Beruflich Dokumente
Kultur Dokumente
Die Jungfrau von Orleans, Jeanne Symptom an anderem Ort in Europa, mit eigentlich) bildeten noch auf ihren Kathe-
d´Arc (1412-1431), brachte durch ihren dem neue Lebensverhältnisse in die Men- dralen und Kirchen jene Wesenheiten ab,
spirituell kämpferischen Einsatz den schen einziehen. Die sog. griechisch-latei- die keiner Phantasie entsprangen, sondern
Keim der Unabhängigkeit Frankreichs nische Kulturepoche geht für Steiner, für dem um 1500 bereits weitgehend (Aus-
und Englands voneinander. Was die Le- chronologiekritisches Denken bezeich- nahmen gibt es auch hier) erloschenen al-
gende von engelhafter Weisung dieses nend, erst im 15. Jahrhundert zu Ende. ten Hellsehen des nordischen Menschen:
Auftrages zu berichten weiß, bestätigte Beide den Feuertod erleidenden Neuerer, Greife, Faune, Nixen, Kobolde, Undinen,
sich dem hellseherischen Blick Rudolf die Jungfrau wie der Tscheche, markieren Sphinxgestalten usw. Das römische Impe-
Steiners, und zwar ohne jede Trübung sei- mit dem beginnenden 15. Jahrhundert die rium, das den christlichen Namen usur-
nes Bewusstseins, geschweige denn durch von der geistigen Weltenführung (in etwa pierte, bekämpfte dieses abgelaufene Zeit-
Hypnose, Trance oder andere Hilfstech- Hegels Weltgeist entsprechend) beabsich- alter der schauenden germanischen Religi-
niken, mit denen heutzutage versucht tigte Entfaltung der „Bewusstseinsseele“ on, denn Ragnarök ist längst gewesen.
wird, hinter die äußere Sinneswelt zu bli- für den nächsten Abschnitt des Tierkreises, Wir fragen nun aber: Wie soll der wie-
cken, wobei mitunter die irreführendsten die wesentlich von den Völkern der alten derkommende Baldur heute gefunden
Mitteilungen gegeben werden. Man las- „Wartekultur“, insbesondere Ländern werden? Wie ist er zu erkennen? Wer ist
se einmal die Art und Weise auf sich wir- Mitteleuropas für die Erde impulsiert wer- Widar, der Schweigsame? Und so weiter.
ken, wie Rudolf Steiner Geschichte anders den soll. Das Bewusstsein der neuzeitli- Tiefste Fragen harren der Antwort. Wenn
darstellt: chen Kulturepoche mit der Bezeichnung man sich weigert, den tiefen Wesenszu-
„Solche Jungfrauen von Orleans – das „Bewusstseinsseele“ steht dabei für eine sammenhang zwischen dem Germanen-
heißt nicht mit der Tatkraft, aber mit der höhere Stufe als es reine Verstandesent- tum und dem Christentum in seiner wah-
Seherkraft -, die hat es über ganz Europa wicklung bis dahin zum ausgehenden ren Gestalt, gerade auch in der deutschen
gegeben in diesen Jahrhunderten. Und das Mittelalter war. Geschichte (die man ja sonst als einen ein-
Fundament, auf dem die Jungfrau von Rudolf Steiner erkannte die moderne zigen Irrtum betrachten müsste) aus ide-
Orleans baute, das war eben das über die Geschichtsschreibung als ein schwächli- ologischen Gründen zu erkennen, verbaut
breite Bauernschaft und über die breite ches Kind des Todesbaumes der Erkennt- man sich gerade die Tür, die der Mensch-
Masse des Volkes ausgebreitete Element. In nis des südlichen lateinischen Elementes, heitslehrer Rudolf Steiner vor hundert Jah-
der Jungfrau kam es nur herauf. Man schil- ungeeignet, tiefere Hinweise oder gar Ent- ren einer im Materiewahn verirrten Völ-
dert es nicht für die Leute. Man muss Lud- wicklungsgesetze der Menschheit aus ihr kerfamilie aufgestoßen hat. Aufgebrochen
wig den Dummen – nein den Frommen – zu erkennen. Es war das lateinische Ele- in einer Weise, die heute keineswegs über-
und seine Räte und all das Zeug, was da in ment, das dem Suchen der Völker nach ei- holt ist. Man studiere ihn nur!
