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Zwischen Spätantike und Frühmittelalter – RGA-E Band 57 – Seiten 367–423

Herkunft
© 2008 Walter de Gruyter und· Vermittlung
· Berlin New York „byzantinischer Importe“ 367

Zur Herkunft und Vermittlung „byzantinischer


Importe“ der Merowingerzeit in Nordwesteuropa
Jörg Drauschke

„Byzantinische“ Funde – Eine Forschungsaufgabe

In den letzten Jahren hat sich das Forschungsinteresse an „byzantinischen“


beziehungsweise mediterranen Funden merklich gesteigert, wobei der The-
menkomplex von Seiten verschiedener Disziplinen aufgegriffen wurde: Die
Frühgeschichtliche Archäologie betrachtet das infrage kommende Fundma-
terial vornehmlich aus der Perspektive der an der Peripherie des Byzantini-
schen Imperiums liegenden Herrschaftsgebiete der germanischen Reiche
von Franken, Langobarden usw. oder der reiternomadischen Kulturen von
Hunnen, Awaren oder Bulgaren. Im Mittelpunkt stehen die „byzantini-
schen“ Kleinfunde, die ein Spektrum abdecken, zu dem unter anderem
kostbare Helme und Prunkschwerter, Gürtelschnallen und Münzen sowie
Metall- und Glasgefäße gehören.1 Zum Forschungsfeld der Christlichen Ar-

1 Literaturauswahl neuerer Titel: Attila Kiss, Frühmittelalterliche byzantinische Schwerter


im Karpatenbecken. Acta Archaeologica Academiae Scientiarum Hungaricae 39, 1987,
194–210; Joachim Werner, Neues zur Herkunft der frühmittelalterlichen Spangenhelme
vom Baldenheimer Typus. Germania 66,2, 1988, 521–528; Horst Wolfgang Böhme, Der
Frankenkönig Childerich zwischen Attila und Aëtius. Zu den Goldgriffspathen der Mero-
wingerzeit. In: Claus Dobiat (Hrsg.), Festschrift für Otto-Herman Frey zum 65. Geburts-
tag. Marburger Studien zur Vor- und Frühgeschichte 16 (Marburg 1994) 69–110; Carl
Pause, Die Franken und der Orient. Rheinisches Landesmuseum Bonn 1996,2, 41–49;
Dieter Quast, Ein byzantinischer Gürtelbeschlag der Zeit um 500 aus Weingarten (Lkr. Ra-
vensburg) Grab 189. Fundberichte aus Baden-Württemberg 21, 1996, 527–539; Péter So-
mogyi, Byzantinische Fundmünzen der Awarenzeit. Monographien zur Frühgeschichte
und Mittelalterarchäologie 5 (Innsbruck 1997); Falko Daim (Hrsg.), Die Awaren am Rand
der byzantinischen Welt. Monographien zur Frühgeschichte und Mittelalterarchäologie 7
(Innsbruck 2000); Adrien Pásztor/Tivadar Vida, Eine frühbyzantinische Bronzekanne aus
dem awarenzeitlichen Gräberfeld von Budakalász. In: Csanád Bálint (Hrsg.), Kontakte
zwischen Iran, Byzanz und der Steppe im 6.–7. Jahrhundert. Varia Archaeologica Hunga-
rica 10 (Budapest, Napoli, Roma 2000) 303–311; Éva Garam, Funde byzantinischer Her-
kunft in der Awarenzeit vom Ende des 6. bis zum Ende des 7. Jahrhunderts. Monumenta
Avarorum Archaeologica 5 (Budapest 2001); Dieter Quast, Byzantinisch-gepidische Kon-
takte nach 454 im Spiegel der Kleinfunde. In: Eszter Istvánovits/Valéria Kulcsár (Hrsg.),
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chäologie und Byzantinischen Kunstgeschichte gehören traditionell die ar-


chitektonischen und ikonografischen Denkmäler profaner und sakraler Na-
tur sowie die Kleinfunde frühchristlichen Charakters. Zusammen mit der
Klassischen und Provinzialrömischen Archäologie des Mittelmeerraumes
wurde seit den 1970er Jahren verstärkt die mediterrane Keramik – Transport-
amphoren sowie Feinwaren – als Schwerpunkt entdeckt. Das stimulierte im
Zusammenspiel mit den historischen Fächern interessante und bis heute
andauernde Diskussionen über den Charakter des Warenaustausches und
der spätantiken Wirtschaft im Mediterraneum seit der Spätantike.2 Die Ent-
deckung von Produktionszentren insbesondere der Amphoren und die
mögliche Zuordnung von Gefäßen zu bestimmten Herkunftsregionen mit-
tels naturwissenschaftlicher Analysen lassen die Rekonstruktion von Wa-
renströmen und Rückschlüsse auf die Intensität der Teilnahme einzelner
Plätze am mittelmeerweiten Güterverkehr zu.3 Festzustellen ist nicht nur
eine Ausweitung der Forschungen auf diese wirtschaftsgeschichtlichen Fra-
gestellungen, sondern schließlich auch auf den gesamten Bereich der mate-
riellen Kultur des Byzantinischen Reiches sowie auf siedlungsgeschichtliche
Zusammenhänge einzelner Orte und ganzer Teilregionen.4

International Connections of the Barbarians of the Carpathian Basin in the 1st–5th cen-
turies A.D. Konferenz Aszód, Nyíregyháza 1999 (Aszód, Nyíregyháza 2001) 431–452; Jörg
Drauschke, Funde ostmediterraner/byzantinischer Herkunft im merowingerzeitlichen
Südwestdeutschland. Archäologische Informationen 25, 2002, 151–156; Anthea Harris,
Byzantium, Britain and the West. The Archaeology of cultural identity AD 400–650
(Stroud 2003).
2 Ein Überblick zu den divergierenden Modellen bei: Jean-Michel Carrié, Les échanges
commerciaux et l’État antique tardif. In: Économie antique. Les échanges dans l’Anti-
quité. Le rôle de l’État. Entretiens d’Archéologie et d’Histoire 1 (Balma, Fonsegrives 1994)
175–211 bes. 175 f.
3 Paul Reynolds, Trade in the Western Mediterranean, AD 400–700: The ceramic evidence.
British Archaeological Reports, International Series 604 (Oxford 1995); Jean-Pierre So-
dini, Production et échanges dans le monde protobyzantin (IVe–VIIe s.). Le cas de cérami-
que. In: Klaus Belke u. a. (Hrsg.), Byzanz als Raum. Zu Methoden und Inhalten der His-
torischen Geographie des östlichen Mittelmeerraumes. Österreichische Akademie der
Wissenschaften, phil.-hist. Kl., Denkschriften 283 = Veröffentlichungen der Kommission
für die Tabula Imperii Byzantini 7 (Wien 2000) 181–208; Joseph M. Gurt i Esparraguera
u. a. (Hrsg.), LRCW I. Late Roman coarse wares, cooking wares and amphorae in the Me-
diterranean. Archaeology and Archaeometry. British Archaeological Reports, Internatio-
nal Series 1340 (Oxford 2005).
4 Zusammenfassend: Jean-Pierre Sodini, La contribution de l’archéologie à la connaissance
du monde byzantin (IVe–VIIe siècles). Dumbarton Oaks Papers 47, 1993, 139–184; Ange-
liki E. Laiou (Hrsg.), The economic history of Byzantium. From the seventh to the fif-
teenth century. Dumbarton Oaks Studies 39 (Washington D. C. 2002); Jaques Lefort u. a.
(Hrsg.), Les villages dans l’Empire Byzantin, IVe–XVe siècle. Réalités byzantines 11 (Paris
2005); Ken Dark (Hrsg.), Secular buildings and the archaeology of everyday life in the By-
zantine Empire (Oxford 2004).
Herkunft und Vermittlung „byzantinischer Importe“ 369

Der daraus resultierende Erkenntniszuwachs spiegelt sich merklich in


der zunehmenden Anzahl von in Mittel- und Westeuropa identifizierten
Funden und Objektgruppen, deren Ursprung im Mittelmeerraum bezie-
hungsweise im Byzantinischen Reich gesucht wird und die daher als „by-
zantinisch“ bezeichnet werden. Für das Merowingerreich dienten vor allem
die gewandelten Vorstellungen zur Provenienz der frühmerowingerzeit-
lichen Goldgriffspathen, Gürtelschnallen und -beschläge sowie der Span-
genhelme vom Baldenheimer Typ als neuerlicher Forschungsschub5, nach-
dem bereits bis in die 1970er Jahre hinein eine erste Phase mit zahlreichen
Veröffentlichungen zu diesem Thema zu verzeichnen war6.
Es ist an dieser Stelle nicht das Ziel, den in Westeuropa nachgewiesenen
„byzantinischen“ Funden eine weitere Gattung hinzuzufügen oder die äl-
teren Verbreitungskarten um Neufunde zu ergänzen – wobei auch das in
Einzelfällen geschehen wird. Vielmehr soll der Versuch unternommen wer-
den, eine kritische Zwischenbilanz der mittlerweile enorm angewachsenen
Menge des als „byzantinisch“ bezeichneten Kleinfundmaterials zu ziehen.
In dem hier ausgebreiteten, angesichts der Fülle infrage kommender Ob-
jektgruppen lediglich ausschnitthaften Überblick, der sich auf die archäo-
logischen Hinterlassenschaften des östlichen und nördlichen Merowinger-
reiches mit Ausblicken auf die Britischen Inseln stützt, wird der Fokus

5 Werner, Spangenhelme (Anm. 1); Dieter Quast, Die merowingerzeitlichen Grabfunde aus
Gültlingen (Stadt Wildberg, Kreis Calw). Forschungen und Berichte zur Vor- und Frühge-
schichte in Baden-Württemberg 52 (Stuttgart 1993); Böhme, Goldgriffspathen (Anm. 1).
6 Literatur (in Auswahl): Joachim Werner, Die byzantinische Scheibenfibel von Capua und
ihre germanischen Verwandten. Acta Archaeologica (København) 7, 1936, 57–67; Gyula
László, Die byzantinischen Goldbleche des Fundes von Kunágota. Archaeologiai Értesitő
51, 1938, 55–86; 131–148; Joachim Werner, Italisches und koptisches Bronzegeschirr des
6. und 7. Jahrhunderts nordwärts der Alpen. In: Johann F. Crome u. a. (Hrsg.), Mnemo-
synon Theodor Wiegand (München 1938) 74–86; Hans Zeiß, Die frühbyzantinische Fibel
von Mengen, Ldkr. Freiburg i. Br. Germania 23, 1939, 269–273; Joachim Werner, Hallaz-
gos de origen byzantino en España. Cuadernos de Historia Primitiva 3, 1948, 107–112;
Dezső Csallány, Les monuments de l’industrie byzantine de métaux I. Acta Antiqua Aca-
demiae Scientiarum Hungaricae 2, 1954, 340 ff.; Joachim Werner, Zwei gegossene kopti-
sche Bronzeflaschen aus Salona. Zbornik Radova Posvećenik Michael Abramiću 1. Vjes-
nik za Arheologiju i Historiju Dalmatinsku 56/59, 1954/57, 115–128; ders., Byzantinische
Gürtelschnallen des 6. und 7. Jahrhunderts aus der Sammlung Diergardt. Kölner Jahrbuch
für Vor- und Frühgeschichte 1, 1955, 36–48; Dezső Csallány, Byzantinische Schnallen
und Gürtelbeschläge mit Maskenmuster. Acta Antiqua Academiae Scientiarum Hungari-
cae 10, 1962, 55–77; Syna Uenze, Die Schnallen mit Riemenschlaufe aus dem 6. und
7. Jahrhundert. Bayerische Vorgeschichtsblätter 31, 1966, 142–181; Gerhard Fingerlin,
Eine Schnalle mediterraner Form aus dem Reihengräberfeld Güttingen, Ldkrs. Konstanz.
Badische Fundberichte 23, 1967, 159–184; ders., Imitationsformen byzantinischer Körb-
chen-Ohrringe nördlich der Alpen. Fundberichte aus Baden-Württemberg 1, 1974,
597–627.
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daher auf die Frage gerichtet, welche Formen überhaupt verlässlich aus dem
Mittelmeerraum und – wenn möglich – aus welchen Regionen dort herge-
leitet werden können.
Gleichsam als Vorbemerkung wird diskutiert, ob der Begriff „byzanti-
nisch“ nicht einer stärkeren inhaltlichen Definition bedarf und alternative
Benennungen für eine Reihe der bekannten Materialgattungen nicht sinn-
voller wären. Diese Frage stellt sich zwangsläufig nach einer kritischen Sich-
tung der möglichen Herkunftsregionen. An das Resumé des Formenspek-
trums schließen sich Bemerkungen zu den Wegen und Formen an, die die
Überführung der Objekte nach Nordwesteuropa betreffen. Der häufige Ge-
brauch der Bezeichnungen „Import“ und „Fernhandelsgüter“ in Bezug auf
mediterrane Funde zeigt, dass hauptsächlich handelstechnische Modalitä-
ten für deren Transport in den Westen und Norden verantwortlich gemacht
werden. Dies ist anhand der zur Verfügung stehenden schriftlichen wie ar-
chäologischen Quellen zu überprüfen.
Während der Merowingerzeit sind vielfältige von Byzanz ausgehende
Einflüsse auf verschiedenen Ebenen belegbar, welche den Hintergrund für
jeden nachweisbaren Kontakt liefern. Die Vorbildfunktion des kaiserlichen
Hofes in Konstantinopel und des gesamten staatlichen Hofzeremoniells
für die barbarischen Königreiche steht außer Zweifel. Durch deren Imita-
tion sollte der Herrschaftsanspruch legitimiert werden.7 Dieser ideologisch
motivierte Vorgang lässt sich als imitatio imperii im geistig-ideellen Bereich
bezeichnen.8 Eine imitatio im profaneren Kontext, die auch in der materiel-
len Kultur fassbar ist, hat erst jüngst H. Schach-Dörges im Zusammenhang
mit gedrechselten Liegemöbeln in Gräbern des 6. Jahrhunderts nachweisen
können.9 Auf dieser Ebene bewegt sich auch die von H. Vierck und
M. Schulze-Dörrlamm herausgearbeitete Aneignung mediterran-byzantini-

7 Helmut Buschhausen, Byzantinische Repräsentationskultur. Gold, Silber, Seide, Elfen-


bein. In: Falko Daim (Hrsg.), Hunnen und Awaren. Reitervölker aus dem Osten (Eisen-
stadt 1996) 238–240.
8 Besonders deutlich anlässlich der Ereignisse in Tours im Jahre 508, als Chlodwig die Ver-
leihung der Insignien königlicher Würde durch den Kaiser von Konstantinopel und damit
seine staatsrechtliche Anerkennung feiert und eindeutig an spätantik-frühbyzantinische
Hofzeremonielle anknüpft; Karl Hauck, Von einer spätantiken Randkultur zum karolin-
gischen Europa. Frühmittelalterliche Studien 1, 1967, 3–93, hier 30–37; Michael McCor-
mick, Clovis at Tours, Byzantine public ritual and the origins of medieval ruler symbo-
lism. In: Evangelos K. Chrysos/Andreas Schwarcz (Hrsg.), Das Reich und die Barbaren.
Veröffentlichungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 29 (Wien, Köln
1989) 155–180, hier 163–171.
9 Helga Schach-Dörges, Imitatio imperii im Bestattungsbrauch? Germania 83,1, 2005,
127–150.
Herkunft und Vermittlung „byzantinischer Importe“ 371

scher Vorbilder und Moden.10 Die Übernahme gewisser Modeerscheinun-


gen – man denke beispielsweise an die in der zweiten Hälfte des 6. Jahrhun-
derts aufkommende Mode, den Umhang der Frau mit einer anstatt mit
zwei Fibeln zu verschließen11 – bedingte zwangsläufig die Nachahmung
mittelmeerischer Objekte selbst, wie M. Schulze-Dörrlamm zuletzt an
Knebelverschlüssen und gleicharmigen Bügelfibeln aufgezeigt hat.12
Wertvolle Nachrichten zu den nach Mittel- und Westeuropa vermittel-
ten Waren kann man den schriftlichen Quellen entnehmen, die bereits
mehrfach im Hinblick auf mediterrane Handelsgüter untersucht worden
sind.13 Bis auf wenige Ausnahmen (zum Beispiel Gewürze und Textilien)
überschneiden sich die von Archäologie und historischer Überlieferung
nachgewiesenen mediterranen Produkte nicht. Um das Bild zu vervollstän-
digen, sei außerdem auf indirekt erschließbare Rohstoffe verwiesen, die zur
Produktion bestimmter Waren nördlich der Alpen vorausgesetzt werden
müssen. Dazu zählen unter anderem das zur Feuervergoldung nötige
Quecksilber und das in der Glasherstellung bis in das 8. Jahrhundert hinein
verwendete mineralische Soda.14 Gegenstand dieses Beitrags sind aber die

10 Hayo Vierck, Werke des Eligius. In: Georg Kossack/Günter Ulbert (Hrsg.), Studien zur vor-
und frühgeschichtlichen Archäologie. Festschrift J. Werner. Münchner Beiträge zur Vor- und
Frühgeschichte, Ergänzungsband 1,II (München 1974) 309–380; Mechthild Schulze, Ein-
flüsse byzantinischer Prunkgewänder auf die fränkische Frauentracht. Archäologisches Kor-
respondenzblatt 6, 1976, 149–161; Hayo Vierck, La „Chemise de Sainte Bathilde“ à Chelles
et l’influence byzantine sur l’art de cour Mérovingien au VIIe siècle. In: Centenaire de
l’Abbé Cochet (Rouen 1978) 521–570 bes. 522ff.; ders., Imitatio imperii und interpretatio Ger-
manica vor der Wikingerzeit. In: Rudolf Zeitler (Hrsg.), Les pays du nord et Byzance (Scan-
dinavie et Byzance). Figura N. S. 19 (Uppsala 1981) 64–113 bes. 90ff.
11 Max Martin, Tradition und Wandel der fibelgeschmückten frühmittelalterlichen Frauen-
kleidung. Jahrbuch des Römisch-Germanischen Zentralmuseums Mainz 38, 1991,
629–680 bes. 649.
12 Mechthild Schulze-Dörrlamm, Byzantinische Knebelverschlüsse des frühen Mittelalters.
Germania 80, 2002, 571–594 bes. 585f.; dies., Gleicharmige Bügelfibeln der Zeit um 600 aus
dem byzantinischen Reich. Archäologisches Korrespondenzblatt 33, 2003, 437–444 bes. 440.
13 Adriaan Verhulst, Der Handel im Merowingerreich: Gesamtdarstellung nach schriftlichen
Quellen. Antikvarisk Arkiv 39 = Early Medieval Studies 2, 1970, 2–54, hier 24; Dagmar
Schwärzel, Handel und Verkehr des Merowingerreiches nach den schriftlichen Quellen.
Kleine Schriften aus dem Vorgeschichtlichen Seminar Marburg 14 (Marburg 1983) 2–6;
Dietrich Claude, Der Handel im westlichen Mittelmeer während des Frühmittelalters.
Untersuchungen zu Handel und Verkehr der vor- und frühgeschichtlichen Zeit in Mittel-
und Nordeuropa II. Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften Göttingen, phil.-
hist. Kl., 3. Folge 144 (Göttingen 1985) 83–95.
14 Helmut Roth, Handel und Gewerbe vom 6. bis 8. Jh. östlich des Rheins. Vierteljahrschrift
für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 58, 1971, 323–358, hier 356; Pause, Orient (Anm. 1)
48–49. – Karl Hans Wedepohl, Mittelalterliches Glas in Mitteleuropa. Zusammensetzung,
Herstellung, Rohstoffe. Nachrichten der Akademie der Wissenschaften Göttingen II. Ma-
thematisch-Physikalische Klasse, 1998,1 (Göttingen 1998) 10–13; 34 f.
372 Jörg Drauschke

tatsächlich aus dem Mittelmeerraum beziehungsweise aus dem Byzantini-


schen Reich nach Nordwesteuropa gelangten Objekte. Die Überlieferung
dieser Objekte ist fast ausschließlich an die Beigabenausstattung der Rei-
hengräber gebunden, so dass man sich des ausschnitthaften Charakters des
Materials bewusst sein sollte.

Der „byzantinische“ Charakter der mediterranen Funde

Wie in den folgenden Ausführungen deutlich werden wird, sind vom aus-
gehenden 5. Jahrhundert bis in die Zeit um 700 Beziehungen zwischen
dem byzantinisch beherrschten östlichen Mittelmeerraum und Nordwest-
europa stärker über Objekte fassbar, die man kaum unter dem Begriff
„byzantinisch“ subsumieren kann, weswegen „orientalisch“ als Sammel-
bezeichnung gewählt wurde.15 Außerdem lagen die Produktionsstätten
einiger ganz typischer „byzantinischer“ Artefakte während des hier betrach-
teten Zeitraums mit hoher Wahrscheinlichkeit im westmediterran-itali-
schen Raum oder dem nordwestlichen Balkangebiet. Zu dieser Gruppe
zählen einige frühmerowingerzeitliche Schnallen sowie Spangenhelme, die
meisten Silberlöffel, alle Körbchenohrringe und Stengelgläser, einige
Schnallentypen des 6. und 7. Jahrhunderts sowie diverse Gewichte und eine
Anzahl von byzantinischen Münzen, vielleicht auch einige Prunkspathen.
Bei den Fibeln handelt es sich im Kern höchstwahrscheinlich um ostmedi-
terrane Objekte, die aber erst sekundär als Gewandschließen verwendet
wurden. Daneben lassen sich einige Objektgruppen – zum Beispiel im Be-
reich der Gürtelschnallen – anführen, die häufig als „byzantinisch“ einge-
stuft werden, bei denen es sich jedoch letztendlich um lokale Produkte
handelt, die mediterrane Elemente aufnehmen.
Um den recht unterschiedlichen Bezügen der einzelnen Objektgruppen
gerecht zu werden, ist eine stärkere begriffliche Differenzierung mediterra-
ner Erzeugnisse hilfreich. Allzuoft wird mit dem zentralen Begriff „byzan-
tinisch“ in erster Linie der Kernraum des Reiches im Osten und die Haupt-
stadt Konstantinopel selbst verbunden – eine Herkunftsbezeichnung, die
für viele der hier besprochenen Materialgruppen nicht zutreffend ist und
den Blick auf die wahren Bezugssysteme verstellt, auch wenn damit die sti-
listisch-typologischen Beziehungen der einzelnen Artefakte korrekt ange-
geben sind.

