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Das Windhorse Therapieprogramm

Übersicht

1. Das Wesentliche

2. Voraussetzungen und Fähigkeiten der Betreuer

3. Basisbetreuung

4. Organisation der Basisbetreuung

5. Struktur und notwendige Sitzungen

6. Ergebnisse

7. Kosten

8. Anwendungsbereich

9. Autistisches Verhalten, Tinbergen-Studien und Windhorse

10. Schulung

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Copyright: Jürgen Schwien
vedavid@web.de

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Psychiatrie und Psychoanalyse ... Vajrayana
Buddhismus ... Ansätze der Heiltraditionen
amerikanischer Natives, des wissenschaftlichen
Yoga und bestimmter Schamanenüberlieferungen...
... Diese Verbindung verschiedener Heilansätze trägt
auch dazu bei, ein Licht auf das Wesen geistiger
Gesundheit überhaupt zu werfen. Sie macht die
Universalität der Erfahrungen bewußt, die einer
Heilung geistiger und seelischer Erkrankungen
zugrunde liegen.

Dr. Edward M. Podvoll: Aus Entrückten Welten

1. Das Wesentliche

Beim Windhorse-Projekt handelt es sich um ein bewährtes milieutherapeutisches


Wohnprojekt, das Menschen in schweren psychischen oder psychotischen Krisen eine
wirksame Alternative zur Überwindung ihrer Lebenssituation bieten soll. Es wendet sich
auch an Betroffene, die in der Psychiatrie keine Fortschritte mehr machten.
Windhorse Therapieprogramme existieren seit 1981 in den USA, Österreich und anderen
Ländern, wobei die Erfahrung gemacht wurde, dass sich durch authentische menschliche
Beziehungen, in der vertrauten Umgebung einer Wohnung, eine bedeutsame Genesung
ergeben kann.
Laut Dissertation von Dr. Ingo Runte, Mitarbeiter der Abteilung Sozialpsychiatrie und
Psychotherapie der Medizinischen Hochschule Hannover, bietet dieser Ansatz im
Vergleich mit Einrichtungen der Soteria-Häuser oder des Burch House, in der Tradition
von Laing, ... die größte Flexibilität hinsichtlich Teamzusammensetzung, Therapieplanung
und Berücksichtigung der Wünsche und Ursprungsbedingungen des oder der Betroffenen.
Bewusster als in den anderen Projekten widmet man sich der inneren Fokussierung der
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das therapeutische Angebot umfasst explizit biologische,
spirituelle und psychologische Elemente. [1] Das Windhorse Therapieprogramm
funktioniert unabhängig davon, ob die Krise von den Betreuern oder dem Betroffenen als
psychotisch, spirituell oder religiös bewertet wird.
Windhorse Projekte arbeiten seit vielen Jahren mit Menschen unterschiedlichster
Diagnosen und Krisen, einschließlich Schizophrenie und anderen psychotischen Leiden,
affektiven Störungen, Medikamenten- oder Drogenmißbrauch, Ess-Störungen,
Persönlichkeitsstörungen, Kopfverletzungen, zwanghaftem Verhalten, Entwicklungs-
Störungen, Autismus, Herausforderungen des Alterns und schweren Krankheiten im
Endstadium.
Windhorse bietet Unterstützung in einer Vielfalt von transformativen Prozessen, wie
Änderung der Medikation oder Absetzen der Medikamente, für Menschen eines breiten
Befindlichkeits-Verhaltens-Kontinuums, von jenen, die relativ gut im Alltag funktionieren,
bis hin zu jenen, die extreme Schwierigkeiten in der täglichen Lebensführung haben, für
Klienten, die sich nicht leicht in übliche Behandlungsmöglichkeiten einfinden und sehr
individualisierte Unterstützung suchen. Die Unterstützung kann langfristig oder kurzfristig
angeboten werden und die Arbeit von Psychiatern oder Psychotherapeuten unterstützen,

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die mit einem Klienten arbeiten, aber nicht genug Struktur für die Genesung und Sicherheit
in einer ambulanten Behandlung anbieten können. [2]

