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Filmscharnieren
Technische Information
Filmscharniere ermöglichen die Häufig betätigte Filmscharniere
Herstellung von kompletten Teilen aus Kunststoff lassen sich mit
in einem Spritzgießvorgang. Hilfe von Wöhler-Diagrammen
(Biegewechseldehnungen)
Die Funktionsfähigkeit eines Film- dimensionieren.
scharniers hängt vom Werkstoff
Die Angusslage und die Spritz-
sowie von der Filmlänge und der
gießbedingungen haben einen
Filmdicke ab.
wesentlichen Einfluss auf die
Qualität eines Filmscharniers.
Die Zugfestigkeit eines Filmschar-
niers kann deutlich von der am
Normstab gemessenen Werkstoff-
festigkeit abweichen.
2
Filmscharniere sind winkelbewegliche, verschleißfreie Verbindungen
zwischen 2 Konstruktionselementen. Diese können in einem einzigen
Spritzgießvorgang dadurch einteilig hergestellt werden.
Filmscharniere lassen sich auch mit anderen Verfahren als dem Spritz-
gießprozess herstellen. So ist es z. B. möglich, tiefgezogene Formteile
mittels Prägen unter Wärme mit einem Gelenk zu versehen (z. B. bei
Verpackungen aus EPS-Folie).
Geeignete Kunststoffe
PES:
Ultrason® E 1010
0 20 40 60 80 100 120 140
Verhältnis [%]
3
Berechnungsgleichungen
Da in der Praxis meist Biegewinkel und Filmgeometrie vorgegeben Für ein Scharnier mit konstanter Dicke lässt sich die auftretende
sind, ist es sinnvoll, die Dehnung und nicht die Spannung als maßge- Randfaserdehnung jedoch sehr einfach mit der folgenden Formel (vgl.
bende Größe für die Dimensionierung zu verwenden. Eine spannungs- Abb. 4) berechnen:
bezogene Dimensionierung würde auch dadurch erschwert, dass die
entsprechende Spannungs-Dehnungs-Funktion oft nicht bis zu dem
s s Δ
für Filmscharnieranwendungen zulässigen Dehnungswert verfügbar ist. = —— = — · ––– (1)
2R L 2
Hierin sind:
Randfaserdehnung
s Filmdicke
R Krümmungsradius (als konstant vorausgesetzt)
L Filmlänge
∆ϕ Δ Änderung des Biegewinkels (im Bogenmaß) bei Betätigung
des Filmscharniers
r
s
Für die Randfaserdehnung muss gelten:
L
Werkstoffkennwert
R
zul ist die zulässige Werkstoffdehnung. Dies ist kein direkter Werk-
stoffkennwert, sondern eine Größe, die von den Einsatzbedingungen
abhängt.
Abb. 4: Hauptabmessungen eines Filmscharniers Filmscharniere, die als Montagehilfe dienen und nur einmal betätigt
werden: Sofern in diesem Fall ein Bruch des Filmscharniers ausge-
schlossen werden soll, kann als zulässige Dehnung bei der Dimen-
sionierung z. B. die halbe Bruchdehnung angesetzt werden.
Bei stark veränderlicher Dicke, z. B. bei einem als „Gelenkrille“ gestal-
teten Filmscharnier (Abb. 6), ist im Zweifelsfall eine FE-Berechnung zu Filmscharniere, die häufig oder sehr häufig betätigt werden: Hier
empfehlen. wird eine Dimensionierung mit Hilfe von Wöhler-Diagrammen emp-
fohlen. Diese werden im folgenden Abschnitt näher beschrieben.
4
Werkstoffkennwerte für häufig betätigte Filmscharniere
Für die Dimensionierung häufig betätigter Filmscharniere werden Wöhler- von 1,3 bis 5,5 mm in einer automatisierten Prüfvorrichtung mit einer
Diagramme verwendet. Diese beschreiben die zum Versagen führen Frequenz von 0,2 Hz bei 23 °C hin- und hergebogen. Die relativ nied-
den Biegewechseldehnungen in Abhängigkeit von der Lastwechselzahl rige Prüffrequenz ist praxisgerecht und verhindert eine Probenerwär-
unter den besonderen Gegebenheiten von Filmscharnieren. mung infolge innerer Reibung. Die Proben wurden ungefärbt geprüft;
der Einfluss von Pigmenten (Art, Gehalt) ist unter Umständen im Ein-
Zur Ermittlung derartiger Diagramme (Abb. 5a-f ) wurden spritzge zelfall zu berücksichtigen.
