STANISfcAW SCHAYER
AUSGEWÄHLTE KAPITEL
AUS DER PRASANNAPADA
!
(V , X II, X III, X I V , X V , X V I )
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W K R A K O W IE
NAKLADEM POLSKIEJ AKADEMJI UMIEJ^TNOSCI
SKLAD GLÖWNY W KSI^GARNIACH GEBETHNERAI WÖLFFA
W ARSZAW A—KRAKOW—LUBLIN—3LÖDZ—-POZNAN-—W1LNO - ZAKOPANE
LIBRAIRIE F R A N C O - P O L O N A I S E ET feTRANGERE S. A.
PARIS V I-e 123 Bd SAINT-GERMAIN.
1931
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na cobhabhyäm mlaksanam ,
catuskoti-vinirmuktam
- tattvam M ädhyam ikä mduh.
*) Man errät leicht, woher diese Saggestion stammt: es ist die pro
testantische Auffassung des »wahren, evangelischen Christentums« auf
das Gebiet des Buddhismus übertragen.
X
*) Das Problem der Realität des nibbäna wird auch in den ceylo-
nesischen Traktaten, z. B. im Abhidhammävatära B u d d h a d a t t a s ,
S. 79 ff. diskutiert: ettVäha na paramatthato nibbänam näma eho sa-
bhävo atthi, tithiyänavp attä viya sasavisänam viya vä anupalabbhamyato
t i — na, pannä-cakkhunä upaparikkhamänänam hi tam-gavesinam ya-
thänurüpäya patipattiyä ca upalabbhaniyato. Die These von der Wesens-
gleicbheit des nibbäna und des khaya ( = m'rodÄa) wird ebenfalls abge
lehnt. Die Vernichtung der Leidenschaften usw. ist nur eine »Voraus
setzung« des nibbäna, nur ein magga, aber nicht das nibbäna selbst.
Die Vernichtung wird »bew irkt« durch die sappurisas, das nibbäna ist
dagegen akata und asankhata usw. Vgl. auch die These des vitandavädi
in der Sammoha-Vinodam S. 51: pätiyekkam nibbänam näma n*atthi,
kilesa-kkhayo va nibbänarp ti.
2) Vgl. Nirväna S. 4, 23; Central Conception S. 2.
3) Vgl. Ai B. K e i t h, The Doctrine o f the Buddha, Fünfzehntes
Jahrbuch der Schopenhauer-Gesellschaft, 1928, S. 115 ff.
4) »Comparable to the conception of modern Science about the
XVI
x) Nirväna S. 29.
2) R. K i m u r a , A Historical Study o f the terms Hinayäna and
Mahäyäna Buddhism, Calcutta 1927, S. 9 charakterisiert den philoso
phischen Gegensatz zwischen dem Hinayäna und dem Mahäyäna als die
Differenz des phänomenologischen und des ontologischen Aspekts: »W h en
Buddha attained Enlightenment he realised the Truth of the Universe.
This Truth of the Universe can be presented from two points of view ;
Brace Komisji Orjentalistycznej P . A. U. Nr. 14. II
XVIII
one is Truth of the physical nature of this world and another is the
Trnth of the realitv behind it... The former I have called Buddhas Phe-
noraenologicai perception and the later his Ontologieal perception«. Mir
scheint diese Gegenüberstellung verfehlt. Auch die hinayanistische Phi
losophie ist wesentlich metaphysisch orientiert. Der positivistische, rein
empirische Buddhismus ist eine Fiktion der europäischen Päli-Philologie.
*) Diese für das richtige Verständnis der buddhistischen Philoso
phie, wie ich glaube, prinzipiell wichtige Feststellung steht im schroffen
Gegensatz zu der verbreiteten Auffassung, welche in dem dharma-nair-
ätmya eine Konsequenz des pudgala-nairätmya sehen will. Man vgl. etwa
W a s s i 1j e w, Buddhismus, S. 1 3 0 ; K e r n , Manual o f Indian Buddhism1
S. 126; W a l l e s er, Der ältere Vedanta, S. 34; Der buddhistische Ne
gativismus, ZB V, 1924, S. 176; W i n t e r n i t z , Geschichte der indischen,
Literatur II, S. 249 usw. Auch J. M a s u d a , Der individualistische Ide
alismus der Yogäcära-Schule, S. 20 ff. erklärt den Standpunkt Nägärju-
nas als eine Erweiterung der Lehre von der W esenlosigkeit des Ich auf
alle >Gegenstände der Erkenntnis«, d. h. auf die »Dinge der äußeren
W e lt« und auf die »Gedanken«. Doch sind die dharmas, deren Irrealität das
dharma-nairätmya impliziert, durchaus nicht »Gegenstände der Erkennt
nis« — dasselbe Mißverständnis bei D. T. S u z u k i , Studies in the
Lankavatara Sutra, S. 142 — und was die »Dinge der äußeren W elt«
und die »Gedanken« betrifft, so ist beides nicht nur für das Mahäyäna,
sondern auch für das Hinayäna irreal. Die »Vorstellung des W agens«
ist nicht weniger illusorisch als der »W a g en « selbst.
2) Dies ist die sog. dvikofikä sunnatä; es gibt aber auch eine
catukotikä sunnatär vgl. Visuddhi-Magga 653; 1) näham kvacani, 2) kas-
saci kincana tasmin, 3) na ca mama kvacani, 4) kisminci kincanat' atthiti
ya ettha catukotikä sunnatä kathita tarn parigganhäti.
XIX
x) Vgl. die Diskussion (iber das lak$ya und das laksana in der
Prasannapadä, Übersetzung S. 1 ff. ,
XXI
ist mithin als B e g r iff überhaupt nicht faßbar, und- daraus ergibt j
sich zugleich die U ngültigkeit aller m öglichen Aussagen über die (
W irklich keit an sich x). Antirationalistische Tendenzen sind fre i
lich auch dem Hinayäna nicht ganz fremd. D ie avaktavyatä des
pudgala gehört zu den G-rundthesen der Vätsiputnyas und auch
die Sarvästivädins betonen gelegentlich, daß die wahre Beschaffen
heit der dharmas tief und dem Denken unzugänglich is t *2*). D ie
prinzipielle M öglichkeit einer rationalen Ontologie w ird jedoch
nirgends geleugnet, und eine solche rationale Ontologie lieg t tat
sächlich in der Leh re von den prthag-dharmas vor. Für das Mahäyäna
ist die pluralistische Analyse des Universums eine bloße K o n
struktion ("halpanä), ein dialektischer Schein der theoretischen
Vernunft, die sich in das N etz selbstgeschaffener Hypostasen v e r
wickelt hat.
D ie Behauptung, daß alle Ausdrücke der A llta gs spräche g e
genstandslos und leer sind, lieg t bekanntlich auch der hlnayäni-
stischen Philosophie zugrunde. Gleichwohl halten es die Hlnayä-
nisten fü r möglich, die »falsch e« Ausdrucksweise durch eine exakte,
streng wissenschaftliche Term inologie zu ersetzen. Man darf nicht
sagen, daß »ich einen Baum sehe«, da es weder das »Ic h «, noch
das »Sehen«, noch einen »B aum « gibt. D agegen wenn man das
selbe Phänomen als Kooperation (samsarga) der dharmas beschreibt:
caksuh prätltya rüpäni cotpadyate caksitr-wjnäna, trayänäm sam-
nipätah sparsah, sparsa-s ahaja vedanä usw., so ist diese Beschrei
bung adäquat in dem Sinne, daß die Term ini caksuh, rüpa1 vi-
jnäna, sparsa und vedanä keine verbalen Hypostasen {p ra jn a p ti) sind,
sondern echte Namen mit einem erfüllten Gegenstandsbezug. Ganz
fre i von dem Einwand des Verbalismus ist indessen auch diese
Term inologie nicht. Denn die Hmayänisten, und ganz besonders
die Vaibhäsikas, haben — trotz der p ra jn a p ti-Theorie — keine
auf das »Leh ren «, und dann ist das »m ystische Schw eigen« seine
ausdrucksvollste Sprache.
§ 5. W ir gelangen hier zu dem Problemkreis, dessen richti
ges Verständnis für die Beurteilung des sünya-väcla entscheidend
ist. Es g ilt nämlich festzustellen, daß solange man in der P h ilo
sophie der Mädhyamikas nur eine negative, sophistische Dialektik
erblickt, der w irkliche Sinn dieser Philosophie überhaupt nicht
erfaßt ist. Denn diese vermeintliche »Sophistik« entstammt nicht
dem inneren K o n flik t der Patio mit sich selbst, sondern ist w e
sentlich das Ergebnis der unmittelbar und konkret im A k t der
mystischen Intuition erlebten Präsenz des Absoluten x). Ohne die
P o lle des Mystischen in d e m . mahäyartistischen »N egativism us«
auch nur annähernd erschöpfen zu wollen, versuchen w ir im
Folgenden die wichtigsten, hier in Betracht kommenden Gesichts
punkte hervorzuheben.
a) D er Gegensatz zwischen der überrationalen Intuition, in
der die unfaßbare Totalität, die A ll-E in h eit zum Objekt wird, und
der weltlichen Patio, welche stets an Gesichtspunkte und T e il
aspekte gebunden ist, kennt jede pantheistische Mystik. Für die
mahäyänistische Heilslehre ist aber das begrifflich-diskursive
Denken (vitarka, vikalpa, samkalpa, kalpana, samjnä usw.) nicht
etwa nur eine niedere und w eniger vollkommene Erkenntnisform, son
dern die absolute Unwissenheit, die anfanglose avidyä schlechthin.
In der »B egriffS etzu n g« *2*) muß man die weltgestaltende, Dasein
'non p\ 'p und non p\ 'weder p noch, n o n p 5 keine wahr ist, vielm ehr
alle zugleich falsch, sind. Das ist aber gleichbedeutend mit der
Feststellung, daß kein Gegenstand m öglicher Prädizierung real
ist, daß es überhaupt keine »G egenstände« im Sinne der plurali
stischen Ontologie gibt und daß die absolute W irklichkeit im
U rteil überhaupt nicht erfaßt werden kann. Man denkt die letzten
Konsequenzen einer These und deduziert aus ihrer A ffirm ation
die Negation: so w ird die antinomiale Struktur des diskursiven
Denkens aufgedeckt und die Selbstaufhebung des »thetischen«
Bewußtseins *2)? die mahäyanistische Deduktion aller Aussagen auf
»neutralisierte Sätze«, das »Fahrenlassen« aller drßtis v o llzo g e n 2).
e) Das buddhistische Antinomienproblem steht im Zusam
menhang mit der scholastischen Kontroverse über den Sinn der
»nicht offenbarten Punkte« (avyäkrta-vastu): von Mälunkyäputta
gefragt, ob die W e lt ew ig oder nicht ewig, unendlich oder endlich
ist, ob der Tathägata nach dem Tode fortlebt oder nicht fortlebt
und ob die Seele mit dem K örp er identisch oder nicht identisch
ist 3), hat der Erhabene es abgelehnt, auf diese Fragen mit einem
Ja oder N ein zu antworten. Über die M otive dieser Ablehnung
gehen die Ansichten auseinander. Stellt man sich auf den Stand
punkt des Hlnayäna, so liegen hier überhaupt keine Antinom ien
vor, sondern lediglich falsch gestellte Fragen. Form uliert man sie
richtig, d. h. in der exakten Term inologie des pudgala-nairätmya, so
w ird man keine Schwierigkeit haben, sie durchaus kategorisch
zu beantworten. D ie W e lt im naiv-realistischen Sinne gibt es
überhaupt nicht, es gibt aber das in-Erscheinung-treten der mo
mentanen dharmas und dieser Prozeß ist »ohne A n fa n g « aber
w ohl »m it- einem Ende«. Das Individuum, gleichgültig ob es sich
um den Tathägata oder nur um einen prthag-jana handelt, ist
lediglich eine prajnaptL Versteht man unter Tathägata die anäsrava-
skandhas, die dieser p ra jn a p ti zugrunde liegen, so ist klar, daß
sie nach dem parinirväna kein upadana mehr bilden, daß also
der erloschene Tathägata absolut irreal ist. Ä hnlich muß auch die
Kant. M a h a y a n a.
Beziehung der Richtung und der Aufgabe und des Sinns hat, aber
mit dem er nie in Einheit ist... B ei P lotin ist die Konsequenz
unabweislich, da das Erlebnis (der Vereinigung mit dem Absolu
ten) selbst Z iel ist, daß die Hauptaufgabe eine Technik der E k
stase werden müßte, bei K ant die Konsequenz einer Bewertung
der mystischen Erlebnisse nach der ihnen zugrunde liegenden
Kraft, ideenhafte Richtungen in der gegenständlichen W e lt zu
schaffen und geben zu können — alles andere ist Schwärmerei«.