Dr. Edward Podvoll , der Initiator des Windhorse Projektes, leitete 12 Jahre lang die
Ausbildung in Kontemplativer Psychotherapie an der „Naropa University“ in Boulder,
Colorado. Als junger Psychiater macht er schon früh die Erfahrung, dass analog zu einer
physischen Erkrankung, bei der große Teile des Körpers funktionsfähig sind, auch in
schwersten geistigen Krisen gesunde psychische Ressourcen existieren, Inseln der
Klarheit genannt, die es zu entfalten gilt:

... wenn eine Wohngemeinschaft echten therapeutischen Nutzen stiften soll, müssen alle
Beteiligten wissen, dass Arbeit mit der gesundenden Psyche in erster Linie bedeutet, die
''Inseln der Klarheit'' zu erkennen, richtig einzuschätzen und entsprechend darauf
einzuwirken. Aus der Sicht der Basisbetreuung sind diese Momente die großen Chancen.
Sie sind die Augenblicke, in denen der Patient aufatmet und sich seine Brust weitet, in
denen er die Welt wieder versteht und Freude am Leben hat. Sie können unvermittelt
auftreten oder sich sehr allmählich entwickeln. Wer nicht mit ihnen rechnet, übersieht sie
leicht. Und wenn sie übersehen, nicht beachtet oder gar behindert werden, entwickeln sich
die Dinge erst recht zum Schlechteren. [3]

Andererseits sind unzählige, gut gemeinte Versuche gemacht worden, Menschen in


schweren Wachstumskrisen in eine ''Heilgemeinschaft'' oder -familie einzugliedern.
Versuche, bei denen es aber an fundierten Kenntnissen über die Gesetzmäßigkeit des
Heilungsprozesses fehlte, und die deshalb nur mäßig erfolgreich oder zum Scheitern
verurteilt waren.
Unter Basisbetreuung versteht man in diesem Zusammenhang die Gesamtaktivität eines
Teams von Betreuern, das darin geschult ist, die gesunden psychischen Ressourcen des
Betroffenen systematisch zu erkennen und zu fördern.

Das Windhorse - Therapieprogramm

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2. Voraussetzungen und Fähigkeiten der Betreuer

Um in dieser Hinsicht effektiv zu arbeiten, sollten die Betreuer in der jeweiligen Situation
die anspruchsvolle Funktion eines Begleiters, Gefährten, Geleiters, Hüters, Koordinators
und besonders die eines Freundes besitzen. Die wichtige Ausbildung zum Betreuer sollte
deshalb folgende Eigenschaften und Fähigkeiten beinhalten:

Präsent sein: Mit Präsenz bezeichnet Podvoll einen entspannten und gleichzeitig klaren
Bewusstseinszustand, eine Kombination aus Ruhe, Wachheit und Energie. Podvoll: „So
bedeutet Präsentsein nicht notwendigerweise, dass sie innerlich schön ruhig sind. Aber es
bedeutet, dass sie, wenn ihre Gedanken in dieser Weise wandern, das schließlich
bemerken und zur aktuellen Umgebung zurückkehren.“ Diese Gelassenheit gegenüber
den eigenen Gedanken, die man auch „Meditation im Handeln“ nennen könnte, ist sich der
gesamten inneren und äußeren Situation und Umgebung bewusst und führt zu einem
unaufdringlichen Verhalten, was dem anderen ermöglicht, ebenfalls präsent zu sein.[7]

Mitgefühl: Therapeutisches sich in den Betroffenen Hineinversetzen setzt die eigene


innere Klarheit voraus und kann geschehen, wenn der Therapeut die feste Absicht hat,
sich selbst preiszugeben und den anderen in sich einzulassen. Dadurch wird Mitgefühl zu
einer zu einer behutsamen Kontaktaufnahme und eine Beziehung kann hergestellt
werden. Zwar ist jeder Mensch für eine große Tiefe an Mitgefühl fähig, aber gerade
schwere psychische Krisen, insbesondere bei einem Fremden, bewirken oft eine
reflexartige Abwehr des Beobachters gegenüber den Leiden des Betroffenen. [8]
Deshalb werden Windhorse – Begleiter und Therapeuten mit der Praxis des Mitgefühls wie
sie in der tibetischen Heiltradition gelehrt wird vertraut gemacht. Dass Mitgefühl und Güte
sich durch Meditation trainieren lassen beweist eine Studie von Forschern der Universität
Wisconsin in Madison. Mit einer funktionellen Kernspintomografie (fMRT) wurden die
Gehirne von 16 tibetischen Mönchen untersucht. Die Scans zeigten deutliche Aktivitäten in
speziellen Gehirnregionen des Limbischen Systems, das für die Verarbeitung von
Emotionen zuständig ist. [9]