15 Roth, Handel (Anm. 14) 350; Jörg Drauschke, Zwischen Handel und Geschenk. Studien
zur Distribution von Waren im östlichen Merowingerreich des 6. und 7. Jahrhunderts an-
hand orientalischer und lokaler Produkte, phil. Diss. (Freiburg 2005).
Herkunft und Vermittlung „byzantinischer Importe“ 373

Bei der Analyse der tatsächlich aus dem Mittelmeerraum eingeführten


Objekte ist die stilistisch-typologische Klassifizierung von der Lokalisierung
von Produktionsstätten der jeweiligen Objekte zu unterscheiden – wobei die
inhaltliche Definition von „byzantinisch“ als typologischem Werkzeug je
nach Materialgattung sehr unterschiedlich ausfallen kann. Grundlagen dafür
legte u.a. um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert A. Riegl, der in der
spätrömischen Kunst ein „fernsichtig-koloristisches Kunstwollen“ identifi-
zierte, dessen „reifste Ausdrucksform“ die Granateinlage sei, welche sich an
den spätvölkerwanderungs- und frühmerowingerzeitlichen Schnallen mit
cloisonnierten Beschlägen – als Vorlage diente ihm eine Schnalle aus Apa-
hida – wiederfinden ließ.16 Als weitere typische Merkmale galten ihm die
Durchbruchsornamentik, die das Aussehen der späteren Schnallen – Typ
Balgota beziehungsweise D 9 – und der Körbchenohrringe bestimmte, und
stilistische Details wie die Pflanzenornamentik, die in anderen, eindeutig
zeitgleichen Zusammenhängen wie der Architektur bekannt waren.17 Seines
Erachtens war die Kleinkunst im „östlichen Binnenlande“ von einem ge-
meinsamen Grundcharakter geprägt und eine „in den Hauptzügen uniforme
und normative Kunst“.18 Bereits kurze Zeit später erschienen bei N. Åberg
einige der von A. Riegl behandelten Schnallen unter den Funden „byzanti-
nischen Charakters“, wobei er darunter den materiellen Teil der nicht-germa-
nischen Kultur verstand, auf die die Ostgoten und Langobarden in Italien
stießen.19 Damit war für die frühgeschichtliche Archäologie der Begriff von
„byzantinischen“ Kleinaltertümern definiert, typologisch-stilistische Merk-
male wurden im Anschluss für die einzelnen Objektgruppen weiter entwi-
ckelt und verfeinert. Diese Entwicklung verlief nahezu ohne Verbindung zur
Diskussion um den „byzantinischen“ Kunstbegriff in der Christlichen Ar-
chäologie und Byzantinischen Kunstgeschichte, die sich wiederum kaum auf
archäologische Kleinfunde bezieht.20

16 Alois Riegl, Spätrömische Kunstindustrie (Wien 1901 [unveränderter Nachdruck 1927])


339 f.
17 Riegl, Kunstindustrie (Anm. 16) 289–291; ders., Oströmische Beiträge. In: ders. (Hrsg.),
Beiträge zur Kunstgeschichte. Festschrift F. Wickhoff (Wien 1903) 1–11, hier 3.
18 Riegl, Beiträge (Anm. 17) 11. – Im Gegensatz dazu steht die Kunstauffassung E. Kitzingers,
der die frühbyzantinische Kunst keinesfalls als einheitlich ansieht, sondern als bisweilen
zusammenhanglose Abfolge und gegebenenfalls Gleichzeitigkeit gewisser „Strömungen“
in den verschiedenen Bereichen des Mittelmeeres; Ernst Kitzinger, Byzantinische Kunst
im Werden. Stilentwicklungen in der Mittelmeerkunst vom 3. bis 7. Jahrhundert (Köln
1984) 11 ff.
19 Nils Åberg, Die Goten und Langobarden in Italien. Arbeiten utgifna med understöd af
Vilhelm Ekmans Universitetsfond 29 (Uppsala u. a. 1923) VI; 12 f.; 122 ff.
20 Vgl. hierzu Kitzinger, Kunst (Anm. 18); Rainer Warland, s. v. Byzantinische Kunst. In: Le-
xikon für Theologie und Kirche 2 (Freiburg 1994) 863–867; Cyril Mango, Introduction.
374 Jörg Drauschke

Zur Lokalisierung von Produktionsstätten kommt der Verbreitung der


Funde weiterhin eine große Bedeutung zu, zumal der Forschungsstand er-
hebliche Fortschritte gemacht hat und nun auf einer je nach Objektgattung
mehr oder weniger repräsentativen Materialbasis verlässliche Aussagen zur
Verteilung auch im Bereich des Mittelmeeres gemacht werden können.21
Dagegen führt eine alleinige Fixierung auf vermeintlich typisch byzantini-
sche Charakteristika unter Umständen dazu, Fundgruppen ohne derartige
spezifische Merkmale, aber tatsächlich östlicher Provenienz nicht wahrzu-
nehmen. Nur über eine Kombination von Merkmalen und Fundverteilun-
gen gelangt man zu exakteren und abgesicherteren Aussagen bezüglich der
vermeintlichen Herkunft der jeweiligen Objekte.
Allerdings sind die stilistische Ausprägung eines Typs, die immer auch
ein Spiegel der Vorstellungen einer Gesellschaft vom „richtigen“ Aussehen
des betreffenden Gegenstandes ist und daher Aussagen über dahinter ste-
hende kulturelle Traditionen zulässt, und die Verbreitung des Typs sich er-
gänzende, aber nicht immer kongruente Größen. Vielfach sind typologisch
eindeutig „byzantinische“ Funde außerhalb der Reichsgrenzen wesentlich
häufiger aufgefunden worden, was in den unterschiedlichen Überliefe-
rungsbedingungen, vor allem in der bei den Barbaren extensiv ausgeübten
Beigabensitte begründet liegt. Allerdings ist damit zu rechnen, dass typisch
„byzantinische“ Objekte auch jenseits der Grenzen produziert worden sind.
Wie F. Daim betont hat, kann mit einer byzantinischen Gussform auch tief
im Barbaricum nur ein byzantinisches Produkt hergestellt worden sein.
Die Frage der Produktionsorte ist daher mit einer stilistisch-typolo-
gischen Methodik allein nicht zu beantworten, denn es stellt sich die Frage,
was noch als „byzantinisch“ und was schon als „barbarische, lokale Nach-
schöpfung“ zu gelten hat.22 Dieses Problem ist in den direkten Kontakt-
zonen zwischen Barbaren und Römern/Byzantinern, zum Beispiel im lan-

In: ders. (Hrsg.), The Oxford history of Byzantium (Oxford 2002) 3f. (am Beispiel des Jus-
tiniansmosaiks von San Vitale, Ravenna); 13 ff. (zum Wesen der byzantinischen Kultur). –
Teilweise wird der Begriff „byzantinisch“ auch nur auf das Kunstschaffen des östlichen
Mittelmeerraumes bezogen.
21 Zum Beispiel in Bezug auf die Gürtelschnallen; vgl. den Katalog von Mechthild Schulze-
Dörrlamm, Byzantinische Gürtelschnallen und Gürtelbeschläge im Römisch-Germani-
schen Zentralmuseum I. Kataloge vor- und frühgeschichtlicher Altertümer 30,I (Mainz
2002). – Die Verbreitung als Kriterium betonen auch Michel Kazanski u.a., Byzance et les
royaumes barbares d’Occident au début de l’époque mérovingienne. In: Jaroslav Tejral
(Hrsg.), Probleme der frühen Merowingerzeit im Mitteldonauraum. Spisy Archeologického
Ústavu AV CR Brno 19 (Brno 2002) 159–193, hier 159, die den Begriff „byzantinisch“ nur
für Objekte gelten lassen, die über Parallelfunde im Mittelmeerraum nachgewiesen sind.
22 Falko Daim, „Byzantinische“ Gürtelgarnituren des 8. Jahrhunderts. In: ders., Awaren
(Anm. 1) 77–204, hier 81.
Herkunft und Vermittlung „byzantinischer Importe“ 375

gobardenzeitlichen Italien, noch schwerwiegender. Gerade im weiterhin


zum Byzantinischen Reich gehörenden Rom hat sich durch die Funde aus
der Crypta Balbi gezeigt, dass bislang als „byzantinisch“ und als „germa-
nisch“ klassifizierte Funde durchaus in derselben Werkstatt gefertigt wor-
den sind.23
Ergänzt werden sollte der Kriterienkanon daher durch technisch-
naturwissenschaftliche Untersuchungen, die einerseits Auskunft über die
verwendeten Rohstoffe und deren Provenienz geben und andererseits
handwerkliche Verfahrensweisen offen legen können, deren Traditionen
wiederum auf das Entstehungsmilieu rückschließen lassen. So hat zum Bei-
spiel hat F. Daim anhand eines scharf definierten Kriterienkatalogs, in dem
die technischen Analysen einen zentralen Platz einnehmen, einige Gürtel-
typen byzantinischer Produktion unter den vielteiligen Gürteln des 8. Jahr-
hunderts im Awarenreich identifizieren können.24
Angesichts der möglichen Unschärfen bei der Lokalisierung von Produk-
tionsorten im Mittelmeerraum scheint es angebracht, dem Beispiel einiger
Studien zu folgen25 und die infrage kommenden Fundtypen zunächst als
„mediterran“ zu bezeichnen, was gegebenenfalls noch um „ost-“ oder
„west-“ zu ergänzen ist. Lassen sich darüber hinaus noch engere Bezüge zu
bestimmten Regionen oder Provinzen herstellen, könnte eine weitere Unter-
teilung in italisch-byzantinisch und afrikanisch-byzantinisch oder balka-
nisch-byzantinisch erfolgen.26 Im Osten des Mittelmeeres ist der Kern des
Byzantinischen Reiches um Konstantinopel herum zu unterschieden vom
nördlichen Schwarzmeergebiet und von den Provinzen im Nahen Osten
und in Ägypten. Die Erforschung der materiellen Kultur im Mittelmeerraum
des 5. bis 7. Jahrhunderts ist soweit fortgeschritten, dass derartige Zuweisun-
gen für einige Objektgruppen bereits möglich sind. Es ist gleichzeitig eine
Voraussetzung dafür, die unterschiedliche Provenienz der mediterranen und

23 Marco Ricci, Relazioni culturali e scambi commerciali nell’Italia centrale romano-longo-


barda alla luce della Crypta Balbi in Roma. In: Lidia Paroli (Hrsg.), L’Italia centro-setten-
trionale in età longobarda (Firenze 1997) 239–273; Maria S. Arena u. a. (Hrsg.), Roma
dall’Antichità al Medioevo. Archeologia e Storia. Nel Museo Nazionale Romano Crypta
Balbi (Roma, Milano 2001) 266 ff.
24 Daim, Gürtelgarnituren (Anm. 22) 86ff., zum „Dreisäulenmodell der Archäologie“, das es
ermöglichen soll, Fundobjekte scharf zu definieren, mögliche Imitate auszuschließen und
in einer erweiterten Form auch die Geschwindigkeit der Vermittlung beziehungsweise Re-
zeption einzubeziehen.
25 Fingerlin, Schnalle (Anm. 6); Michel Kazanski, Les plaques-boucles méditerranéennes des
Ve–VIe siècles. Archéologie Médiévale (Paris) 24, 1994, 137–198; Dieter Quast, Garnitures
des ceintures méditerranéennes à plaques cloisonnées des Ve et début VIe siècles. Antiqui-
tés Nationales 31, 1999, 233–250.
26 Zur Möglichkeit einer derartigen Differenzierung siehe auch Garam, Funde (Anm. 1) 12 f.
376 Jörg Drauschke

orientalischen Funde im nordwestlichen Europa zu bestimmen und darüber


Bezüge zu den verschiedenen Regionen des Mittelmeeres herzustellen.

Die mediterranen Funde der frühesten Merowingerzeit

Schon mit dem Beginn des eigentlichen „Reihengräberhorizontes“ in der


zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts fassen wir im Fundstoff Mittel- und
Westeuropas verstärkt Objekte, die mit großer Wahrscheinlichkeit einen
mediterranen Ursprung besitzen. Einen Schwerpunkt bilden hierbei die
Goldgriff- und andere Prunkspathen (Abb. 1). Ausgehend von den Schwer-
tern des Childerichgrabes – zu dem einige sicher spätrömisch/frühbyzanti-
nische Objekte zählen, wie die Zwiebelknopffibel der Form Keller 627 – und
ihrer cloisonnierten Bestandteile waren die möglichen Herstellungsorte
schon im 19. Jahrhundert Anlass zu kontroversen Diskussionen. So wurde
ihr Ursprung bei byzantinischen Handwerkern und deren „fränkischen“
Schülern, die die Stücke an einem fränkischen Königshof produziert haben
sollen, aber auch bei Ostgoten und Hunnen in Südrussland beziehungs-
weise Ungarn gesucht.28 Die stilistischen Verbindungen dorthin wurden
auch in der Folgezeit betont, eine Fertigung aber vornehmlich in Mitteleu-
ropa angenommen29, was gerade die Gliederung der Goldgriffspathen in
fränkische und alamannische Typen deutlich macht30.

27 Patrick Périn/Michel Kazanski, Das Grab Childerichs I. In: Alfried Wieczorek u. a.


(Hrsg.), Die Franken. Wegbereiter Europas (Mainz 1996) 173–182.
28 Holger Arbmann, Les épées du tombeau de Childéric. Årsberättelse (Lund) 1947/48,
97–137, hier 124 ff., mit älterer Literatur.
29 Kurt Böhner, s. v. Childerich von Tournai III. Archäologisches. In: Reallexikon der Germani-
schen Altertumskunde 4 (Berlin, New York 1981) 441–460 bes. 442ff.; 455ff.; Irina P. Zaseck-
aja, Klassifikacija polichrommnych izdelij gunnskoj epochi po stilističeskim dannym. In:
Drevnosti epochi velikogo pereselenija narodov V–VIII vekov (Moskva 1982) 14–30; 246–248.
30 Hermann Ament, Fränkische Adelsgräber von Flonheim in Rheinhessen. Germanische
Denkmäler der Völkerwanderungszeit B 5 (Berlin 1970) 51ff. Abb. 4f.; Wilfried Menghin,
Das Schwert im frühen Mittelalter. Wissenschaftliche Beibände zum Anzeiger des Germani-
schen Nationalmuseums 1 (Stuttgart 1983) 155ff.; 162 (Typen IIIa und b sowie IVa, b und c);
Kurt Böhner, Germanische Schwerter des 5./6. Jahrhunderts. Jahrbuch des Römisch-Germa-
nischen Zentralmuseums Mainz 34, 1987, 411–490, hier 421ff. (Typen B sowie C2–6); Max
Martin, Bemerkungen zur chronologischen Gliederung der frühen Merowingerzeit. Germa-
nia 67, 1989, 121–141 bes. 125ff. (Typen B1–3). – Die hauptsächlich auf dem Cloisonné-Be-
satz basierende ethnische Ansprache der Spathen wurde nicht zuletzt durch die Neufunde
aus Villingendorf, Kr. Rottweil (C. Sebastian Sommer, Ein neues alamannisches Gräberfeld
in Villingendorf, Kreis Rottweil. Archäologische Ausgrabungen in Baden-Württemberg 1996,
221–223) und Bräunlingen, Schwarzwald-Baar-Kreis (Gerhard Fingerlin, Bräunlingen. Ein
frühmerowingerzeitlicher Adelssitz an der Römerstraße durch den südlichen Schwarzwald.
Archäologische Ausgrabungen in Baden-Württemberg 1997, 146–148) infrage gestellt.
Herkunft und Vermittlung „byzantinischer Importe“ 377

Abb. 1. Verbreitung der Goldgriffspathen und anderer Prunkschwerter


(nach Böhme, Goldgriffspathen [Anm. 1] 81, Abb. 7 mit Ergänzungen)

Erst B. Arrhenius hielt in ihrer Studie zum merowingerzeitlichen Granat-


schmuck eine Herstellung der Schwerter des Childerichgrabes in Konstanti-
nopel selbst für möglich. Ihre Beurteilung fußte auf der Identifizierung von
gipshaltigem Zement als Klebstoff der Cloisonné-Verzierungen, der ihrer
Meinung nach nur in einem zentralen Atelier in Konstantinopel verwendet
worden sein konnte.31 H. W. Böhme erweiterte diesen Ansatz und postulierte
schließlich eine mediterrane Herkunft für die meisten Schwerter dieses Typs.
Aufgrund des Inventars aus dem Childerichgrab vermutete er eine häufige
Vergabe von Amtsfibeln, Prunkgewändern, Subsidienzahlungen und Waf-
fenausrüstungen vom oströmischen Kaiser an gepidische und germanische

31 Birgit Arrhenius, Merovingian Garnet Jewellery. Emergence and social implications


(Stockholm 1985) bes. 98 ff.
378 Jörg Drauschke

Anführer. Dies soll ein 476/477 durch die Vermittlung von Odoaker zwi-
schen Childerich und dem byzantinischen Kaiser geschlossener Vertrag er-
möglicht haben. Er leitete gleichzeitig einen Zustrom mediterraner Güter
nach Mitteleuropa ein, den es vorher nicht gegeben hatte, da bislang nur Ver-
träge mit Machthabern in Gallien geschlossen worden waren.32
Ein wichtiger Aspekt hinsichtlich der Herkunft der Prunkspathen war ihre
Vergesellschaftung mit mediterranen Schnallen. Die Literatur gerade zur Mate-
rialgattung der frühmerowingerzeitlichen Gürtelschnallen und -beschläge
mediterraner Herkunft ist in den letzten Jahren enorm angewachsen.33
Durch die Vorlage der Sammlung des Römisch-Germanischen Zentralmuseums
in Mainz durch M. Schulze-Dörrlamm erfuhren sie darüber hinaus eine neue
typologische Klassifikation.34 Somit sind wir über das Spektrum mediterra-
ner Schnallen von der zweiten Hälfte des 5. bis zur ersten Hälfte des 6. Jahr-
hunderts mittlerweile sehr gut unterrrichtet; Vergleich und Einordnung der
nördlich der Alpen gefundenen Exemplare ist weitestgehend möglich. Es
handelt sich in erster Linie um Schnallen aus Gold oder vergoldeter Bronze
mit cloisonnierten, rechteckigen, D- oder nierenförmigen Beschlägen,
Schnallen aus Meerschaum bzw. Magnesit, Kristallschnallen (Abb. 2) und
herzförmige Schnallen sowie wenige andere Sonderformen.35

32 Böhme, Goldgriffspathen (Anm. 1) bes. 100 f.


33 Eine mediterrane Herkunft der Goldschnalle mit nierenförmigem, cloisonniertem Be-
schlag aus Apahida vermutete bereits Riegl, Kunstindustrie (Anm. 16) 339f. – Weitere Li-
teratur zu den frühmerowingerzeitlichen, mediterranen Schnallen (in Auswahl): Joachim
Werner, Zu den donauländischen Beziehungen des alamannischen Gräberfeldes am alten
Gotterbarmweg in Basel. In: Rudolf Degen u. a. (Hrsg.), Helvetia Antiqua. Festschrift E.
Vogt (Zürich 1966) 283–292; Ament, Flonheim (Anm. 30) 30f.; Joachim Werner, Archäo-
logische Bemerkungen zu den dendrochronologischen Befunden von Oberflacht. Fund-
berichte aus Baden-Württemberg 1, 1974, 650–657, hier 654; Volker Bierbrauer, Die ostgo-
tischen Grab- und Schatzfunde in Italien. Biblioteca degli Studi Medievali 7 (Spoleto
1975) 160; Quast, Gültlingen (Anm. 5) 54; 133 Liste 3; Böhme, Goldgriffspathen (Anm. 1)
bes. 82; 98ff. u. Fundliste 1; Kazanski, Plaques-boucles (Anm. 25); Dieter Quast,
Schmuckstein- und Glasschnallen des 5. und frühen 6. Jahrhunderts aus dem östlichen
Mittelmeergebiet und dem Sasanidenreich. Archäologisches Korrespondenzblatt 26,
1996, 333–345; Karl von der Lohe, Die Gürtelgarnitur aus Grab SN–19b von Bremen-
Mahndorf. Byzantinische Mode an der Weser. In: Über allen Fronten. Nordwestdeutsch-
land zwischen Augustus und Karl dem Großen. Archäologische Mitteilungen aus Nord-
westdeutschland, Beiheft 26 (Oldenburg 1999) 135–140; Quast, Garnitures (Anm. 25);
Michael Herdick, Vom Mineral zum Prestigeobjekt. Überlegungen zur Fertigung und kul-
turhistorischen Bedeutung der Meerschaum- und Magnesitschnallen. Concilium medii
aevi 3, 2000, 327–347; Quast, Kontakte (Anm. 1) 444–446 Listen 1–3, Abb. 3–6.
34 Schulze-Dörrlamm, Gürtelschnallen (Anm. 21).
35 Vgl. Anm. 33–34; Werner, Bemerkungen (Anm. 33) 650–657. – D. Quast wies auf eine
Gruppe von runden, cloisonnierten Gürtelbeschlägen ostmediterraner Provenienz hin,
die nördlich der Alpen in sekundärer Verwendung als Fibeln getragen wurden (Schwen-
ningen Grab 4/1938; Weingarten Grab 189); Quast, Gürtelbeschlag (Anm. 1).
Herkunft und Vermittlung „byzantinischer Importe“ 379

Abb. 2. Verbreitung der Kristallschnallen (nach Quast, Kontakte [Anm. 1] 436 Abb. 4)

Um den Bereich der Waffen und Waffengürtel abzuschließen, muss au-


ßerdem auf die schmalen Langsaxe verwiesen werden, die in der zweiten
Hälfte des 5. Jahrhunderts dicht von der unteren Donau bis nach Ostfrank-
reich verbreitet sind (Abb. 3). Ihre Entwicklung im reiternomadischen
Milieu steht wohl außer Frage, und ein Teil der heute bekannten Schwerter
wird über die Hunnen in diesen Raum vermittelt worden sein.36 Ein Paral-
lelfund aus Sardis in Kleinasien, also dem byzantinischen Kerngebiet, und
die Vermutung einer Fertigung der Waffen des Childerich in Konstantino-
pel lassen die Herkunft auch der Exemplare jenseits der Reichsgrenzen aus
dem Oströmischen Reich durchaus möglich erscheinen. Eine Vorausset-

36 Helga Schach-Dörges, Das frühmittelalterliche Gräberfeld bei Aldingen am mittleren Ne-


ckar. Materialhefte zur Archäologie in Baden-Württemberg 74 (Stuttgart 2004) 68.
380 Jörg Drauschke

Abb. 3. Grab 7 von Aldingen mit schmalem Langsax (nach Schach-Dörges, Aldingen
[Anm. 36] 96f. Abb. 35 f.). – M 1:3, außer * M. 1:1 bzw. 1:4
Herkunft und Vermittlung „byzantinischer Importe“ 381

zung wäre, dass der schmale Langsax Eingang in die Bewaffnung des byzan-
tinischen Heeres gefunden hat.37
Stammen die bislang besprochenen Funde fast ausschließlich aus reich
ausgestatteten Männergräbern, so sind byzantinische Silberlöffel (cochlearia)
auch in Frauengräbern zu finden. Ihre Erforschung wurde fast vollständig
von der Frage bestimmt, ob sie eine Funktion innerhalb des christlichen
Kultes erfüllten und somit über das Glaubensbekenntnis der Toten, zu
deren Ausstattung ein solcher Löffel gehörte, Aussagen treffen können.
Während in der älteren Forschung eine christliche und/oder liturgische
Interpretation der Löffel dominierte38, wird in den jüngeren Studien für die
nördlich der Alpen gefundenen Exemplare eine profane Deutung favori-
siert39. Die Silberlöffel der nördlich und westlich der Alpen gefundenen
Typen – es handelt sich bei den Exemplaren im Westen hauptsächlich um
die Formgruppen Isola Rizza, Desana, Barbing-Irlmauth und Lampsakos C
(Abb. 4) nach S. Hauser40 – stammen, soweit ein Fundkontext überliefert