W as hier über das Verhältnis Plotins zu Kant gesagt ist, g ilt
für das Problem »Mahäyäna und K a n t«: der G-egensatz zwischen
der »Distanz zum Absoluten« und der »Präsenz des Absoluten«
ist entscheidend fü r die Beurteilung der scheinbaren Analogie
zwischen den avyakrta-vastüni und den kosmologischen A ntino
mien der K ritik .
Zu ähnlichen Resultaten führt uns eine gründlichere A n a
lyse der bereits von B u r n o u f behaupteten Verwandtschaft zwischen
den Mädhyamikas und der antiken (pyrrhonischen) Skepsis. Auch
hier lassen sich partielle Analogien aufzeigen, die nur dann eine
tatsächlich nicht vorhandene Identität Vortäuschen können, wenn
man isolierte Elemente, anstatt weltanschaulicher Struktureinheiten
vergleicht. Eine Schwierigkeit ergibt sich freilich daraus, daß die
antike Skepsis keine einheitliche Lehre, sondern vielmehr eine
auf Pyrrhon *zurückgehende »T ra d ition « gewesen ist und zum
Teil heterogene weltanschauliche Positionen umfaßt. D ie M otive
und der Sinn der »skeptischen H altung« sind bei den Skeptikern
oft verschieden gewesen !).
D ie Hauptanalogien zwischen dem swiya-väda und der anti
ken Skepsis lassen sich in folgenden vier Punkten zusammen
fassen: l
l).D e m buddhistischen Tetralem m a (catuskoti) entspricht der
Grundsatz der Isosthenie (teoalHveta xöv Xayiov). Man vgl. etwa
A risto des, Fragm . 209: öu oö {JtaXXov sart, oüx gaxtv, %cd
ecm xcd oux §cmv, oö55 oöx laxtv. D er Grundsatz ouSev p.dcXXov stammt
von Demokrit: der H on ig ist weder süß noch, bitter, die "Wirklich
keit ist anders als sie den Sinnesorganen erscheint. Deshalb sind
alle Aussagen, sofern sie auf der sinnlichen Erfahrung beruhen,
weder richtig noch falsch. Derselbe Grundsatz bekommt in der
pyrrhonischen Skepsis einen anderen Sinn, worauf S e x t u s E m
p i r i e us, Hypotyposeis I, 225, ausdrücklich aufmerksam macht:
w eil die W irklichkeit an sich unbegreifbar ist, deshalb lassen sich
über sie überhaupt keine Aussagen machen. D ie skeptische dxaxa-
AyjcJji'a arcavTOiv hat ihr Gegenstück in der mahäyänistischen aväcyatä.
2) Aenesidems K ritik der Kausalität, K eferat bei D i o g e n e s
L a e r t i u s , I X , 97— 99: Das Argum ent, daß Ursache und W i r
kung nicht homogen sein können (der K örp er kann nicht Ursa
che des Körpers sein, w eil beide dieselbe natürliche Beschaffen
heit haben) erinnert an die mahäyänistische W id erleg u n g des svata
utpäda. Der zw eite T eil des Argum ents (der K örp er kann nicht
Ursache des Unkörperlichen sein), hat keine Parallele in der bud
dhistischen W id erlegu n g des ärambha-väda.
3) D ie Skepsis ist keine cdpeaiq (— keine d rsti); sie verlangt,
daß man aÖQ^dcmo; lebt ( = sarva-drstmäm nihsciranam) in der abso
luten Urteilsenthaltung gegenüber dem d§y]Aov. D er Skeptiker leug
net nicht, was er passiv als »Erscheinung« erlebt (ähnlich w ie
der Mahäyänist in der postekstatischen Ketrospektion), er versagt
aber seine »Zustim m ung« (au^xaTaiHais) allen Aussagen über die
objektive, gegenständliche W irklichkeit. V gl. S e x t u s Hyp. I, 16.
Daß es also eine metaphysische W irklich keit gibt, w ird nicht g e
leugnet; nur ihre Erkennbarkeit durch dialektische Methoden w ird
bestritten. In demselben Sinne sind auch die Mädhyamikas radikale
Gegner des tarha.
4) Die F o lg e der Urteilsenthaltung (erco^yj, appe^ta) ist die
Glückseligkeit, die dxocpoc^ia und absolute änocd'sux in der »radika
len « Skepsis Pyrrhons, das »m a ß volle.L eid en «, die p.£Tpio7ia\>eLa in
der »gem ild erten « Skepsis Timons. Dadurch, daß man weder Ja
noch N ein sagt, sich an nichts klammert und jede These durch
eine Gegenthese paralysiert (yj eü<; exdxepa iTccyecpyja^), w ird man
frei von aller N eigu n g (dtxAivyjs = apranihitä) und lebt »ohne (den
D ingen) nachzuzittern« (axp dScmos — ohne abhinivesa). Ähnlich leh rt
das SamcidMrcijci-Sütra die Vernichtung des. Leids durch »S treit-
losigk eit« (aviväda).
W ie man aus dieser Zusammenstellung entnehmen kann,
XXXII
jedoch keine Heilslehre und keine Mystik. Deshalb ist auch der
Sinn der Epoche ein anderer als im Mahäyäna: man bekennt sich
zu keiner These, w eil man glaubt, jeder Behauptung eine ebenso
gut begründete Gegenbehauptung entgegenstellen zu können. M it
anderen W orten : These und Antithese sind gleich wahr. D ie
mahäyänistische M etalogik beweist aber, daß alle Thesen falsch
seinen und diese absolut negative H altung steht vielleicht näher
der dc<paac'a Pyrrhons, als die dppstyloc und die teoafrevsta in der
Interpretation seiner Nachfolger. So kann der sünya-väda w ohl
mit dem Pyrrhonismus, aber nicht m it der antiken Skepsis ver
glichen werden.
A u f die überraschende A ffin itä t der M ystik zur Skepsis
ist man in der philosophischen Literatur w iederholt aufmerksam
gew ord en 1). A l-G hazäli und Pascal sind neben P yrrh on als B ei
spiele zitiert worden. Stellt man in diese B eihe die Mädhyamikas,
so darf die spezifische Eigenart dieser buddhistischen »m y sti
schen Skepsis« nicht übersehen werden: daß es sich hier nicht
um eine Zw eifelskrise handelt, die schließlich durch die M ystik
gelöst und überwunden wird, sondern vielm ehr um ein gegen sei
tiges Durchdringen und Ausgegliohensein der beiden Momente, so
daß w ir eine geschlossene Weltanschauung und nicht nur eine
»weltanschauliche Grenzsituation« vor uns haben.
Freilich können in dieser Weltanschauung nur heilige cirya-
pudgalas existieren; den abendländischen prthag-janas, die das
Leben bejahen und im Leben positive W e rte suchen, muß diese
Verabsolutierung der H altlosigkeit selbst haltlos und — wenn
man so w ill — enihilistisclT erscheinen.*)
das laksana des Raumes bezeichnet man das N ich t-H in dern 3)
{«anävarana). W en n nun der Raum [in seinem Än-sioh-Sein] vor
§ 2. D i e N e g a t i o n d e s b h ä v a i m p l i z i e r t n i c h t
die R e a l i t ä t des abhäva.
§. 3. A u c h d a s e r k e n n e n d e S u b j e k t i s t i r r e a l .
Der Gegner: Und doch gibt es sowohl den bhäva als auch
den abhäva, w eil das Subjekt, welches beides [den hhäva und den
abhäva] prüft (;tat-pariksaka), w irklich ist. Du selbst bist' nämlich
eine Kealität und zwar als »P rü fe r« des bhäva und des abhäva,
ferner als derjenige, welcher die Sätze ausspricht: »Is t der bhäva
irreal, wessen abhäva sollte w irklich sein« usw. Und w eil dein
eigenes Ich, als der P rü fer des bhäva und des abhäva, w irklich
ist, deshalb müssen auch die beiden [Kategorien] der zu prüfenden
objektiven W irklich keit ( = parlksyau\ [nämlich] der bhäva und
der abhäva, w irklich sein.
Der Mädhyamika: Auch das ist nicht r ic h tig 7). Denn [also
fra gt der Lehrer]:
»W e r ist jener vom bhäva und abhäva verschiedener G e
genstand (— bhäväbhäva-viäharman), welcher den bhäva und
den abhäva bewußt hat (javaiti) ?« [6].
7j Die Buddhisten leugnen das cogito ergo sumy und zwar sind
darin sowohl die skandha-vädins als auch die nihsvdbhäva-vädins. einig.
Der Weise, dessen Blick durch die Suggestion der sat-käya-drsti unge
trübt ist, erlebt die W elt durchaus nicht als »von meinem Ich bewußt
gehabt«. Die dharmas, die im samtäna kooperieren, sind niemandem
gegeben, sie sind »schlechthin da« und keine »Bewußtseinsphänomene«.
Das »Ic h habe bewußt meine W e lt« ist eine sekundäre Konstruktion des
theoretischen, diskursiven Denkens. Es sei in diesem Zusammenhang her
vorgehoben, daß die moderne Phänomenologie zu ähnlichen Resultaten
gelangt. Man vgl. etwa die Bemerkungen M a x S c h e i e r s, Wesen und
Formen der Sympathie 284 ff.
9
Und ähnlich:
»W e r die dharmaä als leer denkt, auch der ist ein T o r und
wandelt auf dem schlechten P fa d ( = humärga~papannaku).
U nvergänglich (ak$ara) wurden die leeren dharmas genannt
und eben diese unvergänglichen [dharmas] nennt man [zu
gleich] vergän glich «.
»W e n n jemand dm dharmas als beruhigt, vollständig beru
h igt denkt, so ist auch dieser Gedanke durchaus irreaL
Durch das diskursive Denken ist die ganze b egrifflich d if
ferenzierte W e lt geschaffen ( = citta-vitarkana sarvi p ra -
pancäh). Daher erkennet die dharmas als subtil (suksma) und
unzugänglich dem Denken (acintiya)«.
»Manche nehmen das duhkha als selbstgewirkt an; als gew irk t
durch etwas anderes; als gew irk t durch beides; als nicht,
verursacht. Es ist als W irk u n g (kärya) überhaupt nicht m ög
lich « [1].
Selbst (-gew irkt) bedeutet '[gew irkt] durch das eigene Selbst’
(bdag-rah-gis = svätmanä). W en n das duhkha durch sich selbst
gew irkt wäre, dann würde der svabhäva (rah-gi-no-bo-nid) des duhkha
durch eben denselben svabhäva des duhkha gew irkt sein. Und so
mit würde es nicht in-Korrelation-entstanden sein, [d. h.] es würde
frei sein von dem Bezogensein auf die hetu und pratyayas. Und
zwar eben deshalb, w eil die Realität seines svabhäva ( = sein Selbst)
[postuliert wurde]. [Diese Voraussetzung ist aber falsch]. W e il der
svabhäva irreal ist, deshalb kann er nichts bewirken. [Vielm ehr]
entsteht [alles] in Korrelation, w ie das z. B. [der folgende Satz
feststellt]: ‘In Korrelation zu diesen skandhas entstehen fürwahr
jene skandhas\ [Das heißt]: W e il in Korrelation zu diesen skan
dhas in dem Moment des Sterbens (maranäntikän skandhän p ra -
tltya) die [neuen] skandhas in dem Moment der W iedergeburt
entstehen (aupapattyämsikäh skandhä utpadyante), deshalb kann
es nicht richtig sein, daß das duhkha durch sich selbst gew irkt ist.
Jetzt, um zu zeigen, daß das duhkha durch etwas anderes11)
auch nicht gew irkt sein kann, sagt [der Lehrer]:
»'W enn diese anders wären als jene, und wenn jene anders
wären als diese, dann würde das duhkha durch, etwas an
deres gew irkt sein. Denn jene wurden durch diese anderen
g ew irk t« [2].
W en n diese skanclhas in dem Moment der W iedergeburt
(an sich] anders wären als jene skandhas in dem Moment des
Sterbens; oder: wenn jene skandhas in dem Moment des Sterbens
[an sich] anders wären als diese skandhas in dem Moment der
W iedergeburt, dann würde das äiihkha durch ein anderes [nicht
identisches duhkha] gew irkt sein. Das Anderssein (<a n y a tv a = p rth a k -
tva) der skandhas [in den beiden Momenten des Sterbens und
der W iedergeburt) ist indessen gar nicht aufweisbar und zwar
deshalb, w eil die Verkettung von Ursachen und W irku n gen ein
K ontinuum *12) bildet {hetu-phala-sambandhävasthäriät). Es heißt ja
w eiter unten:
»W o v o n in A bhängigkeit etwas entsteht, dem gegenüber ist
es weder dasselbe noch ein anderes. Deshalb hört es nicht
auf und beharrt nicht ew ig (nocchinnam ncipi säsvatam)«
[X V I I I , 10].
