbeißen würde.
Du riechst so phantastisch,
Besser als jeder Bratapfel.

Gerrit:
Du bist so gigantisch schön, mein Schatz,
Du siehst so geil aus!
Deine Augen strahlen wie die Sonne!

Dineke:
Du siehst auch superschön aus, mein Schatz!
Ich freu mich so sehr, dass ich dich kenne!
Wollen wir uns auf der Wiese treffen?
Da könnten die Tannen unser Dach sein
Und die Eichen unsere vier Wände.
Ich bin aber nur eine normale Frau,
Die ganz okay aussieht.

Gerrit:
Nein! Du bist das hübscheste
Von allen Mädchen, die ich kenne,
Keine sieht so gut aus wie du!
Du bist der absolute Hauptgewinn im Lotto!

Dineke:
Wie ein Porsche Cabrio unter den Autos,
Do ist mein Typ im Gegensatz zu anderen Typen.
Ich hab total Bock darauf,
Mit ihm eine Spritztour zu machen.
Mit ihm zusammen zu sein,
Ist so toll wie ein leckeres Schokoladen-Eis.
Er ist mit mir in ein schickes Restaurant ausgegangen.
Dort hat er mir seine Liebe gebeichtet.
Ich brauchte was für meinen Magen,
Denn sonst wäre ich vor Liebe fast verhungert.
Die Liebe zu ihm macht mich krank!
Er lag neben mir
Und umarmte mich dabei zärtlich.
He, ihr Weiber aus der Gegend, dampft ab!
Wir wollen unsere Ruhe haben und alleine sein,
Wir kommen dann eben später zu euch.
Da kommt mein Schatz.
Er fährt einen heißen Reifen,
Nur um zu mir zu kommen.
Er nimmt die Kurven, so schnell er kann.
Bald ist er an meinem Haus angekommen.
Dann flüstert er durch mein Fenster:

Gerrit:
Steh auf, mein Schatz, meine Schönheit!
Los, komm, Traumfrau, lass uns abhauen!
Draußen ist super Wetter!
Es hat aufgehört zu regnen,
Der Winter ist vorbei.
Wir könnten ein wenig um die Häuser ziehn!
Es gibt ein paar Läden, die noch aufhaben,
Wo ein guter DJ ein paar nette CDs auflegt.
Komm, steh schon auf, Liebste!
Wir trinken noch einen Gin
Und genießen uns,
Komm, meine Traumfrau!
Spiel jetzt nicht Verstecken mit mir!
Ich will dein schönes Gesicht sehen,
Ich will deine geniale Figur betrachten,
Ich möchte deine wunderschöne Stimme hören!
Du hast so eine geniale Figur
Und eine erotische Stimme!

Dineke:
Wir lassen uns unsere Liebe nicht kaputt machen,
Von niemandem!
Bei uns geht es gerade richtig ab!
Mein Liebster gehört nur mir,
Und ich gehöre alleine ihm,
Dem Mann, der immer total zärtlich zu mir ist.
Abends, wenn es langsam dunkel wird,
Dann komm vorbei, mein Schatz!
Gib Gas, steig in dein Auto und komm zu mir!
Als ich heute Nacht im Bett lag,
Hatte ich voll Sehnsucht
Nach meinem geliebten Schatz.
Ich hatte voll Sehnsucht nach seiner Nähe,
Aber er war nicht da ...
Ich bin aufgestanden,
Hab mich schön gemacht
Und bin durch die Straßen gezogen.
Ich war in der Disco,
Ich musste ihn unbedingt heute noch sehen!
Überall hab ich ihn gesucht,
Den Mann, den ich über alles liebe,
Aber er war nicht da.
Schließlich haben mich sogar die Bullen angehalten
Und wollten meinen Personalausweis sehen.
Entschuldigung!
Haben Sie den schönsten Mann der Welt gesehen,
In den ich total verknallt bin?
Hab ich sie gefragt.
Als ich dann gerade um die nächste Ecke war,
Stand er plötzlich da, mein Traummann!
Ich bin auf ihn zugelaufen,
Hab ihn umarmt
Und nicht mehr losgelassen.
Dann musste ich ihn einfach in meine Wohnung entführen.
He, ihr Weiber aus der Gegend, dampft ab!
Wir wollen unsere Ruhe haben
Und alleine sein,
Wir kommen dann eben später zu euch.