37 Dieter Quast, Auf der Suche nach fremden Männern. Die Herleitung schmaler Langsaxe
vor dem Hintergrund der alamannisch-donauländischen Kontakte der zweiten Hälfte des
5. Jahrhunderts. In: Thomas Fischer u. a. (Hrsg.), Germanen beiderseits des spätantiken
Limes. Spisy Archeologického Ústavu AV CR Brno 14 (Köln 1999) 115–128. – Zur Verbrei-
tung siehe auch: Ursula Koch, Das alamannisch-fränkische Gräberfeld bei Pleidelsheim.
Forschungen und Berichte zur Vor- und Frühgeschichte in Baden-Württemberg 60 (Stutt-
gart 2001) 279; Abb. 113 mit Liste 31.
38 Ernst Kitzinger, The Sutton Hoo ship-burial. The silver. Antiquity 14, 53, 1940, 40–63,
hier 59ff.; Hermann Dannheimer, Silberlöffel aus Reihengräbern. Bayerische Vorge-
schichtsblätter 30, 1965, 278; Harald v. Petrikovits, Frühchristliche Silberlöffel. In: Co-
rolla memoriae Erich Swoboda dedicata. Römische Forschungen in Niederösterreich 5
(Graz, Köln 1966) 173–182; Vladimir Milojčić, Zu den spätkaiserzeitlichen und merowin-
gischen Silberlöffeln. Mit einem Beitrag von Hermann Vetters. Bericht der Römisch-Ger-
manischen Kommission 49, 1968, 111–152 bes. 122 f.
39 Horst Wolfgang Böhme, Löffelbeigabe in spätrömischen Gräbern nördlich der Alpen. Jahr-
buch des Römisch-Germanischen Zentralmuseums Mainz 17, 1970, 172–200 bes. 189f.;
Bierbrauer, Grab- und Schatzfunde (Anm. 33) 184ff.; Max Martin, Esslöffel/Weinsiebchen
und Toilettgerät. In: Herbert A. Cahn/Annemarie Kaufmann-Heinimann (Hrsg.), Der spät-
römische Silberschatz von Kaiseraugst. Basler Beiträge zur Ur- und Frühgeschichte 9
(Derendingen 1984) 55–132 bes. 92; Stefan R. Hauser, Spätantike und frühbyzantinische Sil-
berlöffel. Jahrbuch für Antike und Christentum, Ergänzungsband 19 (Münster 1992) 82ff.
40 Hauser, Silberlöffel (Anm. 39). Der Fundliste sind mittlerweile hinzuzufügen: Grab 268
aus Eltville a. Rhein, Erbacher Straße, Rheingau-Taunus-Kreis, Gruppe „Desana“ 2.1 (ca.
470/480–510/520); Markus C. Blaich, Das frühmittelalterliche Gräberfeld von Eltville,
Rheingau-Taunus-Kreis. Fundberichte aus Hessen, Beiheft 2 = Hessische Forschungen zur
geschichtlichen Landes- und Volkskunde 44 (Kassel, Wiesbaden 2006) 452 Taf. 117,1.
– Frauengrab 180 aus Hechtsheim, Stadt Mainz, Gruppe „Lampsakos C“ mit Mono-
gramm IOHANNIS (erstes Drittel des 6. Jahrhunderts); Wieczorek, Franken (Anm. 27)
1025 Abb. – Grab 33 aus Niedernai „Kirchbuehl“, Dép. Bas-Rhin, Vorform Gruppe „De-
sana“ aus dem 4. bis frühen 5. Jahrhundert (Grablege um 500); Marianne Zehnacker, Nie-
dernai. Une necropole du Ve et VIe siècle après J. C. Fouilles recentes 4. In: Bernadette
382 Jörg Drauschke

Abb. 4. Frühbyzantinische Silberlöffel. 1 Krefeld-Gellep Grab 1782 (Typ Isola Rizza); 2 Lau-
sanne, Bois de Vaux Frauengrab (Typ Desana); 3 Barbing-Irlmauth Grab 19 (Typ Barbing-Irl-
mauth); 4 Sutton Hoo, Schiffsgrab (Typ Lampsakos C Var. 1); 5 Erfurt-Gispersleben, Frauen-
grab (Typ Lampsakos C Var. 2). (1–3.5 nach Hauser, Silberlöffel [Anm. 39], Taf. 4a; 8a; 14a;
22c; 4 nach Kitzinger, Silver [Anm. 38] 55 Fig. 5)

ist, aus durchweg sehr reich ausgestatten Gräbern von Männern und
Frauen, die bis auf wenige Ausnahmen der Stufe AM I nach H. Ament an-
gehören.41 Aus dem Mittelmeerraum sind vor allem als Bestandteile von
Schatzfunden bzw. Kirchenschätzen bekannt.

Schnitzler (Hrsg.), À l’aube du Moyen Age. L’Alsace mérovingienne. Les collections du


Musée Archéologique 5 (Strasbourg 1997) 89–137, hier 114–118 Abb. 9 f. – Prunkgrab von
Prittlewell, Essex (Grablege erste Hälfte des 7. Jahrhunderts). The Prittlewell Prince. The
discovery of a rich Anglo-Saxon burial in Essex (London 2004) 28f. Abb. S. 29, 40; vgl. au-
ßerdem den Beitrag von Lyn Blackmore in diesem Band.
41 Der Löffel aus Grab 1/1958 von Speyer-Germansberg gelangte dem Befund entsprechend
erst im zweiten Drittel des 6. Jahrhunderts in den Boden. In die erste Hälfte des 7. Jahr-
hunderts gehören die Löffel aus Sutton Hoo und Prittlewell.
Herkunft und Vermittlung „byzantinischer Importe“ 383

Mit den folgenden Objektgruppen verlassen wir nun den engeren Rah-
men der frühesten Merowingerzeit, da sie – besonders auch außerhalb des
Reihengräberkreises – durchaus in jüngeren Fundkontexten zutage kamen.
Dabei handelt es sich zum Beispiel um die Spangenhelme vom Typ Balden-
heim, die gelegentlich mit den bereits vorgestellten Prunkschwertern und
Gürtelschnallen sowie anderen mediterranen Gegenständen in denselben
Gräbern vergesellschaftet sind.42 Die Forschungsgeschichte dieser Helme
ist – ähnlich wie die der Childerichwaffen – durch unterschiedlichste
Herkunftszuweisungen gekennzeichnet: vorderasiatische, „koptische“, ita-
lisch-ostgotische und rein fränkische Zuweisungen dominierten die Dis-
kussion43, bis J. Werner die bekannten Exemplare angesichts von Neufun-
den aus den Zerstörungsschichten frühbyzantinischer Städte auf dem
Balkan als byzantinische Offiziershelme ansprach und für die Mehrzahl
eine Herstellung im östlichen Byzantinischen Reich, vielleicht sogar in
zentralen fabricae der Hauptstadt, favorisierte44. D. Quast bestätigte wenig
später diesen Ansatz und kam aufgrund verschiedener Indizien zu dem
Schluss, dass alle Helme vom Typ Baldenheim aus oströmischen Werkstät-
ten stammen würden.45
Im archäologischen Befund aus naheliegenden Gründen sehr selten
sind Nachweise von exotischen Textilien. Für eine „byzantinische“ Herkunft
kommen insbesondere Seidenstoffe infrage. Da sich die Manufakturen im
Byzantinischen Reich jedoch hinsichtlich der Muster und Farben an sasa-
nidischen Webereien orientierten, ist es heute nur schwer möglich, die frü-
hen Produkte der beiden Reiche zu unterscheiden.46 Dabei ist anhand ver-

42 Helmgrab von Gültlingen (Schnalle, Spatha); Helmgrab von Entringen (Spatha); Helm-
grab von Planig (Spatha, Schwertanhänger aus Meerschaum, Seidentextilien [?], Solidus
Leon I. [Con.?]); Prunkgrab von Morken (Schwertanhänger aus Meerschaum, Seidentex-
tilien, Solidus Tiberios I. [Con.]); Krefeld-Gellep Grab 1782 (Silberlöffel). Weiterführende
Literatur bei: Quast, Gültlingen (Anm. 5) 131 f. Liste 2; Kurt Böhner, Die frühmittelalter-
lichen Spangenhelme und die nordischen Helme der Vendelzeit. Jahrbuch des Römisch-
Germanischen Zentralmuseums Mainz 41, 1994, 471–549. In Rechnung zu stellen ist die
geringe Zahl von Helmen, die aus geschlossenen Grabkontexten stammen.
43 Zur frühen Forschungsgeschichte siehe Quast, Gültlingen (Anm. 5) 30.
44 Werner, Spangenhelme (Anm. 1) 523 ff.
45 Quast, Gültlingen (Anm. 5) 36ff. So fanden sich die besten ornamentalen Entsprechun-
gen für die Verzierungen der Stirnbänder im östlichen Mittelmeerraum, und eine Analyse
der Merkmalskombinationen ließ keine weiteren Rückschlüsse auf geografisch abgrenz-
bare Gruppen zu.
46 Helmut Roth, Seidenstoffe des 4. bis 9. Jh. in Westeuropa. In: Geld aus China. Kunst
und Altertum am Rhein 108 (Köln, Bonn 1982) 110–115; Xinru Liu, Silk and religion.
An exploration of material life and the thought of people, AD 600–1200 (Delhi et al. 1996)
21.
384 Jörg Drauschke

schiedener Gründe die Aufnahme der Seidenweberei im Byzantinischen


Reich bereits vor dem legendären Datum von 552 anzunehmen.47 Bislang
liegen in Mitteleuropa als sicherer Nachweis der frühen Merowingerzeit
Reste eines blauen Seidenkleids aus Grab 974 von Lauchheim „Wasserfur-
che“ vor, außerdem konnte im Grab ein Baumwollfaden nachgewiesen wer-
den.48 Botanische Reste exotischer Pflanzen sind bereits aus der Zeit um 500
in Schleitheim in Form von Weihrauchspuren nachgewiesen.49
Byzantinische Glasgefäße bleiben in der frühen Merowingerzeit äußerst
selten. Ein herausragendes Einzelstück ist die Glasflasche aus Grab 51 von
Bräunlingen, Schwarzwald-Baar-Kreis, das in das dritte Viertel des 5. Jahr-
hunderts datiert werden kann.50 Die knapp 40 cm hohe, schmale Glasfla-
sche mit geriefelter Oberfläche lässt sich recht überzeugend mit syrischen
Glasgefäßen parallelisieren, zum Beispiel einer Flasche aus Palmyra.51 Ver-

47 Die Legende, nach der zwei Mönche die Seidenverarbeitung in China ergründeten und
Raupeneier des Maulbeerseidenspinners (bombyx mori) in den Westen schmuggelten,
ist anzuzweifeln, da die Seidentechnologie gemäß chinesischer Quellen gar kein Ge-
heimnis war; Liu, Silk (Anm. 46) 74 Anm. 1. Aufgrund der hohen Komplexität der Sei-
denproduktion ist ihre Anwendung quasi „über Nacht“ außerdem nahezu ausgeschlos-
sen. Schließlich liegen mittlerweile aus Syrien Nachweise von Seidenraupen vor, die
bereits in das 5. Jahrhundert gehören; Anna Muthesius, Essential processes, looms, and
technical aspects of the production of silk textiles. In: Laiou, History (Anm. 4) 147–168,
hier 150.
48 Ingo Stork, Lauchheim, Ostalbkreis 1994 – frühe Phasen des großen Gräberfelds der Me-
rowingerzeit. Archäologische Ausgrabungen in Baden-Württemberg 1994, 212–216, hier
216; Johanna Banck-Burgess, An Webstuhl und Webrahmen. Alamannisches Textilhand-
werk. In: Die Alamannen (Stuttgart 1997) 371–378 bes. 375; 377; dies., Ein merowinger-
zeitlicher Baumsarg aus Lauchheim/Ostalbkreis – Zur Bergung und Dokumentation der
Textilfunde. In: Lise Bender Jørgensen (Hrsg.), Textiles in Europaean archaeology. 6th NE-
SAT Symposium Borås 1996. GOTARC Ser. A 1 (Göteborg 1998) 115–124; Ingo Stork,
Fürst und Bauer, Heide und Christ. 10 Jahre archäologische Forschungen in Lauchheim/
Ostalbkreis. Archäologische Informationen aus Baden-Württemberg 292 = Schriften des
Alamannenmuseums Ellwangen 1 (Ellwangen 2001) II. – Die Identifizierung von Seide im
Helmgrab von Planig (Gudula Zeller, Die fränkischen Altertümer des nördlichen Rhein-
hessen. Germanische Denkmäler der Völkerwanderungszeit B 15 [Stuttgart 1992] 181 ff.)
bedarf einer Überprüfung mittels moderner Methoden.
49 Gräber 626, 752 und 789. Anke Burzler u. a., Das frühmittelalterliche Schleitheim. Sied-
lung, Gräberfeld und Kirche. Schaffhauser Archäologie 5 (Schaffhausen 2002) 175–176;
197; 205 Taf. 76; 93; 100. Zur Herkunft siehe Anm. 151.
50 Gerhard Fingerlin, Ein alamannischer Adelshof im Tal der Breg. Schriften des Vereins für
Geschichte und Naturgeschichte der Baar 44, 2001, 19–29, hier 26 Abb. 13; Alfried Wie-
czorek/Patrick Périn (Hrsg.), Das Gold der Barbarenfürsten. Publikationen des Reiss-Mu-
seums 3 (Stuttgart 2001) 170 Nr. 4.15 m. Abb.
51 Erwin M Ruprechtsberger (Hrsg.), Syrien. Von den Aposteln zu den Kalifen. Linzer Ar-
chäologische Forschungen 21 (Linz 1993) 399 Nr. 12 m. Abb.
Herkunft und Vermittlung „byzantinischer Importe“ 385

gleichbar sind auch die Exemplare aus Grab 259 von Djurso und aus
Grab 11 von Sopino im nördlichen Kaukasus.52
Schließlich müssen in diesem Zusammenhang auch die Fundmünzen des
Byzantinischen Reiches einbezogen werden. Betrachtet man die Anzahl
der Prägungen aus mediterranen Münzstätten in diachroner Perspektive,
wobei zur besseren Vergleichbarkeit der unterschiedlich langen Regierungs-
jahre und damit Prägezeiträume der Quotient Münzanzahl/Regierungs-
zeit und damit die durchschnittliche Anzahl von Fundmünzen pro Regie-
rungsjahr dargestellt ist (Abb. 5), so fällt der recht hohe Anteil von Gold-
münzen unter den Regierungszeiten Leons I. (457–474) und Zenons
(474–491) auf. Nach dem endgültigen Zusammenbruch des Weströmischen
Reiches nimmt der Zustrom von byzantinischen Goldmünzen stark ab, zu-
mal die ostgotenzeitliche Münzprägung Italiens hier nicht zur byzanti-
nischen Reichsprägung hinzugerechnet wird.53 Dagegen ist die unter Anas-
tasios I. wieder aufgenommene Prägung von Kupfermünzen deutlich
fassbar. Trotz der überlieferungsbedingten Unschärfen – ein Gutteil der
Münzen sind durch ihre Verwendung als Obolus oder in sekundärer Nut-
zung als Schmuck über die Grabfunde auf uns gekommen – sind somit die
allgemeinen Tendenzen byzantinischer Münzprägung am Befundbild ab-
lesbar.54
In Großbritannien ist eine erstaunliche, möglicherweise überlieferungs-
bedingte Zweiteilung hinsichtlich der mediterranen beziehungsweise by-
zantinischen Importe festzuhalten. Die frühen Einfuhrgüter der zweiten
Hälfte des 5. und beginnenden 6. Jahrhunderts bestehen fast ausschließlich
aus Keramik (Abb. 6). Dabei handelt es sich in erster Linie um Amphoren
der Typen LR1 und LR2 sowie um Sigillaten, hauptsächlich der Phocaean
Red Slip Ware (PRSW) und – weniger häufig – der African Red Slip Ware

52 Michel Kazanski/Anna Mastykova, Le Caucase du Nord et la région méditerranéenne aux


Ve–VIe siècles. Eurasia Antiqua 5, 1999, 523–573, hier 560 Abb. 22,5; 563 Abb. 24,11. Für
weitere Hinweise danke ich M. Kazanski herzlich.
53 Zur ostgotischen Münzprägung jetzt Michael A. Metlich, The coinage of Ostrogothic
Italy (London 2004). – An dieser Stelle bedanke ich mich herzlich bei J. Fischer, der mir
Einsicht in die Einträge byzantinischer Münzen aus dem Katalog seiner Doktorarbeit ge-
währte; Josef F. Fischer, Der Münzumlauf und Münzvorrat im Merowingerreich, phil.
Diss. (Freiburg 2001)
54 Hauptreferenzwerk: Wolfgang Hahn, Moneta Imperii Byzantini 1–3. Österreichische
Akademie der Wissenschaften, phil.-hist. Kl., Denkschriften 109; 119; 148 = Veröffent-
lichungen der Numismatischen Kommission 1; 4; 10 (Wien 1973; 1975; 1981). – Gesamt-
darstellungen: Philip Grierson, Byzantine coins (Berkeley, Los Angeles 1982); Michael F.
Hendy; Studies in the byzantine monetary economy c. 300–1450 (Cambridge u. a. 1985);
Cécile Morrisson, Byzantine money. Its production and circulation. In: Laiou, History
(Anm. 4) 909–966.
386 Jörg Drauschke

Abb. 5. Diagramm zur Häufigkeit imperialer byzantinischer Fundmünzen auf dem


Gebiet des Merowingerreiches (Territorium der Zeit um 600, einschließlich dem thü-
ringischen, alemanischen und bayerischen Gebiet), aufgeteilt nach Münzmetallen
und Prägestätten im Westen und Osten des Reiches. Münzen des Childerich-Grabes
und Hortfunde nicht berücksichtigt (vgl. Anm 53)
Herkunft und Vermittlung „byzantinischer Importe“ 387

Abb. 6. Fundplätze mit byzantinischer Keramik in Britannien


(Harris, Byzantium [Anm. 1] 148 Abb. 44)

(ARSW).55 Auf dem Festland streuen diese Warenarten mit nur wenigen
Nachweisen noch nördlich von Lyon.56
Zu den wenigen übrigen byzantinischen Funden dieser frühen Periode
auf den Britischen Inseln zählen außerdem Nachweise von mediterranen
Gürtelschnallen.57 Byzantinische Münzen bleiben selten, sogar im west-

55 Harris, Byzantium (Anm. 1) 143 ff. mit Abb. 44.


56 Michel Bonifay/Françoise Villedieu, Importations d’amphores orientales en Gaule
(Ve–VIIe siècles). In: Vincent Déroche/Jean-Michel Spieser (Hrsg.), Recherches sur la cé-
ramique byzantine. Bulletin de correspondance hellénique, Suppl. 18 (Athen 1989) 17–46;
Carlo Citter u. a., Commerci nel Mediterraneo occidentale nell’Alto Medioevo. In: Gian
Pietro Brogiolo (Hrsg.), Early Medieval towns in the Western Mediterranean. Documenti
di archeologia 10 (Mantova 1996) 121–137.
57 Böhme, Goldgriffspathen (Anm. 1) Abb. 23. – Sonja Marzinzik, Early Anglo-Saxon belt-
buckles (late 5th to early 8th centuries A.D.). British Archaeological Reports, British Series
388 Jörg Drauschke

lichen Landesteil.58 Silberlöffel sind lediglich aus den angelsächsischen


Prunkgräbern von Sutton Hoo und Prittlewell bekannt geworden, die in
die erste Hälfte des 7. Jahrhunderts zu datieren sind.59 Somit fand die Nie-
derlegung der Löffel wesentlich später statt als die der Exemplare auf dem
Festland. Die Zusammensetzung der aus dem Byzantinischen Reich stam-
menden Funde ist in Großbritannien also teilweise ähnlich, allerdings ist
ihre Anzahl geringer. Völlig abweichend ist der hohe Fundniederschlag von
mediterraner Keramik.
Angesichts der aufgezählten „byzantinischen Importe“ der frühesten
Merowingerzeit in Nordwesteuropa scheint es somit einen beträchtlichen
Zustrom mediterraner Erzeugnisse gegeben zu haben, unter denen viele
einen direkten Kontakt zwischen Byzanz beziehungsweise Konstantinopel
und den barbarischen Königreichen vermuten lassen.
Bei eingehender Analyse der Fundstücke wird jedoch deutlich, dass
einige der genannten Objektgruppen bezüglich ihrer Provenienz alles an-
dere als zweifelsfrei aus dem Mittelmeerraum oder dem Byzantinischen
Reich herzuleiten sind. Um wiederum bei den frühmerowingerzeitlichen
Prunkschwertern zu beginnen, so sind die bekannten Exemplare stärker zu
differenzieren. Die mediterrane Provenienz der klassischen Goldgriffspa-
then hängt vor allem an der Zuweisung des Cloisonnés der Childerichwaf-
fen an ein Atelier aus Konstantinopel, doch ist dessen Lokalisierung reine
Spekulation, da eine Gips-Zement verarbeitende Werkstatt durchaus auch
woanders, zum Beispiel in Italien oder Karthago, gelegen haben kann.
Auch die alleinige Fertigung der Cloisonné-Besatzstücke im mediterranen
Raum ist eine Möglichkeit. Darüber hinaus bestehen berechtigte Zweifel an
der Existenz des vermuteten Abkommens zwischen Childerich und dem
oströmischen Kaiser.60
Für eine explizit westmediterrrane Herkunft haben sich P. Périn und
M. Kazanski mehrfach ausgesprochen. Die Interpretation des Münzschat-
zes aus dem Childerichgrab als Subsidienzahlung zurückweisend, sehen sie
in der Zellendekormode der Waffen und übrigen cloisonnierten Gegen-
stände eine Mode der „barbarisierten Militäraristokratie“ des Weströmi-

357 (Oxford 2003) Taf. 81,4; 82,2–4 (Lyminge, Gräber 17, 32 und 36; Petersfinger, Grab 21;
Mill Hill, Grab 61; Abingdon, Grab 119).
58 Harris, Byzantium (Anm. 1) 152 ff.; 163 f.
59 Prittlewell Prince (Anm. 40); Rupert Bruce-Mitford, The Sutton Hoo Ship-Burial III,1,
hrsg. Angela Care Evans (London 1983) 125 ff.
60 Nach einer alternativen Lesart der Quelle, die einen Kontakt zwischen Childerich und
Odoaker belegen soll, könnte eher ein sächsischer Adliger namens Adovacrius gemeint
sein; Dieter Quast, Les Francs et l’Empire Byzantin. L’horizon des épées à poignée en or.
Les Dossiers de l’Archéologie 223, 1997, 56–63, hier 63 Anm. 3.
Herkunft und Vermittlung „byzantinischer Importe“ 389

schen Reiches der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts. Vorbilder dafür seien
zwar das Ansehen der donauländischen, barbarischen Könige und der
Prunk des byzantinischen Hofes, der Ursprung dieser speziellen Ausprä-
gung sei aber im westlichen Mittelmeeraum zu suchen, wo sich als Vorläu-
fer aus der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts die Funde aus Beja und Ca-
praia anführen ließen.61 Die Werkstätten im Westen dürfen sicherlich nicht
unterschätzt werden, doch lassen sich gerade an den Objekten des Childe-
richgrabes Elemente anführen, zum Beispiel die Verzierung mit Almandin-
rundeln, welche unter anderem auch in den Fundkomplexen von Apahida,
Olbia und Kerč zu finden sind, die eher für eine östliche Herkunft spre-
chen.62 Beim gegenwärtigen Bearbeitungsstand ist festzuhalten, dass eine
mediterrane Provenienz für einige Prunkspathen durchaus plausibel er-
scheint, eine Fertigung in Werkstätten der östlichen Reichshälfte jedoch
keinesfalls abgesichert ist.63
M. Kazanski lenkte die Aufmerksamkeit außerdem stärker auf eine
Gruppe von Schwertern, die im Westen aus Befunden der ersten Hälfte des
5. Jahrunderts bekannt geworden sind (Beja, Altlußheim) und deren
Hauptverbreitung im nordpontischen Raum liegt. Verbreitung und die De-
tails der polychrom verzierten Parierstangen der Schwerter sprechen für
eine Zuweisung an eine mediterrane oder auch pontische Werkstätte.64
Auch die schmalen Langsaxe sind stärker zu differenzieren. So stellt die
Waffe des Childerich den Typ eines klassischen Scramasax dar, der im 4.
und 5. Jahrhundert nach M. Kazanski u. a. außer in Mitteleuropa vor allem
im Transkaukasus und in Mittelasien vorkommt. Zu diesem Typ zählt auch
das Exemplar aus Sardis in Kleinasien, woraus auf einen Ursprung dieser
Waffe in Mittelasien und eine Vermittlung nach Westeuropa über das By-
zantinische Reich geschlossen werden kann. Davon zu unterscheiden sind
längere einschneidige Schwerter („Säbel“), die häufiger aus reiternomadi-
schen Grabkontexten der eurasischen Steppen bekannt geworden sind und