Also kann das duhkha durch ein anderes [duhkhd\ nicht g e
w irkt sein. Denn [nur] wenn das Anderssein [an sich] w irklich
wäre, würde es m öglich sein zu sagen, daß jene [neuen], [an sich]
anderen skandhas durch diese [alten], [gleichfalls an sich] anderen
Die Hinayänisten lehren das parakrtatva, vgi. Pr. 761, doch darf
der Unterschied zwischen dem äramhha-väda und der buddhistischen
pratyaya-Theorie nicht übersehen werden: 1) daß die Hinayänisten nicht
nur die Präexistenz der Wirkung in der Ursache, sondern auch den Be
griff der causa materialis leugnen und 2) daß sie die Kausalität als
funktionelle Abhängigkeit zwischen den dharmas auffassen.
Für die Mädhyamikas ist die hinayänistische Lehre unannehmbar,
weil sie auf dem Boden des pluralistischen Realismus steht und die W irk
lichkeit unabhängiger, absolut verschiedener Substanzen voraussetzt.
12) Die Sauträntikas lehren, daß die skandhas, welche in demsel
ben samtäna kooperieren, weder dieselben noch nicht dieselben sind: sie
können nicht dieselben sein, weil sie sofort nach ihrem Erscheinen ver
nichtet werden; sie sind aber auch nicht absolut anders, weil sie zu der
selben Einheit des Werdezusammenhangs gehören. Vgl. Äbh K. II, 22.
In diesem Sinne ist die pratltyata ein tertium gegenüber den beiden
antas des ekatva und des paratva. Für die Mädhyamikas ist die pratl
tyata identisch mit der iünyatä und dem nihsvabhävatva.
16
pudgala \levcC ein parahrta sein? Auch, in diesem Sinne ist es also
unmöglich [zu behaupten], daß das diihkha durch anderes g e
w irk t sei.
§ 3. D i e U n m ö g l i c h k e i t d e s s v a k r t a t v a s c h l i e ß t
d i e M ö g l i c h k e i t d e s p a r a k r t a t v a aus.
W e il das diihkha durch sich selbst nicht gew irk t ist, deshalb
ist beides: das Selbstgewirktsein des duhkha und [sein] Gewirktsein
durch etwas anderes nicht möglich. W aru m ? — W e il dasselbe]
durch das [selbe] nicht gew irkt ist, [und zwar ] w egen des W id e r
spruchs, mit dem [der B e g r iff der] auf sich selbst gerichteten
A k t io n 14) behaftet ist (== svätmani vrtti-virodhät), deshalb ist [das
diihkha] nicht selbstgewirkt. Und ebensowenig ist es gew irkt durch
etwas anderes. Denn jenes andere, von dem man angenommen
hat, daß es [das duhkha\ hervorbringt, ist selbst nicht durch sich selbst
(smtmana) gew irkt, ist nicht [in seiner Existenz] durch sich selbst
determiniert (— svätmanä nispanna). Denn es ist auch seinerseits
von einem anderen ( = von ihm verschiedenen) hetu abhängig.
14) Der Grundsatz, daß die Aktion ( kriyä, vrtti) nicht auf sich
selbst gerichtet sein kann, anders gesagt, daß die Identität des Agens
( = des Subjekts) und des Objekts (kartr-karmanor ekatvam) unmöglich
ist, gehört zu den allgemein indischen nyäyas und w ird durch zahlrei
che drstäntas veranschaulicht: die Klinge, des Schwertes kann nicht sich
selbst schneiden, die Fingerspitze kann nicht sich selbst berühren, der
Mime kann nicht auf die eigene Schulter steigen usw. Vgl. G. A. J a co b ,
Laukikanyäyänjali II, 44. Im X Kapitel des Mdhy S beruft sich Nägär-
juna auf diesen Grundsatz, um die Unmöglichkeit der These von der
Identität des agni und des indhana zu beweisen. Auch in der Diskussion
über das Selbstbewußtsein spielt dieses Argument eine wichtige Rolle.
Vgl. Pr. 6 2 7 (Zitat aus der Ratnacüda-Pariprcchä), 1141; Bodh Av IX ,
18; B i e d e n k a p p , Beiträge zum Problem des Selbstbewußtseins, Halle 1893.
2*
20
§ 4. W i d e r l e g u n g d e s u b h a y a k r t a t v a 1B). '
»Das duhhha ist nicht durch beides [sich selbst und etwas
anderes] g ew irk t« — um das zu zeigen, sagt [der Lehrer]:
»Das duhhha würde wohl durch beides gew irkt sein, wenn
es durch jedes einzeln {ekailui) gew irkt wäre«.
W en n das G-ewirktsein des äuhldia-durch jedes einzeln [durch
sich selbst und durch etwas anderes] m öglich wäre, dann würde
wohl das äuhkha durch beides zugleich gew irkt sein. Indessen,
es ist nicht durch jedes einzeln gewirkt, w eil sich aus dieser [A n
nahme] die, erwähnten W idersprüche ergeben. Zum Beispiel
{vyapaäesa): wenn [von zw ei unabhängig wirkenden Ursachen]
jede fü r sich nicht imstande ist den. Tod (pränätipäta) herbeizu
führen, dann kann der Tod auch durch beide [Ursachen zu
gleich] nicht herbei geführt werden.
§ 5. W i d e r l e g u n g d e s a h e t u , k a t v a 1
56).
Endlich, um zu zeigen, daß das duhhha nicht ursachlos (n ir-
hetuka) ist, sagt [der Leh rer]:
19) Die vierfache Illusion beruht darauf, daß man in dem Nicht-
Beharrlichen das Beharrliche, in dem Nicht-Reinen das Reine, in dem
Leidvollen das Nicht-Leid volle und in dem Nicht-Ich das Ich erblickt.
Das Problem der viparyäsas behandelt N ä g ä r j u n a ausführlich in dem
X V III. Kapitel des Mdhy S, Ä r y a d e v a in den Kapiteln I — IV des Ga-
tuMatalca, vgl. die Ausgabe von H a r a p r a s ä d , Memoirs o f the Asiatic
Society o f Bengal III, 449— -514. Dieselben vier Illusionen kennt auch
das Yoga-Sütra II, 5. J. H. W o o d s , Yoga System o f Patanjali 1 1 0 4
denkt an direkte Beeinflussung durch den Buddhismus: 'The parallel
between this and the discussion in Ä ryadevas Catuh&ataka is very strik-
ing3. Tatsächlich enthält die Lehre von den vier viparyäsas keine ex-
plicite, spezifisch buddhistische Doktrin; sie ist vielmehr ein formales
Schema (ähnlich wie die ärya-satyäni) und könnte wohl ein Gemeingut
aller Soteriologien sein. Doch sind andere Berührungspunkte zwischen
dem Yoga-Sästra und dem Buddhismus zum Teil so intim und auffällig,
daß die Abhängigkeit Patanjalis von der buddhistischen Scholastik auch
in diesem Fall in hohem Grade wahrscheinlich ist. Vgl. H. J a c o b i ,
Vber das ursprüngliche Yoga-System, Berlin 1929. D e lä V a l i d e
P o u s s i n , Notes bouddhiques, Bull. Acad. de Beigigue, 1922.
20) mosa-dharma gehört zu den Ausdrücken, die den illusorischen
Charakter der empirischen Wirklichkeit, im Hinayäna das pudgala-nai-
ratmya, im Mahäyäna die nihsvabhävatä umschreiben: SNp 789, 757;
■SN IV, 205; A W V , 84; M N 11, 261 Siks Sam 26l usw. S t e h e r b a t s k y ,
Nirväna 125, 126 übersetzt mosa-dharma als 'stolen good3; amosa-dharma
als Epithet des nirväna: 'the element having the charaeteristie of not
being some stolen good3= 'nöt a clandestine Reality3 =±= 'non-relative5.
Der illusorische Charakter der samkrta- dharmas würde demnach darauf
beruhen, daß sie im Gegensatz zum rechtmäßigen Urbesitz des nirväna
-ein Pseudo-Besitz sind, ähnlich wie das 'geliehene Gut3 ( kälikäyäcitaka),
womit die relative Realität des Kontingenten (krtrimd) in der Pr. 268 5
verglichen wird.
27
des svabhäva. Dem W erden und der Veränderung muß ein reales Bein
an sich zugrunde liegen, wenn es auch unmöglich ist, mit unseren Er
kenntnismitteln irgend etwas positives über seine Beschaffenheit auszu
sagen, Eine Darstellung der Ontologie der Vaibhäsikas gibt V a s u b a n d h u
Äbh K. V, 50 ff. U ber die Verwandschaft des sarvästi-väda mit dem
sat-Jcärya-väda des Sämkhya vgl. S t c h e r b a t s k y, Central Conception
43 ff.; H. Ja c o bi, Über das ursprüngliche Yoga-System 41 ff.
A u f diese Einwände erwidert der Mädhyamika: N im m t man
alle diese Begriffskonstruktionen an (evam api parikalpyamane\
dann muß vielm ehr diese G egenfrage gestellt werden:
»W essen Anderswerden würde stattfinden, wenn der sva-
bhäva w irklich w äre?« [4].
In der realistischen L o g ik (— iha) versteht man unter sva-
bJifwa 24)! diejenige Eigenschaft (dharma), welche den Gegenstand
ständig begleitet ( = padäriham n a 'vyabhicarati), w eil sie [in ihrer
Existenz] an nichts anderes gebunden ist (a-para-pratibaädliatvät).
In der Tat nennen die Leu te die W arm e den svabhava des Feuers,
w eil sie [dem Feuer] niemals fehlt (avyabhicäritvät). D ie gleiche
W ärm e w ird auch [als Eigenschaft] des Wassers wahr genommen,
da sie aber [in diesem F all] in Korrelation zu den para-pratyayas
gew orden und kausal-bewirkt (k rtrim a = künstlich) ist, deshalb
ist sie kein svabhava. [Es ist nun leicht zu zeigen, daß diese T h e
sen der realistischen L o g ik mit inneren W idersprüchen behaftet
sind und sich selbst aufheben]. Wenn [nämlich] /jener dem G e
genstand nie fehlender svabhava ein reales Sein wäre, dann müßte
sein Anderswerden eben deshalb, w eil er [dem Gegenstand stets]
als nie fehlende Eigenschaft inhäriert, irreal sein. Denn führwahr
nie kann die K älte zur Eigenschaft des Feuers werden! H at man
so den svabhava der bhaväs als etwas reales angenommen, dann
ist das Anderswerden prinzipiell unmöglich. Nun wird aber das
Anders werden der bhaväs tatsächlich wahr genommen. A lso gibt
es den svabhava nicht.
Ferner ist auch das Anders werden der bhavas) auf das du
dich berufst, um die Realität des svaMiäva zu beweisen, gar nicht
m öglich (— das Anderswerden der bhävas) dessen W ahrgenom
menwerden [nach deiner Ansicht] die sasvabhävata begründet, gibt
es nicht). Um zu zeigen, warum das Anderswerden nicht m öglich
ist, sagt [der Leh rer]:
[Unser G egner w ill das nicht zugeben. F ü r ihn] ist vielm ehr
die süße M ilch m it der sauren Milch nicht identisch. Denn erst nach
dem die Existenzphase 'süße M ilch5 aufgehoben wurde ( parityä-
gena), tritt ein die Existenzphase 'saure M ilch5.*
§ 3. E i n Z i t a t a u s d e m A r y a - E a t n ä k a r a - S ü t r a .
§ 4. D i e s ü n y a t ä i s t k e i n A t t r i b u t d e r b h ä v a s .
§ 5. D e r s u n y a - v a d a i s t k e i n e d r s t i 80).