Die Mädchen:
Wer kommt da aus dem Dorf angefahren,
Mit ’nem fetten Mercedes,
Voller Chrom und coolen Felgen?
Es ist die Karre vom Präsidenten,
Sechzig seiner besten Leute begleiten ihn,
Und seine Spezialgarde ist auch am Start.
Die haben alle eine Spezialkampfausbildung.
Sie tragen ihre MGs vor der Brust,
Die Waffen sind im Anschlag,
Falls es nachts mal Probleme mit Terroristen gibt.
Das Auto des Präsidenten
Ist eine Spezialanfertigung aus reinem Gold.
Die Felgen sind aus Platin,
Die Ledersitze aus feinstem Nappa,
So weich wie Handschuhleder.
Das müsst ihr euch ansehen,
Alle Frauen, kommt raus!
Da kommt der neue Präsident!
Er hat seinen Hochzeitsanzug an,
Denn es ist sein Hochzeitstag,
Der schönste Tag in seinem Leben!

Gerrit:
Du siehst einfach total geil aus,
Du bist echt meine Traumfrau!
Deine Augen leuchten wie zwei Brillanten,
Deine Haare legen sich
Wie goldener Samt um deinen Hals.
Deine Zähne sind so weiß
Wie frisch gefallener Schnee.
Du brauchtest keine Zahnspange,
Alle Zähne sind am richtigen Platz,
Und keiner fehlt.
Wie eine knallrote Kirsche,
So leuchten deine Lippen,
Sie sind so superschön geformt.
Hinter deinen blonden Haaren
Keuchten deine Wangen
Wie zuckersüße Äpfel,
In die man am liebsten gleich reinbeißen würde.
Ich steh total auf deinen schlanken Hals,
Der ist wie ein wunderschönes Schmuckstück für mich.
Dein Busen ist so schön weich,
Er erinnert mich an das Fell
Von den zwei kleinen Hasen,
Die ich heute Morgen gestreichelt hab.
Abends, wenn es kalt wird,
Wenn es dunkel wird
Und keiner mehr unterwegs ist,
Dann will ich zu dem Treffpunkt kommen,
Auf den Hügel, der so schön nach Kräutern riecht.
Du siehst einfach perfekt aus!
An dir gibt es nichts, was anders sein sollte!
Komm schon, mein Schatz,
Lass uns zusammen abhauen.
Wir müssen weg hier,
Weg von den Plätzen,
Wo die Schläger und Nazis sich treffen,
Es könnte gefährlich werden.
Du hast mein Herz erobert!
Ein Blick hat genügt,
Und ich war komplett weggetreten!
Allein dein Schmuck hat mich schon voll angemacht.
Dass du mich liebst,
Macht mich total glücklich,
Ich genieße deine Liebe mehr
Als den besten Gin
Oder das neuste Parfüm aus Paris.
Deine Küsse schmecken besser als Schokolade.
Wenn du mich küsst,
Fühlt sich das an
Wie süße Schlagsahne im Mund.
Und deine Kleidung
Riecht wie das edelste Parfüm aus New York.
Mein Mädchen ist wie ein Laden voller Süßigkeiten,
Aber ich darf davon noch nicht naschen,
Wie eine eiskalte Cola Light,
Die ich nicht öffnen kann.
Dein Körper ist wie leckeres Weingummi,
Er schmeckt nach Erdbeere, Kirsche und Nektarine.
Wie Lakritz vom Feinsten,
Vollmilch-Nuss-Schokolade,
Trüffelpralinen und noch besser schmeckst du.
Du bist so erfrischend
Wie ein köstlicher Orangensaft
Oder eine eiskalte Cola Light.

Dineke:
Egal, zu welcher Jahreszeit,
Egal, woher der Wind kommt,
Ich will für dich immer so gut riechen!
Du kannst dich an mir gerne bedienen
Und mich genießen, mein Liebster.
Trink von mir,
Iss von mir,
Es gehört alles dir!

Gerrit:
Bei dir zu sein ist, wie in meinen Garten zu gehen.
Dort organisiere ich mir ein paar leckere Früchte.
Ich hol mir Kirschen und Pflaumen
Und dann noch die beste Flasche Whisky.
Kommt an den Start, meine Freunde,
Wir machen ein Bierfass auf!
Wir werden high von der Liebe wie vom Hasch!