61 Périn/Kazanski, Childerich (Anm. 27) bes. 180 ff.; Kazanski/Mastykova, Caucase


(Anm. 52) 539; Kazanski u. a., Byzance (Anm. 21) bes. 160.
62 Claus v. Carnap-Bornheim, Eine cloisonnierte Schnalle mit wabenförmigem Zellenwerk
und Almandinrundeln aus Olbia. Germania 73,1, 1995, 151–155. – Entgegnung zu Périn/
Kazanski, Childerich (Anm. 27): Michael Schmauder, Die Oberschichtgräber und
Verwahrfunde Südosteuropas und das Childerichgrab von Tournai. Anmerkungen zu
den spätantiken Randkulturen. Acta Praehistorica et Archaeologica 30, 1998, 55–68 bes.
59 ff.
63 Kazanski u. a., Byzance (Anm. 21) 162 ff. bes. 166.
64 Michel Kazanski, Les épées „orientales“ à garde cloisonnée du Ve–VIe siècle. In: Eszter Ist-
vánovits/Valéria Kulcsár (Hrsg.), International Connections of the Barbarians of the Car-
pathian Basin in the 1st–5th centuries A. D. (Aszód, Nyíregyháza 2001) 389–418.
390 Jörg Drauschke

deren Fertigung in byzantinischen Werkstätten gegenwärtig nicht belegt


werden kann.65
Eine westliche Komponente innerhalb des Cloisonné-Stils wurde unter
anderem auch durch die zusammenfassende Bearbeitung der mediterranen
Schnallen der frühen Merowingerzeit durch M. Kazanski deutlich. Den für
diese Produkte verantwortlichen Ateliers, wobei deren genaue Lokalisie-
rung innerhalb des westmediterranen Raums freilich spekulativ bleibt, sind
eine ganze Reihe der mediterranen Gürtelschnallen im Westen des Konti-
nents zuzuordnen, zum Beispiel die Gürtelschnallen mit rechteckigem,
cloisonniertem Bronzebeschlag aus Gondorf und La-Villeneuve-au-Châte-
lot Grab 1.66 Andere Schnallen und Beschläge aus dem Nordwesten sind
dagegen ganz von den mediterranen Originalen auszuschließen und als
Imitationen aufzufassen, da sie typologisch nicht den aus den Ursprungs-
gebieten vorliegenden Referenz-Exemplaren entsprechen und/oder aus
Eisen bestehen, das bei der Fertigung im Mittelmeerraum keine Rolle
spielte.67 Unerheblich ist dagegen, ob die Einlagen der cloisonnierten Stü-
cke aus Edelsteinen – hauptsächlich rotem Granat – oder verschieden far-
bigen Glaseinlagen bestehen, denn auch letztere sind aus dem Mittelmeer-
raum gut bekannt.
Die große Bedeutung westmediterraner beziehungsweise italischer
Werkstätten lässt sich an weiteren Materialgattungen aufzeigen. So ist zwar
die Funktion der Spangenhelme vom Baldenheimer Typ als byzantinische
Offiziershelme weitgehend akzeptiert, ihre Produktionsstätte aber weiter-
hin in der Diskussion. Nachdem bereits K. Böhner aufgrund verschiedener
Kriterien die Unterscheidung eines westlichen und östlichen Helmtyps
vorgenommen hatte68, unterteilte kürzlich F. Stein anhand einer Merkmals-
analyse die bekannten Vertreter in fünf verschiedene Gruppen (Abb. 7),
wobei die ersten drei Gruppen, zu denen auch die Helme aus Gammertin-
gen und Gültlingen gehören, mit oströmischen Werkstätten in Verbindung
gebracht werden. Gruppe 5, die unter anderem die Exemplare aus Balden-
heim, Planig, Pfeffingen und Stößen umfasst, könnte dagegen in Italien ge-

65 Kazanski u. a., Byzance (Anm. 21) 172 ff. bes. 175 f.


66 Kazanski, Plaques-boucles (Anm. 25) 150 f. Typ I.3.K, Taf. 11,18; 23,5. Weitere Werkstatt-
kreise sind außer im östlichen Mittelmeerraum im Bereich des Schwarzen Meeres, an der
unteren Donau und im donau-balkanischen Gebiet zu vermuten; ebd. 167.
67 Drauschke, Funde (Anm. 1) 152; ebenso Schulze-Dörrlamm, Gürtelschnallen (Anm. 21) 2
Anm. 47 u. bes. 142; vgl. auch die Materialsammlung bei Kazanski, Plaques-boucles
(Anm. 25).
68 Böhner, Spangenhelme (Anm. 42) 527 f.
Herkunft und Vermittlung „byzantinischer Importe“ 391

Abb. 7. Verteilung der Gruppen von Spangenhelmen des Typs Baldenheim


(nach Stein, Spangenhelme [Anm. 69] 52 Abb. 11)
392 Jörg Drauschke

fertigt worden sein.69 M. Vogt hält sich dagegen bei Zuweisungen einzelner
Helme zu bestimmten Werkstätten bedeckt, lokalisiert deren Produktion
aber ebenfalls „sowohl in Italien als auch im byzantinischen Gebiet“.70
Die Frage nach den Werkstätten ist in Bezug auf die frühbyzantinischen
Silberlöffel eindeutiger zu beantworten. Neben wenigen spätantiken Alt-
stücken, deren Herstellung auch in einer provinzialen Manufaktur gesche-
hen sein kann, und Exemplaren unklarer Herkunft dürften gemäß der sorg-
fältigen Analyse durch St. Hauser fast alle nördlich und westlich der Alpen
gefundenen cochlearia italischen oder westbalkanischen Ursprungs sein
(Abb. 8); lediglich die Vertreter aus dem Schiffsgrab von Sutton Hoo stam-
men wohl aus Werkstätten im östlichen Mittelmeerraum.71
Fasst man die Beobachtungen am Material zusammen, so ist zunächst
die Zahl der tatsächlich im mediterranen Bereich gefertigten und in den
Norden und Westen vermittelten Objekte erheblich kleiner, als es auf den
ersten Blick erscheinen mag. Außerdem stammt, dem gegenwärtigen For-
schungsstand folgend, von den verbleibenden mittelmeerischen Objekten
wiederum ein Gutteil aus dem westmediterranen, d. h. italischen und/oder
westbalkanischen Gebiet. Eine Annahme direkter Kontakte der germani-
schen Anführer im Westen mit dem Kaiserhof in Konstantinopel erhält
durch die archäologische Befundlage somit wenig Unterstützung und ist
auch anhand der Schriftquellen nicht erkennbar.72 Letztendlich sind derar-
tige Beziehungen aber keine zwingende Voraussetzung für den Fundnieder-

69 Frauke Stein, Die Spangenhelme von Pfeffingen und Gammertingen. Überlegungen zur
Bestimmung ihrer Herstellungsräume. Acta Praehistorica et Archaeologica 35, 2003,
41–61 bes. 45 ff.; wiederholt in dies., Der Helm von Steinbrunn – ein ostgotisches Ehren-
geschenk? In: Walter Pohl/Peter Erhart (Hrsg.), Die Langobarden. Herrschaft und Identi-
tät. Forschungen zur Geschichte des Mittelalters 9 = Österreichische Akademie der Wis-
senschaften, phil.-hist. Kl., Denkschriften 329 (Wien 2005) 225–246 bes. 230 ff.
70 Mahand Vogt, Die frühmittelalterlichen Spangenhelme. Ein Überblick zu archäologi-
schen, kunsthistorischen und herstellungstechnischen Problemen. Acta Praehistorica et
Archaeologica 35, 2003, 9–29 bes. 25; aktualisierter Katalog ebd. 26 ff. – Siehe auch Quast,
Kontakte (Anm. 1) 446 Liste 4 (Ergänzungen) u. Abb. 7. – Zu ergänzen ist nun das Frag-
ment eines Stirnbandes aus Nordwestbulgarien (aus Privatsammlung); N. Markov, A de-
corative fragment from a late antique helmet from northwestern Bulgaria. Arheologija
(Sofija) 43, 2002, 42–47 Abb. 1. – Aus Caričin Grad (Serbien) liegen mittlerweile über ein
Dutzend Fragmente vor; Bernard Bavant/Vujadin Ivanišević, Caričin Grad (Yougoslavie).
La campagne de fouille de 2002. Mélanges de l’École Français de Rome 114,2, 2002,
1095–1102, hier 1100 mit Abb. 6; dies., Caričin Grad (Yougoslavie). La campagne de
fouille de 2002. Ebd. 115,2, 2003, 1021–1027, hier 1025.
71 Vgl. die Ausführungen zu den verschiedenen Typen bei Hauser, Silberlöffel (Anm. 39).
72 Zu den diplomatischen Kontakten zwischen den merowingischen Königshäusern und
dem byzantinischen Hof: Gunther Wolf, Fränkisch-byzantinische Gesandtschaften vom
5. bis 8. Jahrhundert und die Rolle des Papsttums im 8. Jahrhundert. Archiv für Diploma-
tik 37, 1991, 1–13.
Herkunft und Vermittlung „byzantinischer Importe“ 393

Abb. 8. Verteilung der um 500 im Westen verbreiteten Silberlöffel (Typen vgl. Abb. 4) itali-
scher oder westbalkanischer (x), unklarer () und ostmediterraner (y) Herkunft, () spät-
antike Altstücke (zusammengestellt nach Hauser, Silberlöffel [Anm. 39] 145 f. Verbreitungs-
karte 2 f. mit Ergänzungen)

schlag mediterraner „byzantinischer“ Objekte in der frühen Merowinger-


zeit, andere Faktoren sind ebenso verantwortlich zu machen (s. u.).

Die „byzantinischen“ Funde des 6. und 7. Jahrhunderts

Gegen Ende der frühesten Merowingerzeit (ca. 510/30) verändert sich das
Spektrum „byzantinischer“ Funde ganz erheblich. Zu den zahlenmäßig
weiterhin gut vertretenen Objektgruppen zählen die byzantinischen Münzen
(Abb. 5), deren Menge allerdings ab einem absoluten Höhepunkt unter
Justinian I. – besonders ablesbar an den Siliquen italischer Prägestätten, die
394 Jörg Drauschke

fast ausschließlich aus der austrasischen Teilregion des Merowingerreiches


stammen – nahezu linear bis zu den letzten Prägungen Justinians II.
(685–695/705–711) abnimmt.73 Der auch im Byzantinischen Reich selbst
fassbare, enorme Ausstoß von Münzen unter Justinian I. ist deutlich zu er-
kennen, die nachlassende Überlieferung im 7. Jahrhundert lässt sich aber
kaum anhand der allgemeinen byzantinischen Münzgeschichte erklären.
Im 6. und 7. Jahrhundert sind außerdem weitere „byzantinische“ Schnallen
in den Nordwesten des Kontinents gelangt. Deren exakte Analyse erbringt,
analog zu den frühmerowingerzeitlichen Schnallen, ein recht differenzier-
tes Bild, da sich darunter Exemplare befinden, die mit hoher Wahrschein-
lichkeit aus dem östlichen Mittelmeerraum stammen, die entweder mit
pannonischen, balkanischen oder italischen beziehungsweise westmediter-
ranen Fabrikaten in Verbindung zu bringen sind oder aber lokale Imitatio-
nen darstellen.
An dieser Stelle kann freilich nur eine Auswahl davon besprochen wer-
den. Schon vor einigen Jahren machte G. Fingerlin auf eine Gruppe von
Gürtelschnallen mit festem, teilweise durchbrochenem Beschlag aufmerk-
sam, deren Zeitstellung heute in erster Linie mit dem zweiten Drittel des
6. Jahrhunderts mit wenigen jüngeren Ausläufern angegeben werden
kann.74 Außer für die Formgruppe D ließen sich für alle Typen Parallelen
im Mittelmeerraum anführen, die hauptsächlich aus Italien und/oder Spa-
nien stammten, während weiter östlich Fundorte in Slowenien und Ungarn
namhaft gemacht werden konnten. An dieser Fundsituation hat sich grund-
sätzlich nichts geändert, vielmehr wurde die eher westmediterrane Ausrich-
tung durch Neufunde noch unterstützt.75 Darüber hinaus konnte anhand
der Schnallen aus den Gräbern 84 und 195 aus Bopfingen, die den Formen
C und D („Maastricht“) entsprechen, die mediterrane Herkunft der nörd-

73 Eine Aufschlüsselung der exakten Prägezeiträume der Münzen macht deutlich, dass ge-
rade im 7. Jahrhundert deutliche Lücken in der Münzüberlieferung existieren, wobei der
Hiatus innerhalb der Herakleischen Prägungen ab ca. 626/630 besonders stark ausgeprägt
ist. Eine überzeugende Deutung dieses Befundes, der nicht durch die nachlassende Münz-
beigabensitte und nur annähernd durch die großflächige Schließung der Prägestätten im
östlichen Mittelmeerraum zu erklären ist, steht noch aus; Drauschke, Handel (Anm. 15)
117. – Ähnlich ist die Befundlage bei den Awaren: Somogyi, Fundmünzen (Anm. 1).
74 Form A mit Mittelrippe, Form B ohne Mittelrippe, Form C mit (meist) durchbrochenem
Beschlag und mediterranen Tiermotiven und Schnallen mit durchbrochenem Beschlag
der Formen D („Maastricht“) und E („Krainburg/Mindelheim“); Fingerlin, Schnalle
(Anm. 6) 176–182 Fundlisten A bis E, Taf. 67–71.
75 Schnalle der Form E (Krainburg) aus Badis (Marokko). Jean Boube, Eléments de ceintu-
ron wisigothiques et byzantins trouvés au Maroc. Bulletin d’Archéologie Marocaine 15,
1983/84, 281–296, hier 284–288, Taf. I,1–2; Ellen Riemer, Byzantinische Gürtelschnallen
aus der Sammlung Diergardt im Römisch-Germanischen Museum Köln. Kölner Jahrbuch
für Vor- und Frühgeschichte 28, 1995, 777–809, hier 791 f.
Herkunft und Vermittlung „byzantinischer Importe“ 395

lich der Alpen gefundenen Exemplare weiter erhärtet werden, da Experi-


mente als Gussformen Ossia-Sepia-Schalen wahrscheinlich gemacht ha-
ben.76 Die Herkunft der meisten Schnallen muss im mediterranen Raum
gesucht werden, wo die wenigen Parallelfunde eindeutig nach Spanien, Ita-
lien bzw. in den Adria-Raum verweisen77.
Ähnlich gelagert ist der Fall mit den schildförmigen Schnallenbeschlä-
gen aus Weißenburg78 und aus Bayern, heute im Römisch-Germanischen
Zentralmuseum in Mainz79, die dem Typ Hippo angehören80. Bis auf wenige
Exemplare fehlt er im östlichen Mittelmeerraum, ist aber in Nordafrika
und Italien sehr häufig.81 Die momentane Verbreitung rechtfertigt es, die
Exemplare nördlich der Alpen einer westmediterranen, vielleicht italischen
Werkstatt zuzuordnen; zumindest ist mittlerweile ein lokal produzierter
Beschlag aus der Crypta Balbi in Rom bekannt geworden,82 der mit dem
Weißenburger Stück nahezu identisch ist.
In das 6. Jahrhundert gehören außerdem die Schnallen des Typs Suci-
dava nach J. Werner bzw. D1 nach Schulze-Dörrlamm.83 Grundsätzlich hat
sich das Verbreitungsgebiet dieser Schnallen seit der ersten Kartierung durch
J. Werner nicht verändert. Einzelne Funde sind nun auch in Südfrankreich,
Norditalien und Kleinasien fassbar, während das Hauptverbreitungsgebiet
südlich der unteren Donau durch zahlreiche Neufunde besonders stark her-
vortritt. Im Westen sind nach der Fundaufnahme durch M. Schulze-Dörr-
lamm nur von acht Fundorten Exemplare zutage gekommen.84 Als Produk-

76 Rolf-Dieter Blumer/Matthias Knaut, Zum Edelmetallguß in Ossia-Sepia-Formen im


Frühmittelalter. Fundberichte aus Baden-Württemberg 16, 1991, 545–553.
77 Fingerlin, Schnalle (Anm. 6) Taf. 69, Karte. Für die Form B liegen momentan zu wenige
Parallelen vor, um für eine derartige Provenienz argumentieren zu können.
78 Hermann Dannheimer, Die germanischen Funde der späten Kaiserzeit und des frühen
Mittelalters in Mittelfranken. Germanische Denkmäler der Völkerwanderungszeit A 7
(Berlin 1962) 222 Nr. 3, Abb. 49.
79 Riemer, Gürtelschnallen (Anm. 75) 808 Anhang 4, Nr. 27.
80 Werner, Gürtelschnallen (Anm. 6) Abb. 4,1–2; Taf. 6,1–3.5; Riemer, Gürtelschnallen
(Anm. 75) 790–791; 796–797 Nr. 13–15, Abb. 10; 25–27. Der Fundort der vier Schnallen
aus der Sammlung Diergardt in Köln ist unbekannt.
81 Vgl. Riemer, Gürtelschnallen (Anm. 75) 807–808, Liste IV; Christoph Eger, Boucles de
ceinture de la région de Carthage datant des VIe et VIIe siècles. Centre de Documentation
Archéologique de la Conservation de Carthage (CÉDAC) 19, 1999, 12–15 Abb. 7–9; 12
(Karthago); ders., Gürtelschnallen des 6. bis 8. Jahrhunderts aus der Sammlung des Stu-
dium Biblicum Franciscanum. Liber Annuus 51, 2001, 337–350, hier 345.
82 Ricci, Relazioni (Anm. 23) Abb. 1,13.
83 Werner, Gürtelschnallen (Anm. 6) 37 Abb. 6; Schulze-Dörrlamm, Gürtelschnallen
(Anm. 21) 146–151, Nr. 109–116.
84 Vgl. Werner, Gürtelschnallen (Anm. 6) 46 Karte 1; Schulze-Dörrlamm, Gürtelschnallen
(Anm. 21) 150 Abb. 54. Die Schnalle aus Südfrankreich (Nr. 72 Haute Savoie) ist nicht
mitgezählt.
396 Jörg Drauschke

tionsort der Schnallen kommen sowohl der nordöstliche Mittelmeerraum


als auch das untere Donaugebiet infrage.
Die Schnallen vom Typ Syrakus nach J. Werner bzw. D12 nach
M. Schulze-Dörrlamm besitzen einen deutlich anderen Verbeitungsschwer-
punkt.85 Sie kommen in Frankreich gar nicht und an der unteren Donau
nur vereinzelt vor. Eine stärkere Fundstreuung der vom späten 6. bis zur
Mitte bzw. dem dritten Viertel des 7. Jahrhunderts zu datierenden Schnal-
len ist von Südostengland über Spanien bis nach Nordafrika und zwischen
Ägypten, Byblos oder Tyros und Anemurium, eine dichte Verbreitung
schließlich von Griechenland bis Kleinasien, an der nördlichen Adriaküste,
in Italien und auf der Krim festzustellen.86 Auch die Schnallen vom Typ
Syrakus können nicht alle ostmediterranen Werkstätten zugeschrieben wer-
den, vielmehr werden einige Varianten aufgrund ihres westmediterranen
Verbreitungsschwerpunktes eher dort produziert worden sein.87
Stärker in den nordwestlichen Balkanraum verweisen einige andere
Schnallenformen, die ebenfalls als „byzantinisch“ gelten,88 aber treffender
als Vertreter der pannonischen Typen Pécs, Nagyharsány und Boly-Že-
lovce, wie sie von V. Varsik und U. Ibler definiert wurden89, zu charakteri-
sieren sind. Dabei ist unerheblich, ob grenznahe balkanische Werkstätten

85 Werner, Gürtelschnallen (Anm. 6) 36 Abb. 2, Karte 1; Schulze-Dörrlamm, Gürtelschnal-


len (Anm. 21) 171–179 Nr. 142–154, Abb. 62.
86 Neueste Zusammenstellung der Schnallen bei Musa Kadıoğlu/Philipp v. Rummel, Früh-
byzantinische Bronzefunde aus dem Theater von Nysa am Mäander. Anadolu/Anato-
lia 24, 2003, 103–114, hier 110–113 Liste 1, Abb. 13. Schnallen im Nordwesten: Streufunde
aus Stockstadt und Hahnheim (ebd., Nr. 68, 70), Grab 68 aus Salzburghofen, Grab V/7
aus Regensburg St. Emmeram, Grab 447 aus Langenlonsheim (ebd., Nr. 66, 67, 69), Bel-
vaux (ebd., Nr. 71) sowie die britischen Funde aus Broyle, Colchester, „Kent“ und „Essex“
(ebd., Nr. 72–75). – Hinzuzuzählen sind mittlerweile eine Schnalle aus Kalavasos-Kopetra
(Zypern), erste Hälfte des 7. Jahrhunderts (Marcus Rautmann, A Cypriot village of Late
Antiquity. Kalavasos-Kopetra in the Vasiliskos Valley. Journal of Roman Archaeology,
Suppl. Ser. 52 [Portsmouth 2003] 108 Nr. II–19–1, Abb. 3.41) und eine Schnalle aus Polen
ohne nähere Fundortangabe im Archäologischen Museum Gdańsk (Marcin Wołoszyn,
Die byzantinischen Fundstücke in Polen. Ausgewählte Probleme. In: Günter Prinzing/
Maciej Salamon, Byzantium and East Central Europe. Byzantina et Slavica Cracoviensia 3
[Kraków 2001] 49–59, hier 52f. mit Abb. 2).
87 Zu Varianten des Typs Syrakus/D 12: Christoph Eger, Eine byzantinische Gürtelschnalle
von der Krim in der Sammlung des Hamburger Museums für Archäologie. In: Materiali
po archeologii, istorii i e· tnografii Taurii V (Simferopol’ 1996) 343–348.
88 Dezső Csallány, Les monuments de l’industrie byzantine des métaux II. Acta Antiqua
Academiae Scientiarum Hungaricae 4, 1956, 261–291.
89 Vladimir Varsik, Byzantinische Gürtelschnallen im mittleren und unteren Donauraum im
6. und 7. Jahrhundert. Slovenská Archeológia 40,1, 1992, 77–108; Ursula Ibler, Pannoni-
sche Gürtelschnallen des späten 6. und 7. Jahrhunderts. Arheološki Vestnik 43, 1992,
135–148.
Herkunft und Vermittlung „byzantinischer Importe“ 397