D er G egner erg reift das W o rt: U m die Erlösung [der W e
sen] zu fördern, hat der Erhabene seinen Jüngern drei Erlösungs-
tore (vimoksa-mukha): die Leerheit, die M erkm allosigkeit und die
N eigu ngslosigkeit (sünyatä, anim itta, apranihitaygeoHenbart. Diese *3
32) Daß unwissende Individuen, welche die dünyatä als eine dr§ti auffas
sen, verloren (pranasfa) und unheilbar ( acikitsya, asädhya) sind, ist ein dictum,
das man wohl nicht k la lettre verstehen muß. 'E w ig Verdammte5 kann
es im Buddhismus prinzipiell nicht geben; vielmehr wird jeder samtUna
früher oder später zur Ruhe gelangen und diese These ist in der Tat
eine notwendige Konsequenz der Lehre von dem duhkha als dem überpersönli
chen Weltleiden: eben deshalb, weil sich in jedem individuellen Erlösungspro
zeß die fortschreitende Beruhigung des transzendenten Substrats vollzieht,
muß die Heilsgarantie absolut sein. Anders gesagt: der samsära hat kei
nen Anfang, aber wohl ein Ende. Der Gedanke, daß alle Wesen die
Erlösung erreichen werden, ist im Mahä-Parinibbäna-Sutta deutlich
ausgesprochen. Auch V a s u b a n d h u stellt im A b h K I, 12 ausdrücklich fest,
daß alle samskrta-dharmas erlöschen werden ( = daß sie sa-nihsära sind)
und Milindapanha 69 widerspricht nicht dieser Lehre, wie O l d e n b e r g ,
Buddha 7 378 annimmt. Nägasena sagt nicht, daß es Wesen gibt, die
nie erlöst werden, sondern bestreitet lediglich, daß 'alle5, ohne die nöti
gen Vorbedingungen erfüllt zu haben, das nirväna erreichen können. Be
denklicher ist die Äußerung Mahävastu I 126, edaß es nie ein Ende der
Wesen sein wird, welche die Lehre des Buddha, hören werden5. Es läßt
sich nicht leugnen, daß diese Behauptung vom Standpunkt der buddhis
tischen Soteriologie häretisch ist. Doch muß in Betracht gezogen werden,
daß Mahavastu kein philosophischer Traktat ist; in der populär-religiösen
Literatur lassen sich überall, auch im Christentum, grobe Irrlehren nach-
weisen.
Im Mahäyäna steht der Grundsatz der Heilsuniversalität im Mittel
punkt der Erlö mngslehre: aile Kreaturen sind Embryonen des Tathägata*
Vgl. Ro s a n h e r fyProblemy 256 ff.
XIV
I n d o l o g i s c h e s Seminar
der-Universität Bonn
42
»in gleicher W e ise ist auch das B egehren (räga), das be
gehrende Subjekt ( = das durch die B egierde a ffizierte Sub
jek t rakta) und das zu begehrende Objekt {ranjaniya) zu.
betrachten« [2].
31 wird im Zusammenhang mit der Polemik über die Ewigkeit des Tons
ein folgender Trugschluß diskutiert: anyad anyasmäd ananyatvad ananyad
ity anyatäbhavah. Die Kommentare geben dazu zwei verschiedene Erklä
rungen: 1) Nach dem Nyäya-bhäsya ist der Sinn etwa der folgende: Ist
ein x anyad, dann ist es sich selbst gegenüber nicht anyad, weil es
mit sich selbst identisch ist. Also ist x zugleich anyad und nicht anyad'.
Deshalb gibt es kein anyatva. 2) Ud d y o ta k a r a gibt in dem Nyüya-
Värttika eine andere Erklärung: Ist etwas anyad\ dann muß gefragt wer
den, ob dieses anyad' gegenüber einem anderen anyad" anyad oder picht
anyad ist. Beides ergibt einen Widerspruch, a) Ist anyad' gegenüber dem
anyad" ein anyad, dann ist es nicht identisch mit anyad", also ein
nicht anyad, so wie ein Mensch, welcher gegenüber jem Brahmanen ein
anya ist, eben kein Brahmane = ein Nicht-Brahmane ist. b) Und ist
anyad' gegenüber anyad" ein nicht anyad, dann ist eben das anyad
zugleich ein nicht anyad. Also ist das anyatva auf alle Fälle unmöglich.
V ä c a s p a t i m i s r a in der Tätparyatika bezeichnet dieses Sophisma als väc-
chala (Wortverdrehung, welche auf der Vieldeutigkeit desselben Aus
drucks beruht) und bemerkt mit Recht, daß das ananyatva (== die Iden
tität) eines Gegenstandes sich selbst gegenüber nicht mit dem ananyatva
einem anderen Gegenstand gegenüber äquivalent ist: na hi nilam ätmano
5nanyad iti pitäd apy ananyad iti.
Die Naiyäyikas und die Mädhyamikas sind darüber einig, daß der
Begriff anya relativ ist; doch wird diese Relativität in den beiden Sy
stemen wesentlich anders verstanden. Das Nyäya-Sütra II, 2, 32 spricht
von der itaretarüpeksa-siddhi des anyatva und des ananyatva, schreibt
also diesen Begriffen trotz der Korrelativität die Wirklichkeit ( = siddhi)
zu. Auch die Vaisesikas lehren ausdrücklich, daßprthaJctva {— anyatva, jedoch
von dem anyonyähhava unterschieden) als positive Qualität den Substan
zen inhäriert. Vgl. A t h a l y e , Tarka-Samgr aha 164; V i s v ä n ä t h a , Sid-
dhäntamuktävall, 113. Das bestreiten die Mädhyamikas: das anyatva ist
kein Attribut, keine Qualität der Dinge, sondern eine pure Konstruktion
des diskursiven Denkens, eine Begriffshypostase. Kein Gegenstand ist an
sich anya,, sondern stets in Korrelation zu einem anderen anya: denn
'ohne ein anderes als das. andere gibt es kein anderes7. Und wenn das
absolute Anderssein ( = prthaktva) unmöglich ist, so können auch die
■dharmas nicht prthak sein; sie besitzen kein sva-laksana, unterscheiden
sich nicht von einander, sind also als Einzelsubstanzen völlig irreal. Die
Unmöglichkeit des absoluten Andersseins impliziert die Unmöglichkeit des
Pluralismus.
47
Und es würde sich das Anderssein des Topfes .ergeben als eines-
vom Kleidungsstück unabhängigen (— auf nichts korrelativ bezo
genen) und für sich seienden (ekaika — prthag-bhüta) [Gegenstan
des]. Denn ein Gegenstand, welcher [an sich] anders ist als ein
anderer Gegenstand, realisiert sich [als der andere] auch ohne den*
anderen Gegenstand { ~ y a d dhi yasmäd anyat, tat tena vinäpi
siddhyati). So z. B. ist der Topf, sofern es sich um das Zustan
dekommen seiner, fü r ihn (und nur für ihn) charakteristischen
F orm handelt (— svarüpa-nispattate), von dem »anderen Kleidungs
stück« unabhängig. N im m t man an, daß der T o p f eben in dieser
W eise auch in jeder anderen Hinsicht anders als das Kleidungsstück
ist ( = daß er in diesem Sinne das anyatva auch ohne das andere
Kleidungsstück besitzt), dann ist allerdings die Existenz des Topfes
als einer individuellen, von dem anderen Kleidungsstück unabhän
gigen Substanz (— das paratva dös Topfes) w ohl möglich. Nun ist es
aber falsch, daß der T o p f als einer für sich seiender, vom K le i
dungsstück unabhängiger [Gegenstand] das Anderssein besitzt..
Deshalb [ist der Satz] 'etwas sei anders5 [v ö llig sinnlos]: sagt je
mand so, dann muß er den evidenten [W iderspruch] zulassen, daß
ein [Gegenstand], welcher »anders« ist in K orrelation zu einem
[zweiten Gegenstand], [an sich] doch nicht anders sei als jener
[zweite Gegenstand] (yad-apeksya yad anyat, tatas tad anyan na
bhavaM).
D er G egner wendet ein: W en n das Anderssein eines belie
bigen etwas m it Kücksicht auf ein [anderes] beliebiges etwas irreal
ist ( — wenn die Aussage »x ist anders als y « unmöglich ist),,
dann ist es nicht erlaubt zu sagen: »W e il das andere ein ande
res ist, nur insofern es von dem anderen abhängig ist, deshalb
ist das andere kein anderes« (— 5). [Denn in dieser Aussage w ird
der Ausdruck »das andere« gebraucht, von dem du doch behaup
test, daß er v ö llig gegenstandslos ist].
D er Mädhyamika erw idert: Sofern man auf dem Standpunkt
der Erfahrung des A llta g s steht (lauhiJce vyavahäre sthitva)} g e
braucht man wohl den Ausdruck »das andere«, indem man [sich
an die D efinition hält], daß die K ealität des Andersseins auf der
wechselseitigen K o rrelativität der Einzelexistenzen beruht ( = * p a -
rasparäpeksikl bhävänäm anyatva-siddlur). Analysiert man aber den.
B e g r iff des Andersseins vom Standpunkt der absoluten Wahrheit:.
(vastutas), so erweist er sich als unmöglich. So lehren wir.
49
Man nehme an, daß das Anderssein [als Qualität] den »an
deren« [Gegenständen] inhäriert. W o zu dann die Hypostase (p a -
rikalpana) des Andersseins P Denn [in diesem P a ll] schaffst du
die Hypostase des Andersseins, um das Prädizieren [eines G e
genstandes] als des »anderen« zu begründen ( = anya-vyapadesa-
siddhy-artkam). D ie Prädizierung [jenes Gegenstandes] als des
»anderen« ist aber [schon vorher] auch ohne [die Plypostase des]
Andersseins erfolgt. W e il man das Anderssein in einem »anderen«
Gegenstand, welcher das Prädikat der »andere« bereits erhalten
hat, [als inhärierende Qualität] supponiert, deshalb ist eben das
Anderssein in dem »anderen« gar nicht möglich.
U nd nun [die entgegengesetzte These]: das Anderssein in
häriert den nicht-anderen Gegenständen ( = ist in dem nicht-an
deren). D er B e g r iff der 'nicht-andere’ ist ein Synonym des B e
g r iffs der 'identische’. Denn die N egation des Andersseins ist die
Identität (anyatva-viruddham eTcatvam). Eben deshalb, w eil [die B e
g r iffe 'der andere’ und 'der identische’] kontradiktorisch sind,.,
ist das Anderssein [als inhärente Qualität] am 'nicht-anderen’
unmöglich.
Das Anderssein ist also [eine Qualität, welche] weder dem 'an
deren’ noch dem 'nicht-anderen’ [Gegenstand] inhäriert. W e il nun ein
[dritter], außerhalb der A ltern ative: der 'andere’ und der 'nicht
andere’ stehender Gegenstand ( = vyatirihtah padärthah) nicht m ög
lich ist, deshalb ist das Anderssein auch in diesem [dritten],,
51
§ 4. E i n p r a s a ü g a - B e w e i s , d a ß d i e K o o p e r a t i o n der
p r t h a g - d h a r m a s u n m ö g l i c h i st .
sarga etwas wirkliches wäre. Das ist aber durchaus nicht der Fall.
Um zu zeigen, warum der samsarga irreal ist, sagt [der Leh rer]:
»Das gleiche mit dem gleichen bildet keinen samsarga; auch
das andere m it dem anderen verbindet sich nicht«.
W en n der samsarga aus [den Elementen des] Sehens usw.
w irklich wäre, so müßte er entweder im Sinne des ekatva, oder
auch im Sinne des anyatva postuliert werden. Stellt man sich auf
den Standpunkt des ekatva ( = der Identitätstheorie), so erweist
sich der samsarga als u n m öglich 37). Denn die Milch, kann sich
m it dem W asser nicht verm ischen38), wenn sie ein zig und allein
( ekakam) da ist, als [absolute, zu nichts, auch] nicht zum W asser
in K orrelation stehende [Substanz]. U nd auf dem Standpunkt des
prtaktva ( = des Pluralismus) gibt es auch keinen samsarga. Denn
die Milch, wenn sie in absoluter Isolierung vom W asser existiert
(udakat p rth a g avasthitam kslram), kann sich ebenfalls nicht m it
dem W asser verm isch en 8
79). Ä hnlich verhält es sich m it unserem
Problem : W en n man den samsarga ( = die Kooperation) des Se
hens usw. [als eine Realität] hypostasiert, so ist das bei der A n
nahme des ekatva deshalb unmöglich, w eil sich der W idersinn
des samsarga des einen einzigen ( = identischen) [Elements] caksu
ergibt. Stellt man sieb aber auf den Standpunkt des prthaktvci, so
erw e st sieb der B e g r iff des samsarga ebenfalls als logisch unmöglich.
Denn auch hier gelangen w ir zum W idersinn, daß der sanisarga
des absolut isolierten ( prthag-bhüta) und absolut individuellen
(<ekaka) [Elements] caksu m it [anderen prthag-dharm as], rüpa usw.
zustande kommt. [Somit gib t es überhaupt keinen samsarga]. U nd
wenn der samsarga irreal ist, dann sind es auch [die im samsarga
kooperierenden Elem ente]: das Sehen (darsana = caksu) usw.