Dineke:
Als ich so im Halbschlaf war, hörte ich,
Wie du an meine Tür geklopft hast.
Sofort war ich wach:
Mein Schatz kommt! Endlich!
Du sagtest:
Wach auf, mein Mädchen!
Du bist mein größter Schatz,
Du bist meine Freundin,
Du bist einfach perfekt für mich!
Wach auf!
Ich hab total nasse Haare vom Regen
Und hol mir sonst noch einen Schnupfen.‘
Aber ich habe mich doch schon ausgezogen!
Meinte ich zu ihm.
Soll ich mich wegen dir wieder anziehen?
Ich stand doch schon unter der Dusche
Und hab keine Lust,
Mir noch mal die Füße dreckig zu machen.
Aber dann sah ich,
Wie er durch ein Fenster reinschaute.
Da fing mein Herz wie verrückt an zu schlagen,
Bloß weil er wieder in meiner Nähe war.
Ich rannte zur Tür,
Um meinem Schatz aufzumachen,
Dabei war ich noch voller Bodylotion,
Und meine Hände waren voller Feuchtigkeitscreme,
Die dann auch auf dem Türgriff landete.
Aber als ich, so schnell es ging,
Die Tür aufgemacht hatte,
Da war er schon wieder weg!
Ich war total fertig:
Er ist abgehauen!
Ich zog sofort los und suchte ihn überall,
Doch ich konnte ihn nirgends finden.
Ich versuchte, ihn anzurufen,
Aber sein Handy war ausgeschaltet.
Schließlich bekam ich Probleme
Mit ein paar Türstehern.
Sie haben mich gepackt und mich verprügelt,
Ich hatte viele blaue Flecken am ganzen Körper.
Dann haben sie mir sogar meine Jacke geklaut.
An alle Mädchen in Oldenburg:
Ihr müsst mir helfen!
Wenn jemand von euch meinen Schatz sieht,
Dann richtet ihm was aus.
Sagt ihm, dass ich total in ihn verknallt bin,
Ich bin krank vor Liebe für ihn!

Die Mädchen:
Was textest du uns so zu?
Du bist sowieso schöner
Als das schönste Topmodel!
Warum hast du den denn überhaupt nötig?
Was ist bei dem Typ denn nun so besonders,
Im Gegensatz zu den anderen Kerlen,
Dass du uns hier volllaberst?

Dineke:
Mein Schatz sieht super aus
Und hat einen coolen Körper.
Es gibt niemanden, der so gut aussieht wie er!
Er ist von zigtausend Typen mit Abstand der beste!
Seine Haut ist so superglatt,
Seine Haare sind nicht grau,
Er hat traumhafte Haare,
Die kurz geschnitten sind.
Seine Augen sind einfach wunderschön,
Ich schmelze wie ein Stück Schokolade in der Sonne,
Wenn er mich ansieht.
Sie erinnern mich auch an zwei Smaragde,
Die ich mal beim Juwelier gesehen hab.
Seine Wangen riechen total gut,
So gut wie geröstete Mandeln,
Nein, noch besser.
Seine Lippen sind so rot wie eine Kirsche,
Und er schmeckt auch so gut.
Seine Hände sind so schlank,
Die sehen aus wie ein Kunstwerk.
Sein ganzer Körper ist supermuskulös,
Und er hat einen Waschbrettbauch.
Seine Beine sind so schlank
Wie die eines Marathonläufers
Und dabei so stark wie die eines Gewichthebers.
Und er küsst so zärtlich,
Einfach alles an ihm ist genial.
Seine Küsse schmecken so gut.
So ist er, mein Freund, mein Schatz,
Nur dass ihr Bescheid wisst!

Die Mädchen:
Wo ist denn dein Schatz nun hin?
Wir helfen dir, ihn zu suchen.
Hast du jetzt ’ne Idee, wo er sein könnte?
Du bist einfach das schönste Mädchen von allen!

Dineke:
Er ist in seinen Garten abgehauen.
Da, wo das leckere Obst wächst
Und die tollen Blumen blühen.
Er pflückt dort vermutlich eine Gladiole.
Er gehört nur mir,
Und ich gehöre nur ihm.
Er wird mich immer mit den besten Sachen versorgen,
Er passt auf mich auf.