den Chroniken steht, was sie zusammenge- nem Verstehen des Christlichen stets nur
schrieben haben, als „Geschichte“ kodifizie- den Leichnam am Kreuze als göttliches Das Jahr 1250 als Wendepunkt der
ren und muss den Leuten vormachen, als Ideal vorhalten konnte. Das Nordische geistigen Entwicklung
wenn diese Gutsbesitzer Verwalter von Staa- kommt vielleicht am Schönsten ins Bilde Chronologiekritiker neigen dazu, um
ten gewesen wären und dergleichen. Aber durch Mathias Grünewalds Auferstande- 1350 eine gewaltige physische Weltkata-
das steht doch im Grunde genommen au- nen, der in Colmar zu besichtigen ist. Die strophe zu vermuten, Gunnar Heinsohn
ßerhalb des wirklichen konkreten Lebens. runde, helle Geistessonne – an Baldur und Christoph Marx sprechen seit mehr
Das wirkliche konkrete Leben aber war bzw. die Sonnenkraft erinnernd -, die da als zwei Jahrzehnten vom „letzen großen
durchsetzt, die Geschichte sagt nichts davon, erscheint, ist wie ein Bild für das kos- Ruck“, der exoterrestrisch verursacht wor-
aber es war durchsetzt von dem, was dann misch-geistige Sternenleben - eben Über- den sei. Der These von Kataklysmen, die
in dem Genius der Jungfrau von Orleans sinnliches - das Rudolf Steiner mit allem auf I. Velikovsky zurückgeht, schlossen
an die Oberfläche trat und was hineintrat Irdischen verbinden möchte, wenn die sich dann Uwe Topper, K. Walter Haug,
in das französische Wesen zu einer Zeit, als Menschheit noch eine humane Zukunft zuletzt auch Christoph Pfister u.a. an.
eben die suggestive Sprachkraft ausgeübt haben will. Und diese ist sehr, sehr um- Rudolf Steiner erwähnt davon nichts,
wurde. Und dadurch wurde von unten kämpft, da es viele andere Wesen als den weist demgegenüber aber auf einen gewal-
herauf dasjenige hineingeflutet in das fran- Heiland gibt, die mit dem Menschen ganz tigen seelisch-geistigen Einschnitt hin, der
zösische Wesen, was Volkskraft war. So ist andere Ziele verfolgen. genau 100 Jahre früher lag, im Jahre 1250.
das zustande gekommen.“ (siehe z.B. GA 180 Die vorchristliche Religion, die Uwe Daher schieben wir hier einige Betrach-
„Mysterienwahrheiten und Weihnachtsimpul- Topper und andere Chronologiekritiker tungen zu diesem Zeitpunkt ein:
se. Alte Mythen und ihre Bedeutung“, erkennen und benennen wollen, ist das „Wenn wir die Eigentümlichkeit des
17.1.1918) nicht wesentlich jener nordische Strom, menschlichen Bewusstseins im dreizehnten
An anderer Stelle nennt Rudolf Steiner der oben charakterisiert wurde? Die roma- Jahrhundert ins Auge fassen, so sehen wir,
die reformatorische Tat des Jan Hus ein nischen Kirchen (ein unpassendes Wort
38 EFODON-SYNESIS Nr. 1/2004
dass das primitive Hellsehen allmählich ver-
Anthroposophie
schwunden war. Wir wissen, dass alle Men- wie alle sichtbaren Sterne und Planeten ist schiedenen Völker spiegeln sich allerdings
schen früher ein elementares Hellsehen hat- er in Wahrheit nur das Zeichen, die Wir- oft Teilsaspekte der oben genannten Aka-
ten. In der Mitte des dreizehnten Jahrhun- kung, der Zentralpunkt geistiger Wesen- sha-Chronik, welche jedoch von Rudolf
derts gab es in dieser Hinsicht einen Tief- heiten, und diese wirken. Konstellationen Steiner umfassend und exakt erforscht
punkt. In der Mitte des dreizehnten Jahr- sind eine Art Zeitanzeiger, die – ähnlich wurde. Insofern lassen sich die Mythen
hunderts war plötzlich kein Hellsehen mehr unseren Uhren – nichts erzeugen, sondern auch in der Regel organisch in die Anthro-
da. Es trat für alle Menschen eine geistige eben anzeigen, offenbaren, was „aktuell“ posophie eingliedern (siehe Literaturliste).