D er Gregner [form uliert einen neuen Syllogismus, um die
Realität des samsarga zu beweisen]: Es m ag [zunächst] dahinge
stellt bleiben, ob der samsarga w irk lich ist. [Jedenfalls] gibt es
das samsrjyamcina, das samsrsta und den samsrastar. Denn [die
Realität] dieser [B e g riffe ] wurde noch nicht geleugnet. W e il nun
ohne den samsarga weder das samsrjyamäna, noch das samsrsta,
noch der samsrastar m öglich sind, deshalb muß auch der sam
sarga w irklich sein.
D er Mädhyam ika erwidert: Auch das ist nicht richtig. Es
wurde doch bewiesen, daß der samsarga irreal ist, und wenn der
samsarga irreal ist, w ie kann von dem samsrjyamäna usw. die
R ed e sein ? Das Objekt der in der (Gegenwart stattfindenden A k tion
des samsarga (== vartamäna-samsarga-kriyä-sädhana-karma-bhü-
tam ) ist das samsrjyamäna. D ie vollzogene A k tion des samsarga
(— das Ergebnis) ist das samsrsta. D er Agens, w elcher während
des Vollzugs der A k tion seine Unabhängigkeit behält (■= kriyä-
nispattau svätantryenävasthitah) ist der sam srastar10). W e il der
samsarga irreal ist, deshalb erblickt [unser L eh rer] weder das
samsrjyamäna, [noch das samsrsta und den samsrastar). U m auch
diese [drei B e g riffe ] ausdrücklich zu verneinen, stellt er fest:
»E s gibt kein samsrjyamäna, kein samsrsta und keinen
samsrastar« [8],
Denn also hat der Erhabene in der U päli-pariprcchä gesagt;
»Sich mit allem verbindend sieht das Auge. Daher sieht es
nicht, wenn die pratyayas fehlen. [In W irk lich k eit] erblickt
das A u g e keine G-estalt. Eine Einbildung {pikalpa) ist daher
die V erein igu n g und die Trennung [des Sinnesorgans und
des Sinnesobjekts]«.4
0
schließt die nirapeksatä aus. Nur das £v Kod rcav, das Universum als T<k
talität des Seienden ist frei vom Bezogensein auf das andere und in
diesem Sinne ein svabhäva. Dieser Begriff des absoluten, nicht-relativen
und auf nichts bezogenen Seins an sich ist aber überhaupt kein Be g r i f f .
Er ist dem diskursiven Denken unzugänglich und hebt sieh selbst dialek
tisch auf, sobald man versucht, ihn logisch zu bestimmen. Es genügt zp
überlegen, daß svabhäva im kontradiktorischen ‘ Gegensatz zu parabhäva
steht und daß die Kontradiktion auch ein Relationsmodus ist. Ist nun
der svabhäva cim Gegensatz5 ( = in Korrelation) zu parabhäva 'relativ5,
so ist auch der parabhäva, als identisch mit dem relativen svabhäva, selbst
'absolut5. W ir gelangen auf diese W eise zu einer dialektischen Begrün
dung der fundamentalen These der mahäyänistischen Metaphysik, daß'
die phänomenale W irklichkeit und die W irklichkeit an sich, der savrisära
und das nirväna identisch sind. Diese Identitätsformel ist eine durchaus
positive Lehre und es würde ein prinzipielles Mißverständnis sein, wollte
man darin nur ein spitzfindiges Spiel mit den Worten erblicken. Die Ma-
häyänisten sind nihsvabhäva-vädins, sofern sie die pluralistische Lehre
von den svalaksanas ablehnen; sie sind aber svabhäva-vädins, sofern sie
die Realität des absoluten, durch die Hypostasen des begrifflichen Den
kens nicht differenzierten Uberseins postulieren. Allerdings, weil dieses
Übersein der diskursiven Ralio unzugänglich (atarkävacara, nisprapanca)
und mir in der mystischen Intuition erlebbar ist, deshalb ist die rationale
Theologie auf dem Boden der Mädhyamika-Philosophie prinzipiell ausge
schlossen. Alle positive Aussagen über das Absolute sind nur adhyäropena,
im übertragenen Sinne zu verstehen. Der einzig adäquate Ausdruck ist
das Schweigen: paramärtho hy arxjänäm tusnibhävah.
4ä) A. upädäna = ÖTCOxeqxevov. Das Problem des upädäna steht in
der indischen Philosophie im Zusammenhang mit den Erörterungen über
das Wesen der Kausalität* Für den sat-kärya-väda ist das upädäna die
prakrtL die allen vikäras zugrunde liegende, identische Ursubstanz, zu
gleich die letzte, oberste causa materialis (mUla-kärana) aller Produkte..
[Die Schlußfolgerung:] Also besitzen die bhavas den sva-
bhäva.
Darauf erw idert der Mädhyamika: W en n die bhävas — sei
ns die samshäras [des hmayänistischen Pluralismus], sei es [die
D in ge des naiven Realismus] der K eim usw. —■ den svabhäva be
sitzen, dann [existieren sie in W irklich keit]; und w eil sie in W ir k
lichkeit existieren, w ozu brauchen sie die hetu und pratyayas ?
Denn so w ie die samskäras in ihrer aktuellen Existenz ( = sobald
sie aktuell wirksam gew orden sind — vartamänl-bhüta) sich auf
das upädäna der avidyä nicht mein* zu stützen brauchen, und so
w ie der Sproß, [wenn er einmal entwickelt ist, sich nicht mehr
auf das upädäna des Keim es zu stützen braucht] — [gleichsam]
um auf diese W eise eine noch größere Intensität der Existenz
*3) Das ist das stereotype Argument gegen die These des svakrtatva
und des svata utpada: die Entstehung des präexistierenden Seins ist
ohne Zweck ( niqprayojana). Vgl. Anmerkung 10.
60
§ 2. D i© m a h a y a n i s t i s c h e L e h r © v o m s v a b h a v a .
44) abhütvä bhavati ist die These der Sauträntikas und der The-
ravädins. Selbstverständlich ist damit nicht gemeint, daß die dharma#
aus dem Nichts entstehen. Der Sinn dieser Formulierung wird verständ
lich aus dem Gegensatz zu der Ontologie der Vaibhäsikas, für die der
utpäda eines dharma nur den Übergang aus der Existenzphase der Zu
kunft in die Existenzphase der Gegenwart bedeutete (== bhütvä bhavati).
Die Sauträntikas leugnen nur die Präexistenz der prthag dharmas, nicht
aber die Realität eines monistisch aufgefaßten absoluten Substrats,
63
§4 . D ie L e h r e v o n d e m n i h s v a b h a v a t v a i s t d i e e c h t e
L e h r e des Buddha.
47) Über diese Definitionen vgl. ÄbhK I 22 ff, 27, BO. häthinya,
anubhäva und prativijnapti sind * empirische Funktionen« (laksana— -
vrtti) der entsprechenden, transzendenten prthag-dharmas: der prthivirj
der vedanä; des vijnäna,
68
48) Man hat wiederholt die Frage aufgeworfen nach der Rolle,
welche im Buddhismus der Glaube, die logische Ratio und die Intuition
spielen. D e i a V a l l e e P o u s s i n hat in seiner Monographie Bouddhi-
sme, Opininions sur Vlnstoire de la Dogmatique 129 ff. eine Reihe von
Texten zusammengestellt, welche geeignet sind die Ansicht zu begründen,
daß die Lehre des Buddha nichts anderes als ein Glaube gewesen ist.
Zugleich wird aber der Leser gewarnt, diese Charakteristik als absolut
richtig auzunehmen. Denn »si on peut parfois affirmer quelque chose du
Bouddhisme, il est rare qu’on ne puisse affirmer et ddmontrer le con-
traire«. In der Tat gibt es ebenso zahlreiche Texte, in denen ausdrücklich
hervorgehoben wird, daß nur die selbstgewonnene Erkenntnis die Erlösung
garantieren kann.
Mir scheint der Standpunkt des Buddhismus durchaus klar und gar
nicht widersprechend zu sein. Daß der Tathägata die Quelle alles Wissens
ist und sein W ort absolut wahr sein muß, daran halten alle Buddhisten
fest: alle dhammä sind bhagavan-mülakä, bhagavan-nettika, bhagavan-
patisaranä. Ein blinder Glaube wird trotzdem von den Jüngern nicht
verlangt. Man muß nur dem Erhabenen Lehrer vertrauen, daß der W eg,
den Er gezeigt, zum Ziel führt, und dieser Akt des gläubigen Vertrauens
{ßraddhä, adhimukti) ist durchaus kein saorificium intellectus, sondern
lediglich die notwendige Vorbedingung für die Entwicklung höherer F ä
higkeiten, die dem Jünger erlauben, die Wahrheit mit, eigenen Augen zu
schauen. Die christlich scholastische Lehre von den praeambulae fidei
begründet rational die Glaubwürdigkeit der Dogmen, das letzte W ort be
hält aber der Glaube. Im Buddhismus ist es umgekehrt: hier hat der
Glaube einen propädeutischen W e r t und wird in den weiteren Phasen
des Erlösungsprozeßes durch das Wissen und selbständige Einsicht er
setzt. Der Arahant glaubt nicht an das W ort des Buddha, sondern er
kennt seine Wahrheit.
Anspruch genommen ( = deshalb hat das W o r t d e r Buddhas den
W e rt eines Ägama, des autoritativen Kanons). [Denn in der Tat
es besitzt drei Vorzüge, welche die E tym ologie des W ortes
Ä gam a im pliziert]: 1) daß es 'herrührt’ (== ägatatvät) von den
zuverläßigen (apta) Individuen, d. h. von solchen, welche von
allen Irrtüm ern fre i sind; 2) daß es 'hinführt’ (ctgamayati), d. h. zur
vollkommenen Erkenntnis des tdttva gelangen läßt, und 3) daß
es A u f das Z iel gerichtet vorw ärts brin gt’ (ctbMmukliyäd gamanää),
d. h. die Menschheit, welche sich auf dieses [W o rt] stützt, auf
dem W e g e zum nirvcma fördert. A ndere Systeme [außerhalb des
Mahäyäna] stehen durchaus nicht im Einklang m it der Lo
gik. Deshalb behaupten wir, daß sie als Erkenntnisnorm keine
Autorität besitzen und nur Pseudo-Agam as sind.
Und nun, w eil jene Theorien über den svabhcwa, den p a ra -
bhäva, den bhilva und den abhäva nicht wahr sind — denn es feh lt
ihnen die logische B egründung (yitM i-m dliiirakm t) — deshalb, auf
erlösungsbedürftige Schüler Kücksicht nehmend,
»I n dem Kätyäyanävaväda, Sein und Nicht-Sein erkennend,
hat der Erhabene beides: 'Es ist’ und fEs ist nicht’ be
stritten« [7].
In dem Kätyäyanävaväda-Sütra hat der Erhabene gesagt:
»W e il, o Kätyäyana, die W e lt meistens sei es an dem eEs ist’, sei
es an dem 'Es ist nicht’ haftet, deshalb w ird sie nicht erlöst
von dem Ungemach der Geburt, des Alters, der Krankheit, des
Todes, des Kummers, der Sorgendes Leid s und des Schwermuts.
Sie w ird nicht erlöst von dem G e f esseltsein in der Folterkam m er
des aus fü nf gatis bestehenden samsära. Sie w ird nicht erlöst von
der Trauer nach dem Tode der Mutter, sie w ird nicht erlöst von
der Trauer nach dem Tode des V aters«. So in der ausführlichen
Darlegung.