Gerrit:
Du siehst so megageil aus, meine Traumfrau!
Du bist so schön wie Venedig,
Du bist so sexy wie Paris.
Du hast mich eingenommen,
Genauso wie eine große Armee ein Land einnimmt.
Bitte sieh mich nicht so an,
Sonst dreh ich noch durch.
Deine Frisur ist total genial,
Sie steht dir voll gut.
Dein Mund macht mich total an,
Sogar deine Zähne sind perfekt angeordnet.
Unter der Mütze, die du tief ins Gesicht gezogen hast,
Kann ich deine wunderschönen Wangen sehen!
Sie sehen aus wie eine Nektarine,
Zum Anbeißen lecker.
Selbst wenn ich im Nachtclub wäre
Und die hundert schönsten Frauen aus der Stadt haben könnte,
Wäre mir das egal.
Ich liebe nur eine Frau.
Die schönste und die beste, die perfekte Frau.
Sie ist die einzige Frau auf diesem Planeten,
Die ich liebe.
Sie war die einzige Tochter ihrer Mutter Meike.
Wenn die Frauen vom Präsidenten sie sehen könnten,
Sie würden neidisch werden.
Sie sieht so schön aus!
Wenn man sie ansieht, ist es,
Als würde man einen Sonnenaufgang sehen.
Sie kann einen anlachen,
Wie der Mond einen anlacht,
Sie strahlt wie die Sonne.
Sie flirtet wie keine andere Frau,
Sie kann das Herz von jedem Typen
Im Handumdrehen erobern.

Dineke:
Ich ging raus in den Garten,
Wo die Apfelbäume sind.
Ich wollte mal nachsehen,
Ob sie schon blühen,
Und was die Nussbäume so machen.
Was ist bloß los mit mir?
Ich kann mich kaum noch beherrschen.
Und das, obwohl ich eine gute Erziehung
Von meiner Mutter bekommen hab.

Die Mädchen aus Oldenburg:


Los, schwing deine Hüften, Dineke,
Beweg dich zum Beat,
Wir haben Bock, dir beim Tanzen zuzusehen.
Was wollen wir sehen?
Wie wäre es mit einem Tanz zur Techno-Musik?

Dineke:
Was ist da denn so toll daran,
Wenn ich das mache?

Gerrit:
Es sieht einfach cool aus, wie du tanzt!
Wenn du deine Hüften bewegst,
Das sieht echt krass aus,
So als wärst du ein lebendes Kunstwerk.
Deine Scheide ist für mich
Wie ein kostbar geschliffenes Kristallglas,
Das immer mit leckerem Wein gefüllt ist.
Dein Bauch ist wie ein weißer Sandstrand,
Und er riecht dazu wie ein Strauß Rosen.
Deine beiden Brüste
Sind so weich wie zwei Kissen aus Samt
Oder wie das Fell von zwei Kaninchen.
Deine Beine sind so lang
Wie die von einem Topmodel.
Deine Augen sind wie zwei blaue Diamanten,
Und deine Nase ist einfach zum Anbeißen schön.
Dein ganzer Kopf ist so traumhaft hübsch,
Du siehst aus wie eine Prinzessin.
Wenn du deine blonden Haare öffnest,
Leuchten sie in der Nacht,
Alleine nur mit deinen Locken
Könntest du jeden Star verführen.
Du siehst einfach nur geil aus,
Keine ist so schön wie du!
Dass du ausgerechnet mich liebst,
Kann ich nicht fassen,
Das macht mich total glücklich.
Mit deiner Figur würdest du jede Miss-Wahl gewinnen,
Zu deinem Busen fällt mir nichts mehr ein,
Ich möchte ihn am liebsten vernaschen.
Ich will mit dir spielen,
Ich will was von deinen reifen Früchten haben,
Ich will sie genießen.
Ich möchte breit werden
Vom Rausch an der Liebe zu dir,
An deinem Busen,
An deinem Atem.
Ich will dich trinken,
Ich möchte dich riechen.
Du riechst so gut wie ein frischer Apfel!
Deine Lippen will ich zärtlich auf meinen Lippen spüren.
Sie schmecken für mich wie ein süßer Tropfen Likör.