Abb. 9. Pannonisch-byzantinische Schnallen aus dem baiuvarischen Gebiet. 1 Linz-Zizlau


Grab 151 (Ladenbauer-Orel, Linz-Zizlau [Anm. 95] Taf. 29); 2 Feldkirchen Grab 35; 3 Salz-
burghofen Grab 178 (Knöchlein, Rupertiwinkel [Anm. 97] Taf. 20A,2; 36A,2); 4 Weihmörting
Grab 91 (Zeiß, Weihmörting [Anm. 100] Taf. 4,16). – M. ca. 1:1

für deren Herstellung verantwortlich waren (É. Garam)90 oder in Panno-


nien verbliebene und unter awarischer Herrschaft weiterarbeitende Roma-
nen (U. Ibler)91.
Dem Typ Boly-Želovce ist die Bronzeschnalle aus Grab 114B von
Harting92 zuzuordnen, deren Durchbruchsmuster den Exemplaren von

90 Garam, Funde (Anm. 1) 108.


91 Ibler, Gürtelschnallen (Anm. 89) 138.
92 Eleonore Wintergerst, Neue reihengräberzeitliche Funde aus der Umgebung von Regens-
burg, phil. Diss. (Bamberg 1996) 69–70 Taf. 34,3.
398 Jörg Drauschke

Pécs-Gyárváros und Keszthely93 an die Seite zu stellen ist. Zum recht hete-
rogenen Typ Pécs94 gehören die bronzene Gürtelschnalle mit festem,
durchbrochenem und profiliertem Beschlag aus Grab 151 von Linz-Ziz-
lau95 (Abb. 9,1) und eine Schnalle aus Salzburg-Liefering96. Wegen des
Durchbruchsmusters und der halbplastischen Rippen ist auch eine Bronze-
schnalle mit festem Beschlag aus Grab 35 von Feldkirchen97 (Abb. 9,2) eng
an den Typ Pécs anzuschließen.98 Die Schnalle aus Grab 1 von Feldkir-
chen99 kann ebenfalls eher mit pannonischen Typen verbunden werden,
wenn es sich nicht gar um eine lokale Eigenschöpfung handelt. Eng ver-
wandt mit dem Stück aus Grab 35 ist die Schnalle aus Grab 91 von Weih-
mörting (Abb. 9,4).100
Die besten Entsprechungen für die Bronzeschnalle mit festem, durch-
brochenem Beschlag aus Grab 178 von Salzburghofen101 (Abb. 9,3) liegen
meines Erachtens aus dem Bereich des Typs Nagyharsány vor, zum Beispiel
aus Kruje102 oder Gyód103. Eine im Umriss und Durchbruchsmuster sehr
ähnliche Schnalle stammt als Neufund aus Grab 205 von Straubing-
Alburg.104 Insgesamt scheinen sich somit pannonische Schnallen stärker in
der südöstlichsten Region des Merowingerreiches zu konzentrieren, was
angesichts der Nähe zum Herstellungsgebiet nicht verwunderlich ist.
Verwiesen sei nicht zuletzt auf die vielfältigen Imitationsformen aus
dem Raum nördlich der Alpen. Dazu zählen zum Beispiel die von ihren
Vorbildern (Syrakus/D12) ornamental stark abweichenden Exemplare von

93 Ibler, Gürtelschnallen (Anm. 89) Abb. 3,3.16.


94 Ebd., 145 Nr. 12; 136 Abb. 1,6.
95 Hertha Ladenbauer-Orel, Linz-Zizlau. Das baierische Gräberfeld an der Traunmündung
(Wien, München 1960) 60 Taf. 15.
96 Hermann Dannheimer/Heinz Dopsch (Hrsg.), Die Bajuwaren. Von Severin bis Tassilo
488–788 (München, Salzburg 1988) 390 Nr. MV,12a (ohne Abb.); Ibler, Gürtelschnallen
(Anm. 89) 145 Nr. 13 (ohne Abb.).
97 Ronald Knöchlein, Studien zur Archäologie der Merowingerzeit im Rupertiwinkel, phil.
Diss. (München [1991] 1997) 57 f. Taf. 36A,2.
98 Überhaupt ist die Rippenverzierung eher als typisches Merkmal pannonischer Schnallen
aufzufassen und nicht als Merkmal „byzantinischer“ Schnallen allgemein; so Knöchlein,
Rupertiwinkel (Anm. 97) 57 f.
99 Knöchlein, Rupertiwinkel (Anm. 97) 57 f. Taf. 32A,1.
100 Hans Zeiß, Das Reihengräberfeld von Weihmörting, B.-A. Passau. Bayerische Vorge-
schichtsblätter 12, 1934, 21–41, hier 32 Taf. 4,16.
101 Knöchlein, Rupertiwinkel (Anm. 97) 57 Taf. 20A,2.
102 Varsik, Gürtelschnallen (Anm. 89) 103 Taf. 5,3.
103 Schulze-Dörrlamm, Gürtelschnallen (Anm. 21) 228, Abb. 84,8.
104 Stephan Möslein, Ein weiteres frühmittelalterliches Gräberfeld von Alburg. Das Archäo-
logische Jahr in Bayern 2000, 99–102 Abb. 100.
Herkunft und Vermittlung „byzantinischer Importe“ 399

Dietersheim und München-Aubing Grab 167.105 Nicht als mediterrane Er-


zeugnisse, sondern als Nachahmungen des Typs D34106 sind die Schnallen
mit länglichem Beschlag, zwei runden Durchbrüchen, palmettenartigem
Abschluss und knopfartigem Fortsatz anzusprechen, die aus Grab 226 von
Kirchheim am Ries107, aus Grab „3/1883“ von Pfahlheim108 und vom Grä-
berfeld in Singen109 vorliegen.
Als Nachahmungen des Typs Balgota beziehungsweise D9110 sind
Schnallen mit festen, länglich-herzförmigen Beschlägen aufzufassen, die
durchbrochen gearbeitet sind und einen ausgeprägten oder sogar fächerför-
mig erweiterten Endknopf besitzen. Derartige Schnallen stammen aus
Grab 9 von Augsburg (St. Ulrich und Afra)111, Grab „3/1883“ von Pfahl-
heim112, Grab 11 von Kirchheim am Ries113 und Grab 25 von Lauchheim
„Mittelhofen“114, die alle in das dritte bzw. letzte Viertel des 7. Jahrhundert
datiert werden können115. Das gilt auch für die zwei einander sehr ähn-
lichen, aber von den übrigen genannten Schnallen abzusetzenden Gürtel-
schnallen aus Hügel 13, Grab 3 und 7 von Heidenheim-Schnaitheim.116

105 Zeller, Rheinhessen (Anm. 48) Taf. 69,5; Hermann Dannheimer, Das baiuwarische Rei-
hengräberfeld von Aubing, Stadt München. Monographien der Prähistorischen Staats-
sammlung München 1 (Stuttgart 1998) 102 Taf. 19B,6.
106 Uenze, Schnallen (Anm. 6) 166 Abb. 14; Schulze-Dörrlamm, Gürtelschnallen (Anm. 21)
219–224.
107 Christiane Neuffer-Müller, Der alamannische Adelsbestattungsplatz und die Reihengrä-
berfriedhöfe von Kirchheim am Ries (Ostalbkreis). Forschungen und Berichte zur Vor-
und Frühgeschichte in Baden-Württemberg 15 (Stuttgart 1983) 156 Taf. 41.
108 Manfred Nawroth, Das Gräberfeld von Pfahlheim und das Reitzubehör der Merowinger-
zeit. Wissenschaftliche Beibände zum Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums 19
(Nürnberg 2001) 234–235 Taf. 5,27.
109 Singen, Bahnhofsvorplatz, Gräber 22 und 75a. Für den Hinweis auf diese Schnallen und
für das zur Verfügung gestellte Bildmaterial sei Prof. Dr. G. Fingerlin herzlich gedankt.
110 Werner, Gürtelschnallen (Anm. 6) 37; Riemer, Gürtelschnallen (Anm. 75) 781–784
Abb. 19–21; Schulze-Dörrlamm, Gürtelschnallen (Anm. 21) 164–166 Nr. 134–137.
111 Joachim Werner, Die Ausgrabungen in St. Ulrich und Afra in Augsburg 1961–1968.
Münchner Beiträge zur Vor- und Frühgeschichte 23 (München 1977) 173–180 Abb. 13–15.
112 Nawroth, Pfahlheim (Anm. 108) 234–235 Taf. 5,26.
113 Neuffer-Müller, Kirchheim (Anm. 107) 122–123 Taf. 2B; 140,1.
114 Zum Grab: Ingo Stork, Zum Fortgang der Untersuchungen im frühmittelalterlichen Grä-
berfeld, Adelshof und Hofgrablege bei Lauchheim, Ostalbkreis. Archäologische Ausgra-
bungen in Baden-Württemberg 1992, 231–239, hier 235–236 Abb. 167; ders., Zeugnisse
des Christentums in Fürstengräbern aus Lauchheim. Archäologie in Deutschland 1993,4,
28–30; ders., Fürst (Anm. 48) 21; 28; 55 Abb. 16; 28; 62–63.
115 Riemer, Gürtelschnallen (Anm. 75) 783.
116 Beate Leinthaler, Eine ländliche Siedlung des frühen Mittelalters bei Schnaitheim, Lkr.
Heidenheim. Materialhefte zur Archäologie in Baden-Württemberg 70 (Stuttgart 2003)
30–37; 41–43 Abb. 26, Taf. 5,7x; 9A,3; 41.
400 Jörg Drauschke

Auf die Imitation von quadratischen Doppelschnallen nördlich der Alpen


hat M. Schulze-Dörrlamm hingewiesen.117
An einer anderen Schnallenform lassen sich exemplarisch die sich all-
mählich ausbreitende Kenntnis byzantinischer Formen und deren schritt-
weise Umsetzung bis nach Mittel- und Westeuropa nachvollziehen. So
enthielt der Schatzfund von Mytilene auf Lesbos eine durchbrochen gear-
beitete Goldschnalle (Abb. 10,1).118 Von awarischen Fundplätzen liegen na-
hezu identische Exemplare vor, die zum Teil aufwändiger gestaltet sind119
und zum Teil einfache Bronzeschnallen (Abb. 10,2) darstellen120. Sie kön-
nen dem Typ Nagyharsány zugerechnet werden. Weiter im Westen finden
sich schließlich Schnallen, die G. Zeller unter ihrem Typ „Schwabsburg“
subsumierte.121 Darunter befinden sich Exemplare, die enger zu einem Typ
zusammengeschlossen werden können und wiederum als Imitation des
pannonischen Typs Nagyharsány zu gelten haben. Zu dieser Gruppe gehö-
ren unter anderem die Gürtelschnallen aus einem Kriegergrab von Dillin-
gen122, aus Grab 8 von Odenheim bei Östringen123 und aus Grab 657 aus
München-Aubing124 (Abb. 10,3). Weitere Funde lassen sich anschließen.125
Die Aufzählung von Schnallen mediterraner (östlich oder westlich), ita-
lischer oder balkanischer Herkunft sowie deren Imitationen und Weiterent-
wicklungen ließe sich fortsetzen,126 doch anhand der genannten Beispiele
wird bereits deutlich, dass sich an den „byzantinischen“ Schnallen Bezüge
zu ganz unterschiedlichen Territorien herstellen lassen. Andererseits bleibt
die Zahl der tatsächlich aus dem Mittelmeerraum eingeführten Stücke
überschaubar.

117 Schulze-Dörrlamm, Gürtelschnallen (Anm. 21) 31–33, Abb. 12.


118 Aimilia Yeroulanou, Jewellery in the Byzantine World. In: Elektra Georgoula (Hrsg.), Greek
Jewellery. From the Benaki Museum Collections (Athen 1999) 280–295, hier 290 Abb. 207.
119 Garam, Funde (Anm. 1) Taf. 64,1–4.
120 Ebd., Taf. 64,6–8; 65,1–4.
121 Gudula Zeller, Das fränkische Gräberfeld von Hahnheim. Mainzer Zeitschrift 67/68,
1972/73, 330–367, hier 341 f. Anm. 77.
122 Thomas Kersting, Besiedlungsgeschichte des frühen Mittelalters im nördlichen Bayerisch-
Schwaben. Beiträge zur Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas 24 (Weissbach 2000) 37–38
Taf. 17A,6.
123 Badische Fundberichte 17, 1941–47, Taf. 89,9.
124 Dannheimer, Aubing (Anm. 105) 166 Taf. 67.
125 Grab 84 von Mannheim-Straßenheim (für die Möglichkeit der Einsichtnahme in das
Manuskript über Straßenheim danke ich Dr. Ursula Koch herzlich). – Grab 558 von
Eltville (Blaich, Eltville [Anm. 40] 527, Taf. 246,1a. – Edingen, Gde. Edingen-Neckarhau-
sen, Rhein-Neckar-Kr. (den Hinweis und eine Abbildung der Schnalle verdanke ich Prof.
Dr. G. Fingerlin). – Umgebung von Gießen (Hans Zeiß, Hessische Brandbestattungen der
jüngeren Merowingerzeit. Germania 18, 1934, 279–284, hier Grab 4, 281 Abb. 1,4). –
Schwabsburg (Zeller, Rheinhessen [Anm. 48] Taf. 69,12).
126 Detaillierte Auseinandersetzung bei: Drauschke, Handel (Anm. 15) 133 ff.
Herkunft und Vermittlung „byzantinischer Importe“ 401

Abb. 10,1 Goldschnalle aus dem Schatzfund von Mytilene (Lesbos) (Greek Jewellery. From
the Benaki Museum Collections [Athens 1999] 290 Fig. 207); 2 Bronzeschnalle aus Pécs,
Grab 7 (Garam, Funde [Anm. 1] Taf. 64,6); 3 Bronzeschnalle aus Aubing, Stadt München,
Grab 657 (Dannheimer, Aubing [Anm. 105] Taf. 67,I5). – M. 1:1

Eine Diskussion von Ursprung und Verbreitung vielteiliger Gürtelgarnitu-


ren würde hier zu weit führen,127 doch sei zumindest auf die Fundkomplexe

127 Grundlegend: Joachim Werner, Nomadische Gürtel bei Persern, Byzantinern und Lango-
barden. In: Enrico Cerulli u. a. (Hrsg.), La Civiltà dei Longobardi in Europa. Problemi at-
tuali di Scienza e di Cultura 189 (Roma 1974) 109–139. – Jüngste Arbeiten dazu: Csanád
Bálint, Byzantinisches zur Herkunftsfrage des vielteiligen Gürtels. In: ders. (Hrsg.), Kon-
takte zwischen Iran, Byzanz und der Steppe im 6.–7. Jahrhundert. Varia Archaeologica
Hungarica 10 (Budapest, Napoli, Roma 2000) 99–162; Michael Schmauder, Vielteilige
Gürtelgarnituren des 6.–7. Jahrhunderts: Herkunft, Aufkommen und Trägerkreis. In:
Daim, Awaren (Anm. 1) 15–44.
402 Jörg Drauschke

aus dem östlichen Merowingerreich verwiesen, die deutliche Verbindungen


in den mediterranen und byzantinischen Raum besitzen.128
Die Zahl der allein zur Frauenkleidung gehörenden Bestandteile hält
sich ebenfalls in Grenzen. Dazu zählen die Paare und Einzelstücke von ty-
pisch „byzantinischen“ Körbchenohrringen129 sowie vier Paare von halbmond-
förmigen Ohrringen aus Gräbern im bajuwarischen Gebiet130. Die Aufnahme
der aus dem Mittelmeer- und dem Balkanraum bekannten Parallelfunde131
sowie der Sammlungsbestände aus Museen zeigt schnell, dass Körbchen-
ohrringe mit durchbrochen gearbeitetem Körbchen lediglich von Italien
über das Gebiet des ehemaligen Jugoslawien bis in das Karpatenbecken
hinein streuen und Exemplare mit tütenförmig geschlossenem Körb-
chen auch noch in Bulgarien132 in Fundkomplexen des 5. und in Mazedo-

128 Grab 97 von Linz-Zizlau (Ladenbauer-Orel, Linz-Zizlau [Anm. 95] Taf. 9; 46 unten);
Grab 9 von Herrsching a. Ammersee (Anke Burzler, Bemerkungen zur vielteiligen Gürtel-
garnitur aus Grab 9 von Herrsching a. Ammersee. Bericht der Bayerischen Bodendenk-
malpflege 32/33, 1991/92, 69–78); Grab 450 von Lauchheim „Wasserfurche“ (Stork, Fürst
[Anm. 48] 8–19 Abb. 13).
129 Grundlegend immer noch: Fingerlin, Imitationsformen (Anm. 6). – Ergänzend: Ellen Rie-
mer, Byzantinische Körbchen- und Halbmondohrringe im Römisch-Germanischen Mu-
seum Köln (Sammlung Diergardt). Kölner Jahrbuch für Vor- und Frühgeschichte 25, 1992,
121–136. – Zusammenstellung der „byzantinischen“ Körbchenohrringe im östlichen Me-
rowingerreich: Drauschke, Handel (Anm. 15) 170 ff. u. Liste 13, Taf. 11 f. Zu ergänzen mitt-
lerweile: Körbchenohrringpaar aus Grab 31 von Bruckmühl, Kr. Rosenheim. Martin
Pietsch, Reiche Gräber des 7. Jahrhunderts n. Chr. aus Bruckmühl. Das archäologische
Jahr in Bayern 2003, 104–106 Abb. 120.
130 Paar aus Grab 79 von Feldkirchen (Knöchlein, Rupertiwinkel [Anm. 97] 176 Taf.
38F,3–4). – Paar aus Grab 83 von Linz-Zizlau (Ladenbauer-Orel, Linz-Zizlau [Anm. 95]
46–47 Taf. 7,9; 22; 44). – Paar aus Grab 99 von Petting mit einem mediterranen Original
und einer Kopie (Dorit Reimann, Byzantinisches aus dem Rupertiwinkel – zum Ohrring-
paar von Petting. Das Archäologische Jahr in Bayern 1991, 143–145 Abb. 113; dies., By-
zantinisches aus dem Rupertiwinkel – zum Ohrringpaar von Petting, Ldkr. Traunstein,
Oberbayern. Archäologie in Deutschland 1992,3, 41 f. m. Abb.). – Paar aus Grab 11 von
Steinhöring (Susanne Arnold, Das bajuwarische Reihengräberfeld von Steinhöring, Land-
kreis Ebersberg. Charybdis 5 [Hamburg 1992] 154 f. Abb. 1; Taf. 4,2–3).
131 Italien: Elisa Possenti, Gli orecchini a cestello altomedievali in Italia. Ricerche Archeolo-
gia Altomedievale e Medievale 21 (Firenze 1994); Ellen Riemer, Romanische Grabfunde
des 5.–8. Jahrhunderts in Italien. Internationale Archäologie 57 (Rahden/Westf. 2000)
45 ff. – Ehemaliges Jugoslawien: Jože Kastelič, Les boucles d’oreilles à corbeille en Slove-
nie. Archaeologia Iugoslavica 2, 1956, 119–129; Zdenko Vinski, Körbchenohrringe aus
Kroatien. In: Josef Haekel u. a. (Hrsg.), Die Wiener Schule der Völkerkunde. Festschrift
des Instituts für Völkerkunde Wien 1929–1954 (Horn, Wien 1956) 564–568; Ursula Ibler,
Studien zum Kontinuitätsproblem am Übergang von der Antike zum Mittelalter in Nord-
und Westjugoslawien, phil. Diss. (Bonn [1990] 1991) 44 ff., bes. 50. – Karpatenbecken: Ga-
ram, Funde (Anm. 1) 15–18 Taf. 1–2.
132 Ratiaria (Bulgarien): Riemer, Grabfunde (Anm. 131) 61 Abb. 9c.
Herkunft und Vermittlung „byzantinischer Importe“ 403

Abb. 11. Körbchenohrringe des östlichen Mittelmeerraumes. 1–2.4 Benaki Mu-


seum Athen (Segall, Katalog [Anm. 134] Taf. 50,234.235.237); 3 Ägyptisches
Museum Kairo; 5 British Museum London (Yeroulanou, Diatrita [Anm 135]
278 Nr. 463 u. 464 m. Abb.). – M. ca. 1:1

nien133 im 6. Jahrhundert vorkommen. Im Kernraum des Byzantinischen


Reiches fehlen die typisch „byzantinischen“ Körbchenohrringe allerdings.
Dafür liegen formal abweichende Typen von Körbchenohrringen vor, de-
ren Zeitstellung das 3. bis 11. Jahrhundert umfasst (Abb. 11). Auf der Grund-
lage der wenigen Exemplare aus geschlossenen Fundkomplexen scheinen
die aus einem zentralen Kubus aufgebauten Ohrringe mit vier bis sechs da-
ran befestigten, halbkugeligen Schalen beziehungsweise Körbchen134 teil-
weise arabisch beeinflusst und mittelbyzantinischer Zeitstellung und damit

133 Mazedonien: Ivan Mikulčić, Spätantike und frühbyzantinische Befestigungen in Nord-


makedonien. Städte, Vici, Refugien, Kastelle. Veröffentlichungen der Kommission zur
vergleichenden Archäologie römischer Alpen- und Donauländer = Münchner Beiträge
zur Vor- und Frühgeschichte 54 (München 2002) Abb. 193; 280,1–3.
134 Exemplare stammen aus Istanbul/Saraçhane (R. Martin Harrison, Excavations at Sara-
çhane in Istanbul I [Princeton 1986] 267 Nr. 597) und Ephesos (?) (Collection H. Statha-
tos III. Objets antiques et byzantins [Strasbourg 1963] 287 Nr. 220, Abb. 178) sowie aus
Sammlungsbeständen (Archäologische Staatssammlung München: Ludwig Wamser/Gi-
sela Zahlhaas [Hrsg.], Rom und Byzanz. Archäologische Kostbarkeiten aus Bayern. Aus-
stellungskatalog München 1998–99 [München 1998] 192 f. Nr. 268 m. Abb. – Benaki Mu-
seum Athen: Berta Segall, Katalog der Goldschmiede-Arbeiten. Benaki Museum Athen
[Athen 1938] 152 f. Nr. 234 f., Taf. 50).
404 Jörg Drauschke

jünger zu sein als die aus drei, meist durchbrochen gearbeiteten, halbkuge-
ligen Schalen/Körbchen bestehenden Ohrringe135.
Halbmondförmige Ohrringe sind dagegen in einiger Zahl auch aus dem
östlichen Mittelmeerraum bekannt,136 allerdings lassen sich nicht für alle
Exemplare aus dem Raum nördlich der Alpen Parallelen namhaft machen;
eine mediterrane Herstellung ist gerade für die Ohrringe aus Feldkirchen
und Linz-Zizlau nicht zwingend.
Fibeln original byzantinischer Provenienz sind im Prinzip im Nordwe-
sten unbekannt (zu den gleicharmigen Bügelfibeln siehe oben). Unter den
wenigen Exemplaren, die im Kern aus dem Mittelmeerraum stammen, be-
finden sich die „Cäsarenscheibe“ und die „Reiterfibel“ aus Grab 38 von
Güttingen sowie die quadratische Edelsteinfibel aus Grab 403 von Men-
gen.137 Sie sind (vielleicht nördlich der Alpen) erst zu Gewandschließen
umgearbeitet worden. Ganz vereinzelt steht schließlich das silberne Pekto-
ralkreuz aus Grab 15 von Friedberg138 aus dem dritten Viertel des 7. Jahrhun-
derts, das in zahlreichen, aus dem Mittelmeerraum bekannten Stücken des
6. bis frühen 7. Jahrhunderts139 Parallelen besitzt. Die übrigen, recht einfach