Dieses Sütra w ird in den Nikäyas aller S ekten 49) ( — in allen
Nikäyas) gelesen. Zieht man in Betracht eben diesen Ä gam a und
und die tathata aller dharmas und eben diese Allwissenheit ist die A ll
wissenheit im absoluten [metaphysischen] Sinne (paramärthena). Denn
sie ist ihrem Wesen nach ein [absolutes], alles Empirische übersteigendes
( ’ ajig-rten-las-'adas~pa) Wissen. Das höhere Wissen, welches [jeden Ge
genstand] einzeln untersucht, wird erreicht unmittelbar nach der Erlan
gung des meta empirischen Wissens. Es ist nicht frei von der Subjekt-
Objekt-Spaltung und erkennt allseitig alie [Einzel] erscheinungen der
empirischen W irklichkeit ('ajig-rten-paH-rnam-pa-thams~cad== prapctncasya
sarvakäräh), alle [Einzel] gegenstände, welche sei es unendlich klein
(phra = suksma), sei es irgendwie verdeckt (sgvebs-pa == parichcmna\ sei
es zu weit entfernt ( bsk%jal-pa = [ati]viprakrsta) [und daher dem ge
wöhnlichen Wahrnehmen unzugänglich] sind. Daher, obwohl es eine
Folge [der Erwerbung] des meta-empirischen Wissens ist, so ist es doch
seinem Wesen nach ein empirisches Wissen (:’ajig-rten-pa’i-i/e-shes-no-bo-
yin-ptfi-pittjir-ro). Und deshalb ist auch diese Art der Allwissenheit,
welche auf der höheren Betrachtung im Einzelnen beruht, frei von den
Widersprüchen. W ir geben zu, daß sie sich in den Grenzen der Subjekt-
Objekt-Spaltung bewegt [und daher nicht absolut wahr is t]; gleichwohl
ist sie nicht falsch, weil sie sich selbst als' falsch erkennt ( — weil sie
vom Bewußtsein ihrer Relativität begleitet ist)«.
Das mahäyänistische pratyaveksana ist demnach ein spezifisch mo
difiziertes postekstatisches Erkennen. Der Heilige hat in dem unmittel
baren, mystischen Inluitus die All-Einheit, das unaussprechbare absolute
Wesen der Dinge erlebt und den illusorischen Charakter des diskursiven
Denkens, der Subjekt-Objekt-Spaltung, der Vielheit der empirischen W irk
lichkeit durchschaut. Jedesmal nach dem Erwachen aus der Ekstase
kehrt er zum normalen Denken und Wahrnehmen: er empfindet, apper-
zipiert, unterscheidet und schließt, hat aber zugleich das volle Bewußt
sein der Illusion, in der er lebt. Er ist ein Taimirika, der von seiner
Krankheit weiß, ein Träumender, der ohne zu erwachen seines Träumens
bewußt geworden ist. Deshalb verliert für ihn die ganze W elt ihren W irk
lichkeitswert, alles ist nur cals ob5, alles nur ein Schein, ungültig, nichtig
und gleichsam aufgehoben. Er erlebt passiv die Phänomene, bejaht sie
aber nicht und verneint sie nicht, ist völlig frei von allen Ansichten und
Behauptungen. Vom Standpunkt der abendländischen Psychiatrie mag
eine derartige epochistische Haltung als eine schwere pathologische Stö
rung der' fönction du rieV angesehen werden; für die mahäyänistische
Erlösungslehre ist sie aber ein höheres Wissen und die notwendige Vor
bedingung für die Erlangung der endgültigen Befreiung.
Den Ausdruck paccavekkhana etwa im Sinne cpostekstatische Re-
trospektion5 kennt auch der, Pali Buddhismus. Auch hier ist also ein
höheres, empirisches Wissen gemeint, welches erst als die Folge der
jhänas erworben wird. Vgl. S. Z. A u n g , Compendium 58, 69, 139 7.
72
ist rein’ und 'Etwas ist nicht rein’ — auch, das sind zw ei
anlas. Deshalb, beide anlas verlassen habend, auch in der
M itte bleibt der W eise nicht stehen«.
»'E s ist’ und cEs ist nicht’ — das ist ein W id e r s tr e it. (vi-
vada). 'Etwas ist rein’ und 'Etw as ist nicht rein’ — auch
das ist ein W iderstreit. W er im W id erstreit lebt, beruhigt
nicht das Leiden. Streitlosigkeit erreicht habend (aviväda-
präptyä) vernichtet er das L eid en «.
§ 6. N u r d i e L e h r e v o n d e m n i h s v a b h ä v a t v a i s t f r e i
v o n d e m V o r w u r f d e r b e i d e n K e t z e r e i e n : des ucche-
dav a d a u n d des s ä s v a t a v ä d a .
A ls Ergebnis unserer Erörterungen steht fest: daß die p ra k rti
absolut (atyantas) irreal ist, daß alle dharmas irreal und und ohne
svabhäva sind und daß die Veränderung ebenfalls irreal ist. W e r
trotzdem das Sein und das nicht-Sein der bhävas hypostasiert,
fü r das solche Hypostasen schaffende [Individuum] notw endiger
weise [diese zw ei A rten der Besessenheit] :
»D ie Besessenheit [durch den Dämon] das säsvata-väda;, daß
etwas ist, die Besessenheit [durch den Dämon] des uccheda-
väda, daß etwas nicht ist«
'würden sich ergeb en — so ist [die Strophe] zu ergänzen.
Diese [zw ei K etzereien]: der Glaube an die .ewige Dauer
und der Glaube an da,s A u f hören der Existenz sind ein H inder
nis auf dem W e g e zur Erlösung. Sie bringen ein großes Unheil.
»Deshalb w eder auf das Sein noch auf das Nicht-Sein stützt
sich der Verständige« [10].
B illig t man die Theorie des bhäva und des abhäva,, so er
gib t sich daraus als unerwünschte Konsequenz (prasahga) die
K etzerei des säsvata und des uccheda. Und zwar auf folgende
W eise:
»'W a s svabhävena existiert, von dem kann nicht gesagt w er
den, 'es sei nicht’ —• so ergibt sich der säsvata-väda. — ■
'Etwas existiert nicht mehr, hat aber früher existiert’ — so
ergibt sich der uccheda-väda;« [11].
Sagt man, daß etwas svabhävena existiert, dann, w eil der
svabhäva unvergänglich ist (anapayitvät\ kann nicht gesagt werden,
daß dieses etwas irgendwann [in der Zeit.] nicht sein w ird (™ zu
existieren auf hört). A u f diese W eise, wenn man einmal das astitva
der bhävas ■(= die K-ealität der E inzeldinge) zügegeben hat, er
g ib t sich [fo lgerich tig] die K etzerei des säsvata. Und wenn man
75
52) Die Lehre der Yogäcäras von den drei svabhävas, genauer: von
den drei Aspekten ( laksana), unter denen die absolute W irklichkeit be
trachtet werden kann, ist eine konsequente Weiterentwicklung der Lehre
von den zwei Wahrheiten, dem paramärtha-satya und dem samvrti-satya.
Der parikalpita,-svabhäva ist die absolute Einbildung, das Irreale; der
paratanlra-svabhäva ist die relative W irklichkeit der pluralistischen
dharma-TheoYiQ; der parinispanna-svabhätm ist das Fehlen des parikal
pita und des paratantra — die Alleinheit (satatam dvayenarahitam —
anabhilUpyam — aprapancätmakam ==' tattvam). Für die Mädhyamikas ist
beides: das parikalpita und das paratantra irreal, die Yogäcäras machen
indessen einen Unterschied .zwischen dem vikalpä und dem parikalpa.
Ygl. d e Lt V a l i d e - Pons si n. Vijnaptimätratäsiddhi I, 516.
77
f;
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?
■
XVI
altert and stirbt. Geburt, Altwerden und Tod sind das »Gesetz des L e
bens« ( evam-dhammü hi pänino: ThaGr 552— 553, SNp 574 usw.). Es
erübrigt sich zu sagen, daß dieser Begriff der anityata nicht speziell
buddhistisch, sondern allgemein indisch ist. Vgl. etwa Brahma-Pumna II, 54.
In der Dogmatik der buddhistischen Sekten ist die anityata ein Ä quiva
lent des samskrtatva. A.lle samskäras (== samskrta-dharma) sind anitya?
bedeutet, daß sie in jedem Moment des samtana durch vier (oder drei)
savnskrta-laksanas: das Entstehen (das Bestehen), (den Verfall) und die
Vernichtung gekennzeichnet sind.
A) anityata in der Dogmatik der älteren Sekten. Es gibt vier (oder
drei) samskrta- laksanas, darunter das laksana der relativen Dauer {sthiti>
samtati). Die samskäras sind momentan (,ksanika), aber doch nicht ab
solut dauerios. Der Verfall (ja m ) ist das Anderswerden des Bestehenden,
eine Veränderung, die zugleich ein relatives Beharren voraussetzt (thitassa
annathatta, sthity-anyathätva), Vgl. A N I, 152; S N III, 39; Kvu I, 61,
AbhK II, 223; P r. 145.
a) Nach der Lehre der Thoravädins gibt es drei, sankhata-lakkha-
nas: uppäda, thiti und bhahga. Jeder dharma entsteht in einem Moment,
dauert, besteht und wirkt in dem zweiten Moment, und vergeht in dem
dritten Moment. Diese drei Momente bilden zusammnn ein Bewußtseins
moment (citta-kkhana). Der A kt der sinnlichen Wahrnehmung dauert
siebzehn Bewußtseinsmomente. Die These der Pubbaseliyas, daß alle P h ä
nomene eka-citta-kkhanika sind, wird abgelehnt, weil sich sonst die Gleich
zeitigkeit des cakkhäyatana und des cakkhu-vinnäna ergeben würde*
Kvu II, 620; Points o f Controversy 363, 374; S. Z. A u n g , Compendium
25. Ähnlich lehrten die Vätsiputiiyas, daß nur manche sarriskäras mo
mentan sind, vgl. M a s u d a , Origin and Doctrines o f Early Buddhist
Schools 54.
‘ b) Die Sarvästivädins (Vaibhäsikas) nehmen vier samskrta-laksa
nas - utpüda, sthiti, jarä und anityata {vyaya\ welche ihrerseits unab
hängige dharmas sind und in die Rubrik der rüpa-citta-viprayukta-savy-
skaras gehören Sie erscheinen gleichzeitig in jedem Moment des sant-
täna als kooperierende Kräfte, welche den Übergang des dharma aus der
Existenzphase der Zukunft in die Gegenwart (= = die Geburt), das W irken
im Gegenwartsmoment ( = das Bestehen), das Sich-Erschöpfen im W ir
kungsmoment ( = der Verfall) und endlich den Übergang in die Existenz
phase der Vergangenheit ( = das Schwinden) determinieren. Die unendlich
kleine Zeit, die jedes Element braucht, um aus der zukünftigen Potentialität
in den Zustand der Beruhigung zu übergehen, ist der Moment ( ksana).
Die Momentanheit alles Seienden bedeutet also die Momentanheit der Ma
nifestation, während die wahre Beschaffenheit des dharma,sein svabhava,
ewig, transzendent und durch das W erden unberührt ist. W eil die
sa'wiskrta-laksanas selbst prthag-dharmas sind, deshalb werden auch sie
von den entsprechenden anulaksapas begleitet: von der Geburt der Ge
6*
84
sagt:] die samskäras wandern [im samsara], obwohl sie nicht be
harrlich sind. Durch die paramparüi der Delation Ursache und
W irk u n g bilden sie eine stetige (avicchinna) Deihe und haben [so
als aktive K rä fte] ihren Fortbestand im samtäna.
[Der Mädhyam ika erw idert:] Auch diese [Theorie] ist nicht
möglich. Eine W irk u n g (Jcäryta), welche eben entstanden ist, w an
dert nicht. Denn sie kommt von nirgendswoher und geht nir-
gendswohin. Und ebensowenig wandert eine Ursache (Jcärana:),
burt, von dem Bestehen des Bestehens usw., so daß insgesamt mit jedem
miila-dharma acht Elemente Zusammenwirken. Vgl. AbhK II, 223— 225.
Die Theorie der anulaksanas nehmen auch die Sämmitlyäs an. Vgl. Pr. 148.
B ) Der radikale ksana-bhahga-väda der Sauträntikas. anityatä —
samskrtatva bedeutet absolute Dauerlosigkeit. Der Moment ist nicht etwa
ein Minimum der wahrnehmbaren Zeitstrecke, ein Zeitatom mit meßbaren
Dimensionen, wie die Vaibhäsikas lehren, sondern das unfaßbare,’ dem
diskursiven Denken unzugängliche Jetzt, welches keinen Anfang, keine
Mitte und kein Ende hat. Die dharmas erscheinen und verschwinden;
sie habe keine sthiti innerhalb des Moments und auch kein sthity-anya-
thätva. Die saniskrta-lak§anas sind nur konventionelle Ausdrücke, um
die Tatsache der Momentanheit zu umschreiben, und dürften unter keinen
Umständen als prthag-dharmas, als selbstständige Kräfte hypostasiert werden.