Finsternis ein. Sogar die erleuchtetsten Geis- geistig-übersinnlich geschieht. Die riesigen Zeiträume von „Milliarden
ter, die höchstentwickelten Persönlichkeiten, Außerdem macht Rudolf Steiner auf- Jahren“ der heutigen Geologie erweisen
auch die Eingeweihten, hatten damals kei- merksam auf eine gewisse Atempulsation sich aus der Akasha-Chronik heraus als Irr-
nen Zugang mehr zu den geistigen Welten des gesamten Weltalls im Rhythmus von tum. Anthroposophie hat allerdings stets
und mussten sich auf das beschränken, was etwa 700 Jahren. So standen die Sterne um betont, dass sie methodisch wie inhaltlich
ihnen durch Erinnerung geblieben war, 1250 am nächsten beieinander und ent- mit einer wahren Naturwissenschaft
wenn sie etwas über die geistigen Welten aus- fernten sich bis Ende des 19. Jahrhundert immer in Einklang stehen wird, jedoch oft
sagten. ... Diese kurze Zeit der Verfinsterung von einander fort, so dass ihre Abstände, im schroffsten Gegensatz zu deren Hypo-
musste damals sein, um das Charakteristi- wenn auch sehr geringfügig, sich stetig thesen und Theorien. Dies gilt insbeson-
sche unseres jetzigen Zeitalters vorzubereiten: vergrößerten. Auf die „Ausatmung des dere in Bezug auf die Geologie.
die heutige intellektuelle, verstandesmäßige Weltalls“ folgt ab etwa 1900 wieder eine Warnend ruft der Geistesforscher de-
Kultur.“ („Das esoterische Christentum und die „Einatmung“. Dies hat im Menschen sei- nen zu, die meinen, aus Totem Aufschlüsse
geistige Führung der Menschheit“, GA 130, ne Parallelerscheinung in der Bildung ei- über die lebendige Entwicklung des Men-
27.09.1911, sehr ähnlich am 9.2.1912) nes festeren oder sich auflösenderen Be- schengeistes zu gewinnen:
Nach jener kurzen Zeit der Verfinste- griffnetzes, wie z.B. in der Entwicklung „Der menschliche Leib hat sich verfestigt;
rung liegt der Ursprung der Rosenkreuzer- der Physik konstatierbar ist (z.B. „Raum“, in der alten atlantischen Zeit war die Men-
strömung, die auf eine besondere Einwei- „Zeit“ und „Atom“, Vortrag vom 25. Juni 1923 schengestalt, wenn ich mich so ausdrücken
hung des Christian Rosenkreuz zurück- in GA 350). Auf der Erde selbst war der Erd- darf, noch weicher. Daher konnten diese at-
geht, die nur zu dieser Zeit stattfinden boden Mitteleuropas am tiefsten gesenkt lantischen Leiber auch nicht aufbewahrt
konnte. Denn es waren besondere irdische und zeigte ein warmes wohliges Klima, werden, und die heutige Geologie, die Palä-
Bedingungen vorhanden: was sich wiederum auf das Gemüt der ontologie wird schwerlich irgendwelche
„Wenn wir aber vollständig das histori- Menschen auswirkte. Es ist die Zeit des Überreste von den wirklichen atlantischen
sche Geschehen verstehen wollen, dann müs- noch echten, ursprünglichen Minnesan- Menschen finden. Aber es gibt eine andere
sen wir noch berücksichtigen, dass solche ges. Ab 1250 beginnt der Boden Europas Geologie, eine andere Paläontologie, welche
Knotenpunkte der Entwicklung stets mit ge- sich wieder langsam zu heben. Von all dem uns die atlantischen Menschen aufbewahrt
wissen Stellungen der Sterne zusammenhän- gibt es freilich keinerlei physische Doku- hat: das ist die griechische [und germani-
gen, und dass unsere Erdachse im Jahre 1250 mente. Noch weniger nachweisbar ist sche, A. F.] Mythe. Und man sollte nicht in
auch in einer gewissen Stellung war, so dass selbstverständlich die folgende Aussage den geologischen Schichten der Erde graben,
die sogenannte kleine Achse der Ekliptik des Geistesforschers. wenn man die Menschen der Vorzeit kennen
eine ganz besondere Lage hatte zu der Erd- Rudolf Steiner beschreibt, wie gewisse
lernen will, die ihre höheren Leiblichkeiten
achse. Wenn wir also berücksichtigen, dass Geister (Exusiai) während der Zeit der at-
[Ätherleib und Astralleib, A. F.] noch au-