135 Kleinasien (?): Elizabeth Hoogendijk, Byzantine earrings from the Collection of the Rijks-
museum van Oudheiden in Leiden. Oudheidkunde Mededelingen 1994, 139–151, hier
141 f. Abb. 3. Weitere Ohrringe aus Sammlungen (Museum Kairo: Émile Vernier, Bijoux et
orfèvreries. Catalogue général des antiquités Égyptiennes du Musée du Caire 38 [Leipzig
1907 ff.] 173 Nr. 52532, Taf. 34. – Benaki Museum Athen: Segall, Katalog [Anm. 134] 153
Nr. 237; 160 Nr. 252, Taf. 50. – British Museum London: Aimilia Yeroulanou, Diatrita.
Gold pierced-work jewellery from the 3rd to the 7th century [Athen 1999] 278 Nr. 464 m.
Abb.).
136 Zusammenfassend: Isabella Baldini, Gli orecchini a corpo semilunato. Classificazione ti-
pologica. Corso di Cultura sull’Arte Ravennate e Bizantina 18, 1991, 67–101; Isabella Bal-
dini Lippolis, L’oreficeria nell’Impero di Constantinopoli tra IV e VII secolo. Bibliotheca
Archaeologica 7 (Bari 1999) 103 ff. Nr. 2.II.7 ff. m. Abb.; Yeroulanou, Diatrita (Anm. 135)
279 ff. Nr. 475 ff. m. Abb.; Riemer, Grabfunde (Anm. 131) 67, Liste 1.
137 Gerhard Fingerlin, Grab einer adligen Frau aus Güttingen (Ldkrs. Konstanz). Badische
Fundberichte, Sonderheft 4 (Freiburg 1964) 20f.; 39 Taf. 2,1–2; Taf. 10,1.3; ders., Die ala-
mannischen Gräberfelder von Güttingen und Merdingen in Südbaden. Germanische
Denkmäler der Völkerwanderungszeit A 12 (Berlin 1971) 55–56; 138–139 Taf. 18, 3–4. –
Zeiß, Fibel (Anm. 6); Michael Egger, Das alamannische Gräberfeld von Mengen („Hohle-
Merzengraben“). In: FundMengen. Mengen im frühen Mittelalter. Archäologische Infor-
mationen aus Baden-Württemberg 25 (Stuttgart 1994) 55–69, hier 63–65, Abb. 41 u. Um-
schlagbild; für weitere Informationen danke ich herzlich Dr. Susanne Walter.
138 Marcus Trier, Die frühmittelalterliche Besiedlung des unteren und mittleren Lechtals nach
archäologischen Quellen. Materialhefte zur Bayerischen Vorgeschichte A 84 (Kallmünz/
Opf. 2002) 325f. Taf. 25.
139 Vgl. Helmut Roth, Almandinhandel und -verarbeitung im Bereich des Mittelmeeres. Bei-
träge zur Allgemeinen und Vergleichenden Archäologie 2, 1980, 309–334, hier 332 Abb. 8;
Trier, Lechtal (Anm. 138) 62 Anm. 491 (Vergleichsstücke).
Herkunft und Vermittlung „byzantinischer Importe“ 405

gestalteten Pektoralkreuze des 7. Jahrhunderts140 sind als mediterrane Im-


porte wohl auszuschließen.
Im Nordwesteuropa des 6. und 7. Jahrhunderts weitestgehend ohne Pa-
rallele sind die beiden Fragmente mediterraner Elfenbeinkämme, die zum
Grabinventar der Frauengräber 150 von Fridingen und 285 von Griesheim
gehörten.141 Es handelt sich vermutlich um (ost?)mediterrane Erzeugnisse
des 5. bis beginnenden 6. Jahrhunderts.142
Die zahlenmäßig größte Gruppe unter den mediterranen Gefäßen im
Nordwesten stellt das gegossene, vormals als „koptisch“ bezeichnete Bunt-
metallgeschirr dar. Dessen Ursprung in den an das östliche Mittelmeer an-
grenzenden Regionen hat sich mittlerweile als Forschungsmeinung durch-
gesetzt143, auch wenn eine Produktion im westmediterranen Raum für
spezielle Typen nicht definitiv ausgeschlossen werden kann144. Die Verbrei-

140 Matthias Knaut, Goldblattkreuze und andere Kreuzzeichen. Gedanken zu einer süd-
deutsch-italischen Beigabensitte. In: Claus Dobiat (Hrsg.), Festschrift für Otto-Herman
Frey zum 65. Geburtstag. Marburger Studien zur Vor- und Frühgeschichte 16 (Marburg
1994) 317–330 bes. 327 f.; Barbara Theune-Großkopf, Ein merowingerzeitlicher Kreuzan-
hänger von Neudingen, Schwarzwald-Baar-Kreis. In: Christel Bücker u. a. (Hrsg.), Regio
Archaeologica. Archäologie und Geschichte an Ober- und Hochrhein. Festschrift Gerhard
Fingerlin. Studia honoraria 18 (Rahden/Westf. 2002) 257–268.
141 Alexandra v. Schnurbein, Der alamannische Friedhof bei Fridingen an der Donau (Kreis
Tuttlingen). Forschungen und Berichte zur Vor- und Frühgeschichte in Baden-Württem-
berg 21 (Stuttgart 1987) 79 (Expertise von K. Weitzmann); 136–137 Taf. 32–34A. – Jörg Mei-
ner, Die Hochzeit zu Kana und der Hauptmann von Kafarnaum. Ein frühchristlicher
Elfenbeinkamm aus Griesheim (Hessen). Antike Welt 27,5, 1996, 387–396; Holger Göld-
ner/Volker Hilberg, Griesheim, Kreis Darmstadt-Dieburg, Gräberfeld des 6. bis 8. Jahrhun-
derts. Ausgrabungen in dem merowinger- bis karolingerzeitlichen Reihengräberfriedhof „An
der Rückgasse“. Archäologische Denkmäler in Hessen 12 (Wiesbaden 2000) 12 m. Abb.
142 Vergleichsstücke: Wolfgang F. Volbach, Elfenbeinarbeiten der Spätantike und des frühen
Mittelalters. Kataloge vor- und frühgeschichtlicher Altertümer 73 (Mainz 1976) 122 f.
Nr. 202–205, Taf. 98 f.
143 Grundlegend: Werner, Bronzegeschirr (Anm. 6) 74f.; Werner, Bronzeflaschen (Anm. 6)
116–118. – Zur Diskussion der Produktionsplätze: Hermann Dannheimer, Zur Herkunft der
„koptischen“ Bronzegefäße der Merowingerzeit. Bayerische Vorgeschichtsblätter 44, 1979,
123–147; Helmut Roth, Urcei alexandrini. Zur Herkunft gegossenen „koptischen“ Buntme-
tallgeräts aufgrund von Schriftquellen. Germania 58, 1980, 156–161. – Auch neuere Studien
(Marcus Trier, Ein frühbyzantinisches Bronzebecken der Sammlung des Freiherrn von Dier-
gardt im Römisch-Germanischen Museum Köln. Kölner Museums-Bulletin 2002,2, 45–57,
hier 51f.; Drauschke, Handel [Anm. 15] 120ff., Kirsten Werz, „Sogenanntes koptisches“
Buntmetallgeschirr, phil. Diss. [Frankfurt 2000; Online-Publikation Konstanz 2005] 65f.)
kommen über eine allgemeine Zuweisung von Produktionsplätzen nicht hinaus.
144 Dafür plädierte nachhaltig: Maria C. Carretta, Il catalogo del vasellame bronzeo Italiano
Altomedievale. Ricerche di Archeologia altomedievale e medievale 4 (Firenze 1982) 11 f. –
Eine Produktion aller Gefäße im Westen postuliert jetzt: Patrick Périn, La vaisselle de
bronze dite „copte“ dans les royaumes romano-germaniques d’Occident. Ètat des la ques-
tion. Antiquité Tardive 13, 2005, 85–97.
406 Jörg Drauschke

Abb. 12. Fundplätze mit Buntmetallgeschirr der Typengruppe B


(nach Harris, Byzantium [Anm. 1] 67, Fig. 14)

tung der Gefäße im Westen hat sich seit der Kartierung von P. Périn145 weiter
verdichtet, aber nicht grundsätzlich verändert (Abb. 12). Fundpunkte liegen
nun z.B. auch aus dem awarisch beherrschten Gebiet in Ungarn vor.146

145 Patrick Périn, A propos des vases de bronze „coptes“ du VIIe siècle en Europe de l’ouest.
Le pichet de Bardouville (Seine-Maritime). Cahiers Archéologiques 40, 1992, 35–50.
146 Edith Bárdos, „Kopt“ bronzedény a Zamárdi avar temetöböl. Somogyi Múzeumok Köz-
leményei 9, 1992, 3–40; Garam, Funde (Anm. 1) 174 Taf. 131,2. – Vgl. auch die Zusam-
menstellung aller aus der Literatur bekannten Gefäße bei Drauschke, Handel (Anm. 15)
440 ff. Liste 8.
Herkunft und Vermittlung „byzantinischer Importe“ 407

Wesentlich seltener sind byzantinische Glasgefäße, wobei es sich aus-


nahmlos um Stängelgläser handelt, deren Verbreitung nördlich der Alpen
zuletzt F. Damminger festgehalten hat.147 Ihr Vorkommen beschränkt sich
weitestgehend auf die Reihengräber Süddeutschlands und des Rheinlandes,
ihre Produktionsstätten sind vermutlich in Italien zu suchen, wo in Invilli-
no-Ibligo, Torcello und Rom Glasmanufakturen nachgewiesen werden
konnten.148
Eine Gefäßgattung mit einem völlig anderen Hintergrund stellen die
Pilgerflaschen (ampullae) dar, die als Pilgerandenken im günstigsten Fall die
Anwesenheit von Personen aus dem Westen im östlichen Mittelmeerraum
widerspiegeln und somit unmittelbare Einsichten in Kontakte und Fernbe-
ziehungen erlauben. Zu unterscheiden sind drei Typen, die vornehmlich
dem 4. bis 7. Jahrhundert angehören: Pilgerflaschen aus dem Menas-Hei-
ligtum in der Nähe von Alexandria, Exemplare aus dem Heiligen Land und
solche von anderen, kleineren Heiligtümern aus dem Vorderen Orient. Aus
Nordwesteuropa sind zwar in einiger Zahl ampullae bekannt, sie stammen
jedoch fast alle aus Museumssammlungen und kaum aus gesicherten ar-
chäologischen Fundkontexten.149
Der einzige Befund aus dem hier betrachteten Gebiet, in dem byzan-
tinisches Silbergeschirr gefunden wurde, ist schließlich das Schiffsgrab von
Sutton Hoo.150 Es ist durchaus anzunehmen, dass Silbergefäße weitaus
häufiger bei den germanischen Anführern anzutreffen waren, ihre Verbrei-

147 Folke Damminger, Die Merowingerzeit im südlichen Kraichgau und in den angrenzenden
Landschaften. Materialhefte zur Archäologie in Baden-Württemberg 61 (Stuttgart 2002)
114–118, Abb. 36, Liste 5; siehe auch Anke Burzler, Die frühmittelalterlichen Gräber aus
der Kirche Burg. In: Markus Höneisen (Hrsg.), Frühgeschichte der Region Stein am
Rhein. Antiqua 26 = Schaffhauser Archäologie 1 (Basel 1993) 191–232, hier 215 Abb. 182.
148 Volker Bierbrauer, Invillino-Ibligo in Friaul I. Die römische Siedlung und das spätantik-
frühmittelalterliche Castrum. Münchner Beiträge zur Vor- und Frühgeschichte 33 (Mün-
chen 1987) bes. 285 f.; Lech Leciejewicz u. a., Torcello. Scavi 1961–62. Istituto Nazionale
d’Archeologia e Storia dell’Arte Monografie 3 (Roma 1977) 114 ff., Abb. 108–111; Arena,
Roma (Anm. 23) 308–310 Nr. II.3.303–342 Abb.
149 Chiara Lambert/Paola Pedemonte Demeglio, Ampolle devozionali ed itinerari di pellegri-
naggio tra IV e VII secolo. Antiquité Tardive 2, 1994, 205–231; Petra Linscheid, Untersu-
chungen zur Verbreitung von Menasampullen nördlich der Alpen. In: Ernst Dassmann/
Josef Engemann (Hrsg.), Akten des XII. Internationalen Kongresses für Christliche Ar-
chäologie, Bonn 1991. Jahrbuch für Antike und Christentum, Ergänzungsband 20 (Müns-
ter 1995) 982–986.
150 Bruce-Mitford, Sutton Hoo (Anm. 59) 1–201 (Kap. 1). – Allgemein zu byzantinischen Sil-
bergefäßen zuletzt: Marlia Mundell Mango, Silver plate among the Romans and among
the Barbarians. In: Françoise Vallet/Michel Kazanski (Hrsg.), La noblesse romain et les
chefs barbares du IIIe au VIIe siècle. Mémoires publiées par l’Association Française d’Ar-
chéologie Mérovingienne 9 (Condé-sur-Noireau 1995) 77–88.
408 Jörg Drauschke

tung aber durch die Beigabensitte und/oder das verstärkte Einschmelzen


der Gefäße zur Schmuckherstellung unklar bleibt.
Nicht vergessen werden sollen botanische Reste exotischer Pflanzen wie
Nelken oder Weihrauch, deren Überlieferung im archäologischen Kontext
aber sehr schütter ist.151 Dasselbe gilt für Textilien, allen voran Seide, die in
einigen wenigen archäologischen Befunden nachweisbar ist, so zum Bei-
spiel in Form eines Seidenkreuz aus Grab 62 von Oberflacht und durch die
Seidenstickereien auf der Tunika der Heiligen Balthilde von Chelles.152
Wie bei anderen Stoffen möglicher mediterran-östlicher Herkunft, nämlich

151 Weihrauch und Gewürznelken: Grab 4/1884 von Horbourg (Frankreich); Korrespondenz-
blatt der Westdeutschen Zeitschrift für Geschichte und Kunst 4,1, 1885, Nr. 2, Sp. 1–3,
hier 2; Anke Burzler, Archäologische Beiträge zum Nobilifizierungsprozeß in der jünge-
ren Merowingerzeit. Materialhefte zur Bayerischen Vorgeschichte A 77 (Kallmünz/Opf.
2000) 206f. Nr. 42. – Grab 217 von St. Severin in Köln; Otto Doppelfeld, Das fränkische
Frauengrab unter dem Chor des Kölner Domes. Germania 38, 1960, 89–113, hier 111. –
Grab 637 von Schleitheim (Schweiz); Burzler, Schleitheim (Anm. 49). – Zu älteren Befun-
den s. o. – Zur Herkunft von Gewürznelken und Weihrauch: Joachim Werner, Das ala-
mannische Fürstengrab von Wittislingen. Münchner Beiträge zur Vor- und Frühge-
schichte 2 (München 1950) 45; James I. Miller, The spice trade of the Roman Empire 29
B.C. to A. D. 641 (Oxford 1969) 48; 102–104; Walter W. Müller, s. v. Weihrauch. In: Pau-
lys Real-Encyclopädie der classischen Altertumswissenschaft, hrsg. Georg Wissowa. Sup-
plementband 15 (München 1978) Sp. 700–777; Hansjörg Küster, Kleine Kulturgeschichte
der Gewürze (München 1997) 168–170; Werner H. Schoch, Bemerkungen zu den Weih-
rauchfunden. In: Burzler, Schleitheim (Anm. 49) 285–288. – Baumwollkapseln: Grab 2
von St. Ulrich und Afra in Augsburg; Werner, St. Ulrich (Anm. 111) 159–173 Abb. 7–12. –
Grab 20 von Monet-la-Ville, Dép. Jura, und Grab 33 von Wahlern-Elisried, Kt. Bern; Dag-
mar v. Reitzenstein, Privatreliquiare des frühen Mittelalters. Kleine Schriften aus dem Vor-
geschichtlichen Seminar Marburg 35 (Marburg 1991) 66–68 Nr. 17; 72–74 Nr. 20.
152 Hans-Jürgen Hundt, Anhang 1. Die Textilreste von Oberflacht. In: Siegwalt Schiek, Das
Gräberfeld der Merowingerzeit bei Oberflacht. Forschungen und Berichte zur Vor- und
Frühgeschichte in Baden-Württemberg 41,I (Stuttgart 1992) 105–120, hier 105–107; 118 f.
Abb. 25–27; Anneliese Streiter/Erika Weiland, Das seidene Aufnähkreuz aus Oberflacht.
Gewebeanalyse und Musterrekonstruktion. In: Lise Bender Jørgensen u. a. (Hrsg.), Texti-
lien aus Archäologie und Geschichte. Festschrift Klaus Tidow (Neumünster 2003)
142–147. – Jean-Pierre Laporte/Raymond Boyer (Hrsg.), Trésors de Chelles. Sépultures et
Reliques de la Reine Bathilde et de l’Abesse Bertille. Ausstellungskatalog (Chelles 1991)
bes. 22–37. – Weitere Seidenreste liegen aus Grab 8 von Mömlingen (Kr. Miltenberg/
BRD), dem Helmgrab von Morken (Erftkreis/BRD) und vielleicht aus dem Frauengrab
von Bülach St. Laurentius (Kt. Zürich/Schweiz) vor; Robert Koch, Bodenfunde der Völ-
kerwanderungszeit aus dem Main-Tauber-Gebiet. Germanische Denkmäler der Völker-
wanderungszeit A 8 (Berlin 1967) 142; Kurt Böhner, Das Grab eines fränkischen Herren
aus Morken im Rheinland. In: Neue Ausgrabungen in Deutschland (Berlin 1958)
432–468, hier 449–451 Abb. 15,4.5; Heidi Amrein u. a., Neue Untersuchungen zum Frau-
engrab des 7. Jahrhunderts in der reformierten Kirche von Bülach (Kanton Zürich). Zeit-
schrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte 56, 1999, 73–114, hier 99. –
Zur Verbreitung von Seidenfunden siehe auch Harris, Byzantium (Anm. 1) 89 Abb. 20.
Herkunft und Vermittlung „byzantinischer Importe“ 409

Baumwolle153 und Goldtextilien154, so ist auch hier die Zahl überlieferter


Nachweise äußerst gering. Dank der Fortschritte der Textilarchäologie ist es
aber in den letzten Jahren gelungen, einige mit Seide kombinierte Gold-
textilien zu identifizieren.155 Gegenwärtig ist jedoch noch ungeklärt, ob die
mit gesponnenem Goldlahn verzierten Borten beziehungsweise Bänder als
„Fertigprodukte“ aus dem östlichen Mittelmeerraum in den Westen gelang-
ten, oder nicht etwa auch in Italien oder im Merowingerreich Seidenstoffe
weiter verarbeitet worden sind. Zukünftige Analysen werden zeigen, welche
der aus einigen reichen Bestattungen bekannten Goldtextilien, deren Zahl
gerade in der zweiten Hälfte des 7. Jahrhunderts im austrasischen Teil des
Frankenreiches stark zunimmt, als ostmediterrane Produkte gelten können.
Zu den typischen Kleinfunden zählen nicht zuletzt „byzantinische“
Waagen und Gewichte, deren Fundaufkommen im Nordwesten jedoch ge-
ring ist.156 Feinwaagen mediterraner Herkunft fanden sich in Belgien und in
England.157 Außer den Gewichten aus Grab 75 von Singen und Grab 6 von
Klepsau158, die in das 6. Jahrhundert gehören, stammen die meisten Exem-

153 Frauengrab von Bülach St. Laurentius (Kt. Zürich/Schweiz); Amrein, Bülach (Anm. 152)
95 f. Abb. 32–33.
154 Grab 795 Lauchheim „Wasserfurche“ (Ostalbkreis/BRD); Stork, Lauchheim (Anm. 48)
213–214; Christoph Raub/H. Weiss, Untersuchung von Resten der Goldfäden eines Bro-
katgewebes aus Lauchheim, Ostalbkreis, Gräberfeld „Wasserfurche“, Grab 795. Archäolo-
gische Ausgrabungen in Baden-Württemberg 1994, 217–220; Annemarie Stauffer/Felicitas
Weisse, Ein frühmittelalterliches Goldgewebe aus Lauchheim. Fundberichte aus Baden-
Württemberg 22,1, 1998, 729–736; Stork, Fürst (Anm. 48) II; 20 Abb. 15.
155 Großhöbing Grab 143, Bestattung V (Borte aus Goldlahn und Seide); Antja Bartel u. a.,
Der Prachtmantel des Fürsten von Höbing. Textilarchäologische Untersuchungen zum
Fürstengrab 143 von Großhöbing. Bericht der Bayerischen Bodendenkmalpflege 43/44,
2002/03, 229–249, hier 238ff. – Straubing-Alburg Grab 493, Bestattung 3 (Bänder der
Beinriemen aus Goldlahn und Seide); Antja Bartel, Die Goldbänder des Herrn aus Strau-
bing-Alburg. Untersuchungen einer Beinbekleidung aus dem frühen Mittelalter. Ebd.
261–272.
156 Heiko Steuer, Gewichtsgeldwirtschaften im frühgeschichtlichen Europa. In: Klaus Düwel
u. a. (Hrsg.), Untersuchungen zu Handel und Verkehr der vor- und frühgeschichtlichen
Zeit in Mittel- und Nordeuropa IV. Der Handel der Karolinger- und Wikingerzeit.
Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften Göttingen, phil.-hist. Kl., 3. Folge 156
(Göttingen 1987) 405–527, hier 432 Anm. 105; 433f. Anm. 106; Ergänzung: Heiko Steuer,
Spätrömische und byzantinische Gewichte in Südwestdeutschland. Archäologische Nach-
richten aus Baden 43, 1990, 43–59.
157 Jaques Breuer/J. Alenus-Lecerf, La boite a poids monetaires de Lutlommel. Archaeologia
Belgica 86, 1965, 103–116; Dumitru Tudor, Sucidava. Une cité daco-romaine et byzantine
en Dacie. Collection Latomus 80 (Bruxelles-Berchem 1965) 123, Abb. 34,5. Siehe v.a. die
Zusammenstellung bei: Steuer, Gewichtsgeldwirtschaften (Anm. 156) 440 Anm. 129.
158 Ursula Koch, Das fränkische Gräberfeld von Klepsau im Hohenlohekreis. Forschungen
und Berichte zur Vor- und Frühgeschichte in Baden-Württemberg 38 (Stuttgart 1990)
28–35, Taf. 7,32; Friedrich Garscha, Die Alamannen in Südbaden. Katalog der Grabfunde.
Germanische Denkmäler der Völkerwanderungszeit A 11 (Berlin 1970) 262 Abb. 20,4.
410 Jörg Drauschke

plare bereits aus völkerwanderungszeitlichen Zusammenhängen oder stel-


len lokale Nachahmungen dar159.