Nach Vasubandhu, AbhK II, 22 sind zwei Interpretationen der über
lieferten Lehre im Sinne der Sauträntikas zulässig:
a) Die lak$anas kennzeichnen den samtäna ( = praväha), nicht den
kßana: die Geburt ist der erste Moment des Stromes, die Vernichtung
sein Ende, das Bestehen — der Strom selbst als 'derselbe5, das Anders
werden (sthity-anyathätva) die Differenzierung der Momente, die Tatsache,
daß jeder folgende Moment ein anderer ist ( pürväpara-viMsfatä), obwohl
er zu derselben 'Einheit des Werdezusammenhangs5 gehört.
b) Die laksanas beziehen sich auf den ksana. W e il die Sautränti
kas die Realität des dharma in den Existenzphasen der Zukunft und der
Vergangenheit nicht anerkennen, deshalb erscheint jeder dharma in dem
samtäna 'ohne früher existiert zu haben5 ( — abhütvä bhavati): dieses
Ins-Dasein-Treten heißt konventionell 'die Geburt5. Das restlose Schwin
den und Zu-Nichts-Werden im nächsten Moment ist 'die Vernichtung5.
Der dharma dauert also überhaupt nicht, trotzdem darf man von seiner
sthiti sprechen insofern, als er in dem dharma des nächsten Moments
'gleichsam fortdauert5 ( avatisthata iva). Die sthiti wird also auch hier
als 'Einheit des Werdezusammenhangs’ , als Werdekohärenz5 (paramparä =
uttarottara-k§anänubandha) aufgefaßt. Jeder Moment ist aber ein anderer
als der vorhergegangene, und in diesem Sinne ist der Werdezusammen
hang zugleich ein Anderswerden; die sthiti ein anyathätva,
C) Die Kritik der Mädhyamikas richtet sich sowohl gegen die Vai
bhäsikas als auch gegen die Sauträntikas. Gegen die Lehre von den drei
85
welche [bereits] geschwunden ist. Denn auch sie hem m t von nir
gends woher und geht nirgends wohin. D ie V ergangenh eit und die
Zukunft realisieren sich nicht außerhalb der momentanen Dauer
(m&tra = ksana) eines [sich eben manifestierenden] samskära. W as
bereits geschwunden ist (== das V ergan gen e) und was noch nicht
entstanden ist (== das Zukünftige), das existiert nicht.
W ill aber jemand behaupten, daß der vorhergehende M o
ment nach der Entstehung des folgenden Moments [im samtäna]
59) Ü ber die aväcyatä des pudgala vgl. Kvu I, 60 ff; ÄbhK IX
232; Pr. 2 8 8 9, 4 3 6 * 438*. 5 7 6 5. Nach der Lehre der Vätsiputrxyas
( = Säipm itiyas) gibt es neben den samskrta und asamskrta-dharmas
noch eine dritte Kategorie der undefinierbaren ( anirväcaniya, avaktavya)
Realität. Zu dieser Kategorie gehört der pudgala. Daher kann nicht ge
sagt werden, ob er nitya ( = asamskrta) oder anitya ( — samskrta), ob
er mit den fünf upädäna-skandhas identisch oder nicht identisch ist.
M a s u d a, Origin and Doctrines o f Early Indian Buddhist Schools 534
vermutet in dieser Urteilsenthaltung eine agnostizistische Doktrin. W ie
mir scheint, mit Unrecht, Der pudgala ist anirväcamya, weil er das
begriffliche Denken tibersteigt und nisprapanca, nirvikglpa ist. S t e h e r
b a t s t y, Nirväna 3 1 1 bemerkte, daß die Vätsiputriyas ihren pudgala-
väda aufgestellt haben 'with no other aim than that of supporting the
doctrine of a supernatural, surviving Buddha from the philosophical side7,
und in der Tat ist der bhagavän tattvänyatvenävaktavyah (vgl. Pr. 4 3 6 7)
wohl nichts anderes, als eine Umschreibung des dharma-käya. Ist diese
Vermutung richtig, dann ist der pudgala der Vätsiputrxyas nicht die
Person, sondern das Überpersönliche, das sich auf dem Substrat der
skandhas empirisch manifestiert. Die Analyse des Särpmitiya-Sästra
89
60) Ist der pudgala real, so muß die Alternative entschieden wer
den, ob er 1) mit den skandhas identisch ( = ekatva), oder 2)-nicht iden
tisch ( paratva) ist. Die zweite Möglichkeit kann noch weiter zerlegt wer
den: 3) die skandhas sind im pudgala enthalten (== der pudgala ist ein
Behälter, ädhära der skandhas), 4) der pudgala ist in den skandhas
{=== der pudgala ist der Inhalt, ädheya der skandhas) und 5) der pudgala
besitzt die skandhas, ist skandhavän. Dieses fünfgliedrige Schema erschöpft
alle möglichen Theorien über das Ich. Die Mädhyamikas beweisen, daß
alle fünf Thesen falsch sind und folgern daraus, daß der Begriff des
pudgala ( sattva, atman) irreal ist.
1) Widerlegung des ekatva. Erstes Argument: Das Verhältnis des
Individuums zu den upädäna-skandhas ist analog dem des Feuers zum
Brennstoff. Der pudgala ist der upädätar, der Agens; die skandhas sind
das upädäna, das Objekt. Die Identität des Agens und des Objekts
( kartr-karmanor ekatvam) kann nicht behauptet werden. Holz und Holz
hauer, T op f und Töpfer sind nicht identisch. Vgl. meine Übersetzung
der agmndhana-pariksä RO VII, 26 ff. Zweites Argument: Ist der pud
gala mit den skandhas identisch, so muß er teilnehmen an dem Entste
hen und an dem Vergehen der skandhas (udaya-vyaya-bhag bhavet). Die
Annahme, daß das Ich vergeht, führt zum ucched,a-väda\ nimmt man
aber an, daß es entstehen kann, 'ohne früher existiert zu haben’ ( pürvant
abhütvä paicad utpannah syät), so ist das nur in zwei Fällen möglich:
entweder ist das Ich ein Jcrtaka-dharma und wird von einem besonderen
Faktor (kartar) hervorgebracht, oder es entsteht ohne Ursache ( ahetuka).
Beides ist unhaltbar. Der Begriff eines krtaka atman würde zu der fal
schen Lehre führen, daß der samsära einen Anfang hat {adimän sam-
särah syüt), und die These des ahetukatva ist für den Buddhismus a priori
ausgeschlossen. Vgl. Pr. 5 7 6 3, 581 b Zum Teil dieselben, zum Teil an
dere Argumente im Madhyamaka-Avatära VI, 127 = Pr. 3 4 2 5.
2) Widerlegung des paratva. Erstes Argument: Ist dm pudgala von
den skandhas verschieden, dann existiert er unabhängig ( vinä==nir -
apeksa) von den skandhas. Das ist aber nicht möglich. Denn die Begriffe
91
, 62) Die Lehre von der psychoiden Wesenheit, dem gandharva, w el
cher in der »Zwisphenexistenz« in der W elt frei herumschweift und
seine Eltern sucht, ist ein interessantes Fragment altertümlicher Folklore.
Die Empfängnis findet statt, wenn 'Vater und Mutter Zusammenkommen’
und 'der gandhabbo pafititthatf. Vgl. M N II, 137; Milindapanha 123.
Eine recht anschauliche Darstellung gibt Ä bhK III, 1 5 : »Aus der Ferne
sieht er die Stätte seiner künftigen Geburt; er sieht seine Mutter und
seinen Vater miteinander vereinigt. Dann erwacht in ihm die Begierde
und er dringt in jene Unreinheit hinein, welche die vulva ausfüllt. Dann
werden die skandhas hart und der gandharva geht zugrunde«. Den an-
taräbhava lehren die Sarvästivädins und die späteren Mahlsäsakas, im
Gegensatz zu den Theravädins, Mahäsanighikas, Pubbeseliyas, Sämmitiyas
und den älteren Mahisäsakas. Vgl. Kvu V III, 2; M a s u d a Origin and
Doctrines 33, 48, 59, 62. In der Auffassung der Sarvästivädins ist der
gandharva selbstverständlich keine Seele, sondern lediglich eine konven
tionelle Bezeichnung der äntarä-bhavika-skandhas.
[der ätman auch im antaräbhava) ein upädäna besitzt. [Aus der
Annahme], daß [der <%tman\ von einem upädäna nach dem ande
ren greifend ( = upädäya), im samsära wandert, darf somit die
absurde Konsequenz des Seinsverlustes (•vibhavatä-prasahga) nicht
gefo lg ert werden.
[Der Mädhyam ika erw idert:] Auch diese Theorie ist nicht
richtig. Denn auch wenn man den samsära der äntarä-bhavika-
skandhas annimmt, muß [die A ltern ative] des vollständigen oder
des nicht vollständigen Aufgebens der früheren Existenz (pürva-
bhäva) [in Betracht gezogen werden]. D ie deductio ad absurdum
ist somit auch hier die gleiche (tulya-prasahgatvät).
W ill aber jemand behaupten, daß das gleichzeitige A u f geben
und E rgreifen kein W idersinn (adosa) ist, so [muß folgendes ent
gegengehalten werden:] W e r ist es, der das upädäna der früheren
Existenz aufgibt und das upädäna der Ubergangsexistenz ergreift ?
Ist es jew eils ein T e il [des ätman\ oder ist es vielm ehr der ganze
ätman ? N im m t man an, daß nur ein T e il [das alte upädäna auf
gib t und ein anderer T e il das neue upädäna ergreift], so ergibt
sich daraus der bereits erwähnte W idersinn eines doppelten ätman.
N im m t man aber an, daß es der ganze ätman ist, [welcher zu
gleich das alte upädäna aufgibt und die äntarä-bhavika-skandhas
ergreift], so ergibt sich der W idersinn des Seins Verlustes. [Denn
auch hier muß eine Phase angenommen werden, in der der ätman
ohne das upädäna ist]. D er ganze Unterschied beruht lediglich
darauf, daß bei dem Ü bergan g in den antaräbhava die Zeit, in
der der ätman ohne das upädäna sein müßte, unendlich klein
(süksma) ist, und zw ar deshalb, w eil [der letzte Moment des
purva-bhava und der erste Moment des antaräbhava] dicht a n e i
nander grenzen (atisamipyät): [Ein In tervall lieg t aber doch da
zwischen].
Auch kann es in W irk lich k eit nicht Vorkommen, daß der
selbe, ungeteilte Gegenstand (padärtha) m it seinem ganzen W esen
(sarvätmanä) zugleich etwas aufgäbe und etwas anderes ergriffe.
So z. B., wenn Devadatta m it seiner ganzen Person von einem
Haus in das andere hinüber wandert, so können doch die beiden
Tätigkeiten des Verlassens und des Gelangen s (== des Aufgebens
und des E rgreifen s) nicht gleich zeitig stattfinden.
Nun m ag angenommen werden, daß das Verlassen und das
Gelangen als gleich zeitige [Tätigkeiten (kriyä)] dennoch denkbar
95
§ 3. Ü b e r d i e I r r e a l i t ä t d e r G e b u n d e n h e i t u n d
der E rlösu n g.
i
100
B ezu g auf die A lternative] 'm it oder ohne das upädmiaJ untersucht
haben, w ird nicht gebunden: w ie ist also der Zustand dessen, was
gebunden w ird ? Einen anderen Zustand [neben dem sopädänatva
und dem anupädänatva], in dem etwas gebunden werden könnte,
gibt es nicht. Das ist der Binn.
W e il sich nun auf Grund dieser Untersuchung [ergibt, daß]
das bandhana nichts bindet, w ie soll also das m it Leidenschaft
und anderen [klesas] identische, nichts bindende upädäna die F ä
higkeit des bandhana besitzen ? Darum, gib t es überhaupt kein
bandhana.
Und ferner:
»W o h l würde das bandhana binden, wenn es früher wäre
als das bandhya. So ist aber nicht«. j
In der Erfahrung des A llta gs iiha) beobachten w ir wohl,
daß das bandhana, z. B .e in e Eußkette das bandhya (— das was
gebunden werden soll), z. B. den Devadatta bindet. [W ir können
zugleich feststellen, daß] das bandhana [in diesen Fällen stets] un
abhängig von dem bandhya existiert, daß es [also gegenüber dem
bandhya\ »frü her realisiert« ( pUrva-siddha) ist. W en n nun in der
gleichen W eise auch die Leidenschaft und andere [A ffek te] in
ihrem Charakter des bandhana früher als das bandhya, die sam-
sTcäras oder der pudgala, realisiert wären, dann würde allerdings
durch diesen früher realisierten [banäha] das bandhana sei es der
samskäras, sei es des piidgala w irklich sein. Das ist aber nicht
möglich, 1) w eil die Leidenschaft und andere A ffe k te ohne ein
Substrat (niräsraya) nicht realisierbar sind und 2) w eil eine [nach
trägliche] K orrelation (sambandha) zwischen dem schon früher
realisierten bandhana und dem [erst] später [realisierten] bandhya,
nisprayojana wäre. Und w eil die A bh än gigkeit (apeksä) des unab
hängig (p rlhag =■ nirapehsa) von dem bandhana realisierten ban
dhya, [eben] von diesem früher [realisierten] bandhana [gleichfalls]
nisprayojana wäre, deshalb ist die zeitliche P riorität {pürva-siddhi)
des bandhana gegenüber dem bandhya [überhaupt] nicht [möglich].