das, was auf der Erde geschieht durch große lantischen Katastrophe sehr stark auf das
Physische einwirkten und das Geistige im ßer dem physischen Leibe hatten. Man tut
Himmelsverhältnisse bewirkt wird, dann damit etwas vollständig Absurdes, wenn
können wir schon an den äußeren klimati- Menschen vorübergehend unberücksich-
tigt ließen, und dass dies Jahrtausende spä- man in den geologischen Schichten der Erde
schen Verhältnissen sehen, dass innerhalb der
ter gerade umgekehrt war. Genau um nachgräbt. Da wird man niemals etwas an-
Erde wieder spezialisiert und differenziert
wird.“ (GA 126, Okkulte Geschichte, 1250 war dies der Fall, wo diese Wesenhei- deres finden als dekadente Produkte dieser
31.12.1910) ten auf die menschliche Persönlichkeit ein- vorgeschichtlichen Menschen. Aber in den
Im Jahre 1250 stand der „Frühlings- wirkten, nicht aber auf die Natur. Schichten des menschlichen Geisteslebens,
punkt“ der Sonne durch die Rückwärtsbe- Rudolf Steiner spricht ab 1250 von ei- namentlich in der geist-geologischen Schich-
wegung desselben im „Platonischen Wel- ner „großen Inspiration“, die das alte Hell- te, welche uns in der wunderbaren griechi-
tenjahr“ durch den Tierkreis einige Grade sehen auf gedankliche Weise ersetzt. Auf- schen [und nordischen, A. F.] Mythologie
weiter Richtung Widder. Dadurch war die gefangen wurde dieser Inspirationsstrom erhalten geblieben ist, finden wir, einge-
Sonne im Zenit (Mittagsort) genau auf exoterisch in der Scholastik, esoterisch schlossen wie die Schnecken- und Muschel-
demselben Lot wie der Sirius, der „Hunds- durch das Rosenkreuzertum. Beide Strö- schalen in den geologischen Schichten der
stern“ (= Konstellation Sirius/Sonne). mungen begannen um 1250. Gleichzeitig Erde, den alten normalen atlantischen
Gerade dieser Fixstern hat starke Wirkun- aber begann, wie es stets der Fall ist bei neu Durchschnittsmenschen. Studieren wir die
gen auf unseren Tageslichtspender. Denn, einschlagenden Kulturbefruchtungen - Konfiguration der Faune, des Pans und des
wie sowohl Rudolf Steiner als auch der ös- ein Strom, der diese Inspiration nicht auf- Silens, dann erhalten wir jene geist-geologi-
terreichische Prophet Jakob Lorber (1800- nahm. Dieser breite, allgemeine Strom schen Überreste, die uns wirklich in die Vor-
1864) darstellen, ist Sirius „die Sonne un- führte letztlich zum Absturz in den abs- menschheit der Erde führen. Damit sehen
serer Sonne“. D.h., es existiert im Gesamt- trakten Materialismus, der jede echte Kul- wir, wie in einer Art, die man heute mei-
all eine von der materialistischen Astrono- tur oder gar Spiritualität erstickt. netwegen schwärmerisch, träumerisch, fan-
mie noch nicht bemerkbare Ordnung von tastisch nennen kann, dennoch das alte grie-
„Sonnen unterschiedlicher Grade“. (Der Geologie der Vorgeschichte chische [und germanische, A. F.] Bewusst-
„Regulus“ im Löwen ist für unsere Milch- Die geschichtliche Epoche ist damit sein Weltenwunder mit einer tieferen Wissen-
straße der höchstgradige, auf den somit al- abgeschlossen, wir wenden uns nun der schaftlichkeit löste als unsere heutige abstrak-
les hinorientiert ist.) Sirius ist der auch Prähistorie und der Urzeit. Damit sind wir te äußere, nüchterne Verstandeswissen-
„unserer“ Sonne unmittelbar übergeord- in einer Zeit, wo es keinerlei schriftliche schaft.“ (Gesamtausgabe 129, „Weltenwunder,
nete Stern. Er wirkte damals vom Zenit Dokumente, aber auch keine archäologi- Seelenprüfungen und Geistesoffenbarungen“,
her somit durch dieselbe besonders macht- schen Artefakte mehr gibt und geben Vortrag vom 23.8.1911, S. 135)
Bände Rudolf Steiners, die „Primärlitera- Frank Teichmann: Andreas Suchantke, „Mitte der Erde“, Stuttgart 1988
tur“, wird hier verzichtet, sie wurde im Eine Reihe mit dem Titel „Der Mensch und sein Tem-