Orientalische Funde des 6. und 7. Jahrhunderts

Im Gegensatz zu den „byzantinischen“ Funden der frühen Merowingerzeit


scheint das Material des weiteren 6. und 7. Jahrhunderts mengenmäßig gerin-
ger auszufallen. Das zeigt sich besonders, wenn man es ins Verhältnis zum
übrigen aus den Reihengräbern überlieferten Fundmaterial setzt und die im
Vergleich zur frühen Merowingerzeit wesentlich längere Zeitspanne berück-
sichtigt. Wie die ausführlichere Diskussion der Schnallen und Beschläge sowie
der Körbchenohrringe gezeigt hat, spielt der westmediterrane Raum inklusive
dem nordwestlichen Balkangebiet weiterhin eine wichtige Rolle bezüglich der
Produktionsorte. Der Schluss auf sehr sporadische oder zufällige Kontakte in
den mediterranen Raum und speziell in dessen östlichen Teil liegt daher nahe.
Das Gegenteil ist jedoch der Fall. Eine recht große Gruppe von Artefak-
ten, die nicht unter die typisch „byzantinischen“ Funde fallen, aber auf-
grund ihres Ursprungs über den ostmediterranen Raum bzw. das Byzan-
tinische Reich in den Westen gelangt sein müssen, belegt sehr intensive
Beziehungen Nordwesteuropas mit diesen Gebieten bis in die Zeit um 700.
Ihre Provenienz ist anhand der Rohstoffvorkommen und naturwissen-
schaftlicher Analysen relativ sicher im Orient zu verorten.
Zu diesen Waren zählt in erster Linie der als Schmuckstein für Fibeln in
großer Zahl verwendete rote Granat, dessen Herkunft im 5. und 6. Jahrhun-
dert aus Südostindien und Sri Lanka mittlerweile mehrfach bestätigt wer-
den konnte.160 Wie großflächig dieser Edelstein in der Schmuckherstellung

159 Vgl. die Liste bei Steuer, Gewichte (Anm. 156).


160 Susanne Greiff, Naturwissenschaftliche Untersuchungen zur Frage der Rohsteinquellen
für frühmittelalterlichen Almandingranatschmuck rheinfränkischer Provenienz. Jahrbuch
des Römisch-Germanischen Zentralmuseums Mainz 45, 1998, 599–646; Dieter Quast/Ul-
rich Schüssler, Mineralogische Untersuchungen zur Herkunft der Granate merowinger-
zeitlicher Cloisonnéarbeiten. Germania 78,1, 2000, 75–96; Patrick Périn, Die Herkunft der
im merowingischen Gallien gefundenen Granate. Neue chemische und mineralogische
Analysen. In: Joachim Henning (Hrsg.), Post-roman towns and trade in Europe, Byzan-
tium and the Near-East. Konferenz Bad Homburg 2004. Abstracts (Frankfurt a. M. 2004)
76–78. – Weitere Analysen: Staf Van Roy/Lisa Vanhaeke, L’origine des grenats à l’époque
mérovingienne. Vie Archéologique 48, 1997, 124–137; Thomas Calligaro u. a., Estudio por
acelerador de las gemas del Museo Nacional de la Edad Media, Cluny. In: Alicia Perea
(Hrsg.), El tesoro visigodo de Guarrazar (Madrid 2001) 275–286. – Abweichende Ergeb-
nisse für das 5. und 6. Jahrhundert bei: François Farges, Mineralogy of the Louvres mero-
vingian garnet cloisonné jewellery. Origins of the gems of the first kings of France. The
American Mineralogist 83, 1998, 323–330, bes. 328 f.
Herkunft und Vermittlung „byzantinischer Importe“ 411

Abb. 13. Fundplätze des 6. und 7. Jahrhunderts mit Kaurischnecken


(nach Banghard, Kaurischnecke [Anm. 162] 346 Abb. 32)

verarbeitet worden ist, verdeutlicht annähernd die Aufnahme der nord-


westeuropäischen Granatscheibenfibeln durch K. Vielitz.161 Freilich fand
der rote Granat noch in vielen anderen Fibeltypen und Artefakten Verwen-
dung, die das Fundbild weiter verdichten.
Der Ursprung der als Amulette getragenen Kaurischnecken der Art Cypraea
pantherina lag im Roten Meer, die Art Cypraea tigris stammt aus dem Indi-
schen Ozean. Sie zeigen im Merowingerreich und in den angelsächsichen
Königreichen eine ähnlich weite Verbreitung wie der rote Granat (Abb. 13).162

161 Kathrin Vielitz, Die Granatscheibenfibeln der Merowingerzeit. Europe médiévale 3


(Montagnac 2003).
162 Angela v. d. Driesch, Tierartliche Bestimmung von Fundstücken. In: Hans Geisler, Das früh-
bairische Gräberfeld Straubing-Bajuwarenstraße I. Katalog der archäologischen Befunde
und Funde. Internationale Archäologie 30 (Rahden/Westf. 1998) 372–374, hier 373 (Cypraea
tigris). – Die Bestimmungen durch Karl Banghard ergaben durchweg die Kauri-Art Cypraea
pantherina. Karl Banghard, s. v. Kaurischnecke. In: Reallexikon der Germanischen Alter-
tumskunde2 16 (Berlin, New York 2000) 344–347 Abb. 32; ders., Kauris im merowingerzeit-
lichen Europa. Ein Beitrag zur frühmittelalterlichen Fernhandelsgeschichte. Münstersche
Beiträge zur antiken Handelsgeschichte 20,1, 2001, 15–21. Abb 1; ders., Zeugnisse des Fern-
handels. Die Cypraea aus Grab 334. In: Burzler, Schleitheim (Anm. 49) 270–272. Abb. 180.
412 Jörg Drauschke

Abb. 14. Bronzezierscheibe mit Umfassungsring aus Elfenbein aus Alburg,


Stadt Straubing, Grab 500
(nach Geisler, Straubing [Anm. 162] Taf. 182,13.14). – M. 2:3

Elfenbein kommt in Nordwesteuropa weitaus häufiger vor als man ver-


muten würde und zwar in Form von Ringen, die auf dem Kontinent als
Umfassungsringe von Zierscheiben dienten (Abb. 14) und im angelsächsi-
schen England offensichtlich ohne Zierscheiben oder ähnliches getragen
wurden.163 Wie Analysen des Materials nun bestätigen konnten, wurde da-
für das Elfenbein afrikanischer Elefanten, wahrscheinlich der Savannenele-
fanten verwendet.164 Allein die Aufnahme von elfenbeinernen Ringen in

163 Letzte Zusammenstellung bei: Dorothee Renner, Die durchbrochenen Zierscheiben der
Merowingerzeit. Kataloge vor- und frühgeschichtlicher Altertümer 18 (Mainz 1970). – Für
Großbritannien: Vera I. Evison, Dover: The Buckland Anglo-Saxon cemetery. Archaeolo-
gical Report 3 (London 1987) 118 f., Abb. 118; Jeremy W. Huggett, Imported grave goods
and the early Anglo-Saxon economy. Medieval Archaeology 32, 1988, 63–96, hier 69
Abb. 3; Harris, Byzantium (Anm. 1) 174 Abb. 61; Catherine Hills, From Isidore to isoto-
pes. Ivory rings in Early Medieval graves. In: Helena Hamerow/Arthur MacGregor
(Hrsg.), Image and power in the archaeology of Early Medieval Britain. Festschrift Rose-
mary Cramp (Oxford 2001) 131–146.
164 Jörg Drauschke/Arun Banerjee, Zur Identifikation, Herkunft und Verarbeitung von Elfen-
bein in der Merowingerzeit. Archäologisches Korrespondenzblatt 37, 2007, 109–128.
Herkunft und Vermittlung „byzantinischer Importe“ 413

Süddeutschland und den angrenzenden Regionen erbrachte eine enorm


hohe Funddichte, die nur durch einen nachhaltigen Zustrom des Materials
erklärt werden kann.165
Von den Küsten Ostafrikas, des Roten Meeres oder des östlichen Mit-
telmeeres stammen die Muscheln und Schnecken, aus denen man die fla-
chen Muschelscheibchenperlen fertigte, welche aus Grabfunden des 7. bis be-
ginnenden 8. Jahrhunderts bekannt sind.166 Die Lokalisierung der
Amethystlagerstätten, in denen der Rohstoff für die zahlreichen Amethyst-
perlen des 6. und 7. Jahrhunderts gewonnen wurde, ist nicht mit wünschens-
werter Sicherheit möglich, infrage kommen Südasien oder der nordostafri-
kanische Raum bzw. Regionen am östlichen Mittelmeer. Aufgrund der
zahlreichen, nahezu identischen Parallelfunde von Perlen im östlichen
Mittelmeerraum, die in erster Linie von Halsketten stammen, ist eine Ver-
mittlung über das ostmediterrane Gebiet in den Westen eher anzunehmen
als eine Ausbeutung alpiner Lagerstätten.167 Auch die Fundzahl der Ame-

165 Drauschke, Handel (Anm. 15) 76 ff.


166 Grundlegend zur Herkunft: Frank Siegmund/Michael Weiß, Perlen aus Muschelscheib-
chen im merowingerzeitlichen Mitteleuropa. Archäologisches Korrespondenzblatt 19,
1989, 297–307; Christian Pescheck, Das fränkische Reihengräberfeld von Kleinlangheim,
Lkr. Kitzingen/Nordbayern. Germanische Denkmäler der Völkerwanderungszeit A 17
(Mainz 1996) 38 Anm. 352; U. Jux in: Frank Siegmund, Merowingerzeit am Niederrhein.
Die frühmittelalterlichen Funde aus dem Regierungsbezirk Düsseldorf und dem Kreis
Heinsberg. Rheinische Ausgrabungen 34 (Köln, Bonn 1998) 78–80. – Relativierend bezüg-
lich der Perlenbezeichnung und der Rohstoffe sowie mit neuer Verbreitungskarte: Annette
Lennartz, Muschelperlen – Perlmuttperlen – Schneckenperlen. Drei Namen für ein Phä-
nomen? In: Christoph Keller u. a. (Hrsg.), Certamina Archaeologica. Festschrift Heinrich
Schnitzler. Bonner Beiträge zur vor- und frühgeschichtlichen Archäologie 1 (Bonn 2000)
191–202 bes. Abb. 2. – Parallelfunde des frühen 8. Jahrhunderts von der ostafrikanischen
Küste bei: Mark Horton, Shanga. The archaeology of a Muslim trading community on the
coast of East Africa. Memoirs of the British Institute in Eastern Africa 14 (London 1996)
323, Abb. 246,a–b. – Wichtig ist die Differenzierung der Muschelscheibchenperlen von
den bereits im 6. Jahrhundert sehr häufigen „Perlmuttperlen“, deren mediterrane oder ori-
entalische Herkunft fraglich ist. Dazu gehören die meisten der aufgezählten Exemplare
bei: Koch, Klepsau (Anm. 158) 123 Anm. 42.
167 Eine detaillierte Diskussion kann hier nicht geleistet werden. Zur mediterranen (itali-
schen) Herkunft der Amethystperlen: Joachim Werner, Münzdatierte austrasische Grab-
funde. Germanische Denkmäler der Völkerwanderungszeit 3 (Berlin, Leipzig 1935) 75;
Rainer Christlein, Das alamannische Reihengräberfeld von Marktoberdorf im Allgäu. Ma-
terialhefte zur Bayerischen Vorgeschichte 21 (Kallmünz/Opf. 1966) 74 Anm. 206; Ursula
Koch, Das Reihengräberfeld bei Schretzheim. Germanische Denkmäler der Völkerwande-
rungszeit A 13 (Berlin 1977) 73 f.; dies., Klepsau (Anm. 158) 124 Anm. 44. – Zu den medi-
terranen Parallelen siehe u. a.: Baldini Lippolis, Oreficeria (Anm. 136) 134 ff. Nr. 1.c. – Al-
lein in der Nekropole von Nocera Umbra fanden sich in 18 Frauengräbern Halsketten mit
Amethystperlen; Angelo Pasqui/Roberto Paribeni, Necropoli barbarica di Nocera Umbra.
Monumenti Antichi 25, 1918, 137–532.
414 Jörg Drauschke

thystperlen in Nordwesteuropa ist in den letzten Jahren beträchtlich ange-


stiegen.168
Das gleiche gilt für die zylindrischen Meerschaumperlen, die von der zwei-
ten Hälfte des 5. Jahrhunderts bis in die Zeit um 600 in den Frauengräbern
zu finden sind.169 Der Werkstoff ist bereits bei den frühmerowingerzeit-
lichen Gürtelschnallen mediterranen Ursprungs begegnet (siehe oben) und
wurde außerdem – ebenfalls in zylindrischer Form – für Schwertperlen ver-
wendet.170 Ihr Ursprung ist vermutlich im östlichen Mittelmeerraum zu su-
chen, zumindest der Ursprung des Rohstoffs Meerschaum beziehungsweise
Sepiolith.171

Einige weitere Materialgruppen, deren mediterrane beziehungsweise „by-


zantinische“ Herkunft allerdings nicht abgesichert und immer wieder Ge-
genstand von Diskussionen ist, ließen sich anschließen.172 Aber bereits das

168 Südöstliches Merowingerreich: Drauschke, Handel (Anm. 15) Karte 6. – Für England:
Huggett, Grave goods (Anm. 163) 66–68, Abb. 2; Harris, Byzantium (Anm. 1) 173 Abb. 60.
169 Fundlisten ohne genaue Materialdifferenzierung: Andreas Heege, Grabfunde der Mero-
wingerzeit aus Heidenheim-Großkuchen. Materialhefte zur Vor- und Frühgeschichte in
Baden-Württemberg 9 (Stuttgart 1987) 138 f. Anm. 460; Christoph Grünewald, Das ala-
mannische Gräberfeld von Unterthürheim, Bayerisch-Schwaben. Materialhefte zur Baye-
rischen Vorgeschichte A 59 (Kallmünz/Opf. 1988) 118 Anm. 90; Robert Reiß, Der mero-
wingerzeitliche Reihengräberfriedhof von Westheim (Kreis Weißenburg-Gunzenhausen).
Wissenschaftliche Beibände zum Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums 10
(Nürnberg 1994) 105 Anm. 170.
170 Fundlisten ohne genaue Materialdifferenzierung: Joachim Werner, Beiträge zur Archäolo-
gie des Attila-Reiches. Abhandlungen der Bayerischen Akademie der Wissenschaften,
phil.-hist. Kl. N. F. 38 A (München 1956) 120–128 Fundliste IV, Taf. 75, Karte 11; Meng-
hin, Schwert (Anm. 30) 356–357 Liste C1.d, Karte 19; János Cseh u. a., Gepidische Grä-
berfelder im Theissgebiet II. Monumenta Germanorum Archaeologica Hungariae 2, Mo-
numenta Gepidica (Budapest 2005) 174 Abb. 33.
171 Zum Werkstoff Meerschaum und zu möglichen Lagerstätten: Michael Herdick, Meer-
schaum – ein fast vergessener Rohstoff in der Archäologie. Anschnitt 48,1, 1996, 35–36;
Herdick, Mineral (Anm. 33).
172 Das betrifft zum Beispiel die Millefioriperlen (Ursula Koch, Mediterrane und fränkische
Glasperlen des 6. und 7. Jahrhunderts aus Finnland. In: Georg Kossack/Günter Ulbert
[Hrsg.], Studien zur vor- und frühgeschichtlichen Archäologie. Festschr. Joachim Werner.
Münchner Beiträge zur Vor- und Frühgeschichte, Ergänzungsband I,2 [München 1974]
495–520; Armin Volkmann/Claudia Theune, Merowingerzeitliche Millefioriperlen in
Mitteleuropa. Ethnographisch-Archäologische Zeitschrift 42, 2001, 521–553) oder auch
bestimmte Verteidungs- und Angriffswaffen wie Stoßlanzen, dreiflügelige Pfeilspitzen,
Ketten- und Lamellenpanzer (Uta v. Freeden, Awarische Funde in Süddeutschland? Jahr-
buch des Römisch-Germanischen Zentralmuseums Mainz 38, 1991, 593–627; Ursula
Koch, Der Ritt in die Ferne. Erfolgreiche Kriegszüge im Langobardenreich. In: Die Ala-
mannen. Austellungskatalog [Stuttgart 1997] 403–415; Raimar Kory, s. v. Schuppen- und
Lamellenpanzer. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde2 26 [Berlin, New
York 2004] 375–403).
Herkunft und Vermittlung „byzantinischer Importe“ 415

hier vorgestellte Fundmaterial lässt darauf schließen, dass der Umfang des
im 6. und 7. Jahrhundert aus dem östlichen Mittelmeerraum nach Nord-
westeuropa transportierten Materials beträchtliche Ausmaße angenommen
hat und wesentlich größer ist als das der vorherigen Epoche. Somit sind
enge und fortbestehende Beziehungen des Merowingerreiches und der an-
gelsächischen Königreiche in den Mittelmeerraum anzunehmen. Der Zu-
gang erfolgte über Südfrankreich und über Italien beziehungsweise im Falle
der englischen Funde über den Atlantik, direkte Verbindungen mit Kon-
stantinopel sind dagegen nicht zwingend. Es ist außerdem wichtig festzu-
stellen, dass der Zustrom von Funden und die Kontakte mindestens bis in
die Zeit um 700 angedauert haben. Zwar geht das Fundaufkommen in der
zweiten Hälfte des 7. Jahrhunderts stark zurück, doch können die mediter-
ranen Güter dieser Zeit wohl kaum alle als Altstücke klassifiziert werden.
Gleichzeitig verändert sich die Struktur der eingeführten Materialien. In
der frühen Merowingerzeit handelte es sich um weniger, aber wertvolle und
sehr prestigeträchtige Objekte, die darüber hinaus an herausragende Bestat-
tungen gebunden waren. Der Charakter der meisten exotischen Funde der
jüngeren Phase kann kaum noch als derart prunkvoll bezeichnet werden,
außerdem ist eine deutliche Ausweitung der Objekte auf weniger auf-
wändig bis teilweise gering ausgestattete Gräber festzustellen. Zweifellos
werden Amethystperlen oder Ringe aus afrikanischem Elefantenelfenbein
einen nicht unbeträchtlichen Wert gehabt haben, doch nach Aussage der
Fundkontexte – soweit man über diese den wirtschaftlichen Hintergund
der bestatteten Toten und bestattenden Familie eruieren kann – waren die
exotischen Objekte keinesfalls nur an die Personen der höchsten sozialen
Ränge im Sinne von „Luxusartikel“ gebunden.
Der Wechsel im Importspektrum ist nicht unbeeinflusst von den allge-
meinen Modeerscheinungen der Zeit. So fällt die Häufigkeit und Gesamt-
laufzeit von Elfenbeinringen mit der Sitte zusammen, Zierscheiben als
Amulette an einem Gürtelgehänge zu tragen. Trotzdem sind meines Erach-
tens Veränderungen zu erkennen, die unabhängig von Modetrends ablie-
fen. So wurden auch in der frühen Merowingerzeit Amulettgehänge und
Perlen getragen, aber Kaurischnecken und Elfenbeinringe, Muschelscheib-
chen- und Amethystperlen sind erst nach 510/530 im Fundspektrum belegt.
In einigen Regionen wurde die Beigabe von Bronzegefäßen über die ge-
samte Merowingerzeit hinweg ausgeübt – das gegossene Buntmetallgeschirr
erscheint allerdings gehäuft nur um 600 und wieder in der Mitte des 7. Jahr-
hunderts in den Gräbern. Diese Beobachtungen können plausibel mit tat-
sächlichen Veränderungen erklärt werden, die neue Verbindungen in den
Mittelmeerraum und damit erschlossene Einfuhrmöglichkeiten von Gü-
tern betreffen.
416 Jörg Drauschke

Viele Wege führen nach Norden. Die Frage nach den Mechanismen

Wie H. Roth bereits vor einigen Jahren feststellte, zeigt das Studium der
einschlägigen archäologischen Literatur, dass für die Distribution von ar-
chäologischen Objekten vielfach die gleichen Erklärungsansätze wieder-
holt werden. Darunter dominieren „Handel“ – wobei Struktur und Bedin-
gungen dieses Handels so gut wie nie näher erläutert werden – und die
Migration von Personen, die auf diesem Weg die „fremden“ Güter mit-
brachten.173
Artefakte an sich enthalten keine Informationen darüber, welchen
Verteilungsmechanismen sie vor ihrer Niederlegung unterworfen waren.
Beschreibungen des Warenverkehrs sind deswegen zunächst der zeitgenös-
sischen schriftlichen Quellen zu entnehmen. Sie liefern durch ihre Infor-
mationen erste Interpretationshilfen, doch muss man sich darüber im Kla-
ren sein, dass sie – genauso wie die archäologischen Quellen – lückenhaft
sind und so gut wie keine Nachrichten über nicht von ihnen abgedeckte
Gebiete, zum Beispiel den Regionen östlich des Rheins, beinhalten.
Trotz dieser Einschränkungen eröffnet der Rückgriff auf die schrift-
lichen Quellen ein breites Spektrum von Verteilungsmöglichkeiten im Me-
rowingerreich, wie bereits D. Claude herausstellen konnte.174 Mit dem Ver-
sprechen Theudebert I. an seine Anhänger, sie könnten auf einem von ihm
organisierten Kriegszug in die Auvergne viel Gold, Silber, Vieh, Sklaven
und Kleidung erbeuten, lässt sich der Mechanismus von Raub- und Kriegs-
beute besonders augenfällig belegen.175 Bekannt ist außerdem das gegensei-
tige Schenken zwischen hohen Geistlichen, was für Freie beziehungsweise
Adlige ebenfalls zu vermuten ist, außerdem sind Schenkungen seitens der
byzantinischen Kaiser an die merowingischen Könige überliefert.176 Dage-