Daher bindet des bandhana nichts und, w eil es nichts bindet,
deshalb besitzt es keine F äh igk eit des Bindens und ist somit kein
bandhana. U nd w eil es kein bandhana gibt, deshalb gibt es auch
kein bandhya. Soviel steht nun fest. W as aber die weitere
K ritik [der These von der .Realität des bandhana] betrifft, so [sagt
der Leh rer]:
101
67) Dieselbe Klimax äilat samadhi, prajna und moksa liegt be^
kanntlich dem Visuddhi-Magga zugrunde.
102
§ 4. D i e m a h ä y ä n i s t i s c h e E r l ö s u n g i s t i d e n t i s c h m i t
d e r A u f h e b u n g a l l e r v i k a l p a s 69).
[Und ferner:] wenn [in den W esen] der E ifer entsteht, w el
cher förderlich, fleckenlos, umfassend (-vipula) und auf das höchste
Gut (äharma) [gerichtet] ist, dann müssen [diese Individuen], um
das nirväna zu erreichen, eine K lim a x von Stufen (== krama) durch
laufen: einen wohlwollenden L eh rer (Imlyäna-m itra) [finden und
ihm] aufwarten, die [Tugend] der F reigeb iegkeit (däna) [üben],
die sittliche Zucht (slld) [vervollkommenj, [die Lehre] durch [pas
sives] H ören (srtita), durch begrifflich e Analyse icint'a) und durch
intuitives Schauen (bhävanä) [studieren] u sw .; Sollte auch diese
[ganze Laufbahn des B odhisattva} umsonst seih?
[D er Mädhyamika] erw idert: A lle bhävas sind ohne svabhäva,
sie sind w ie ein B e f lex, w ie ein in der W üste vorgespiegeltes Wasser,
w ie ein Feuerkreis, w ie ein Traum, w ie ein Gaukelspiel, w ie ein
B lendw erk (_pratibimba-marlcikäjalälätacakra-svapna-mäyendrajäla-
sadrsa); sie sind weder ätman noch ätmiya (== sie sind beraubt
des ätmätmlya-svahhäva), [D er naive Mensch] erfaßt aber in den
bhävas nur den Schein ('viparyäsa); indem er solche [Ausdrücke]
w ie 'ich’ und 'mein’ auf einen wirklichen A gens bezieht ( ~ aham-
kära-mamakära-samudäcära-parigrahena), gelangt er zu der sat-
kaya-drsti. U nd dann denkt er:
»"Ohne, das tipädäna w erde ich erlöschen. Das nirväna w ird
m ir zu teil5. — Für die, welche in diesen W ahnideen be
fangen sind, ist das H aften an diesen Gedanken ein mäch
tiger G-raha« [9].
»Ohne das upädäna, d. h. von dem ganzen tipädäna befreit,
w erde ich erlöschen. Mir, der soweit [zum Freisein von dem upä
däna] gelangt ist, w ird das nirväna zuteil«. In diesen W ahnideen
(■graha) sind die nach Erlösung strebenden W essen befangen und
fürwahr, w ie ein m ächtiger Grraha ist für sie dieses H aften an
der satkäyadrsti, welche in dem Glauben an einen persönlichen
Agens, zum Ausdruck gelan gt (-™ aliamkära-mamakärakhyam). Für
sie, da sie von einem solchen mächtigen Graha besessen {abhini-
vista) sind, ist das Erlangen der Beruhigung nicht möglich. W en n
man [daher], um die Erlösung durch das vö llig e A ufgeben aller
W ahnideen zu erreichen, sich [doch] an die W ahnideen hält, daß
[die Worfce] ich und mein [sich auf ein Subjekt beziehen], daß es
[w irklich] das nirvcina gibt und [ferner], daß das upädäna [eben
falls w irklich] auf gegeben werden kann, dann müssen notwendi
gerw eise alle Bemühungen [der W esen], welche auf diese ver-
105
stürzt er nacli dem Tode in die großen H öllenw elten hinunter. Warum?'
Denn alle dkarmas sind unentstanden, er aber hypostasiert sie
als etwas wirkliches. Alsdann entsteht bei ihm Unsicherheit und.
Schwanken (vimati), w ie der [B e g r iff des] Tathägata zu verste
hen ist. (Deshalb stürzt er nach dem Tode in die H öllen weiten]«..
Daraufhin also sprach Manjusri, der Kumärabhüta, zum E r
habenen: »W ie muß man also, o Erhabener, die vie r edlen W a h r
heiten verstehen ( = schauen, drastavya) ?<<
D er Erhabene antwortete: » 0 Manjusri! W e r alle samskäras
als unentstanden erkennt, der gelan gt zur vollendeten Erkenntnis
des Leidens. W e r alle dkarmas als unentstanden (anutpanna = ,
asamutthita) erkennt, der g ib t die Entstehung auf. W e r &Xle> dkar
mas als vollständig erloschen (p a rin irv rta ) erkennt, der ve rw irk
licht die Vernichtung. W er alle dhcirmas als vollständig leer
(atyarda-sünya) erkennt, der p fle g t den Pfad. W e r so, o Manjusri,.
die vier edlen W ahrheiten erkennt, der. schafft keine B e g riffs h y
postasen und Unterscheidungen (na kalpayati na vikalpayati) 'diese
dkarmas sind förderlich (kusala), jene dkarmas sind nicht förd er
lich (akusala)] diese dkarmas muß man auf geben, jene dkarmas
muß man verw irklichen; das L eid en muß man erkennen, die E n t
stehung muß man aufgeben, die Vernichtung muß man ve rw irk
lichen, den P fa d muß man p fleg en 5. W arum [schafft er diese B e
g r iffe nicht] ? Denn einen dkarma, w elcher durch bloße B e g r iffs
hypostase gaschaffen wurde, sieht er in W irk lich k eit nicht. A b er
einfältige und naive Menschen hypostasieren diese dkarmas und
eben deshalb lieben sie und hassen und w erden verw irrt. Er, [der
W eise, der die edlen W ahrheiten rich tig erkennt], postuliert und
negiert (cwyükaki, nirvyükati) keinen dkarma, und w eil er nichts
postuliert und nichts negiert, deshalb haftet sein Denken an nichts
in den drei Sphären des Universums. A ls irreal ( = ungeworden,
ajäta) betrachtet er die drei Sphären des Universums. Das ist
die ausführliche D arlegung«.
Eben m it Itticksicht auf diesen Ä gam a sagt [der Lehrer],,
indem er sich auf den Standpunkt der absoluten W ahrheit stellt
(paramärtka-satye)\ »Überhaupt,
w o dem nirvcma keine B ealität b eigelegt w ird und wo es
auch keine Aufhebung des samsära gibt, was kann dort als
sawisära, was kann dort als nirvana unterschieden werden ? « [10]..
108
Indoloaisches Seminar
der Universität Bonn
INDICES
I,
Sachindex.
(Sanskrit und Pali).
i
116
119
I
n.
Namenindex.
Abhidhammävatära X V . B u d d h a d e v a X X II.
Äbhiäharma 2, 3, 61. B u d d Jh.a g li o s a 1, 3, 4.
Abhidharmakoha I, X I I , 1— 4, B u d d h a p ä l i t a 14, 20, 21.’
15— 17, 30, 39, 41, 42, 67, B u r n e t X X X II.
82— 84, 88, 89, 93. B u r n o u f Y I, X X X .
A e n e s i d e m X X X I. 0 a n d r a k i r t i I I I, Y I, Y H I, 14,
Äk§arasataka 52. 20, 21, 27, 28, 44, 56, 77, 91.
Ak$ayamati-Sütra 77. Catuhsatika 4, 26.
A l - Q h a z ä l i X X X III. Ghändogya- Upanisad 3.
Anavatapta-hradapasamkrama- C o l e b r o o k e VI .
na-Sütra 30. C s o m a d e K ö r ö s YI .
A n e s a k i 35. Culla-Niddesa 23.
Anguttara Nikäya X I , 1, 26, 83. D a h l k e P. X X I Y .
Ardhasatikä Pram öparam iiä 28. D a s g u p t a 20, 82.
Aristo des XXX. Dhammasangani X I I I , 1, 3.
Ä r y a d e v a 4, 26, 52. D k a r m a k i r t i 70, 82.
Arya-Ratnäkara-Mahäyäna~Sü- D harm a-Sam giti 44, 79.
tra 34. D lgha-N ikäya 1, 20, 21.
Arya-RatnakUta-Sütra Y I , 38. D i g n ä g a I Y, 41, 56, 82.
D r i e s c h X X I I I , 78.
Aryci-Ratnävali 76.
D u t t X a l i n a k s h a I II.
A$tasähasrikä 97.
Garbhävakrdnti-Sütra 1.
A t h a l y e 46.
G- a r b e 4, 66, 96.
Attliasülirii 42.
G e i g e r W. X.
B e n d a l l X IX .
G o k k h a l e Y a s u d e v 52.
B e r g s o n H e n r i 21.
H a r a p r a s ä d 26.
Bhagavadgltä 96.
I I a r d y E. X.
B h ä s a 28.
H e g e l V II.
Bodhicaryävatära 19, 77. H o d g s o n Y I.
jBrahma-Puräna 83. H u s s e r l X X V f f . , 41.
Brhad-Aranyaka- Upanisad 41. J a c o b 19.
B n d d l i a d a t t a XY. J a c o b i 1, 26, 31, 103.
121
ÄbhK Abhidharmakosa.
AN Anguttara-Nikäya.
AS Atthasälim.
BoähAv Bodhicaryävaiära.
CN Culla-Niddesa.
DN D igha-Nikdya. '
EHE Hastings Encyclopaedia
o f Pel. and Ethics.
DhS Dhammasangani.
K vu Kathävatthti.
K m iA Kathavatthu-A Uhakathä.
M dhyAv Madhyamakävatära.
M dhyS M adhyamaka-Sästra.
MN M ajjhim a-Nikäya.
PED Phys Davids-Stede, The
P a li English D ictionary,
Pr Prasannapadü.
PO Rocznik Orjentalistycmy.
SN Samyutta-Nikäya.
SV Sammoha- Vinodani.
SksS Siksä-Samuccaya.
ThaO Theragathä.
Vbhga Vibhanga.
VM Visuddhi-Magga.
VMS Vijnaptimätratäsiddhi.
ZB Zeitsch rift fü r Buddhis
mus.
Inhaltsverzeichnis.
Vorwort................................. III
Einleitung....................... V I-X X X III
Übersetzung undAnmerkungen............................. 1— 109
K a p i t e l Y. K r i t i k d e r L e h r e v o m l a k s y a u n d
l a k s a i j a ........................................ 1
§ 1. D ie U nm öglichkeit des laksya und des laksa$a an
dem Beispiel des äkäsa nachgewiesen. . . . . . 1
§ 2. D ie N egation des bhäva im pliziert nicht die Kea-
lität des abhäva . ................................. . . . . . 7
§ 3, Auch das erkennende Subjekt ist irreal . . . . 8
§ 4. A lle dhätus sind irreal, astitva und nästitva auf
gehoben.................................... 9
K a p i t e l XII, K ri tik der r e a l i s ti s c h e n Theo
rien über die Genesis der leid vol le n
"Wirklichkeit. ..................................................... 12
§ 1. Das duhkha ist weder svayamkrta noch parakrta 12
§ 2. D er pudgala ist nicht der U rheber des duhkha. . 16
§ 3. D ie U nm öglichkeit des svakrtatva schließt die M ö
glichkeit des parakrtatva aus. . . . . . . . . . 19
§ 4. W id erlegu n g des ubhayakrtatva. ............................ 20
§ 5. W id erlegu n g des ahetukatva.................................... 20
§ 6. D er Mädhyamika leugnet nicht die relative [Reali
tät der empirischen W irklichkeit. . .................... 21
Kapitel X III. K r i t i k des hinayänistischen
B egriffs der sünyatä. . . . . . , . . . . 25
§ 1. Das mosadharmatva der saijiskäras im pliziert ihre
Irrealität. 25
125*
!Pd°iogisches c ^
er Universität Bonn
Errata.