Nach Hause Bringen: ist in der Basisbetreuung gleichbedeutend mit der Synchronisation
von Körper und Geist, die eintritt, wenn die alltäglichen häuslichen Pflichten erledigt
werden müssen: Aufräumen, Staubsaugen, Gartenarbeit ... Es spielt keine Rolle, ob der
Betroffene viel, wenig oder gar nicht mit arbeitet. Es ist in dieser Schicht einfach eine
Arbeit, für die beide verantwortlich sind. Die Verrichtungen des täglichen Lebens können
jedoch ein Anker für den Menschen in einer Krise sein, an dem er sich in der emotionalen
Flut festhalten und erden kann, um die mentale Geschwindigkeit zu verlangsamen.

Gewähren-Lassen: Sowohl negative als auch positive Erwartungen, Gedanken und


Empfindungen bei der Basisbetreuung sind nur Begleiterscheinungen der Arbeit, die
kommen und gehen, aber sonst keinerlei Bedeutung haben. Gewähren-Lassen bezeichnet
eine niemals verurteilende Offenheit für alles was sich in dem Klienten und in einem selbst
abspielt, ein Vertrauen, dass es bei allen Vor- und Rückschritten nie Stillstand gibt. Eine
Gelassenheit, in der alles akzeptiert werden kann, schafft zwischen Ihnen und dem
Betroffenen eine Atmosphäre der Lockerheit und Entspannung. [10]

Mitnehmen:

Wahrnehmen:

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Aktivieren der Energie:

Übernahme von Verantwortung:

Entdeckung der Freundschaft:

Lernen:

9. Anmerkungen

[1] Ingo Runte, Begleitung höchst persönlich, 264 Seiten, Bonn: Psychiatrieverlag 2001.

[2] Die Windhorse Community Services, Colorados, existiert seit 1990, und arbeitet
erfolgreich mit dem Windhorse Therapieprogramm bei unterschiedlichsten psychischen
Störungen. http://www.windhorsecommunityservices.com/about.html

[3] Dr. Edward Podvoll ([1994]. Verlockung des Wahnsinns. München: Hugendubel Verlag,
S. 338, 339; deutsche erweiterte Neuauflage: Aus entrückten Welten. München: Ariston
Verlag. [2004]

[4] Dr. Edward Podvoll ([1994]. Verlockung des Wahnsinns, S. 402, 403.

[5] Homepage www.windhorse.de Konzept

[6] Homepage www.windhorse.de Konzept

[7] Dr. Edward Podvoll ([2004].: Aus entrückten Welten. München: Ariston Verlag. [2004]
S. 352, 353

[8] Dr. Edward Podvoll ([2004].: Aus entrückten Welten. München: Ariston Verlag. [2004]
S. 353, 356

[9] Bericht im im Journal „Plos One",


http://www.welt.de/wissenschaft/article1838414/Gehirne_von_Tibet-
Moenchen_drastisch_veraendert.html

[10] Dr. Edward Podvoll ([2004].: Aus entrückten Welten. München: Ariston Verlag. [2004]
S. 358

10. Bildquellen

Seite 1.
"Windhorse" bezieht sich auf ein mythisches Pferd, berühmt für Zentralasien. Es ist ein
Symbol der Energie und Disziplin einer Person. Windhorse ist wörtlich eine Energie in
Körper und Geist, die im Dienst des Heilens einer Krankheit oder Depression geweckt
werden kann.
http://www.tibet.dk/tcc/images.htm

Seite 3.

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Das Windhorse – Therapieprogramm, Jürgen Schwien

Seite 5.
Therapeutenteam und Wohngemeinschaft, Jürgen Schwien

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