gossene Proben mit Filmdicken von 0,5 bis 1 mm und Filmlängen
a [%]
a [%]
Ultramid® T KR 4350
102 102 Ultramid® T KR 4357 G6
Ultramid® T KR 4355 G5
5 5
2 2
101 101
5 5
Ultramid® B3K
Ultramid® B3S
2 Ultramid® A3K 2
Ultramid® A3ZG6
100 100
100 5 101 5 102 5 103 5 104 100 5 101 5 102 5 103 5 104
N [-] N [-]
Abb. 5a: Maximale Biegewechseldehnung in Abhängigkeit von der Abb. 5b: Maximale Biegewechseldehnung in Abhängigkeit von der
Lastwechselzahl für verschiedene Thermoplaste: Ultramid® A (PA 66) Lastwechselzahl für verschiedene Thermoplaste: Ultramid® T (PA 6 /6T)
und Ultramid® B (PA 6)
a [%]
a [%]
2 2
101 101
5 5
2 2
100 100
100 5 101 5 102 5 103 5 104 100 5 101 5 102 5 103 5 104
N [-] N [-]
Abb. 5c: Maximale Biegewechseldehnung in Abhängigkeit von der Last- Abb. 5d: Maximale Biegewechseldehnung in Abhängigkeit von der
wechselzahl für verschiedene Thermoplaste: Ultraform® (POM) Lastwechselzahl für verschiedene Thermoplaste: Ultraform® (POM)
5
a [%]
a [%]
Ultradur® B 6550 Ultrason® E 2010
102 Ultradur® B 4520 102 Ultrason® E 1010
5 5
2 2
101 101
5 5
2 2
100 100
100 5 101 5 102 5 103 5 104 100 5 101 5 102 5 103 5 104
N [-] N [-]
Abb. 5e: Maximale Biegewechseldehnung in Abhängigkeit von der Abb. 5f: Maximale Biegewechseldehnung in Abhängigkeit von der
Lastwechselzahl für verschiedene Thermoplaste: Ultradur® (PBT) Lastwechselzahl für verschiedene Thermoplaste: Ultrason® E (PES)
Als Versagenskriterien galten Weißbruch, Einriss bzw. Trennbruch. Die nach Gleichung 1 berechnete Randfaserdehnung ist mit dem über
Die jeweils zuerst erkennbare Schädigung war maßgebend, auch die gewünschte Lastwechselzahl ertragbaren Dehnungswert (Abb. 5a-f )
wenn z. B. eine Weißbruch zeigende Probe noch viele Biegungen bis zu vergleichen, wobei ein Sicherheitsbeiwert von 1,5 bis 2 berücksich-
zum endgültigen Bruch ertragen kann (ein Anriss in der Randzone tigt werden sollte. Aus diesem Vergleich ergibt sich eine Aussage über
führt zunächst nur zu einer Herabsetzung des Randfaserabstandes die Funktionstauglichkeit des Filmscharniers.
und damit der auftretenden Randfaserdehnung). Aufgrund der unter-
schiedlichen Kriterien ist allerdings ein Werkstoffvergleich erschwert. Umgekehrt kann Gleichung 1, aufgelöst nach der Filmdicke s oder der
Filmlänge L, dazu benutzt werden, um nach Wahl eines bestimmten
Im doppeltlogarithmischen Maßstab ergeben sich erwartungsgemäß Kunststoffs und nach Einsetzen des Wertes für die ertragbare Rand-
Geraden. Sie schneiden die Ordinate (entsprechend dem Wert für faserdehnung (mit Sicherheitsabschlag) die Filmdicke oder die Film-
einmaliges Biegen) meist zwischen dem Streckdehnungs- und dem länge festzulegen.
Bruchdehnungswert – sofern beide vorhanden sind. Dies ist u.a. eine
Folge des gewählten Versagenskriteriums. Häufig sind auch Zugkräfte im Filmbereich zu übertragen. Dann kann
es notwendig sein, die Filmdicke zu erhöhen und die Filmlänge ent-
sprechend zu vergrößern.
6
Konstruktionsempfehlungen für Filmscharniere Gestreckte Filmscharniere (Abb. 6a und b) sind solchen vorzuziehen,
die als runde Nut („Gelenkrille“) ausgebildet sind (Abb. 6c). Bei
Die im Grunde konträren Ziele, nämlich einerseits hohe Beweg- gleicher Minimaldicke und Scharnierlänge sind letztere nach einer
lichkeit und andererseits leichte Spritzgießbarkeit, erfordern einen Finite Elemente-Berechnung um bis zu 50 % höher beansprucht.
Kompromiss. Folgende Abmessungen werden empfohlen (Abb. 4):
Die Übergänge zum Filmscharnier sollten gut gerundet werden
Filmdicke s = 0,3 ... 0,8 (1,0) mm (mindestens 0,5 mm Radius), um Kerbspannungen zu minimieren
Filmlänge L = 1 ... 6 mm und eine optimale Molekülkettenausrichtung in Längsrichtung zu
Rundungsradien r = 0,5 ... 1,0 mm fördern.
a) Einfache Scharnierausführung Die Anspritzstelle muss so platziert werden, dass die Fließfront im
Scharnierbereich nicht zum Stillstand kommt und Kaltfließstellen,
≥ 1 mm
die zu Rissen führen können, vermieden werden (Abb. 7 ). Idealer-
1 mm weise wird das Filmscharnier über die ganze Scharnierbreite gleich-
0,3 - 0,6 mm zeitig durchströmt.
Schließrichtung
r = 0,5 - 1 mm
richtig
Anguss
Filmscharnier
h1
0,3 - 0,6 mm
Deckel
r = 0,5 - 1 mm
Schmelzstillstand
Kasten und Einfrierstelle falsch
Schließrichtung
Abb. 6: Günstige (a und b) und ungünstige (c, „Gelenkrille“) Formen Abb. 7: Einfluss der Anschnittposition auf die Schmelzeausbreitung an
von Filmscharnieren einem Filmscharnier
7
Ausgewählte Produktliteratur:
Ultramid® – Hauptbroschüre
Ultramid® – Sortimentsübersicht
Ultradur® – Hauptbroschüre
Ultradur® – Sortimentsübersicht
Ultraform® – Hauptbroschüre
Ultraform® – Sortimentsübersicht
Ultrason® – Hauptbroschüre
Ultrason® – Sortimentsübersicht
Ultramid®, Ultradur® und Ultraform® – Verhalten gegenüber Chemikalien
Ultrason® – Verhalten gegenüber Chemikalien
Zur Beachtung
Die Angaben in dieser Druckschrift basieren auf unseren derzeitigen Kenntnissen
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