Dineke:
Ich gehöre nur ihm, meinem Schatz,
Und sein Herz sehnt sich auch nach mir.
He, mein Liebster,
Lass uns heute Nacht draußen pennen.
Lass uns auf der Wiese in einem Zelt schlafen!
Morgens ganz früh können wir dort spazieren gehen.
Wir können nachsehen,
Ob es dort schon Blumen gibt
Und wie der Hopfen wächst.
Lass uns checken,
Ob der Apfelbaum schon angefangen hat zu blühen.
Dort will ich dich vernaschen,
Dort will ich mich dir ganz hingeben.
Die Äpfel riechen voll gut,
Und es liegen noch jede Menge leckere Früchte vor der Tür,
Frisch geerntete
Und welche, die ich extra für dich gekauft habe.
Puh, wenn die uns nicht so beobachten würden,
Könnten wir ungestört zusammen sein.
Wir könnten uns einfach so küssen,
Wenn wir uns auf der Straße treffen,
Und niemand würde deswegen nerven.
Wir würden einfach zu mir nach Hause gehen.
Dann könnten wir zusammen Glühwein trinken
Und in Ruhe schmusen.
Seinen linken Arm würde er unter meinem Kopf legen,
Und mit dem anderen Arm würde er
Mich ganz fest an sich drücken.
He, ihr Weiber aus Niedersachsen, dampft ab!
Wir wollen unsere Ruhe haben
Und alleine sein,
Wir kommen dann eben später zu euch.

Die Mädchen aus Oldenburg:


Was ist das für eine,
Die da Arm in Arm
Mit ihrem Typen in der Innenstadt ankommt?

Gerrit:
Unter dem Apfelbaum,
Da hab ich dich dazu gebracht, mich zu lieben,
An der Stelle, wo Meike dich empfangen.
Ich will dir ganz nahe sein.
Ich will so nahe an deinem Herz sein
Wie der Anhänger an deiner Kette,
Die du um den Hals trägst.
Ich möchte immer zu dir gehören,
So wie der Armreif um dein Handgelenk
Immer zu dir gehört.
Es gibt keine Kraft,
Die stärker ist als die Liebe,
Sie ist stärker als der Tod.
Und ihre Leidenschaft ist so heftig,
Heiß wie die Hölle.
Wer richtig verliebt ist,
Der kennt dieses Gefühl, zu brennen.
Und dieses Feuer, was dort brennt,
Das kommt von Jahwe.
Nichts kann dieses Feuer wieder löschen,
Kein Wasser, kein Feuerlöscher, einfach nichts!
Man kann die Liebe nicht mit Geld kaufen,
Und selbst wenn der reichste Mann der Welt
Alles dafür geben würde,
Man würde ihn nur verachten.

Dinekes Brüder:
Unsere Schwester ist noch ein kleines Ding,
Sie ist noch so richtig in der Pubertät,
Sie hat noch nicht mal einen richtigen Busen.
Trotzdem wird es irgendwann mal so sein,
Dass jemand was von ihr will,
Dann müssen wir bereit sein!
Wenn sie überhaupt keinen Bock auf Männer hat
Und nur Sperrmüllklamotten anzieht,
Dann gehen wir mal mit ihr shoppen.
Aber wenn sie mit wirklich jedem Typen rummacht,
Dann werden wir auch was dagegen unternehmen.

Dineke:
Ich bin nicht so leicht rumzukriegen,
Da muss man schon einiges auffahren.
Auch an meine Brüste kommt keiner so schnell ran.
Aber bei meinem Schatz bin ich sofort weich geworden.
Ich hatte bei ihm das Gefühl,
Endlich angekommen zu sein.

Gerrit:
Da ist der reichste Präsident!
Ihm gehört ein fetter Weinberg in der Provence.
Er ließ den bewachen,
Denn die Weintrauben davon waren zusammen
120 000 Euro wert.
Die 120 000 kannst du gerne haben, Mister,
Und auch die Security
Kann ruhig 24 000 einsacken.
Denn ich hab meinen eigenen Wein im Keller.
An die Frau, die so oft im Garten ist:
Die Freunde warten darauf, dass du was sagst.
Jetzt komm schon und ruf mich endlich an.
Ich freu mich schon, deine Stimme zu hören.

Dineke:
Komm schnell her, mein geliebter Schatz!
Komm, so schnell es geht,
Steig auf deine Maschine,
Leg dich in die Kurven,
Fahr, so schnell es geht, zu mir!

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