173 Helmut Roth, Zum Handel der Merowingerzeit auf Grund ausgewählter archäologischer
Quellen. In: Klaus Düwel u. a. (Hrsg.), Untersuchungen zu Handel und Verkehr der vor-
und frühgeschichtlichen Zeit in Mittel- und Nordeuropa III. Der Handel des frühen Mit-
telalters. Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften Göttingen, phil.-hist. Kl.,
3. Folge 150 (Göttingen 1985) 161–192, hier 164–171 Tab. 1.
174 Dietrich Claude, Aspekte des Binnenhandels im Merowingerreich auf Grund der Schrift-
quellen. In: Klaus Düwel u. a. (Hrsg.), Untersuchungen zu Handel und Verkehr der vor-
und frühgeschichtlichen Zeit in Mittel- und Nordeuropa III. Der Handel des frühen Mit-
telalters. Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften Göttingen, phil.-hist. Kl.,
3. Folge 150 (Göttingen 1985) 9–99, hier 10–14.
175 Gregor v. Tours, Historiae III,11: Gregorii Episcopi Turonensis Libri Historiarum X, hrsg.
Bruno Krusch/Wilhelm Levison. Monumenta Germaniae Historica, Scriptores rerum Me-
rovingicarum 1,1 (Hannover 1951) 108.
176 Epistulae S. Desiderii Cadurcensis II,11, hrsg. Dag Norberg. Studia Latina Stockhomien-
sia 8 (Stockholm 1961) 59 (Wein als Geschenk zwischen den Bischöfen von Cahors und
Herkunft und Vermittlung „byzantinischer Importe“ 417

gen ist die Freigiebigkeit der Kirchen als eine individuelle Vergabe von Gü-
tern zu klassifizieren.177 Geschenke seitens des Königs oder anderer Adliger
an ihnen untergeordnete Menschen finden innerhalb von Personenverbän-
den, also gefolgschaftlich und/oder grundherrschaftlich organisierten
Gruppen statt.178 Innerhalb von Grundherrschaften muss mit einer ver-
stärkten Zirkulation von Gütern gerechnet werden.179 Nicht zuletzt führen
die Besteuerung und Erhebung von Zöllen zu einem erzwungenen Aus-
tausch.180 Schließlich sind durch schriftliche Quellen auch Kaufleute nach-
gewiesen, die ihren Lebensunterhalt durch Kauf und Verkauf von Gütern
bestritten und einen Handel im engeren Sinn belegen.181
Die aufgezeigten Mechanismen können ohne Schwierigkeiten in ein in
der Ethnologie weithin angewandtes Modell (Abb. 15) eingebunden und
den Kategorien von Redistribution, Reziprozität und Marktaustausch (dar-
unter auch Handel) zugeordnet werden.182 Diese Klassifizierung soll hel-
fen, einheitlich definierte Begrifflichkeiten zu verwenden und zum Beispiel
den Mechanismus des „Handels“, der für die Verbreitung vieler Material-
gruppen gerne als Erklärung herangezogen wird, überprüfbar zu machen.
Demzufolge kann der „Handel“ natural- (Tauschhandel) oder geldwirt-
schaftlich organisiert sein. Über Besuche bei den Handelspartnern oder auf
regelrechten Marktplätzen werden zwischen gleichberechtigten Partnern

Verdun). – Gregor v. Tours, Historiae VI,2: hrsg. Krusch/Levison, 266 f. (Chilperich I. er-
hält im Jahre 581 kostbare Geschenke von Kaiser Tiberios).
177 Vitae patrum Emeretensium V,3,7; The Vitas sanctorum patrum Emeretensium, ed. Joseph N.
Garvin. Studies in Medieval and Renaissance Latin language and literature 19 (Washing-
ton D. C. 1946) 194 (Verteilung von Öl in Merida).
178 Gregor v. Tours, Historiae II,42: hrsg. Krusch/Levison, 92 (Verschenken von Waffen
und Gegenständen aus Edelmetall [Wehrgehänge, Armreifen] durch den König an seine
Getreuen).
179 Actus pontificum Cenomannis in urbe degentium, hrsg. G. Busson/Ambroise Ledru.
Archives historiques du Maine 2 (Le Mans 1901) 120 (Testament Berthrams v. Le Mans).
180 Gregor v. Tours, Historiae V,28: hrsg. Krusch/Levison, 233f. (Steuerforderungen Chilpe-
richs).
181 Verhulst, Handel (Anm. 13).
182 Ulrich Köhler, Formen des Handels aus ethnologischer Sicht. In: Klaus Düwel u. a.
(Hrsg.), Untersuchungen zu Handel und Verkehr der vor- und frühgeschichtlichen Zeit in
Mittel- und Nordeuropa I. Methodische Grundlagen und Darstellungen zum Handel in
vorgeschichtlicher Zeit und in der Antike. Abhandlungen der Akademie der Wissenschaf-
ten Göttingen, phil.-hist. Kl., 3. Folge 143 (Göttingen 1985) 13–55, hier 16–22; Jürgen Jen-
sen, Wirtschaftsethnologie. In: Hans Fischer (Hrsg.), Ethnologie. Einführung und Über-
blick (3Berlin, Hamburg 1992) 119–147, hier 134–143; Klaus Hesse, Handel, Tausch und
Prestigegüterwirtschaft in außereuropäischer Zivilisation. In: Bernhard Hänsel (Hrsg.),
Handel, Tausch und Verkehr im bronze- und früheisenzeitlichen Südosteuropa. Südost-
europa-Schriften 17 = Prähistorische Archäologie in Südosteuropa 11 (München, Berlin
1995) 31–38, hier 31–33.
418 Jörg Drauschke

Abb. 15. Formen der Distribution nach ethnologischen Modellen mit Ergänzungen
(vgl. Anm. 182) (Grafik: M. Ober, RGZM)

oder Institutionen als äquivalent angesehene Güter oder Leistungen aus je-
weiliger (Über-)Produktion im profanen Rahmen ausgetauscht. Die soziale
Bedeutung des Austausches tritt beim Handel gegenüber einer auf den
eigenen Vorteil bedachten Einstellung der agierenden Personen zurück.
Professionelle Händler oder Fernhändler sind keine zwingende Vorausset-
zung für die Existenz von Handel.183
Den ethnologischen Modellen zur Distribution ist noch ein wichtiger
Faktor hinzuzufügen, da sie lediglich den Warenverkehr berücksichtigen,
dessen Motivation die aktive Verteilung von Gütern gewesen ist. Gerade ar-
chäologisch fassbare Objekte können jedoch – ohne dass es denn damals
agierenden Menschen bewusst war – durch die individuelle Mobilität von
Personen über weite Strecken transportiert worden sein, vor allem bei Mi-
grationen oder exogamen Vorgängen oder durch die so genannten Wander-
handwerker.
Die Analyse des Warenverkehrs auf dem Mittelmeer in spätantiker Zeit
bestätigt die stark zu differenzierenden Formen der Distribution. In klassi-
scher Sicht wird der Güteraustausch als Ausdruck eines preisbildenden, von
Angebot und Nachfrage gesteuerten Marktes aufgefasst. Die Neubewertung

183 Köhler, Formen (Anm. 182) 21 f.; Jensen, Wirtschaftsethnologie (Anm. 182) 141. – Die De-
finitionen sind allerdings auch innerhalb der Ethnologie nicht einheitlich. So bestimmt
Hesse, Handel (Anm. 182) 33, als Voraussetzung des „Handels“ die Existenz von profes-
sionellen Händlern, Geldwirtschaft und einen preisbildenden Markt. Bei Anwendung die-
ser modernistischen Kriterien hätte „Handel“ in der mittel- und westeuropäischen Ur- und
Frühgeschichte wohl weitaus seltener existiert als bislang angenommen.
Herkunft und Vermittlung „byzantinischer Importe“ 419

archäologischer wie schriftlicher Quellen zu diesem Thema führte in den


letzten Jahrzehnten zu einer oben bereits erwähnten Neubewertung des
Warenverkehrs, die in ihrer extremsten Form sogar ein gänzlich „entkom-
merzialisiertes“ Wirtschaftsmodell entworfen hat.184 Gerade in komplex or-
ganisierten Gesellschaften werden allerdings mehrere Austauschmechanis-
men nebeneinander existiert haben. Zu unterscheiden sind einerseits die
Fernverbindungen über das Mittelmeer und andererseits die regionalen
Märkte, auf denen ein von Angebot und Nachfrage abhängiger und geld-
wirtschaftlich organisierter Handel weiterhin bestanden haben kann. Der
damit beschreibbare Warenverkehr lief im Übrigen trotz aller kriegerischer
Auseinandersetzungen der Zeit nach 600 im eingeschränkten Maße weiter,
wie nicht zuletzt die Amphorenzusammensetzung der zweiten Hälfte des
7. Jahrhunderts aus der Crypta Balbi in Rom gezeigt hat.185
Zur Identifizierung der Überführungsmechanismen mediterraner Funde
nach Nordwesteuropa sind einerseits die Verhältnisse im Mittelmeerraum,
andererseits die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen innerhalb des Mero-
wingerreiches zu berücksichtigen, wobei die Wirtschaftsräume rechts und
links des Rheins durchaus unterschiedlich strukturiert waren.186
Ausgehend von den Objektgruppen, ihren Fundkontexten und ihrer
chronologischen Einordnung lassen sich den zwei oben bereits differenzier-
ten Phasen auch unterschiedliche Überführungsmechanismen zuordnen.
Unter den Funden der frühesten Merowingerzeit dominieren – unabhängig
von ihrer Herkunft aus dem östlichen oder westlichen Mittelmeerraum –
Objekte mit einem hohen materiellen und ideellen Wert, die, soweit es sich
nicht um Einzelfunde handelt, vor allem in ansonsten reich ausgestatteten
Gräbern gefunden wurden. Das Vorbild der mediterranen Schnallen regte
stark zu Imitationen an. Angesichts dieser Befundlage und der sonstigen, an
den Inventaren erkennbaren Beziehungen scheint die individuelle Mobilität

184 Grundlegend: Charles R. Whittaker, Late Roman trade and traders. In: P. Garnsey u. a.
(Hrsg.), Trade in the ancient economy (London 1983) 163–180. – Ähnlich noch: Paul Ar-
thur, Eastern Mediterranean amphorae between 500 and 700. A view from Italy. In: Lucia
Saguì (Hrsg.), Ceramica in Italia. VI–VII secolo (Firenze 1998) 157–183. In diesem Wirt-
schaftsmodell wird der Warentransport maßgeblich von den Versorgungslieferungen des
Staates (annona), von den Verbindungen zwischen kirchlichen Gütern und von den Be-
dürfnissen der wohlhabenden Eliten, also Adligen und Großgrundbesitzern abhängig ge-
macht; Händler sind im Prinzip nur noch als Agenten der Eliten tätig.
185 Lucia Saguì, Roma, i centri privilegiati e la luna durata della tarda antichità. Dati archeo-
logici dal deposito di VII secolo nell’esedra della Crypta Balbi. Archeologia Medievale 29,
2002, 7–42.
186 Roth, Handel (Anm. 173) 161 f.; ders., Produktion und Erwerb von Edelmetallerzeugnis-
sen. In: Claus Dobiat (Hrsg.), Festschrift für Otto-Herman Frey zum 65. Geburtstag. Mar-
burger Studien zur Vor- und Frühgeschichte 16 (Marburg 1994) 517–522, hier 518.
420 Jörg Drauschke

der Personen und der persönliche Kontakte in den Mittelmeerraum entschei-


dend für die Vermittlung gewesen zu sein. Die Krieger können die Schnallen,
Langsaxe und Helme als Ausrüstung im Byzantinischen Heer erworben ha-
ben, wie die nicht seltene Vergesellschaftung dieser Objekte in einem Grab
nahelegt. Exzeptionelle Stücke, wie die Prunkspathen, das syrische Glasgefäß
aus Bräunlingen oder die zahlreichen Silberlöffel, machen dagegen den Ein-
druck hochwertiger Auszeichnungen oder Geschenke, wobei fraglich bleibt,
ob auch die niedrigeren Anführer der germanischen Einheiten als so wichtig
erachtet wurden, dass sie tatsächlich seitens des byzantinischen Herrscher-
hauses derartige Zuwendungen erhielten. In diesem Zusammenhang ist zu
beachten, dass aus Italien stammende, aber nach der ostgotischen Eroberung
angefertigte Objekte wohl eher als Ehrengeschenke des ostgotischen Herr-
scherhauses zu gelten haben.
Angesichts der zahlreichen Schatzfunde mit Silberlöffeln in Italien ist es
außerdem nicht abwegig, Raub- und Kriegsbeute als „Vermittlungsfaktor“
hinzuzurechnen. Gerade im alamannischen Siedlungsbereich Südwest-
deutschlands lassen sich darüber hinaus Bezüge in den mittleren Donau-
raum erkennen, die teilweise als Indizien eines Zuzugs „fremder“ Personen
interpretiert worden sind.187 Auch wenn der dadurch in den Nordwesten
gelangte Anteil am gesamten mediterranen Fundmaterial mengenmäßig
kaum zu bestimmen ist, darf die Migration von Personen als Mechanismus
nicht ausgeblendet werden. Kontakte, die als direkte Handelsbeziehungen
zu deuten sind, lassen sich bei Franken und Alamannen dagegen kaum be-
stimmen beziehungsweise allenfalls aus den frühen Meerschaumperlen
und dem für die Verzierung von Fibeln und Gürtelbeschlägen notwendigen
roten Granat, falls es sich nicht gleichzeitig mit Geschenken in den Norden
gelangte Akzessorien handelt. Ganz unterschiedlich ist die Situation in
Westbritannien zu deuten, wo der intensive Fundniederschlag mediterraner
Keramik für fortlaufende Handelsbeziehungen spricht.188
Die Veränderung des Spektrums mediterraner Funde ab ca. 510/530 ist
deutlich ausgeprägt. Wirklich kostbare, prestigeträchtige Objekte sind die
Ausnahme, vielmehr lassen sich die nunmehr in größeren Mengen auftre-
tenden orientalischen Güter wie Kaurischnecken, Elfenbeinringe, Ame-
thystperlen oder Muschelscheibchen zumindest in den Zeitstufen AM III
bis JM II auch in nur mittelmäßig bis gering ausgestatteten Frauengräbern

187 Dazu: Dieter Quast, Vom Einzelgrab zum Friedhof. Beginn der Reihengräbersitte im
5. Jahrhundert. In: Die Alamannen. Austellungskatalog (Stuttgart 1997) 171–190; Quast,
Suche (Anm. 37).
188 Harris, Byzantium (Anm. 1) 144 ff.
Herkunft und Vermittlung „byzantinischer Importe“ 421

nachweisen, obschon sie einen gewissen Wert gehabt haben müssen. Auch
die weitgestreute geografische Verbreitung ist beachtenswert. Außerdem
handelt es sich um Objektgruppen, die gar nicht oder nicht in der speziel-
len Form in Nordwesteuropa als Ressource vorhanden waren. Die Verhält-
nisse lassen folglich einen Bedarf nach diesen Gütern vermuten, der zu
mehr oder weniger stark ausgeprägten Handelsbeziehungen im oben defi-
nierten Sinn geführt hat. Das Fundmaterial ist jedoch zu differenzieren:
Seidenstoffe und andere exotische Textilien, Goldohrringe und das Pekto-
ralkreuz sowie ein Teil der mediterranen Buntmetallgefäße werden als kost-
bare Geschenke oder aufgrund anderer persönlicher Beziehungen in den
Norden gelangt sein. Einige der byzantinischen Goldmünzen, deren Fund-
umstände zeigen, dass hauptsächlich ihr Schmuck- beziehungsweise ihr
Metallwert geschätzt wurde, könnten ein Widerhall der aus den Schrift-
quellen erschließbaren Subsidienzahlungen seitens des Byzantinischen
Reiches sein.189 Auch fällt es schwer, die nicht sehr zahlreichen und wenig
wertvollen Gürtelschnallen als Handelsware einzustufen. Im westfränki-
schen Teilreich sind daneben die Auswirkungen eines „privilegierten Wa-
renverkehrs“ zu beachten, in dessen Rahmen – man beachte die Parallelen
zur Diskussion des Warenaustausches im Mittelmeerraum – Güter über
weite Strecken transportiert worden sind, ohne dass kaufmännische Aktivi-
täten im engeren Sinn dafür verantwortlich waren.190
Zu berücksichtigen ist außerdem Beute als Auswirkung von Raub- und
Kriegszügen, da fränkisch-alamannische Einheiten während des 6. Jahrhun-
derts mehrere Male in Italien weilten.191 Insgesamt beziehen sich die zuletzt
genannten Möglichkeiten jedoch nur auf zahlenmäßig unbedeutende Ob-

189 Bündnisse des Byzantinischen Reiches mit den Franken, die wahrscheinlich Geldzahlun-
gen zur Folge hatten, sind für den Beginn des Gotenkrieges 535 und gegen die Langobar-
den 571 und 578 überliefert. Eugen Ewig, Die Merowinger und das Frankenreich (Stutt-
gart, Berlin, Köln 19973) 37; 43–45.
190 Den Hintergund des im Verlauf der Merowingerzeit an Bedeutung zunehmenden „privi-
legierten Warenverkehrs“ bildet der Wunsch merowingischer Klöster und Bischofskirchen
nach einer preisgünstigen Eigenversorgung, weswegen Privilegien wie die für St. Denis
und Corbie bei den merowingischen Herrschern erwirkt wurden. So genannte missi führ-
ten die Geschäfte durch und transportierten die Waren von den Mittelmeerhäfen zu den
klösterlichen Besitzungen. Claude, Aspekte (Anm. 174) 78 ff. – Ein Rückgang von Berufs-
kaufleuten im Warengeschäft ist nicht von der Hand zu weisen; Stéphane Lebecq, Les
echanges dans la Gaule du Nord au VIe siècle. Une histoire en miettes. In: Richard Hod-
ges/William Bowden (Hrsg.), The sixth century. Production, distribution and demand.
The Transformation of the Roman World 3 (Leiden, Bosten, Köln 1998) 185–202 bes. 190.
191 Ursula Koch, Mediterranes und langobardisches Kulturgut in Gräbern der älteren Mero-
wingerzeit zwischen Main, Neckar und Rhein. In: Atti del 6° Congresso Internationale di
Studi sull’Alto Medioevo I. Mailand 1978 (Spoleto 1980) 107–121.
422 Jörg Drauschke

jektgruppen oder auf punktuelle Ereignisse, die den chronologisch wie geo-
grafisch recht gleichmäßigen Fundniederschlag mediterraner Sachgüter im
Merowingerreich nicht in seiner Gesamtheit erklären können. Wenig plau-
sibel erscheint es daher, die orientalischen Waren als Produkte wandernder
Handwerker, nur als Geschenke seitens des Byzantinischen Reiches oder als
in Naturalien geleistete Tributzahlungen des langobardischen Königreiches
zu deuten.192
Eine weitere Vermittlungsmöglichkeit, deren Größenordnung allerdings
kaum abschätzbar ist, besteht darin, Teile des Fundniederschlags im 6. Jahr-
hundert als Folge der Migration ethnisch fremder Gruppen aufzufassen.193
Zweifellos sind dadurch mediterrrane Objekte gerade in das östliche Mero-
wingerreich gelangt, doch fällt es schwer, den Anteil der auf diese Weise
überführten orientalischen Güter zu bestimmen, da meines Erachtens die
Identifizierung von „Fremden“ im archäologischen Fundbild keinesfalls so
eindeutig möglich ist, wie häufig propagiert.194

Ausblick
Letztlich kann für das 6. und 7. Jahrhundert ein vielfältiges Spektrum von
Austauschmechanismen bestimmt werden, unter denen jedoch Handels-
kontakte weiterhin als wichtigster Faktor erscheinen. Das legt auch der
Vergleich mit den Verhältnissen in Großbritannien nahe, wo im selben
Zeitraum fortbestehende Handelsbeziehungen für den Fundniederschlag

192 Koch, Ritt (Anm. 172) 410 f., zu den zwischen 591 und 618/19 von den Langobarden an
die Franken geleisteten Tributzahlungen, wobei es sich um jährliche Summen von 12 000
Solidi und eine Abschlusszahlung von 36 000 Solidi gehandelt haben soll. Zu Recht geht
Ursula Koch davon aus, dass die Zahlungen auch in Naturalien geleistet worden sein
können. Sie erwähnt nicht explizit mediterrane/„byzantinische“ Objekte, aber Bronze-
gefäße.
193 Zuletzt: Gabriele Graenert, Langobardinnen in Alamannien. Zur Interpretation mediter-
ranen Sachgutes in südwestdeutschen Frauengräbern des ausgehenden 6. Jahrhunderts.
Germania 78,2, 2000, 417–447 (Versuch eines bewussten Gegenentwurfes zu den gängigen
Erklärungen für die mediterranen Objekte [Handel, Raub- und Kriegsbeute]).
194 Auf die kontroverse Diskussion um die „ethnische Deutung“ im frühen Mittelalter soll
an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden. Die unterschiedlichen Positionen sind
dargelegt in: Sebastian Brather, Ethnische Interpretationen in der frühgeschichtlichen
Archäologie. Geschichte, Grundlagen, Alternativen. Reallexikon der Germanischen Alter-
tumskunde, Ergänzungsband 42 (Berlin, New York 2004); Volker Bierbrauer, Zur ethni-
schen Interpretation in der frühgeschichtlichen Archäologie. In: Walter Pohl (Hrsg.), Die
Suche nach den Ursprüngen. Von der Bedeutung des frühen Mittelalters. Forschungen zur
Geschichte des Mittelalters 8 = Österreichische Akademie der Wissenschaften, phil.-hist.
Kl., Denkschriften 322 (Wien 2004) 45–84.
Herkunft und Vermittlung „byzantinischer Importe“ 423

verantwortlich gemacht werden, der auch hier hauptsächlich aus den orien-
talischen Materialgruppen besteht.195
Bezogen auf das nördliche und östliche Fränkische Reich kann letztlich
nicht entschieden werden, welche der schon seit jeher wichtigen Transport-
wege in den Süden über Südfrankreich und die Rhône oder die Alpenpässe
und den Rhein von größerer Bedeutung gewesen ist. Auf beiden Routen
werden die Regionen im Nordwesten versorgt worden sein. Das Transport-
volumen dieses Handels kann allerdings nicht sehr umfangreich veran-
schlagt werden, da die angesprochenen Güter auch in ihrer Gesamtheit bei
weitem nicht zu den häufigsten merowingerzeitlichen Materialgruppen
zählen und bis auf das Buntmetallgeschirr sehr kleinteilig sind. Unterstellt
man ihnen darüber hinaus einen gewissen Wert, so ist es meines Erachtens
sehr unwahrscheinlich, dass ständig Händler unterwegs waren und im Me-
rowingerreich im Sinne eines „Tröpfelhandels“ von Dorf zu Dorf zogen,
um dort Edelsteine für Ketten und Fibeleinlagen oder Kaurischnecken und
Elfenbeinringe anzubieten und gegen Güter aus der bäuerlichen Über-
schussproduktion einzutauschen. Eine plausiblere Erklärung besteht darin,
zwischen den Händlerbesuchen längere Pausen einzukalkulieren und ihre
Ziele in den Herrschaftszentren, den alten antiken Städten und den beson-
ders seit dem 7. Jahrhundert im westfränkischen Reich eigens eingerichte-
ten Marktplätzen zu suchen, wo für eine bestimmte Menge mediterraner
Güter auch ein äquivalenter und wenig voluminöser Gegenwert zu erwar-
ten war.196

195 Harris, Byzantium (Anm. 1) 175 ff. postuliert zwei unterschiedliche Handelsrouten
(Rheinroute, Atlantikroute), auf denen mediterrane Produkte nach Britannien gelangten.
Das analoge Vorkommen von Kauris, Elfenbeinringen, Amethystperlen und Buntmetall-
gefäßen in angelsächsischen Gräbern des 6. und 7. Jahrhunderts, das wohl kaum durch
eine nachhaltige Einwanderung erklärt werden kann, ist ein weiteres starkes Indiz dafür,
als Hauptmechanismus für die Überführung dieser Objekte in das nördliche und östliche
Merowingerreich ebenfalls Handelsbeziehungen anzunehmen.
196 Wie die Verteilung von diesen zentralen Plätzen ausgehend weiter verlief und die Güter
schließlich in die Gräber gelangten, ist eine Thematik, die hier nicht weiter vertieft werden
kann.

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